Geschichten über die Liebe und andere Absonderlichkeiten - Daniela Noitz - E-Book

Geschichten über die Liebe und andere Absonderlichkeiten E-Book

Daniela Noitz

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Beschreibung

Beziehungen sind wie Blumen. Der Same wird in der Begegnung gelegt, sie wächst, knospt, blüht, verblüht und vergeht. Diesen Bogen von der ersten Samenlegung bis zum Vergehen spannen die Geschichten über die Liebe und andere Absonderlichkeiten.

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Inhaltsverzeichnis

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Ausklang
Der Moment der Erwartung

Nettes Geplauder. Nichtssagend. Letztendlich. Man muss Zeit überbrücken. Bis es beginnt. Langsam sollte es soweit sein. Die Stimmen werden nach und nach leiser. Das Licht fällt auf die Leinwand. Trägt die Aufforderung auf Erwartung im Gepäck. Ein Film wird kommen. Wir wissen nicht mehr darüber als den Titel. Immer schon haben wir nicht mehr gewusst als den Titel. „Leben“ oder vielleicht sogar „Mein Leben“ lautet er. Auch wenn es von Jahr zu Jahr fragwürdiger erscheint, was an diesem Leben wirklich „mein“ ist. Bei einem Film ist es anders. Der hat einen festen Beginn und ein definiertes Ende. Damit kann man umgehen. Auch das Leben hat einen festen Beginn. Alles andere ist vage.

Und während wir dasitzen, den verklungenen Tönen nachhören, die kommenden abwartend, ist nur das Licht auf der leeren Leinwand. Du sitzt neben mir. Ich sitze neben Dir. Es ist nicht die Zeit zu reden. Nachher. Da werden wir über den Film sprechen, den wir gesehen haben werden. Aber jetzt ist die nackte Leinwand da. Das Leben. Vielleicht „Mein Leben“ mit Titel. Doch, ein Stück weit ist es mein Leben, und ein Stück weit eines, das von Menschen beeinflusst wird, denen ich diesen Einfluss zugestehe. Dir zum Beispiel. Aber nicht nur. Es ist auch kein richtiger Film, sondern eine diffuse Abfolge von Bildern, die ich gerne sehen würde, jetzt, nach dem Film, in einem Jahr, in einem Jahrzehnt.

Ich sehe Dich an meiner Seite. Jetzt sitzen. In einem Jahr. In zehn Jahren. Wir reden miteinander. Über den Film und auch über anderes. Du nimmst mich in den Arm. Immer noch. Es tut gut. Immer noch. Es hat etwas von der Beständigkeit, nach der ich mich sehne, während alles andere im Fluss bleibt, wie eine Behausung, die mich schützt und mir die Kraft schenkt, den Stürmen zu trotzen, die das Leben mit sich bringt, das ein Stück weit sogar meines ist. Automatisch greife ich nach Deiner Hand.

Du siehst mich an Deiner Seite. Jetzt sitzen. Und dann, dass wir aufstehen und hinausgehen. Du gibst mir einen Kuss. Vielleicht einen letzten. Es ist ein Abschied, den Du siehst, denn es macht Dir Angst, dass die Zeit verginge und Du noch immer hier sein könntest. Es hat etwas von Vereinnahmung und Stillstand und Tod. Dem möchtest Du tunlichst aus dem Weg gehen. Denn während Du sesshaft wirst, fließt das Leben an Dir vorbei, das Du dann völlig aus der Hand gegeben hast, und das überhaupt nicht mehr Deines ist. Du brauchst die Freiheit und Unverbrauchtheit der Welt, die dort draußen auf Dich wartet und Dir entgeht, wenn Du bleibst. Es ist die Welt mit all ihren Eindrücken und Erfahrungen, die Dich schützen und Dir Kraft schenken den Stürmen zu trotzen, die in Deinem Inneren toben. Du willst es nicht wissen. Automatisch schiebst Du meine Hand weg.

All das denken wir für uns, in diesem Moment der Erwartung, in dem, die Stille bereits eingekehrt ist, aber das Licht noch die nackte Leinwand erhellt, auf der bald der Film gezeigt werden wird. Ein Moment der Erwartung, in dem wir unser Leben vorwegdenken. Ganz für uns, ohne ein Wort. Wir sehen uns an. Ein letztes Mal bevor der Film beginnt. Für uns wissen wir um unsere Erwartungen. Auch über die nach dem Film. Gemeinsam werden wir sie nicht haben. Sie sind nicht kompatibel.

Der Moment der Erwartung geht vorbei. Auch der Film. Der Kuss zum Abschied wird der letzte sein. Du weißt es. Ich noch nicht, aber ich werde es erfahren. Wie doch die Liebe unterschiedlich sein kann.

Ein Haus aus Erinnerungen

Bedächtig drehe ich den Schlüssel im Schloss. Einmal. Zweimal. Ziehe ihn ab. Drücke noch einmal die Klinke hinunter, mich zu vergewissern, ob ich auch tatsächlich abgesperrt habe. Es wäre nicht notwendig. Es ist doch notwendig, denn seit ich wusste, dass es an der Zeit war abzuschließen und zu gehen, war ich doch ein wenig durcheinander. Es gibt kein Zurück. Die Endgültigkeit drückt wie eine zentnerschwere Last auf meine Schultern. Dennoch tue ich alles, was ich zu tun habe, mit allergrößter Sorgfalt. Ich lasse mir Zeit, weil ich hoffe. Aber was soll diese Hoffnung auf Dich, wo Du mir doch selbst gesagt hattest.

„Sperr ab und schmeiß den Schlüssel weg!“

Ja, das hattest Du gesagt. Es war nicht abwegig und auch nicht unerwartet, und dennoch wehre ich mich dagegen. Soweit man sich gegen die Unausweichlichkeit wehren kann. Auch gegen Tatsachen. Bloß ein kleines bisschen. Nicht nachhaltig. Nur ein wenig zu viel Zeit lassen. Schatten spielen mir Täuschungen zu. Vorgegaukelt. Es sind nur die Blätter, die sich im Wind bewegen. Mein Blick wandert hinauf zu den Baumkronen. Die Blätter rascheln. Sonst ist nichts zu hören. Kein Vogelgezwitscher, kein Insektensummen. Aber vielleicht höre ich es auch nur nicht, denn Deine Stimme klingt süß und sanft in meinen Ohren. Wie ein Tinnitus. Ich schüttle den Kopf, als könnte ich so die Stimme abschütteln. Als könnte ich Dich abschütteln, aber es hilft nichts. Ich kann mich nach wie vor nicht entschließen zu gehen.

Weißt Du noch, als Du mich an der Hand und Schritt um Schritt mitnahmst. Unter unseren Füßen wurde der Weg, und unsere Begegnung bildete das Fundament. Mit jedem Mal, mit jedem Erleben fügten wir ein Stück hinzu. Grundfeste, tragende Mauern. Eine aufregende Zeit des Annäherns und Lernens. Weißt Du noch? Lächelnd wende ich mich Dir zu. Nein, Du bist nicht mehr da. Das Lächeln verschwindet wieder. Vielleicht wird es wiederkommen, wenn es mir gelingt den Schmerz hinter mir zu lassen und das Haus als das zu sehen, was es ist, das unserer Erinnerungen. Vielleicht wird es mir eines Tages gelingen, mich zuzuwenden und mich daran zu erfreuen, doch noch bin ich nicht so weit.

Weißt Du noch, als Du mich mitnahmst, über die Schwelle, auf dass wir es uns wohnlich gestalteten? Voller Freude und Lachen, Hoffnung und Zuversicht, Neugierde und Offenheit auf all das, was dieses Haus noch schmücken würde. Es war noch nicht fertig, noch lange nicht, und eigentlich dachte ich, dass es nie fertig werden würde, obwohl wir so eifrig bauten. Manchmal waren es ganze Räume, und dann wieder nur ein kleiner Ziergegenstand. Nichts war wichtig oder unwichtig. Jeder einzelne Teil, ganz gleich wie groß oder klein, machte es unverwechselbar und einzigartig. Weißt Du noch wie gut es tat, es zu sehen, zu verstehen? Ich finde es gerade nicht, doch es wird wiederkommen.

Weißt Du noch, als Du mich einludst mit Dir, darin zu wohnen, in diesem Haus? Egal wo wir hingingen, es war mit uns und wir darinnen, in uns und um uns. Jedes Lachen und jede Träne, jede Freude und jede Traurigkeit fanden darin Platz, verzierten es mit einem lebendigen Muster. Wir fühlten uns wohl darinnen, dachte ich zumindest. Es war wahrscheinlich auch so. Es ist immer so. So lange, bis es nicht mehr ist. Ich werde nicht verzweifeln und nicht jammern, nur, wer könnte mich jetzt in den Arm nehmen, da Du es doch warst, der es immer tat, wenn ich traurig war. Nur diese Traurigkeit hat keinen Ort in Deiner Umarmung.

„Sperr ab und schmeiß den Schlüssel weg!“

Ja, das hattest Du gesagt. Der Schlüssel wiegt nicht schwer in meiner Hand. Leicht fühlt er sich an. Ich hole aus und will ausführen, was Du mir auftrugst. Doch die Hand lässt den Schlüssel nicht los. Noch einmal sehe ich ihn an. Kurzentschlossen stecke ich ihn in die Hosentasche. Ich kann ihn immer noch wegschmeißen, später, wenn ich so weit bin. Oder ich kann eines Tages einfach zurückkehren und mich darüber freuen, dass es war.

Dein Duft auf meiner Haut

Ich gehe auf Dich zu. Du gehst auf mich zu. Fließend. Es ist die Selbstverständlichkeit. Es ist die Einmaligkeit. Es ist das Sich-Annähern, das an einander ist und wird. Fließend. Ein Aufeinander-zu, das sich nicht erschöpft in der Bewegung, nicht im Tun, nicht in der Verfügbarkeit des Fassbaren, und doch ist es auch nichts anderes. Die Selbstverständlichkeit als die einzige Möglichkeit des Augenblicks, des gelebten Moments. Belebt im Aufeinander-zu. Stille. Stille zu ertragen, ja mehr, sie als gewollt zu verstehen, den Fluss nicht zu stören. Denn es wuchs eine Gewissheit, klar und unmissverständlich, doch nicht von der Art, dass es Wissen war, eines, das, belegt, unterlegt, unterfüttert mit Fakten, einen rationalen Denkprozess abschließt, sondern eine Gewissheit des Präsenten, in Dir und in mir.

Gewissheit, dass es nichts weiter geben kann, hier und jetzt, als dieses Aufeinander-zu, das sich Umfließen, in der Stille, sich in den Blick geben und verweilen. Und die Stille, die den Fluss sein ließ, Dich, mich, uns umfließend, wurde nicht abgewiesen durch unser Gespräch. Dein Blick, mit der Ruhe der Achtsamkeit, geht in ein Außen, den Gedanken zu explizieren, ihn einzuholen, in Worte zu fassen, um dann zu mir zurückzukehren, ihn mir zu schenken, als Aufforderung mit Dir zu sein, in jenem Gedanken, in jenem Wort.

Ich gehe mit Dir. Du gehst mit mir. Fließend. Es ist die Selbstverständlichkeit des Miteinander. Ich beantworte keine Fragen, weil es keine gibt. Es ist, als wäre in dieser Selbstverständlichkeit alles Fragwürdige verklungen und in die Gewissheit neu erklungen, die Gewissheit Dir zu sein, mir zu sein. In einem Moment, der ein Jetzt ist oder ein Andauern oder gar ein Für-immer. Es tut auch nichts zur Sache. Denn es ist im Moment, in jedem, in dem es sein soll, in jedem kommenden, der Jetzt heißt. Es ist, wenn Dein Blick mich einnimmt und zu Dir holt, wenn Deine Berührung mich umgibt, wenn Du eins wirst mit mir, in diesem Moment, der immer der jeweilige der atmenden Stille ist, die alles offen lässt, alles ermöglicht. Den Blick offen haltend, neugierig, verspielt und achtsam, sodass Du mir die Welt erschließt, sodass ich Dir die Welt erschließe. Es gibt keinen Plan. Es braucht auch keinen. Es ist der Dialog, der sich fortsetzt, unausgesetzt, als Stille, als Sprache, als Berührung. Das Leben hat keinen Plan. Nur ein Sein. Es hat keine Anweisungen. Nur die Zuwendung.

Ich reiche Dir die Hand. Du reichst mir die Hand. Es ist die Selbstverständlichkeit des Staunens. Weil das Leben, mit Deiner Hand in meiner, sich erweitert, die Welt eine andere ist, als vor dieser Gewissheit und dem Moment des Lebens. Weiter, erfüllter, belebter, und wohl auch verständiger. Der Horizont ist weiter, mit Deinem Blick, der ihn mir eröffnet, so wie ich Dir. Und wenn ich von Dir gehe, dann mit der Gewissheit, der Selbstverständlichkeit und Deinem Duft auf meiner Haut.

Das Streicheln des Windes

Ein sanfter Hauch, eine Spur nur, ist der Wind, der den Vorhang sanft hebt, hindurchstreicht und ihn wieder verlässt, so dass er zurücksinkt. Sanft wie der Morgentau und Deine Hand auf meiner Wange, die nun nur mehr der Wind streichelt. Unmerklich beinahe, doch es entgeht mir nicht. Das Fenster ist geöffnet. Wie Du es magst. Das Bild steht am Pult und Dein Platz ist leer. Nicht für mich. Denn Präsenz lässt sich nicht löschen, nur so sanft werden wie einen Hauch, eine Spur.

Ein sanfter Duft umweht mich, während ich bleibe. Dein Platz. Mein Platz. Unser Platz. Wir haben ihn gefunden. Es ist angenehm sich zuzuwenden. Auch zu lächeln. Zu reden. Zuzuhören. Du sitzt da, den einen Arm auf der Lehne, den anderen hinter meinem Rücken. Annehmend ohne zu beschränken. Ich lasse mich halten und tragen. Wenn ich Dir erzähle. Und wenn ich nach Worten suche mich Dir mitzuteilen. Du hörst zu. Führst mich mit Deinen Fragen immer weiter, meine Gedanken zu entwickeln, weiterzugehen. Du gehst mit. Du bist bei mir und lässt mich doch voranschreiten. Im Schein der untergehenden Sonne erkläre ich Dir, um mir selbst zu erklären. Im Aussprechen wird es mehr. Schritt um Schritt.

„Ich liebe Deine Leidenschaft“, sagst Du, wenn ich Dir berichte von all meinen Träumen und Plänen, meinem Einsatz und der Unbedingtheit meines Willens. Du schenkst mir die Verbundenheit und spornst mich an. Bestätigung und Fürsorge. Bestätigung, dass der Weg der richtige ist. Fürsorge, dass ich mich nicht verausgabe. Du bist der Ort, an dem ich Kraft und Mut tanke. Du bist es in Deiner stillen Präsenz, die der Duft ist und der Atem und das Sein, die auch in der Abwesenheit bestehen bleibt.

„Ich liebe es Dir zuzuhören“, sage ich, wenn Du mir berichtest von Deinem Leben und Deinen Gedanken und Deinem Weg. Nicht unbedingt geradlinig, was auch immer das im Leben heißen mag. Was es ausmacht, ist die Art es mir nahezubringen, mich mitzunehmen auf den Pfad, den Du gehst. Manchmal vergesse ich zuzuhören, weil ich mich in Deiner Stimme verliere, mich fallen lasse in den Klang und die Wärme. Ich sage es Dir nicht. Was sollte ich auch sagen? Dass es mir schwer fällt mich auf Deine Worte zu konzentrieren, wenn Du sprichst? Obwohl ich weiß, dass Du selbst das verstanden hättest.

Ein sanftes Geräusch klingt vom Tisch zu mir, auf dem Deine Tasse neben meiner steht. So wie es immer war. Immer wieder stelle ich sie neu auf, denn nichts erleichtert das Leben mehr als die Gewohnheit, die uns gehört. Tee zu trinken, wenn der Wind rau wird, im Herbst, wenn das Fenster immer kürzer geöffnet wird, hinein in den Winter. Doch jetzt ist Sommer und der Wind warm, wie Deine Hand auf meiner Wange.

Ein weicher Schatten. Bilder verblassen in der Erinnerung. Sie verlieren an Trennschärfe, an Kanten und Ecken. Sie werden weicher und stimmiger, bis sie mit dem Moment verschmelzen und dem Jetzt, bis sie nicht mehr Schatten, sondern Licht sind, das mich auch durch die finsterste Nacht begleitet, sie erhellt.

Ich habe keine Angst. Du bist bei mir. Auf Deinem Platz neben meinem. Der Klang Deiner Worte, und die Hand, die meine Wange streichelt. Auch wenn es nur mehr der Wind ist, der ist, wie Deine Hand, nur ein wenig kälter.

Du bist ein warmer Sommerregen

Die Erinnerung an Dich durchfließt mich wie ein warmer Sommerregen, der mich reinwäscht von all dem Trübsinn, der Alltäglichkeit und der Normalität.

Sommerregen in einer Wüstenlandschaft, die über Monate nach Regen lechzte, doch sobald die ersten Tropfen auftreffen, erblüht sie in den prächtigsten Farben, für eine kleine Weile. Die kleine Weile, die mich die Erinnerung an Dich mit mir umfasst.

Sommerregen, der gegen das Fenster schlägt, das man rasch noch schließt, nicht nur, um das Wasser draußen zu halten. Das sowieso nicht. Sondern um zu sehen, wie heiter und vergnügt diese kleinen Tropfen auf die Scheibe springen, aufs Fensterbrett, und sofort wieder forthüpfen, als wäre es nicht Glas, nicht Metall, sondern ein biegsames Geflecht, gleich der Bespannung eines Trampolins. Eines für jeden dieser kleinen, lustigen Kerle. Und ich sitze hinter dem geschlossenen Fenster, ihnen zuzusehen bei ihrem heiteren Spiel. Es macht Lust mitzuspielen.

Sommerregen, der abkühlt und man Lust bekommt auf mehr. Für eine kleine Weile, die das damals war, und die ich mir nehme, um mich ermutigen zu lassen, in dieser Erinnerung an Dich mit mir.

Die Erinnerung an Dich mit mir ist wie ein warmer Sommerregen, der die brütende Hitze durchbricht und die Natur und die Menschen mit Leben beschenkt, kühlt und erfrischt, kurz, aber nachhaltig. Es waren diese wenigen Stunden. Nein, es waren nicht Stunden im eigentlichen Sinne, sondern ein der Zeit enthoben sein. Als wäre die Welt um uns versunken. Ich gehe im Gedanken den Weg. Jeden einzelnen Schritt. Ich erzähle unser Gespräch. Jedes einzelne Wort. Ich erfahre unser Zugewandt-sein. Jeden einzelnen Blick. Ich lache unsere Freude. Jedes einzelne Lachen. Alles ist wohlverankert in meinem Gedächtnis. Und es war, bis wir wieder zurücktraten in die Welt und in die Zeit. Als die Sonne aufging. Es war nicht mehr. Es war doch alles. Es war alles und noch viel mehr. Es war das Mehr als Alles.

Die Erinnerung an Dich mit mir ist wie ein warmer Sommerregen, der uns überrascht, wenn wir mit dem Boot mitten am See sind. Doch es gibt nichts zu befürchten. Weder Schauer noch Blitz, weder Sturm noch Hagel begleiten ihn, nur die erfrischende, belebende Wirkung des kühlenden Nass. Er überrascht uns bei einem Spaziergang oder am Tag oder einfach mitten drinnen. Fernab von jeder Veranlassung. Einfach so. Deshalb breiten wir die Arme aus, ihn zu empfangen. Ein Lächeln der Verzauberung im Gesicht. Und an dessen Ende steht der Regenbogen. Der Topf mit Gold ist längst gefunden.

Die Erinnerung an Dich mit mir ist wie ein warmer Sommerregen, der sich ohne Vorwarnung annähert und da ist. Einfach so. Ich heiße ihn willkommen, wie einen guten Freund. Den besten Freund. Und ich verabschiede ihn ohne Gram. Er wird wiederkommen. Zum Abschied schenkt er mir den Regenbogen und die Zuversicht auf ein Wiedersehen. Dann verwelken die Blumen wieder, legen sich schlafen in der ausgedörrten Wüstenlandschaft des alltäglich Vergänglichen, doch bereit jederzeit wieder aufzublühen. Wenn er wiederkommt, mich zu um-, zu durchfließen.