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Dieses Büchlein richtet sich an Personen, die mit Angehörigen des genannten Kulturkreises ohne Vorurteile arbeiten und leben möchten. Es soll hervorgehoben werden, dass es durch gegenseitige Akzeptanz und manchmal auch eine kleine Prise Humor einfach ist, schwierige Situationen zu meistern.
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Seitenzahl: 83
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Für Sachiko und Kumiko – die mir das wahre Gesicht Japans gezeigt haben!
Vorwort
1.
Narita
– die Realität wartet nicht!
2. Der Geburtstag
3. Der ägyptische Geschäftspartner
4. Der Fahrstuhl
5. Flug LH 2049 nach München
6. Dinner for One
7. Tee
8. Es weihnachtet
9. Bederu?
10. Who is who?
11. Ein Engel mit Staubsauger
12. Können Zeitungen fliegen?
13. Kann man Kaffee kauen?
14. Kündigungen
15. Zehn Minuten im Leben eines Möbel-Lieferanten
16. Was haben Kronleuchter und Fehmarn gemeinsam?
17. Mein Freund, der Baum – mit Herrn Kim ist alles möglich!
18. Nehmen Sie es nicht persönlich …
19. Shake, bow or both?
20. Die Sache mit dem Gesicht …
21. Höflichkeit – überall?
22. Was man vermeiden sollte …
23. Klein, aber fein – die Visitenkarte
24. Spülmaschinen verbinden
25. Schuhe
26. Tony?
27. Meetings – die Zeit …
Zusammenfassung
Anhang
Bei diesem Büchlein handelt es sich um eine Zusammenfassung unerwarteter Ereignisse, die ich zwischen 1988 und 2014 während meiner Arbeit in japanischen und koreanischen Unternehmen erlebt habe. Die meisten davon sind hier vor Ort in Deutschland passiert, nur Geschichte 1 (Narita – Die Realität wartet nicht) und Geschichte 26 (Tony?) sind mir in Japan widerfahren. Es ist kein Ratgeber im klassischen Sinne, sondern eine kleine Vorschau auf das, was Ihnen bei der Zusammenarbeit mit den hier behandelten Kulturkreisen unverhofft zustoßen kann.
Mit meinen Erlebnissen möchte ich dazu beitragen, dass es nicht ganz so überraschend für Sie kommt, sollten Sie einmal in eine für Sie nicht nachvollziehbare Situation geraten. Wenn Sie diese 27 Kapitel lesen, werden Sie manchmal schmunzeln und sich fragen, ob ich das vielleicht nur erfunden habe. Manche Kapitel werden Sie etwas ernster nehmen, weil Sie eventuell schon Ähnliches erlebt haben – aber verwirrt werden Sie bestimmt bis zur letzten Seite sein. Seien Sie jedoch versichert: Sie sind nicht allein!
(Japan)
Es war 05:00 Uhr morgens und ich hatte nach einem neunstündigen Flug soeben am Narita International Airport in Tokio die 747 aus Frankfurt verlassen.
Trotz der durch den Jetlag bedingten Müdigkeit war ich sehr aufgeregt. Ich war damals siebenundzwanzig Jahre alt, und von einem japanischen Kollegen gebeten worden, der Tochter eines Freundes in Tokio bei der Vorbereitung auf einen englischen Redewettbewerb zu helfen. Sie war fünfzehn Jahre alt und nach Ansicht ihres Vaters reichten ihre Sprachkenntnisse nicht aus, um den Wettbewerb erfolgreich mitzumachen oder vielleicht sogar zu gewinnen. Im Jahre 1991 fand es niemand außergewöhnlich, mich deswegen auf die Reise zu schicken. Heute wäre es wegen der fortgeschrittenen Globalisierung sicher mit einer Lehrkraft vor Ort oder Online organisiert worden. Vielleicht hatte ich auch einfach das Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Mein Kollege und ich waren uns sympathisch, sein Freund in Tokio brauchte englischsprachige Unterstützung für seine Tochter und ich war Feuer und Flamme, die Gelegenheit nach Japan zu reisen, wahrzunehmen!
Überraschenderweise war mein Koffer bei der Gepäckausgabe, gleich nach der großen, beigen Tasche mit dem Pokémon-Aufkleber, einer der ersten auf dem Laufband. Kurz darauf hatte ich auch meine leider nun leicht eingerissene, hellgraue Reisetasche vom Laufband gezerrt. Einer zügigen Fahrt ins Hotel stand nichts mehr im Weg. Theoretisch. Der Kollege aus der Niederlassung meines Unternehmens vor Ort hatte, wie er mir schon kurz nach der Landung mitteilte, es leider nicht geschafft, rechtzeitig das Meeting zu verlassen und wie verabredet, mit dem obligatorischen „Welcome to Tokyo“- Schild neben der Gepäckausgabe, zwischen dem Blumenladen und dem Duty-free-Shop, auf mich zu warten. Aber damit hatte ich gerechnet. Der Ablauf japanischer Meetings war mir gut bekannt. In der Hamburger Niederlassung meines Unternehmens war ich oft genug Zeugin gewesen, wie deutsche Kollegen schimpfend den Konferenzraum verlassen hatten, weil es wieder einmal zu lange gedauert hatte. Aber dazu mehr im Kapitel Meetings – die Zeit…
Ich sah es einfach positiv, denn er würde ja gleich da sein, wie er mir versichert hatte. Inzwischen konnte ich mich ein wenig umschauen, ohne mich zu weit vom Treffpunkt zu entfernen. Der Koffer war zwar schwer, aber bis zum Duty-free sollte ich wohl kommen. Auf dem Weg dorthin fiel mir eine ältere Japanerin auf, die direkt auf mich zukam. Wie am Flughafen von Tokio nicht anders zu erwarten, war es sehr voll, aber irgendwie würden wir beide uns schon aneinander vorbeischlängeln können. Ich wurde dann aber doch etwas nervös, denn es schien nicht, als wolle sie ausweichen. Sie hatte mich ebenfalls gesehen, kam jedoch weiter zielstrebig auf mich zu und wich etwaigen Hindernissen dabei problemlos aus. Sie musste doch bemerkt haben, dass ich mit den schweren Taschen wenig Bewegungsmöglichkeiten hatte!
Ein wenig besorgt um mein ca. 1,60 Meter großes Gegenüber war ich inzwischen schon, denn als ich das letzte Mal widerwillig mein Gewicht kontrolliert hatte, hatte ich fast 75 kg hinnehmen müssen. Was in den folgenden Sekunden passierte, sorgte deshalb bei mir für starke Verwirrung:
Die ältere Dame war direkt in mich hineingelaufen, kurz stehen geblieben, hatte mich angesehen, dann wortlos abgedreht und unbeirrt ihren Weg fortgesetzt!
Wie konnte es dazu kommen? Glauben Sie mir, nach spätestens zwei Wochen wird Sie so ein kleiner Zwischenfall nicht mehr aus der Ruhe bringen.
Mein Blick schweifte nun hoffnungsvoll in Richtung des Meeting Point, wo ich einen mittelgroßen, blonden Herrn erblickte, der suchend ein Schild mit dem Namen meiner Firma über die Köpfe der Menge hielt. Endlich! Nach gegenseitiger Bekanntmachung, er stellte sich als Richard O’Keefe vor, und der für mich nicht überraschend kommenden Information, dass ein Stau in Tokio etwas anderes war als in Hamburg, machten wir uns endlich auf den Weg Richtung Hotel. Auf der Fahrt dorthin machte mich Richard auf Besonderheiten der Stadt aufmerksam. Mein erster Eindruck war der eines organisierten Gewühls von hetzenden Menschen, hupenden Autos und flackernder Straßenreklame. Um viele Fragen zu stellen, war ich jedoch zu erschöpft. Morgen würde ich einen guten Freund meines Vaters, Alexander von Twer treffen, der in einer Reederei arbeitete und in Tokio geboren war.
Ihn würde ich fragen, weshalb die Frau mich so offensichtlich ignoriert hatte.
Am nächsten Morgen erwachte ich genauso müde, wie ich ins Bett gegangen war. Natürlich war dies vor allem durch den Jetlag bedingt, aber auch die flackernden Reklametafeln direkt gegenüber meines Hotelfensters hatten ihr Übriges getan. Mit Alexander war ich um 10:00 Uhr verabredet. Wir wollten zusammen frühstücken und um 12:00 Uhr würde mich der besagte japanische Freund meines Kollegen abholen. Alexander war bereits etwas eher gekommen und saß mit der Asahi Shinbun (japanische Tageszeitung) in der Hand an einem schönen, kleinen Tisch direkt an einem großen Panoramafenster mit Blick über die riesige Stadt. Der Frühstücksraum lag im 4. Stock. Ich bewunderte ihn dafür, dass er sogar eine komplette japanische Zeitung lesen konnte.
Während meines einjährigen Japanisch-Intensivstudiums an der Universität Hamburg hatte ich selbst es auf nur circa 200 Schriftzeichen gebracht. Um eine Zeitung lesen zu können, mussten es mehrere tausend sein!
Während unseres westlichen Frühstücks, bestehend aus Pancakes, Rührei, Schinken, Kaffee, Orangensaft und Toast, kam ich auf die ältere Dame zu sprechen. Ich war sehr gespannt, was Alexander sagen würde! Vielleicht war sie tatsächlich einfach nur mit den Gedanken woanders gewesen?
Um es kurz zu machen: Sie gehörte ganz offensichtlich der Generation an, in deren Jugend es nur wenig, bis gar keine Ausländer in Japan gab. Diese Zeit hatte sie also geprägt … Ausländer waren für sie schlicht und ergreifend nicht existent. Früher nicht und heute, na ja, Sie ahnen es schon. Was es nicht gibt, kann nicht im Weg sein. Etwaige Kollisionen also ausgeschlossen. Oder sind Sie, egal welchen Alters, schon einmal freiwillig gegen eine Tür gerannt? Ausländer existierten für sie nicht. Punkt.
Schwer zu glauben, aber wahr. Fragen Sie Ihre Kollegen vor Ort. Die werden alle ihre eigene unglaubliche Geschichte erlebt haben. Traut sich nur keiner, sie zu erzählen. Es würde sowieso niemand glauben.
Fazit:
Die Verwirrung kennt keine Grenzen.
(Südkorea)
Es ist wirklich schwierig, manche Dinge, die täglich in einem asiatisch geprägten Umfeld passieren, glauben zu können. Sie sind einfach nach westlichem Verständnis zu verwirrend. Nehmen wir den Geburtstag meines koreanischen Chefs eines kleinen, international erfolgreichen Unternehmens in Hamburg. Sehen Sie, hier fängt es schon an: Kleine, international erfolgreiche Unternehmen aus Korea gibt es nicht, und wenn, sind sie nur ganz kurz klein.
In Südkorea hat jeder Kollege im Büro seinen eigenen Bereich, für den er – und nur er – zuständig ist. Während meiner Zeit mit den Koreanern habe ich mich gefragt, wie es kommt, dass man sich nicht gegenseitig unterstützt. Der Kauf eines Geburtstagsgeschenks für den Geschäftsführer hatte mich dies hinterfragen lassen …
Als einzige deutsch denkende Mitarbeiterin, in der Funktion der Assistentin und Übersetzerin in einem asiatisch geprägten Umfeld, habe ich viel gelernt und glauben Sie mir bitte: Vergessen Sie den Rest der Welt und seine Gepflogenheiten. Sie werden genug damit zu tun haben, hier und jetzt Ihr bisher angenommenes Weltbild zu verteidigen.
Aber zurück zum Geburtstagsgeschenk: Aus Deutschland stammend, war es für mich als Assistentin bisher üblich gewesen, zum Geburtstag für Kollegen ein angemessenes Geschenk zu besorgen. Nun also für den Chef. Wie in großen Teilen Asiens üblich, spielt jeder Geschäftsmann Golf. Sollten Sie diesen Sport noch nicht für sich entdeckt haben, ist jetzt, kurz vor Ihrer Reise oder sogar mehrjährigen Entsendung, der Zeitpunkt gekommen, darüber nachzudenken.
Zwei Tage vor dem Geburtstag hatte immer noch niemand an das Geschenk gedacht. Ich ergriff also die Initiative und ging in ein Buchgeschäft im Einkaufszentrum ein paar Straßen weiter. Ein wunderschöner Bildband mit dem Titel „Bilder der 100 exklusivsten Golfclubs der Welt“, wie zum Beispiel in St. Andrews