Global Security - Stephan Gundel - E-Book

Global Security E-Book

Stephan Gundel

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Beschreibung

Handbuch zur Risikoeinschätzung und Risikovermeidung im Ausland In einer globalisierten Welt können internationale Aktivitäten rasch zum kaum überschaubaren Abenteuer werden. Zur präventiven Vermeidung sowie Bewältigung derartiger Ereignisse bietet das Handbuch eine strukturierte Hilfestellung. Es widmet sich umfangreich allen Sicherheitsaspekten bei internationalen Tätigkeiten von Unternehmen, staatlichen und internationalen Organisationen sowie geschäftlich oder privat Reisenden. Umfassende Darstellung weit über Travel Risk Management hinaus Aspekte der Reisesicherheit werden daher ebenso beleuchtet wie etwa die Sicherheit von Standorten, Informationen und Daten, internationaler Wertschöpfungs- und Lieferketten oder der Schutz von Investitionen. Dadurch gelingt es, den Bereich der Auslands- und Reisesicherheit insgesamt zu betrachten und über die Fragestellungen des originären "Travel Risk Management" deutlich hinauszugehen. Die Vorteile des Buches sind: die systematische und umfassende Betrachtung sicherheitsrelevanter Aspekte von Auslandstätigkeiten über die reine "Reisesicherheit" hinaus die Übersicht der Besonderheiten der unterschiedlichen Arten von Auslands- und Reisetätigkeiten die umfassende Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen in den D-A-CH-Ländern die anschaulichen Praxisbeispiele und zahlreichen Hinweise die praxisorientierte und wissenschaftlich fundierte Aufbereitung des Themas für unterschiedliche Zielgruppen Damit verfügen alle, die bei Auslandstätigkeiten Verantwortung für die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden, Geschäftsprozesse und Wirtschaftsgüter tragen, über eine in dieser Bearbeitungstiefe einmalige sowie hochwertige Arbeitshilfe mit Praxisbezug. Sicherheit bei Auslands- und Reisetätigkeiten Organisationen, Unternehmen und Individuen in deutschsprachigen Ländern sind heutzutage in einem internationalen Kontext hochmobil. Motivation, Umstände und Rahmenbedingungen dieser internationalen Tätigkeiten weisen dabei erhebliche Variationen auf – genauso wie die damit verbundenen sicherheitsrelevanten Fragen. In den letzten Jahren hat das Bewusstsein für die Sicherheit bei Auslands- und Reisetätigkeiten daher deutlich zugenommen. Empfehlenswert für: Fachexperten im Bereich Sicherheit Entscheidungs- und Verantwortungsträger in angrenzenden Fachgebieten wie Recht, Personal, Versicherungen, Finanzen, Logistik und Facility Management verantwortliche Führungskräfte wie Bereichsleiter oder Geschäftsführer

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Global Security

Sicherheit bei Auslands- und Reisetätigkeiten

Dr. Stephan Gundel

Chefexperte Sicherheit, Gruner Gruppe, Basel

Dr. Stephan Gundel, geb. 1979, Dr. rer. pol., Chefexperte Sicherheit der Gruner Gruppe. Seit 2006 internationale Beratungstätigkeiten im Bereich Sicherheits- und Risikomanagement bzw. Gefahrenabwehr für Unternehmen, Betreiber kritischer Infrastrukturen, Groß-Veranstalter sowie Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter am betriebswirtschaftlichen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau mit Forschungsschwerpunkt Risiko- und Sicherheitsmanagement. Forschungs- und Lehrtätigkeiten zur Entstehung sicherheitskritischer Ereignisse und ihrer Bewältigung, Sicherheit und Risikomanagement an verschiedenen Universitäten und Hochschulen. Buchautor und Herausgeber, diverse Publikationen in internationalen Fachzeitschriften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Print ISBN 978-3-415-06753-0 E-ISBN 978-3-415-06755-4

© 2020 Richard Boorberg Verlag

E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelfoto: © Worawut – stock.adobe.com

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresdenwww.boorberg.de

Geleitwort

Sicherheit ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens, für jedes Individuum ebenso wie für Gruppen von Menschen, für Organisationen oder gar Länder. Natürlich hat die Gesellschaft gelernt, dass es eine sichere Welt – eine Welt buchstäblich ohne Unsicherheit – nicht geben kann, dass wir täglich und immer wieder neu auch mit Unsicherheiten leben, doch ändert das nichts am existenziellen Wunsch, Unsicherheiten zu vermeiden oder zu verhindern. Über viele Jahre apostrophierte man diesen existenziellen Wunsch mit der Aussage „Sicherheit ist nicht alles, doch ohne Sicherheit ist alles nichts.“

Sicherheit ist dabei im allgemeinen Verständnis der Zustand, der für Individuen, Gemeinschaften, Organisationen, Objekte und Systeme oder sogar Länder und Kontinente frei von unvertretbaren Risiken ist oder als gefahrenfrei angesehen wird. Diesen Zustand erleben wir als objektive Sicherheit im Sinne des tatsächlichen (objektiven) Nichtvorhandenseins von Gefährdung sowie als subjektive Sicherheit im Sinne der Abwesenheit von Furcht vor Gefährdung. Insbesondere die weltweite Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zu einer medialen Weltgemeinschaft, d.h. die Verbreitung von Nachrichten und Informationen jeglicher Art zu jedem Zeitpunkt und zu jedem Ort dieser Welt, führt immer wieder und immer mehr zur Diskussion, inwiefern sich die tatsächliche Sicherheit und die gefühlte Sicherheit, die objektive und die subjektive Sicherheitslage, weiter voneinander entfernen. Während zum Beispiel Kriminalstatistiken regelmäßig belegen, wie „überschaubar“ die objektive Sicherheitslage ist, steigt die Kriminalitätsfurcht der Menschen ungehindert an.

Der Sicherheitsbegriff wird in der gesellschaftlichen Diskussion, egal ob politisch, wissenschaftlich oder allgemein gesellschaftlich, überdies sehr kontrovers behandelt. Manche behaupten, dass es generell keinen Konsens über die Spannweite des Begriffs gibt. War Sicherheit früher hauptsächlich ein nationalstaatlich verstandener Zustand, d.h. vor allem die Vermeidung kriegerischer Angriffe oder Auseinandersetzungen, wird er heute weitaus allgemeiner verstanden und auf nahezu alle Lebensbereiche ausgedehnt. Das tatsächliche oder vermeintliche Fehlen von Sicherheit wird täglich neu zu allen möglichen Feldern des Lebens diskutiert. Die gemeinhin verwendete Vokabel hierzu ist das Wort „Krise“. So leben wir seit den letzten Jahrzehnten mit immer neuen Krisen: Ölkrise, Energiekrise, EU-Krise, Rentenkrise, Wirtschaftskrise, Finanzkrise, Umweltkrise und der neuartigen Corona- bzw. Gesundheitskrise, welche die ganze Welt erfasst hat.

Es ist nicht ansatzweise Ziel dieser Aufzählung, krisenhafte Situationen oder Zustände zu banalisieren oder die Anstrengungen zu ihrer Bewältigung ins Lächerliche zu ziehen. Tatsächlich aber hat vor allem die mediale Entwicklung der letzten 10–15 Jahre zur Folge, dass viele Menschen das Leben wenigstens medial nur noch als krisen-geschüttelt erleben. Tatsächlich ist es aber weniger ein „Erleben“ als mehr ein „Erfahren“, aus der Schilderung anderer, allenfalls aus rein kommerziellen Gründen. Die Gegenbewegung der Menschen, die Berichte über Risiko- oder Krisen-Zustände im Einzelfall oder generell ablehnt, skandiert: „Fake-News!“ Im Ergebnis glauben sie nicht, was berichtet wird.

Doch Sicherheit ist generell immer relativ – absolute Sicherheit gibt es ebenso wenig wie absolute Freiheit. Die Meisten haben gelernt, Sicherheit als relativen Zustand der Gefahrenfreiheit anzusehen, der stets nur für einen bestimmten Zeitraum, eine bestimmte Umgebung oder unter bestimmten Bedingungen gegeben ist. Genau dieses sachliche Verständnis konnte und kann, wenigstens in Europa, zur Grundlage des täglichen Lebens gemacht werden. So befinden sich die meisten Menschen in der sog. „westlichen“ Welt in einer sehr komfortablen Situation und haben sich an sie gewöhnt. Objektiv gesehen leben wir hier in einer doch recht sicheren Umgebung. Nachrichten über Gefahren und Risiken dieser Welt werden zwar interessiert, aber dennoch mehrheitlich sehr gelassen zur Kenntnis genommen, treffen sie doch nicht für den eigenen Erlebnisraum zu. Die Situation im Hinblick auf Flüchtlingsströme und gegenwärtig bezüglich des Coronavirus seien einmal außer Betracht gelassen.

Eine große Schwäche besteht jedoch darin, dass diese Gelassenheit auch weitergelebt wird, wenn das persönliche Umfeld verlassen wird. Innerhalb des üblichen gesellschaftlichen Umfeldes, zum Beispiel innerhalb eines Landes, ist das noch nicht besonders relevant. Wenn dieses Verhalten aber auf Reisen in weit entfernte Welt- und Kulturräume an den Tag gelegt wird, dann ist es nicht Gelassenheit, sondern Nachlässigkeit, mindestens fahrlässig. Diese Nachlässigkeit sieht Gefahren und Risiken nicht, relativiert sie oder blendet sie aus, um nicht in Handlungszwänge zu kommen.

Dieses Risiko ist umso beachtenswerter, je größer die Unterschiede in klimatischer, politischer, kultureller und gesellschaftlicher Natur sind. Und es betrifft vor allem Menschen und Organisationen, die sich aus privaten wie beruflichen Gründen außerhalb dieser Inseln des Gewohnten bewegen. Das können Touristen genauso sein wie Mitarbeiter/innen staatlicher oder sog. Nicht-Regierungs-Institutionen. Es sind gerade im exportorientierten Europa aber auch viele Mitarbeiter/innen von Firmen, die Geschäfte im internationalen Bereich abschließen, Handel treiben, Anlagen errichten oder warten und vieles mehr.

So ist in den letzten Jahren die Bereitschaft, sich mit Reisesicherheit und der Sicherheit im Ausland auseinanderzusetzen und Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zu ergreifen, deutlich gestiegen. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viel „Raum nach oben“ besteht, wie immer wieder Beispiele der völlig unterlassenen oder unzureichenden Vorbereitung auf Reisen in das Ausland, in Risikobereiche zeigen. Damit gemeint sind insbesondere nicht nur Kriegs- und sogenannte (bekannte) Krisengebiete.

Ist im Rahmen einer privaten Reise der oder die Einzelne für seine Sicherheit verantwortlich, so ist es bei einer dienstlich oder arbeitsmäßig begründeten Reise anders. Hier obliegt dem jeweiligen Arbeitgeber die Pflicht, für das Wohlergehen, die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter/innen Sorge zu tragen. Das regeln rein rechtlich entsprechende gesetzliche Pflichten. Zumindest deutsche Gerichte haben ihre Spruchpraxis zur Verantwortlichkeit von Firmen in den letzten Jahren verschärft. Im Ergebnis sind vor, während und nach einer Reise die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen für die Sicherheit der reisenden Mitarbeiter/innen einzuleiten. Der Arbeitgeber trägt das Haftungsrisiko. Die Mitarbeiter/innen haben eine Mitwirkungspflicht.

Die Vorbereitung auf Reisen ins Ausland und ggf. den längeren Aufenthalt dort, die Maßnahmen vor Ort und die Maßnahmen nach einer Rückkehr sind derart vielfältig, dass viele Menschen darüber weder Wissen oder auch nur annähernd einen Überblick haben. Unterschiedliche kulturelle Gepflogenheiten, risikobehaftete Unterschiede in gesellschaftlichen Gebräuchen, die berühmten „to do and not to do“-Ratschläge, Sprache, Kriminalitätsrisiken sind nur einige Stichworte. Genauso müssen im geschäftlichen Bereich auch operationelle Risiken berücksichtigt werden. Nicht zuletzt ist die gesundheitliche Vorsorge mit aktuellen und länderspezifischen medizinischen Informationen, Ansteckungsrisiken, vorherrschenden Krankheiten, notwendigen Impfungen und Verhaltenshinweisen ein äußerst wichtiges Handlungsfeld.

So bestehen unzweifelhaft die Notwendigkeit und ein großer Bedarf, mit spezifischen Sicherheitskonzepten zu beschreiben, wie in materieller, personeller, technischer und organisatorischer Hinsicht Reisende und Auslandstätigkeiten zu schützen sind. Mit diesen Überlegungen befasste oder beauftragte Personen, privat genauso wie in einem Unternehmen oder einer Institution bzw. Organisation, sind damit oftmals überfordert oder wenig in der Lage, derartige Überlegungen und insbesondere Konzepte zu entwickeln. Zu vielgestaltig und zu vielfältig sind die Informationen, die Beurteilung der Quellen, ihrer Relevanz, der möglichen Partner und mehr. Nicht nur europaweit haben sich deshalb viele Dienstleister entwickelt, die diese Aufgabe übernehmen. Der Markt ist größer geworden in den letzten 10–15 Jahren, und so ist auch die Vielfalt der Dienstleister gewachsen. Für den potenziellen Kunden ist es nicht einfach, den richtigen Dienstleister zu identifizieren oder konkurrierende Angebote im Hinblick auf ihre fachlichen Inhalte zu bewerten. Im Extremfall wird die Entscheidung einer Unternehmens- oder Organisationsleitung, für die Sicherheit im Zusammenhang mit einer geplanten Reise oder Auslandsaktivität zu sorgen und ein entsprechendes Konzept aufzustellen, in der Hierarchieleiter immer weiter nach unten delegiert, bis der Letzte einfach eine Suchmaschine (analog oder digital) konsultiert und einen Auftrag auslöst. Zufällig ist der gewählte Dienstleister ungeeignet – wie sich leidvoll später herausstellt.

Tatsächlich ist das kein angenommenes Szenario, sondern lässt sich mit Beispielen belegen. Im Extremfall kann es dazu führen, dass eine wirtschaftlich gute Idee, ein erfolgsträchtiges Geschäft, ein sinnvolles Vorhaben vor Ort sofort oder nach einer gewissen Zeit scheitert. Eine derart betroffene Firma oder Gesellschaft verliert nicht nur den erwarteten Gewinn und ihre bis dahin getätigten Investitionen, sondern gegebenenfalls einen Teil ihrer Marktposition, ihres Rufes, ihrer Zukunftsfähigkeit. Sie verliert vor allem auch das Vertrauen ihrer Mitarbeiter/innen und deren Bereitschaft, sich für den Arbeitgeber auf Reisen und mit ggf. längeren Aufenthalten im Ausland zu engagieren. Das betrifft nicht nur kleinere und die vielen mittelständischen Unternehmen, von denen sowohl in Deutschland wie in anderen Ländern Europas viele (noch) Weltmarktführer sind, sondern ggf. auch große Unternehmen, die über eigene Abteilungen im In- wie Ausland verfügen, um derartige Sicherheitskonzepte zu erstellen.

Umso erfreulicher ist es, dass sich der Autor dieses Buches damit befasst hat, die breite Palette notwendiger Überlegungen, aktuellen Wissens, die Vielfalt zu beurteilender Aspekte und die Breite konzeptioneller Überlegungen unabhängig vom Angebot eines oder mehrerer Dienstleister in einem umfassenden Werk darzustellen.

Er schafft damit die Basis für alle Verantwortlichen, sich mit dem Thema Reisesicherheit und der Sicherheit im Ausland umfassend zu beschäftigen, sodass sie notwendige Schritte erkennen, planen und durchführen oder geeignete Dienstleister identifizieren und beauftragen können. Ich wünsche dem Buch daher viele, vor allem ernsthaft an Reisesicherheit und Sicherheit im Ausland interessierte Leser/innen, seien sie privat oder beruflich motiviert und beauftragt.

Berlin, im Frühjahr 2020

Heinz-Werner Aping

Direktor beim Bundeskriminalamt a.D.

Vorwort

Nur die Suche nach Abenteuern, sagte er, triebe mich, das Vaterhaus zu verlassen und die Heimat aufzugeben, in der ich mein Glück machen könnte. „Hast Du nicht die besten Aussichten“, fuhr er fort, „hier ein ruhiges und sorgenfreies Leben zu führen? Nur Menschen in einer verzweifelten Lage oder solche, bei denen ein falscher Ehrgeiz die treibende Kraft ist, gehen außer Landes auf Abenteuer und wollen durch Taten emporkommen, die weitab vom gewöhnlichen Weg liegen."

Daniel Defoe, Robinson Crusoe

Bereits zu Zeiten von Daniel Defoes weltberühmter Romanfigur Robinson Crusoe war der Schritt ins Ausland Schreckensvorstellung und Verlockung zugleich. Heute, fast genau 300 Jahre nach der Erstveröffentlichung dieses schriftstellerisch verdichteten Tatsachenberichts, üben internationale Aktivitäten auf Menschen in deutschsprachigen Ländern weiterhin ungebrochenen Reiz aus: In einer globalisierten Welt konkurriert Deutschland jährlich um den Titel des „Exportweltmeisters“, besuchen bereits Schüler und Studenten1 aus Österreich selbstverständlich Bildungseinrichtungen in aller Herren Länder und fast in jedem Winkel der Erde trifft man auf reisefreudige Schweizer, die ihren Horizont erweitern wollen.

Nicht immer sind die dabei gewonnenen Eindrücke und Erlebnisse ausschließlich positiv. Internationale Wirtschaftsaktivitäten gleichen vielfach einer Expedition ins Ungewisse, auf der Kriminalität, Haftungsrisiken, ungewohnte Umwelteinflüsse oder ein undurchsichtiger rechtlicher Regelrahmen darauf warten, die Handelnden ins sprichwörtliche Verderben zu stürzen. Berufliche oder mitunter auch touristische Auslandsaufenthalte konfrontieren etliche Mitbürgerinnen und Mitbürger regelmäßig mit fragwürdigen Personen und kritischen Situationen, aus denen es in einem fremden Land auf die Schnelle nur schwer zu findende Auswege gibt. Bei internationalen Engagements in den Krisenregionen dieser Welt, den Schwellen- und Entwicklungsländern gilt dies schließlich in verstärktem Maß: Die Abgründe und manchmal auch das Grauen, welche sich vor den Augen der Diplomaten, Entwicklungshelfer, Freiwilligen oder Mitarbeitenden von internationalen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen, aber auch Unternehmen, abspielen, hallen oft über lange Zeit nach.

Sicherheitskritische Ereignisse können sich in diesem Umfeld von ärgerlichen, aber verschmerzbaren Lappalien (wie dem Diebstahl persönlicher Gegenstände auf einer Urlaubsreise) über wirtschaftlich einschneidende Totalverluste bei Investitionen im Ausland bis hin zu Schäden an Gesundheit, Leib und Leben ergeben. Zur präventiven Vermeidung sowie Bewältigung derartiger Ereignisse soll das vorliegende Buch eine strukturierte Hilfestellung geben. Es betrachtet den Bereich der Auslands- und Reisesicherheit gesamthaft und geht dabei über die in der einschlägigen Literatur bereits verschiedentlich abgehandelten Fragestellungen des originären „Travel Risk Management“ deutlich hinaus. Aspekte der Reisesicherheit werden daher ebenso beleuchtet wie etwa die Sicherheit von Standorten, Informationen und Daten, internationaler Wertschöpfungs- und Lieferketten oder der Schutz der Reputation. Zu diesem Zweck ist das Buch in drei Hauptteile gegliedert:

■Der einführende Teil A erläutert die Grundlagen der Sicherheit in einem internationalen Kontext, beschreibt die unterschiedlichen Arten der Auslands- und Reisetätigkeiten, ihre jeweiligen sicherheitsrelevanten Besonderheiten, zeigt den rechtlichen Regelrahmen auf und verdeutlicht die Vielfalt beteiligter Stellen und Institutionen bei Fragestellungen der internationalen Sicherheit.

■Darauf aufbauend widmet sich Teil B der äußerst bedeutsamen Risikoeinschätzung für Auslands- und Reisetätigkeiten, ohne die internationale Aktivitäten rasch zum kaum überschaubaren Abenteuer werden können. Neben einer Systematisierung und Darstellung der typischerweise auftretenden, auslandsbezogenen Risiken erläutert es Methoden und Quellen der häufig sehr anspruchsvollen Informationsbeschaffung.

■In Teil C werden schließlich die relevanten Maßnahmen der Auslands- und Reisesicherheit thematisch geordnet beschrieben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der sicheren Durchführung von Auslands- und Reisetätigkeiten, aber auch grundsätzliche konzeptionelle Fragen, die Vor- und Nachbereitung von Auslandsaktivitäten sowie Möglichkeiten und Grenzen von Interventionen bei sicherheitskritischen Ereignissen werden beleuchtet.

Aufbau und Inhalte der einzelnen Teile sind in der nachfolgenden, schematischen Darstellung 1 grafisch verdeutlicht.

Darstellung 1: Aufbau des Buches

Aufgrund der unüberschaubaren Vielfalt relevanter Aspekte sowie der hohen Dynamik der gegenständlichen Thematik kann selbst eine umfassende, sorgfältig recherchierte Ausarbeitung wie das vorliegende Buch keine abschließende und dauerhaft aktuelle Grundlage für individuelle Überlegungen zur Auslands- und Reisesicherheit sein. Für die interessierte Leserschaft sind daher an vielen Stellen der nachfolgenden Ausführungen Verweise auf weitergehende Quellen eingefügt, deren Konsultation bereits jetzt ausdrücklich empfohlen wird. Auch die im Weiteren verschiedentlich ins Gedächtnis gerufene Tatsache, dass jeder Einzelfall individuell zu analysieren bzw. zu betrachten ist, soll eingangs bereits explizit erwähnt werden – in der Hoffnung, dass das vorliegende Buch dennoch für eine Vielzahl unterschiedlicher Vorhaben im Ausland eine wertvolle Lektüre und Nachschlagehilfe ist.

Abschließend darf zudem nicht unerwähnt bleiben, dass das vorliegende Buch ohne die frühzeitige und vielfältige Unterstützung des Richard Boorberg Verlags nicht in dieser professionellen Erscheinungsform hätte entstehen können. Selbst für einen traditionsreichen, hoch spezialisierten Fachverlag ist die Neuherausgabe eines solchen Werkes heutzutage eine aufwändige und wirtschaftlich riskante Herausforderung. Der zuständige Lektor Ass. jur. Lutz-Achim Weber hat sich dennoch mit hohem Engagement, großer Sachkenntnis und Geduld sowie vielen äußerst wertvollen Hinweisen optimistisch dieser Aufgabe angenommen und somit wesentlich zum Gelingen des Buchs beigetragen.

Basel, im Frühjahr 2020

Dr. Stephan Gundel

Inhalt

Teil A Einführung in die Auslands- und Reisesicherheit

1. Auslands- und Reisetätigkeiten in einer globalisierten Welt

1.1 Die Entwicklung der Globalisierung: Ein kurzer historischer Überblick

1.2 Die globalisierte Wirtschaft

1.3 Der internationale Tourismus im Rahmen der Globalisierung

1.4 Die internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen sowie staatlichen Aktivitäten im Ausland

1.5 Die Entwicklung der Sicherheitslage für Auslands- und Reisetätigkeiten

2. Unterschiedliche Arten von Auslands- und Reisetätigkeiten

2.1 Gründe und Erscheinungsformen von Auslandsaktivitäten

2.2 Geschäftliche Auslands- und Reisetätigkeiten

2.3 Private und persönliche Auslands- und Reisetätigkeiten

2.4 Tätigkeiten internationaler Organisationen, NGOs und staatlicher Akteure

3. Besonderheiten der Auslands- und Reisesicherheit

3.1 Grundsätzliche Unterschiede zur national ausgerichteten Sicherheit

3.2 Bedeutung geografischer Gegebenheiten und Umwelteinflüsse

3.3 Bedeutung kultureller und gesellschaftlicher Gegebenheiten

3.4 Bedeutung rechtlicher Rahmenbedingungen

3.5 Bedeutung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen

3.6 Bedeutung der Grundversorgung und kritischen Infrastrukturen

3.7 Bedeutung der Leistungsfähigkeit der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben/Notfallversorgung

3.8 Fazit: Die Bedeutung der allgemeinen Sicherheitslage im Ausland

4. Rechtliche Aspekte und Versicherungen

4.1 Der rechtliche Regelrahmen bei Auslandsaktivitäten

4.2 Fürsorgepflichten für Mitarbeitende (Duty of Care)

4.3 Berücksichtigung nationaler, sicherheitsrelevanter Vorschriften im Ausland

4.4 Internationale Standards zu Arbeitssicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz

4.5 Fazit: Die Notwendigkeit eines grundsätzlichen Risiko- und Compliancemanagements bei Auslandstätigkeiten

4.6 Versicherungen bei Auslandsaktivitäten: Notwendigkeit und Besonderheiten

5. Beteiligte Stellen der Auslands- und Reisesicherheit

5.1 Aufbau eines Netzwerks für Auslands- und Reisetätigkeiten

5.2 Reisende, Expatriates und das persönliche Umfeld bei Auslands- und Reisetätigkeiten

5.3 Beteiligte Stellen in einem Unternehmen oder einer Organisation

5.4 Staatliche Stellen und Behörden

5.5 Anbieter von Dienstleistungen mit Bezug zur Auslands- und Reisesicherheit

5.6 Aufbau einer adäquaten Sicherheitsorganisation

Teil B Risikoeinschätzung bei Auslands- und Reisetätigkeiten

1. Die besondere Bedeutung einer adäquaten Risikoeinschätzung für Auslands- und Reisetätigkeiten

1.1 Die Einschätzung der Sicherheitslage als Grundlage von Aktivitäten im Ausland

1.2 Umfassende und systematische Betrachtung aller Risiken

1.3 Beschaffung von belastbaren Informationen

1.4 Risikobeurteilung und resultierende Konsequenzen

2. Systematisierung der Risiken bei Auslands- und Reisetätigkeiten

2.1 Grundsätzlicher Systematisierungsansatz der auslandsbezogenen Risiken

2.2 Einfluss der Dauer von Auslandsaktivitäten

2.3 Systematisierung nach Risikoarten

2.4 Exkurs: Reputationsrisiken bei internationalen Tätigkeiten

3. Risiken bei kurz- bis mittelfristigen Auslandstätigkeiten

3.1 Das Risikoprofil von Auslandsreisen und Auslandsreisenden

3.2 Das veränderte Risikoprofil bei mittelfristigen Auslandstätigkeiten

3.3 Administrative Unterstützung als Teil des Risikomanagements

3.4 Standardisierung von Risikoeinschätzungen

4. Risiken bei langfristigen Auslandstätigkeiten

4.1 Verschiebung von Risikoschwerpunkten

4.2 Langfristige Entwicklung des Tätigkeits- und Investitionsumfelds

4.3 Detaillierte Analyse von Tätigkeiten, Investitionen und Akteuren

4.4 Exkurs: Risiken bei rein finanziellen Transaktionen (Portfolioinvestitionen)

5. Beschaffung von Informationen zur Risikoeinschätzung

5.1 Allgemeine Informationsbeschaffung als Grundlage

5.2 Beschaffung spezifischer Informationen

5.3 Die Bedeutung einer transparenten Dokumentation der Informationsbeschaffung und Risikoeinschätzung

Teil C Maßnahmen der Auslands- und Reisesicherheit

1. Übersicht über die notwendigen Maßnahmen der Auslands- und Reisesicherheit

1.1 Die Bedeutung eines integralen Konzeptansatzes

1.2 Auftreten vor Ort: „low profile“ versus „show-of-force“

1.3 Der Zusammenhang zwischen Maßnahmen und Zeitverhältnissen

1.4 Erfolgsfaktoren und Grenzen von Interventionen

2. Vorbereitungsmaßnahmen für Auslands- und Reisetätigkeiten

2.1 Aktualisierung der Informationsbeschaffung und Risikoeinschätzung

2.2 Erstellung des Sicherheitskonzepts und Definition der Schutzmaßnahmen

2.3 Auswahl und Vorbereitung von Reisenden, Expatriates und Partnern in der Sicherheitsorganisation

2.4 Dokumentation und Überprüfung der Schutzmaßnahmen

2.5 Standardisierung im Rahmen eines Reise-Risikomanagements

3. Sichere Durchführung der Auslands- und Reisetätigkeiten

3.1 Gesundheitsvorsorge und Hygiene

3.2 Transport und Logistik im Ausland

3.3 Hotels und Standorte im Ausland

3.4 Schutz besonders exponierter Personen

3.5 Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Ausland

3.6 Informationssicherheit und Datenschutz im Ausland

3.7 Schutz von rein finanziellen Transaktionen

4. Intervention bei Ereignissen

4.1 Das Auftreten sicherheitskritischer Ereignisse bei Auslandstätigkeiten

4.2 Vorgehen bei genereller Veränderung der Sicherheitslage

4.3 Vorgehen bei konkreten sicherheitskritischen Ereignissen

4.4 Zusammenarbeit mit Behörden und Dienstleistern

4.5 Kommunikation bei internationalen Ereignissen

5. Beendigung und Nachbereitung einer Auslands- und Reisetätigkeit

5.1 (Planmäßiger) Abschluss einer Auslandsaktivität

5.2 Vorgehen zum Rückzug aus dem Ausland

5.3 (Nach-)Betreuung der eingesetzten Personen

5.4 Dokumentation und Geheimhaltung

Stichwortverzeichnis

Teil A Einführung in die Auslands- und Reisesicherheit

1. Auslands- und Reisetätigkeiten in einer globalisierten Welt

1.1 Die Entwicklung der Globalisierung: Ein kurzer historischer Überblick

Obwohl die Menschheit heutzutage in einer noch nie dagewesenen Weise international vernetzt ist, wird die sogenannte Globalisierung von Historikern keineswegs als eine neue Erscheinung der jüngeren Vergangenheit angesehen. Einige Wissenschaftler vertreten vielmehr die – allerdings umstrittene – These, dass bereits nach der Entdeckung Amerikas durch Christopher Columbus im Jahr 1492 bzw. des direkten Seewegs nach Indien um das Kap der Guten Hoffnung durch Vasco da Gama im Jahr 1498 eine umfassende Weltwirtschaft mit multilateralem Handel und internationaler Arbeitsteilung entstand.2 Weitestgehend unstrittig ist in jedem Fall, dass Mitte des 19. Jahrhunderts, bedingt durch die Verfügbarkeit neuer Transport- und Kommunikationsmittel, eine erste Welle der weltweiten Integration von Güter-, Finanz- und Arbeitsmärkten3 begann und bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs anhielt.4

Nach den beiden Weltkriegen nahm die internationale Verflechtung erheblich an Fahrt auf. Auf internationaler politischer Ebene wurden die Vereinten Nationen (UN) sowie unzählige weitere internationale Institutionen gegründet, um den Weltfrieden und internationalen Austausch in vielen Feldern zu fördern. Gleichzeitig wuchsen auch die internationalen Märkte – erneut bedingt durch technologische Entwicklungen, Bevölkerungswachstum und -wanderungen sowie einer politisch gewollten Liberalisierung des Handels in der westlichen Welt5 – und führten zu einem steigenden Wirtschaftswachstum und allgemeinem Wohlstand in den teilnehmenden Ländern, unterbrochen lediglich durch die beiden Ölpreiskrisen im Laufe der 1970er bzw. anfangs der 1980er Jahre.6

Mit dem Ende des sog. Kalten Krieges und der ihm zugrunde liegenden bipolaren Weltordnung, in Deutschland eng verbunden mit dem Fall der Berliner Mauer am 09. November 1989, startete schließlich die bis heute prägende, allumfassende und auch im täglichen Sprachgebrauch so bezeichnete Globalisierung7von Politik, Wirtschaft, Kultur und Umwelt. Als wesentliche Einflussfaktoren werden dabei

■der Zerfall der Sowjetunion in größtenteils am internationalen (wirtschaftlichen) Austausch teilnehmende, unabhängige Staaten,

■der Eintritt von China und Indien in den Weltmarkt,

■die Erfindung und weite Verbreitung von IT-Infrastrukturen und insbesondere dem Internet

■sowie die stark zunehmenden internationalen Finanzströme angesehen.8

Während sich dabei auf der einen Seite der offensichtlich als erstrebenswert angesehene westliche Lebensstil auch kulturell immer mehr ausbreitet, werden viele mit der Globalisierung einhergehende Entwicklungen auf der anderen Seite von verschiedenen Akteuren vermehrt kritisiert. Ungleichheiten zwischen Ländern oder innerhalb einzelner Gesellschaften, globale Umweltveränderungen, die Zurückdrängung regionaler Kulturen bzw. Identitäten sowie der vermeintliche oder tatsächliche Verlust politischen Gestaltungsspielraums auf nationaler Ebene sind nur einige Aspekte, die das lange Zeit ausschließlich positiven Narrativ einer globalisierten Welt zunehmend in Frage stellen.

1.2 Die globalisierte Wirtschaft

1.1.1 Welthandel mit Waren und Dienstleistungen

Wesentliches Merkmal der Globalisierung ist offensichtlich die internationale wirtschaftliche Integration, die als ihr hauptsächlicher Treiber angesehen wird – und als Ursache für den steigenden Wohlstand der teilnehmenden Länder. Grundlage dieser Überzeugung sind die Werke von Adam Smith (1776) und David Ricardo (1817), welche die moderne Außenhandelstheorie begründeten.9

Merke

Smith und Ricardo stellen (vereinfachend ausgedrückt) dar, dass internationaler Handel aufgrund der jeweiligen (komparativen) Kostenvorteile, insbesondere unterschiedliche Arbeitsproduktivität, für alle teilnehmenden Länder vorteilhaft ist. Diese Ursprungsmodelle wurden bis heute durch verschiedene Wissenschaftler aufgegriffen und ergänzt, etwa um Aspekte wie die unterschiedliche Ausstattung von Ländern mit (natürlichen) Ressourcen, wirtschaftsfreundlichen politischen Institutionen oder technologischen Innovationen.

Tatsächlich lässt sich seit dem Ende des 2. Weltkriegs beobachten, dass der Welthandel deutlich schneller steigt als die weltweite Warenproduktion: Zwischen 1960 und 2017 stieg die weltweite Warenproduktion um fast 603%, der weltweite Warenexport hingegen um annähernd 1.800% (realer Außenhandel in konstanten Preisen).10 Noch deutlich stärker gestiegen als der weltweite Warenexport ist der weltweite Dienstleistungsexport. Während beim Warenexport zwischen 1980 und 2013 eine durchschnittliche jährliche Steigerungsrate von 7,0% beobachtet wurde, wuchs der weltweite Dienstleistungsexport im gleichen Zeitraum jährlich um durchschnittlich 7,8%.11

Sowohl was den Warenhandel als auch den Austausch von Dienstleistungen angeht, ist Deutschland dabei einer der wichtigsten „Global Player“. Im Jahr 2017 lag Deutschland bei Ex- und Importen von Waren und Dienstleistungen bezogen auf das Gesamtvolumen jeweils weltweit auf dem 3. Rang aller Länder.12 Auch die Schweiz (Rang 13 bezogen auf Exporte von Waren und Dienstleistungen im Jahr 2017) nimmt rege am weltweiten wirtschaftlichen Austausch teil, ebenso Österreich auf Rang 29.13 Für alle drei vorgenannten Länder spielen Länder innerhalb Europas, die USA sowie die Volksrepublik China eine wesentliche Rolle als internationale Handelspartner, wobei jedoch generell der Anteil von Schwellen- und Entwicklungsländern am Welthandel mit Waren und Dienstleistungen immer größer wird. Diese Entwicklung lässt sich exemplarisch aus der Rangfolge der Handelspartner im Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland entnehmen, in der sich umfassende Handelsvolumina mit entsprechenden Ländern finden.14

1.1.2 Weltweite Finanztransaktionen

Neben dem Handel mit Waren und Dienstleistungen haben weltweite Finanztransaktionen im Zuge der Globalisierung ebenfalls stark zugenommen.

Merke

Internationale Investitionen lassen sich in sogenannte Direktinvestitionen (Investitionen mit Steuerungs- und Kontrollinteressen) sowie Portfolioinvestitionen (renditeorientierte Investitionen ohne Steuerungs- und Kontrollinteressen) unterscheiden.15

Die internationalen, jährlichen Direktinvestitionen haben sich seit den 1970er Jahren von etwa 28 Milliarden US-Dollar auf etwa 1,75 Billionen US-Dollar in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet.16 Die deutschen Direktinvestitionen im Ausland lagen Ende 2016 bei einer Gesamtsumme von etwa 1.115 Milliarden Euro, wovon fast die Hälfte in Europa investiert war.17 Der Bestand der Schweizer Direktinvestitionen lag per Ende 2017 bei etwa 1.227 Milliarden Franken (ca. 1.000 Milliarden Euro), was angesichts der Größe des Landes beachtlich ist.18 Die österreichischen Direktinvestitionen beliefen sich Ende 2017 schließlich auf Bestände von knapp 200 Milliarden Euro.19 Auch aus diesen beiden Ländern wird ein erheblicher Teil der Direktinvestitionen in europäischen Ländern getätigt.

Zu den Direktinvestitionen sind noch die internationalen Portfolioinvestitionen hinzuzuaddieren, wobei es sich um Aktien, Investmentfondanteile, Anleihen etc. handeln kann. Auch diese Bestände liegen aktuell in vergleichbaren bzw. teilweise noch höheren Größenordnungen als die jeweiligen Direktinvestitionen und zeigen den hohen Integrationsgrad der internationalen Finanzmärkte sowie die rege Beteiligung Deutschlands, der Schweiz und Österreichs an.

1.1.3 Internationale Geschäftsreisen

Naturgemäß führt die skizzierte Globalisierung der Wirtschaft zu einer hohen geschäftlich bedingten Reisetätigkeit. Ausweislich der VDR-Geschäftsreiseanalyse 2017 wurden von deutschen Unternehmen und Organisationen des öffentlichen Sektors im Jahr 2016 insgesamt über 11 Millionen Geschäftsreisende auf ca. 183 Millionen Geschäftsreisen geschickt.20 Zwar finden lediglich 10% der Geschäftsreisen von kleinen und mittleren Unternehmen (d.h. mit bis zu 250 Mitarbeitenden) ins Ausland statt, mit zunehmender Größe der Unternehmen und Organisationen steigt dieser Anteil jedoch auf bis zu 33%. Somit begibt sich also eine Vielzahl deutscher Angestellter jährlich auf geschäftlich veranlasste Auslandsreise – und verbindet diese allenfalls sogar noch mit Privatreisen.21 Die Schweizer Wohnbevölkerung führte wiederum im Jahr 2016 insgesamt 22,4 Millionen Reisen mit mindestens einer Übernachtung durch, wobei allerdings lediglich 2% oder 1,35 Millionen Reisen einen geschäftlichen Zweck hatten.22 Allerdings finden diese Geschäftsreisen mehrheitlich (ca. zu 80%) ins Ausland statt.23 In Österreich wurden 2015 gemäß einer entsprechenden Studie 8,5 Millionen Geschäftsreisen gezählt.24 Bei mehrtägigen Geschäftsreisen mit Übernachtungen lag der Anteil an Auslandsübernachtungen bei etwa 65%, wobei ein Großteil dieser Auslandsübernachtungen wiederum in Europa stattfand.25

1.3 Der internationale Tourismus im Rahmen der Globalisierung

Neben der zunehmenden wirtschaftlichen Integration ist, wie das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) treffend feststellt, auch der internationale Tourismus ein wesentlicher Aspekt von Globalisierung bzw. mittlerweile einer der global bedeutendsten Wirtschaftssektoren.26 Durch den zunehmenden Wohlstand, die sinkende Wochenarbeitszeit bzw. den gesetzlich verankerten, bezahlten Urlaub sowie den anhaltenden Frieden nahm der Tourismus nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst in den westlichen Industrienationen erheblich zu. Aufgrund der stark sinkenden Transportkosten sowie der Geschäftsmodelle der Reiseveranstalter mit ihren Pauschalreisen wurden dabei auch internationale Reisen, wenn auch zunächst ins nahegelegene Ausland, für einen Großteil der Bevölkerung erschwinglich.

Merke

Ab Mitte der 1990er Jahre hat sich der internationale Tourismus erheblich ausgeweitet: Wurden 1950 noch 25 Millionen weltweite Reiseankünfte gezählt, waren es 1995 bereits knapp 500 Millionen weltweit ankommende Touristen; 2016 lag dieser Wert bei über 1,2 Milliarden Personen.27

Im Rahmen dieser mit der generellen Globalisierung einhergehenden Entwicklung der letzten 25 Jahre wurden dabei auch immer mehr Schwellen- und Entwicklungsländer bzw. die zuvor unerreichbaren Länder im östlichen Europa beliebte Urlaubsdestinationen.

Deutschsprachige Länder gehören nicht zuletzt dank ihres international vergleichsweise hohen Wohlstands zu Ländern mit den reisefreudigsten Bevölkerungen: Gemäß der World Tourism Organization lag Deutschland hinsichtlich der jährlichen Tourismusausgaben seiner Einwohner im Jahr 2017 mit 74 Milliarden Euro weltweit auf Platz 3 hinter China und den USA; die Schweiz folgte auf Platz 22 mit immerhin noch 15 Milliarden Euro.28 Die österreichische Bevölkerung gab zuletzt etwa 14,6 Milliarden Euro jährlich für Urlaubsreisen aus.29 Dabei weisen die Bevölkerungen aller drei Länder eine hohe Affinität zu Auslandsreisen auf: Immerhin mehr als fast 70% der Reiseausgaben der österreichischen Bevölkerung entfielen auf Auslandsreisen,30 bei den Schweizern waren dies 67% aller Reisen.31 Die Deutschen wiederum verbrachten sogar 72% ihrer privaten Reisen im Ausland.32 Der hohe Anteil an Auslandsreisen muss dahingehend präzisiert werden, dass sich viele Reiseziele in Europa befinden. Die Deutschen reisen beispielsweise bevorzugt in Länder des Mittelmeerraums (Spanien, Italien, Türkei, Kroatien, Griechenland oder Frankreich) sowie in ihre Nachbarländer wie Österreich, die Schweiz oder die Benelux-Staaten.33 Lediglich etwas über 8% der Reisenden begeben sich auf eine Fernreise.34 Dieses Reiseverhalten lässt sich in vergleichbarer Form auch in Österreich und der Schweiz beobachten.35 Dennoch wird heutzutage fast jede Destination weltweit mehr oder weniger häufig und intensiv von Touristen aus deutschsprachigen Ländern angesteuert – Entwicklungs- und Schwellenländer nicht ausgenonmen. Dies ist einerseits positiv zu beurteilen, da „für eine wachsende Zahl von Entwicklungsländern die Einnahmen aus dem Tourismus inzwischen zu den wichtigsten Devisenquellen“36 zählen. Neben verschiedenen ökologischen und kulturellen Fragestellungen wirft dies jedoch auf der anderen Seite auch regelmäßig Sicherheitsfragen auf, die im weiteren Verlauf des vorliegenden Buchs noch eingehend beleuchtet werden.

1.4 Die internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen sowie staatlichen Aktivitäten im Ausland

1.4.1 Weitere Akteure im internationalen Kontext

Neben den zuvor beschriebenen, geschäftlich und privat veranlassten internationalen Aktivitäten sind

■internationale Organisationen bzw. Institutionen sowie

■(international tätige) Nichtregierungsorganisationen

ebenfalls Phänomen und Treiber der Globalisierung zugleich. In diesem Kontext sind zudem die (national-)staatlichen Aktivitäten im Ausland zu berücksichtigen, welche parallel zum Ausbau der internationalen Organisationen ebenfalls zugenommen haben.

1.4.2 Internationale Organisationen

Als internationale Organisationen werden grundsätzlich solche Organisationen bezeichnet, die von sogenannten Völkerrechtssubjekten (zumeist Staaten im völkerrechtlichen Sinne) gegründet und dauerhaft aufrechterhalten werden, um überstaatliche Aufgaben zu erfüllen. Diese Organisationen beruhen selbst auf einem völkerrechtlichen Vertrag und sind mitgliedschaftlich organisiert.37

Merke

Die wohl bekannteste internationale Organisation entsprechend dieser Definition sind die Vereinten Nationen mit ihren Nebenorganen und den derzeit 17 Sonderorganisationen, zu denen etwa die Weltbankgruppe, die International Labour Organization ILO oder die Weltgesundheitsorganisation WHO gehören.

Die Vereinten Nationen (häufig auch mit den englischen Abkürzungen UN oder UNO bezeichnet) haben den Status eines Völkerrechtssubjekts und weisen derzeit 193 Mitgliedsstaaten auf. Sie wurden 1945 mit der Ratifizierung der Charta der Vereinten Nationen mit den primären Zielen gegründet, Frieden und Sicherheit, Einhaltung des Völkerrechts und Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten.38

Weitere wesentliche internationale Organisationen sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Europarat oder das nordatlantische Bündnis NATO. Die Europäische Union wiederum ist zwar ebenfalls eine internationale Organisation, jedoch als Besonderheit durch ihren supranationalen Charakter gekennzeichnet. Im Gegensatz zu den Vereinten Nationen hat die EU als supranationale Organisation (teilweise) Hoheitsrechte ihrer Mitgliedstaaten übernommen und kann somit unmittelbar in den Mitgliedstaaten wirksame Rechtsakte erlassen.39 Keine internationale Organisation im Sinne der obigen Definition ist wiederum das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) in Genf, da es sich hierbei nicht um den Zusammenschluss von Völkerrechtssubjekten, sondern um einen Verein nach Schweizer Recht (gegründet ausschließlich von Privatpersonen) handelt. Das IKRK hat jedoch selbst einen völkerrechtlichen Status.

Ein Großteil der heutigen internationalen Institutionen (oder ihre Vorgängerinstitutionen) wurden unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg oder in den darauffolgenden Dekaden gegründet, viele mit sicherheits- oder wirtschaftspolitischen Zielen.40 Aufgrund der eingangs skizzierten Entwicklung der Globalisierung, der vielen internationalen Konflikte und der somit steigenden Bedeutung eines institutionalisierten internationalen Austausches verfügen sie mittlerweile über erhebliche Mitarbeiterzahlen. Bei den Vereinten Nationen inklusive ihrer Nebenorgane und Sonderorganisationen waren beispielsweise 2012 über 80.000 Mitarbeitende beschäftigt (gegenüber knapp 55.000 Mitarbeitenden im Jahr 2003)41 und auch die anderen internationalen Organisationen weisen gemäß ihrer aktuellen Publikationen beachtliche Belegschaften auf.42 Diese Mitarbeitenden werden entweder an den jeweiligen Einrichtungen bzw. Standorten oder „auf Missionen im Feld“ eingesetzt, wobei der Anteil international Entsendeter naturgemäß hoch ist. Aufgrund der häufig sensiblen Aufgaben und Aufträge der internationalen Institutionen sind ihre Mitarbeitenden gegenüber Geschäfts- und Privatreisen häufiger in sicherheitskritischen Destinationen tätig.

1.4.3 Internationale und international tätige Nichtregierungsorganisationen

Neben den von Völkerrechtssubjekten errichteten internationalen Organisationen wurde, zum Zwecke der Abgrenzung insbesondere zu den Vereinten Nationen, nach dem 2. Weltkrieg der Begriff der „non-governmental organization (NGO)“ (in den deutschen Sprachgebrauch wörtlich übersetzt als Nichtregierungsorganisation übernommen) eingeführt.43

Merke

Wesentliches Abgrenzungsmerkmal der Nichtregierungsorganisationen ist, dass sie nicht dem Völkerrecht unterstehen, keine Hoheitsrechte ausüben und von privatrechtlichen Akteuren gegründet werden.44

Darüber hinaus existieren verschiedene Definitions- und Abgrenzungsversuche, wobei Furtak (2015) aus Sicht des Autors die wesentlichen vier Merkmale einer NGO, namentlich

■Unabhängigkeit von Staaten bzw. Regierungen,

■keine Gewinnerzielungsabsichten,

■gemeinwohlorientierte Ziele sowie

■feste Organisationsstrukturen

herausgearbeitet hat.45 Die Nichtregierungsorganisationen verfolgen dabei unterschiedlichste Ziele und können national organisiert (und ggf. international tätig) oder international organisiert sein. Zu ihnen gehören sehr heterogene Gruppierungen wie beispielsweise Greenpeace, der Weltfußballverband FIFA, Ärzte ohne Grenzen oder auch der deutsche Automobilclub ADAC. Eine konkrete Angabe zur Anzahl der aktiven Nichtregierungsorganisationen oder ihrer Mitarbeitenden ist daher seriös nicht möglich; vorsichtige Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass es weltweit etwa 10 Millionen NGOs gibt.46 Parallel zur wirtschaftlichen und politischen Globalisierung sowie dem Bedeutungszuwachs der internationalen Organisationen ist somit auch die Anzahl der internationalen oder zumindest international tätigen NGOs in den letzten Dekaden deutlich gewachsen. Viele der entsprechenden Organisationen sind dabei, insbesondere wenn sie sich humanitäre oder entwicklungspolitische Ziele gesetzt haben, in Schwellen- und Entwicklungsländern tätig und sehen sich daher gegenüber geschäftlichen und privaten Aktivitäten im Ausland ebenfalls mit erhöhten Risiken konfrontiert. Darüber hinaus ist ihr rechtlicher Status und jener ihrer Mitarbeitenden mitunter unklar, was zusätzliche Probleme mit sich bringen kann.47

1.4.4 Staatliche und halbstaatliche Akteure

Betrachtet man international tätige Akteure jenseits wirtschaftlich orientierter Unternehmen und privat reisender Personen, sind schließlich noch staatliche Aktivitäten im Ausland anzuführen. Sieht man von etwaigen militärischen Interventionen im Ausland ab, die generell nicht Gegenstand dieses Buches sind, müssen hierbei einerseits die jeweiligen auswärtigen Dienste, andererseits die (halb-)staatlichen Organisationen der Entwicklungshilfe berücksichtigt werden.

Der auswärtige Dienst eines Landes nimmt dessen auswärtige Angelegenheiten im Rahmen zwischenstaatlicher Beziehungen wahr, wobei dies – neben der Zentrale im jeweiligen Heimatland – größtenteils an sogenannten Auslandsvertretungen (Botschaften, Konsulare etc.) stattfindet.48

Merke

In Deutschland ist die Zentrale das Auswärtige Amt (oberste Bundesbehörde im Rang eines Bundesministeriums), in Österreich das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres und in der Schweiz das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten.

Alle deutschsprachigen Länder unterhalten ein weltweites Netz von Auslandsvertretungen. Allein Deutschland hat beispielsweise 227 Vertretungen (davon 153 Botschaften), die unter anderem im jeweiligen Gastland Informationen von deutschem Interesse beschaffen, deutsche Unternehmen bei ihren dortigen Aktivitäten unterstützen oder deutschen Staatsbürgern in Notlagen unterstützend zur Seite stehen.49 Zu diesem Zweck verfügen die auswärtigen Dienste Deutschlands (Krisenreaktionszentrum), Österreichs (Bereitschaftsdienst des Außenministeriums) und der Schweiz (Krisenmanagement-Zentrum) über ständig besetzte Einrichtungen, die im Rahmen der Auslands- und Reisesicherheit eine zentrale Rolle spielen. Auf diese Einrichtungen sowie die sonstigen Angebote der jeweiligen auswärtigen Dienste wird im weiteren Verlauf des vorliegenden Buches noch verschiedentlich eingegangen. An dieser Stelle soll allerdings abschließend erwähnt werden, dass die auswärtigen Dienste über erhebliche Mitarbeiterzahlen, mehrheitlich im Ausland verfügen. Der deutsche Auswärtige Dienst verfügt derzeit beispielsweise über fast 12.000 Mitarbeitende, von denen etwa 8.750 Personen deutscher oder fremder Staatsangehörigkeit an den Auslandsvertretungen tätig sind.50 Diese Mitarbeitenden sind häufig auch an sicherheitskritischen Standorten tätig und als klar identifizierbare Vertreter eines westlichen Landes mitunter besonders gefährdet. Die Auslandsvertretungen werden daher von spezialisierten Einheiten der Bundespolizei (Deutschland), des Bundessicherheitsdiensts (Schweiz) sowie der Abteilung für Sicherheitsangelegenheiten (Österreich) geschützt.

Neben dem Auswärtigen Dienst sind die meisten Industrieländer, darunter auch Deutschland, Österreich und die Schweiz, im Rahmen der sogenannten Entwicklungszusammenarbeit (früher häufig als Entwicklungshilfe bezeichnet) in Entwicklungsländern aktiv.

Merke

Unter Entwicklungszusammenarbeit versteht man die Unterstützung von Industrieländern für (gemäß entsprechenden Kriterien definierte) Entwicklungsländer zum Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung oder Verbesserung des Lebensstandards in Form von Zuschüssen (also Schenkungen) oder vergünstigten Darlehen.51 Mit den finanziellen Leistungen sind regelmäßig auch technische, logistische, wissenschaftliche oder administrative Unterstützungen verbunden.

Hierbei sind insbesondere westliche Staaten engagiert, wobei Deutschland, die Schweiz und Österreich als sehr aktive Geberländer (bezogen auf absolute Höhe der Leistungen bzw. deren Anteil am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt) tätig sind.52

Die Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen finanzieller, technischer oder sonstiger konsultativer Hilfe wird in Deutschland auf staatlicher Ebene vor allem durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW, staatliche Förderbank) sowie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gewährt.53 In der Schweiz teilen sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO, dort Bereich wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sowie die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit(DEZA) im Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten diese Aufgabe.54 In Österreich ist die Austrian Development Agency (ADA) als Agentur des Bundes unter Aufsicht des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres zuständig.55

Darüber hinaus sind auch in die öffentliche Entwicklungshilfe viele weitere Partnerorganisationen eingebunden, wobei insbesondere in Deutschland die sogenannten Durchführungsorganisationen einen breiten Raum einnehmen.56 Gerade Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer sind dabei oftmals unter sehr schwierigen Bedingungen in Ländern mit schwachen staatlichen Strukturen, maroder Infrastruktur und vielen weiteren Sicherheitsproblemen tätig, sodass für sie und ihre Projekte Maßnahmen der Auslands- und Reisesicherheit von besonderer Dringlichkeit sind.

1.5 Die Entwicklung der Sicherheitslage für Auslands- und Reisetätigkeiten

1.5.1 Das vermeintliche „Ende der Geschichte“

Die vorangegangenen Ausführungen haben verdeutlicht, dass sich die internationalen Verflechtungen geschäftlicher Beziehungen, touristischer Reisen sowie auf Ebene internationaler Institutionen, Organisationen und grenzübergreifender staatlicher Aktivitäten in den letzten 30 Jahren erheblich vertieft haben. Ohne Zweifel hat diese Entwicklung mit dem Ende des Kalten Krieges und der Öffnung vieler ehemals dem kommunistischen Block zugehöriger Staaten ihren Anfang genommen und gleichzeitig eine große Euphorie ausgelöst. Sinnbildlich hierfür steht das mittlerweile zu (teilweise trauriger) Berühmtheit gelangte Schlagwort vom „Ende der Geschichte“, welches sich auf ein gleichnamiges Buch des Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama aus dem Jahre 1992 bezieht.57 Er führt darin im Wesentlichen aus, dass sich das westliche Lebensmodell der Demokratie und liberalen Marktwirtschaft aufgrund der bestmöglichen Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, insbesondere des Strebens nach Anerkennung, nun – nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion – weltweit mittel- bis langfristig durchsetzen werde. Würde man dieser Prognose folgen, könnte man auf die weitergehenden Ausführungen verzichten bzw. diese zumindest erheblich kürzen – was offensichtlich nicht sachgerecht wäre.

1.5.2 Der 11. September 2001 und das „Ende der Spaßgesellschaft“

Bereits eine Dekade nach der Publikation von Francis Fukuyama war jedoch stattdessen vom „Ende der Spaßgesellschaft“ die Rede – ein Ausspruch, der dem 2014 verstorbenen Publizisten Peter Scholl-Latour unmittelbar nach den Terroranschlägen am 11.09.2001 in New York zugeschrieben wird.58 Tatsächlich stellt seither der internationale, islamistische Terrorismus ein erhebliches Sicherheitsproblem für alle international tätigen Akteure dar. Entweder direkt durch weltweite Terroranschläge teilweise erheblichen Ausmaßes oder indirekt durch erhöhte Regulierungen und Sicherheitsvorkehrungen insbesondere im Bereich des internationalen Transports und Verkehrs. Der als unmittelbare Reaktion gedachte „Krieg gegen den Terror“ mit militärischen Interventionen in Afghanistan und dem Irak führte dabei schließlich zu einer weiteren Destabilisierung des Nahen und Mittleren Ostens und als Konsequenz zur Ausbreitung und Bekämpfung des sog. Islamischen Staats im Irak und Syrien. Bis heute stellt islamistischer Terrorismus ein erhebliches Problem für alle international tätigen Personen dar und ist in Europa die einzige Erscheinungsform des Terrorismus, die in den letzten 10 Jahren erheblich zugenommen hat.59 In verstärktem Maß gilt dies für Aktivitäten in arabischen und afrikanischen Ländern, in denen islamistische Terrororganisationen oft über umfangreiche Ressourcen und Rückhalt in der Bevölkerung verfügen. Eine im negativen Sinne besondere Bedeutung kommt dabei den Ländern der arabischen Welt zu, die sich teilweise nach dem weitestgehend gescheiterten „Arabischen Frühling“ immer noch in bürgerkriegsähnlichen oder zumindest erheblichen Spannungszuständen befinden. Auch einige europäische Länder, vorweg Frankreich, sind aufgrund spezifischer historischer und gesellschaftlicher Bedingungen besonders im Fadenkreuz des militanten Islamismus.60

1.5.3 Weitere Einflussfaktoren auf die internationale Sicherheitslage

Darüber hinaus sind in Folge des vermeintlichen Endes der Geschichte anfangs der 1990er Jahren weitere Antagonisten zu den positiven Errungenschaften der Globalisierung aufgetreten und bedrohen international tätige Akteure weltweit: Länderübergreifend aktive Gruppierungen der Organisierten Kriminalität sind in vielen (wirtschaftskriminellen) Deliktfeldern tätig, unterwandern staatliche Strukturen oder Unternehmen, verlangen Schutzgelder oder fälschen Markenprodukte, die sie über eigene Vertriebswege professionell verkaufen.61 Italienische, osteuropäische und arabische Gruppierungen dominieren dabei derzeit den europäischen Raum, während diverse Kartelle in amerikanischen Ländern sowie verschiedene Gruppierungen im asiatischen Raum als „Kaufleute der Unterwelt“62 hochaktiv sind. Gerade geschäftliche Vorhaben in einschlägigen Ländern laufen daher häufig Gefahr, Berührungspunkte zu entsprechenden Organisationen aufzuweisen – was nicht nur für Vermögensgüter und Reputation, sondern auch Leib und Leben der involvierten Mitarbeitenden gefährlich werden kann. Darüber hinaus nehmen auch andere Formen der Kriminalität im grenzüberschreitenden Kontext immer mehr zu – angefangen von der in vielen Ländern deutlich stärker als im deutschsprachigen Raum vorhandenen Straßenkriminalität (bei der teilweise auch mit erheblicher Brutalität vorgegangen wird) bis hin zu lose organisierten oder individuell tätigen, hochmobilen Kriminellen in unterschiedlichen Deliktfeldern.

Schließlich weisen jenseits von Terrorismus und Kriminalität viele andere Entwicklungen in einer scheinbar immer instabiler werdenden Welt Bezug zur Auslands- und Reisesicherheit auf:

■Durch die internationale Vernetzung und Reisetätigkeiten sowie in Verbindung mit mangelhaften hygienischen Zuständen, geringer medizinischer Versorgung oder Naturkatastrophen (häufig verursacht durch die globalen Umweltveränderungen) spielen Krankheiten und Gesundheitsrisiken im internationalen Kontext eine immer stärkere Rolle. Seit Anfang 2020 verdeutlicht das sog. Coronavirus (COVID-19) diese Gefahr äußerst eindrücklich.

■Die vorgenannten globalen Umweltveränderungen zeigen sich immer häufiger in meteorologischen Extremereignissen, die zudem verstärkt Schwellen- und Entwicklungsländer mit generell schlechterer Katastrophenvorsorge treffen.

■Länder führen in einer multilateralen Welt teilweise erbitterte Auseinandersetzungen um Einflusssphären, Rohstoffe, Märkte oder strategisch bedeutende Regionen. Internationale Vereinbarungen oder nationales Recht scheinen dabei zunehmend schwächer bindend zu wirken.

■Die Anzahl an „failed states“und innerstaatlichen Konflikten – oft eng verbunden mit Erscheinungsformen organisierter Kriminalität und des internationalen Terrorismus – hat in der letzten Dekade erheblich zugenommen und stellt Unternehmen ebenso wie internationale Organisationen vor erhebliche Herausforderungen.63

■Informationstechnologien sind wesentlicher Treiber der Globalisierung, führen aber auch zu neuen Vulnerabilitäten und Formen der Kriminalität. Da technologischer Vorsprung in vielen Märkten immer bedeutsamer wird, nehmen auch Wirtschafts- und Industriespionage gerade im internationalen Umfeld erheblich zu.

■Durch den Eintritt vieler Entwicklungs- und Schwellenländer in einen globalen Markt steigt der wirtschaftliche Druck auf viele westliche Unternehmen. Insbesondere bei ausgelagerten Tätigkeiten in diesen Ländern werden Sicherheitsstandards teilweise vernachlässigt und es besteht die Gefahr eines „race to the bottom“ internationaler Sicherheits- und Sozialstandards. Die Folge sind sicherheitskritische Ereignisse und Reputationsverluste in westlichen Märkten.

Merke

Den unstrittig und wortwörtlich grenzenlosen positiven Möglichkeiten in einer globalisierten Welt stehen somit offensichtlich auch erhebliche Risiken gegenüber, die zu bedenken sind. Gerade die Personen, Unternehmen und Organisationen aus den wohlhabenden und stark internationalisierten deutschsprachigen Ländern stehen dabei vor besonderen Herausforderungen, die systematisch analysiert, mit geeigneten und – in einem globalisierten Wettbewerb besonders bedeutsam – effektiven sowie verhältnismäßigen Mitteln minimiert werden müssen.

2. Unterschiedliche Arten von Auslands- und Reisetätigkeiten

2.1 Gründe und Erscheinungsformen von Auslandsaktivitäten

2.1.1 Systematisierung von Auslandsaktivitäten

Zur fundierten Analyse der bei Auslands- und Reisetätigkeiten auftretenden Sicherheitsaspekte ist es hilfreich, sich vorab mit den Gründen und Erscheinungsformen von Auslandsaktivitäten zu befassen. Diese sind äußerst vielfältig und werfen dementsprechend unterschiedlichste sicherheitsrelevante Fragestellungen auf. Zur Systematisierung ist es analog der Struktur des vorangegangenen Kapitels sinnvoll, zu unterscheiden in:

■geschäftliche Auslands- und Reisetätigkeiten,

■private und persönliche Auslands- und Reisetätigkeiten sowie

■Aktivitäten internationaler Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und staatlicher Stellen.

Darstellung 2 zeigt diese grundsätzliche Systematik in grafischer Form.

Darstellung 2: Systematisierung von Auslands- und Reisetätigkeiten

2.1.2 Motivation geschäftlicher Auslands- und Reisetätigkeiten

Auslöser für geschäftliche Auslands- und Reisetätigkeiten sind, wenig überraschend, zumeist wirtschaftlicher Natur. Im Rahmen internationaler Tätigkeiten können Unternehmen auf diesem Weg versuchen, Erträge zu maximieren. Ausländische Märkte bieten neue (potenzielle) Abnehmer von Waren und Dienstleistungen, stellen – gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern – dynamische Wachstumsmärkte dar oder ermöglichen es, in Heimatmärkten entwickelte und bereits etablierte Produkte mit zumeist hohen Gewinnmöglichkeiten an neue Nachfrager zu verkaufen.64 Ein weiterer, in der Praxis ebenso wichtiger Grund ist die Senkung von Kosten: Durch internationale Unternehmensaktivitäten können gegebenenfalls Produktions- und Transportkosten gesenkt, bei einem erhöhten Absatzvolumen sogenannte Skalenerträge durch die bessere Auslastung der unternehmenseigenen Produktionsfaktoren erreicht oder Forschungs- und Entwicklungskosten auf eine höhere Absatzmenge verteilt werden.65 Ergänzend sind unternehmerische Auslandsaktivitäten und ihre Erscheinungsformen auch auf unterschiedliche institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen zurückzuführen: Internationale Handelshemmnisse (z.B. Zölle oder local content-Vorschriften), durch die Außenwirtschaftspolitik der US-amerikanischen Regierung unter Präsident Donald Trump stark im Fokus der Öffentlichkeit, aber auch günstige Steuer- oder Investitionsbedingungen sowie allgemein ein unternehmensfreundliches Regulierungsumfeld können Unternehmen dazu motivieren, in spezifischen Formen im Ausland tätig zu werden. Schließlich dienen Auslandsaktivitäten mitunter auch als Instrument des unternehmerischen Risikomanagements. Unternehmen können nationale Nachfrageschwankungen, ausgelöst durch z.B. Rezessionen, veränderte politische Regulierung – exemplarisch sei an die Auswirkungen der politisch vorangetriebenen Energiewende auf in diesem Segment tätige Unternehmen verwiesen – oder verändertes Käuferverhalten durch geschickte internationale Diversifizierung ebenso ausgleichen wie etwa Wechselkursschwankungen. Die Vielzahl an aufgeführten Gründen für geschäftliche Auslands- und Reisetätigkeiten legt nahe, dass in der Praxis unterschiedlichste Erscheinungsformen internationaler Tätigkeiten anzutreffen sind. Die für das vorliegende Buch wesentlichen Formen werden daher im folgenden Unterkapitel in ihren relevanten Grundzügen erläutert.

2.1.3 Motivation privater Auslands- und Reisetätigkeiten

Private bzw. persönliche Auslands- und Reisetätigkeiten können ebenfalls vielfältige Gründe haben. Zunächst einmal stehen bei vielen Reisenden touristische Motivationen, d.h. der Besuch landschaftlich, kulturell oder in sonstiger touristischer Art interessanter Destinationen, im Vordergrund. Nicht vergessen werden sollte zudem, dass im Zuge der Globalisierung viele Menschen familiäre oder studienbezogene Anknüpfungspunkte zu Zielen im Ausland haben und diese, selten oder auch regelmäßig, ansteuern. Darüber hinaus führen vor dem Hintergrund der globalisierten Wirtschaft auch berufliche bzw. wirtschaftliche Interessen Menschen vermehrt ins Ausland: So ist beispielsweise die Zahl der deutschen Studierenden im Ausland in den letzten Dekaden erheblich gestiegen.66 Dieser Trend setzt sich dann häufig auch im Berufsleben fort: Berufliche Stationen im Ausland gelten heutzutage in vielen Branchen als notwendig oder erwünscht und finden häufig auch in stark autonomen Formen wie Praktika, (saisonal) befristeten Tätigkeiten oder als sog. Freelancer statt. Schließlich können auch Freiberufler (d.h. zum Beispiel Steuerberater, Ingenieure, Architekten, Übersetzer) weitestgehend unabhängig im Ausland tätig werden – und sich dabei oft unverhofft mit einer Vielzahl von sicherheitsrelevanten Fragestellungen konfrontiert sehen. Eine sehr spezifische Sonderform der persönlichen Auslandaktivitäten sind wiederum geregelte oder flexible Freiwilligendienste, bei denen nicht selten eine sehr hohe Eigenverantwortung der entsprechenden „Volunteers“ besteht. All diese Erscheinungsformen privater und persönlicher Auslands- und Reisetätigkeiten werden daher ebenfalls in einem nachfolgenden Unterkapitel detailliert betrachtet.

2.1.4 Motivation der Auslands- und Reisetätigkeiten internationaler Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und staatlicher Akteure

Auch die internationalen Aktivitäten von internationalen Organisationen bzw. Nichtregierungsorganisationen sowie einzelner Staaten im Rahmen ihres auswärtigen Dienstes lassen sich auf verschiedenste Gründe zurückführen – und weisen dementsprechend unterschiedliche Erscheinungsformen auf. Recht offensichtlich sind dabei die Gründe für staatliche Aktivitäten durch den jeweiligen auswärtigen Dienst: Im Rahmen der internationalen Vernetzung pflegen Länder ihre Beziehungen zu anderen Staaten, vertreten dort ihre (mitunter auch widersprüchlichen) außenpolitischen Interessen und bieten Unterstützung für ihre Unternehmer und Staatsbürger.67 Dass zu diesem Zweck die Präsenz vor Ort notwendig ist, dürfte offensichtlich sein.

Die Entstehungsgründe und Rechtfertigung für internationale (völkerrechtliche) Organisationen sind wiederum eng mit den Grenzen internationalen staatlichen Handelns verbunden. Wurden sie ursprünglich nach dem 2. Weltkrieg gegründet, um die Gefahr zukünftiger Kriege und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern,68 dienen sie im Zeitverlauf immer mehr auch der internationalen Koordination wirtschaftlicher Aspekte, humanitärer Ziele oder internationalen Umweltpolitik.69 Auch hierfür sind aus naheliegenden Gründen umfangreiche internationale Reisetätigkeiten bzw. Präsenz notwendig. Dies gilt sinngemäß ebenfalls für die inhaltlich kaum einzugrenzenden Tätigkeiten internationaler oder zumindest international tätiger Nichtregierungsorganisationen. Sie werden insbesondere im Bereich der humanitären Unterstützung und Entwicklungshilfe dabei immer stärker vor Ort, zumeist in Ländern oder Regionen mit erheblichen Risiken, und in neuen Organisationsformen tätig sein müssen, um ihre Ziele effizient erreichen zu können.70 Die bei all diesen internationalen Tätigkeiten staatlicher Stellen, internationaler Organisationen sowie Nichtregierungsorganisationen anzutreffenden, wesentlichen Erscheinungsformen werden daher ebenfalls in einem abschließenden Unterkapitel beschrieben.

2.2 Geschäftliche Auslands- und Reisetätigkeiten

2.2.1 Auslandsreisen/Dienstreisen

Auslandsreisen sind eine der einfachsten Formen der geschäftlichen Auslands- und Reisetätigkeiten; die sogenannte Dienstreise ist dabei gemäß Auslegung des jeweils einschlägigen Rechts in den deutschsprachigen Ländern ein im Voraus zeitlich begrenzter Aufenthalt im Ausland zu dienstlichen Zwecken. Im Zusammenhang mit der deutschen steuerrechtlichen Einordnung von Dienstreisen und auf Basis praktischer Überlegungen wird dabei häufig eine Frist von 3 Monaten als Abgrenzungsmerkmal genannt.71

Beispiel

Auslandsreisen können völlig losgelöst von (anderen) internationalen Tätigkeiten des Unternehmens oder der Organisation stattfinden: Beispielsweise wenn der Betriebsleiter einer rein regional tätigen Nahverkehrsgesellschaft eine Tagung des internationalen Fachverbandes für sein Fachgebiet in London besucht oder wenn ein bisher nur national tätiger Inhaber eines Mittelständlers zur Anbahnung von geplanten Exporttätigkeiten eine Reise nach Frankreich zu potenziellen Handelspartnern unternimmt.

Häufig finden sie aber im Kontext weitergehender internationaler Aktivitäten des Unternehmens statt, etwa um bereits bestehende Handels- oder Produktionspartner zu besuchen, kurzfristigere Tätigkeiten an einem Projektstandort zu verrichten oder eine Auslandsniederlassung zu besuchen.

Merke

Der Bereich der Auslands- und Dienstreisen ist hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Besonderheiten bereits in vielfältiger Form beleuchtet worden und betrifft – neben der Berücksichtigung steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Vorgaben sowie etwaiger Visa-Bestimmungen – vor allem Aspekte der Fürsorgepflicht für den oder die reisenden Mitarbeitenden.72 Darüber hinaus sind häufig Aspekte des Informationsschutzes von besonderer Relevanz, da Reisetätigkeiten mit ihren Verkehrsmitteln und Verkehrsstationen, grenzüberschreitende Zollbehandlungen und Hotelaufenthalte vielfältige Möglichkeiten zum Abschöpfen kritischer Informationen im Rahmen der Wirtschafts- und Industriespionage bieten.

2.2.2 Handelsbeziehungen

Eine ebenfalls weit verbreitete Form von internationalen geschäftlichen Tätigkeiten ist der internationale Handel. Dies meint den Export (bzw. die Ausfuhr gemäß deutschem Außenwirtschaftsgesetz AWG) sowie den Import (bzw. die Einfuhr gemäß Außenwirtschaftsgesetz) von Waren, Dienstleistungen sowie Kapital- und Zahlungsströmen, wobei zunächst auf den Ex- und Import von Waren und (zugehörigen) Dienstleistungen fokussiert werden soll.

Der reine grenzüberschreitende Handel ist für ein Unternehmen mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz und Risiko verbunden, da es sich selbst nicht mit eigenem Kapital oder Mitarbeitenden in großem Stil in anderen Ländern engagieren muss. Gleichzeitig kann es beim Bezug von Waren und Dienstleistungen im Rahmen des Imports oder bei deren Absatz im Rahmen des Exports von günstigen Standortbedingungen in den beteiligten Ländern profitieren. Gehandelt werden können einerseits einfache Güter ohne zusätzlichen Erklärungsbedarf (einfache Konsum- und Investitionsgüter, Agrarprodukte und Rohstoffe etc.) sowie andererseits komplexere Konsum- und Investitionsgüter, zu denen in der Regel zusätzliche Dienstleistungen notwendig sind.

Beispiel

Im Handel sind verschiedene Durchführungskonstellationen möglich. Ein Unternehmen kann beispielsweise direkt mit ausländischen Konsumenten (z.B. im Rahmen des Internethandels), mit ausländischen Importeuren (z.B. einem deutschen Lebensmittelimporteur, der Schweizer Spezialitäten importiert und dann weiter an seine Kunden verkauft) oder indirekt über einen inländischen Vertriebspartner, der für ihn das Exportgeschäft abwickelt, internationale Handelsbeziehungen pflegen.

Bei Handelsbeziehungen sind einige sicherheitsrelevante Besonderheiten relevant. Zunächst einmal sind die spezifischen rechtlichen Bestimmungen zu Export und Import in den beteiligten Ländern zu beachten, da für verschiedene Güter (Waffen und sog. Dual Use-Güter, Medikamente, bestimmte Kulturgüter oder Agrarprodukte) Verbote, Einschränkungen oder zumindest Kennzeichnungs- und Meldepflichten bestehen. Darüber hinaus gelten für einige Länder sowie Personen bzw. Organisationen im Ausland aus politischen oder sonstigen Gründen sog. Embargos für den Handel mit einzelnen Gütern oder generell für den Außenhandel. Verstöße gegen diese Vorschriften können empfindliche Strafen nach sich ziehen und je nach Fallkonstellation sogar als Verbrechen geahndet werden. Es ist daher vor der Aufnahme von Handelsbeziehungen immer obligatorisch, die einschlägigen Rechtsgrundlagen der EU (welche eine weitestgehend einheitliche Außenhandelspolitik betreibt) sowie der beteiligten Länder zu konsultieren.73

Weiterhin ist bei Handelsbeziehungen zu beachten, dass die gehandelten Waren und Güter den jeweiligen nationalen Sicherheitsbestimmungen entsprechen müssen, um Fälle der Produkthaftung im Vorfeld möglichst auszuschließen. Hierzu gehören nicht nur die Produkteigenschaften selbst, sondern beispielsweise auch die Gebrauchsanweisungen und -einschränkungen, welche dem Produkt beigelegt werden. Insbesondere Rechtsstreitigkeiten mit z.B. Konsumenten in den USA gelten aufgrund der dortigen Rechtspraxis als äußerst unangenehm. Die entsprechenden Vorkehrungen sind in der Regel nicht Gegenstand des Aufgabengebiets der Sicherheitsabteilungen von Unternehmen; es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass eigene Vertriebs- und Handelspartner hinsichtlich der Produkthaftung eine kritische Rolle spielen können, etwa wenn sie eigenen Sorgfaltspflichten beim Verkauf an den Endkunden nicht richtig nachkommen und sich der Geschädigte dann entlang der Wertschöpfungskette bis zum vermeintlich attraktivsten Haftungssubjekt in Deutschland, der Schweiz oder Österreich vorarbeitet. Die Auswahl und regelmäßige Überprüfung zuverlässiger Partner sowie die Einhaltung aller relevanten Sicherheitsbestimmungen ist daher durchaus ein Fall für entsprechende Fachleute in den exportierenden Unternehmen. Hinsichtlich des Imports von Gütern und Waren gilt dies in geringem Umfang ebenfalls, etwa wenn ein ausländischer Lieferant schlechte Qualität abliefert oder Sicherheitsstandards nicht einhält, was für das betroffene Unternehmen wiederum Probleme der Produkthaftung (bei Verwendung der schadhaften Vorerzeugnisse) oder auch der Reputation mit sich bringen kann.

Schließlich sollte bei Handelsbeziehungen dem Aspekt der Informationssicherheit je nach Produkt und Land eine gewisse Bedeutung geschenkt werden, da sich internationale Handelspartner entlang der Wertschöpfungskette gerade bei längerfristigen Beziehungen erhebliches Wissen über Produkteigenschaften, Preis- und Konditionenpolitik oder Kundendaten aneignen können. Auch der Ausfall von Forderungen für ins Ausland gelieferte Waren und Dienstleistungen stellt ein zu berücksichtigendes Risiko dar, welchem idealerweise präventiv begegnet wird. Denn die Durchsetzung von Forderungen gegenüber ausländischen Schuldnern ist häufig deutlich schwieriger, als dies bereits bei reinen Inlandsgeschäften der Fall ist.

Merke

Auch vermeintlich einfache Handelsbeziehungen können vielfältige, sicherheitsrelevante Fragestellungen aufwerfen, die ein den jeweiligen Risiken entsprechendes Sicherheits- und Compliance-Management erfordern. Insbesondere die rechtlichen und finanziellen Risiken sind dabei nicht zu unterschätzen.

2.2.3 Projekttätigkeiten

Eine spezifische Form des Außenhandels im Bereich der Dienstleistungen (oder auch in anderen rechtlichen Konstellationen) stellen Projekttätigkeiten im Ausland dar. Hierbei werden Mitarbeitende für einen teilweise deutlich längeren Zeitraum projektbezogen und somit wiederum zeitlich befristet an einem ausländischen Ort eingesetzt. Häufig sind diese Konstellationen im Bereich von Beratungs- und Ingenieurdienstleistungen, Bautätigkeiten, IT-Projekten oder vergleichbaren Branchen anzutreffen, wobei die jeweiligen rechtlichen Konstellationen zwischen ursprünglichem Auftraggeber, Projektgesellschaften, Auftragnehmern und Subunternehmen sowie den einzelnen Mitarbeitern bis hin zu „Freelancern“ mitunter sehr undurchsichtig sind. Zunächst einmal sind hierbei wiederum die rechtlichen Verpflichtungen im Rahmen der Fürsorgepflicht gegenüber den eingesetzten Mitarbeitenden zu klären und einzuhalten, wobei es sich je nach Zeitverhältnissen des Projekts nicht mehr um eine reine Dienstreise handelt. Darüber hinaus werden bei mittel- bis längerfristigen Projekten auch Büroräumlichkeiten oder andere Liegenschaften vor Ort genutzt, einheimisches Personal beschäftigt und eingesetzt oder umfangreichere finanzielle Transaktionen abgewickelt.

Projekte werden in Unternehmen aufgrund ihrer zeitlichen Befristung aus dem Blickwinkel der Auslands- und Reisesicherheit erfahrungsgemäß gerne vernachlässigt. Hiervon ist in jedem Fall abzuraten. Die häufig komplexen Organisations- und Vertragsstrukturen mit mehreren Beteiligten, der bei fast allen Projekten irgendwann eintretende Kosten- und Zeitdruck sowie die je nach Projektart und Ort mit den Projekten einhergehenden Konflikte machen gerade derartige Projekttätigkeiten im Ausland zu einem hochsensiblen Unterfangen.

Merke

Für jedes Projekt, das Ressourcen vor Ort länger als die Dauer einer typischen Dienstreise notwendig macht oder mit spezifischen Gefahren verbunden ist, sollte immer eine eigenständige Risikoanalyse durchgeführt und im Vorfeld ein Sicherheitskonzept erstellt werden. Erst dann kann abschließend überprüft werden, ob das avisierte Projekt unter Berücksichtigung der relevanten Risiken und damit verbundenen Kosten zur Risikominimierung tatsächlich wirtschaftlich und aus unternehmerischer Sicht sinnvoll ist.

2.2.4 Internationales Outsourcing und Lizenzierungen

Zwischen reinen Handelsbeziehungen und Auslandsinvestitionen in Form von Direktinvestitionen gibt es für dauerhafte unternehmerische Auslandstätigkeiten noch Zwischenformen. Diese werden in der Literatur und Praxis nicht immer einheitlich bezeichnet und umgesetzt, lassen sich jedoch unter den Begriffen internationales Outsourcing bzw. Offshoring subsumieren.74

Unter Outsourcing versteht man grundsätzlich die Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten des Unternehmens auf externe Partner. Aus Kostengründen befinden sich diese insbesondere im Bereich der Produktion und unternehmensnaher Dienstleistungen häufig im Ausland, wobei die Verlagerung von Teilen der Wertschöpfungskette ins Ausland wiederum als Offshoring bezeichnet wird.75

Beispiel

Geläufige Beispiele sind die internationale Auftragsfertigung in der Textil- und Bekleidungsindustrie oder der Spielzeugindustrie76 sowie das Outsourcing von unternehmensnahen Dienstleistungen wie IT-Services in osteuropäische oder asiatische Länder.77

Wirtschaftlich sind diese Modelle stark umstritten, da sie mit Arbeitsplatzverlusten im Heimatland einhergehen, andererseits jedoch mittel- bis langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in den Industrieländern und somit auch die dortigen Arbeitsplätze sichern sollen.78

Neben dem Outsourcing von Produktions- und Unterstützungsprozessen können auch internationale Vertriebsaktivitäten (mit) ausgelagert werden, wobei man dann seltener von Outsourcing, sondern von Lizenzierung oder Franchising spricht. Internationale Partner erhalten hierbei das Recht, ein Produkt oder eine Leistung unter Verwendung immaterieller Vermögenswerte des Lizenzgebers (Patente, Marken, Know-how etc.) in einem bestimmten Land exklusiv zu nutzen. Dafür zahlen sie je nach gewähltem Modell und konkreter vertraglicher Regelung einen pauschalen Betrag oder eine stückzahlen- bzw. umsatzbezogene Vergütung. Beim Franchising werden noch weitere Leistungen vom sog. Franchisegeber (etwa Managementunterstützung) gewährt.

Beispiel

Typische Beispiele von Lizenzierungen und Franchising sind internationale Lizenzfertigungen (z.B. Bekleidung, Parfums, Merchandising-Artikel), der Vertrieb von Konsum- oder Industriegütern bzw. gastronomische Konzepte (z.B. Fastfood-Restaurants).

Bei Outsourcing-Modellen und Lizenzierungen sind die beteiligten internationalen Unternehmen vertraglich sehr eng gebunden und oft auch noch über Markennamen etc. klar einander zuzuordnen. Dies wirft aus Reputationssicht Probleme auf, wenn die Outsourcing-Partner oder Lizenznehmer durch schlechte Arbeits- und Sicherheitsstandards oder sonstige Probleme negativ auffallen. Beispielhaft erwähnt seien hier diverse Vorfälle in der Textilindustrie (KIK, Nike) hinsichtlich der Produktionsbedingungen oder umstrittene Verkäufe von Waffen aus der Lizenzfertigung von Heckler & Koch.79

Merke

Im Rahmen eines internationalen Sicherheitsansatzes entlang der gesamten Wertschöpfungskette müssen daher in derartigen Konstellationen Sicherheitsstandards für alle Beteiligten klar definiert, vertraglich geregelt und auch regelmäßig im Rahmen von Audits überprüft werden. Zudem ist bei einer derart engen Verflechtung immer auch zu berücksichtigen und durch geeignete Maßnahmen zu steuern, dass der Informationsschutz proprietärer Informationen gegenüber den Partnern sowie seitens der Partner gegenüber Mitarbeitenden, Mitbewerbern etc. sichergestellt wird.

2.2.5 Auslandsinvestitionen (Direktinvestitionen)

Unternehmen aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz können sich langfristig im Sinne einer sog. Direktinvestition (Investition mit Steuerungs- und Kontrollinteressen) in einem Drittland wirtschaftlich engagieren.

Merke

Direktinvestitionen sind dadurch gekennzeichnet, dass Anteile oder Stimmrechte am Kapital und an den Rücklagen von ausländischen Unternehmen, Zweigniederlassungen und Betriebsstätten von mehr als 10% unmittelbar bzw. von zusammen mehr als 50% unmittelbar und mittelbar gehalten werden.80

Dabei sind folgende Konstellationen denkbar:

■Übernahme oder wesentliche Beteiligung an einem ausländischen Unternehmen (dies wird auch als Brownfield-Investment bezeichnet),81

■Gründung einer ausländischen Tochtergesellschaft, Betriebsstätte oder Auslandsniederlassung (sog. Greenfield-Investment)82 oder

■langfristiges Joint Venture, d.h. gemeinsame Gründung einer ausländischen Tochtergesellschaft mit einem in der Regel ausländischen Partner.

Bei den internationalen Direktinvestitionen handelt es sich somit ebenfalls um eine Form von Offshoring, wobei jedoch kein Outsourcing erfolgt. Welche Ziele und Funktionen mit der Direktinvestition verbunden sind, ist dabei von den spezifischen Unternehmensbedürfnissen und der jeweiligen Fallkonstellation abhängig: Produktionsstätten im Ausland sind beispielsweise ebenso möglich wie eigene Vertriebsorganisationen.

Bei Übernahmen von Unternehmen, Beteiligungen oder gemeinsamen Gründungen mit einem ausländischen Partner ist in jedem Fall eine detaillierte Analyse des Unternehmens, seiner Infrastrukturen, Kapitalgeber und der Geschäftspartner im Sinne einer „Safety & Security Due Diligence“ notwendig, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben.83 Weiterhin sind an allen Standorten im Ausland, die in der Regel in der vollen (Mit-)Verantwortung des Investors liegen, die notwendigen standortspezifischen Sicherheitsmaßnahmen zu evaluieren und umzusetzen. Hinsichtlich der Sicherheit der reisenden Mitarbeitenden sind nicht nur Dienstreisen an die ausländischen Standorte zu berücksichtigen, sondern auch Reisen der Mitarbeitenden der Auslandsgesellschaften. Das betroffene Unternehmen wird bei entsprechend umfangreichen Direktinvestitionen nicht nur zu einer „multinationalen Unternehmung“, sondern verfügt auch über eine internationale „mobile workforce“ mit unterschiedlichsten Bedürfnissen, Rechten und Pflichten aus unterschiedlichen Rechtsquellen.

Merke

Bei Direktinvestitionen handelt es sich somit um eine anspruchsvolle, in der Regel langfristig ausgelegte Auslandstätigkeit mit hohem Kapitaleinsatz und großen unternehmerischen Risiken, denen durch adäquate Risikoeinschätzungen und Sicherheitskonzepte Rechnung getragen werden muss.

2.2.6 Finanzielle Investitionen im Ausland (Portfolioinvestitionen)

Als Sonderfall geschäftlich bedingter Auslands- und ggf. Reisetätigkeiten sollen abschließend noch die sogenannten Portfolioinvestitionen betrachtet werden.

Merke

Bei Portfolioinvestitionen handelt es sich um „Übertragungen inländischen Kapitals ins Ausland zum Zweck des Erwerbs von Forderungen, die keine direkten Eigentumsrechte begründen, z.B. von Anteilen an Immobilienfonds, von Anleihen sowie von Anteilen an Unternehmen, sofern damit nicht ein wesentlicher Einfluss auf die Unternehmenspolitik verbunden ist.“84

Es sollte vor entsprechenden Investitionen immer eruiert werden, welche Rechte Anlegern generell im jeweiligen Land zur Verfügung stehen und um welche Investitionsobjekte (d.h. Unternehmen, Geschäfts- oder Privatbanken etc.) es sich handelt. Insbesondere beim letztgenannten Aspekt können Erkenntnisse der Sicherheitsabteilungen bzw. Sicherheitsbehörden allenfalls hilfreich sein, etwa zu Verhalten und Bonität der Betroffenen in der Vergangenheit, Compliance-Aspekten und möglichen Berührungspunkten zur organisierten Kriminalität. Schließlich sind auch die allgemeinen Regelungen der jeweiligen Außenwirtschaftsgesetze zum grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr, entsprechende Meldepflichten oder Embargos/Finanzsanktionen zu berücksichtigen.

Merke

Bei Portfolioinvestitionen sind zusammenfassend somit vor allem Aspekte des Investitions- und Anlegerschutzes relevant.

2.3 Private und persönliche Auslands- und Reisetätigkeiten

2.3.1 Touristische und private Reisetätigkeiten

Private Reisetätigkeiten aus touristischem oder privatem Interesse lassen sich grob in sog. Individualreisen und Pauschalreisen unterteilen.

Merke

Während die Individualreise durch den oder die Reisenden weitestgehend selbständig organisiert werden (allenfalls unter Inanspruchnahme der Leistungen eines sog. Reisevermittlers, also eines Reisebüros), sind bei Pauschalreisen die Leistungen von mindestens zwei Hauptreiseleistungen (z.B. Flug und Hotelübernachtung) gebündelt worden und werden seitens des Reiseveranstalters zu einem Pauschalpreis angeboten.85

Heutzutage übersteigt der Anteil der Individualreisen den Anteil der Pauschalreisen an den jährlichen Reisetätigkeiten, die im deutschsprachigen Raum gebucht werden, deutlich.

Insbesondere bei Individualreisen kommt den Reisenden hinsichtlich der Sicherheit während Auslandsaufenthalten eine hohe Eigenverantwortung zu. Reisevermittler sind diesbezüglich aufgrund ihrer besonderen Sachkunde lediglich dazu verpflichtet, ihren Informationspflichten über besondere Gefahren am Urlaubsort sowie sonstige allenfalls sicherheitsrelevante Aspekte (gesundheitspolizeiliche Erfordernisse, Pass- und Visavorschriften etc.) nachzukommen.86

Bei Pauschalreisen gilt dies sinngemäß, wobei hier weitergehende Informationspflichten auch während der Reise in Betracht kommen können. Zudem stellen Reiseveranstalter allenfalls einen Reiseleiter als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung oder verfügen, je nach Größe und angebotenen Leistungen, über ein eigenes Notfall- und Krisenmanagement.87 Darüber hinaus sind jedoch die Erbringer der eigentlichen Reiseleistung (also z.B. Fluggesellschaften, Schifffahrtsunternehmen, Hotelbetreiber etc.) grundsätzlich für die Sicherheit ausschließlich ihrer Leistungen verantwortlich. Durchgängig sicherheitsgerechtes Verhalten ist somit vor allem, angefangen bei der Auswahl von Reisedestinationen bis hin zum Auftreten vor Ort, Sache der Reisenden selbst.

Merke

Auch bei privat bedingten Urlaubsreisen sind, analog zu den Geschäftsreisen, Aspekte der persönlichen Sicherheit