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Kurt Erlemann

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Beschreibung

Das Standardwerk für den wissenschaftlichen Umgang mit biblischen Gleichnissen und Metaphern bietet einen Überblick über die Gleichnisforschung seit Jülicher, führt die Gleichnistheorie innovativ weiter und eröffnet so einen umfassenden Problemhorizont. Thesen und Begriffsklärungen erleichtern den Einstieg ins Thema. Ein Leitfaden zur Auslegungsmethodik und Musterexegesen helfen bei der exegetischen Erschließung der Texte. Ein Abschnitt zur Theologie der Gleichnisse zeigt deren inhaltliche Reichhaltigkeit. Pädagogische und didaktischmethodische Impulse mit exemplarischen Unterrichtsskizzen runden das Konzept ab. Textboxen, Tabellen, Grafiken und ein ergiebiger Serviceteil machen das Lehrbuch zu einem wertvollen Begleiter für Studium und Unterrichtspraxis.

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Seitenzahl: 498

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Kurt Erlemann

Gleichnisse

Theorie – Auslegung – Didaktik

Umschlagabbildung: © Öko Wein- und Sektgut Gretzmeier in 79291 Merdingen

 

© 2020 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

 

Internet: www.narr.de

eMail: [email protected]

 

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

 

utb-Nr. 5494

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

ISBN 978-3-8252-5494-0 (Print)

ISBN 978-3-8463-5494-0 (ePub)

Inhalt

Klaus Berger (1940-2020) in ...Vorwort1 Einführung1.1 Die Intention des Buches1.2 Das Konzept des Buches1.3 Einführende Thesen1.4 Vergleichende Textformen1.4.1 Parabel / Gleichnis / Parömie1.4.2 Fabel / Mythos / Deklamation1.4.3 Allegorie1.4.4 Rhetorische Stilformen1.5 Gleichnisspezifische Termini1.5.1 Ausgangs-, Übergangs- und Erzählebene1.5.2 Bild- bzw. Erzählebene und Deutungsebene1.5.3 Bildspender und Bildempfänger1.5.4 Tertium bzw. tertia comparationis1.5.5 Pointe1.5.6 Fiktionalität und Appellstruktur1.5.7 Konterdetermination1.5.8 Extravaganz1.5.9 Transfersignale1.5.10 Theologischer Bezugsrahmen (‚Sache‘)1.5.11 Sprachgeschehen bzw. Sprachereignis1.5.12 ‚Eigentliche‘ vs. ‚uneigentliche‘ Rede2 Gleichnisforschung im Überblick2.1 Der Ausgangspunkt: Adolf Jülicher2.1.1 Ausgangspunkt: anti-allegorischer Affekt2.1.2 Gleichnisdefinition und Auslegungsinteresse2.1.3 Formkritik der Gleichnisse2.1.4 Das bleibende Vermächtnis Jülichers2.2 Zwischenschritte zur modernen Gleichnisforschung2.2.1 Gleichnisse als frühjüdische Gattung2.2.2 Die eschatologische Deutung2.2.3 Die ‚metaphorische Wende‘2.2.4 Kritik an der ‚metaphorischen Wende‘2.2.5 Revision des Allegorie-Begriffs2.2.6 Neuere Trends2.3 Die aktuelle Diskussion2.4 Auswertung: Leitende Fragestellungen und Alternativen2.4.1 Ein einziger vs. mehrere Vergleichspunkte2.4.2 Gleichnis vs. Allegorie2.4.3 Rhetorischer vs. po(i)etischer Zweck2.4.4 Kontextualität / Autorintention vs. ästhetische Autonomie / Leserzentriertheit2.4.5 Theologische Inhalte vs. ‚Sprachereignis‘2.4.6 Mündliche vs. schriftliche Gleichnisse2.4.7 Auslegungsbedarf vs. -abstinenz2.4.8 Reich Gottes vs. Vielfalt theologischer Inhalte2.4.9 Gleichnistypen vs. ‚alles Parabel‘2.4.10 Fazit: Der Erkenntnisgewinn aus hundert Jahren Gleichnisforschung2.5 Aspekte einer weiterführenden Gleichnistheorie2.5.1 Sprachliche und narrative Merkmale2.5.2 Gleichnis und Allegorie / Metapher2.5.3 Poetische Rhetorik, rhetorische Poetik2.5.4 Wirkung und Sprachkraft2.5.5 Grundlagen der Gleichnisauslegung2.5.6 Der theologische Bezugsrahmen2.5.7 Textpragmatik und Gleichnistypen2.5.8 Das Proprium der Gleichnisse Jesu2.5.9 Gleichnisdefinition3 Schritte der Gleichnisauslegung3.1 Ermittlung und erzählinterne Formulierung der Pointe3.1.1 Erzählintern vs. theologisch formulierte Pointe3.1.2 Methodisches Vorgehen3.2 Ermittlung des Gleichnistyps3.2.1 Identifikation als Gleichnis / Metapher3.2.2 Bestimmung des Gleichnistyps3.3 Decodierung von Metaphern und Bildfeldern3.3.1 Polyvalenz und Dynamik3.3.2 Innere Logik des Textes3.3.3 Verstehens- und Erwartungshorizont3.4 Ermittlung der Deutungsebene und theologische Formulierung der Pointe3.4.1 Ermittlung des theologischen Bezugsrahmens3.4.2 Theologische Formulierung der Pointe4 Musterexegesen und Theologie4.1 Naturgleichnisse4.1.1 Die selbstwachsende Saat (Mk 4,26-29)4.1.2 Die Vögel und die Lilien (Mt 6,25-32par.)4.1.3 Die Geburtswehen (Mk 13,8par. Mt 24,8)4.2 Weisheitsgleichnisse4.2.1 Fasten auf der Hochzeit (Mk 2,18-20parr.)4.2.2 Der Olivenbaum (Röm 11,17-24)4.2.3 Das Testament (Hebr 9,15-17)4.3 Alltagsgleichnisse4.3.1 Der Hausbau (Mt 7,24-27par.)4.3.2 Das verlorene Schaf (Mt 18,12-14par.)4.3.3 Der Schalksknecht (Mt 18,23-35)4.3.4 Die zehn Jungfrauen (Mt 25,1-13)4.3.5 Die Witwe und der Richter (Lk 18,1-8)4.4 Identitätsgleichnisse und -metaphern4.4.1 Der gute Hirte (Joh 10,1-18)4.4.2 Der Leib Christi (1 Kor 12,12-31)4.4.3 Das Angeld der Erlösung (2 Kor 1,22 u. a.)4.5 Ausblick: Die Theologie der Gleichnisse4.5.1 Der theologische Aspekt4.5.2 Der christologische Aspekt4.5.3 Der pneumatologische Aspekt4.5.4 Der kosmologische Aspekt4.5.5 Der anthropologische Aspekt4.5.6 Der ekklesiologische Aspekt4.5.7 Der ethische Aspekt4.5.8 Der soteriologische Aspekt4.5.9 Der eschatologische Aspekt4.5.10 Ergebnis: Keine einfache ‚Sache‘!5 Didaktische Impulse5.1 Vorbemerkungen5.2 Pädagogische Überlegungen5.3 Von der Exegese zum Unterricht5.4 Gleichnisauswahl und Curricula5.4.1 Vorgaben der Kerncurricula5.4.2 Einordnung der Mustergleichnisse5.4.3 Ergebnis5.5 Didaktische Möglichkeiten5.5.1 Gleichnistheorie und Methoden5.5.2 Textunabhängige Methoden5.6 Musterbeispiele5.6.1 GS (3./4. Klasse): Selbstwachsende Saat5.6.2 Sek I (5.+6. Klasse): Der Schalksknecht5.6.3 Sek I (5.+6. Klasse): Der Olivenbaum5.6.4 Sek I (7.-10. Klasse): Die Vögel und Lilien5.6.5 Sek II (10./11. Klasse): Der Leib Christi5.6.6 Sek II (GK, LK): Der gute Hirte5.6.7 Berufskolleg: Der HausbauServiceteilS 1 AbkürzungenS 2 GlossarS 3 Schlagwörter (in Auswahl)S 4 TextstellenAltes TestamentAlttestamentl. ApokryphenFrühjüdische SchriftenNeues TestamentNtl. ApokryphenSonstige AutorenS 5 Übersicht: GleichnistexteS 5.1 Naturgleichnisse und NaturmetaphernS 5.2 WeisheitsgleichnisseS 5.3 AlltagsgleichnisseS 5.4 Identitätsgleichnisse und –metaphernS 6 Literatur1. Primärliteratur2. Sekundärliteratur

Klaus Berger (1940-2020) in Memoriam

Vorwort

Gleichnisse sind rätselhaft und faszinierend zugleich. Vergleichende Rede von Gott ist ein Kernstück der Verkündigung Jesu. Gleichnisse und Metaphern prägen die Sprache der Bibel in besonderem Maße. Bis heute erfreuen sich Gleichnisse großer Beliebtheit in Verkündigung und Religionsunterricht. Bis heute sind Gleichnisse und Metaphern Gegenstand wissenschaftlichen Nachdenkens.

Der UTB-Band ist Ergebnis jahrzehntelanger, wissenschaftlicher und existenzieller Beschäftigung mit den Gleichnissen Jesu und anderen vergleichenden Texten der Bibel. Zahlreiche Aspekte der Gleichnistheorie seit Adolf Jülicher, Fragen der exegetischen Erschließung vergleichender Texte, theologische Reflexionen sowie didaktisch-methodische Überlegungen fließen in das Buch ein. Das Buch ist im besten Sinne eine Kombination aus Fach- und Lehrbuch: Erstens, es ermöglicht einen raschen Einstieg in Grundbegrifflichkeiten (Kapitel 1). Zweitens, es bietet einen informativen Überblick über die Geschichte der Gleichnisforschung (Kapitel 2). Drittens, es entwickelt die Gleichnisforschung kreativ weiter (Abschnitt 2.5). Viertens, es führt in die Methodik der Gleichnisauslegung ein und konkretisiert sie an Musterexegesen (Kapitel 3 und 4). Fünftens, es schenkt einen Einblick in den Reichtum der Gleichnis-Theologie (Abschnitt 4.5). Sechstens, es setzt Impulse für eine verantwortbare Gleichnisdidaktik und konkretisiert sie anhand von praktischen Skizzen (Kapitel 5). Eingestreute Definitionen zu einzelnen Begriffen, Grafiken, Tabellen, Textbeispiele zu einzelnen Theorie-Aspekten sowie ein reichhaltiger Service-Teil komplettieren das Angebot dieses UTB-Bandes.

Viele Menschen haben zum Gelingen des Bandes beigetragen: Wichtige Forschungsimpulse verdanke ich dem Dialog mit dem geschätzten Kollegen Ruben Zimmermann. Für Literatur-Recherchen danke ich Simon Dietz. Wertvolle inhaltlich-didaktische Hinweise verdanke ich meinen verehrten Freunde und Kollegen Tim Schramm und Gunther vom Stein. Lisa Katharina Beckmann leistete akribische und vorbildliche Korrekturarbeit. Daniel Schmitz und Thomas Wagner haben mir in Corona-Zeiten selbstlos den Rücken freigehalten. Für die Begleitung auf Verlagsseite danke ich Kristina Dronsch, Valeska Lembke und Gunter Narr, dem langjährigen Wegbegleiter und Verleger meiner wissenschaftlichen Arbeiten. Für alle andere, unschätzbare Unterstützung und nicht selbstverständliche, enorme Rücksichtnahme sage ich meiner Frau Steffi Springer ausdrücklich Dank! Gewidmet ist das Buch dem langjährigen Freund, Weggefährten und Ideengeber Christhard Lück. Et hätt noch immer joot jejange!

 

Kurt Erlemann, Neviges, August 2020

1Einführung

Das vorliegende Buch ist das fünfte in einer Reihe von Gleichnisbüchern des Autors seit 1988. Es dokumentiert die Entwicklung, welche die Gleichnisforschung seit den 1980er Jahren genommen hat, und vollzieht einen weiteren Schritt in der theoretischen Erschließung der biblischen Gleichnistexte. Er erschien notwendig, da durch Beiträge zum Thema der letzten Jahre – allen voran das von Ruben Zimmermann 2007/2008 herausgegebene, zweibändige ‚Gleichniskompendium‘ – viele frühere Erkenntnisse revisionsbedürftig schienen. Dazu gehören eine Reihe von Fachbegriffen, die dank interdisziplinärer Zusammenarbeit neu zu fassen sind, aber auch Überlegungen zu einer Unterteilung der Gleichnisstoffe. Im Folgenden werden die Intention (1.1) und das Konzept des Buches (1.2) vorgestellt, bevor mit Thesen und Begriffsklärungen der Einstieg ins Thema erfolgt (1.3 – 1.5).

1.1Die Intention des Buches

Das Buch ist vom Format her eine Neuauflage des 1999 erschienenen, schon lange vergriffenen UTB-Bandes „Gleichnisauslegung. Ein Lehr- und Arbeitsbuch“ (UTB 2093) und ähnlich konzipiert. Zwischen beiden Büchern liegen freilich über zwanzig Jahre Forschungsarbeit an den Gleichnissen. Ebenfalls bei UTB ist das zusammen mit Irmgard Nickel-Bacon und Anika Loose 2014 erarbeitete Buch „Gleichnisse – Fabeln – Parabeln“ (UTB 4134) erschienen. Der Band zeichnet sich durch den interdisziplinären Zugang (Theologie – Sprachwissenschaft – Religionspädagogik) aus, ist aber in vielen Punkten noch der älteren Gleichnistheorie verpflichtet. 2017 erschien in einer Reihe leicht verständlicher Einführungen ins Neue Testament „Fenster zum Himmel. Gleichnisse im Neuen Testament“, das einige frühere gleichnistheoretische Erkenntnisse korrigiert. Der vorliegende Band versucht auf dieser Grundlage, die seit 1999 eingegangenen Inputs zum Thema zu bündeln und in ein weiterführendes Konzept zu integrieren (→ 2.5).

1.2Das Konzept des Buches

Das Buch bietet, neben einem Überblick über die Gleichnisforschung seit Adolf Jülicher, einen gleichnistheoretischen Neuansatz, eine Einführung in die Auslegungsmethodik, eine Reihe von Musterexegesen, einen Ausblick auf die Theologie der Gleichnisse und didaktische Impulse für verschiedene Schulstufen.

Den Einstieg bilden einführende Thesen zu den wichtigsten gleichnistheoretischen Erkenntnissen des Buches (1.3). Es folgt ein Überblick über die gängigsten vergleichenden Textformen, die auf Grundlage interdisziplinärer Forschung definiert werden (1.4). Die Klärung wichtiger gleichnisspezifischer Termini schließt sich an (1.5). Kapitel 2 bietet die Geschichte der Gleichnisforschung in einem chronologischen Längsschnitt (2.1–2.4). Eine systematische Auswertung sowie Überlegungen zu einer weiterführenden Gleichnistheorie schließen sich an (2.4; 2.5). Kapitel 3 erschließt den exegetischen Weg der Gleichnisauslegung auf Grundlage der historisch-kritischen Methode.1 Kapitel 4 enthält Musterexegesen zu verschiedenen Gleichnistypen (4.1–4.4) sowie einen ausführlichen Blick auf den theologischen Bezugsrahmen der Gleichnisse (4.5). Kapitel 5 geht den Weg von der Exegese zum Untericht und führt in eine integrative Didaktik gleichnishafter Texte ein, orientiert an den Kernlehrplänen für Evangelische Religionslehre des Landes Nordrhein-Westfalen. Abgerundet wird das Buch durch einen Serviceteil mit einem Abkürzungsverzeichnis, einem Glossar inklusive Übersetzung fremdsprachlicher Ausdrücke, einem Schlagwort- und Textstellenregister, einer Übersicht über die neutestamentlichen Gleichnistexte sowie mit einem Literaturverzeichnis.2

1.3Einführende Thesen

Die wichtigsten gleichnistheoretischen Erkenntnisse dieses Buches werden vorab in Form kurzer Thesen vorgestellt und unter → 2.5 zu einem Konzept gebündelt.

These 1: Gleichnisse sind Brücken zwischen Alltagswelt und Gottes Welt

Analogische, vergleichende Sprache verbindet eigentlich getrennte Wirklichkeitsbereiche miteinander und erschließt damit Unbekanntes (Bildempfänger) durch Bekanntes (Bildspender). Was für vergleichende rhetorische Stilfiguren gilt, trifft für narrativ ausgestaltete Gleichnisse im Besonderen zu: Sie öffnen ein ‚Fenster zum Himmel‘ und zeigen, wie Gott ‚tickt‘ – freilich, ohne ihn auf bestimmte Vorstellungen zu fixieren. Gleichnisse zeigen Ähnlichkeiten zwischen Alltagswelt und der Welt Gottes, aber auch die bleibenden Unterschiede auf (→ 2.5.1).

These 2: Gleichnisse können mehr als Metaphern

Der letzte Satz von These 1 trifft nur für narrativ ausgestaltete Gleichnisse zu. Metaphern können lediglich Analogien oder Unterschiede zwischen zwei Wirklichkeitsbereichen aufzeigen, aber nicht beides zugleich. Die Komplexität des Verhältnisses zwischen Alltagswelt und der Welt Gottes lässt sich nur durch eine fiktionale, dynamisch fortlaufende narratio abbilden. Gleichwohl darf die Metapher (→ 1.4.4b, wie auch der Vergleich, → 1.4.4a) als Grundbaustein der Sprache gelten: Ihr Vorzug besteht darin, Vergleichbarkeiten so auf den Punkt zu bringen, wie es nicht-vergleichender Sprache nicht möglich ist (→ 1.5.12; 2.5.2b).

These 3: Gleichnisse und Metaphern sind auslegbar, aber unersetzbar

Gleichnisse und Metaphern sind auf Deutung hin angelegte Rätselrede. Sie sagen das, worum es geht, ‚durch die Blume‘. Das heißt, ihr eigentlicher Sinn erschließt sich nur durch Deutung. Der Deutungsrahmen ist durch einen gemeinsamen Verstehenshorizont von Autor und Adressaten vorgegeben. Gleichnisse und Metaphern haben einen bleibenden Sinnüberschuss, der im vorgegebenen Rahmen immer wieder neue Deutungen ermöglicht. Das heißt: Gleichnisse und Metaphern sind nicht durch ‚klare Ansage‘ ersetzbar. Gleichnisse leben zudem von der Dynamik der Erzählung, die ebenfalls unersetzlich ist (→ 1.4.4b; 2.5.5c).

These 4: Gleichnisse sind poetisch, haben aber einen rhetorischen Zweck!

Gleichnisse und Metaphern sind poetisch: Sie lassen die Wirklichkeit neu sehen, öffnen ein ‚Fenster zum Himmel‘, machen die Sphäre Gottes ausschnittweise zugänglich. Das Mittel hierfür ist die Analogie zwischen Bekanntem und Unbekanntem, dargeboten durch eine fiktionale, realistisch wirkende narratio, mit dem Ziel, die Herzen spielerisch zum Umdenken, besser: zum Umfühlen zu bewegen (Umkehr, gr. metánoia: Kurskorrektur im Denken und Fühlen).

Mit diesen Eigenschaften sind Gleichnisse und Metaphern regelmäßig in längere Argumentationen eingebettet und unterstützen diese nach dem Motto: ‚Ein (Sprach-)Bild sagt mehr als tausend Worte‘. Die Poesie ist ein rhetorisches Mittel, um Emotionen und Herzen zu bewegen. Rhetorik ohne Poesie wäre einseitig kognitiv und würde Gottes Herrschaft nicht gerecht, die ganz wesentlich von empathischer, gütiger, barmherziger Zuwendung und Liebe lebt (→ 2.5.3b).1

These 5: Die Gleichnisbotschaft Jesu bietet esoterisches Sonderwissen!

Die so genannte synoptische Parabeltheorie Mk 4,10-13parr., die Deutung des Gleichnisses vom Sämann (Mk 4,14-20parr.) und die Notiz Mk 4,33f. belegen, dass Jesu Lehre esoterisch angelegt ist: Ihre eigentliche Zielgruppe sind ‚Insider‘; die Gleichnisdeutung ist exklusiv an die Jünger gerichtet.2 Jesus, der Esoteriker, der seinen Jüngern Sonderlehren vermittelt: Diese Vorstellung sperrt sich gegen das liberal-theologische, von Jülicher übernommene Bild von Jesus als ‚Vorzeige-Pädagogen‘, der seine Lehre in unübertrefflicher Klarheit den Menschen vortrug.3

Theologisch erklärt die esoterische Gleichnisdeutung der Synoptiker, weshalb Jesus bei vielen Menschen nicht auf offene Ohren stieß: weil die Erkenntnis der Gottesherrschaft eine Offenheit und eine Lernbereitschaft voraussetzt, die viele Menschen aufgrund von (göttlich verhängter, zeitweiliger) Verstockung nicht mitbringen. Selbst die Jüngerinnen und Jünger stehen ständig in der Gefahr des Nichtverstehens (vgl. Mk 4,13.40; 6,52 u. ö.). – Auf der leserbezogenen Ebene sind die Gleichnisse eine Einladung, zu ‚Insidern‘ zu werden. Das heißt, sie sind werbend-missionarisch ausgerichtet. ‚Geheimwissen weckt Neugier‘ – so lässt sich der pädagogische Sinn esoterischer Unterweisung umschreiben. Die Gegner Jesu und die kleingläubigen Jünger fungieren hier als Negativ-Vorbilder (→ 2.5.3b).

These 6: Die Gleichnisse Jesu sind eschatologische Gerichtsrede, kein ‚Sprachereignis‘!

Mk 4,10-13parr. läuft auf die Unterscheidung von Insidern und Außenstehenden hinaus (V.11). Die Jünger kennen das Geheimnis der Herrschaft Gottes (gr. basileía tou theoú); die anderen entdecken es nicht einmal durch gleichnishafte Rede, denn sie sind verstockt (V.12). Die Gleichnisse sind das Mittel der Wahl, um das Gericht an den Verstockten voranzutreiben.4 Die Reaktion auf das Winzergleichnis Mk 12,1-12parr. bestätigt die eschatologisch-kritische Funktion der Gleichnisse: Die angesprochenen Gegner Jesu lassen sich nicht belehren, im Gegenteil. – In der polarisierenden Wirkung der Gleichnisse und des sonstigen Wirkens Jesu vollzieht sich der endzeitliche Gerichtsprozess gewissermaßen in erster Instanz. Die zweite Instanz, das Weltgericht nach der Parusie Christi, macht das Urteil der ersten Instanz offenbar.5 – Allerdings ist ein Gleichnis kein performatives Sprachereignis, das die basileía Gottes allein durch den Erzählvorgang Wirklichkeit werden ließe. Erzählvorgang und Realisierung sind streng zu unterscheiden. Die Realisierung des Endgerichts oder der Gottesherrschaft gehört allenfalls zu den Wirkungen der Gleichnisse (→ 2.2.3d; 2.2.4; 2.5.4).

These 7: Nicht nur die Gleichnisse sind ‚Urgestein‘ der Jesusüberlieferung!

Seit Jülicher gelten Gleichnisse als ‚Urgestein‘ der Jesusüberlieferung. Das suggeriert, man hätte mittels der Gleichnisse einen direkten und zuverlässigen Zugang zum historischen Jesus. Gleichnisforschung war dementsprechend lange Zeit eine Funktion der Jesusforschung.6 Dagegen ist zu halten, dass die Gleichnisse genau wie andere Jesusstoffe bis zur Verschriftlichung erheblichen Transformationen ausgesetzt waren (Rekontextualisierung, Allegorisierung, redaktionelle Angleichungen). Logien, Wundererzählungen, Passionsbericht etc. sind nicht mehr und nicht minder ‚Urgestein‘ der Jesusüberlieferung. – Außerdem ist die Rekonstruktion der Gleichnisse in ihrer mündlichen Urgestalt (ipsissima vox Jesu) exegetisch und hermeneutisch fragwürdig. Das Postulat eines Gleichnis-Idealtyps im Sinne Jülichers und das dabei leitende Jesusbild sind hypothetisch und subjektiv eingefärbt. Der Ansatz des vorliegenden Entwurfs lautet daher: Die schriftlich fixierten Gleichnisse sind hermeneutisch authentische Modelle der Aktualisierung der Gleichnisbotschaft Jesu. In Konsequenz werden die Gleichnisse redaktionskritisch, das heißt als Teil eines antiken Kommunikationsgeschehens zwischen dem Evangelisten und seiner Zielgruppe, betrachtet (→ 2.1.1; 2.2.2; 2.2.6b; 2.5.5b).

These 8: Ohne den Prozess der Allegorisierung wären die Gleichnisse unverständlich!

Der Vorgang der Allegorisierung, das heißt der nachträglichen Anreicherung eines Textes mit (zusätzlichen, veränderten) Transfersignalen, ist positiv zu werten. Er führt zur Aktualisierung des Gleichnistextes in einer veränderten hermeneutischen Situation und ermöglicht es, den ursprünglichen, möglicherweise unverständlich gewordenen Text späteren Adressaten zugänglich zu machen.7

Allegorisierung geschieht etwa durch Einfügung von Extravaganzen und zeitgeschichtlichen Anspielungen. Das Motiv der Zerstörung der Stadt im Hochzeitsgleichnis Mt 22,1-14 (V.7) ist eine Anspielung auf die Zerstörung Jerusalems (70 n.Chr). Die Vertauschung der Ereignisfolge im Winzergleichnis (Mk 12: erst Tötung, dann Hinauswurf aus dem Weinberg; umgekehrt Mt 21par. Lk 20) spiegelt den historischen Vorgang der Tötung Jesu außerhalb der Stadt wider (→ 2.2.5b; 2.5.5b).

These 9: Alle Gleichnisse sind Allegorien!

Das gilt erst einmal etymologisch (gr. állo légein – etwas anderes sagen, als man meint). Gleichnisse denken ‚um die Ecke‘ bzw. vermitteln ihre Botschaft ‚durch die Blume‘. Die antike Rhetorik nennt das ‚uneigentliche‘ Rede.8 Als Allegorien im wörtlichen Sinne sind Gleichnisse rätselhaft und auf Deutung hin angelegt. Das zeigen schon die synoptische Parabeltheorie Mk 4,10-13parr. und die erste, gleichsam programmatische Deutung eines Gleichnisses im Markusevangelium, Mk 4,14-20 (vgl. Mt 13,36-43!). – Von der etymologischen Bedeutung von Allegorie ist Allegorie als Gattungsbegriff zu unterscheiden (→ 1.4.3; 2.2.5b; 2.5.2a).

These 10: Gleichnis und Allegorie unterscheiden sich in ihrer Zwecksetzung!

Transfersignale weisen auf einen externen Referenzrahmen (Deutungsebene) des Erzählten hin und machen das Gleichnis somit als Gleichnis kenntlich. Zu unterscheiden sind Signale, die den Textsinn klären, ihn lediglich andeuten oder ihn sogar verschleiern (→ 1.5.9). Die These lautet: Das Verhältnis zwischen Gleichnis und Allegorie entspricht dem Mischungsverhältnis von klärenden, andeutenden und verschleiernden Textsignalen. Für den werbend-missionarischen Charakter von Gleichnissen ist ein ausgewogener Mix aller Textsignal-Sorten Voraussetzung. Der Unterschied zwischen Gleichnis und Allegorie ist, so gesehen, textpragmatischer, nicht formkritischer Art. Die Allegorie ist als Extremfall gleichnishafter Rede anzusehen, in dem verschleiernde Transfersignale (kühne Metaphern, Chiffren, Surrealistik) dominieren, klärende und andeutende dagegen weitgehend fehlen. Das verleiht den Texten einen hermetischen Charakter; Allegorien sind hermetische Gleichnisse. Biblische Allegorien finden sich bevorzugt in subversiv-apokalyptischer Literatur (Daniel, Johannesoffenbarung). Sie sind nur für Insider verständlich, die den (im Text nicht genannten) Verstehenscode kennen und damit die Geheimsprache der Allegorie dechiffrieren können. Die Dechiffrierung (Allegorese) geschieht im Reißverschluss-Verfahren (→ 2.1.3g; 2.5.5d).

These 11: Das Auslegungsverfahren der Allegorese ist kein Tabu!

Der Blick auf die synoptische Parabeltheorie und die programmatischen Gleichnisdeutungen in Mk 4parr. zeigte noch ein Weiteres: Allegorese als Auslegungsverfahren ist nicht per se tabu! Die Evangelisten führen exakt das vor, was in historisch-kritischer Exegese seit Jülicher verpönt ist: Allegorese als legitimes Auslegungsverfahren. Dabei werden die einzelnen Bildelemente des Gleichnisses, selbst rein dekorative wie Weg, Fels und Dornen, vorbehaltlos ausgedeutet. Allegorese gibt es auch in anderen neutestamentlichen Texten, vgl. Gal 4,21-31.

Für den historisch-kritischen Zugang folgt daraus die Forderung nach einer Enttabuisierung des Allegorese-Verfahrens für solche Texte, die mangels klärender Transfersignale wie Einleitung oder Anwendung einen hermetischen Zug aufweisen. Hierzu gehört etwa das Sämann-Gleichnis Mk 4,3-9parr. Erst recht ist Allegorese bei Allegorien in intravisionären Texten angebracht (→ 2.5.2a; zur Allegorese → 2.2.5b). Bei vielen anderen Gleichnissen sind allerdings nach wie vor Pointenermittlung und die Decodierung der Metaphorik leitend (→ 2.5.5d; 3.1 – 3.4).9

These 12: Es lassen sich Gleichnistypen unterscheiden – allerdings nicht formkritisch, sondern textpragmatisch!

Eine formkritische Unterscheidung von Gleichnistypen, wie sie die ältere Gleichnisforschung versucht hatte, ist heute nicht mehr konsensfähig – zu viele Mischformen sind erkennbar; zu willkürlich, nicht abgedeckt durch die antike Formenlehre, erscheinen die Unterscheidungskriterien. Dem programmatischen Verdikt Ruben Zimmermanns „Parabeln – sonst nichts!“10 hält der vorliegende Entwurf eine textpragmatisch begründete Einteilung der Gleichnisstoffe entgegen. Die These lautet, dass bestimmte Fragestellungen und Themen mithilfe passender Bildfelder und Erzählstrategien bearbeitet und gelöst werden. Insgesamt vier textpragmatische Modelle und damit vier Gleichnistypen lassen sich voneinander unterscheiden: Natur-, Weisheits-, Alltags- und Identitätsgleichnisse. Die Unterscheidung hat eine heuristische Funktion, das heißt, sie dient lediglich der Orientierung bei der Erschließung vergleichender Texte (→ 2.5.7).

These 13: Die Rede von der ‚Sache‘ ist unsachgemäß und daher aufzugeben!

Seit Jülicher gilt Gottes basileía als Passepartout zur Deutung der Gleichnisse. Abgesehen davon, dass Gottes Reich bzw. Herrschaft längst nicht bei allen Gleichnissen als Bezugspunkt genannt wird, ist das, worum es im Gleichnis eigentlich geht, erheblich komplexer, als es der Begriff ‚Sache‘ einzufangen vermag: Die Deutungsebene beinhaltet ein komplexes Bündel religiöser Erfahrungen und theologischer Erkenntnisse vom Gottesbild über die Christologie und die Ekklesiologie bis hin zur Ethik und Eschatologie. Kurz: Die Gleichnisse Jesu unterziehen alle Themenbereiche theologischen Nachdenkens einer Revision; nichts ist mehr so, wie es sich vorher dargestellt hat. Die Welt, die Zeit, der Alltag usw. erhalten durch die Ansage der Nähe Gottes und seiner heilvollen Wirklichkeit etwas Vorläufiges, Relatives und neu zu Durchdenkendes. Der nahe Gott wirbelt alles durcheinander – das Denken, das Fühlen, das Handeln – und stellt menschliche Wertmaßstäbe in Frage. Angesichts der ungeheuren Dynamik und des provokativen Potenzials der Gleichnisbotschaft erscheint der Begriff ‚Sache‘ unsachgemäß. Besser ist von einem theologischen Bezugsrahmen zu sprechen, innerhalb dessen viele theologische Aspekte angesprochen werden (→ 1.5.10; 2.5.6).

These 14: Gleichnisse führen zurück zu den basics eines gelingenden Lebens

Gleichnisse eröffnen vom Standpunkt der Nähe Gottes aus einen neuen Blick auf den Alltag. Vieles, was bislang unmöglich schien, erscheint auf einmal möglich. Vieles, was gesellschaftliche Akzeptanz besaß, erscheint dagegen deplatziert. Entlarvt werden faule Kompromisse, Klischees, fragwürdige Verhaltensmuster und unheilvolle Moral. Prioritäten und Werteskalen werden auf den Kopf gestellt. Die gemeinsame Fluchtlinie all dieser Irritationen lautet: Gott ist nah; er kommt, um die Menschen zu einem Leben in Fülle zu befreien. Alles, was dies behindert, hat keinen Raum mehr! Der Alltag ist damit bedeutunglos geworden (→ 2.5.7).

These 15: Jülicher hat vieles richtig gesehen!

Adolf Jülicher wurde in den letzten hundert Jahren von unterschiedlichen Seiten der Gleichnistheorie kritisiert und demontiert. Es stellt sich bei näherem Hinsehen jedoch heraus, dass viele seiner Erkenntnisse in die richtige Richtung gingen:

 

1. Jülichers Überzeugung vom rhetorischen Zweck der Gleichnisse hat in den letzten Jahrzehnten wieder viel Zustimmung erfahren (vgl. These 4).

2. Schon Jülicher erkannte die poetische Seite der Gleichnisse, auch wenn er sie nicht gleichnistheoretisch fruchtbar machte (vgl. These 4).11

3. Der Vorgang der Allegorisierung lässt sich exegetisch nachvollziehen, auch wenn er heute anders bewertet wird (vgl. These 8).

4. Allegorie und Gleichnis stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander, auch wenn dies heute anders bestimmt wird (vgl. Thesen 9 und 10).

5. Das Verständnis der Allegorie als einer verschleiernden Redeweise und Jülichers anti-allegorischer Affekt sind im Kern richtig. Bei einigen Gleichnistexten ist freilich Allegorese geboten und durch Mk 4parr. auch legitimiert (vgl. These 11).

6. Die Einteilung in Gleichnistypen ist nach wie vor ein Desiderat (vgl. These 12).

7. Die Annahme einer ‚Sache‘ der Gleichnisse wird auch heute weithin vertreten, auch wenn der Begriff nicht mehr sachgemäß scheint (vgl. These 13).

8. Die antike Rhetorik ist und bleibt für die Theoriebildung ein Fixpunkt.

9. Am Kontextbezug der Gleichnisse wird noch immer mehrheitlich festgehalten.

10. Auch an der Bedeutung der Pointe (bei Jülicher: tertium comparationis) für die Gleichnisauslegung wird festgehalten.

 

Manche Überzeugungen sind freilich überholt: die Bewertung von Metapher und Allegorie, der Erzählform, des ‚Idealtyps‘, der Allegorisierung, der esoterischen Tendenz, rabbinischer Vergleichstexte oder der Gleichnis-‘Sache‘. Die Entwicklungen sind veränderten Fragestellungen und neueren methodischen Zugängen geschuldet; sie schmälern aber das Vermächtnis Jülichers in keiner Weise (→ 2.1.4).

1.4Vergleichende Textformen1

Rund um die Gleichnisforschung sind einige Fachbegriffe vorab zu klären. Mehr als hundert Jahre verzweigter Forschungsgeschichte über verschiedene Fachdisziplinen hinweg führten zu uneinheitlichen Begriffsdefinitionen, so etwa die vergleichenden Textformen selbst und Jülichers formkritisch motivierte Bestimmung von Gleichnistypen.2 Andere Begriffe, wie Bildhälfte, Sachhälfte, ‚Sache‘, Sachebene, Bildwort und Gleichnisdiskurs, sind kritisch zu prüfen (→ 1.5; 2.1.3).

1.4.1Parabel / Gleichnis / Parömie

Der Begriff Parabel (gr. parabolḗ) ist vom griechischen Verb parabállein abgeleitet, was daneben stellen, vergleichen meint. Verglichen werden in der Parabel zwei ursprünglich unabhängige Größen oder Wirklichkeitsbereiche, die durch bestimmte Merkmale vergleichbar erscheinen (z. B. menschliche Alltagswirklichkeit und Wirklichkeit Gottes in den Reich-Gottes-Gleichnissen).

Parabel ist im Neuen Testament der gängigste Terminus für bildhaft-vergleichende, fiktionale Rede. Sie kann morphologisch äußerst unterschiedlich ausfallen; die Palette reicht von klassischen Gleichnissen über Rätselworte und Weisheitssprüche bis hin zu Vergleich und Denkspruch. So betrachtet, ist parabolḗ ein umfassender, dem biblischen Sprachgebrauch adäquater Sammelbegriff. Ihm entspricht im Deutschen der Sammelbegriff Gleichnis, wie er auch in diesem Buch Verwendung findet. Von Jülicher werden die Begriffe Parabel und Gleichnis nicht als Sammelbezeichnung verwendet; er differenziert vielmehr zwischen Gleichnis, Parabel und anderen Gleichnistypen (→ 2.1.3; 2.5.1).

Definition: Parabel / Gleichnis ist ein Sammelbegriff für bildhaft-vergleichende, fiktionale Texte aller Art (Rätselwort, Sprichwort, Vergleich, Gleichnis u. a.).1

Parömie (gr. paroimía) ist das johanneische Pendant zu parabolḗ und bedeutet Rätselrede, Sprichwort (Joh 10,6; 16,25.29). Der Begriff impliziert die Deutungsbedürftigkeit der Rede. Der Gegenbegriff lautet parrhesía (offener, mutiger ‚Klartext‘, Joh 16,29). In diesem Band gelten die Parömien nicht als eigenständige Textform; sie werden den Identitätsgleichnissen zugeordnet (→ 2.1.3e; 2.5.7).

Definition: Parömie ist der johanneische Ausdruck für Gleichnis. Der Begriff charakterisiert die gleichnishafte Rede Jesu als deutungsbedürftige Rätselrede.

1.4.2Fabel / Mythos / Deklamation

Mit dem Gleichnis teilt die Fabel Kürze, Fiktionalität, Anschaulichkeit, analogischen Charakter, erzählerische Geschlossenheit und das Lernziel der Plausibilisierung umstrittener Inhalte.1 Der grundlegende Unterschied ist die fehlende Realistik insbesondere der Tierfabel, was sie in die Nähe anderer surrealer Textsorten, wie Traum und Allegorie, rückt (→ 2.5.7c). Jülicher definiert die Fabel als

die Redefigur, in welcher die Wirkung eines Satzes (Gedankens) gesichert werden soll durch Nebenstellung einer auf anderm Gebiet ablaufenden, ihrer Wirkung gewissen erdichteten Geschichte, deren Gedankengerippe dem jenes Satzes ähnlich ist. [Das heißt für ihn:] Die Mehrzahl der parabolaí Jesu, die erzählende Form tragen, sind Fabeln wie die des Stesichoros und des Aesop.2

Während Gleichnisse eine religiöse Dimension haben, fehlt diese bei den Fabeln.

Definition: Eine Fabel ist eine fiktionale, bildhaft-vergleichende, bisweilen surreale Kurzgeschichte, die eine allgemeine, oft moralische Lebensweisheit vermittelt.

Ebenfalls im Bereich des Surrealen bewegt sich der Mythos.3 Der Duden definiert den Mythos als

Sage und Dichtung von Göttern, Helden und Geistern [der Urzeit] eines Volkes [bzw. eine] legendär gewordene Gestalt od. Begebenheit, der man große Verehrung entgegenbringt.4

Surreal wirken Mythen, da sie etwa Naturmächte personifizieren und Götter in Menschengestalt wunderbare Dinge tun lassen. Seit der Neuzeit werden auch biblische Wundergeschichten als Mythen gedeutet. – Mythen teilen mit Gleichnissen Fiktionalität, erzählerische Geschlossenheit und das Lernziel, eine bestimmte Wirklichkeitssicht plausibel zu machen. In dieser Wirklichkeitssicht spielen Götter eine gewichtige Rolle. Gleichwohl fallen Mythen, wie auch die Fabeln, wegen ihrer Surrealistik und anderer Merkmale aus der weiteren Betrachtung heraus.

Definition: Ein Mythos zeigt mittels einer vorgeschichtlichen, legendenhaften Erzählung über Götter und Menschen den Ursprung der geltenden Weltordnung auf.

Die Deklamation ist die formkritisch und textpragmatisch nächste Analogie narrativ ausgestalteter (Alltags-)Gleichnisse.5Declamationes (lat.) sind antike, fiktionale Fallbeispiele für angehende Anwälte und sollen deren Argumentations- und Urteilsfähigkeit verbessern. Die Deklamation ist Teil eines Plädoyers vor Gericht und läuft auf einen im Sinne des Autors gelenkten, paradigmatischen Rechtsentscheid hinaus.6 Damit die Strategie gelingt, werden rhetorische Stilmittel zur Hörerlenkung eingesetzt, die denen narrativ ausgestalteter Gleichnisse ähneln. Hierzu gehören die Plausibilität des Geschilderten, perspektivische Darstellung zur Schaffung von Sympathie, suggestive Fragen, Emotionalität usw.7 Für die Nähe zu Deklamationen sprechen auch die juristischen Bildfelder in vielen Gleichnissen. – Paradigmatische Rechtsentscheide sind schon im Alten Testament eine beliebte Form, ein göttliches Rechtsurteil plausibel zu machen (vgl. 2 Sam 12; Jes 5,1-7). Deklamationen sind demnach nicht zwingend Prätexte für die neutestamentlichen Gleichnisse, sie unterstreichen aber deren rhetorischen Kontext.

Definition: Eine Deklamation ist ein fiktional-vergleichendes Fallbeispiel, das Rhetoren und Anwälten hilft, ihre Argumentationsfähigkeit, etwa für Plädoyers, zu steigern. Der textpragmatische Zuschnitt ist dem von Gleichnissen ähnlich.

1.4.3Allegorie

Laut den römischen Rhetoren Cicero (106-43 v. Chr.) und Quintilian (35-100 n. Chr.) ist die Allegorie eine fortgeführte Metapher, die auf der Ähnlichkeit zwischen dem, was gesagt wird, und dem, was gemeint ist, aufbaut.1 Dieses Verständnis wurde von Jülicher aufgegriffen.2 Die Definition von Allegorie wurde im Verlauf der Gleichnisforschung revidiert. Der Jülichersche Gegensatz von Gleichnis und Allegorie als ‚eigentlicher‘ bzw. ‚uneigentlicher‘ Rede wird heutzutage, unter Hinweis auf viele Mischformen sowie aufgrund der Neubestimmung der Metapher und einer präzisierten Begrifflichkeit, weithin abgelehnt (→ 2.2.1; 2.2.5).

Im vorliegenden Entwurf bezeichnet Allegorie erstens ein literarisches und nicht-literarisches Stilmittel. Allegorische Stilelemente begegnen in allen möglichen Textsorten, z.B in Romanliteratur und Lyrik, selbst in der Malerei oder in der Musik, sofern das eigentlich Gemeinte jenseits des wörtlichen Sinns bzw. des optischen oder akustischen Ersteindrucks zu suchen ist. – Zweitens gilt Allegorie nach wie vor als literarischer Gattungsbegriff. Charakteristisch sind die Dominanz verschleiernder Transfersignale (→ 1.5.9), erzählerische Surrealistik und Inkonzinnität. Allegorien sind nicht werbend-missionarisch, sondern subversiv-hermetisch ausgerichtet;3 das ist der einzige Gegensatz zu den Gleichnissen (→ 2.5.2a).

Definition: Die Allegorie ist ein literarisches oder nicht-literarisches Artefakt, das etwas anderes sagt, als es meint. Charakteristisch ist die systematische Verhüllung des Gemeinten durch Codierung und Chiffrierung. Allegorien sind tendenziell subversiv-hermetisch angelegt und richten sich exklusiv an eingeweihte Insider-Kreise.

1.4.4Rhetorische Stilformen

Neben narrativ ausgestalteten Gleichnissen werden eine Reihe vergleichender, rhetorischer Stilformen, die den Umfang eines Satzes in der Regel nicht überschreiten, vorgestellt. Zu erkennen sind diese figurativen Stilelemente anhand des Ko- bzw. Kontextes, der ein wörtliches Verständnis nahelegt oder verhindert.1

a)Vergleich

1.Semantik

Literaturwissenschaftlich betrachtet, ist ein Vergleich eine „[s]prachliche, meist syntaktisch explizite Verknüp­fung zweier mindest in einem Punkt ähnlicher Vorstellungen aus getrennten Sphären“, die durch eine Vergleichspartikel (‚wie‘, ‚als‘, ‚denn‘) bzw. durch Verben des Scheinens und Gleichens miteinander in Verbindung gebracht werden.1 Die Relation wie – so ist für Vergleiche typisch; sie kann aber auch fehlen. Ein Vergleich verbindet demnach zwei Wirklichkeitsbereiche und benennt dabei ausdrücklich den Vergleichspunkt zwischen beiden Bereichen.

Beispiele: Paul ist schlau wie ein Fuchs (Vergleichspunkt: schlau), Maria ist fleißig wie eine Biene (Vergleichspunkt: fleißig). Biblische Beispiele: Mt 13,43 (‚Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne‘), Mt 24,27 (‚Denn wie der Blitz ausgeht vom Osten und leuchtet bis zum Westen, so wird auch das Kommen des Menschensohns sein‘) und Jak 2,26 (‚Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot‘).

Voraussetzung für die Plausibilität des Vergleichs ist, dass Füchse sprichwörtlich schlau und Bienen fleißig sind bzw. dass diese Attribute sowohl vom Autor als auch den Adressaten des Vergleichs zuerkannt werden. – Ein Vergleich kann auch in Form einer Aufforderung stehen. In diesem Falle liegt eine vergleichende Mahnung vor.

Beispiel: Mt 10,16 (‚Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben‘).

Die sprichwörtliche Klugheit der Schlangen und die Ehrlichkeit der Tauben sind die Grundlage des Vergleichs und seiner Wirkung.

2.Intendierte Wirkung

Der Vergleich macht zum einen den Charakter bestimmter Personen wie Paul und Maria anschaulich (illustrierende Funktion), zum anderen verändert er die Sicht auf die beiden Wirklichkeitsbereiche: Sie haben mehr miteinander zu tun, als man denkt; wer Paul sieht, assoziiert zukünftig einen (schlauen) Fuchs, wer Maria sieht, assoziiert zukünftig eine (fleißige) Biene, wer Christinnen und Christen sieht, darf besondere Klugheit und Ehrlichkeit, wie man sie sprichwörtlich im Tierreich vorfindet, erwarten (poietische Funktion). Ob die intendierte Wirkung erreicht wird, hängt an der unmittelbaren Evidenz des Vergleichs – weniger im Sinne rationaler Beweisbarkeit (Bienen sind ‚fleißig‘, Schlangen sind ‚klug‘!), sondern im Sinne spontaner, affektiver Zustimmung. Das heißt, Vergleiche zielen nicht nur auf den Verstand, sondern auch auf das Herz.

3.Funktion

Die emotive Komponente macht vergleichende Sprache zu einem beliebten Argumentationsmittel. Biblische Vergleiche und andere bildhafte Textsorten finden sich daher regelmäßig im Kontext längerer Argumentation und unterstützen diese.

Beispiel: Der Vergleich Mt 10,16 motiviert Jesu Anweisungen für die Missionsarbeit (Mt 10,5-26) und zielt auf Emotionen (Angst, Sicherheitsbedürfnis).

4.Abgrenzung

Der Vergleich benennt ausdrücklich den Vergleichspunkt und muss daher nicht gedeutet werden – er ist eindeutig. Das ist der Unterschied zur Metapher. Im Unterschied zum ausgeführten Gleichnis überschreitet der Vergleich die Satzgrenze nicht und entwickelt auch keine Dramaturgie. Anders als beim Exemplum werden keine konkreten Größen aus der Natur oder der Historie zitiert.

Definition: Ein Vergleich verknüpft zwei unterschiedliche Wirklichkeitsbereiche im Hinblick auf einen klar definierten, einleuchtenden Vergleichspunkt, um etwas Unanschauliches bildhaft anschaulich zu machen.

b)Metapher

Die Metapher ist eine „herausragende Form der nicht-wörtlichen und übertragenen Rede.“1 Sie unterscheidet sich vom Vergleich durch ihren Deutungsbedarf. Dieser kommt dadurch zustande, dass der Vergleichspunkt verschwiegen wird. So bleibt offen, worauf die Aussage ‚Paul ist (wie) ein Fuchs‘, ‚Maria ist (wie) eine Biene‘ oder ‚Achill ist (k)ein Löwe‘ hinausläuft.2 Die Metapher ist nicht eindeutig; daher bleibt es der Interpretation der Hörer- bzw. Leserschaft überlassen, den oder die Vergleichspunkte zu entdecken.

1.Etymologie und Funktion

Der Begriff Metapher bedeutet etymologisch eine Übertragung (gr. metaphorá) bestimmter Merkmale eines Wirklichkeitsbereiches auf einen anderen.1 Literaturwissenschaftlich gesprochen, werden bei der Metapher Bedeutungsanteile von einem Bildspender auf einen Bildempfänger übertragen.2

Beispiel: Bei der Metapher ‚Achill ist ein Löwe‘ ist die Tierwelt der Bildspender und die Menschenwelt der Bildempfänger.

Die beiden ursprünglich unabhängigen Wirklichkeitsbereiche werden durch die Metapher (wie durch den Vergleich) zusammengebracht und in ihrer punktuellen Vergleichbarkeit bzw. Unvergleichbarkeit transparent. Hierdurch wird eine neue Sicht auf beide Bereiche ermöglicht: Es werden neue Sinnbezüge geschaffen, Erfahrungen gebündelt, die Alltagswirklichkeit neu gedeutet und Emotionen wachgerufen (po[i]etische Funktion). Damit leisten Metaphern einen wichtigen Beitrag zur Erschließung von Wirklichkeit: Neues, Unbekanntes wird durch Analogieschluss mit Bekanntem greifbar oder in seiner Differenz verstehbar. Diese Entdeckung führte in den 1960er Jahren zu einer Neubewertung der Metapher (→ 2.2.3b). Die Entdeckung der po(i)etischen Funktion der Metapher ergänzt die frühere Ansicht, Metaphern dienten lediglich der Illustration eines unanschaulichen Sachverhalts oder Geschehens. Wäre dem so, wäre die Metapher durch klares Benennen des Vergleichspunkts übersetzbar und ersetzbar:

Beispiel: ‚Achill ist ein Löwe‘ wäre dann etwa durch die Auskunft ‚Achill ist sehr stark‘ zu ersetzen – die ‚uneigentliche‘ Rede (Achill ist ja kein Löwe!) durch eine ‚eigentliche‘ Rede (Achill ist sehr stark).3

Die po(i)etische Funktion und die grundsätzliche Mehrdeutigkeit (Polyvalenz, bleibender Sinnüberschuss) lassen die Metapher indes unersetzbar erscheinen.

Metaphern zielen, gerade weil sie unübersetzbar sind, auf die Erfahrung, sie wollen in der Praxis des Lebens angewendet werden.4

Metaphorische Mahnreden wie Lk 10,2 (‚bittet den Herrn der Ernte‘) oder Mt 8,22 (‚lasst die Toten ihre Toten begraben‘) bestätigen die Aussage von Hans Weder.

2.Semantik und Morphologie

Die Metapher ist eine semantische, keine lexikalische Sprachform; sie ist nicht ein einzelnes Wort, sondern ein Begriff, der in Spannung zu einem anderen Begriff innerhalb eines Satzes steht.1 Die Spannung lässt sich auch als Konterdetermination (→ 1.5.7) zwischen Begriff und Kontext begreifen. Durch diese Spannung eröffnet sich „in unserem Sprachbewußtsein ein Bildfeld als virtuelles Gebilde“2, das gewisse Deutungsspielräume vorgibt.

Metaphern sind äußerst pluriform. Über die gemeinsame, als Satzphänomen und Konterdetermination gekennzeichnete Gemeinsamkeit gibt es für die Formulierung von Metaphern nahezu keine semantischen Grenzen.

Beispiele: ‚Achill ist (k)ein Löwe‘ ist als Aussagesatz ebenso metaphorisch wie die Komposita Luftschiff, Drahtesel, Redefluss, Elbflorenz oder die Alltagsmetapher Wasserhahn. Metaphern können auch in Genitivverbindungen stehen (vgl. ‚Mauer des Schweigens‘, ‚am Ende der Schlange‘, ‚Himmel voller Geigen‘ oder biblisch ‚Frucht der Buße‘ [Mt 3,8]). – In metaphorischer Spannung können in einem Satz auch Substantiv und Attribut (vgl. ‚wässrige Herbstluft‘, ‚bleierne Schwüle‘), Substantiv und Prädikat (vgl. ‚der Himmel weint‘, ‚die Sonne lacht‘ oder biblisch ‚wir rühmen uns der Bedrängnisse‘ [Röm 5,3]) oder Subjekt und Prädikativum (vgl. johanneische Ich-bin-Worte) stehen.3Poetische Neubildungen wie ‚Seelenlandschaft‘, ‚blaues Klavier‘4 oder ‚der Himmel fließt in steinernen Kanälen‘5 erweitern das Spektrum enorm. Metaphorische Mahnreden nutzen das Potenzial der Metaphern, um Aufforderungen emotional zu intensivieren (biblische Beispiele: Mt 8,22; Lk 10,2).

3.Lexikalisierung und Wirkung

Aus ursprünglich kühnen Metaphern werden mit der Zeit usuelle, geprägte, konventionalisierte bzw. lexikalisierte Metaphern.1 Eine neu in die Sprache eingeführte Metapher und damit eine neu entdeckte Analogie zwischen zwei Wirklichkeitsbereichen wirkt fremd, überraschend, aufrüttelnd, kühn und sorgt für einen deutlichen Zugewinn an Wirklichkeitserfahrung.

Ein Beispiel ist die paulinische Redeweise ‚ich rühme mich der Trübsale‘ und Ähnliches (Röm 5,3; 2 Kor 11,30; Gal 6,14; vgl. Jak 1,10). Dass sich jemand negativ konnotierter Sachzusammenhänge ‚rühmt‘, erscheint fremd, verdeutlicht aber den sachlogischen Zusammenhang zwischen Evangelium und Kreuzestheologie.

Neben der Bibel produziert insbesondere die Lyrik immer wieder kühne Metaphern. Auch hier ist die Unersetzbarkeit metaphorischer Redeweise offenkundig. Bei häufiger, langfristiger Verwendung verlieren Metaphern freilich das Moment von Überraschung und Fremdheit und werden Teil des normalen Sprachgebrauchs. Der metaphorische Charakter wird nicht mehr bewusst wahrgenommen.

Beispiele: Sohn Gottes, Luftschiff, Glühbirne, Zebrastreifen, Drahtesel.

4.Bedeutungsspielraum und Polyvalenz

Metaphern sind grundsätzlich bedeutungsoffen und polyvalent. Das bedeutet, sie können ihre Bedeutung je nach Kontext und Hörer- bzw. Leserschaft wechseln.

Beispiel: Die biblische Metapher ‚Weinberg‘ verweist nicht immer auf das Volk Israel (so expressis verbis im Weinberglied Jes 5,1-7). ‚Weinberg‘ meint in Mt 20,1-16 eher die Welt insgesamt, in Mk 12,1-12 ein besonderes Erwählungsprivileg. Selbst in ein und demselben Text kann ‚Weinberg‘ Unterschiedliches bedeuten; in Mt 20,1-16 lässt sich in ihm, je nach Deutungsrahmen, die Welt, die Gemeinde oder Israel als Missionsgebiet früher Christen sehen. – Ein weiteres Beispiel findet sich unter → 3.3.1.

Für wen der Hausherr, König oder Sämann in neutestamentlichen Gleichnissen steht, ist längst nicht eindeutig.1 Die vom Autor intendierte Bedeutung der Metapher ergibt sich in der Regel durch den Ko- oder Kontext. Hinzu kommen der Verstehens- und Erwartungshorizont der Hörer- bzw. Leserschaft. Mit veränderten Verstehensbedingungen und Leserschaften ändert sich oft die Bedeutung. Metaphern haben im Unterschied zu Vergleichen einen bleibenden Sinnüberschuss, der sie für die Rezeption reizvoll (aber auch schwierig) macht (→ 3.3).

5.Zur Sprachkraft der Metapher

Die Frage der Sprachkraft der Metapher wird kontrovers diskutiert. Können Metaphern lediglich eine neue Sicht auf die (ansonsten unveränderte) Wirklichkeit vermitteln1 oder auch Wirklichkeit konstituieren?2 Hintergrund der Debatte ist die dogmatisch-theologische Frage nach der Qualität die Gleichnisrede Jesu: Ist sie lediglich ein Augenöffner, ein Appell an die Herzen oder ist sie Offenbarungsrede im Sinne eines Sprachereignisses, in dem Gottes Reich nicht nur zur Sprache kommt, sondern zugleich Wirklichkeit wird (→ 1.5.11; 2.2.3a; 2.5.4d)?

6.Abgrenzung

Wie der Vergleich kennt die Metapher keine Dramaturgie, erzählende Elemente fehlen. Der Unterschied zum Vergleich liegt nicht in der fehlenden Vergleichskopula, sondern darin, dass das tertium comparationis unterdrückt wird.1 Im Gegensatz zum Gleichnis weist die metaphorische Mahnrede einen direkten Hörerbezug (Verwendung der 2. und 3. Person) auf; Elemente einer narratio mit ausgeprägter Dramaturgie fehlen. Im Unterschied zur Chiffre wird der Bildempfänger genannt.

Definition: Die Metapher verknüpft bildhaft zwei unterschiedliche Wirklichkeitsbereiche miteinander und ermöglicht so die Erschließung von Unbekanntem durch Bekanntes. Da der Vergleichspunkt unterdrückt wird, ist die Metapher deutungsbedürftig und polyvalent und hat dadurch einen bleibenden Sinnüberschuss.

c)Gnome, Sentenz, Sprichwort

Die drei Begriffe bezeichnen kurze, allgemeiner Weisheit entstammende Lebensregeln. In kurzer, prägnanter und autoritativ erscheinender Formulierung bringen sie Lebensweisheit auf den Punkt. Eine Gnome muss, anders als Sentenz und Sprichwort, kein vollständiger Satz sein. Die Übergänge zwischen den Formen sind freilich fließend; eine eine exakte Abgrenzung der Begriffe ist nicht möglich.

Beispiele für Gnome: ‚Der Starke ist am mächtigsten allein‘ (aus Schillers Wilhem Tell); ‚alles in Maßen‘ bzw. ‚von nichts zu viel‘ (gr. mēdén ágan, Solon von Athen). – Beispiele für Sentenzen: ‚Die Ersten werden die Letzten und die Letzten die Ersten sein‘ (Mt 19,30; 20,16 u. a.); ‚viele sind berufen, wenige aber auserwählt‘ (Mt 22,14); ‚wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden‘ (Lk 14,11). – Beispiele für Sprichwörter: ‚Lügen haben kurze Beine‘; ‚pünktlich wie ein Maurer‘; ‚Hochmut kommt vor dem Fall‘ (Prov 16,18).

Definition: Gnome, Sentenz und Sprichwort bieten Lebensweisheit in prägnanter, konzentrierter Form und bringen so komplexe Zusammenhänge auf den Punkt.

d)Exemplum und exemplarische Mahnung

Etymologisch bedeutet exemplum etwas, das aus einer Menge herausgegriffen ist, ein ‚Muster‘ (von lat. eximere). Dieses Muster steht exemplarisch für ein bestimmtes Genus.1 Das Exemplum ist ein kurzer Text, der ein treffendes Beispiel aus Natur oder Geschichte für das, was gemeint ist, bietet.2 Die dahinter stehende story wird nur angedeutet. Der römische Rhetoriker Quintilian definiert das Exemplum als die „Erwähnung eines zur Überzeugung von dem, worauf es dir ankommt, nützlichen, wirklichen oder angeblich wirklichen Vorgangs“.3 Der im Exemplum geschilderte Vorgang, das beschriebene Verhalten seiner Akteure, ist im positiven oder negativen Sinne vorbildlich, an ihm sollen die Rezipienten lernen.

Beispiele: Davids Zugriff auf die heiligen Schaubrote in Mk 2,25f.; das Exemplum legitimiert das Ährenraufen am Sabbat. – Hebr 11 bietet eine ganze Reihe an Exempla für den geforderten Glauben. Deutlich wird in beiden Fällen die argumentative Funktion der Textform.

Semantisch gemeinsam ist den Exempla, dass sie weder szenische Gliederung noch erzählerische Geschlossenheit aufweisen. Manche Exempla sind imperativisch formuliert und heißen dann exemplarische Mahnrede.4 Worin das Vorbildliche oder Abschreckende im Exemplum besteht, wird ausdrücklich genannt.

Beispiele für exemplarische Mahnrede: Mt 5,39f. (Wange und Meile), Mk 9,41 (Becher Wasser), Lk 12,58f. (Versöhnungsbereitschaft).

Definition: Das Exemplum bietet einen Präzedenzfall aus Natur oder Geschichte, der eine Argumentation beispielhaft, kurz und anschaulich unterstützt.

e)Metonymie

Bei der Metonymie (lat. denominatio) wird ein Ausdruck durch einen anderen ersetzt. Die analogische Verbindung zwischen den Begriffen ist qualitativer Art.1 Das entspricht der etymologischen Wortbedeutung: Der gr. Begriff metonomázein bedeutet umbenennen, einen Namen vertauschen.2 Beide Begriffe gehören – im Unterschied zu Vergleich und Metapher – zum gleichen Wirklichkeitsbereich.3

Beispiele: Ein ‚Waterloo‘ steht nicht nur für die napoleonische, sondern für jegliche vernichtende Niederlage. – ‚Der Gang nach Canossa‘ steht nicht nur für den Bußgang Kaiser Heinrichs IV. im 11. Jahrhundert nach Rom, sondern für jeglichen Bußgang. – Ein ‚Hoover‘ steht im Englischen für jeden Typ Staubsauger.

In der Metonymie wird der ursprüngliche Kontext des Begriffs (Waterloo, Canossa, Hoover) verlassen und auf einen anderen Kontext übertragen.4 Zum Verständnis der Metonymie ist die Kenntnis des ursprünglichen Kontexts hilfreich, aber nicht in jedem Falle zwingend notwendig. Begriffe wie Waterloo und Canossa sind lexikalisiert, ihre Bedeutung ist Teil des allgemeinen Wortschatzes.

Definition: Eine Metonymie ersetzt ein Abstraktum durch ein typisches, anschauliches Beispiel aus demselben Bereich, das sprichwörtlich für das Gemeinte steht.

f)Synekdoche

Etymologisch geht es bei der synekdochḗ (gr.) um ein Mitverstehen: Ich höre einen Begriff und assoziiere das Ganze.1 Die Synekdoche funktioniert nach dem Prinzip pars pro toto (ein Teil steht für das Ganze). Das Ganze wird aus dem Teil erkannt, das Besondere aus dem Allgemeinen.2 Wie bei anderen vergleichenden Tropen wird der fragliche Begriff nicht wörtlich, sondern übertragen verwendet.

Beispiele: Der Ausdruck ‚ein kluger Kopf‘ verweist auf den ganzen, klugen Menschen, ‚vier Pfoten‘ auf Katze oder Hund, ‚die eigenen vier Wände‘ bzw. ‚das Dach über dem Kopf‘ auf das ganze Haus.

Im Unterschied zu Vergleich und Metapher gehören beide Begriffe nach dem relationalen Verhältnis von Teil und Ganzem dem gleichen Wirklichkeitsbereich an; das verbindet die Synekdoche mit der Metonymie.3

Definition: In der Synekdoche repräsentiert ein Einzelteil das gemeinte Ganze.

g)Chiffre

Das Wort Chiffre leitet sich vom arabischen Begriff sifr (leer; Zahlzeichen ohne absoluten Wert‘) ab.1 In der Lyrik ist die Chiffre ein „demonstrativ rätselhafte[s] Sprach- und Stilmittel eines weitgehend esoterischen, meist lyrischen Code-Gebrauchs“.2 Durch Verdichtung und Verkürzung „mit Hilfe mehrdeutiger, unvollständiger so­wie unzusammenhängend erscheinender Worte und Sätze“3 erscheint die Chiffre rätselhaft. Ohne Deutungsschlüssel bleibt die Chiffre unverständlich. Vergleichend ist die Chiffre, weil sie auf „ungegenständliche, sprachlich nicht faßbare Sujets, auf komplexe Sprach- und Lebenserfahrungen“ verweist.4 Im Gegensatz zur Metapher verschweigt die Chiffre den Bildempfänger.

Biblische Chiffren finden sich in apokalyptischen Texten. In ihnen werden bekannte historische Größen (Personen, Institutionen, Entwicklungen) codiert gedeutet. Wer der Bildempfänger ist, weiß lediglich der eingeweihte Adressatenkreis. Semantisch können Chiffren aus lexikalisierten Metaphern hervorgehen. Andere Chiffren sind metaphorisch nicht vorgeprägt. Sie resultieren aus gematrischen Zahlenspielen oder aus apokalyptischen Periodisierungsschemata.

Gleichnisse arbeiten aufgrund ihrer missionarischen Grundtendenz nicht mit Chiffren. Außersprachliche Chiffren heißen Symbole (s.u.).

Beispiele: Lexikalisiert: ‚Das Tier‘ als Chiffre für Satan, Apk 13 u. a.; ‚das Lamm‘ als christologische Chiffre, Apk 5,12; 19,9 u. a. – Nicht vorgeprägt: ‚Hure Babylon‘ als Chiffre für Rom, Apk 14,8; 17,5. – Zahlenspiele: ‚666‘ als Chriffre für Kaiser Nero, Apk 13,18. – Periodisisierung: ‚3½ Zeiten‘ als Chiffre für die letzte satanische Bedrängnisperiode, Dan 7,15; Apk 11 u. a.

Definition: Die Chiffre ist eine abgekürzte Metapher, die ihren Bildempfänger verschweigt und dadurch einen subversiv-hermetischen Charakter erhält. Nur Kenner des Codes (Eingeweihte, Insider) können das Gemeinte dechiffrieren.

h)Symbol

Nach der Definition von Gerhard Sellin ist das Symbol

ein einzelnes Subjekt, das auch nichtsprachlicher Art sein kann (ein Gegenstand, eine Geste oder ein Name), das neben seiner Materialität bzw. seiner wörtlichen Bedeutung eine weitere (höhere bzw. tiefere) Bedeutung transportiert. Das symbolische Subjekt hat also einen Mehrwert an Bedeutung.1

Etymologisch (gr. sýmbolon, lat. symbolum) bedeutet Symbol Merkmal, Kennzeichen bzw. Wahrzeichen.2 Ein Symbol repräsentiert und bündelt durch ein konkretes Ele­ment oder Zeichen einen allgemeinen Sachverhalt bzw. einen abs­trakten Bedeutungs- oder Problemzusammenhang.3 Zwischen dem

besonderen Sachverhalt […] und dessen allgemeinen Sinn [besteht] ein unmittelbar einleuchtendes, ontologisch begründetes Verhältnis parti­eller Identität.4

Das Symbol bündelt einen Mythos; nur wer diesen kennt, versteht die Bedeutung des Symbols.5 Der Bereich des Religiösen lebt von Symbolen. Symbole können polyvalent sein und bedürfen daher der Deutung.6

Beispiele: Das Kreuz repräsentiert den christlichen Glauben, der Halbmond den Islam, die Taufe die Bekehrung, der Dreizack den Meeresgott Poseidon, die Nationalhymne den Staat, die Taube das Ende der Sintflut oder die Taufe Jesu.

Definition: Ein Symbol ist ein meist außersprachliches Zeichen, das einen komplexen, abstrakten Bedeutungszusammenhang repräsentiert und bündelt.

i)Fazit und tabellarische Übersicht

Die Bandbreite bildhafter, narrativ nicht ausgestalteter Sprachformen ist groß. Den Tropen ist die semantische Spannung zwischen fraglichem Begriff und Kontext, anders gesagt: die übertragene Verwendung eines Begriffs und der Verweischarakter auf eine andere Bedeutungsebene, gemeinsam. Tropen verdeutlichen den kontextuellen Zusammenhang und führen die Analogie zwischen zwei Wirklichkeitsbereichen vor Augen (Vergleich, Metapher). Die intendierte Wirkung besteht darin, vergleichsweise unanschauliche, abstrakte bzw. transzendente Themen und Vorgänge anschaulich werden zu lassen und darüber hinaus die Wirklichkeit neu zu deuten. Tabellarisch gestalten sich die Merkmale folgendermaßen:1

Form

Kontextbezug

Semantik

Funktion

Vergleich

Analogie; Prädikation

Nennung des tertium. - 1., 2., 3. Person möglich

Intensivierung des Gesagten; pragmatische und affektive Ausrichtung; Überzeugung

Metapher

Analogie; Spannung zwischen zwei Elementen/Prädikationen

Unterdrückung des tertium. – 1., 2., 3. Person möglich

Intensivierung des Gesagten; pragmatische und affektive Ausrichtung; Überzeugung

Metaphorische Mahnrede

Analogie; Spannung zwischen zwei Elementen/Prädikation

Unterdrückung des tertium. – Imperativ. – 2. oder 3. Person möglich

Stimulierung der Emotionalität; symbuleutische Ausrichtung

Metaphorische Personalprädikation

Analogie; Spannung zwischen zwei Elementen/Prädikation

Unterdrückung des tertium. – 1. oder 2. Person möglich

Hervorhebung der einzigartigen Bedeutung des Subjekts

 

Gnome, Sentenz, Sprichwort

Exemplifizierung eines Tun-Ergehen-Zusammenhangs, eines geforderten Tuns, einer Lebensweisheit

kurz, prägnant, autoritativ. – Gnome auch als unvollständiger Satz; sehr einprägsame Formulierungen

Verallgemeinerung von Lebensweisheit; Handlungsorientierung

Exemplum

Analogie zum geforderten/begründeten Verhalten

verbal-/handlungsorientiert. z.T. Hyperbolik

positives/negatives Vorbild (symbuleutisch); Apologetik (dikanisch)

Metonymie

Mythos und Alltagserfahrung (Mythisierung) (Repräsentanz?)

Nominal- oder Verbalverbindung; Einzelbegriff oder Satzganzes

Assoziation historischer oder mythischer Zusammenhänge

Synekdoche

Pars pro toto; Spannung zwischen zwei Elementen/Analogie

Metapher. – 1., 2., oder 3. Person möglich. – Nominalstil

Hervorhebung eines bestimmten Wesensmerkmals

Chiffre

Analogie, Prädikation

Metapher o.ä. ohne Nennung des Bildempfängers (verkürzte M.)

Codierung von Texten im Sinne einer exklusiven Sondersprache

Symbol

Repräsentation des Subjekts/Teil-Ganzes

Sprachlich oder nicht-sprachlich

Vergegenwärtigung eines Mythos

1.5Gleichnisspezifische Termini

Der Abschnitt klärt zentrale Fachtermini wie Ausgangs-, Erzähl- und Deutungsebene, Bildspender und -empfänger, Vergleichspunkt, Pointe, Fiktionalität, Appellstruktur, Konterdetermination, Extravaganz, Transfersignal, theologischer Bezugsrahmen, Sprachereignis sowie ‚eigentliche‘ vs. ‚uneigentliche‘ Rede.

1.5.1Ausgangs-, Übergangs- und Erzählebene

Gleichnisse heben sich aus dem Kontext durch einen Wechsel der Semantik heraus. Der Kotext ist sachgemäß Ausgangsebene (auch: Basisebene) zu nennen. In den Evangelien entwickelt sich auf ihr der Plot der Jesuserzählung, der durch das Gleichnis unterbrochen wird. Die Ausgangsebene wechselt zu einer Bild- besser: Erzählebene mit eigener (bildhafter) Semantik bzw. mit eigenem metaphorischen Bildfeld (Vater – zwei Söhne; Sämann – Acker; Hausherr – Bedienstete etc.). Zwischen den Ebenen vermittelt häufig eine Übergangsebene, die auf die Erzählebene hin- und zur Ausgangsebene zurückführt. Sie kann am Anfang des Textes aus dem Hinweis bestehen, dass nun ein Gleichnis folgt, oder aus einer Frage der Art: „Womit sollen wir das Himmelreich vergleichen?“ Am Ende des Textes steht zuweilen eine Anwendung (‚gehe hin und tue desgleichen!‘ o.ä.), ein Weckruf (‚wer Ohren hat zu hören, der höre!‘) oder eine Schluss-Sentenz (‚viele sind berufen, wenige aber auserwählt‘ o.ä.). Der Übergangsebene kommt eine wichtige Funktion im Hinblick auf das Verständnis des Gleichnisses zu. Sie liefert entweder den Verständniscode oder lenkt die Auslegung in eine vom Autor intendierte Richtung.

Definition: Ausgangsebene bezeichnet den literarischen Kotext eines vergleichenden Textes. Bild- bzw. Erzählebene meint die semantisch abgehobene Ebene der Metapher / des Gleichnisses. Die Übergangsebene vermittelt zwischen beiden.

1.5.2Bild- bzw. Erzählebene und Deutungsebene

Vergleichende Texte beinhalten neben dem wörtlichen Sinn einen dahinter liegenden, tieferen, theologischen Sinn. Was eigentlich gemeint ist, wird durch eine fiktionale Erzählung, eine Metapher oder eine allegorische Rätselrede ausgesagt. Die vordergründige Erzählebene mit ihrer bildhaft-metaphorischen Semantik verweist auf die hier so genannte Deutungsebene. Diese gilt es im Verlauf der Auslegung zu bestimmen.1 – Bei Gleichnissen, die zu einer dynamischen Erzählung ausgestaltet sind, ist der Begriff Erzählebene adäquat. Der Ausdruck Bildebene bleibt narrativ nicht ausgestalteten Texten vorbehalten.

Definition: Die Bild- bzw. Erzählebene enthält die Metapher bzw. das Gleichnis. Die Deutungsebene ist die zu bestimmende, dahinter liegende Sinnebene.

1.5.3Bildspender und Bildempfänger

Vergleichende Texte verbinden ursprünglich unabhängige Wirklichkeitsbereiche miteinander. Hinter vergleichender Redeweise steht die Entdeckung einer oder mehrerer Analogien zwischen den Bereichen. Vergleichende Texte machen einen fremden, unanschaulichen Wirklichkeitsbereich (z. B. ‚Reich Gottes‘) in seinen Eigenheiten und Wirkweisen anschaulich und plausibel. Hierfür greifen sie auf einen bekannten, anschaulichen, in seinen Eigenheiten und Wirkweisen unstrittigen Wirklichkeitsbereich (z. B. den bäuerlich geprägten Alltag) als Bildspender zurück, um ihn auf die Deutungsebene als Bildempfänger zu übertragen.

Beispiel: In der Metapher ‚Achill ist ein Löwe‘ ist die Tierwelt der Bildspender und der mythische Held der Bildempfänger.

Durch diesen Prozess werden die beiden Wirklichkeitsbereiche füreinander transparent; die Wahrnehmung beider Bereiche ändert bzw. erweitert sich (→ 1.4.4b).

Definition: Der Bildspender spendet das Anschauungsmaterial, anhand dessen das, was zu vergleichen ist (der Bildempfänger), anschaulich gemacht wird.

1.5.4Tertium bzw. tertia comparationis

Der Vergleichspunkt zwischen Bildspender und Bildempfänger heißt lat. tertium comparationis (wörtlich: das Dritte des Vergleichs). Es steht als drittes, verbindendes Element, als Analogon, zwischen den beiden Ebenen.

Beispiel: Beim Vergleich ‚seid klug wie die Schlangen‘ (Mt 10,16) ist die Tierwelt der Bildspender, die Jünger sind die Bildempfänger und ‚klug‘ ist das tertium zwischen beiden.

Jülicher postulierte für Gleichnistexte lediglich einen einzigen Vergleichspunkt; die neuere Gleichnisforschung rechnet grundsätzlich mit mehreren Vergleichspunkten, was dem Sinnüberschuss metaphorischer Sprache entspricht.

Definition: Der Vergleichspunkt, lat. tertium comparationis, ist der Aspekt, der zwei unterschiedliche Wirklichkeitsbereiche vergleichbar erscheinen lässt.

1.5.5Pointe

Der Zielgedanke, auf den die vergleichende Erzählung hinausläuft, heißt in der Gleichnistheorie Pointe. War ihre Ermittlung in Jülichers Methodik gleichbedeutend mit der Ermittlung des Vergleichspunkts zwischen Bild und ‚Sache‘, unterscheidet man heute zwischen beiden Vorgängen. Der Ermittlung der Pointe kommt in der Exegese eine überragende Bedeutung zu, da sie die Kerngedanken bündelt und die Gefahr von Allegorese (→ 2.2.5b), die sich gerne an Nebenzügen der Erzählung orientiert, eindämmt. Die Pointe bringt den Kern- bzw. Zielgedanken des Gleichnisses in einem einzigen Satz auf den Punkt. Dieser Satz ist ein neuer, nicht-vergleichender Text, der das Gleichnis nicht ersetzen kann, da er die Dynamik und den Sinnüberschuss der narratio nicht einfängt.1

Zu unterscheiden ist, entsprechend der Unterscheidung zwischen Erzähl- und Deutungsebene, zwischen der erzählintern und der textübergreifend, theologisch formulierten Pointe. Bei der Auslegung ist die Pointe zunächst erzählintern und erst nach der Klärung der Metaphorik theologisch zu formulieren (→ 3.1; 3.3).

Definition: Die Pointe ist der Kern- bzw. Zielgedanke eines vergleichenden Textes, der im Zuge der Deutung zu formulieren ist – entweder in der Semantik der Erzählebene (erzählintern) oder der Deutungsebene (theologisch). Die Pointe ist ein nicht-vergleichender Text, der das Gleichnis bündelt, es aber nicht ersetzt.

1.5.6Fiktionalität und Appellstruktur

Gleichnisse sind fiktionale Kurzerzählungen, das heißt erfundene Kurzgeschichten, die das, worum es geht, plausibel machen sollen. Der Weg über die Fiktionalität erleichtert es, sich als Hörer auf die Argumentation des Textes einzulassen.

Rezipienten lassen sich zugleich ‚nur‘ spielerisch und ‚in gewisser Weise‘ ernsthaft auf fiktionale Texte ein.1

Frank Zipfel beschreibt fiktionales Erzählen als kulturell institutionalisierte Praxis, über deren Regeln es zwischen Autor und Adressaten Einvernehmen gibt:

Der Autor produziert einen Erzähltext mit nicht-wirklicher Geschichte, die von einem Erzähler dargestellt wird, und der Autor tut dies mit der Intention, dass der Rezipient diesen Text mit der Haltung des make-believe aufnimmt bzw. in der Haltung des fiktiven Adressaten, und der Rezipient erkennt diese Absicht des Autors und lässt sich aus diesem Grunde darauf ein, den Erzähl-Text unter den Bedingungen eines make-believe-Spiels zu lesen.2

Fiktionalität ist demnach kein Täuschungsversuch, sondern eine konsensuelle Form des Erzählens. Ihr Sinn und Zweck besteht darin, ein bestimmtes Argument gleichsam spielerisch zu plausibilisieren. Der damit verknüpfte ‚metaphorische Prozess‘ verläuft spielerisch, da die Fiktionalität den Rezipienten einen pragmatischen Freiraum lässt.3 Konstitutiv ist der Bezug auf bestimmte Aspekte der Wirklichkeit (eine philosophische, moralische oder politische Position), die durch die Erzählung neu gesehen werden sollen.4 Realistik, selbst wenn sie sich als Pseudo-Realistik entpuppt, ist für das Gelingen der fiktionalen narratio entscheidend.5 Gleichnisse sind ein prominentes Beispiel für diese rhetorische Strategie.

Die Fiktionalität der gleichnishaften narratio zielt über die Information auf Gefühle und praktisches Handeln. Gleichnisse sind appellativ auf aktives Hören und Handeln angelegt (Mk 4,3.9: ‚Wer Ohren hat zu hören, der höre!‘; Lk 10,37: ‚Geh hin und tu desgleichen!‘).6 Gleichnisse (auch Metaphern) fordern zu einer fälligen Entscheidung oder zu einer Kurskorrektur auf. Motivierend wirken die Ansage der Zuwendung Gottes und seiner Herrschaft sowie die Entlarvung der Alltagswirklichkeit mit ihren Wertmaßstäben als zu überwindendes Provisorium.

Definition: Fiktionalität ist das rhetorische Mittel einer erfundenen, in sich schlüssigen narratio, mit deren Hilfe ein bestimmtes Argumentationsziel, etwa die Plausibilisierung einer neuen Wirklichkeitssicht, spielerisch erreicht werden soll.

1.5.7Konterdetermination

Der Begriff bedeutet wörtlich Gegen-Bestimmtheit. Gemeint ist die Beobachtung, dass Gleichnisse bis auf wenige Ausnahmen das, worum es eigentlich geht, auf der Erzählebene verschweigen. Bei Metaphern und Vergleichen werden einzelne Begriffe gegen ihren erwartbaren, ‚normalen‘ Gebrauch in einen neuen, ihnen eigentlich fremden Kontext gestellt. Das sorgt für Irritation und Überraschung (metaphorischer Prozess → 2.2.3c). Die Konterdetermination wird in Gleichnissen, anders als in Allegorien, durch Transfersignale durchbrochen, die das Erzählte für die Deutungsebene transparent machen (→ 1.5.9).

Definition: Konterdetermination meint die rhetorische Technik, das, worum es im Erzählten eigentlich geht, zu verschweigen, um nicht vom Erzählten abzulenken.

1.5.8Extravaganz

Extravaganzen sind Erzählzüge, welche die Realistik des Erzählten und damit den Erwartungshorizont der Rezipienten durchbrechen. Welche Erzählzüge für die ursprünglichen Rezipienten extravagant erschienen, ist durch Klärung der so genannten Realien und des sozialgeschichtlichen Hintergrunds zu recherchieren.1 Als Transfersignale weisen Extravaganzen darauf hin, dass das Erzählte nicht wörtlich zu verstehen ist. Sie sind Hinweisschilder auf die Punkte, wo der Vergleich ‚hinkt‘; so gleicht Gott eben doch nicht zu hundert Prozent einem irdischen König, sondern unterscheidet sich in markanten Punkten von ihm.

Damit ist eine Eigenart der Gleichnisse angedeutet, die sie für die Rede von Gott geradezu prädestiniert: Sie bringen Gott nicht nur nah, indem sie ihn mit irdischen Rollenträgern vergleichbar erscheinen lassen, sondern bringen zugleich das bleibende Anderssein Gottes zum Ausdruck. Das legitimiert vergleichende Rede von Gott, trotz des alttestamentlichen Bilderverbots.

Definition: Extravagant sind Erzählzüge, die den Rahmen des realistisch Erwartbaren sprengen, für Aha-Effekte sorgen, den vergleichenden Charakter des Textes markieren und auf Differenzen zwischen Erzähl- und Deutungsebene hinweisen.

1.5.9Transfersignale

Transfersignale (auch: Verweiselemente) sind alle Erzählzüge, die darauf aufmerksam machen, dass sich die Bedeutung des Erzählten nicht auf der semantischen, wörtlichen Ebene erschöpft, sondern einen dahinter liegenden, theologischen Bezugsrahmen umfasst, der durch das Erzählte illustriert und plausibel gemacht werden soll. Damit durchbrechen sie die Konterdetermination der Erzählebene und provozieren Deutung. Transfersignale können die Deutungsebene klären (Übergangsebene, Schluss-Sentenz, Anwendung, geprägte Bildfelder), sie lediglich andeuten (Extravaganzen, geprägte, aber deutungsoffene Metaphern und Bildfelder, zeitgeschichtliche Anspielungen) oder sie sogar verschleiern (kühne Metaphern, Chiffren, surreale Züge). Weiter dazu → 2.5.1c.

Definition: Alle Erzählzüge, die bei den Textrezipienten einen ‚metaphorischen Prozess‘ auslösen, anders gesagt: nach einer externen Deutungsebene fragen lassen, nennt man Transfersignale. Sie können das eigentlich Gemeinte klären, andeuten oder verschleiern. Ein guter Mix aus allem ist für Gleichnisse konstitutiv.

1.5.10Theologischer Bezugsrahmen (‚Sache‘)

Bild und ‚Sache‘ sind in der älteren Gleichnisforschung die beiden ‚Hälften‘ bzw. Ebenen eines Gleichnisses. Das Gleichnisbild veranschaulicht demzufolge eine bestimmte, dem menschlichen Erfahrungshorizont grundsätzlich entzogene, theologische ‚Sache‘. Dieser Begriff ist irreführend und wird hier konsequent vermieden. Er suggeriert eine klar umrissene Bezugsgröße der Gleichnisse. Diese wurde und wird in der Regel mit der Gottesherrschaft (basileía tou theoú bzw. basileía tṓn ouranṓn) identifiziert. Problematisch ist daran zum einen, dass ‚Reich Gottes‘ selbst eine Metapher, wenn auch eine usuelle Metapher, ist: Sie bringt die Wirklichkeit Gottes mit der Wirklichkeit eines weltlichen Königreichs zusammen. Daher ist es so eine Sache mit dem Reich Gottes als ‚Sache‘. ‚Reich Gottes‘ wird überhaupt nur in einigen Gleichnistexten als explizite Rahmenmetapher verwendet.1

Zum anderen ist ‚Reich Gottes‘ nur zum Teil ausdrücklich die Bezugsgröße; viele Texte nennen ihre Bezugsgröße nicht ausdrücklich, sprechen auch nicht von einem basileús als kýrios-Figur und verweisen stattdessen auf andere Bezugsgrößen, wie etwa die Freude im Himmel (Gleichnistrilogie Lk 15). Dementsprechend vermuten einige Forscher die ‚Sache‘ im situativen oder literarischen Kontext der Gleichnisse.2 Andere sehen in den Gleichnissen überhaupt keine ‚Sache‘, sondern die Inszenierung einer von Jesus gestifteten, neuen Existenzform: der Liebe.3

Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die so genannte ‚Sache‘, besser: der theologische Bezugsrahmen als aspektreiches Bündel (vor-)religiöser Erfahrungen und theologischer Erkenntnisse.4 Diese haben alle etwas mit der im Gleichnis angezeigten Wirklichkeit Gottes zu tun. Die Alltagswirklichkeit erscheint, unter dem Vorzeichen der Wirklichkeit Gottes, in einem neuem Licht. Das, worum es geht, ist ein dynamisches Wechselverhältnis zwischen der göttlichen und der menschlichen Wirklichkeit (vgl. → 2.5.6).

Definition: Das eigentlich Gemeinte eines vergleichenden Textes ist innerhalb eines theologischen Bezugsrahmens zu verorten und umfasst ein aspektreich-komplexes Bündel (vor-)religiöser Erfahrungen und theologischer Erkenntnisse.

1.5.11Sprachgeschehen bzw. Sprachereignis

Die Rede vom Gleichnis als Sprachereignis (auch: Sprachgeschehen) geht auf die Zeit der ‚metaphorischen Wende‘ ab Mitte des 20. Jahrhunderts zurück, in welcher der po(i)etische Charakter der Metapher neu entdeckt wurde (→ 2.2.3). Als ‚erweiterte Metapher‘ (→ 2.2.3c) wurde dem Gleichnis die Sprachkraft zuerkannt, die Wirklichkeit Gottes nicht nur zu illustrieren, sondern sie sogar zu realisieren. Auf den Punkt bringt diese Auffassung Eberhard Jüngel:

Die basileia [Gottesherrschaft] kommt im Gleichnis als Gleichnis zur Sprache. Die Gleichnisse Jesu bringen die Gottesherrschaft als Gleichnis zur Sprache.1

Eine andere Wirklichkeit der basileía als im sprachlichen Vollzug, indem das Gleichnis ausgesprochen wird und es in den Rezipienten wirkt, gibt es nach dieser Auffassung nicht. Das Erzählen von Gleichnissen ist gleichsam ein performativer Akt, der das, wovon er redet, Realität werden lässt.2 Diese besondere Sprachkraft des Gleichnisses macht es zu einer Offenbarungsrede sui generis. – Es ist zu diskutieren, ob Gleichnisse tatsächlich himmlische Fakten schaffen können und es diese jenseits davon gar nicht gibt (→ 2.2.3d; 2.4.3; 2.4.5; 2.5.3b; 2.5.4d).

Definition: Der Begriff Sprachereignis / Sprachgeschehen zielt auf Sprache als performativen Akt ab, der etwas Wirklichkeit werden lässt, indem er es ausspricht.

1.5.12‚Eigentliche‘ vs. ‚uneigentliche‘ Rede

Dieses Gegensatzpaar begegnet häufig in der Gleichnisforschung. Jülicher greift damit eine Kategorie der antiken Rhetorik auf, die ihm hilft, Gleichnis/Vergleich mit Allegorie/Metapher zu kontrastieren.1 Die Rhetorik differenziert zwischen einer Redeweise im Sinne von unmissverständlichem ‚Klartext‘, der Deutung weder braucht noch zulässt (‚eigentliche‘ Rede), und einer Redeweise, die nicht sagt, was sie meint, und deutungsbedürftig ist (‚uneigentliche‘ Rede). Die qualitative Bewertung der Redeweisen hängt am Sprachbegriff: Wird Sprache primär als Informationsmedium verstanden, wird ‚eigentliche‘ Rede höher bewertet (rhetorische Optik). Wird Sprache jedoch primär als Form (po[i]etischer) Wirklichkeitserschließung verstanden, wird ‚uneigentliche‘ Rede hochgeschätzt (poetische Optik). Die ‚metaphorische Wende‘ (→ 2.2.3) war in dieser Hinsicht ein Paradigmenwechsel. Die Metapher gilt seither als Grundbaustein sprachlicher Erschließung von Welt; das lässt die pejorative Bezeichnung ‚uneigentlich‘ deplatziert erscheinen. Dennoch bestimmt das Gegensatzpaar bis heute die Diskussion um vergleichende Texte sowie die Unterscheidung von Vergleich und Metapher.2 Dementsprechend wird der semantische Unterschied zwischen Vergleich und Metapher vielerorts noch heute an der Vergleichspartikel wie festgemacht. Der vorliegende Entwurf unterscheidet stattdessen zwischen ausgesprochenem (Vergleich: kein Deutungsbedarf) und nicht ausgesprochenem Vergleichspunkt (Metapher: Offenheit, Sinnüberschuss, Deutungsbedarf; → 1.4.4a/1.4.4b).

Definition: Das Begriffspaar entstammt der antiken Rhetorik und fokussiert den Gegensatz zwischen wörtlich und übertragen zu verstehender Rede. Während das rhetorische Sprachverständnis uneigentliche als deutungsbedürftige, zu ersetzende Rede wertet, wertet das Sprachverständnis der Poetik die Metapher als Grundform sprachlicher, poetischer Welterschließung, das heißt als eigentliche Rede.

Abschließend sei die Verschränkung von rhetorischer und poetischer Optik dieses Buches auf eine griffige Formel gebracht:

Die Eigentlichkeit ‚uneigentlicher‘ Redeweise besteht darin, dass sie über den Umweg der Uneigentlichkeit so zum Eigentlichen kommt, wie es mittels ‚eigentlicher‘ Redeweise gar nicht möglich wäre.