Greta Garbo - Kristina Lüding - E-Book
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Greta Garbo E-Book

Kristina Lüding

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Beschreibung

Greta Garbo ist die Göttliche, die Unfehlbare, die schwedische Sphinx Greta ist 15, als sie eine heißbegehrte Stelle in einem Stockholmer Kaufhaus ergattert. Ein Glücksgriff, denn das Geld ist knapp in ihrer Familie, und Greta muss arbeiten, anstatt zur Schule zu gehen. Doch was sie nun verdient, will sie in ihre Zukunft investieren: in eine Schauspielausbildung. Tatsächlich besteht sie die Aufnahmeprüfung an der renommierten Schauspielakademie des Königlichen Dramatischen Theaters. Bald wird ein international bekannter Regisseur auf die junge, bildschöne Frau aufmerksam. Fasziniert von ihrer Präsenz und Ausstrahlung gibt er ihr eine Hauptrolle: Es ist der Beginn ihrer sagenhaften Filmkarriere. Doch kann die glitzernde Welt Greta wirklich glücklich machen? Eine einfühlsame Romanbiografie über die leuchtende Schönheit und Leinwandgöttin Greta Garbo, die ihr Leben lang einsam blieb.

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Greta Garbo

Die Autorin

KRISTINA LÜDING wuchs in einer Kleinstadt in Ostwestfalen auf. Ihr Elternhaus grenzte an einen Wald, in dem sie mehr Zeit verbrachte als in ihrem Kinderzimmer. Inzwischen lebt sie in einem niedersächsischen Dorf, wieder mit einem Wäldchen gleich nebenan. Kristina Lüding ist Mutter von drei erwachsenen Söhnen und Großmutter einer Enkelin.

Von der Autorin ist in unserem Hause außerdem erschienen:Margarete Steiff – Teddybären und Kinderträume 

Kristina Lüding

Greta Garbo

Die einsame Göttin

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein.de

Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch1. Auflage Juli 2023© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2023Umschlaggestaltung: bürosüd° GmbH, MünchenTitelabbildung: www.buerosued.de (Hintergrund);© Granger / Bridgeman Images (Greta Garbo)Autorenfoto: © privatE-Book-Konvertierung powered by pepyrusISBN 978-3-8437-2826-3

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Inhalt

Titelei

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

 

Inhaltsanfang

1. Teil

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

2. Teil

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

3. Teil

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

4. Teil

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Anhang

Nachwort

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Inhaltsanfang

Widmung

Für Christel,die das Glück hatte, die Garbo in Berlin zu treffen

   

Zitat

Greta Gustafsson könnte durchaus ein schwedischer Filmstar werden …

(Auszug aus einem schwedischen Zeitungsartikel über Greta Garbos, damals noch Gustafsson, Filmdebüt Luffar-Petter)

   

New York, wenige Tage vor Ostern im Jahr 1990

Sie hatte kein Licht im Hausflur angemacht. Vorsichtig tastete sie sich an der Wand entlang, die rechte Hand auf ihren Stock gestützt, vorbei an den Briefkästen und dem Aushang der Hausordnung. Ihre klammen Finger tasteten weiter bis zur Haustür mit dem kühlen Türknauf.

Einen kurzen Moment hielt sie noch inne, ehe sie die Tür vorsichtig öffnete.

Es nieselte, und die Menschen hasteten an ihr vorbei, die Köpfe eingezogen, die Gesichter missmutig.

Sie dagegen hatte nichts gegen Regen. Früher war sie jeden Tag durch die Stadt und den Park spaziert, egal, wie das Wetter war.

Sie spähte durch die Tür. Wo stand er diesmal? Wieder gleich gegenüber im Hauseingang neben dem Restaurant, in dem sie häufig gegessen hatte? Meistens hatte sie an einem der Tische ganz hinten gesessen, das Gesicht unter einer Hutkrempe oder einer großen Brille verborgen. Es war ein Hauch von Hoffnung gewesen, irgendwie doch in der Anonymität dieser großen Stadt zu versinken, mit ihr zu verschmelzen. Dabei hatte sie geahnt, gewusst, dass er oder einer seiner Kollegen irgendwo dort draußen stand und nur auf den richtigen Augenblick wartete.

In den vergangenen Jahren hatte sie sich oft gefragt, warum sie der Welt noch immer so wichtig war. War es inzwischen zu einer Art Spiel, einem Wettbewerb geworden, sie aufzuspüren? Wollten sie sich gegenseitig herausfordern, übertrumpfen?

Sie fröstelte und zog die mageren Schultern hoch. Neuerdings war ihr ständig kalt.

Mit angehaltenem Atem blickte sie sich um, bevor sie sich durch die Tür zwängte. Sie versuchte stets, sie nur einen kleinen Spalt weit zu öffnen, um sich im letzten Moment doch noch ins Haus zurückziehen zu können. Immer war sie darauf gefasst, dass er aus einem seiner Verstecke hervorspringen würde, den Fotoapparat nicht nur griffbereit, sondern direkt auf ihr Gesicht gerichtet.

Sie machte einen zögernden Schritt, zwei, drei, blickte nach rechts, links, wieder nach rechts.

Niemand war zu sehen.

Zeit für Erleichterung, für ein Aufatmen gönnte sie sich nicht. Rasch ging sie weiter, wünschte, ihre Beine wären nicht so schwerfällig.

Das gelbe Taxi wartete bereits, der Fahrer stieg aus und kam auf sie zu. »Warten Sie, Ma’am, ich helfe Ihnen!« Er fuhr sie seit einiger Zeit regelmäßig.

»Nicht nötig«, wollte sie sagen, als sie einen Schatten wahrnahm, eine flüchtige Bewegung. Nein, verflucht! Wo hatte er gelauert? Normalerweise hätte sie sich reflexartig die Handtasche vors Gesicht gehalten – früher war es auch oft eine Zeitung gewesen – oder wenigstens den Arm abwehrend gehoben. Heute jedoch gelang es ihr nicht. Die lange Dialyse hatte ihren Körper geschwächt.

Der Schreck über die plötzliche Schutzlosigkeit fuhr ihr in die alten Glieder. Doch sie schüttelte es ab, legte all ihre Verachtung, ihre Wut in den Blick, den sie ihm entgegenschleuderte. »Verschwinden Sie, zum Teufel! Lassen Sie mich in Ruhe!«

Es klickte mehrmals hintereinander. Das Geräusch kannte sie so gut wie kaum ein anderes. Es war noch immer so vertraut.

Der Taxifahrer sprang herbei, drängte den Mann beiseite. »Haben Sie nicht gehört? Sie sollen verschwinden!«

Er legte die Hand auf ihren Unterarm und führte sie sacht, aber sicher zum Wagen. »Vorsichtig, Ma’am«, sagte er leise. »Stoßen Sie sich nicht den Kopf.«

Breitbeinig stand er in der Tür, schirmte sie so vor dem Mann hinter ihnen ab und wartete, bis sie auf dem Rücksitz Platz genommen hatte. Er schloss die Tür, redete laut auf den Mann ein, der noch immer versuchte, an ihm vorbei ins Wageninnere zu schauen. Und endlich die Fotos machen zu können, für die er so lange ausgeharrt hatte.

Bislang war sie ihm immer einen Schritt voraus gewesen. Nur heute nicht. Heute hatte er gesiegt.

Sie stellte sich vor, wie er hektisch losrannte, noch schnell die Zigarette ausdrückte. Vielleicht rief er von der nächsten Telefonzelle aus in der Redaktion an, für die er arbeitete. Für die er sich Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr die Beine in den Bauch gestanden hatte. »Ich hab sie!«

Sein Redakteur würde vielleicht sagen: »Wurde auch Zeit.«

Der Taxifahrer sprang auf den Sitz, verriegelte die Tür und fuhr mit quietschenden Reifen los. Er warf einen Blick in den Rückspiegel, schnaubte und murmelte etwas wie: »Verdammte Aasgeier«.

Sie überlegte, wühlte in ihrem Gedächtnis, wer das schon einmal zu ihr gesagt hatte. Früher, vor so vielen ungezählten Jahren. Es wollte ihr nicht einfallen.

»Würden Sie mich gegen eins wieder abholen?« Auch ihre Stimme, einst so voll und dunkel, war schwach.

Er nickte. »Selbstverständlich, Ma’am.«

Das Taxi pflügte sich durch den New Yorker Verkehr, der wie jeden Tag eine Herausforderung war.

Sie schloss die Augen, erinnerte sich an den Tag, als sie das erste Mal hergekommen war. Sie sah sich wieder am Hafen stehen und sich umblicken. New York! Amerika! Und sie mittendrin, ein blutjunges Ding von gerade mal neunzehn Jahren. Ein Mädchen aus Schweden, unerfahren, ängstlich und verwirrt von all dem, was auf sie einprasselte. Aber so voller Pläne und Leben.

»Die Freiheitsstatue! Sie steht für ein Land, in dem alles möglich ist!«, hörte sie Stiller wieder rufen. »Wir sind in Amerika!«

Sie schluckte, musste lächeln. Stiller.

»Ma’am? Miss Garbo? Wir sind gleich da …«

1. Teil

1921–1923

Kapitel 1

Stockholm im Frühjahr 1921

Greta hatte die Tür vom Nebeneingang des PUB hinter sich ins Schloss fallen lassen. Seit dem vergangenen Jahr arbeitete sie in der Hutabteilung des großen Kaufhauses. Das PUB war nach dem Inhaber Paul U. Bergström benannt. Es war ein hohes Gebäude mit einem Giebel, über dessen Eingangstür eine Uhr hing.

Einen Augenblick blieb sie stehen, legte den Kopf in den Nacken und schaute in den wolkenlosen Himmel. Endlich Feierabend!

Sollte sie gleich nach Hause gehen oder noch ein bisschen durch die Stadt schlendern, auch wenn ihre Füße vom vielen Stehen brannten? Das Wetter war so herrlich, und sie sehnte sich nach frischer Luft.

Die Entscheidung wurde ihr abgenommen. Plötzlich griffen Hände nach ihr. »Hab ich dich!«

Greta stieß einen spitzen Schrei aus, wusste jedoch sofort, wer sie gepackt hatte. »Eva! Musst du mich so erschrecken!«

»Ja.« Ihre Freundin lachte. »Es macht einfach zu viel Spaß. Ich stehe mir hier schon seit einer Ewigkeit die Beine in den Bauch. Hast du Überstunden gemacht?«

Greta schüttelte den Kopf. »Ich hab getrödelt.«

»Trödelliese. Wollen wir einen Stadtbummel machen, oder bist du zu erledigt?«

»Beides«, wäre die ehrliche Antwort gewesen. Im Geiste überschlug sie, wie viele Kronen sie noch in der Börse hatte. Würde es reichen? Als Kind armer Eltern hatte sie gelernt, jede noch so kleine Ausgabe durchzurechnen. Außerdem fühlte sie sich seit dem Tod des Vaters – oh, wie vermisste sie ihn! – verpflichtet, etwas zum Lebensunterhalt beizusteuern.

»Ich lade dich zu einem Glas Limonade und einem Stück Kuchen ein. Na? Klingt das nicht verlockend?«

»Zu verlockend.« Greta warf einen Blick auf die Uhr. Ein Stündchen könnte sie sicher fortbleiben, ehe ihre Mutter sich ernsthaft Sorgen machen würde. Es kam durchaus vor, dass sie etwas länger bleiben musste, wenn zu viel zu tun war.

Ihr Schweigen nahm Eva als Einverständnis. »Dann ist es abgemacht, fein.« Ihre Freundin hakte sie unter und zog sie auf den Gehweg. »Und? Was macht die Arbeit? Welche Hüte trägt man in diesem Frühjahr?« Sie deutete nach vorn. »Lass uns ins Café Persson gehen, ja?«

Während sie die Straße überquerten, plapperte Eva munter weiter. »Du siehst übrigens gut aus, Greta. Richtig erwachsen, dachte ich so bei mir, als du aus der Tür kamst.«

Ein Automobil fuhr an ihnen vorbei, und sie starrten ihm hinterher.

»Todschick, oder?« Eva seufzte. »Ich will auch unbedingt den Führerschein machen.«

Greta schaute sie verblüfft an.

»Was guckst du denn so? Findest du das so seltsam?«

Zwei schwatzende Frauen mit eleganten Hüten rempelten sie an, entschuldigten sich nicht einmal und gingen weiter.

Greta blickte ihnen nach. Die Hüte kamen ihr bekannt vor.

Wieder seufzte ihre Freundin. »Ich wünschte, ich könnte auch so was tragen.«

»Jeder kann einen Hut tragen.«

Eva hielt ihr die Tür des Cafés auf, das um diese Zeit gut besucht war. »Jeder? Glaub ich nicht.« Sie blickte sich kurz um und raunte: »Hinten am Fenster wird gerade ein Tisch frei.« Sie umfasste Gretas Handgelenk. »Komm, schnell!«

Greta stolperte über ihre eigenen Füße und fluchte leise. Manchmal war sie wirklich zu tollpatschig!

Kichernd setzte Eva sich. »Geschafft! Ich nehme Käsekuchen, und du?«

Greta nahm ihr gegenüber Platz und schaute aus dem Fenster. Von hier aus war das Kaufhaus zu sehen. Gedankenverloren betrachtete sie die Zeiger der Uhr über dem Eingang.

»Damit wir sehen können, wenn wir eine Minute zu spät kommen«, hatte eine Kollegin gemeint, die sie herumgeführt hatte.

Oder viel zu früh, hatte Greta gedacht. Sie war nämlich meistens zu früh.

Ob man sich angewöhnen konnte, zu spät zu kommen? Konnte man sich überhaupt an etwas gewöhnen, das einem äußerst schwerfiel? Zum Beispiel auch an die Leere, die ihr Vater hinterlassen hatte und die niemand auszufüllen vermochte?

»Armes Ding«, hatte die Kollegin zu ihr gesagt. »Mit vierzehn den Vater zu verlieren, muss schrecklich sein.«

Eva schnippte mit den Fingern vor ihrem Gesicht. »Greta? Wo warst du gerade?«

»Bei … meinem Papa.« Sie schluckte.

Ihre Freundin legte ihr die Hand auf den Arm. »Du Arme.«

Den Tod des Vaters hatte Greta lange nicht glauben, nicht begreifen wollen. Es konnte nicht sein, dass er nicht mehr da war, dass er tot in diesem schrecklichen Sarg lag. Dass er nie wieder sprechen, lachen und ihr übers Haar streichen würde. »Wir beide, nicht wahr?«, hatte er gern gesagt und sie liebevoll angeschaut. Jedes Mal war ihr das Herz aufgegangen, und sie hatte sich gesagt, dass sie ein ungeheures, geradezu unverschämtes Glück hatte, einen solchen Vater zu haben. Er war sanft und gutmütig gewesen, und er war der erste Mensch, der sie mit ins Theater genommen hatte. Nie würde sie den besonderen Geruch von Schweiß und Puder, das Flirren und Tanzen der feinen Staubkörnchen vergessen, nie das freudig-aufgeregte Herzklopfen, als der Vorhang sich lichtete und ein Schauspieler die ersten Worte sagte. Das ist meine Welt, hatte sie gedacht, die und keine andere.

Fast vier Jahre war das jetzt her, und schon davor hatte sie oft am Nebeneingang des Theaters gestanden und die Schauspieler beobachtet, die hineingingen. Könnte sie doch nur eine von ihnen sein! Mit der Zeit nickte der eine oder andere ihr zu, schien sie wiedererkannt zu haben.

Oft stand Greta daheim vor dem Spiegel und fragte sich verzweifelt, ob sie hübsch genug war, besser gesagt, noch werden würde. Als Schauspielerin musste man unbedingt hübsch sein, mit einem ebenmäßigen Gesicht und einer schlanken, anmutigen Gestalt. Sie besaß weder das eine noch das andere. Ihr Gesicht war eher rundlich, die Nase zu groß, das Kinn zu ausgeprägt, das Haar kraus, ihre Figur nicht elfenhaft-zierlich, sondern bäuerlich-grobschlächtig. Aber sie war recht groß für ein Mädchen, und wahrscheinlich würde sie noch weiterwachsen und das Pummelige sich allmählich in schlanke, wohlgeformte Festigkeit verwandeln. Vielleicht bekäme sie das krause Haar mit einem Glätteisen gebändigt, und das runde, noch immer pausbäckige Mädchengesicht würde ebenfalls schmaler werden und etwas Weibliches zutage fördern. Ein Gesicht, bei dem man ein zweites Mal hinschauen würde.

»Greta?«

Sie fuhr zusammen.

»Du warst wieder weit weg, oder?«

»Ich bin nun mal keine Elfe«, sagte sie kläglich.

»Wie kommst du jetzt auf Elfe?«

»Ich musste gerade daran denken, wie Papa mich das erste Mal mit ins Theater genommen hat.« Sie senkte den Kopf und schluckte. Fang jetzt bloß nicht an zu heulen, nicht hier vor allen Leuten!

Die Kellnerin kam, eine Frau mit strengem Dutt und mürrischer Miene. »Was kann ich euch bringen?« Sie wischte den Tisch ab, übersah dabei jedoch ein paar Krümel.

»Zweimal Limonade und zwei Stück Käsetorte. Oder willst du was anderes, Greta?«

»Nein.«

Die Kellnerin sah sie nachdenklich an. »Dich kenne ich doch. Du arbeitest drüben im PUB, oder?«

Greta nickte.

»In der Hutabteilung.«

Wieder ein Nicken.

»Bist nicht sehr gesprächig, was?«

»Nein.«

Eva gluckste.

Die Frau hob die Augenbrauen, murmelte etwas und zog ab.

Eva wischte die Krümel mit der Hand zusammen und ließ sie mit bedeutungsvollem Blick auf den Linoleumboden rieseln. »Sie reißt sich vor Freundlichkeit nicht gerade ein Bein aus. Wäre ich Kellnerin, wäre ich zu jedem Gast höflich und freundlich.«

»Warum bist du’s nicht?«

Ihre Freundin hob die Augenbrauen. »Höflich und freundlich? Na, hör mal …«

»Kellnerin.«

»Ach so. Nein, das ist nichts für mich. Ich muss zu Hause schon immer alle bedienen.«

Greta nickte, sie machte sich auch nichts aus Hausarbeit.

»Du hast meine Fragen übrigens noch nicht beantwortet.«

Sie blinzelte seufzend. »Es waren so viele, Eva.«

Ihre Freundin lachte. »Du hast recht, ich weiß sie selbst nicht mehr.«

Limonade und Kuchen wurden gebracht, und eine Zeit lang tranken und aßen sie schweigend. Greta genoss die himmlische Stille! Sie hatte Eva wirklich gern, sie war ihre einzige Freundin, aber es war oft furchtbar anstrengend mit ihr. Eva schwatzte unablässig über dies und das und jenes und stellte ununterbrochen Fragen, die Greta überforderten.

Sie spürte, wie sie die vertraute Traurigkeit überkam. Doch das würde sie nicht zulassen, nicht jetzt, nicht hier. Entschlossen räusperte sie sich und stocherte in ihrem Kuchen.

»Ist der neue Katalog schon da?« Eva trank ihre Limonade aus und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.

Greta griff in ihre Handtasche, die sie sich von ihrem ersten Lohn gekauft hatte. Sie legte den Katalog auf den Tisch, mitten in eine kleine Limonadenpfütze.

Eva zog ihn zu sich und blätterte darin. »Ui, die sind aber schick! Und wie hübsch du damit aussiehst!«

Als Bergström Greta gefragt hatte, ob sie Modell für die neue Frühjahrskollektion stehen wollte, hatte sie erst ablehnen wollen. Sie und Modell!

Doch dann hatten auch zwei Kolleginnen auf sie eingeredet, und schließlich hatte sie eingewilligt.

»Du hast ein Hutgesicht, ich sag’s ja.«

Greta beugte sich vor und zeigte auf das Modell Jane, einen großen Hut mit breiter Krempe. »Den finde ich am hübschesten.«

»Du siehst damit aus wie eine Dame.«

Sie musste lachen und verschluckte sich. Sie presste beide Hände vor den Mund, um nicht auf den Tisch zu spucken, was Eva veranlasste, so laut zu lachen, dass zwei ältere Damen am Nebentisch missbilligend herüberstarrten. Eine der beiden blies entrüstet die Wangen auf.

Nun konnte sich Eva gar nicht mehr beherrschen und prustete los. Greta wurde angesteckt, und sie kicherten, bis ihnen die Tränen übers Gesicht liefen.

Es tat gut, endlich mal wieder so zu lachen. Wie lange war das her? Ob ihr Vater ihnen gerade zuschaute? Von irgendwoher? Freute er sich darüber, oder dachte er, dass sie ihn wohl vergessen hatte?

Abrupt hielt sie inne.

»Was hast du denn?«, fragte Eva.

»Gar nichts.«

Ihre Freundin war mitfühlend, und sie verstand, wie sehr Greta ihren Vater vermisste. Doch wie alle war auch sie der Meinung, dass Traurigkeit und Sehnsucht verschwanden. Eines Morgens wachte man auf, und alles war wieder gut.

Von wegen, gar nichts war gut, egal, wie viele Tage, Monate und Jahre noch vergehen würden. Ihr Vater würde ihr auf alle Ewigkeit fehlen.

Greta schob den Kuchenteller von sich und trank die Limonade in einem großen Zug aus.

Eva tätschelte ihren Handrücken. »Wollen wir noch einen kleinen Spaziergang machen?« Und mit vielsagendem Blick auf die Damen am Nebentisch fügte sie hinzu: »Hier drin ist Fröhlichkeit verboten.«

Kapitel 2

Dieser Nachmittag war ungewöhnlich warm für einen Frühlingstag. Greta stand in der Hutabteilung und tat so, als sähe sie einer Kundin bei der Anprobe zu. Ihre Gedanken waren wie meistens längst abgeschweift. Was ließe sich mit diesem herrlichen Tag alles anfangen? Sie arbeitete gern im PUB, aber manchmal wünschte sie, sie könnte sich einfach davonstehlen und ein bisschen durch die Stadt schlendern.

Sie erinnerte sich noch gut daran, was ihre Mutter damals gesagt hatte, nachdem sie sich aus dem Ferienlager davongemacht hatte. »Du kannst doch nicht einfach weglaufen, Greta. Manchmal muss man eben die Zähne zusammenbeißen und sich anpassen.«

»Aber ich hasse das Ferienlager«, hatte sie erwidert. »Nur die armen Kinder müssen dorthin.«

Sie war auch zweimal von zu Hause weggelaufen, einmal hatte sie den Zug Richtung Süden genommen und sich in der Toilette versteckt. Ein aufmerksamer Schaffner hatte sie entdeckt und in den nächsten Zug nach Stockholm gesetzt. Ihre Mutter war außer sich gewesen, während ihre Geschwister sie für ihren Mut bewundert hatten.

Greta hörte sich seufzen und kehrte damit in die Gegenwart zurück. Mit einem Kopfschütteln zeigte sie der Kundin, dass Modell Solveig nicht das richtige war. Die Frau hatte eigentlich nur schauen und ein paar Hüte aufprobieren wollen. »Ich denke, ich brauche keine Beratung, aber vielen Dank.«

Bitte sehr, hatte Greta gedacht. So bleibt mir mehr Zeit zum Träumen. Ihre Knöchel und Füße waren geschwollen vom Stehen, und sie sehnte sich nach einem Stuhl. Aber es war nicht erlaubt, während der Arbeit zu sitzen. Was sollten die Kunden denken? Und es ist auch nicht erlaubt davonzulaufen und irgendwo spazieren zu gehen, dachte sie und musste ein Kichern unterdrücken.

Die Kundin, eine Frau mittleren Alters, die gern und oft zu lachen schien, legte mit einem resignierten Seufzen einen Hut auf den Tresen. »Ich nehme den. Er ist der Einzige, der mir steht.«

Nun war Greta wieder ganz Verkäuferin mit fachmännischem Blick. »Haben Sie das Modell Ida probiert?«

»Ida?« Die Frau hob die Augenbrauen. »Das ist der mit der hübschen kleinen Schleife, nicht wahr? Nein, ich habe mich nicht an ihn herangetraut. Meine Freundin sagt, mir stehen keine Schleifen.«

Greta wollte mit der Zunge schnalzen, ließ es aber bleiben. Auch das war nicht erlaubt. »Es kommt immer auf einen Versuch an«, ließ sie verlauten und überlegte, ob es altklug klang. Ach, und wenn schon.

Sie ging zum Regal, stellte sich auf die Zehenspitzen und zog vorsichtig Modell Ida hervor. Sie bat die Kundin, auf einem der Hocker Platz zu nehmen, drapierte den Hut auf deren dunkelblondem Haar, rückte ihn zurecht, trat einen Schritt zurück, rückte ihn ein wenig mehr nach rechts und nickte schließlich. »Warten Sie, ich hole einen Spiegel.«

Wie die Kundin staunte! »Der ist wirklich hübsch. Und ehrlich gesagt finde ich nicht, dass mir die Schleife nicht steht.«

»Der Hut ist wie für Sie gemacht.« Na schön, das war ein bisschen übertrieben, aber wen störte das? Die Kundin war glücklich, Herr Bergström zufrieden, und Greta hätte mit diesem weiteren Verkauf einen persönlichen Rekord in dieser Woche gebrochen.

»Ich nehme ihn!«, erklärte die Kundin. »Würden Sie ihn mir hübsch einschlagen?«

»Aber der schöne Hut!« Sie zwinkerte der Frau zu und war selbst ganz überrascht. »Selbstverständlich werde ich ihn für Sie einpacken.«

Greta räumte gerade auf und säuberte den Tresen, als ihr Blick auf drei junge Frauen fiel, die durch die Abteilung schlenderten. Eine hatte den Frühjahrskatalog unter dem Arm. Wahrscheinlich hatte sie ihn aus der unteren Etage mitgenommen, wo ein Stapel bereitlag. Die drei waren mehr als offensichtlich keine potenziellen Kundinnen, stattdessen neugierige, vorlaute Backfische, die jeden Hut anfassen und aufsetzen wollten. Dabei kommentierten sie einander gegenseitig und fanden das offenbar urkomisch. Hoffentlich würden sie gleich wieder gehen, in wenigen Minuten war Ladenschluss, und Greta freute sich auf den Feierabend. Ihre Beine taten weh, und die Füße brannten, als wäre sie über glühende Kohlen gelaufen.

Sie wollte zu ihnen gehen und es ihnen höflich, aber bestimmt mitteilen. »Wir schließen in wenigen Minuten, meine Damen.« Nun, vielleicht würde sie nicht »meine Damen« sagen, das klang zu gestelzt, außerdem wäre es unpassend. Damenhaft benahmen die jungen Frauen sich wirklich nicht.

Doch dann hörte sie etwas, das ihre Aufmerksamkeit erregte. Unauffällig ging sie ein paar Schritte näher heran und tat so, als gäbe es dort am Regal noch etwas zu tun.

»Sie ist hübsch, oder? Wie alt wird sie sein, achtzehn, neunzehn? Ich wünschte, ich könnte auch so gut Hüte tragen.«

Unterhielten die Frauen sich gerade über sie?

Die drei standen beieinander, die Köpfe über dem Katalog zusammengesteckt. Greta wollte rasch wieder gehen, wenn sie doch nur nicht so neugierig wäre! So blieb sie stehen, versuchte, sich unsichtbar zu machen, und hoffte, nicht zu laut zu atmen.

»Ich schätze, sie ist mindestens neunzehn«, meinte eine der drei und schürzte die Lippen. »Seht doch, wie kokett und erwachsen sie aussieht.«

Kokett? Erwachsen? Hübsch? Greta klingelten die Ohren.

In diesem Augenblick drehte sich einer der Backfische zu ihr um, hob überrascht und ein wenig beschämt, wie ihr schien, die Augenbrauen. Der rot geschminkte Mund öffnete sich kurz und schloss sich gleich wieder. Sie warf den beiden anderen einen unbehaglichen, Hilfe suchenden Blick zu.

Greta begann zu schwitzen. Sollte sie etwas sagen, sich entschuldigen? Nein, am besten, sie würde sich abwenden und gehen. Irgendwohin, wo sie sie nicht mehr sehen würden. Irgendwohin, wo sie warten konnte, bis sich ihr vermutlich glühendes Gesicht wieder abkühlte.

»Ach du Schreck, ich glaube, das ist sie«, flüsterte die junge Frau und hüstelte verlegen.

»Kommt!«, raunte ihre Freundin, und zu dritt und unter lautem Gekicher flohen sie aus der Abteilung.

Greta fragte sich verwirrt, was sie empfand. Stolz? Nur ein kleines bisschen? Fühlte sie sich geschmeichelt?

Langsam drehte sie sich um, ging zurück zum Tresen und räumte weiter auf. Dabei summte sie vor sich hin.

Sie spürte ihren Rücken, jeden einzelnen Wirbel, spürte, wie ihre Füße in den unbequemen Schuhen den Boden berührten, wie die Zehen aufsetzten und abrollten. Sie spürte ihre Schultern, die sich strafften, ihren Herzschlag am oberen Rippenbogen. Hübsch. Erwachsen. Kokett.

Als Greta wenig später nach Hause ging, hatte sie zum ersten Mal im Leben das Gefühl, jemand anderes zu sein.

Zu Hause stellte sie sich vor den Spiegel im Schlafzimmer der Mutter und betrachtete sich eingehend von allen Seiten.

War sie wirklich hübsch? Und wann war das passiert? Über Nacht, von gestern auf heute?

Greta schob den braunen Rock hoch bis zum Oberschenkel – sie trug viel lieber Hosen, aber auch die waren nicht erlaubt – und begutachtete ihre Beine. Sie waren lang, ja, und … schlanker? Hatte sie nicht neulich noch über ihre stämmigen Waden geklagt und ihrer Mutter die Schuld daran gegeben, weil die sie ihr in die Wiege gelegt hatte? Hatte sie ihre Schwester Alva nicht neidisch angeschaut, die so viel hübscher, fraulicher und wohlgeformter aussah?

Greta hob das Kinn und trat näher an den Spiegel heran. Verzerrte er etwas? Sie überprüfte ihre Augen, die Nase, die ihr auch gar nicht mehr so knubbelig vorkam wie neulich noch, das Kinn mit der ausgeprägten Kerbung, das ihr plötzlich zierlich erschien, die Lippen, die eine gewisse Sinnlichkeit ausdrückten.

Sie kicherte und schlug hastig die Hand vor den Mund. Sinnlichkeit, bist du noch zu retten! Du bist sicher so einiges, aber sinnlich ganz bestimmt nicht.

Sie formte einen Kussmund, verdrehte die Augen und lachte ihr Spiegelbild an. Sie sah gut aus, wenn sie lachte.

Kerzengerade trat sie vom Spiegel zurück, legte eine Hand in die Taille und machte eine elegante Drehung. Nun ja, es ging sicherlich eleganter, aber es war ein Anfang. Sie sollte wahrscheinlich an ihrer Bewegung, ihrem Gang arbeiten, er wirkte oft etwas linkisch.

Greta holte tief Luft, stieß sie zischend und langsam wieder aus, vollführte eine weitere Drehung und spazierte in ihr Zimmer, das sie sich mit Alva teilte.

Dabei konzentrierte sie sich auf ihren Gang, schwenkte leicht die Hüften und setzte einen Fuß exakt vor den anderen. Tatsächlich, sie war eine andere geworden!

Kapitel 3

»Ein Film?« Greta stand vor Bergström und blinzelte irritiert. Sie musste sich verhört haben.

»Ein Werbefilm. Du kannst das, davon bin ich überzeugt. Du hast keine Angst vor der Kamera.«

Wieso sollte sie auch Angst vor einer Kamera haben? Im Gegenteil, sobald jemand einen Fotoapparat auf sie richtete, erwachte etwas – oder jemand? – in ihr, lenkte ihre Schritte, ihre Bewegung, die Haltung ihres Kopfes, steuerte ihr Lächeln und flüsterte ihr zu: Du bist wunderbar, Greta, nur weiter so.

»Ein Werbefilm«, wiederholte sie mit leiser Stimme.

Bergström nickte begeistert. »Fantastisch, nicht wahr? Du sollst Blusen, Röcke und Kleider vorführen.«

»Keine Hüte?«

Ihr Chef lachte. »Nein, keine Hüte. Na, was sagst du?«

Sie sagte gar nichts.

Er legte den Arm um ihre Schultern und nahm sie beiseite. »Hör zu, Greta, es gibt nichts, wovor du dich fürchten musst. Herr Ring sagt sogar, dass du ein bisschen schauspielern darfst.«

Das Blut rauschte in ihren Ohren. Schauspielern? Sie sollte also nicht nur Blusen und Kleider vorführen?

»Ring möchte keinen klassischen Werbefilm«, erklärte Bergström weiter. Sein Gesicht glühte, seine Augen leuchteten. »Und unserem Kaufhaus würde es noch mehr Kunden bescheren.«

Sie wollte ihn fragen, ob er sie irgendwann belauscht hatte und wusste, wie gern sie Schauspielerin sein würde. Sie wollte ihn fragen, ob er ihr das wirklich zutraute. Sie hätte ihn auch gern gefragt, wie er ausgerechnet auf sie gekommen war.

Doch all diese Fragen blieben ihr im Hals stecken, und stattdessen sah sie sich selbst wie aus der Ferne zu, wie sie zögerlich nickte.

»Fein!« Bergström strahlte und rieb sich die Hände. »Das wird ganz prima, Greta, du kannst das.«

Woher wollte er das wissen?

Erst jetzt fiel ihr ein, dass sie ihn auch nach diesem Herrn Ring fragen wollte. Wer war der Mann? Den Namen hatte sie noch nie gehört.

Frau Hellberg, die Leiterin der Damenoberbekleidung, kam angelaufen. »Ach, wie aufregend, Greta! Du wirst das wunderbar machen. Ich bin ja so aufgeregt!«

Aufgeregt war Greta auch. Noch am späten Abend lag sie hellwach im Bett, während ihre Schwester neben ihr bereits schlief. Ab und an war ein leises Pfeifen zu hören, und sie musste lachen. »Alva ist eben sehr musikalisch«, hatte ihr Bruder Sven gemeint, als sie erzählt hatte, dass Alva im Schlaf pfiff.

»Wieso schläfst du denn gar nicht?«, fragte Alva plötzlich.

Greta zuckte zusammen. »Ich dachte, du schläfst.«

»Hab ich bis eben auch.«

Sie hörte ein Rascheln, gleich darauf flüsterte Alva: »Rutsch rüber.«

Sie machte Platz, und ihre Schwester kuschelte sich an sie. »Und? Wieso bist du wach?«

»Ich kann nicht schlafen.«

»Herrje, Greta.« Alva seufzte. »Nun erzähl schon etwas genauer.«

»Ich soll in einem Film mitspielen.«

»Was?« Alva hatte sich ruckartig aufgesetzt. »In einem Film?«

»Eine Art Werbefilm.« Mit einem Mal kam es ihr vollkommen absurd vor. Sie war doch gar keine Schauspielerin! Sie war ein fast sechzehnjähriges, unbedarftes, viel zu schüchternes Mädchen mit großen Träumen, die eh nie wahr werden würden.

Alva kniff sie in den Arm. »Greta! Das ist fantastisch.«

»Das hat Herr Bergström auch gesagt.« Es klang weinerlich.

»Du hast doch hoffentlich Ja gesagt.«

»Ja.«

»Wie aufregend!«

»Das hat Frau Hellberg auch gesagt.«

Alva kniff sie erneut.

»Aua!«

»Ich beneide dich, Greta! So sehr beneide ich dich.« Auch Alva wollte Schauspielerin werden, und Greta war davon überzeugt, dass sie es eines Tages auch sein würde. Alva war hübsch, sehr hübsch, und sie wusste sich zu bewegen. Sie war weder schüchtern noch linkisch. Eigentlich war ihre Schwester alles, was sie selbst gern wäre. »Wer weiß, vielleicht kommst du ganz groß raus.«

»In einem Werbefilm?«

»Warum nicht? Jeder fängt mal klein an.« Alva seufzte und kroch wieder neben sie. »Also ich würde auch Ja sagen. Keine Sekunde zögern würde ich.«

Greta legte den Arm um sie und schloss die Augen. Vielleicht hatte Alva recht, und es war wirklich ein Anfang, ein winziger erster Schritt, aber ein Schritt.

Mit dem guten und sicheren Gefühl, das Richtige getan zu haben, schlief sie ein und träumte davon, wie sie in einem sündhaft teuren, bildschönen Kleid – natürlich von PUB – über eine Bühne schwebte. Das Publikum jubelte ihr zu, applaudierte frenetisch und warf Blumen.

Sie bedankte sich mit einem huldvollen Nicken, lächelte in die Runde und verließ mit feenhaftem Schritt die Bühne.

Kurz bevor der Vorhang sich senkte, bemerkte sie, dass sie sich das herrliche Kleid nur eingebildet hatte. In Wahrheit trug sie nichts, rein gar nichts. Sie war splitterfasernackt.

In der Woche darauf begannen die Probeaufnahmen.

Es gab auch einen männlichen Darsteller, der sich Wunder was auf sich einbildete. Greta konnte ihn vom ersten Augenblick an nicht leiden.

»Du bist zu dick«, sagte er doch tatsächlich zu ihr und betrachtete sie abschätzig.

Und du bist zu eingebildet, dachte sie.

»Du wirst gar nicht auf die Leinwand passen.«

Jetzt reichte es aber, das musste sie sich nicht anhören!

Sie hob das Kinn – wahrscheinlich war es doch noch knubbelig und nicht annähernd zierlich – und feuerte bitterböse Blicke auf ihn.

»Willst du dich jetzt bei Ring beschweren?«, fragte er mit einem breiten Grinsen.

»Nein, mit dir werde ich schon selbst fertig.«

Er wollte erst lachen, stutzte jedoch und schien mit einem Mal verunsichert.