Geheimnisse der Unkräuter - Rudi Beiser - E-Book

Geheimnisse der Unkräuter E-Book

Rudi Beiser

0,0
25,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Unkräuter aus Garten und Acker sind faszinierende Überlebensstrategen, nervige Mitbewohner – und außerdem wunderbar in Heilkunde und Wildkräuterküche nutzbar! Alle, die Wildkräuter lieben, werden in diesem Buch viel Neues entdecken. Der Heil- und Wildkräuterexperte Rudi Beiser hat sein umfangreiches Wissen zu 30 bekannten und weniger bekannten essbaren Wildpflanzen aus Acker und Garten zusammengetragen. Erfahren Sie alles über die Nutzung der Kräuter als Nahrung und Medizin, ihre intelligenten Verbreitungsstrategien und ökologische Bedeutung, über spannende Mythen und Volksheilkunde. 85 Rezepte aus Wildkräuterküche und Heilkunde machen Lust auf das Sammeln und Zubereiten der Unkräuter.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 257

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Rudi Beiser

GeheimnisseDER UNKRÄUTER

Heilkraft, Mythen und Ökologie

Inhalt

Vorwort

UNKRAUT – FLUCH UND SEGEN

Kleine Kulturgeschichte der Unkräuter

Unkraut – eine Frage der Definition

Unkräuter loswerden

DIE ACKERUNKRÄUTER IM PORTRÄT

Acker-Hellerkraut

Acker-Kratzdistel

Acker-Schachtelhalm

Acker-Winde

Zurückgebogener Amarant

Beifuß

Einjähriges Bingelkraut

Große Brennnessel

Persischer Ehrenpreis

Kriechendes Fingerkraut

Weißer Gänsefuß

Gewöhnlicher Giersch

Gewöhnliches Greiskraut

Gewöhnliches Hirtentäschel

Gewöhnlicher Hohlzahn

Horn-Sauerklee

Kamille

Klatschmohn

Kletten-Labkraut

Knopfkraut

Kohl-Gänsedistel

Kriech-Quecke

Gewöhnlicher Löwenzahn

Schwarzer Nachtschatten

Portulak

Gewöhnlicher Rainkohl

Behaartes Schaumkraut

Purpurrote Taubnessel

Vogelknöterich

Vogelmiere

SERVICE

Die Ackerunkräuter im Überblick

Fachbegriffe kurz erklärt

Mein Dank

Der Autor

Vorwort

Viele Gartenbesitzer fluchen über sie: die lästigen Unkräuter! Sie machen sich ungefragt auf Äckern und in Gärten breit und erschweren unseren geliebten Kulturpflanzen das Wachstum. Vor allem bereitet das Entfernen der Unkräuter viel Arbeit und genau dies hat bei mir vor 45 Jahren das Interesse an Pflanzen geweckt.

Als Jugendlicher half ich meinen Eltern bei den Arbeiten in unserer Landwirtschaft, wobei vor allem das ungeliebte Heraushacken der Unkräuter viel Zeit in Anspruch nahm. Es war eine wahre Sisyphusarbeit, denn die Unkräuter präsentierten sich stets konkurrenzfähiger und vitaler als das Kulturgemüse. Diese unverwüstliche Vitalität weckte meine Neugier. Ich wollte die Pflanzen, die mich beständig plagten, kennenlernen und benennen können. Eine neue Welt eröffnete sich mir: Beim Studium des von meinem Taschengeld gekauften Bestimmungsbuchs entdeckte ich bald, dass es sich bei den Unkräutern häufig um Heilpflanzen oder sogar essbare Wildkräuter handelte. Je länger ich mich mit ihnen beschäftigte, desto spannender und faszinierender wurden sie für mich. Ich fing an, Rezepte auszuprobieren, trocknete die Kräuter zu Tee oder nutzte sie als Spinatersatz. Seither hält sich mein Ärger über die Unkräuter in meinem Garten in Grenzen und es überwiegt das Interesse an der wilden Pflanzenwelt, die so viele Überraschungen für uns bereithält.

Da die meisten gärtnerisch Tätigen nur den Fluch der Unkräuter und selten ihren Segen kennen, kam mir die Idee, ein Buch über eben jene Unkräuter zu schreiben. Denn die wenigsten wissen, welch ungeahnte Schätze sich da zwischen die Kulturpflanzen mischen. In diesem Buch finden Sie alles Wissenswerte zu den 30 häufigsten Unkräutern in unseren Gärten und auf unseren Äckern. Sie lernen ihre raffinierten Verbreitungsstrategien und ihre ökologische Bedeutung kennen und Sie erfahren von ihrem Nutzen als Nahrung und Medizin. Zahlreiche Rezepte aus Wildkräuterküche und Heilkunde runden die Pflanzenporträts ab. Lernen Sie die ungebetenen Gäste, die es sich auf landwirtschaftlichen Flächen oder in ihrem Garten gemütlich machen, besser kennen und möglicherweise sogar ein wenig lieben. Wer weiß, vielleicht sind es dann irgendwann gar keine Unkräuter mehr?

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und Ausprobieren der Rezepte!

UNKRAUT–Fluch und Segen

Kleine KulturgeschichteDER UNKRÄUTER

Die Geschichte der Unkräuter beginnt in der Jungsteinzeit, dem sogenannten Neolithikum. In dieser Zeit fing der Mensch an, sich seine Nahrung selbst anzubauen und sesshaft zu werden. So entwickelten sich Ackerbau und Viehzucht. Dieser Vorgang hatte seinen Ursprung vor etwa 12 000 Jahren irgendwo im heutigen Irak, Syrien und Jordanien. Vom Nahen Osten wanderte die neue Wirtschaftsform über den Balkan langsam Richtung Mitteleuropa, wo die Menschen erst vor etwa 7 500 Jahren die Landwirtschaft für sich entdeckten. Aus den umherziehenden Sammlern und Jägern wurden sesshafte Bauern. Es entstanden die ersten Dörfer und man begann mit der Domestizierung von nutzbaren Wildpflanzen, wobei der Schwerpunkt vor allem auf Getreide lag. Einkorn und Emmer gehören zu den ältesten Getreidearten, die aus Wildgräsern gezüchtet wurden. Auf den gerodeten Flächen und in den Gärten siedelten sich nun viele Wildpflanzen an, die mit den kultivierten Pflanzen in Konkurrenz traten. Das war die Geburtsstunde der sogenannten Unkräuter. Unabsichtlich förderte der Mensch ihre Verbreitung, indem er ihnen einen neuen Lebensraum eröffnete. Damals wurden sie aber vermutlich nur in den seltensten Fällen als Unkraut wahrgenommen, denn Wildkräuter waren in der Frühzeit des Neolithikums noch wichtige Nahrungs- und Medizinpflanzen. Die wenigen angebauten Getreidearten sowie Gemüse und Hülsenfrüchte konnten längst nicht den Bedarf der wachsenden Bevölkerung decken. Vor allem im Frühling, wenn die Felder und Gärten noch leer waren, nutzte man die im Siedlungsbereich gesammelten Wildpflanzen als lebensnotwendige Nahrungsergänzung.

Mithilfe der Archäobotanik konnte bei der Untersuchung neolithischer Siedlungsplätze die Nutzung verschiedenster Sammelpflanzen belegt werden. So fand man beispielsweise Reste von Bärlauch, Brennnessel, Weißem Gänsefuß, Gänsedistel, Rainkohl, Hohlzahn, Knoblauchsrauke, Pastinak, Kümmel, Wilder Möhre, Wegerich, Vogelmiere, Vogelknöterich und Sauerampfer. Dazu kam natürlich noch die große Zahl gesammelter Wildfrüchte, wie Haselnüsse, Eicheln, Kornelkirsche, Schlehe, Holunder, Brombeere, Himbeere und Heidelbeere. Es wurden auch Früchte von Pflanzen gesammelt, die heutzutage als giftig angesehen werden, wie beispielsweise der Schwarze Nachtschatten. Man geht heute davon aus, dass die gesammelten Wildpflanzen damals einen Anteil von etwa 40 % an der Ernährung ausmachten.

Man sollte sich in diesem Zusammenhang bewusst machen, dass die Menschen vor dem Beginn des Ackerbaus ausschließlich von wilden Pflanzen und Tieren lebten. 99 % der Menschheitsgeschichte gehörten der Wirtschaftsform der Sammler und Jäger. Der überwiegende Teil ihrer Nahrung waren direkt aus der Natur gesammelte Wildpflanzen und -früchte, Pilze und Nüsse. Und wie schon gesagt trifft diese Nutzung essbarer Wildpflanzen abgeschwächt auch auf die jungsteinzeitlichen Ackerbauern zu. Dementsprechend verdankten unsere Vorfahren ihr Überleben oftmals jenen Wildpflanzen, die erst viel später zu Unkräutern wurden und die wir heute tonnenweise mit Herbiziden bekämpfen.

Im Windschatten des Ackerbaus

Zu Beginn des Ackerbaus waren die meisten Unkräuter einheimisch. Sie besiedelten ursprünglich nur kleine ökologische Nischen, die von Natur aus offene Standorte waren, etwa Flussufer oder Waldlichtungen. Aber dann profitierten sie von den neu entstandenen Rodungsflächen und verbreiteten sich stark. Sie passten sich an jene Flächen an, die von den Menschen offengehalten und bearbeitet wurden. Äcker, Gärten und Weiden wurden zu ihrem neuen Lebensraum, den sie sich zusammen mit den Nutzpflanzen teilten. Man bezeichnet diese alteinheimischen Wildpflanzen als Apophyten oder Idiochoren. Dazu gehören zum Beispiel Gänsedistel, Weißer Gänsefuß, Kletten-Labkraut, Schwarzer Nachtschatten, Quecke, Rainkohl und Vogelmiere.

Einige Unkräuter, wie Adonisröschen, Kamille, Kornrade, Kornblume oder Klatschmohn, kamen erst mit dem Ackerbau zu uns; meist wurden sie als Verunreinigung des Getreide-Saatguts aus dem Balkan und dem Nahen Osten mitgebracht. Diese zu prähistorischer Zeit mithilfe des Menschen eingewanderten Pflanzen nennt man Archäophyten. Auch die Römer hatten vor 2 000 Jahren bei ihren Eroberungszügen noch einige Unkräuter im Reisegepäck, zum Beispiel den Portulak.

Sehr viele neue Unkräuter kamen dann nach der Entdeckung der Neuen Welt und anderer Kontinente ab 1492 nach Europa; ein Vorgang, der noch immer nicht abgeschlossen ist. Solche Pflanzen nennt man Neophyten. Zu ihnen gehören Knopfkraut, Persischer Ehrenpreis, Nachtkerze, Zurückgebogener Amarant oder Kanadisches Berufkraut.

Die Zahl der Unkräuter nahm mit der Entwicklung des Ackerbaus immer mehr zu, was zum Teil mit den Bewirtschaftungsmethoden zusammenhing. Der Mensch erschloss immer mehr Lebensräume, die für die licht- und nährstoffhungrigen Ruderalpflanzen perfekte Bedingungen bereithielten. In der Jungsteinzeit kommen nur etwa 30 Unkrautarten vor und in der Bronzezeit sind schon etwa 60 Unkräuter nachgewiesen. Ab der Eisenzeit steigt die Zahl auf deutlich über 100 an und erreicht in der Neuzeit einen Wert von über 650 Arten. Im 19. Jahrhundert überschritt die Ackerunkrautflora ihren Höchststand; heute sind es nur noch weniger als die Hälfte.

Die moderne Landwirtschaft perfektionierte die Unkrautbekämpfung. Mit dem Einsatz von Maschinen, neuen Saat- und Erntetechniken, von Mineraldüngern und chemischen Unkrautbekämpfungsmitteln, den Herbiziden, begann die Verminderung der Artenzahl auf Äckern und in Gärten. Eine leistungsfähige Saatgutreinigung tat ihr Übriges, und die typischen Saatgutunkräuter wie Kornrade, Kornblume oder Roggentrespe verschwanden. Heute gilt die Ackerwildkrautflora als gefährdet, denn viele Unkräuter stehen auf der Roten Liste der Pflanzenarten, etwa Sommer-Adonisröschen, Kornrade, Acker-Rittersporn oder Acker-Schwarzkümmel. Inzwischen sind rund ein Drittel der einst so häufigen Ackerwildkräuter als gefährdet oder verschollen aufgeführt. Lange Zeit waren die Bauern die Garanten für eine artenreiche Kulturlandschaft. In den letzten Jahrzehnten hat sich dies leider ins Gegenteil verkehrt.

Vor allem jene Unkräuter dominieren jetzt die Felder, die die Verdichtung der Böden durch schwere Maschinen gut ertragen, etwa der Acker-Schachtelhalm. Außerdem haben sich Unkräuter durchgesetzt, die von den hohen Stickstoffkonzentrationen aus der intensiven Düngung profitieren, zum Beispiel Kletten-Labkraut, Weißer Gänsefuß, Hühnerhirse oder Vogelmiere. Zu guter Letzt haben viele Unkräuter sogar Resistenzen gegen Herbizide ausgebildet und können sich so in der vielerorts vorherrschenden „Agrarwüste“ ungestört entwickeln. Sie werden deshalb als „Superunkräuter“ bezeichnet. Diese Resistenz ist eines der größten Probleme der chemischen Unkrautbekämpfung.

Lange Zeit haben die Unternehmen der Agrarchemie den möglichen Schaden durch Unkräuter aufgebauscht, um ihre Herbizide anzupreisen. In Wahrheit haben die meisten der etwa 300 mitteleuropäischen Ackerunkräuter gar keinen negativen Einfluss auf die Kulturen und ihren Ertrag. Aktuelle Untersuchungen gehen sogar davon aus, dass bei uns tatsächlich nur etwa 20 Unkrautarten als problematisch anzusehen sind, also etwa 6 % der Ackerwildflora.

Unkräuter – die wilden Konkurrenten der Kulturpflanzen

Das Problem der Unkräuter offenbart sich schon in ihrem Namen, nämlich dass sie dort, wo sie wachsen, nicht erwünscht sind. Als Unkraut bezeichnet man also die unerwünschte Begleitvegetation an den von uns Menschen für die Kulturpflanzen geschaffenen Standorten. Die Wildpflanzen werden dementsprechend nicht gezielt angebaut, sondern sie erscheinen spontan über eingeschleppte oder zugeflogene Samen, über das Samenreservoir des Bodens oder über Wurzelausläufer. Die Unkräuter sind Survivalspezialisten: Sie entwickeln sich schneller und vitaler als die Kulturpflanzen und gewinnen somit häufig den Konkurrenzkampf.

Der wunderschöne Klatschmohn kam erst mit dem Getreideanbau zu uns nach Mitteleuropa.

Als schädlich angesehen werden sie vor allem deshalb, weil manche von ihnen das Wachstum der Kulturpflanzen behindern und so für Ertragsverluste sorgen. Weltweit werden die Verluste, die durch Unkräuter entstehen, auf 9,7 % des Gesamtertrags geschätzt. Ohne Bekämpfungsmaßnahmen müsste man je nach Kultur mit Verlusten von 20–40 % rechnen. Diese Verluste entstehen durch die Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe. Viele Acker- und Gartenunkräuter sind ausgesprochen nährstoffbedürftig, etwa der Weiße Gänsefuß oder die Hühnerhirse.

Eine weitere entscheidende Rolle spielt auch die Konkurrenz um Licht, denn viele Unkräuter schaffen es in kurzer Zeit, die Kulturpflanzen zu überwuchern. Durch diese Konkurrenzsituation kommt es bei Getreide und Gemüse teils zu großen Ertragseinbußen. Manche Kulturpflanzen, die sehr langsam auflaufen, wie zum Beispiel Möhren, leiden besonders unter der Verunkrautung.

Manche Unkrautarten erschweren zudem die Ernte, indem sie sich um die Kulturpflanzen winden (Acker-Winde, Kletten-Labkraut). Andere Arten können die Qualität der Kulturpflanzen negativ beeinflussen, da sie bei der maschinellen Ernte unbeabsichtigt mitgeerntet werden. Das wird zum Problem, wenn sie beispielsweise Giftstoffe enthalten (Bingelkraut, Gemeines Greiskraut, Schwarzer Nachtschatten) oder die Ernteprodukte anderweitig verunreinigen. Einige Unkräuter gelten auch als potenzielle Wirtspflanzen für Schädlinge und Pilzkrankheiten.

In den letzten Jahrzehnten wurden fast ausschließlich die Schadwirkungen der lästigen Unkräuter hervorgehoben. Zu ihrer Bekämpfung wird von Seiten der industriellen Landwirtschaft, aber auch von Seiten der Hausgärtner ein beeindruckendes Waffenarsenal eingesetzt. Dazu gehören neben der mechanischen Bekämpfung vor allem die Herbizide, die allerdings zahlreiche ökologische Probleme verursachen. So sind der Verlust der Artenvielfalt sowie das Insektensterben unter anderem auf den Einsatz dieser Mittel zurückzuführen. Auch die Rückstände dieser Giftstoffe im Grundwasser stellen uns zunehmend vor große Probleme.

Lebensraum Agrarland

Äcker und Gärten sind mit über 30 % der Landfläche neben dem Wald das flächenmäßig größte Ökosystem Deutschlands. In diesem intensiv bewirtschafteten Lebensraum kommen neben den dort angebauten Kulturpflanzen etwas mehr als 300 wildwachsende Pflanzenarten vor. Sie sind eng an den Lebensraum Acker und Garten gebunden und könnten ohne die landwirtschaftliche Bearbeitung gar nicht existieren. Manche Arten sind sogar an ganz bestimmte Kulturpflanzen gebunden, wie etwa das Flachs-Leinkraut (Silene linicola) oder der Gezähnte Leindotter (Camelina alyssum), welche nur in Verbindung mit dem Leinanbau auftreten. Bis zum 19. Jahrhundert hat die Landwirtschaft durch das Freihalten und Bearbeiten der Flächen eine ungeheuer große Artenvielfalt ermöglicht. Die reich strukturierte (Agrar-) Kulturlandschaft bot einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren Lebensräume. Mit der modernen intensiven Landwirtschaft ging diese Artenvielfalt verloren.

Inzwischen steigt das ökologische Bewusstsein. Dennoch ist es bis heute nicht gelungen, eine nachhaltige Landwirtschaft zu etablieren, die Ertragssicherheit mit dem Erhalt der lebensraumtypischen Artenvielfalt verknüpft.

UNKRAUT –eine Frage der Definition

Der Begriff Unkraut ist subjektiv, denn er wurde von uns Menschen geprägt. Ohne den Menschen ist jedes Unkraut eine ganz normale Wildpflanze. Wir definieren zahlreiche Wildpflanzen als Unkräuter, weil sie aus unserer Sicht unerwünscht oder wertlos sind. Durch ein wachsendes ökologisches Bewusstsein und die Erfahrungen des Ökolandbaus macht man sich zunehmend Gedanken um die positiven Wirkungen und den möglichen Nutzen der Unkräuter. Das schlägt sich auch im Sprachgebrauch nieder, sodass für den diskriminierenden Begriff Unkräuter immer öfter wertfreie Synonyme genutzt werden: Ackerwildkräuter, Beikräuter, Begleitwuchs, Spontanvegetation oder Segetalpflanzen. Der Begriff Segetalpflanzen ist in der Fachliteratur gebräuchlich und eigentlich sehr treffend. Das lateinische segetalis heißt „zur Saat gehörend“ und umschreibt letztlich den Umstand, dass diese Pflanzen zum Ackerbau gehören und ohne ihn nicht existieren können. Trotz negativer Prägung sprechen wir nachfolgend weiterhin von Unkräutern, denn dieser Begriff ist in der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kultur fest verankert. Allerdings werden wir lernen, dass alle Unkräuter auf irgendeine Art auch nützlich sind. Das wusste schon der Lehrer Rudolph Becker, der 1788 in seinen „Noth- und Hülfsbüchlein für Bauersleute“ schrieb: „Unkraut oder unnützes Kraut gibt es eigentlich gar nicht.“

Die Ackerkratzdistel hält Gerste die Läuse vom Leib und ist eine wertvolle Nektarquelle inmitten von Monokulturen.

Können Unkräuter auch nützlich sein?

Da Unkräuter in der Gartenliteratur oft nur als lästiges Problem erwähnt sind und problematische Bekämpfungsmaßnahmen im Vordergrund stehen, möchte ich hier eine Lanze für sie brechen und ihre positiven Wirkungen etwas ausführlicher würdigen.

Gegen die Unkräuter wird gerne das Argument ins Feld geführt, sie würden mit Kulturpflanzen um Nährstoffe konkurrieren. Von Nährstoffmangel sind Kulturpflanzen bei uns aber keineswegs betroffen. Im Gegenteil: Leider sind viele Gärten und landwirtschaftliche Flächen mit Nährstoffen überversorgt. Vor allem beim Stickstoff gibt es einen deutlichen Überschuss, der zahlreiche negative Umweltbelastungen nach sich zieht. So ist dadurch zum Beispiel das für die Trinkwasserversorgung wichtige Grundwasser akut gefährdet. Hier können die stickstoffliebenden Unkräuter sogar ausgleichend wirken, indem sie den überschüssigen Stickstoff vorübergehend einlagern und erst zu einem späteren Zeitpunkt (nach ihrem Absterben) allmählich wieder freisetzen. Somit werden Stickstoffauswaschungen ins Grundwasser verringert.

Im Garten- und Landbau werden die Kulturflächen meist ganzjährig unkrautfrei gehalten. Solche offenen Flächen sind in bestimmten Lagen sehr erosionsgefährdet. Die Unkräuter bieten aber nicht nur Erosionsschutz, sondern sie tragen zudem zur Bodenverbesserung bei. Sie beschatten und lockern den Boden, verhindern die Austrocknung und schaffen ein günstiges Mikroklima sowie optimale Bedingungen für die zahlreichen Bodenorganismen. Das wertvolle Bodenleben wiederum fördert die Bodengare und verbessert den Humusgehalt sowie die Bodenfruchtbarkeit. In einer Handvoll fruchtbarem Boden gibt es mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde. Diese Organismen sorgen dafür, dass sich organisches Material (wie etwa abgestorbene Pflanzenreste) in pflanzenverfügbare Nährstoffe verwandelt.

Da immer nur der Konkurrenzgedanke im Vordergrund stand, vernachlässigte man in der Forschung die möglichen positiven Effekte der Unkräuter auf die Kulturpflanzen. So werden beispielsweise viele Kulturpflanzen durch benachbarte Unkräuter vor Infektionen geschützt. Man stellte zum Beispiel fest, dass Erbsen und Lein (Flachs) weniger Pilzerkrankungen bekommen, wenn in ihrer Nähe die Unkräuter Hirtentäschel, Weißer Gänsefuß und Vogelmiere wachsen. Gerste wird weniger von Läusen befallen, wenn Ackerdisteln und Quecke in unmittelbarer Nähe stehen. Die Anwesenheit von Gänsefuß und Fuchsschwanz begünstigt die Keimung von Weizen. Solche positiven Beeinflussungen nutzt man teilweise beim biologischen Anbau mit den sogenannten Mischkulturen.

Wichtig für das Ökosystem

Jede Pflanze hat im Kreislauf der Natur eine Funktion und besitzt oftmals nützliche Eigenschaften. So spielen Ackerunkräuter auch bei der Schädlingsregulierung eine wichtige Rolle. Zum einen stellen sie für die Schädlinge der Kulturpflanzen eine Alternativnahrung dar. Deshalb war zum Beispiel bei vergleichenden Untersuchungen der Blattlausbefall in unkrautbewachsenen Getreidefeldern wesentlich geringer als in unkrautfreien Flächen.

Zum anderen locken die Unkräuter viele nützliche Insektenarten, wie Schwebfliegen, Schlupfwespen oder Raupenfliegen, an und erhöhen somit die Nützlingsdichte.

Aber nicht nur Blattlausvertilger werden von den Unkräutern angelockt, sondern auch Honigbienen, Wildbienen und Hummeln. Denn Unkräuter bieten den Insekten vor allem zu jenen Jahreszeiten Pollen und Nektar an, wo ergiebige Trachten selten sind. Viele Unkräuter zählen nämlich zu den Frühblühern und Spätblühern.

Wie wichtig die Insekten für die Befruchtung der Kulturpflanzen sind, ist den meisten Menschen gar nicht bewusst. Fast 80 % der Kulturpflanzen sind auf Bestäubung angewiesen. Mit anderen Worten: Die Welternährung wird durch Insekten gesichert!

Bienen und Hummeln sind aber nicht die einzigen Insekten, die auf Ackerunkräuter angewiesen sind. Bei einer Untersuchung der hundert häufigsten Ackerunkräuter kam man zu dem Ergebnis, dass 1 200 Insektenarten von ihnen abhängig sind. Die Brennnessel ist zum Beispiel eine wichtige Futterpflanze für die Raupen von über 30 Schmetterlingsarten. Aber nicht nur die Insektenwelt profitiert von den Unkräutern, sondern auch viele Vögel und Kleinsäuger. Sie ernähren sich unter anderem von den Wildpflanzensamen und -früchten.

Auch für pflanzenfressende Nutz- und Haustiere sind die Unkräuter durchaus interessant. Etwa 15 % der Ackerunkräuter und -gräser eignen sich als gutes Futtermittel. Sie sind aufgrund ihres hohen Gehalts an Nähr- und Vitalstoffen der Tiergesundheit sehr zuträglich.

Die Steinhummel ist ein wertvoller Bestäuber von Wild- und Nutzpflanzen. Hier besucht sie ein Jakobs-Greiskraut.

Unkräuter als Nahrung

Unkräuter können aber auch für uns Menschen von Nutzen sein, beispielsweise als Nahrungsmittel oder Heilmittel. Am Beispiel eines „Ungrases“, der Kriech-Quecke (siehe auch Seite 133), lässt sich die vielseitige Nützlichkeit verdeutlichen: Die Kriech-Quecke ist aufgrund ihres Protein- und Mineraliengehalts ein hochwertiges Futtergras, das bei Milchkühen Menge und Qualität der Milch verbessert. Auch wir Menschen können die Quecke essen, denn die zarten Rhizomspitzen eignen sich hervorragend als Lebensmittel. Außerdem sind die Rhizome ein anerkanntes Heilmittel bei Harnwegserkrankungen. Doch damit nicht genug: Als wilder Verwandter des Weizens wird die Kriech-Quecke in der Resistenzzüchtung eingesetzt.

Millionen Jahre, fast die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch waren Wildkräuter für uns Nahrungsgrundlage. Man kann sagen: Die Unkräuter waren unsere Urnahrung! Noch im frühen Mittelalter hatten unsere Vorfahren viele Wildpflanzen als Gemüse im Kochtopf und einige Arten wie den Weißen Gänsefuß oder den Guten Heinrich bauten sie sogar in ihren Gärten an. Erst vor einigen hundert Jahren verschwanden sie vom Speiseplan. Manche Unkräuter, wie etwa der Feldsalat, sind noch heute in gärtnerischer Nutzung.

Vor noch nicht allzu langer Zeit, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, erlebten die Unkräuter in vielen Ländern Europas als Notnahrung noch einmal eine Renaissance. Man kochte Spinat aus Brennnesseln und fertigte Kaffeeersatz aus Löwenzahn- und Queckenwurzeln. Und in den letzten Jahren ist das kulinarische Interesse an den wilden Unkräutern, wieder stark gestiegen. In zahlreichen Studien wird der ernährungsphysiologische und gesundheitliche Wert der Unkräuter erforscht, oft mit dem Ergebnis, dass die untersuchten Pflanzen in Form von Pülverchen als Superfood oder Nahrungsergänzungsmittel vermarktet werden.

Bei einer Auswertung von über 300 Ackerunkrautarten kam man zu dem Ergebnis, dass fast 30 % davon in der Küche verwendet werden könnten. Im Vergleich zu den gezüchteten Kulturarten haben die wilden Unkräuter sogar Vorteile, denn sie besitzen eine hohe Nährstoffdichte. Im Durchschnitt enthalten Wildpflanzen nämlich dreimal so viel Protein, Vitamine und Mineralien. Der Giersch enthält beispielsweise 15-mal so viel Vitamin C wie Endiviensalat. Die Unkräuter Knopfkraut und Horn-Sauerklee besitzen mehr als doppelt so viel Eisen wie der dafür bekannte Spinat. Außerdem punkten die Wildpflanzen mit einem wesentlich höheren Gehalt an stark wirksamen Antioxidantien, die unsere Körperzellen vor Krebs schützen und das Risiko für viele Krankheiten senken. Da stellt sich schon die Frage, ob der Name Unkraut tatsächlich noch gerechtfertigt ist und ob es nicht Sinn macht, die bisher bekämpften Pflanzen einfach aufzuessen statt auszurotten. In den nachfolgenden Pflanzenporträts werden bei den essbaren Unkräutern ausführlich kulinarischer Nutzen und gesundheitlicher Wert beleuchtet.

Allerdings muss man bei der Nutzung von Wildkräutern aus der Agrarkultur bedenken, dass dieser Lebensraum leider sehr oft durch Pestizide und synthetischen Dünger belastet ist. Deshalb sollte man nur auf ökologisch bewirtschafteten Feldern, auf stillgelegten Agrarflächen oder in biologisch gepflegten Hausgärten sammeln. Andererseits muss uns auch klar sein, dass Pestizide sich kilometerweit durch die Luft verbreiten können und es in Deutschland (und weltweit) keinen Winkel mehr gibt, in dem sie sich nicht nachweisen ließen. Man findet sie weit abseits von Äckern, selbst in Naturschutzgebieten und Nationalparks. Sogar auf der Spitze des Brocken im Nationalpark Harz zählte man zwölf verschiedene Pestizide. Das Wort ist übrigens der Oberbegriff für alle chemischen Pflanzenschutzmittel – dazu gehören Mittel gegen Unkräuter (Herbizide), gegen Schädlinge aus der Insektenwelt (Insektizide) und solche gegen Pilzerkrankungen (Fungizide).

Es ist dringend Zeit, etwas zu ändern: Für eine zumindest stark pestizidreduzierte Ernährung gibt es ein sehr einfaches Patentrezept: Kaufen Sie alle Produkte in Bio-Qualität!

Unkräuter als Heilpflanzen

Die Unkräuter sind oft nicht nur essbar, sondern können zudem als Heilpflanzen dienen. Fast alle Unkrautarten, sogar die giftigen, nutzte man früher in der Medizin. Ein großer Teil davon ist auch heute noch Bestandteil der Volksmedizin oder anerkannter Arzneibücher. Kein Wunder, denn im Gegensatz zu den Kulturpflanzen sind Wildpflanzen reich gesegnet mit den pharmakologisch wirksamen sekundären Pflanzenstoffen. Sie enthalten davon drei- bis viermal so viel. Zu den sekundären Pflanzenstoffen gehören beispielsweise die Gerbstoffe oder die große Stoffgruppe der Flavonoide mit über 6 000 chemischen Verbindungen. Deshalb können die Flavonoide pharmakologisch sehr vielseitig wirksam sein, zum Beispiel harntreibend, leberschützend, herzstärkend, entzündungshemmend oder antiviral. Der hohe Gehalt an Sekundärstoffen ist der Grund, weshalb nahezu alle pflanzlichen Arzneimittel aus Wildpflanzen und nicht aus gezüchtetem Gemüse hergestellt werden. Kopfsalattabletten wird es deshalb wohl nie geben! In den Pflanzenporträts ab Seite 20 wird auch die Nutzung der Unkräuter in der Heilkunde beleuchtet, und zwar aus Sicht von Medizingeschichte, Volksmedizin und aktueller Phytotherapie.

Zeigerpflanzen geben Hinweise

Etwa 40 % der Acker- und Gartenunkräuter haben eine Besonderheit, die für uns sehr nützlich sein kann. Sie sind auf ganz bestimmte Böden spezialisiert und reagieren auf Bodenveränderungen sehr empfindlich. Deshalb lassen sich mit diesen Pflanzen klare Aussagen über die Bodenverhältnisse treffen. Zeiger- oder Indikatorpflanzen nennt man sie darum auch. Sie geben uns Hinweise über Bodengüte und -struktur, Säurewert, Lichtverhältnisse, Wasserhaushalt und Humusgehalt sowie Stickstoff- und Kalkzustand. Mithilfe von Zeigerpflanzen können wir oftmals ohne den Aufwand einer Bodenprobe herausfinden, wie es um unseren Garten- oder Ackerboden bestellt ist.

Auch eventuelle Bewirtschaftungsfehler, wie Bodenverdichtung oder Überdüngung, lassen sich anhand des Bewuchses herauslesen. Richtig gedeutet können uns die Zeigerpflanzen bei der gärtnerischen oder landwirtschaftlichen Arbeit unterstützen. So weist beispielsweise das gehäufte Vorkommen von Acker-Schachtelhalm, Gänse-Fingerkraut und Vogelknöterich auf schwere, verdichtete Böden hin, die gelockert werden müssen. Oder man findet mithilfe der Zeigerpflanzen heraus, ob es einen Düngebedarf gibt oder ob man sich mit der Düngung lieber zurückhält. Tauchen Bingelkraut, Franzosenkraut, Weißer Gänsefuß oder Hirtentäschel in großer Menge auf, dann haben wir einen sehr stickstoffreichen Boden vorliegen. Die meisten Acker- und Gartenunkräuter, die in heutiger Zeit gehäuft auftreten, sind Stickstoffspezialisten, denn mit diesem Nährstoff sind unsere Böden meist überversorgt.

Beispiele für Zeigerpflanzen

Bodenzustand

Charakteristische Zeigerpflanzen

schwerer, verdichteter, zu Staunässe neigender Boden

Acker-Schachtelhalm, Acker-Kratzdistel, Acker-Minze, Breit-Wegerich, Gänse-Fingerkraut, Kriechender Hahnenfuß, Huflattich, Kriech-Quecke, Kletten-Labkraut, Strahlenlose Kamille, Vogelknöterich, Weißklee

lockerer, humusreicher Boden, gute Bodengare

Einjähriges Bingelkraut, Gänsedistel, Kamille, Knopfkraut, Persischer Ehrenpreis, Efeublättriger Ehrenpreis, Vogelmiere, Weißer Gänsefuß

stickstoffreicher Boden

Acker-Winde, Acker-Minze, Acker-Kratzdistel, Zurückgebogener Amarant, Beifuß, Einjähriges Bingelkraut, Brennnessel, Efeublättriger Ehrenpreis, Persischer Ehrenpreis, Erdrauch, Giersch, Guter Heinrich, Acker-Gänsedistel, Kohl-Gänsedistel, Raue Gänsedistel, Weißer Gänsefuß, Gewöhnlicher Hohlzahn, Hirtentäschel, Hühnerhirse, Horn-Sauerklee, Gewöhnliches Greiskraut, Kamille, Kletten-Labkraut, Knopfkraut, Kriechendes Fingerkraut, Krauser Ampfer, Knoblauchsrauke, Löwenzahn, Portulak, Kriech-Quecke, Rainkohl, Schwarzer Nachtschatten, Behaartes Schaumkraut, Kriechender Hahnenfuß, Rote Taubnessel, Vogelmiere, Wiesen-Kerbel

nährstoffarmer Boden

Sommer-Adonisröschen, Gelber Hohlzahn, Blutwurz, Dost, Echtes Labkraut, Besenginster, Leinkraut, Wilde Möhre, Hasenklee, Kleines Habichtskraut, Hauhechel, Kompass-Lattich, Mauerpfeffer, Blauer Lattich, Echter Steinklee, Kleiner Sauerampfer, Acker-Stiefmütterchen, Quendel, Blauer Natternkopf, Kleiner Wiesenknopf, Wiesen-Margerite, Wundklee, Mittlerer Wegerich

alkalischer Boden (kalkhaltig, basenreich)

Sommer-Adonisröschen, Acker-Gauchheil, Acker-Winde, Acker-Senf, Gewöhnlicher Hohlzahn, Acker-Gänsedistel, Einjähriges Bingelkraut, Hundspetersilie, Klatschmohn, Kompass-Lattich, Leinkraut, Natternkopf, Odermennig, Tauben-Skabiose, Acker-Rittersporn, Kriechendes Fingerkraut, Persischer Ehrenpreis, Kleiner Wiesenknopf, Schlitzblättriger Storchschnabel, Wundklee, Wegwarte, Wiesen-Salbei

saurer Boden (kalkarm)

Adlerfarn, Acker-Minze, Acker-Ziest, Acker-Schmalwand, Acker-Spörgel, Arnika, Besenheide, Efeublättriger Ehrenpreis, Faden-Fingerhirse, Ferkelkraut, Hasenklee, Heidekraut, Heidelbeere, Acker-Hundskamille, Hunds-Veilchen, Wiesen-Margerite, Moose, Kleiner Sauerampfer, Wald-Sauerklee, Schmalblättriges Weidenröschen

nasser Boden

Acker-Minze, Acker-Schachtelhalm, Krauser Ampfer, Binsen, Braunelle, Mädesüß, Moose, Kriechender Hahnenfuß, Kohldistel, Pfefferknöterich, Scharbockskraut, Sumpf-Dotterblume, Wiesenknöterich, Wiesen-Schaumkraut, Großer Wiesenknopf, Zottiges Weidenröschen, Kleines Weidenröschen

trockener Boden

Sommer-Adonisröschen, Gelber Hohlzahn, Horn-Sauerklee, Acker-Schöterich, Färber-Kamille, Feld-Kresse, Kleines Habichtskraut, Hasenklee, Kompass-Lattich, Blauer Lattich, Kornblume, Mauerpfeffer, Portulak, Quendel, Natternkopf

schattiger Boden

Giersch, Gundermann, Goldnessel, Wald-Sauerklee, Wald-Bingelkraut, Moose

Das Behaarte Knopfkraut weist auf einen nährstoffreichen Boden hin.

Hilfreich in der Pflanzenzüchtung

Einige unserer heutigen Nutzpflanzen, wie zum Beispiel Roggen, Rucola oder Feldsalat, waren ursprünglich Unkräuter. Außerdem ist das genetische Potenzial der Ackerunkräuter für die Züchtung von besonderer Bedeutung, weil sie zum einen sehr gut an die Standorte der Kulturpflanzen angepasst sind und sie oft eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge besitzen. Auch hinsichtlich des Klimawandels ist es bedeutsam, auf robuste Wildpflanzen, die beispielsweise besonders gut mit Trockenstress zurechtkommen, zurückgreifen zu können. Durch Wiedereinkreuzung von Wildpflanzenerbmaterial bleibt der Genpool der Kulturpflanzen anpassungsfähig. Wie bereits erwähnt wird die Quecke in der Resistenzzüchtung des Weizens eingesetzt. Viele Wildpflanzen sind eine bedeutsame genetische Ressource für die Pflanzenzüchtung, vor allem wenn sie mit Kulturarten verwandt sind. Das betrifft nicht nur die für Ernährung nutzbaren Arten, sondern durchaus auch Zierpflanzen. So haben es beispielsweise züchterisch bearbeitete Sorten der Kornblume oder des Acker-Rittersporns in die Kataloge der Zierpflanzen-Gärtnereien geschafft.

Clevere Survivaltechnik

Ackerunkräuter haben verschiedene ausgeklügelte Vermehrungs- und Anpassungsstrategien, um sich auf den von uns Menschen bewirtschafteten Flächen zu behaupten: Meist haben sie ein großes Samenpotenzial, eine hohe Keim- und Auflaufgeschwindigkeit und einen raschen Aufwuchs. Sie sind sehr konkurrenzfähig und viel weniger krankheitsanfällig als Kulturpflanzen. Die Überlebenskünstler sind nicht darauf angewiesen, gepflegt und gegossen zu werden. Außerdem haben sie sich an die ackerbaulichen Maßnahmen gut angepasst. Sie erholen sich nach mechanischer Beschädigung sehr schnell und besitzen eine gute Fähigkeit zur Nährstoffaufnahme. Anhand der Vermehrungsstrategien unterscheidet man Samenunkräuter und Wurzelunkräuter: Die Samenunkräuter haben meist eine kurze Generationsdauer und können somit drei bis vier Generationen im Jahr entwickeln. Sie bilden viele Samen aus, die eine sehr lange Keimfähigkeit besitzen. Jahrzehnte lang können sie im Boden überdauern, bis sich optimale Bedingungen bieten, um zu keimen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Samenbank des Bodens, das heißt, im Boden sind immer viele Unkrautsamen vorhanden. Und diese Samenbank ist erstaunlich groß: In einem Quadratmeter Acker- oder Gartenfläche ruhen in den oberen 30 cm Boden mindestens 30 000 Unkrautsamen, in stark verunkrauteten Flächen sogar bis zu 500 000! Zu den Samenunkräutern gehören beispielsweise der Zurückgebogene Amarant mit einer Samenproduktion von bis zu 100 000 Samen pro Pflanze, das Knopfkraut und die Vogelmiere mit bis zu 15 000 Samen sowie Weißer Gänsefuß und Behaartes Schaumkraut mit jeweils 50 000 Samen.

Außerdem keimen die Samen der Unkräuter deutlich schneller als jedes Gemüse und oft schon bei Temperaturen von 2–5 °C, wie zum Beispiel die Kamille, die Rote Taubnessel oder die Vogelmiere. Auch beim Keim- und Wuchstempo bleiben die Gemüse weit hinter den Unkräutern zurück. So keimt der Weiße Gänsefuß schon innerhalb einer Woche und das Franzosenkraut (Knopfkraut) blüht bereits vier Wochen nach der Keimung!

Der Zurückgebogene Amarant ist Meister in puncto Verbreitung.

Die Samen nutzen unterschiedlichste Ausbreitungsstrategien: Manche bevorzugen die Ausbreitung mit dem Wind und nutzen dazu Flughaare, zum Beispiel Acker-Kratzdistel, Gänsedistel, Greiskraut oder Löwenzahn. So können sie problemlos weite Strecken zurücklegen. Andere nutzen die Verdauungsausbreitung, das heißt, sie locken Tiere an, die ihre Früchte fressen und die unverdaulichen Samen wieder ausscheiden. Dazu gehört zum Beispiel der Schwarze Nachtschatten. Wieder andere lassen sich von Ameisen verbreiten, die sie durch ein nährstoffreiches Anhängsel, das Elaiosom, anlocken. So werden die Samen über weite Strecken Richtung Ameisenbau verschleppt. Gefressen werden dann nur die Anhängsel. Diese Ausbreitungsstrategie nutzen beispielsweise Ehrenpreis und Taubnessel.

Die Dauer- oder Wurzelunkräuter vermehren sich hauptsächlich mithilfe von unterirdischen Rhizomen oder Wurzelausläufern. Bei Bodenbearbeitung, wie Hacken, Pflügen oder Fräsen, werden die zerkleinerten Rhizome und Wurzeln verschleppt und zum Austrieb angeregt. Aus kleinsten Wurzelstückchen können sich dann neue Pflanzen bilden. Beschädigte Wurzeln werden sogar angespornt, an mehreren Stellen neu auszutreiben. Diese Strategie verfolgen zum Beispiel Acker-Schachtelhalm, Quecke, Giersch, Horn-Sauerklee, Acker-Kratzdistel und Acker-Winde.

UNKRÄUTERloswerden

Wir können die Unkräuter als Gemüse und Heilpflanzen sowie als Insektennahrung einsetzen. Aber selbst wenn Unkräuter in vielerlei Hinsicht nützlich sind und auch der Schaden, den sie anrichten, oft überschätzt wird: Es gibt immer Situationen, in denen man sie auf bestimmten Flächen dezimieren oder loswerden möchte.

In der Regel werden Unkräuter mit Herbiziden bekämpft. Aus ökologischer Sicht ist dies die schlechteste Lösung. Diese Mittel zur Unkrautbekämpfung sind giftig und haben tiefgreifende Auswirkungen auf das Ökosystem. Sie schaden Tieren und Insekten und durchaus auch zahlreichen Kulturpflanzen. Die Wirkstoffe sind sehr langlebig und gelangen häufig ins Grundwasser und in Spuren auch ins Trinkwasser. Jährlich werden in Deutschland tausende Tonnen Pestizide auf Feldern und in Gärten ausgebracht. Nicht ohne Grund lassen sich die Gifte in nahezu allen Lebensmitteln nachweisen. Und so beeinträchtigen die Herbizide letztendlich auch unsere eigene Gesundheit.

Es gibt aber auch umweltfreundliche Bekämpfungsmöglichkeiten, wie die mechanische und thermische Unkrautregulierung, die vor allem in der biologischen Landwirtschaft schon seit Jahrzehnten Einsatz finden.

Das Gleiche gilt für die Unkrautbeseitigung im biologischen Hausgarten, wo man die unerwünschten Kräuter jätet, auszupft, aussticht oder hackt. Das erfordert zwar körperlichen Einsatz, aber wir wissen ja, dass Bewegung und Arbeit in der Natur gesund und glücklich machen. Das ist sogar durch Studien belegt: Forscher der Universität Essex haben herausgefunden, dass die Beschäftigung im Grünen ein deutliches Stimmungshoch und eine Steigerung des Selbstwertgefühls auslöst. Außerdem werden der Stress abgebaut, der Puls reguliert und das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall reduziert.

Das mechanische Entfernen der Unkräuter muss allerdings immer wieder von Neuem erfolgen, da in der Samenbank des Bodens unzählige Unkrautgenerationen auf ihren Einsatz warten. Um diese Samenbank nicht beständig zu „füttern“, ist es sinnvoll, die Bekämpfung der Samenunkräuter möglichst vor der Samenreife durchzuführen.

Eine Mulchschicht rund um die Paprikapflanze hält Unkraut fern.

Bei Wurzelunkräutern führt das Hacken und Ausstechen nicht immer zu zufriedenstellenden Ergebnissen. Hartnäckigen Vertretern rückt man durch das Ausbringen einer dicken Mulchschicht oder das Abdecken mit Unkrautvliesen oder Unkrautschutzmatten an den Kragen. Diese lichtundurchlässigen Schichten müssen mindestens ein bis zwei Jahre lang liegen bleiben, um die Wurzelunkräuter zuverlässig zu entfernen.

Eine weitere Methode ist das Abflämmen des Unkrauts mit Abflämmgeräten, die meist mit Gas betrieben werden. Es gibt aber auch strombetriebene Geräte, die mit Heißluft arbeiten. Die Pflanzen werden so stark erhitzt, dass das Eiweiß gerinnt und die Pflanze abstirbt. Die mit Hitze arbeitenden Geräte eignen sich sehr gut bei gepflasterten Flächen, um Unkräuter aus den Fugen zu entfernen.

DIE ACKERUNKRÄUTER im Porträt

ACKER-HELLERKRAUT

Gut erkennbar an den runden Früchten

Das Acker-Hellerkraut (Thlaspi arvense), in manchen Regionen auch Acker-Täschelkraut oder Acker-Pfennigkraut genannt, macht mit seinem Namen deutlich, dass es vor allem auf Ackerböden, Brachflächen, in Weinbergen, Gemüsegärten und an Wegrändern vorkommt. Nährstoffreiche, kalkhaltige Lehmböden werden bevorzugt. Die Volksnamen nehmen auch Bezug auf die rundlichen Schötchenfrüchte, die unsere Vorfahren an kleine Geldmünzen erinnerten. Damals zahlte man noch mit Heller und Pfennig. Der Name Täschelkraut macht auf die Ähnlichkeit zu einem anderen Ackerunkraut aufmerksam, denn auch das Hirtentäschel besitzt auffallende Schötchen, die allerdings herzförmig sind. Zwar gehören beide verschiedenen Pflanzengattungen an, aber gemeinsam sind sie Mitglied der großen Familie der Kreuzblütengewächse. Die ursprüngliche Heimat des Hellerkrauts ist Europa, Indien und Asien. Inzwischen hat es sich als Neophyt auch in Amerika, Australien und in Teilen Afrikas verbreitet. In zwölf Ländern wird es als Hauptunkraut klassifiziert. Durch das ausgedehnte Wurzelsystem ist die Pflanze sehr konkurrenzfähig und kann beispielweise die Weizenerträge um 40–50 % reduzieren. Es wurde festgestellt, dass das Hellerkraut Keimung und Auflaufen von Weizen, Erbsen und Rucola massiv hemmt. Inzwischen ist es gegen einige Herbizide resistent.