Geisterwelt - Simon R. Green - E-Book

Geisterwelt E-Book

Simon R. Green

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Beschreibung

Auf einem toten Planeten muss sich ein Kapitän seiner Vergangenheit stellen - und einem neuen, unbekannten Übel ...

Nichts kann auf Unseeli überleben - jedenfalls nicht mehr. Der kleine Planet am Rande des Imperiums hat keine Ozeane, Flüsse oder Seen, sondern nur einen endlosen Wald aus Metallbäumen, der bis in die Stratosphäre ragt. Vor zehn Jahren rebellierten die Ureinwohner dieses Waldes gegen das Imperium. Der imperiale Kapitän Johan Schwejksam wohnte dem Massaker bei, das die Eingeborenen von Unseeli auslöschte und den Planeten völlig leblos zurückließ - abgesehen von den Ingenieuren, die seine wertvollen Metalle abbauen.

Nun wird Schwejksam auf die Welt zurückgerufen, die ihn noch immer in seinen Alpträumen verfolgt. Die Bergleute haben einen Schild um den Planeten errichtet und die Kommunikation mit dem Imperium abgebrochen. Schwejksam macht sich mit einer Crew auf den Weg, um herauszufinden, was schief gelaufen ist ...

Dieser Roman ist ein Prequel zu Simon R. Greens Deathstalker-Zyklus, der die Geschichte von Kapitän Johan Schwejksam und weiterer Nebenfiguren des Zyklus erzählt. Eigenständig lesbar und in sich abgeschlossen!

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Inhalt

Cover

Weitere Titel des Autors:

Über dieses Buch

Über den Autor

Titel

Impressum

KAPITEL 1

EINE BEWEGUNG IM STURM

KAPITEL 2

GEISTER

KAPITEL 3

AUF DER SUCHE NACH ANTWORTEN

KAPITEL 4

CARRION

KAPITEL 5

DER GEIST IN DER MASCHINE

KAPITEL 6

IM INNERN VON BASIS DREIZEHN

KAPITEL 7

WÄCHTER

KAPITEL 8

UNTEN IN DER DUNKELHEIT

KAPITEL 9

UNERWARTETE KOMPLIKATIONEN

KAPITEL 10

FREUNDSCHAFT UND LOYALITÄT

KAPITEL 11

DIE GEISTER KEHREN HEIM

Leseprobe - Out of Balance - Kollision

Weitere Titel des Autors:

Die Legende von Owen Todtsteltzer:

1 – Der Eiserne Thron

2 – Die Rebellion

3 – Todtsteltzers Krieg

4 – Todtsteltzers Ehre

5 – Todtsteltzers Schicksal

6 – Todtsteltzers Erbe

7 – Todtsteltzers Rückkehr

8 – Todtsteltzers Ende

In den Schatten des Imperiums:

1 – Nebelwelt

2 – Geisterwelt

3 – Höllenwelt

Über dieses Buch

Nichts kann auf Unseeli überleben – jedenfalls nicht mehr. Der kleine Planet am Rande des Imperiums hat keine Ozeane, Flüsse oder Seen, sondern nur einen endlosen Wald aus Metallbäumen, der bis in die Stratosphäre ragt. Vor zehn Jahren rebellierten die Ureinwohner dieses Waldes gegen das Imperium. Der imperiale Kapitän Johan Schwejksam wohnte dem Massaker bei, das die Eingeborenen von Unseeli auslöschte und den Planeten völlig leblos zurückließ – abgesehen von den Ingenieuren, die seine wertvollen Metalle abbauen.

Nun wird Schwejksam auf die Welt zurückgerufen, die ihn noch immer in seinen Alpträumen verfolgt. Die Bergleute haben einen Schild um den Planeten errichtet und die Kommunikation mit dem Imperium abgebrochen. Schwejksam macht sich mit einer Crew auf den Weg, um herauszufinden, was schief gelaufen ist …

Dieser Roman ist ein Prequel zu Simon R. Greens Deathstalker-Zyklus, der die Geschichte von Kapitän Johan Schwejksam und weiterer Nebenfiguren des Zyklus erzählt. Eigenständig lesbar und in sich abgeschlossen!

Über den Autor

Simon R. Green (*1955) kommt aus Bradford-on-Avon, England. Während seines Literatur- und Geschichtsstudiums an der Leicester University begann er mit dem Schreiben und veröffentlichte einige Kurzgeschichten. Doch erst 1988, nach jahrelanger Arbeitslosigkeit, verkaufte er seine ersten Romane. Seinen Durchbruch erlangte er Mitte der Neunziger mit der SF-Weltraumoper-Saga um Owen Todtstelzer: Eine Serie, die – wie er selbst sagt – irgendwie außer Kontrolle geraten ist, da er eigentlich nur drei Bücher schreiben wollte … Mittlerweile umfasst Simon R. Greens Werk weit über 40 Romane, das neben Science Fiction auch verschiedene Subgenres der Fantasy von Dark bis Funny, von High bis Urban abdeckt.

Simon R. Green

Geisterwelt

In den Schatten des ImperiumsBand 2

Aus dem Englischen von Axel Merz

Digitale Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 1993 by Simon R. Green

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Ghostworld«

Originalverlag: Ace Books, New York

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Titel der deutschsprachigen Erstausgabe: »Nebelwelt / Geisterwelt / Höllenwelt«

Textredaktion: Rainer Schumacher / Stefan Bauer

Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: Massimo Peter unter Verwendung von Motiven © Arndt Drechsler

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7325-9140-4

Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes »Out of Balance – Kollision« von Kris Brynn.

be-ebooks.de

lesejury.de

KAPITEL 1EINE BEWEGUNG IM STURM

Die Pinasse der Dunkelwind löste sich vom Mutterschiff, eine silbern glänzende Nadel vor der endlosen Nacht. Für einen Augenblick hing sie über der Randwelt namens Unseeli, dann senkte sich die Nase des Schiffs, die Maschinen zündeten lautlos, und die Pinasse tauchte in die aufgewühlte Atmosphäre des Planeten ein wie ein Messer in einen Bauch. Die Triebwerke brannten sonnenhell und trieben das Schiff mit brutaler Kraft durch die gewaltigen Stürme. Blitze zuckten rings um die Pinasse, und der Wind riss von allen Seiten an ihr, doch nichts konnte das Schiff von seinem Kurs abbringen. Es bahnte sich mit arroganter Mühelosigkeit einen Weg durch die wirbelnden Luftmassen und fiel wie ein Stein auf den Metallwald am Boden zu.

Unseeli besaß weder Ozeane noch Gebirge. Der ganze Planet war eine einzige trockene Ebene, auf der sich von Pol zu Pol ein glänzender Wald ausbreitete. Ein Wald, dessen gewaltige Metallbäume weder Blätter noch Knospen, weder Sommer noch Winter kannten. Sie erhoben sich millionenfach und ungebeugt aus der grauen Erde, kalt und gefühllos wie glitzernde Metallnadeln. An manchen Stellen des Planeten reichten sie bis in die obersten Schichten der Atmosphäre, und weder das Wetter noch die Stürme sahen sie jemals schwanken. Der Wind zerrte unablässig an nackten Ästen, die nadelspitz aus glatten, konturlosen Stämmen sprossen. Violett und azur, golden und silbern streckten sich die Metallbäume in das Blitzen und den Donner hinauf und begrüßten das landende Fahrzeug.

Kapitän Johan Schwejksam saß zusammengesunken in seinem Kommandantensitz und beobachtete die Anzeigen der Sensorpaneele vor sich. Die Diagramme auf den Schirmen änderten sich mit rasender Geschwindigkeit, viel zu schnell für das menschliche Auge, um einen Sinn darin zu erkennen. Aus diesem Grund steuerte auch die KI das Schiff, und Schwejksam hatte nichts weiter zu tun, als die Kontrollen im Auge zu behalten. Dicke Sturmwolken verbargen den Blick auf die Metallbäume, doch die KI lokalisierte sie über die Schiffssensoren und änderte Kurs und Geschwindigkeit im Zeitraum von Sekundenbruchteilen entsprechend. Die KI dachte und reagierte viel schneller als jeder Mensch, selbst wenn er mental mit den Bordcomputern verbunden war. Deswegen stand zu keiner Zeit in Frage, wer die Pinasse nach unten steuern würde. Die KI war programmiert, die Gefühle der Menschen an Bord zu berücksichtigen, sodass sie Schwejksam vielleicht selbst die Pinasse landen ließ, wenn es nicht zu schwierig erschien.

Schwejksam vertiefte seine Konzentration und griff über das Komm-Implantat auf die Schiffssensoren zu. Die Hülle ringsum wurde unvermittelt durchsichtig, und die Sensoren zeigten Schwejksam eine Echtzeitsimulation der Geschehnisse draußen. Schwere, dunkle Sturmwolken schossen mit atemberaubender Geschwindigkeit auf die Pinasse zu und hüllten sie ein. Mächtige Blitze schlugen in die Schiffshülle. Schwejksam zuckte innerlich zusammen. Nach außen ließ er sich nichts anmerken, um seine Passagiere nicht zu beunruhigen. Der Sturm mochte rasen und toben wie er wollte; nichts konnte dem Schiff etwas anhaben, solange der Schutzschirm oben war. Glänzende Metallbäume erschienen und verschwanden wieder im Bruchteil von Sekunden, während die Pinasse in diese und jene Richtung manövrierte und sich einen Weg zwischen den Bäumen hindurch zu der Landeplattform von Basis Dreizehn bahnte. Die Sturmwolken waren zu schwarz und undurchdringlich, um Schwejksam einen Blick auf den Wald selbst zu ermöglichen, doch vor seinem geistigen Auge entstand das Bild eines endlosen, unerträglichen Nadelkissens; solide Metallstachel, die auf sein Schiff warteten.

Die Vorstellung beunruhigte Schwejksam. Er unterbrach die Verbindung zu den Sensoren und schwang mitsamt seinem Kommandantensitz herum, um sich nach den Passagieren umzusehen. Ein guter Kapitän vernachlässigte niemals seine Mannschaft. Vermutlich war ihnen heutzutage die Loyalität einprogrammiert, trotzdem konnte ein wenig Vorsicht nicht schaden.

Die junge Esperfrau des Schiffs, Diana Vertue, sah um die Nase eindeutig grün aus. Die plötzlichen Bewegungen und das Schlingern der Pinasse schienen ihr nicht zu bekommen. Investigator Frost saß neben dem Esper, kühl und gefasst wie immer, einen beinahe gelangweilten Ausdruck auf dem Gesicht. Die beiden Infanteristen Stasiak und Ripper saßen hinter den Frauen und schoben eine Flasche aus Waffenmetall zwischen sich hin und her. Schwejksam presste den Mund zusammen. Hoffentlich war es nur Alkohol und nicht eine der neuen Kampfdrogen, die in den Medlabs zusammengebraut wurden. Offiziell war er angewiesen, derartiges Verhalten zu unterstützen, doch Schwejksam vertraute keinem chemisch erzeugten Mut. Er bevorzugte das Echte, wann immer möglich. An Chemikalien gewöhnte man sich zu schnell, und ihre Wirkung ließ wieder nach.

»Wir werden bald landen«, erklärte Schwejksam gleichmütig. »Mit unmittelbarer Gefahr ist eigentlich nicht zu rechnen, aber haltet Augen und Ohren offen. Da es sich um einen unvorhergesehenen Zwischenfall handelt, besitzen wir so gut wie keinerlei Informationen. Die Aufgabe ist relativ einfach. Basis Dreizehn antwortet auf keinerlei Signal. Unser Auftrag lautet, den Grund dafür herauszufinden.«

»Eine Frage, Kapitän?«

»Ja, Esper Vertue?«

»Laut den Daten der Lektronen ist Unseeli eine tote Welt. Nichts lebt hier, seit die eingeborenen Spezies nach der Ashrai-Rebellion vor zehn Jahren ausgelöscht wurden …«

»Das ist richtig«, sagte Schwejksam, als die junge Frau eine Pause machte.

»Aber wenn das der Fall ist, Kapitän, wenn auf diesem Planeten nichts mehr lebt, das eine Gefahr bedeuten könnte – warum all die Aufregung? Es könnte sich schlicht um einen Fall von Kabinenfieber handeln. Das wäre so weit hier draußen am Rand des Imperiums schließlich nichts Neues.«

»Ein gutes Argument, Esper. Doch vor vier Tagen wurde auf Basis Dreizehn Alarmstufe Rot ausgelöst, ein Schutzschild rings um die Station errichtet und sämtliche Kommunikation mit dem Imperium abgebrochen. Das Imperium mag es nicht, ausgesperrt zu werden. Also werden wir hineingehen und herausfinden, was geschehen ist. Runzelt nicht die Stirn, Esper; das erzeugt nur unnötige Falten.«

»Ich habe mich nur gefragt, Kapitän … nun, was macht Investigator Frost hier?«

»Ja«, stimmte Frost zu. »Diese Frage stelle ich mir auch schon die ganze Zeit.«

Schwejksam nahm sich Zeit, bevor er antwortete. Er musterte die beiden Frauen unverhohlen. Sie bildeten einen interessanten Kontrast. Diana Vertue war klein, schlank, goldhaarig und erinnerte Schwejksam stark an ihre Mutter Elaine. Die junge Frau war eben erst neunzehn geworden und von einer arroganten Unschuld erfüllt, die nur Jugend hervorbringen und aufrechterhalten konnte. Sie würde sie noch früh genug verlieren – spätestens bei dem Versuch, Gesetz, Ordnung und geistige Gesundheit hier draußen am Rand des Imperiums, auf den neu besiedelten Welten dicht am Abgrund aufrechtzuerhalten. Hier gab es nur wenig Zivilisation – und noch viel weniger Gesetz, ganz zu schweigen von Recht. Investigator Frost war nur wenige Jahre älter als der Esper, doch der Unterschied zwischen den beiden Frauen war so krass wie der zwischen Jäger und Beute. Frost war hochgewachsen, geschmeidig, muskulös, und selbst im Sitzen und völlig entspannt ging von ihr ein Hauch von Gefahr aus. Dunkelblaue Augen brannten kalt in einem blassen, regungslosen Gesicht, das von kurz geschorenem, rötlichem Haar umrahmt wurde. Die unruhige Landung schien Frost nicht das Geringste auszumachen, aber das schien wahrscheinlich nicht nur so. Investigatoren wurden ausgebildet, um weit Schlimmeres zu überstehen. Das erklärte zumindest teilweise, warum Investigatoren so effiziente Killer abgaben. Schwejksam bemerkte, dass er länger geschwiegen hatte als beabsichtigt. Er beugte sich in seinem Sitz vor, runzelte die Stirn, als hätte er soeben seine Gedanken geordnet und wusste doch im gleichen Augenblick, dass er Investigator Frost keine Sekunde täuschen konnte.

»Ihr seid hier, Investigator, weil wir nicht wissen, was uns nach der Landung erwartet. Es besteht immer die Möglichkeit, dass Unseeli von einer neuen, unbekannten Spezies Besuch erhalten hat. Schließlich befinden wir uns hier am Abgrund, und mehr als ein Raumschiff ist in der endlosen Nacht verschwunden und niemals wieder aufgetaucht. Fremdrassen sind doch Eure Spezialität, oder nicht?«

»Ja«, antwortete Frost und lächelte schwach. »So könnte man es auch nennen.«

»Andererseits«, fuhr Schwejksam fort, »handelt es sich bei Unseeli um einen Minenplaneten, und die hier geförderten Metalle sind von lebenswichtiger Bedeutung für das Imperium. Eine beliebige Anzahl von Gruppierungen könnte ein Interesse entwickeln, die Produktion zu stören. Aus diesem Grund leite ich die Operation persönlich.«

»Wenn die Angelegenheit so wichtig ist – warum sind wir dann nur zu fünft?«, fragte der Infanterist Stasiak. »Warum schicken wir nicht eine ganze Mannschaft aus Sicherheitsleuten hinein, umzingeln und stürmen die Basis und machen alles nieder, was sich bewegt?«

»Weil Basis Dreizehn die gesamten Minenapparaturen von Unseeli kontrolliert«, antwortete Schwejksam gelassen. »Die Systeme laufen jetzt nur noch mit dreißigprozentiger Effizienz. Wir wollen nicht riskieren, die Basis zu beschädigen und die Situation weiter zu verschlimmern. Außerdem, wie Esper Vertue bereits festgestellt hat, besteht immer die Möglichkeit, dass es sich um nichts weiter als eine neue Epidemie des Kabinenfiebers handelt und die Mannschaft der Basis lediglich eine nette kleine Unterhaltung mit den Psychiatern der Dunkelwind benötigt. Wir sind hier, weil wir herausfinden sollen, was wirklich los ist, und weil wir darüber Bericht erstatten sollen, und nicht, um Tod und Verwüstung über die einzigen Leute zu bringen, die uns erzählen können, was sich zugetragen hat.«

»Verstanden, Kapitän«, sagte der andere Infanterist namens Ripper. »Wir werden die Sache hübsch und sanft durchziehen, wie es sich gehört. Kein Problem.«

Schwejksam nickte kurz und musterte die beiden Marineinfanteristen unauffällig. Lewis Stasiak war von durchschnittlicher Größe und Statur, gerade Anfang zwanzig, obwohl er bereits stark mitgenommen und ausgebrannt wirkte. Sein Haar war ein wenig zu lang, die Uniform zerknittert, und in seinem Gesicht stand ein Ausdruck von Nachlässigkeit. Schwejksam erkannte die Gefahrenzeichen. Stasiak war zu lange ohne wirkliche Herausforderung und ohne Gefecht gewesen und weich und unvorsichtig geworden. Zumindest teilweise aus diesem Grund hatte ihn der Kapitän der Dunkelwind für das Erkundungsteam ausgewählt. Wenn irgendetwas schiefging, würde Stasiak kein großer Verlust sein. Es war immer nützlich, jemanden bei sich zu haben, auf den man verzichten konnte, jemanden, den man in gefährliche Situationen schicken konnte, bevor man selbst einen Blick auf das Geschehen warf. Trotzdem würde Schwejksam den Mann im Auge behalten müssen. Marineinfanteristen, die weich wurden, entwickelten die Tendenz, unter Druck nicht lange durchzuhalten, und wenn es sie erwischte, dann besaßen sie die hässliche Angewohnheit, alle anderen mitzureißen, die in der Nähe waren.

Alec Ripper auf der anderen Seite war all das, was Stasiak nicht war. Ripper war ein Bilderbuchinfanterist, und er sah auch danach aus. Neunundzwanzig Jahre alt, seit vierzehn Jahren im Dienst der Flotte, so groß wie ein Geräteschuppen und doppelt so gemein. Scharf und schneidig vom kurz geschorenen Scheitel bis zu den Sohlen der glänzenden Stiefel. Vier Orden und drei Auszeichnungen für Tapferkeit im Feld. Ripper hätte längst Offizier sein können, wenn er nur die richtigen Verbindungen zu den Familien besessen hätte. Er war zweimal zum Unteroffizier befördert und beide Male wieder degradiert worden, weil er die Stirn besessen hatte, einem Offizier zu sagen, dass er sich möglicherweise irrte. Das war unklug in der Flotte, ganz besonders in der Gegenwart von Zeugen. Nach seiner Akte zu urteilen, war Ripper ein hervorragender Soldat und ein noch besserer Kämpfer mit einem ausgesprochenen Talent zum Überleben. Wenn irgendjemand lebendig von dieser Mission zurückkehren würde, dann Ripper.

Wenn irgendjemand zurückkehren würde.

Die Mannschaft wusste nichts über Unseeli – im Gegensatz zu Schwejksam. Er war schon einmal hier gewesen, zehn Jahre zuvor, als die Ashrai in endlosen Wellen aus den Wäldern geschwärmt kamen und jeden Menschen erschlagen hatten, der ihnen begegnet war. Schwejksam erinnerte sich an die schrecklichen Dinge, die sie getan hatten, und an die noch schrecklicheren Dinge, die er getan hatte, um sie aufzuhalten. Heute gab es keine Ashrai mehr. Sie waren tot. Ausgerottet. Zusammen mit jedem anderen Lebewesen, das je über den Planeten gelaufen war.

Die Pinasse legte sich unvermittelt zur Seite. Das Brüllen der Maschinen schien für einen Augenblick zu stocken, bevor sie zu ihrem normalen Arbeitsgeräusch zurückkehrten. Schwejksam schwenkte in seinem Sitz herum und starrte auf die Schirme vor sich. Überall blinkten rote Warnleuchten, doch es gab keinen Hinweis auf einen Schaden. Über das Komm-Implantat schaltete sich der Kapitän erneut in die Sensoren, und wieder schien das Schiff rings um ihn herum unsichtbar zu werden. Dunkle Sturmwolken tobten um die Pinasse und blieben mit atemberaubender Geschwindigkeit hinter der schlanken Nadel zurück. Das Schiff machte einen weiteren Satz. Schwejksams Magen verknotete sich, als die Pinasse ohne Rücksicht auf das Befinden der Passagiere Kurs und Geschwindigkeit änderte. Glänzende Metallbäume tauchten vor ihnen und zu den Seiten auf, verschwanden wieder wie der Blitz, doch Schwejksam erkannte, dass die Pinasse nicht nur den Bäumen auszuweichen versuchte. Irgendetwas anderes lauerte dort draußen im Sturm. Irgendetwas, das lange Zeit auf eine Gelegenheit zur Rache gewartet hatte und einen Dreck darauf gab, dass es eigentlich seit zehn Jahren tot sein müsste.

Geisterwelt.

»Marineinfanteristen, an die Geschütze!«, bellte Schwejksam rau. »Investigator, schaltet Euch in die Sensoren und sagt mir, was Ihr seht. Esper, ich wünsche eine volle psionische Abtastung, so weit Eure Kräfte reichen. Ich will wissen, was dort draußen vor sich geht.«

Die Marineinfanteristen linkten sich über ihre Komm-Implantate in die Schiffsgeschütze ein, und ihre Gesichter wurden leer. Sie sahen jetzt durch die Zieleinrichtung der Kanonen. Frosts kaltes Gesicht veränderte sich kaum, als sie mit Hilfe der Sensoren einen raschen Blick auf die nähere Umgebung des Schiffs warf. Die Esperfrau blickte Schwejksam unsicher an.

»Nach was genau soll ich suchen, Kapitän?«, erkundigte sie sich. »Irgendetwas. Was auch immer dort draußen lauert.«

»Aber … ich kann nichts entdecken, Kapitän. Ein Sturm, weiter nichts.«

»Nein!«, widersprach Schwejksam. »Da ist mehr als nur der Sturm. Fangt an, Esper. Das ist ein Befehl.«

»Aye aye, Sir.« Vertues Gesicht wurde starr, die Augen blickten ins Leere, und ihr psionischer Geist sprang aus dem Schiff und blickte sich um.

Ringsum toste der Sturm, doch er konnte Vertue nichts anhaben. Metallbäume brannten in ihrem Verstand wie blendend helle Suchscheinwerfer, die durch die Wolken fingerten. Hier und dort flackerten die Bäume auf, wenn Minenroboter an den Wurzeln rissen. Abgesehen von den Bäumen gab es im Bereich von Vertues ESP keinerlei Lebenszeichen, und doch erschien es ihr, als wäre da etwas, ganz am Rand ihres Verstands, fühlbar nur als kurze Bewegung, und das unbestimmte Gefühl, beobachtet zu werden. Diana ging an die Grenzen ihrer Kräfte, schob die Reichweite ihres ESP so weit nach draußen wie nur irgend möglich, aber sie war nicht imstande, einen klaren Blick auf das zu erhaschen, was dort draußen lauerte.

Wenn dort überhaupt etwas lauerte …

Stasiak spürte, wie die Kanonen der Pinasse auf seine Gedanken reagierten und herumschwenkten, und er grinste böse. Vier Disruptorkanonen, allermodernste Technologie und voll aufgeladen, waren über den Rumpf der Pinasse verteilt und bereit, auf seinen leisesten Gedanken hin zu feuern.

Doch da waren nur der Sturm und die Wolken und die endlosen verdammten Bäume. Die Sensoren konnten nichts entdecken, auf das zu feuern wert gewesen wäre. Stasiak schaltete sich über eine gesicherte Verbindung in Rippers Komm-Implantat.

»Hey, Rip! Kannst du was entdecken?«

»Nein. Aber das bedeutet nicht, dass es dort draußen nichts gibt.«

»Ja, sicher. Wenn du mich fragst, dann hat der Kapitän Ameisen in der Hose und bildet sich das alles nur ein. Diese verdammte Welt ist tot, Rip. Jedes Kind weiß das.«

»Vielleicht hast du recht. Auf den Sensoren ist nichts zu erkennen. Trotzdem habe ich das ungute Gefühl, als wären wir nicht allein hier draußen. Sei lieber auf der Hut, Lew. Mir gefällt die ganze Geschichte nicht. Und wenn die Scheiße in den Ventilator fliegt, vergeude nicht deine Schüsse. Ziel sorgfältig. Vergiss nicht, die Kanonen benötigen vier Minuten zum Nachladen. In vier Minuten kann eine ganze Menge geschehen.«

»Ja, du hast recht.« Stasiak rutschte unbehaglich in seinem Sitz hin und her und versuchte, in alle Richtungen zugleich zu sehen. Jetzt, da Ripper es erwähnt hatte, spürte er es auch. Irgendetwas wartete, beobachtete, versteckte sich gerade außerhalb der Reichweite seiner Sensoren. Mit seinem Geist strich Stasiak über die Feuerkontrollen, spürte ihre Reaktion wie die von Hunden, die an der Leine zerrten. Die KI der Pinasse war so programmiert, dass sie die Geschütze nur im äußersten Notfall selbst aktivieren konnte, allein schon aus dem Grund, keine Illusionen über ihre Position in der Hierarchie an Bord aufkommen zu lassen, doch auch KI spürte mittlerweile, dass etwas mit diesem Sturm nicht stimmte. Auf ihre eigene Art und Weise war sie genauso begierig darauf zu handeln wie Stasiak.

Investigator Frost blickte zu dem Kapitän. »Die Sensoren können nichts entdecken«, meldete sie. »Keinerlei Hinweise auf Leben innerhalb ihrer Reichweite.«

»Damit hätte ich auch nicht gerechnet«, erwiderte Kapitän Schwejksam und starrte unverwandt weiter in den Sturm hinaus. »Odin, wie lange noch bis zur Landung?«

»Zwölf Minuten und vierzig Sekunden, Kapitän«, antwortete die KI augenblicklich. »Vorausgesetzt, mein Flugplan wird nicht durchkreuzt.«

»Bring uns so schnell wie möglich nach unten, Odin«, befahl der Kapitän. »Marineinfanteristen, bereithalten. Irgendetwas kommt auf uns zu.«

Und dann wurde die Pinasse unvermittelt zur Seite geschleudert und mit Macht aus dem Kurs geworfen, als hätte eine Riesenfaust aus dem Nichts nach ihr geschlagen. Das Schiff bockte und ächzte, während die KI darum kämpfte, es nicht an den dicht stehenden Metallbäumen zerschellen zu lassen. Dunkle, bedrohliche Schatten wuchsen über die kochenden Sturmwolken hinaus.

»Odin, Schutzschild hochfahren«, befahl Schwejksam mit leiser, fester Stimme, obwohl die Knöchel an seinen Fäusten weiß hervortraten. »Marineinfanteristen, sorgfältig zielen. Investigator, was könnt Ihr sehen?«

»Noch immer nichts, Kapitän. Die Sensoren sind der festen Überzeugung, dass es dort draußen nichts gibt außer Bäumen und Sturm.«

»Das Gleiche hier«, meldete Stasiak drängend. »Nichts, auf das wir zielen könnten.«

Die Pinasse schüttelte sich, als irgendetwas unglaublich Großes immer und immer wieder auf den Schutzschild einhämmerte. Schwejksam beobachtete angespannt die Diagramme, die einen von allen Seiten zugleich ansteigenden Druck auf die Schirme anzeigten. Leuchtende Metallbäume rasten schneller als je zuvor an dem kleinen Beiboot der Dunkelwind vorüber, während die KI das Schiff durch den Wald in Richtung Landefeld zu steuern versuchte. Doch trotz der irrsinnigen Geschwindigkeit blieben die dunklen Schatten bei ihnen und prügelten mit brutaler Gewalt auf die Schilde ein. Schwejksam runzelte die Stirn und leckte sich über die trockenen Lippen. »Infanteristen, Streufeuer zu beiden Seiten des Schiffes. Zufällige Auswahl der Ziele. Feuer frei.«

Die Antwort der Infanteristen ging im Donnern der Disruptorkanonen unter. Blendende Energie sprang aus den Geschützläufen und zerfetzte die Metallbäume in ihrer Bahn. Große Splitter flogen wie Schrapnelle durch die Gegend. Und noch immer übten die untoten Wesen mit unverminderter Kraft ihren Druck auf die Schutzschilde der Pinasse aus und verstärkten ihn von Sekunde zu Sekunde.

»Unsere Geschütze sind jetzt nutzlos, bis die Kristalle wieder aufgeladen sind«, sagte Investigator Frost leise. »Und der Schutzschild wird nicht bis zum Landefeld halten. Mehr und mehr Energie wird von den Maschinen abgezogen und in die Schirme geleitet. Uns bleibt nicht mehr viel übrig. Nicht, wenn wir den verdammten Planeten je wieder verlassen wollen. Was ist das dort draußen, Kapitän? Warum sehen wir nichts auf unseren Sensoren?«

Schwejksam blickte Frost an. »Weil sie tot sind, Investigator. Weil sie tot sind. Odin, voraussichtlicher Landezeitpunkt?«

»Zehn Minuten zweiundzwanzig Sekunden, Kapitän.«

»Sobald ich den Befehl gebe, schaltest du den Schild ab und leitest sämtliche frei gewordene Energie in die Antriebe. Mach, was immer du für richtig hältst, Odin, aber bring uns runter! Falls wir die Landung überleben, können wir die Batterien in Basis Dreizehn jederzeit aufladen. Soldaten, bereithalten zum erneuten Feuern auf mein Kommando.«

»Aber dort draußen ist nichts!«, beschwerte sich Stasiak. »Es gibt nichts, worauf wir zielen könnten!«

»Halt die Klappe, Lew!«, zischte Ripper. »Wir sind nicht hier, um mit Vorgesetzten zu diskutieren, oder hast du das vergessen? Mach einfach das, was der nette Offizier dir sagt. Wenigstens scheint er eine Vorstellung von dem zu besitzen, was dort draußen vor sich geht.«

Stasiak schniefte aufsässig. »Sie zahlen einfach nicht genug für diesen Mist.«

Schwejksam starrte in den Sturm hinaus, dann blickte er wieder zu seinem Investigator. »Irgendetwas auf den Sensoren?«

»Negativ, Kapitän. Keinerlei Lebenszeichen. So weit es die Instrumente betrifft, sind wir ganz allein hier draußen.« Investigator Frost erwiderte Schwejksams Blick mit harten, kalten Augen. »Ihr habt etwas in der Art erwartet, nicht wahr, Kapitän? Das ist der Grund, aus dem Ihr mit uns gekommen seid. Ihr wisst, was dort draußen lauert.«

»Ja«, antwortete Schwejksam. »Ja, ich weiß es.«

»Die Geschütze sind wieder feuerbereit, Kapitän!«, meldete Ripper. »Wir können jederzeit schießen. Nennt uns nur ein Ziel, Sir.«

»Haltet Euch bereit, Soldaten. Esper, redet mit mir! Was seht Ihr dort draußen? Esper!«

Sie waren groß und furchterregend, und sie erfüllten Vertues gesamten Verstand mit einem blendenden Licht so hell wie die Sonne. Zu fremdartig zum Verstehen, zu gewaltig zum Begreifen hatten sie sich im Sturm versammelt wie archaische Rachegötter und überzogen die Pinasse mit Donner und Blitz. Diana Vertue kämpfte verzweifelt darum, inmitten all der Raserei und Wut ihre eigene Identität zu behalten, doch ihr menschliches Bewusstsein war ein zu kleines, unbedeutendes Ding inmitten von all diesem bitteren, intensiven Hass. Sie zog sich in die Sicherheit hinter ihren mentalen Schilden zurück und kämpfte gegen die fremdartigen Gedanken im Sturm außerhalb des Schiffes an, die heulend und brüllend in ihr Bewusstsein einzudringen versuchten.

Diana errichtete eine Verteidigungsbarriere nach der anderen, bis sie sich ganz unvermittelt zurück im Schiff befand, wo Kapitän Schwejksam sie anbrüllte.

»Er ist lebendig«, erklärte Diana benommen. Ihre Gedanken erschienen ihr nun, da sie wieder auf menschlicher Ebene funktionierten, langsam und unbeholfen. »Der Sturm ist lebendig, und er hasst uns.«

»Konntet Ihr Kontakt mit dem Sturm aufnehmen?«, erkundigte sich Schwejksam. »Ist es Euch gelungen, irgendwie mit ihm zu kommunizieren?«

»Kommunizieren? Mit was?«, mischte sich Investigator Frost in scharfem Tonfall ein. »Gäbe es dort draußen etwas Lebendiges, dann hätten die Sensoren es gezeigt.«

»Sie sind zu gewaltig. Zu groß«, entgegnete Diana. »Riesig. Ich habe noch niemals derartigen Hass gespürt.«

»Versucht es!«, befahl der Kapitän. »Das ist der Grund, aus dem ich Euch mitgenommen habe. Redet mit … was auch immer sich dort draußen befindet.«

»Nein!«, widersprach Diana vehement. In ihren Augen brannten heiße Tränen. »Bitte! Lasst mich … Sie hassen uns so sehr.«

»Tut es! Das ist ein Befehl!«

Und Diana öffnete ihren Verstand erneut, warf ihn hinaus aus der Pinasse in den tosenden Sturm aus Hass. Esper befolgten stets ihre Befehle. Ihre Ausbildung sorgte dafür. Wer nicht lernen konnte oder wollte, erreichte das Erwachsenenalter nicht.

Der Sturm raste. Gewaltige, dunkle Gedanken umgaben Diana. Sie wusste, dass sie nur deswegen noch lebte, weil sie viel zu klein war, um von ihnen bemerkt zu werden. Sie wusste auch, dass die anderen auf eine unbestimmbare, dumpfe Weise allmählich bemerkten, dass Diana sie beobachtete.

Schwejksam musterte das Gesicht der jungen Esperfrau. Es war vor Entsetzen verzerrt, verzerrt wegen dem, was ihre blinden Augen sahen. Der Kapitän konnte den Blick nicht abwenden. Falls Diana starb oder den Verstand verlor, trug er die Verantwortung dafür. Das Risiko war ihm bewusst gewesen, als er darauf bestanden hatte, sie zu diesem Einsatz mitzunehmen. Ein dünner Speichelfaden troff langsam aus Dianas Mund, und sie begann leise zu stöhnen. Schwejksam konnte den Blick noch immer nicht abwenden.

»Soldaten, Sperrfeuer legen. Zufällige Zielauswahl, wie gehabt. Odin, Schutzschirm senken. Jeder sichert sich in seinem Sitz. Der Ritt wird ein wenig holprig.«

Ein ohrenbetäubendes Röhren erklang, mindestens ebenso sehr in jedermanns Kopf wie akustisch in den Ohren, als die Schutzschirme zusammenfielen und die dunklen Wesenheiten in das Schiff eindrangen. Die Disruptorgeschütze feuerten in den Sturm hinaus, ohne irgendwelchen erkennbaren Schaden anzurichten. Die Pinasse schüttelte sich und schwankte von einer Seite zur anderen wie ein Blatt in einem Hurrikan. Metallbäume mit Stämmen, die ein Dutzend Fuß durchmaßen, sprangen aus den Wolken und krachten gegen die Flanken des kleinen Schiffs. Die Hülle war geschaffen, um Disruptorfeuer und taktischen Atomsprengköpfen zu widerstehen, und so hielt sie dem Ansturm relativ mühelos stand. Das Tosen der Schiffsantriebe schwoll an und ab, während die KI verzweifelt darum kämpfte, den Kurs zu halten.

Kapitän Schwejksam schaltete sich einmal mehr in die Schiffsinstrumente und biss sich auf die Unterlippe, als er feststellte, dass sie noch immer mehr als vier Minuten von der Basis entfernt waren. Unvermittelt senkte sich die Nase des Schiffes steil nach unten, als hätte jemand eine schwere Last daraufgestellt. Ein Kreischen von gequältem Metall, und die Backbordseite der Hülle zerriss wie Papier. Fetzen von Metall flogen durch die Kabine. Kratzer wie die Spuren gewaltiger Klauen zogen sich über die Außenhülle. Irgendetwas hämmerte auf die Pinasse, und große Beulen erschienen im oberen Bereich der Hülle.

»Da draußen ist absolut gar nichts!«, kreischte Stasiak und hämmerte blindlings auf die Armlehnen seines Sitzes. »Dort draußen ist nichts! Die Instrumente können nichts entdecken.«

Ripper schüttelte den Kopf. Sein Mund formte lautlose Zustimmung. Investigator Frost starrte über ihr Komm-Implantat auf den wütenden Sturm hinaus und umklammerte die Waffe an der Hüfte. Dinge bewegten sich im Sturm, dunkle, verschwommene, unglaublich große Kreaturen. Der gesamte Rumpf der Pinasse kreischte gequält auf, als das Kabinendach von einer gewaltigen, unwiderstehlichen Kraft eingedrückt wurde.

»Wir verlieren Druck, Kapitän«, meldete die KI in Schwejksams Ohr. »Die Schiffsintegrität ist über meine Kompensationsfähigkeiten hinaus beschädigt. Ich bin nicht länger zuversichtlich, ob wir den Landeplatz erreichen können. Habe ich Eure Erlaubnis, eine Notlandung einzuleiten?«

»Nein!«, erwiderte Schwejksam durch sein Komm-Implantat. »Noch nicht.«

»Wir müssen landen, bevor das Schiff auseinanderfällt«, sagte Frost.

Schwejksam bedachte den Investigator mit einem scharfen Blick. Er hatte nicht gewusst, dass sie Zugriff auf den Kommandokanal seines Implantats besaß. »Noch nicht«, wiederholte er entschlossen. »Esper, redet mit ihnen, verdammt! Sorgt dafür, dass sie Euch hören.«

Diana Vertue ließ den letzten Rest ihrer mentalen Abschirmung sinken und stand nun nackt und wehrlos vor den fremdartigen Wesenheiten.

Sie schossen vor und stürzten sich auf sie. Im gleichen Augenblick ließ die Pinasse die letzten Sturmwolken hinter sich und erreichte klare Luft. Mit schwindelerregender Geschwindigkeit wich die KI den im Weg stehenden Metallbäumen aus. Bösartige, stachelige Äste rasten an ihnen vorüber, scheinbar nur einen Zoll davon entfernt, den Schiffsrumpf aufzureißen und die Pinasse wie einen Fisch auszuweiden.

Dann blieben auch die Bäume zurück, und das kleine Schiff flog über eine weite offene Lichtung, über eine flache Ebene auf Basis Dreizehn und das Landefeld zu.

»Es hat aufgehört«, sagte Investigator Frost leise. »Hört nur. Es hat aufgehört.« Schwejksam blickte sich langsam um. Das Hämmern auf die Schiffshülle hatte tatsächlich aufgehört. Nirgendwo mehr eine Spur von den dunklen, bedrohlichen Wesen. Schwache Geräusche drangen in die Kabine, als das Schiff damit begann, seine Strukturschäden selbst zu reparieren. Die beiden Marineinfanteristen lösten ihre Verbindung mit den Schiffsgeschützen und sahen sich mit leeren Blicken um. Zum ersten Mal nahmen sie die schweren Schäden wahr, die das Schiff erlitten hatte. Ripper wandte sich an den Kapitän, um Fragen zu stellen, doch Stasiak bedeutete ihm mit einem Wink zu schweigen. Der Infanterist kletterte aus seinem Sitz und kniete sich neben der jungen Esperfrau nieder, die zusammengesunken auf dem Fußboden saß und den Kopf gesenkt hielt. Langsam drang seine Gegenwart in ihr Bewusstsein. Sie öffnete die Augen und blickte Stasiak an.

»Sie … sie sind verschwunden, Kapitän. Sie sind einfach … gegangen.«

»Was habt Ihr gesehen?«, erkundigte sich Schwejksam in bewusst gleichgültigem Tonfall.

»Gesichter. Gargoylenfratzen. Eckig und glatt. Zähne und bösartige Klauen. Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass irgendetwas davon real war. Es kann nicht real gewesen sein. Es waren so viele Gesichter, und darin stand nichts als Wut und Hass. Ich war sicher, dass sie mich töten würden, doch als ich meine Abschirmung fallen ließ, blickten sie mich nur an und … gingen. Ich weiß nicht, warum.«

»Aber Ihr wisst es, Kapitän«, sagte Investigator Frost. »Nicht wahr, Kapitän?«

»Bitte kehrt zu Euren Sitzen zurück«, unterbrach die KI. »Die Landung steht unmittelbar bevor.«

Schwejksam half Diana Vertue auf die Beine und führte sie zu ihrem Platz, bevor er sich in den Kommandositz begab.

Investigator Frost sah dem für einen Augenblick mit verkniffenem Gesicht hinterher und ignorierte ihn dann demonstrativ. Die Marineinfanteristen warfen sich vielsagende Blicke zu und schwiegen. Ihre Gesichter sprachen Bände.

»Ich habe versucht, mit Basis Dreizehn Kontakt aufzunehmen«, meldete die KI, »doch ich erhalte keine Antwort. Die Schutzschirme rings um die Station sind noch immer oben. Innerhalb der Reichweite meiner Sensoren gibt es keinerlei Hinweise auf Lebensformen oder Bewegung. Ich nehme daher an, dass es sicher ist zu landen, es sei denn, Ihr stimmt dagegen, Kapitän.«

»Nein. Odin, bring uns so dicht an der Basis runter, wie nur irgend möglich. Anschließend wirst du die Sensoren auf größte Empfindlichkeit einstellen und die Schiffssysteme einschließlich der Bordwaffen auf höchster Gefechtsbereitschaft halten, bis ich diesen Befehl widerrufe.«

»Verstanden, Kapitän.« Ein Dutzend Yards vom schimmernden Schutzschirm von Basis Dreizehn entfernt kam die Pinasse zum Halt. Langsam sank sie dem Landefeld entgegen. Schwejksam starrte angestrengt auf die Simulation, die die Schottenwände unsichtbar werden ließ, und erkannte zum ersten Mal, wie groß die Landeflächen tatsächlich waren. Sie waren ursprünglich dazu gedacht, den gewaltigen Sternenfrachtern Raum zu bieten, die die Basis errichtet hatten und mit Nachschub versorgten. Schwejksam war Kapitän eines dieser Schiffe gewesen, und er erinnerte sich nur zu deutlich an das ständige Kommen und Gehen, das auf Basis Dreizehn geherrscht hatte. Von überallher aus dem Imperium waren Schiffe gekommen. Gewaltige silberne Frachter hatten die Landefelder bedeckt wie silberne Skulpturen, so weit das Auge reichte. Jetzt waren die Schiffe verschwunden, und die Pinasse stand allein auf dem weiten Feld, zwergenhaft vor der Weite der umgebenden Felder und der schieren Größe der Metallbäume, die die Lichtung überragten.

Schwejksam beendete seine Verbindung mit den Schiffssensoren. Der Anblick wich den nackten Stahlwänden der Schiffskabine. Schwejksam wandte sich in seinem Sitz um und nickte dem Team zu.

»Ich weiß, dass jeder von Euch eine Menge Fragen auf den Lippen hat, doch Ihr werdet Euch noch eine Weile gedulden müssen. Die Situation vor Ort ist äußerst kompliziert, und der raue Landeanflug war nur ein Anfang. Ich nehme an, niemand wurde ernsthaft verletzt? Gut. Odin, Schadensberichte.«

»Nichts Ernsthaftes, Kapitän. Allerdings wird es ein paar Stunden dauern, bevor die Pinasse wieder starten kann. Der Strukturbruch in der Hülle macht mir die größten Sorgen. Es gibt eine Grenze für Schäden, die ich ohne Zugriff auf die Ressourcen eines Sternendocks beheben kann.«

Schwejksam nickte bedächtig. »Wie sieht es schlimmstenfalls aus?«

»Falls ich die Hülle nicht instand setzen kann, werden wir nirgendwo mehr hinfliegen, Kapitän. Selbstverständlich könntet Ihr jederzeit eine weitere Pinasse von der Dunkelwind anfordern, doch gibt es keinerlei Garantie, dass sie die Basis in besserem Zustand erreicht als unser Schiff.«

»Augenblick mal«, mischte sich Stasiak ein. »Du willst damit doch wohl nicht sagen, dass wir hier gestrandet sind?«

»Ruhig, Stasiak«, unterbrach ihn Ripper. »Das war nur ein Szenario für den schlimmsten Fall. Die Dinge stehen nicht so schlecht. Noch nicht jedenfalls.«

»Ich habe ebenfalls ein paar Fragen an Euch, Kapitän«, meldete sich Investigator Frost kühl zu Wort. »Dieser Planet steht offiziell in der Liste der zerstörten Welten. Hier dürfte es nichts Lebendiges mehr geben. Aber irgendetwas in diesem Sturm da draußen hat versucht, uns zu töten, auch wenn unsere Sensoren nichts auffangen konnten. Ihr wisst, was es war. Ihr habt es wiedererkannt. Ich repräsentiere das Imperium in allen Angelegenheiten, die fremde Rassen betreffen, und ich verlange eine Erklärung. Was war das dort draußen im Sturm?«

»Die Ashrai«, antwortete Schwejksam.

»Die Ashrai sind tot. Ausgerottet.«

»Das weiß ich. Ich sagte bereits, die Situation ist kompliziert.«

»Und was zur Hölle hat dann auf dem Weg nach hier die Scheiße aus uns herauszuprügeln versucht?«, fragte Stasiak. »Geister vielleicht?«

Schwejksam grinste schwach. »Vielleicht. Wenn jemals ein Planet von seiner Vergangenheit verfolgt wurde, dann Unseeli.« Schwejksam zögerte, dann blickte er die Mitglieder seiner Mannschaft der Reihe nach an. »Hat irgendjemand von Euch auf dem Weg hierher etwas … Außergewöhnliches gespürt?«

»Ja, ich«, grollte Stasiak. »Ich war mir sicher, dass wir alle den Tod finden würden.«

Ripper zuckte die Schultern. Investigator Frost runzelte für einen Augenblick die Stirn und schüttelte anschließend den Kopf. Schwejksam blickte fragend zu Diana Vertue. »Was ist mit Euch, Esper? Was habt Ihr gespürt?«

Die junge Frau blickte angestrengt auf ihre fest im Schoß verschränkten Hände. »Sie hätten uns alle töten können. Unsere Energieschirme hätten sie nicht aufgehalten, und unsere Geschütze konnten ihnen nichts anhaben. Doch im allerletzten Augenblick blickten sie mich an und wandten sich anschließend ab. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum sie das getan haben. Wisst Ihr vielleicht mehr darüber, Kapitän?«

»Ja«, antwortete Schwejksam. »Weil Ihr unschuldig seid, Esper Vertue.« Er hob die Hand, um jeder weiteren Frage und jedem Kommentar zuvorzukommen. »Also schön, alles herhören. Diese Mission wurde in großer Eile zusammengestellt, somit hat niemand eine gründliche Einweisung erhalten. Das liegt wenigstens zum Teil daran, dass keiner so genau weiß, was auf Unseeli vor sich geht. Zum Teil allerdings wollte ich auch, dass Ihr unvoreingenommen auf diesen Planeten kommt.

Vor zehn Jahren erkannte das Imperium, dass Unseeli reich an wichtigen Metallen ist, und startete Minenoperationen. Die eingeborene intelligente Spezies, die Ashrai, hatte starke Einwände dagegen. Sie erhob sich zu einer Rebellion gegen das Imperium, wobei sie Unterstützung von einem Verräter aus den Reihen der Flotte erhielt, einem Mann, der sich gegen seine eigene Rasse gewandt hatte. Die Imperialen Truppen waren zahlenmäßig weit unterlegen und kein Gegner für die schiere Gewalt der Ashrai, selbst wenn man die viel weiter entwickelte Waffentechnik mit berücksichtigt. Doch das Imperium konnte sich keine Niederlage leisten. Die Metallvorkommen waren zu wichtig. Also zog man sich von der Planetenoberfläche zurück, rief die Sternenkreuzer herbei und sengte den ganzen verdammten Planeten von Pol zu Pol. Die Metallbäume überlebten, ohne Schaden zu nehmen. Nichts sonst. Kurze Zeit später wurden die Minen wieder in Betrieb genommen.

Das ist allerdings noch nicht die ganze Geschichte. Die Metallbäume sind keine gewöhnlichen Bäume. Sie bedecken neunzig Prozent der Planetenoberfläche und bestehen zu einhundert Prozent aus Metall. Überhaupt keine organischen Materialien, und doch sind sie definitiv lebendig. Diese Bäume wurden gezüchtet. Sie entwickelten sich nicht von allein. Ihre Wurzeln ziehen Metalle von tief unter der Oberfläche, reinigen die Schwermetalle und speichern sie in ihren Stämmen. Wir wissen nicht, wie sie das machen, und zahlreiche Hinweise deuten darauf, dass die Bäume einst durch genetische Manipulation entstanden sind. Jedenfalls scheint es vollkommen unglaublich, dass sich etwas so unglaublich Nützliches allein aus einer Laune der Natur heraus entwickelt haben könnte. Ganz besonders dann nicht, wenn man bedenkt, dass die Schwermetalle, die in den Stämmen angereichert werden, ideal dazu geeignet sind, Hyperraumantriebe mit Energie zu versorgen. Diese Metalle sind äußerst selten. Vielleicht versteht Ihr nun, warum das Imperium bereit war, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um die Ausbeute von Unseelis einzigartigen Metallwäldern ungestört fortzusetzen.«

»Halt, Augenblick mal«, meldete sich Frost zu Wort. »Wollt Ihr damit andeuten, dass die Ashrai diese Wälder geschaffen haben?«

»Keineswegs«, erklärte Schwejksam. »Ihre Zivilisation war zu keiner Zeit hoch genug entwickelt. Unsere ersten Investigatorteams förderten sogar Hinweise zutage, aus denen hervorzugehen scheint, dass die Ashrai erst lange nach den Bäumen auf diesem Planeten entstanden sind. Das gibt Euch eine Ahnung, wie lange die Bäume bereits auf Unseeli stehen.«

»Aber – wenn die Ashrai die Bäume nicht entwickelt haben«, sagte Ripper langsam, »… wer war es dann?«

»Eine gute Frage, Soldat«, antwortete Schwejksam. »Wer auch immer es war – hoffentlich kehrt er nicht zurück und findet heraus, wer sich an seinem Garten zu schaffen macht. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Es gibt zwanzig Stationen auf Unseeli