Generation 9/11 - Ansgar Schneider - E-Book

Generation 9/11 E-Book

Ansgar Schneider

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Beschreibung

An welcher Stelle zwischen Demokratie und Faschismus befindet sich unsere Gesellschaft? Verbreiten die großen Medien Desinformationen und verhindern eine kritische gesellschaftliche Debatte? Welchen Beitrag leistet Pseudowissenschaft aus deutschen Universitäten zur Erschaffung von Trugbildern über unser politisches System und historische Ereignisse? Der Physiker Ansgar Schneider und der Mediziner Klaus-Dieter Kolenda begegnen diesen Fragen in einem anregenden Gespräch über die Zerstörung des World Trade Centers, Wissenschaft und Pseudowissenschaft, den Tiefen Staat und "Verschwörungstheorien", weltweite Propaganda und eine Generation gesellschaftlicher Leugnung. Die Zeit der offenen Worte ist gekommen!

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Seitenzahl: 295

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Ebook Edition

Ansgar Schneider Klaus-Dieter Kolenda

Generation 9/11

Die verhinderte Aufklärung des 11. Septembers im Zeitalter der Desinformation

Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.westendverlag.de

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.

Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-86489-835-8

© Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2021

Umschlaggestaltung: Maximilian David

Satz und Datenkonvertierung: Publikations Atelier, Dreieich

Inhalt

Titel
Inhalt
Vorwort und inhaltlicher Überblick
Persönliche Einführungen
Mein 11. September
Ein langer 11. September
Der andere 11. September
Kein 11. September ist auch keine Lösung
Ein Gespräch über den 11. September
1 Am Bahnhof: Einreiseprobleme
2 Eine kurze Geschichte der Zwillingstürme
3 Akademische Naivität?
3.1 Die FAZ liefert Fake News
3.2 Das Schweigen der akademischen Gemeinde
3.3 Die gesellschaftliche Leugnung des Tiefen Staates
3.4 Noam Chomsky – unkritischer Kritiker
4 Freier Fall
5 Propaganda in den Leitmedien
6 Hofstadters »paranoider Stil« und Poppers »Verschwörungstheorie der Gesellschaft«
6.1 Der »paranoide Stil«
6.2 Die »Verschwörungstheorie der Gesellschaft«
6.3 Fehlerhafte Gedanken – bis heute aktuell
7 Akademische Pseudowissenschaft
7.1 Wissenschaft und Pseudowissenschaft
7.2 Einführende Bemerkungen zur Bewertung von Butters Buch
7.3 Feststellen von Butters Definition
7.4 Diskussion von Butters Definition
7.5 Beispiel eines weiteren Verifikationsfehlschlusses
7.6 Butters Frontalangriff auf die wissenschaftliche Methode
7.7 Butters Stichwortgeber Brian Keeley
7.8 Weitere anti-empirische Anflüge bei Butter
7.9 Butter als Gläubiger und Prediger von Autoritätsargumenten
8 Scheinargumente der Gegenaufkärung: CIA 1967 vs. Butter 2018
9 »Weltweites Propagandanetzwerk von der CIA aufgebaut«
10 Falsche Fährten
10.1 Öffentlich-rechtliches Aluminium
10.2 Die Kategorie der Falschen Fährten
10.3 Andere physikalische Phantasmen
10.4 »Die Saudis«
10.5 »Die Islamisten« oder die offizielle Falsche Fährte
10.6 »Die Israelis«
11 Abfahrt: Startschuss für eine demokratische Revolution?
Autoren und Mitwirkende
Anhang A: Die offizielle Geschichte des 11. September 2001
Anhang B: Bob Tuskins Frage und Noam Chomskys Antwort
Anhang C: CIA-Dokument 1035-960
Quellen und Verweise
Anmerkungen

Gewidmet denjenigen, die bereit sind, die andere Seite anzuhören.

– Klaus-Dieter Kolenda

Gewidmet Andreas …, der das Lesen meines ersten Buches mit der Begründung, dass, wenn die dort beschriebenen Inhalte stimmen würden, diese schließlich in der Zeitung stünden, abgelehnt hat.

– Ansgar Schneider

»Er erkennt sehr genau, dass die Welt mehr von denen bedroht wird, die Böses tolerieren oder unterstützen, als von denen, die es tatsächlich verüben.«1– Albert Einstein

Vorwort und inhaltlicher Überblick

Liebe Leserin und lieber Leser1, wir sind Zeuge, wie eine ganze Generation von Journalisten, Akademikern und Politikern einen intellektuellen Kampf gegen die Aufklärung der Terroranschläge des 11. September 2001 führt, diesen fördert oder ihn umkommentiert geschehen lässt. Wir sind damit ebenso Zeuge, wie eine neu heranwachsende Generation in einer medialen Landschaft aufwächst, in der die Lüge zur Wahrheit und die Wahrheit zur Lüge erklärt wird. Der 11. September, in amerikanischer Schreibweise 9/11 (»nine eleven«), ist so ein Symbol für eine ganze Generation gesellschaftlicher Leugnung geworden.

Die Terroranschläge des 11. Septembers mit ihren fast 3000 Todesopfern dienen bis heute der Begründung des »Kriegs gegen den Terror« in Afghanistan, im Irak, in Pakistan und im Jemen. Dieser Krieg, an dem auch Deutschland direkt beteiligt ist, hat Millionen von Menschenleben gefordert und die dortigen Gesellschaften um Jahrzehnte in ihren Entwicklungen zurückgeworfen.

In nunmehr zwanzig Jahren ist viel über die Anschläge und die weltweiten Entwicklungen hin zu Krieg und Überwachungsstaat geschrieben worden: viel Falsches und Propagandistisches, aber auch viel Erkenntnisbringendes und wissenschaftlich Begründetes.

Das vorliegende Buch befasst sich mit zwei unterschiedlichen Themenbereichen. Das erste Thema ist die Zerstörung des World Trade Centers (WTC) am 11. September 2001 in New York City. Ziel des Buches ist es hier, wesentliche Fragen zur Zerstörung des World Trade Centers zu beantworten und einen kurzen Überblick über die neuesten wissenschaftlichen Arbeiten zu geben.

Das zweite, darauf aufbauende Thema ist die gesellschaftliche Debatte über dieses erste Thema. Dies beinhaltet eine historische, erkenntnistheoretische und gesamtgesellschaftliche Einordnung dieser Debatte, von der wir in diesem Buch zeigen, dass sie vonseiten der großen Leitmedien mit diffamierenden und irreführenden Methoden, von Teilen der akademischen Welt mit pseudowissenschaftlichen Methoden, insgesamt also mit hochgradig manipulativen Methoden geführt wird.

Im politischen Kontext bezeichnet man Formen von organisierter und manipulativer Kommunikation, denen die Absicht zugrunde liegt, menschliches Denken, Fühlen oder Handeln zu beeinflussen, als Propaganda. Dieses Buch ist also insbesondere auch ein Buch über Propaganda der Gegenwart und darüber, wie sich pseudowissenschaftliches Gedankengut aus akademischen Kreisen propagandistisch verwerten lässt. Anhand der historischen Entwicklung der letzen 60 Jahren schildern wir, wie dieses Zusammenspiel in einer kontinuierlichen Linie propagandistischer Aktivitäten steht.

Dem Hauptteil des Buches sind vier persönliche Betrachtungen des 11. September vorangestellt. Dem ersten Beitrag des bekannten Filmemachers und Investigativ-Journalisten Dirk Pohlmann folgt ein Beitrag von Jörg Schneider, einem der renommiertesten statisch-konstruktiv ausgerichteten Bauingenieure der Schweiz. Zwei persönliche Anmerkungen von uns, Klaus-Dieter Kolenda (KDK) und Ansgar Schneider (AS), bilden den dritten und vierten Beitrag.

Der Hauptteil des Buches besteht aus elf  Kapiteln und gibt ein Gespräch über den 11. September und die genannten angrenzenden Themen zwischen KDK und AS wieder. Wir haben den Text in Form eines Dialoges gestaltet, weil es einerseits unseren gemeinsamen Weg darstellt, aus dem dieses Buch hervorgegangen ist, und weil die Dialogform andererseits einen gewissen didaktischen Wert haben mag. Denn wer Informationen als Ergebnis einer Reihe von Fragen und Antworten, von Rede und Gegenrede erhält, erkennt Sinnzusammenhänge vielleicht besser, als wenn die Informationen ohne solche Fragen und Einwände präsentiert werden.

Wir hoffen also, dass wir mit der Dialogform eine ansprechende, lebendige Erzählform gefunden haben, die Sie, liebe Leserin, lieber Leser, zum Mit- und Nachdenken anregt. Ob uns das gelungen ist, müssen Sie beurteilen.

Das hier sinngemäß wiedergegebene Gespräch ist einem Treffen nachempfunden, das mit den im Laufe des Textes angegebenen Rahmendaten in Frankfurt am Main stattgefunden hat. Diesen Ort haben wir für ein Treffen gewählt, weil Frankfurt die einzige Stadt Deutschlands mit einer stadtbildprägenden »Skyline«, einer Silhouette aus Hochhäusern und Wolkenkratzern, ist, die man unweigerlich wahrnimmt, wenn man sich mit dem Zug dem Hauptbahnhof nähert.

Haben Sie eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre!

Ansgar Schneider und Klaus-Dieter Kolenda

Persönliche Einführungen

»[…] You give me a waterboard, Dick Cheney and one hour,and I’ll have him confess to the Sharon Tate murders.«1– Jesse Ventura

Mein 11. September

Der Passagierjet dringt in die Fassade des Hochhauses wie ein heißes Messer in Butter. Ein Bild, dessen Wirklichkeit nicht akzeptabel ist, eine Hollywoodszene. Mein Verstand findet keine Traktion. Auf der anderen Seite des World Trade Centers bricht ein gigantischer Feuerball aus dem Gebäude. Tod und Vernichtung. Ein Katastrophenfilm in den Nachrichten. Ein zweiter Jet, heißt es. Ein erster war etwa eine halbe Stunde zuvor eingeschlagen, man konnte die Silhouette des Flugzeugs in der Fassade sehen. Und jetzt der zweite Einschlag. Auf dem Fernsehschirm. Live. Ich kann mich nicht erinnern, jemals wieder wegen eines Fernsehberichtes so erschüttert gewesen zu sein wie an diesem Nachmittag des 11. September 2001.

Momente vorher: Ich bin dabei, von zu Hause einen Drehtermin zu vereinbaren, mit Hans-Werner Große, einem der besten Segel­flieger aller Zeiten. Ich bin damals Geschäftsführer der CargoLifter World GmbH, einer Tochterfirma der CargoLifter AG, verantwortlich für das Besucherzentrum auf dem Werftgelände, Merchandising, vor allem aber für alle Arten von Filmen und Drehs, die bei dem visionären Luftfahrtprojekt CargoLifter AG anfallen. Ziel ist eine große Doku über die Entwicklung und Produktion des geplanten Transportluftschiffs, die mit dem Erstflug enden soll. Ein Geschäftspartner ist National Geographic.

Ich drehe ab und zu auch für TV-Sender, bevorzugt im Bereich Luftfahrt. Das Thema, das ich mit dem damals neunundsiebzigjährigen Große bespreche, ist ein Magazinbeitrag über das neueste Projekt des vielfachen Rekordhalters im Segelflug. Große ist eine der treibenden Kräfte für die Entwicklung eines neuen Segelflugzeugs, des größten der Welt, das die Grenzbereiche der Leistungsfähigkeit erproben soll, der »Eta«, benannt nach dem physikalischen Symbol für den Wirkungsgrad. Ich freue mich auf den Dreh mit der Fliegerlegende und versuche am Telefon konzentriert und freundlich die wichtigsten Fragen für die Filmarbeiten zu klären, als mich eine SMS der Telekom erreicht.

Ich werfe einen Blick auf das damals noch kleine Display des Handys. Da steht etwas von einem Angriff auf das World Trade Center mit Flugzeugen. Eine SMS der Telekom? Ich habe noch nie eine SMS der Telekom erhalten. Was ist da los? Während des Gesprächs schalte ich meinen Fernseher im Heimbüro an, CNN.

Als das Bild auf dem Röhrengerät erscheint, sehe ich die oben beschriebene Szene. Ich will konzentriert bleiben, aber es gelingt nur teilweise. Ich spreche Große darauf an, ob er erfahren hat, was da in New York geschieht. Hans-Werner Große ist ebenfalls freundlich und konzentriert bei der Vorbereitung und sagt sofort: »Ja, furchtbar. Wenn Sie erst mal Nachrichten gucken wollen?« Ich widerspreche kurz, will auf jeden Fall den Dreh organisieren und begreife erst nach dem Auflegen, dass Große wohl selbst erst mal Nachrichten schauen wollte. Aber wir einigen uns schnell auf Datum, Ort und Zeit für den Dreh und dann brennen sich weiter die Bilder des Fernsehens in mein Bewusstsein.

Meine älteste Tochter ruft an, will wissen, ob ich verstehe, was da vor sich geht. Sie ist schockiert. In New York soll ein Passagierjet in das World Trade Center gerast sein. Das Hochhaus brennt. Sie sieht dasselbe wie ich und hofft, dass ich ihr erkläre, was da passiert ist. Schließlich bin ich Journalist und Pilot. Aber ich schwimme, ich habe keine Erklärung. Das ist alles zu groß, zu unglaublich.

Ich erzähle ihr, dass 1945 ein zweimotoriger Propellerbomber vom Typ B-25 Mitchell in das Empire State Building krachte, in den 79. Stock. Die Geschichte hat sich mir als Kind aus dem Buch »Notlandung« in mein Gedächtnis eingebrannt. Der erfahrene Pilot Oberst William E. Smith hatte in schlechtem Wetter beim Flughafenanflug die Orientierung verloren, irrte über New York und schlug dann im höchsten Gebäude der Welt ein. Aber das war ein Unfall, bei schlechtem Wetter, tief hängenden Wolken und Nebel. Die Fernsehbilder vom 11. September zeigen einen blauen Himmel, Sicht von Pol zu Pol, wie das Flieger nennen.

Das ist doch kein Unfall!? Wieso steuert ein Pilot sich und seine Passagiere in den Tod? Warum greift der andere Pilot im Cockpit nicht ein? Ist es möglich, dass sich beide Piloten verabredet haben? Ist die Maschine entführt worden? Wie bringen Entführer die Besatzung dazu, in das World Trade Center zu rasen? Oder war die Besatzung durch einen Schwelbrand mit giftigen Dämpfen bewusstlos geworden? Dafür gibt es Sauerstoffmasken im Cockpit, damit die Piloten handlungsfähig bleiben.

Ich bin erschüttert von dem, was die Bilder letztlich bedeuten, ein Massaker, ich habe ein flaues Gefühl, wie bei einer Prüfung. Ich hatte bei den vielen Prüfungen in meinem Leben immer Prüfungsangst, und jetzt bin ich mitten in so einem Prüfungsalptraum: Ich bin ratlos, verstehe nichts, habe keine Antwort. Eta, der Wirkungsgrad, denke ich. Das Thema, das ich gerade besprochen habe. Wirkungsgrad: genau das, was mir gerade fehlt.

Der qualmende Nordturm steht wie eine Fackel in New York, ich muss merkwürdigerweise an die Fackel der Freiheitsstatue denken, als der zweite Jet in den Südturm einschlägt. Es ist live auf CNN zu sehen. Der Reporter berichtet von einer zweiten Explosion, erwähnt keinen Jet. Aber ich weiß, was ich gesehen habe. Das sind keine Unfälle. Das ist etwas anderes. Aber was? Wurden die Jets ferngesteuert? Ich kenne die Filme von Versuchen mit einer Boeing 720, die ferngesteuert in der Wüste bauchgelandet wurde, um ein brandhemmendes Treibstoffadditiv zu erproben. Der Versuch endete in einem Feuerball. Ich kenne Filme von ausgedienten Militärjets, die als Zieldrohnen benutzt wurden, auch moderne Überschalljäger.

Es bestehen automatische, konstante Verbindungen zwischen einem Flugzeug und Bodenstationen, der Zustand eines Flugzeugs wird in der Luft in Echtzeit überwacht. Aber ich weiß nichts von einer Fernsteuerung in Erprobung, die jemand missbrauchen könnte. Gäbe es so etwas, hätte ich davon in einer Fachzeitschrift gelesen. Könnte so etwas überhaupt unerkannt in Flugzeuge eingebaut worden sein? Wer jemals gesehen hat, mit welcher Akribie jeder Arbeitsschritt bei der Flugzeugwartung durchgeführt und dokumentiert wird – dieses Szenario ist nicht vorstellbar, es sei denn, unter Deckung eines Geheimdienstes. Aber welcher Geheimdienst soll in den USA unerkannt operieren können?

Ich klebe vor dem Fernseher. Ratlos und schockiert, stundenlang. »America under Attack« erscheint bald darauf auf dem Bildschirm. Ja, stimmt, denke ich, aber es gibt schon bald einen merkwürdigen Unterton in der Berichterstattung, etwas Kriegerisches, auf Rache Sinnendes mischt sich in das Entsetzen. Ein verständlicher Reflex, denke ich, frage mich aber gleichzeitig, warum ich ihn nicht so klar empfinde, ich habe eher die Befürchtung, dass jetzt vorschnell agiert wird.

Die Studiodekorationen werden innerhalb eines Tages auf eine Version mit einem großen Schriftzug »War« umgebaut. Wie kommt man von einem Terroranschlag auf Krieg? Wie bestraft man Terroristen mit »Krieg«? Ist das nicht eine Aufgabe für Polizei und Geheimdienste? So ähnlich, wie es die Israelis nach dem Anschlag auf die Olympischen Spiele in München gemacht haben?

Ich telefoniere mit Kollegen und Freunden in den USA, sie schicken E-Mails. Fotos von Menschen, die sich aus dem brennenden Gebäude in den Tod stürzen. Ich schaue sie nicht an. Ich empfinde sie als obszön. Ein Freund fragt auf meine Anmerkung, dass ich hoffe, dass es eine zivilisierte Aktion gegen die Urheber dieses gigantischen Verbrechens gibt: »Was meinst du mit zivilisiert?« Ich antworte, dass hoffentlich genau ermittelt wird, wer verantwortlich ist, dass die Täter ausgeliefert werden oder entführt, wie Josef Mengele, wenn nötig, dass es eine Geheimdienstaktion, vor allem aber ein Gerichtsverfahren gibt.

»Das ist nicht genug!«, sagt mein Freund. Er will Bomber fliegen sehen, etwas in vergleichbarer Größe. Ein anderer Bekannter aus den USA schickt ein Foto eines B-2-Bombers im Anflug, auf der Unterseite steht: »If you can read this, you are fucked.« Die Supermacht USA wurde herausgefordert, sie wird als Supermacht reagieren. Mit ihrem Militärapparat. In New York steht Präsident Bush mit einem Feuerwehrmann in den Trümmern des World Trade Center und ruft unter dem Jubel der umstehenden Rettungskräfte einem Feuerwehrmann, der darauf hinweist, dass er Bush nicht hören könne, mit dem Megafon zu: »Aber ich kann dich hören! Der Rest der Welt kann dich hören. Und die Leute, die Leute, die dieses Gebäude zum Einsturz gebracht haben, werden uns alle bald hören!«2 Die Menge antwortet mit: »USA! USA! USA!«

Meine Freunde aus den USA berichten gerührt, dass ein deutscher Zerstörer im Nordatlantik mit einem Transparent ein US-Kriegsschiff begleitet hat: »Wir stehen an eurer Seite!«

Solidarität mit USA ist das große Thema in den deutschen Medien. Eine Welle der Sympathie brandet durch die Welt. Aber es werden auch Nachrichtenfilme gesendet, die angebliche Freudenfeiern von Palästinensern zeigen. Sie hinterlassen ein zwiespältiges Gefühl. Zum ersten Mal denke ich an eine Inszenierung. Ich spreche mit meinem Kameramann. Uns beiden ist aufgefallen, dass nur wenige Menschen zu sehen sind, dass es keinen Kontext gibt, der die Behauptung stützt, dass die Bilder angeblich Freudenfeiern wegen der Anschläge zeigen. Warum ist ein Kameramann dort, um 20 Leute zu filmen? Später wird bewiesen, dass dies ein krasser Fall von »Fake News« war, absichtliche Manipulation, aber damals wissen wir noch nichts, wir sind nur misstrauisch. Dieser Gedanke hält nicht lange an.

Ich will meine Unterstützung für die Opfer in den USA zeigen, ich will, dass dieses Verbrechen aufgeklärt wird und die Täter bestraft werden. Bei CargoLifter arbeiten viele Amerikaner, wir versichern ihnen unsere Anteilnahme und Solidarität. Wir machen die Kollegen in diesem Moment zu Repräsentanten einer Nation. Eigentlich eine merkwürdige Reaktion.

Als am nächsten Tag eine Demonstration in Berlin stattfindet, bin ich dabei, die Firma erlaubt es den Mitarbeitern. 200000 Menschen, so die offizielle Angabe, ziehen zum Brandenburger Tor und hören eine Rede von Bundespräsident Rau. Ich nicht, ich bin zu weit weg. Ich habe einige Demonstrationen mitgemacht, gegen die Startbahn West, gegen die Nachrüstung. Diese ist anders, ganz anders. Hier dominieren gepflegtes Äußeres, Business-Kleidung, gut geschnittene Haare und teure Brillen die Optik. Eine Willensbekundung der besseren Leute, mit vielen Gästen aus dem Diplomatenviertel und den internationalen Büros in Berlin.

Später höre ich im Fernsehen, dass Rau gesagt hat: »Nirgendwo wissen die Menschen besser als hier in Berlin, was Amerika für Freiheit und Demokratie in Deutschland getan hat.«3 Und Bundeskanzler Schröder sagt im Bundeskanzleramt: »Es geht jetzt um die Solidarität mit den Vereinigten Staaten, es geht um die Tatsache, dass Deutschland fest an der Seite der Vereinigten Staaten steht und uneingeschränkte, ich betone das, uneingeschränkte Solidarität übt.«4 Das sind keine Demonstration für die Opfer, keine Forderung nach Gerechtigkeit, sondern Ergebenheitsadressen von Vasallen, Manifestationen der Dienstbereitschaft. Die Staatsmänner des Großraums drängeln sich danach, sich dem Hegemon zur Verfügung zu stellen. Als ob er das bräuchte.

Es gibt eine Dialektik der Unterstützung, wer sie anbietet, signalisiert gleichzeitig die Anerkennung der Hypermacht der USA sowie die Akzeptanz der folgenden Aktionen des Hegemons. Die internationale Unterstützung für die USA hat eine Intensität, die es seit der Mondlandung und nach Vietnam nicht mehr gab. Die einzige Supermacht der Welt ist jetzt das unschuldige Opfer eines ruchlosen Verbrechens. Sie wird sich rächen. Aber an wem? Und zu welchem Zweck wird diese Energie genutzt werden?

Die aufkommenden Schwierigkeiten der CargoLifter AG und die Suche nach ihren Gründen lassen meinen Blick auf manche Dinge kritischer werden. Da ist ein Untergrund unter der Oberfläche der Verhältnisse, über den in Zeitungen und im TV nichts zu hören ist. Da ist etwa ein Journalist, der unter circa 200 Pseudonymen in Internet-Foren schreibt, ein Vollzeitjob. Er schickt sich selbst Nachrichten, täuscht einen Expertenkreis vor, der ihn selbst hochlobt, und wird daher von anderen als Quelle verwendet, obwohl er einen so schlechten Ruf hat, dass wichtige Luftfahrtorganisationen jeden Kontakt mit ihm ablehnen.

Ein Aktionär, der in Leitungsfunktion für eine US-Detektei arbeitet, die größte der Welt, berichtet mir, dass solche Aktionen nicht zufällig seien, dass man diese Manipulation von Aktienkursen durch Gerüchte im Internet »Humping and Dumping« nenne, dass dies ein neues, aber sehr erfolgreiches Verfahren sei. Er weist darauf hin, dass der Journalist Beziehungen in die USA hat, dass einiges für eine Operation gegen CargoLifter spreche, und rät dazu, seine Detektei mit einer Analyse zu beauftragen. Eine Führungsperson der Detektei kommt extra aus den USA angereist, trifft aber auf Unglauben bei dem Vorstandsmitglied, mit dem sie spricht. Ich aber fange an, mich mit dem Thema zu beschäftigen.

Die USA beanspruchen die Führerschaft bei allen strategischen Luftfahrtentwicklungen. Die Vorstellung, dass eine Sprunginnovation aus Deutschland mit Beifall begrüßt würde, ist falsch. Alles, was neu und wichtig ist, muss von den USA dominiert werden.

Dieses Gesetz ist nicht einmal ungeschrieben. Wenn man recherchiert, entdeckt man, dass die USA zum Beispiel darüber entscheiden, ob ein europäisches Unternehmen Trainingsflugzeuge in Südamerika verkaufen kann. Zuwiderhandlungen gegen US-Entscheidungen sind mit Sanktionen bedroht, der Regelfaktor ist Geopolitik, nicht Betriebswirtschaft. Die Europäer fügen sich, es gibt keine sichtbaren Proteste.

Ich stoße auf das Project for a New American Century. Warum liest man so wenig darüber?5 Von Freunden aus den USA erhalten ich den Tipp, mich mit James Bamford, der NSA und Industriespionage zu beschäftigen. So stoße ich auf die Planungen für die Operation Northwoods, die Inszenierung eines Angriffes unter Falscher Flagge auf die USA durch die USA, um einen Konflikt mit Kuba zu ermöglichen.6 Ein perfider Plan, sich als unschuldiges Opfer eines Terrorangriffes darzustellen, um militärisch zuschlagen zu können. Ausgearbeitet und abgesegnet vom kompletten US-Generalstab, abgelehnt nur, weil John F. Kennedy nicht zugestimmt hat. Darin geht es um verschiedene Terroranschläge, die Sprengung eines Schiffes, um Entführungen oder fingierte Abschüsse von Verkehrsflugzeugen. Die Militärs planen dabei große Zahlen von Toten unter Amerikanern ein. Je mehr ich erfahre und erlebe, desto klarer wird, dass ich meine Vorstellungen von der Welt und wie sie funktioniert, verändern muss.

Im Januar 2002, die Insolvenz der CargoLifter AG beginnt sich abzuzeichnen, lese ich ein langes Interview mit dem ehemaligen Forschungsminister und Mitglied des Geheimdienstausschusses des Bundestages Andreas von Bülow im Tagesspiegel über den 11. September. Er liefert ein umfassendes Bild der Zustände. Wesentliche Teile decken sich mit meinen selbst recherchierten Tatsachen.

Damals war es noch möglich, so etwas Kritisches in einer großen Zeitung zu lesen, auch wenn im Interview bereits der Begriff »Verschwörungstheoretiker« auftaucht und sich die Redakteure fassungslos geben: nicht wegen der Tatsachen, sondern wegen der Vorwürfe des ehemaligen Ministers. Ich weiß, dass von Bülow recht hat, und frage mich, warum die Tagesspiegel-Redakteure im Interview die Rolle spielen, die sie spielen.

Der 11. September hat unser aller Leben verändert. Meines auch, aber er hat auch meine Weltsicht fundamental verändert. Letztlich ähnelte diese Entwicklung der berühmten Szene aus dem Film »The Matrix«, nämlich der Frage, ob man lieber die rote Pille, die den Ausbruch aus dem Gedankengefängis darstellt, oder die blaue Pille, die ein unreflektiertes Weiterleben im System symbolisiert, schlucken will. Dieser Film ist ein tiefer Mythos unserer Zeit, er ist anders als andere Hollywood-Blockbuster kulturrelevant, er ist mehr als eine Allegorie, er ist ähnlich wie die reale Katastrophe der Titanic ein Menetekel. Ein Mythos im klassischen Sinn. Die griechischen Mythen sind Geschichten, die tiefer wurzeln als die Wissenschaft, gleichzeitig unklarer sind, aber doch wahrheitsverbunden. Der 11. September selbst ist hollywoodesk, eine böse Inszenierung. Es gibt viele Menschen, die angesichts dieses Ereignisses weder die rote noch die blaue Pille schlucken wollen, die mythische Tiefen und Wahrheitsbezüge scheuen und wie Kinder hoffen, dass die Realität verschwindet, wenn sie nur die Augen fest genug schließen.

Kleinmachnow, im Mai 2021

Dirk Pohlmann

»Prima di essere ingegneri voi siete uomini«7– Francesco de Sanctis

Ein langer 11. September

In den über vierzig Jahren meiner beruflichen Tätigkeit habe ich statisch-konstruktive Probleme des Bauwesens studiert, analysiert, meinen Studenten nahegebracht und untersucht, wobei im Zentrum meiner Forschung Fragen von Risiko und Sicherheit von Menschenleben und Sachwerten angesichts eines möglichen Versagens von Bauwerken standen. Die Beobachtung und anschließende Analyse vieler Versagensformen von Bauwerken waren immer wieder Quelle neuer persönlicher Einsichten und Erkenntnisse, insbesondere, wenn ich direkt – zum Beispiel als Gutachter oder Gerichtsexperte – mit solchen Ereignissen zu tun hatte.

Weltweit versagten unzählige Konstruktionen, stürzten ein, wurden unbrauchbar und kosteten das Leben von Menschen und jede Menge Geld. Ein paar lehrreiche Beispiele, die von meinen Kollegen und mir lebhaft diskutiert und begutachtet wurden: der Einsturz der Reichsbrücke in Wien über die Donau eines frühen Morgens, das Schwingen der Tacoma Narrows Bridge im US-Bundesstaat Washington bei leichtem Sturm und ihr schließliches Versagen, der Einsturz der Kongresshalle in Berlin, der Teileinsturz des Ronan Point Hochhauses in London mit wenigen Toten, das Versagen der Hänger der Passerellen im Hyatt Regency Hotel in Kansas City mit vielen Toten, der Absturz der untergehängten Decke in einem Schwimmbad in der Schweizer Stadt Uster, das Versagen eines Lehrgerüstes für eine Brücke in Winterthur wegen fehlerhafter Details et cetera et cetera.

Manchmal konnte das Versagen durch rechtzeitiges Handeln noch vermieden werden, wie zum Beispiel bei einer Eisenbahnbrücke, über die heute viele Züge vom Zürcher Hauptbahnhof in Richtung Westen fahren. Die Spannbetonbrücke stand schon im Rohbau fertig da, sah schön und elegant aus, als man glücklicherweise noch rechtzeitig vor dem Verlegen der Gleise einen schwerwiegenden Konstruktionsfehler entdeckte, der zum Einsturz geführt hätte. Nachdem die Konstruktion mit zusätzlichen Spanngliedern ergänzt war, kann sie heute als sicher gelten.

Eine Einladung des brasilianischen Ingenieurverbands Associação Brasileira de Engenharia e Consultoria Estrutural, Vorträge in Rio de Janeiro und São Paulo zu halten, gibt mir nun die willkommene Gelegenheit, endlich einmal in knapper und verständlicher Form zusammenzufassen, was ich in meinem beruflichen Leben gelernt und verinnerlicht habe. »Structural and Construction Safety« ist der Titel der Veranstaltung, den ich für diese Vortragsreise wähle. Auf Deutsch würde ich das wohl unter dem Titel »Sicherheit im Bauwesen« vortragen. Fünf einzelne etwa einstündige Vorlesungen habe ich in Form einer Powerpoint-Präsentation vorbereitet und will diese jetzt zur Sicherheit – denn man weiß ja nie, ob die Technik in der Fremde funktioniert – auf Folien kopieren.8 Und da stehe ich nun als emeritierter Professor des Instituts für Baustatik und Konstruktion der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) am Kopierer im Stockwerk F des HIL-Gebäudes, um diese Unterlagen zu kopieren, als mich der Zeichner unseres Instituts mit bestürzter Miene ins Sitzungszimmer ruft: Der Fernseher läuft und in New York steht das World Trade Center in Flammen.

Als kurze Zeit später die Zwillingstürme einstürzen, sind wir alle im Raum sprachlos. Entgeistert starren wir auf die Mattscheibe. Keiner von uns begreift so recht, was da vor sich geht. Wir schauen, staunen.

In den Tagen danach sprechen wir am Institut über die Einstürze. Hugo Bachmann, ein Kollege von mir an der ETHZ, äußert sich gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) mit einer durchaus vernünftigen ersten Einschätzung zum Fall:

»Für Hugo Bachmann, emeritierter Professor für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen an der ETH Zürich, gibt es im Prinzip eine breite Palette von Möglichkeiten, warum die Konstruktionen schließlich doch versagten. Auf den ersten Blick scheinen ihm vor allem zwei Möglichkeiten in Frage zu kommen. Beim ersten Szenario ist das Feuer, das sich nach dem Aufprall der Flugzeuge ausbreitete, der entscheidende Faktor. Da Stahl mit zunehmender Hitze seine Festigkeit verliert, könnte es sein, dass die Tragkonstruktion, vor allem einzelne Stützen im Gebäudeinnern, in den betroffenen Stockwerken wegen der großen Hitze plötzlich einknickte. Die Stockwerke über den beschädigten Bereichen wären dann auf die an sich noch intakten unteren Teile der Hochhäuser gefallen. Dieser Belastung waren die Häuser jedoch nicht mehr gewachsen; es kam zu einer Kettenreaktion, bei der die Gebäude von oben nach unten zusammenbrachen. Dass vermutlich mehrere hundert Feuerwehrleute ums Leben gekommen sind, deutet darauf hin, dass die Rettungsmannschaften nicht mit einer solchen Möglichkeit gerechnet hatten.

Beim zweiten Szenario hätte hingegen eine weitere terroristische Aktion den Kollaps der Häuser verursacht. Bachmann kann sich vorstellen, dass die Attentäter in einer unteren Etage vor dem Anschlag Sprengstoff an ausgewählten tragenden Stützen im Gebäudeinnern angebracht haben. Auf diese Weise, so Bachmann, können Häuser wie das World Trade Center ohne größeren logistischen Aufwand zerstört werden. Wenn die Attentäter beispielsweise Büroräume gemietet hätten, so hätten sie in aller Ruhe und ohne dass dies jemandem aufgefallen wäre, den Sprengstoff an den verletzlichen Teilen des Gebäudes anbringen können. […] Wer über das nötige Fachwissen in Baustatik und Sprengtechnik verfügt, kann im Prinzip jedes Gebäude zerstören, denn jedes Tragwerk hat seine Achillesferse. Ein Attentat, das sich diese Schwächen gezielt zunutze macht, ist relativ einfach auszuführen, erfordert jedoch eine sorgfältige und zeitraubende Planung.«9

Wir lesen mit Interesse, was die NZZ in den folgenden Tagen publiziert, doch bald kehrt wieder Ruhe ein, jeder geht wieder seiner Arbeit nach. Wir befassen uns kaum mehr mit der Thematik, bis dann, vier Jahre nach den Anschlägen, etwas sehr Eigentümliches passiert.

Im Dezember 2005 erreicht mich die Anfrage eines jungen Historikers, der an der ETHZ beschäftigt ist. Er will mit Hugo Bachmann und mir reden. Ich bin zwar etwas überrascht über den Wunsch eines Historikers, mit zwei statisch-konstruktiv ausgerichteten Bauingenieuren zu sprechen, aber natürlich komme ich der Anfrage gerne nach. Dass sich danach meine Sicht auf einige Dinge deutlich ändern würde, konnte ich kaum ahnen.

Wir treffen uns am 14. Dezember 2005 im Dozentenfoyer der ETHZ. Ich bin immer gerne dort: die perfekte Aussicht, eines der schönsten Restaurants der Stadt. Der junge Historiker heißt ­Daniele Ganser, und er zeigt uns alte Fernsehaufnahmen aus New York vom 11. September 2001. Aber das, was er uns zeigt, sind nicht die Zwillingstürme. Zum ersten Mal höre und sehe ich, dass in New York am Nachmittag und ohne Einschlag von Flugzeugen noch ein dritter Wolkenkratzer, mit Namen World Trade Center Building 7 (WTC7), eingestürzt ist. Kollege Bachmann und ich reiben uns verwundert die Augen. Dieses Gebäude scheint fachmännisch gesprengt zu sein, daran besteht kein Zweifel.

Undurchschaubar hingegen scheinen uns die politischen Implikationen dieser Aussage und Ganser fragt mehrfach nach, wie sicher wir seien und ob er uns mit diesen Aussagen zitieren dürfe. Um uns und Ganser etwas zu beruhigen, geben wir ihm die etwas vorsichtigere Formulierung »mit großer Wahrscheinlichkeit gesprengt« mit auf den Weg, auch wenn das an der Sache nichts ändert.

Im September 2006 erscheint dann im Tages-Anzeiger, einer überregionalen Schweizer Tageszeitung, ein Artikel von Ganser, der unter anderem auch unsere Einschätzung zum Einsturz von WTC7 wiedergibt.10 Dieser Artikel löst in der Schweiz einen kleinen Wirbel aus. Aber der verebbt bald. Offenbar haben Akademiker unterschiedlicher Gattungen, solange sie im Amt sind, Hemmungen, sich zum 11. September zu äußern. Sie müssen mit Schwierigkeiten rechnen, denn sie erinnern sich, dass Hugo Bachmann schon nach seinen Äußerungen im September 2001 von vielen Seiten angegriffen wurde. Auch Daniele Ganser verlor seine Stelle und Karriere an der ETHZ.

Ich weiß nicht, was ich von all dem halten soll. Aus den damals gut vierzig Jahren sind mittlerweile über sechzig Jahre geworden, in denen ich mich mit statisch-konstruktiven Problemen konfrontiert sehe, und eines kann ich feststellen: Die Spieler, die in der medialen Öffentlichkeit auftreten und das Thema WTC7 mit Arroganz und zur Schau gestellter Besserwisserei zu einer Nebensache erklären oder ganz beiseite zu legen suchen, spielen ein undurchsichtiges, ja falsches Spiel. Und wir sachkundigen Ingenieure sollten offener, ehrlicher sein und uns der einsichtigen Diskussion stellen.

Zürich, im April 2021

Jörg Schneider

»Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist

Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!«11

– Bertold Brecht

Der andere 11. September

Es ist Dienstagmorgen und ich bin auf dem Weg zur Arbeit. Bereits gestern kündigte sich eine arbeitsreiche Woche in meiner Rehabilitationsklinik am Ostufer der Kieler Förde an, aber auf der allmorgendlichen Fahrt dorthin habe ich immer eine gute halbe Stunde Zeit, um meinen Gedanken nachzugehen.

An diesem Morgen muss ich unweigerlich an den Militärputsch von General Pinochet in Chile denken, denn heute ist dessen 28. Jahrestag. Zur Unterstützung der progressiven Kräfte in Chile habe ich ab 1970 mehrere Jahre lang in der Chile-Solidarität in Kiel mitgearbeitet und dadurch einen intensiven und kritischen Blick auf die politischen Entwicklungen dieses südamerikanischen Landes entwickelt.

Ein Jahr vor dem Putsch verbrachte ich zusammen mit meiner Freundin vier Wochen in Panama, an die ich mich gern erinnere. Ein guter Freund und Kollege, der von dort stammte und den ich bei den Protestveranstaltungen gegen den Vietnamkrieg kennen gelernt hatte, lud uns ein, ihn nach Panama zu begleiten. Durch ihn bekam ich einen sehr persönlichen Bezug zu den Geschehnissen in Lateinamerika.

Pinochets Putsch wurde durch den amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA unterstützt und kostete den demokratisch gewählten und sozial engagierten chilenischen Präsidenten Salvador Allende das Leben. Allende war Arzt, wie mein Freund und ich, und viele Tausende seiner Anhänger und Unterstützer wurden nach dem Putsch verfolgt, gefoltert und ermordet. Darunter befanden sich mindestens 85 namentlich bekannte, verfolgte, verhaftete oder ermordete Ärztinnen und Ärzte und weitere Angehörige des chilenischen Gesundheitswesens.12 Nach dem Putsch kam es zu einer 17-jährigen Terrorherrschaft der Militär-Junta in Chile.

Der Besuch meines Freundes in Panama war sein erstes Wiedersehen mit seiner Familie nach fast zwei Jahrzehnten. In den 1950er-Jahren »verschwanden« in Panama immer wieder politisch engagierte junge Leute. Dieses Schicksal wollte ihm seine Familie ersparen und schickte ihn mit einem Frachtschiff nach Spanien. Von dort kam er nach Deutschland, studierte Medizin und bestand Anfang der 1970er-Jahre das medizinische Staatsexamen.

Die Zeit mit meinem Freund in Panama habe ich als ein einziges Fest in Erinnerung. Von seinen früheren Schulkameraden wurde er fast jeden Abend zu einer anderen Party eingeladen, die extra für ihn veranstaltet wurde, und wir durften ihn begleiten. Dabei konnte ich bei vielen jungen Leuten die Hoffnungen erkennen, die auf Allende gerichtet waren. Die meisten meiner Gesprächspartner unterstützten in Panama den charismatischen Oberst Omar Torrijos, der kurz vorher die Macht übernommen hatte und den Panama-Kanal aus der amerikanischen Kontrolle befreien wollte.

Doch dann kam der 11. September 1973, der für meine lateinamerikanischen Freunde und so auch für mich ein Trauertag wurde. Die Hoffnungen auf eine progressive Wende in Lateinamerika wurden von einem Tag auf den anderen brutal zerstört. Allende war tot.

Nachdem ich in meiner Klinik angekommen bin, beginnt die Morgenbesprechung , dann die Patientenvisite, die bis zum Mittag andauert. Nachmittags habe ich ein langes Gespräch mit einem Patienten mit einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Patienten mit langjähriger Tabakabhängigkeit zu motivieren, an einer Raucherentwöhnung teilzunehmen, fällt oft schwer.

Als ich ihn nach dem Gespräch zur Tür bringe, reißt mir ein Kollege förmlich die Klinke aus der Hand und berichtet mir, in New York sei etwas Schreckliches passiert: Zwei Flugzeuge seien in die Zwillingstürme des World Trade Centers gerast und hätten diese zum Einsturz gebracht. Deshalb beende ich an diesem Tag schon früher als vorgesehen meine Arbeit und fahre nach Hause, um mir die Berichterstattung im Fernsehen anzusehen. Bis in den späten Abend sind auf fast allen Kanälen die Bilder von den Ereignissen in New York zu sehen.

Der Drahtzieher der Anschläge sei Saudi Osama bin Laden, der Chef der Terrororganisation Al-Qaida, so ist es schon in den späten Abendstunden dieses Tages im Fernsehen zu hören. Diese Behauptung ist später in allen Zeitungen immer wieder zu lesen.

Am 20. September 2001 kündigt US-Präsident Bush den »Krieg gegen den Terror« anund droht der Weltgemeinschaft: »Entweder ihr seid für uns, oder ihr seid für die Terroristen«.13 Bushs martialische Rhetorik ist erfolgreich, denn als im Oktober 2001 der Krieg gegen Afghanistan beginnt, wo sich Bin Laden angeblich aufhalte, ist Deutschland als NATO-Bündnispartner von Anfang an mit dabei und die Friedensbewegung sieht machtlos zu, wie das Völkerrecht dem Recht des Stärkeren weicht.

Gibt es nicht diese Weisheit: »Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit«? Jedenfalls reagiere ich mit Skepsis auf die so schnell vorgebrachten Anschuldigungen gegen Bin Laden, was sicher auch durch mein langjähriges friedenspolitisches Engagement begründet ist. Seit Mitte der 1980er-Jahre bin ich Mitglied in der größten berufsbezogenen Friedensorganisation in Deutschland, bei den Internationalen Ärztinnen und Ärzten für die Verhütung des Atomkriegs – Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW),14 die 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Nach dem 11. September 2001 startet die IPPNW eine Kampagne gegen Krieg und Terrorismus und vertritt dabei die Überzeugung, dass Terror nicht mit Krieg bekämpft werden kann. Wenn ich mit IPPNW-Kollegen über den 11. September 2001 spreche, höre ich häufig Zweifel an der sogenannten offiziellen Geschichte über diesen Terroranschlag,15 aber öffentlich darüber sprechen mögen die wenigsten. Entsteht hier ein Tabu?

Eine der wenigen Ausnahmen ist eine 2008 durchgeführte Veranstaltung der Hamburger IPPNW-Regionalgruppe mit dem amerikanischen Architekten Richard Gage.16 Gage ist Gründer der Organisation Architects and Engineers for 9/11 Truth, die sich für eine Aufklärung des 11. September einsetzt und eine unabhängige Neuuntersuchung der Ereignisse fordert. Ein Jahr später lädt die IPPNW zusammen mit der Arbeitsgruppe Zukunftspolitik Hamburg den renommierten amerikanischen Theologen und Philosophen David Ray Griffin ein, der in einer Reihe von Büchern das Geschehen und die Hintergründe des 11. September kritisch beleuchtet hat.172015 bringt die