Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung - Patrick Wolframm - E-Book

Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung E-Book

Patrick Wolframm

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Beschreibung

Dieses Buch informiert so kurz wie möglich und so ausführlich wie nötig über die Inhalte der Sachkundeprüfung des Sicherheitsgewerbes zur Erlangung des „34a-Scheins“. Die dargestellten Inhalte beziehen sich auf den aktuellen Rahmenstoffplan der IHK (Stand: 2018). Dieses Buch ist nach Prüfungsrelevanz (und nicht nach der gängigen Prüfungsreihenfolge) strukturiert. Der Fließtext stellt alle wichtigen Inhalte dar und erklärt diese. Das wird durch die Anhänge ergänzt, die erweiterte Informationen bieten. Weiterhin eröffnet die (teilweise gekürzte) Auswahl aller wichtigen Vorschriften dem interessierten Leser die Möglichkeit, bei Bedarf noch tiefer in die Materie einzusteigen.

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Patrick Wolframm

Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbesund Vorschriftensammlung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig.

Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

© 2019 Verlag Ludwig

Holtenauer Straße 141

24118 Kiel

Tel.: 0431-85464

Fax: 0431-8058305

[email protected]

www.verlag-ludwig.de

ISBN 978-3-86935-370-8

Inhalt

Einleitung

Modul 1 Rechtliche Grundlagen

1 a Öffentliches Recht

I. Was ist Recht?

II. Welche Rechtsquellen gibt es?

III. Was ist die höchste Rechtsnorm in der Bundesrepublik Deutschland?

IV. Wie ist das Grundgesetz strukturiert?

V. Was sind die wichtigsten Artikel und Prinzipien des Grundgesetzes?

VI. Gibt es neben dem ÖffR noch andere Rechtsbereiche?

VII. Welche Relevanz hat das ÖffR und die Abgrenzung zum Privatrecht für den/die SMA?

VIII. Was sind die Ausnahmerechte?

1 b Strafrecht

I. Wie ist das StGB gegliedert?

II. Was regelt das StGB und welchem Rechtsgebiet ist es zuzuordnen?

III. Was sind die Elemente einer Straftat?

IV. Welche Abgrenzungskriterien gibt es bei Delikten?

V. Welche Relevanz hat das StGB für den SOD?

VI. Was ist eine Garantenstellung und welche strafrechtlichen Folgen ergeben sich daraus?

VII. Was haben StGB, StPO und OWiG mit den Ausnahmerechten zu tun und was bedeutet das für die SOD?

VIII. Was ist bei Anwendung der Ausnahmerechte für den/die SMA zu beachten?

1 c Bürgerliches Gesetzbuch

I. Wie ist das BGB gegliedert?

II. Welchem Rechtsgebiet gehört das BGB an und was regelt es?

III. Was sind die grundsätzlichen Unterschiede zwischen BGB und StGB?

IV. Was sind die wichtigsten Begriffe des BGB?

V. Welcher Begriff des BGB ist für den SOD besonders wichtig?

VI. Welche Ausnahmerechte/Selbsthilferechte gibt es im BGB?

VII. Welche Grenzen gibt es bei den Ausnahmerechten/Selbsthilferechten des BGB?

VIII. Welche weiteren Vorschriften des BGB haben Relevanz für den SOD?

1 d Datenschutz

I. Was ist Grundlage und Gegenstand des Datenschutz?

II. Was sind die wichtigsten Begriffe der/des DSGVO/BDSG?

III. Was ist eine rechtmäßige Verarbeitung von personenbezogenen Daten?

IV. Welche Grundsätze sind beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu beachten?

V. Welche Pflichten hat der Verantwortliche und welche Rechte hat der Betroffene?

VI. Was ist ein Datenschutzbeauftragter und welche Aufgaben hat er/sie?

VII. Welche Relevanz hat der Datenschutz für den SOD?

1 e Gewerbeordnung/Bewachungsverordnung

I. Was regelt die GewO?

II. Welche Vorschrift ist für den SOD relevant und was sind die Inhalte?

III. Was regelt die BewachV und welchen Inhalt hat sie?

1 f Unfallverhütungsvorschriften

I. Was ist die Grundlage der UVV?

II. Was sind die wichtigsten Begriffe des SGB VII?

III. Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für Unternehmer und Versicherte?

IV. Was sind die wichtigsten UVV und welchen Inhalt haben sie?

V. Was ist der wesentliche Inhalt der DGUV V 1?

VI. Was ist der wesentliche Inhalt der ASR A 1.3?

VII. Was ist der wesentliche Inhalt der DGUV V 23?

Modul 2 Umgang mit Menschen

I. Was umfasst das Themengebiet Umgang mit Menschen?

II. Was ist Menschenkenntnis?

III. Was ist Kommunikation?

IV. Wie entstehen Konflikt- und Extremsituationen?

V. Welche Relevanz hat der Umgang mit Menschen für den SOD?

Modul 3 Umgang mit Verteidigungswaffen

I. Was sind Waffen, gleichgestellte Gegenstände und Munition?

II. Was sind die wichtigsten waffenrechtlichen Begriffe?

III. Wer darf Umgang mit Waffen haben?

IV. Was sind wichtige Aspekte für den SOD?

Modul 4 Grundzüge Sicherheitstechnik

I. Was umfasst das Themengebiet Grundzüge der Sicherheitstechnik?

II. Was sind mechanische Sicherheitseinrichtungen?

III. Was sind elektronische Sicherheitseinrichtungen?

IV. Was sind organisatorische Sicherheitseinrichtungen?

V. Was sind wichtige Aspekte bei mechanischen, elektronischen und organisatorischen Sicherheitseinrichtungen für den/die SMA?

Modul 5 Brandschutz

I. Was umfasst das Themengebiet Brandschutz?

II. Was sind bauliche und technische Maßnahmen des Brandschutzes?

III. Was sind organisatorische und personelle Maßnahmen des Brandschutzes?

IV. Was sind wichtige Aspekte des Brandschutzes für den/die SMA?

Anhang 1 Einführung

Anhang 2 Grundgesetz

Anhang 3 Strafgesetzbuch, Strafprozessordnung, Ordnungswidrigkeitengesetz

Anhang 4 Bürgerliches Gesetzbuch

Anhang 5 Datenschutz-Grundverordnung, Bundesdatenschutzgesetz

Anhang 6 Gewerbeordnung, Bewachungsverordnung

Anhang 7 Unfallverhütungsvorschriften

Anhang 8 Hausrecht

Anhang 9 Ausnahmerechte

Anhang 10 Waffengesetz

Anhang 11 Prüfungshinweise

Quellen- und Literaturverzeichnis

Einleitung

Das vorliegende Buch soll dem Leser für die Sachkundeprüfung im Sicherheitsgewerbe als Unterstützung dienen, um die Inhalte kennen zu lernen und zu wiederholen. Die Hauptintention dieses Readers folgt dem Prinzip der Informationsverdichtung1, das heißt, es sollen viele Informationen kompakt und verständlich dargestellt werden. Der Leser soll in die Lage versetzt werden in einem relativ kurzen Zeitraum die prüfungsrelevanten Themen zu verinnerlichen, damit eine erfolgreiche Teilnahme an der Prüfung ermöglicht wird.

Um einen Überblick über das Anforderungsprofil des Rahmenlehrstoffplans der IHK (Stand: 2018) zu bekommen, werden kurz die kognitiven Taxonomiestufen aufgezeigt.2

•Analyse: Zerlegen einer Struktur in ihre grundlegenden Elemente, um deren Elemente oder Beziehungen deutlich zu machen.

•Anwenden: Gebrauch von allgemeinen Ideen, Regeln über Prozeduren, verallgemeinerten Methoden und Theorien.

•Verstehen: Begreifen/Wahrnehmen von Material oder einer Idee, um es benutzen zu können.

•Wissen: Erinnern von Besonderheiten, Allgemeinheiten, Methoden, Prozessen, Strukturen und Festlegungen.

Stufe

Anforderung (IHK)

Handlung

1) Wissen/­Verstehen

Kennen/­Aufzeigen

Benennen/­Erklären

Wahrnehmen/­Beachten

Verstehen/­Erfassen

Begründen/­Benennen

Beherrscht

2) Anwendung

Überblicken/­Einordnen

Übertragen/­Anwenden

Festlegen/­Zuordnen

Berücksichtigen

3) Analyse

Unterscheiden

Analysieren

Die aufgeschlüsselten Taxonomiestufen zeigen, dass die Sachkundeprüfung über das bloße Auswendiglernen hinausgeht. Nichtsdestotrotz ist die Kenntnis vieler Vorschriften zwingende Voraussetzung, um bei der Prüfung zu bestehen.

Das leitet sich aus der Tatsache ab, dass die Themengebiete ÖffR, StGB, StVO und BGB bei der schriftlichen Prüfung mit der doppelten Punktzahl pro Aufgabe ausgewiesen sind.

Dieses Buch kann eine Teilnahme an einem Vorbereitungskurs und eine weiterführende Beschäftigung mit dem Thema nicht ersetzen.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme an der Sachkundeprüfung der IHK ist die aktive Teilnahme an einem Sachkundekurs und aktive Beschäftigung mit den hier dargestellten Themengebieten.

In fettgedruckter Schrift werden Themen, Leitfragen, wichtige Begriffe und Definitionen dargestellt.

Eine weitergehende Einführung findet sich im Anhang 1.

•Anhang 1 sollte gelesen werden.

Der Verfasser wünscht maximalen Erfolg!

Modul 1 Rechtliche Grundlagen

1 a Öffentliches Recht (ÖffR)

I. Was ist Recht?

(i) „Recht ist der Inbegriff der in einer politischen Gemeinschaft geltenden Rechtsordnung. Diese gilt für ein bestimmtes Staatsgebiet und einen bestimmten Personenkreis.”3

(ii) „Unter Recht versteht man die Gesamtheit aller Rechtssätze, das heißt alle rechtlichen Normierungen in einem Staat.”4

Vereinfacht kann auch formuliert werden:

(iii) Recht ist die Gesamtheit aller Rechtsvorschriften in einer Gemeinschaft oder Gesellschaft.

II. Welche Rechtsquellen gibt es?

Die wichtigste Rechtsquelle bildet das Geschriebene Recht, das gliedert sich in

(i) Gesetze (Kodifiziertes Recht z. B. StGB, BGB)

(ii) Verordnungen (Kodifiziertes Recht z. B. GewO)

(iii) Erlasse (Kodifiziertes Recht; Erlasse sind verwaltungsinterne Regelungen).

Weiterhin existiert das Richterrecht; das sind sogenannte Grundsatzentscheidungen hoher Gerichte, die die weitere Rechtsprechung binden.

Als Letztes gibt es das sogenannte Gewohnheitsrecht. Das sind über einen langen Zeitraum (mind. 10-15 Jahre) eingeübte Verhaltensweisen, die unter Umständen eingeklagt werden können.

III. Was ist die höchste Rechtsnorm in der Bundesrepublik Deutschland (BRD)?

Das Grundgesetz (GG) ist die höchste Rechtsnorm in Deutschland und bildet gleichzeitig die Verfassung der BRD.5

IV. Wie ist das Grundgesetz strukturiert?

Das Grundgesetz gliedert sich in zwei Abschnitte:

(i) Artikel 1 bis 19 bilden die Abwehrrechte gegen den Staat bzw. die Freiheitsrechte (Menschenrechte/Bürgerrechte).

(ii) Artikel 20 bis 37 regeln das Verhältnis Bund/Länder (Staatsform).6

V. Was sind die wichtigsten Artikel und Staatsprinzipien des GG?

Der wichtigste Artikel des GG ist Artikel 1, dieser besagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Eine weitere wichtige Norm ist der Art. 20 GG, der die sieben wichtigsten Staatsprinzipien regelt:

(i) Demokratie bedeutet, dass alle Macht durch Wahlen vom Volke ausgeht (Volksherrschaft).

(ii) Sozialstaat heißt, dass die Lebensbedingungen der Menschen sich nicht zu stark unterscheiden sollen (Existenzminimum; auch ableitbar aus Art. 1 GG und Gefälle Arm/Reich soll nicht zu groß werden).

(iii) Rechtsstaat bedeutet, dass der Staat und die Bürger an die Gesetze gebunden sind (»Keine Strafe ohne Gesetz«). Zu diesem Prinzip gehört auch die Gewaltenteilung:

Legislative (Gesetzgebende Gewalt)

Exekutive (Gesetzausführende Gewalt)

Judikative (Rechtsprechende Gewalt)

Das sogenannte Gewaltmonopol besagt, dass nur der Staat grundsätzlich Gewalt anwenden darf.

(iv) Bundesstaat heißt, dass Bund und Länder eigene Gesetzgebungskompetenzen haben und die Gemeinden/Städte eigene Verordnungen erlassen dürfen (Föderalismus).

(v) Republik bedeutet, dass das Staatsoberhaupt (Bundespräsident) ein »normaler« Bürger7 ist.

(vi) Liberales Prinzip heißt, dass dem Bürger Freiheitsrechte zugebilligt werden (ferner Subsidiaritätsprinzip; Art. 23 [1a] GG).

(vii) Widerstandsrecht bedeutet, dass jeder Deutsche das Recht hat, gegen jeden, der es unternimmt diese Ordnung zu beseitigen, Widerstand zu leisten (natürlich im ersten Schritt auf dem Rechtswege!).

Ein zusätzlicher wichtiger Grundpfeiler des Grundgesetzes bildet Art. 79 GG, demnach dürfen die Artikel 1 GG und Artikel 20 GG nicht verändert werden; das nennt sich die Ewigkeits- oder Bestandsklausel.8

Der Staat an sich definiert sich durch das (i) Staatsrecht, (ii) Staatsgebiet und (iii) Staatsvolk.

VI. Gibt es neben dem ÖffR noch andere Rechtsbereiche?

In der BRD werden zwei Rechtsgebiete voneinander unterschieden; zum einen gibt es das ÖffR und zum anderen gibt es das Privatrecht. Das wichtigste Abgrenzungskriterium beider Rechtsbereiche liegt im Relationsverhältnis (Beziehungsgeflecht) der Akteure.

Im ÖffR liegt ein Über- und Unterordnungsverhältnis vor (»Subordinationsprinzip«). Das Organisationsprinzip ist hierarchisch.

Im Privatrecht besteht ein Gleichheitsverhältnis (»Koordinationsprinzip«). Das Organisationsprinzip folgt einem heterarchischen Muster.

Typische Beispiele für das ÖffR sind das GG, StGB und StPO. Die Beispiele für das Privatrecht sind BGB, HGB und AktG. Wichtig ist, dass der Staat auch bei privatrechtlichen Streitigkeiten als Akteur auftreten kann und sich dann dem Koordinationsprinzip unterwerfen muss (z. B. Die Stadt Kiel klagt gegen ein Bauunternehmen auf Schadensersatz, da Bauarbeiten nicht korrekt durchgeführt wurden). Weiterhin gibt es neben dem Bürger noch weitere privatrechtliche Akteure (z. B. Vereine, Genossenschaften, Handelsgesellschaften, u. a.).9

VII. Welche Relevanz hat das ÖffR und die Abgrenzung zum Privatrecht für den/die Sicherheitsmitarbeiter*In (SMA)?

Es wurde aufgezeigt, dass der Staat das Gewaltmonopol inne hat, daher stellt sich die Frage nach den Rechtfertigungsgründen zum Tätigwerden der SMA.

Private Sicherheits- und Ordnungsdienste (SOD) können in der Regel nur aufgrund von Ausnahmerechten tätig werden.

Es sollte der Begriff »Jedermannsrechte« vermieden werden; der bezieht sich eher auf die Menschenrechte des GG.

SOD nehmen keine hoheitlichen Rechte wahr, das ist lediglich staatlichen Organen vorbehalten (z. B. Polizei).

Die Maßnahmen der SOD dürfen nicht gegen Gesetze verstoßen.

Weiterhin gilt die sogenannte Drittwirkung der Grundrechte; sie wirken sich auch auf die privatrechtlichen Verhältnisse aus (Wirkung Grundrechte: Bürger ↔ Bürger).10

Daher ist es geboten, die Maßnahmen/Handlungen der privaten Sicherheitskräfte von denen der öffentlichen Sicherheitskräfte abzugrenzen.

SOD dürfen (i) befragen, (ii) aufbewahren, (iii) nachschauen und (iv) (vorläufig) festnehmen.

Im Gegensatz dazu dürfen Öffentliche Sicherheitskräfte (i) vernehmen/verhören, (ii) sicherstellen/beschlagnahmen, (iii) durchsuchen und (iv) festnehmen.

In der Regel dürfen die SOD nur mit Einwilligung des Betroffenen tätig werden, während öffentliche Sicherheitskräfte ohne Zustimmung des Betroffenen (also durch Zwang) aktiv werden können.

In keinem Fall dürfen die genannten Maßnahmen der öffentlichen Sicherheitsakteure als Tätigkeiten der SOD deklariert werden.

Das bedeutet, dass ein*e SMA, der/die z. B. im Eingangsbereich einer Diskothek arbeitet und die Aufbewahrung eines Gegenstandes vor dem Gast als Beschlagnahmung bezeichnet, gegen ein Gesetz verstößt (§ 132 StGB Amtsanmaßung).

Nichtsdestotrotz gibt es Kooperationen zwischen privaten und öffentlichen Sicherheitskräften. Ein Beispiel bildet das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG). Dabei ist die zuständige Behörde berechtigt, durch die sogenannte Beleihung (§ 16 a LuftSiG) den SMA hoheitliche Rechte zu übertragen (hier: Durchsuchung; § 5 LuftSiG). Das nennt sich folglich Public Private Partnership.11

VIII. Was sind die Ausnahmerechte? (Nur Aufzählung!)

(i) § 227 BGB Notwehr/Nothilfe (ii) § 229 BGB Selbsthilfe

(iii) § 859 BGB Selbsthilfe Besitzer (iv) § 860 BGB Selbsthilfe Besitzdiener

(v) § 228 BGB Defensiver Notstand (vi) § 904 BGB Aggressiver Notstand

(vii) § 32 StGB Notwehr/Nothilfe (viii) § 34 StGB Rechtfertigender Notstand

(ix) § 35 StGB Entschuldigender Notstand (x) § 15 OWiG Notwehr/Nothilfe

(xi) § 127 [1] StPO Vorläufige Festnahme (xii) Rechtfertigende Einwilligung12

•ImAnhang 2sind ausgewählte Artikel des GG zu finden, die als Lektüre zum Selbststudium dringend empfohlen werden.

1 b Strafrecht (Strafgesetzbuch (StGB), Strafprozessordnung (StPO), Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG))

I. Wie ist das StGB gegliedert?

Das StGB gliedert sich in einen Allgemeinen Teil (§§ 1-79 b StGB: Voraussetzungen der Strafbarkeit), der auch für alle Nebengesetze (z. B. Betäubungsmittelgesetz (BtMG), Waffengesetz (WaffG)) des StGBs gilt und einen Besonderen Teil (§§ 80-358 StGB: Einzelne Delikte).13

II. Was regelt das StGB und welchem Rechtsgebiet ist es zuzuordnen?

Das StGB ist Teil des ÖffR; es gelten daher alle bereits diskutierten Eigenschaften (»Subordinationsprinzip« u. a.).

Das StGB befasst sich im Grunde mit allen menschlichen Handlungen und auch Unterlassungen, bei deren Realisierung (Straftatbestand) eine Rechtsfolge (Strafe) eintritt.14

III. Was sind die Elemente einer Straftat?

(i) Tatbestand ist eine konkrete Handlung (objektiver Tatbestand), die Vorsatz oder Fahrlässigkeit (subjektiver Tatbestand) der handelnden Person voraussetzt.

(ii) Rechtswidrigkeit ist ein Gesetzesverstoß; das heißt, das Handeln oder Unterlassen muss im Gesetz mit Strafe angedroht sein und es liegt kein Rechtfertigungsgrund vor.

(iii) Schuld beschreibt die persönliche Vorwerfbarkeit der Tat, das heißt, der Täter ist sich seinem Tun bewusst und es liegt kein Entschuldigungsgrund vor.15

IV. Welche Abgrenzungskriterien gibt es bei Delikten?

Die erste Einteilung erfolgt nach dem Strafmaß; dabei wird zwischen Vergehen (Freiheitsstrafe < 1 Jahr, Geldstrafe) und Verbrechen (Freiheitsstrafe ≥ 1 Jahr) differenziert.

Die nächste Unterscheidung erfolgt nach der Deliktsart; hier wird zwischen Offizialdelikt (alle Verbrechen sind Offizialdelikte) und Antragsdelikt (bei einigen Vergehen muss der Betroffene Strafantrag stellen) unterschieden. Bei Offizialdelikten muss die Staatsanwaltschaft tätig werden, wobei die Staatsanwaltschaft bei einem besonderen öffentlichen Interesse auch bei Antragsdelikten tätig werden kann.

Die nächste Differenzierung betrifft die Strafbarkeit des Versuchs; bei einem Verbrechen ist der Versuch immer strafbar, während die Strafbarkeit des Versuchs bei einem Vergehen im Gesetz stehen muss.

Die letzte Einteilung erfolgt nach der Art des subjektiven Tatbestands; Grundsätzlich ist nur der Vorsatz (mit Wissen und Wollen der Tat) strafbar, wobei die Strafbarkeit einer fahrlässigen (außer Acht lassen der notwendigen Verkehrssicherheit) Handlung ebenfalls im Gesetz stehen muss (vgl. §§ 12, 22, 23 StGB).16

Weiterhin kann jemand eine Tat selbst begehen (Täter) oder mit einem anderen gemeinschaftlich handeln (Mittäter). Anstifter ist, wer die Idee für eine Straftat in jemand anderen hervorruft; Beihilfe leistet, wer bei der Verwirklichung einer Straftat hilft, ohne Mittäter zu sein (vgl. §§ 25, 26, 27 StGB).17

V. Welche Relevanz hat das StGB für den SOD?

Der SOD agiert in der Regel auf privatrechtlicher Basis. Nichtsdestotrotz strahlt das GG auf das StGB (und auch auf das BGB) aus. Es wurde schon angedeutet, dass Grundrechtsverletzungen Straftatbestände sein können (Art. 2 [2] GG Recht auf körperliche Unversehrtheit → § 223 StGB Körperverletzung). Weiterhin findet sich auch der Grundsatz des Rechtsstaates im § 1 StGB (Keine Strafe ohne Gesetz) wieder.

Dies bedeutet für den/die SMA, dass in Ausübung des Auftrags gegen keine Gesetze verstoßen werden darf, das kann aber nicht nur durch aktives Tun geschehen, sondern der/die SMA können sich ebenso durch Unterlassen strafbar machen, da er/sie sich in einer sogenannten Garantenstellung befinden.

VI. Was ist eine Garantenstellung und welche strafrechtlichen Folgen ergeben sich daraus?

Eine Garantenstellung ergibt sich aus der Pflicht für ein fremdes Rechtsgut einzustehen (z. B. Eltern → Kind) oder ergibt sich aus der Tatsache, dass ein Akteur für eine Gefahrenquelle verantwortlich ist (z. B. Betrieb → Brandschutz).

Die SMA sind in der Regel aufgrund eines privatrechtlichen Vertragsverhältnisses (z. B. § 611 BGB Pflichten Dienstvertrag) automatisch in einer Garantenstellung. Deswegen gilt für die SMA insbesondere der § 13 StGB Begehen durch Unterlassen.

Dabei werden zwei Arten von Unterlassungsdelikten unterschieden:

(i) Echte Unterlassungsdelikte sind Straftaten, die auf Unterlassung beruhen (z. B. § 323 c StGB Unterlassene Hilfeleistung).

(ii) Unechte Unterlassungsdelikte ergeben sich, wenn jemand (Garant) es unterlässt, obwohl er/sie die Möglichkeit dazu gehabt hätte, den Erfolg einer Straftat abzuwenden. Beispiel: Ein*e SMA sieht, dass auf dem Hafengelände ein Betriebsanghöriger nicht in den ausgewiesenen Raucherbereichen raucht, bleibt aber untätig. In der Folge kommt es zu einem Entstehungsbrand, der wertvolle Papierrollen unbrauchbar macht (§ 306 f StGB Herbeiführen einer Brandgefahr).18

VII. Was haben StGB, StPO und OWiG mit den Ausnahmerechten zu tun und was bedeutet das für die SOD?

In Bezug auf die oben genannten Rechtsnormen bilden die kodifizierten Ausnahmerechte Rechtfertigungsgründe und Entschuldigungsgründe für die SOD, um rechtswidrige Handlungen gegen sich oder in Wahrnehmung des Dienstauftrags als Garant auch Angriffe auf fremde Rechtsgüter abzuwehren.

Im Folgenden werden daher die wichtigsten Ausnahmerechte des StGB, der StPO und des OwiG erläutert:

§ 32 StGB Notwehr/Nothilfe:

[1] Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

[2] Notwehr ist diejenige Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen (Nothilfe) abzuwenden.

Absatz 1 schützt vor Strafe (Rechtfertigungsgrund).

Absatz 2 bedarf bei einigen Begriffen der Erläuterung:

(i) Verteidigung beinhaltet alle Maßnahmen, die geeignet sind den Angriff sofort zu beenden.

(ii) Erforderlichkeit bedeutet, dass es kein milderes Mittel zur Abwehr des Angriffs zur Verfügung steht.

(iii) Gegenwärtigkeit heißt, dass der Angriff unmittelbar bevorsteht, bereits begonnen hat oder noch nicht beendet ist.

(iv) Rechtswidrigkeit bedeutet, dass ein Straftatbestand vorliegt und kein Rechtfertigungsgrund ersichtlich ist.

(v) Angriff ist die Verletzung von Rechtsgütern (Leib, Leben, Freiheit, Eigentum, Ehre) durch eine Person.19

Bei der Nothilfe muss beim »Opfer« ein Verteidigungswille ersichtlich sein!

Der Gesetzestext ist beim § 15 OWiG Notwehr/Nothilfe identisch zum StGB. Der Unterschied besteht in der Rechtsfolge; Ordnungswidrigkeiten sind „Straftaten minderer Qualität” und haben in der Regel eine Geldbuße (§ 1 OWiG) als Rechtsfolge. In Absatz 3 findet sich ein Entschuldigungsgrund; nämlich die Überschreitung der Notwehr (vgl. weiter unten VIII).20

§ 34 StGB Rechtfertigender Notstand:

[1] Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

Satz 1 schützt vor Strafe (Rechtfertigungsgrund) und es werden die wichtigsten Begrifflichkeiten erläutert:

(i) Gegenwärtigkeit heißt, dass es sich um eine akute Gefahr handelt oder der Schadenseintritt in kurzer Zeit absehbar ist.

(ii) Gefahr bedeutet, dass die Gefährdung von einer Sache (Situation) oder Tier ausgeht.

(iii) Abwägung Rechtsgüter heißt, dass das Rechtsgut, das verletzt wird, nicht größer sein darf als das Rechtsgut, das geschützt wird (»Verhältnismäßigkeit«).

Satz 2 definiert, dass das eingesetzte Mittel angemessen (Pro-/ Kontraabwägung) sein muss.21

§ 35 StGB Entschuldigender Notstand:

[1] Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

[2] Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. [...]

Absatz 1 schützt vor Strafe (Entschuldigungsgrund; kein Rechtfertigungsgrund!) Die Begriffe (i) Gegenwärtigkeit und (ii) Gefahr sind analog wie im obigen Fall anzuwenden.

(iii) Abwägung Rechtsgüter definiert, dass ausschließlich die Rechtsgüter Leib, Leben und Freiheit verteidigungsfähig sind und das zusätzlich eingeschränkt wird, dass nur die eigene Person, Nahestehende und Verwandte verteidigt werden dürfen.22

§ 127 StPO Vorläufige Festnahme:

[1] Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. [...]

[2] [...]

[3] Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht [beachte Anmerkung zu Absatz 3] gestellt ist. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist.

Voraussetzungen Absatz 1:

Der Täter wird auf frischer Tat (i) betroffenoder(ii) verfolgtund die (iii) Identität ist unbekanntoder es besteht (iv) Fluchtgefahr.

Mögliche Kombinationen sind [(i)(iii)] [(i)(iv)] [(ii)(iii)] [(ii)(iv)]23

Anmerkungen zu Absatz 3:

Grundsätzlich ist die Strafverfolgung eine hoheitliche Aufgabe und kein Aufgabenbereich des SOD. Deshalb sollte ein*e SMA vorher gut überlegen, ob man sich auf dieses Recht berufen möchte. Es gilt hier ebenfalls die Güterabwägung und Verhältnismäßigkeit ins Auge zu fassen. Bei Verbrechen, Offizialdelikten und Eigentumsdelikten ist eine Vorläufige Festnahme sicherlich gerechtfertigt; nichtsdestotrotz ist bei Antragsdelikten Vorsicht geboten. Die Vorläufige Festnahme kann angewendet werden, es besteht aber keine Anwendungspflicht.24

VIII. Was ist bei Anwendung der Ausnahmerechte für den/die SMA zu beachten?

Für Angehörige des SOD sollten die Ausnahmerechte auch tatsächlich nur selten eine Rolle spielen; ein*e SMA der/die sich ständig auf die Ausnahmerechte berufen muss, arbeitet entweder bei hochgefährlicher Sicherheitslage oder macht grundsätzlich etwas falsch (siehe: Modul 2 Umgang mit Menschen).

Nichtsdestotrotz kann es passieren, dass SMA irrtümlich oder überzogen von den Ausnahmerechten Gebrauch machen und im Folgenden sollen diese Fälle kurz diskutiert werden:

§ 33 StGB Überschreitung der Notwehr:

[1] Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.

Fällt die Verteidungshandlung einer Person zu heftig aus (»Notwehrexzess«), so kann im Falle des Vorhandenseins von Furcht, Angst und Schrecken von einer Strafe abgesehen werden (Entschuldigungsgrund, ebenso: § 15 [3] OWiG).

§ 16 StGB Irrtum über Tatumstände

[1] Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

[2] [...]

Existiert keine Notwehrlage, aber eine Person geht irrtümlich von einer Notwehrlage aus (»Putativnotwehr«), kann ebenfalls von einer Strafe abgesehen werden (Entschuldigungsgrund; Satz 2 schließt aber eine Bestrafung wegen § 229 StGB Fahrlässige Körperverletzung nicht aus).25

Dabei ist noch zu erwähnen, dass Notwehrhandlungen gegen schuldunfähige Personenkreise (z. B. Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (vgl. § 19 StGB) oder Menschen mit seelischer Störung (vgl. § 20 StGB)) erlaubt sind.

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sollte sich ein*e SMA bei der Anwendung der Ausnahmerechte an drei Leitfragen orientieren:

(i) Ist die Maßnahme geeignet die Gefahr/den Angriff sofort zu beenden?

(ii) Ist die Maßnahme das mildeste Mittel, um das Ziel zu erreichen?

(iii) Stehen Pro- und Kontrapunkte in einem angemessenen Verhältnis?26

•ImAnhang 3sind ausgewählte Paragraphen des OWiG, StPO und StGB aufgelistet. Diese müssen nicht auswendig gelernt werden; der Kern der jeweiligen Vorschriften und Delikte sollte aber verinnerlicht werden.

1 c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

I. Wie ist das BGB gegliedert?

Das BGB unterteilt sich in fünf Abschnitte; in den (i) Allgemeinen Teil, (ii) Schuldrecht, (iii) Sachenrecht, (iv) Familienrecht und (v) Erbrecht.

Das BGB enthält auch arbeitsrechtliche Vorschriften (z. B. § 611 BGB Dienstvertrag).27

II. Welchem Rechtsgebiet gehört das BGB an und was regelt es?

Das BGB ist Teil des Privatrechts (»Koordinationsprinzip«).

Es regelt daher die Verhältnisse der Bürger untereinander, indem es grundlegende rechtliche Begriffe definiert und Vertragsverhältnisse regelt.

III. Was sind die grundsätzlichen Unterschiede zwischen BGB und StGB?

StGB

BGB

Rechtsgebiet

ÖffR

Privatrecht

Delikte

Straftat

Unerlaubte Handlung

Verstoß

rechtswidrig

widerrechtlich

Rechtsfolge

Strafe

Schadensersatz

IV. Was sind die wichtigsten Begriffe des BGB?

Das BGB beginnt mit dem Begriff der Rechtsfähigkeit. Diese beginnt mit der Vollendung der Geburt (vgl. § 1 BGB).

Rechtsfähigkeit bedeutet Träger von Rechten und Pflichten zu sein.

Neben natürlichen Personen können auch juristische Personen rechtsfähig sein (z. B. GmbH).28

Wichtig im Privatrecht ist der Begriff des Anspruchs.

Ein Anspruch ist das Recht von jemanden ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (vgl. § 194 BGB).

Zudem definiert das BGB eine Sache. Darunter sind alle körperlichen Gegenstände zu verstehen, die feste, flüssige oder gasförmige Körper bilden (§ 90 BGB Sachen). Tiere sind keine Sachen; für sie sind aber alle Vorschriften für Sachen anwendbar, soweit kein anderes Gesetz dem widerspricht (vgl. § 90 a BGB).29

Weiterhin ist der Begriff Eigentum von großer Bedeutung. Das Grundgesetz gewährleistet jedem Eigentumsrechte (Art. 14 GG Eigentum, Erbrecht und Enteignung). Das BGB spezifiziert, dass der Eigentümer mit einer Sache verfahren kann wie es ihm/ihr beliebt; es sei denn, es stehen das Gesetz oder Rechte Dritter dem entgegen (vgl. § 903 BGB).

Der Eigentümer kann ggf. Ansprüche gegen Dritte geltend machen:

(i) Herausgabe (vgl. § 985 BGB)

(ii) Beseitigung/Unterlassung (vgl. § 1004 BGB)

(iii) Schadensersatz (vgl. § 823 BGB)

Die Begriffe Eigentum und Besitz sind voneinander abzugrenzen:

Eigentum ist die rechtliche Sachherrschaft (s. o.).

Besitz ist die tatsächliche Sachherrschaft (vgl. § 854 BGB).30

Des Weiteren kennt das BGB den Ausdruck Unerlaubte Handlung.

Wer fremde Rechtsgüter (Leben, Leib, Gesundheit, Freiheit, Eigentum) widerrechtlich verletzt, ist dem Geschädigtem zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. § 823 BGB).

Der Schadensersatz ist darauf beschränkt den Zustand wiederherzustellen, der ohne den Schadenseintritt vorhanden war; ersatzweise kann ein Geldbetrag gezahlt werden (vgl. § 249 BGB). Haben Kinder das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet, sind sie für Schäden, die sie verursachen, nicht verantwortlich (vgl. § 828 BGB). Falls ein Tier einen Schaden verursacht, haftet der Tierhalter für die Schäden (vgl. § 833 BGB).31

Zudem ist der Begriff Verbotene Eigenmacht zu erwähnen.

Verbotene Eigenmacht ist die widerrechtliche Besitzentziehung oder Besitzstörung. Der durch Besitzentziehung begründete Besitz ist fehlerhaft und ebenfalls bei Weitergabe an einen Nachfolger nicht rechtens (vgl. § 858 BGB).32

V. Welcher Begriff des BGB ist für den SOD besonders wichtig?

Im Rahmen der Tätigkeit als SMA ist es unüblich unmittelbar Besitzer oder Eigentümer einer Sache zu sein. Daher ist der Terminus Besitzdiener für den SOD bedeutend.

Besitzdiener ist wer:

(i) die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache für einen anderen ausübt

(ii) in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft (soziale Abhängigkeit)

(iii) und weisungsgebunden ist. (vgl. § 855 BGB)33

Eng verbunden mit diesem Aspekt ist das zugehörige Ausnahmerecht.

Der Besitzdiener darf die gleichen Selbsthilferechte in Anspruch nehmen wie der Besitzer (vgl. § 860 BGB).

Es gilt aber zu beachten, dass aufgrund der Weisungsgebundenheit des Besitzdieners der SMA nur auf Selbsthilferechte zurückgreifen kann, die ihm/ihr übertragen wurden. Näheres zu den Aufgaben des SMA regelt eine Dienstanweisung.

VI. Welche Ausnahmerechte/Selbsthilferechte gibt es im BGB?

Im BGB gibt es einen Notwehr/Nothilfe Paragraphen. Dieser ist im Wortlaut fast deckungsgleich zum StGB. Es gibt zwei entscheidende Unterschiede.

(i) § 227 BGB Notwehr/Nothilfe

[1] Eine durch Notwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich. (vgl. § 32 StGB)

(ii) Aus der Widerrechtlichkeit ergibt sich die Rechtsfolge, dass jemand, der/die in Notwehr handelt, vor Schadensersatzansprüchen geschützt wird. (nicht Strafe! vgl. III.)

§ 228 BGB (Defensiver) Notstand

[1] Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht widerrechtlich, wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältnis zu der Gefahr steht. Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadensersatz verpflichtet.

Die wichtigsten Merkmale werden im Folgenden dargestellt:

(i) Fremde Sache

(ii) beschädigen/zerstören

(iii) Gefahr geht von einer Sache/Situation (oder Tier) aus

(iv) Verhältnismäßigkeit (Pro-/Kontraabwägung)

(v) Bei eigenem Verschulden der Gefahr besteht Schadensersatzpflicht34

§ 904 BGB (Aggressiver) Notstand

[1] Der Eigentümer einer Sache ist nicht berechtigt, die Einwirkung eines anderen auf die Sache zu verbieten, wenn die Einwirkung zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist. Der Eigentümer kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen.

Der Eigentümer ist nicht berechtigt die Einwirkung auf die Sache (von der nicht die Gefahr ausgeht) zu verhindern (ABER: Anspruch Schadensersatz), wenn die gegenwärtige Gefahr, die ohne Zuhilfenahme der Sache nicht beseitigt werden kann, größer ist als der Schaden der Einwirkung selbst (Verhältnismäßigkeit).35

Die Notwehr und die Notstände des BGB bilden die Ausnahmerechte.

Der § 859 BGB Selbsthilfe des Besitzers beschreibt die Möglichkeiten des Besitzers, sich Verbotener Eigenmacht (vgl. § 858 BGB) zu erwehren.

Dabei gibt es zwei Möglichkeiten:

(i) Besitzwehr ist die Beseitigung einer Besitzstörung.

(ii) Besitzkehr ist die Beseitigung einer Besitzentziehung.

Diese Maßnahmen müssen sofort erfolgen (»auf frischer Tat«).

§ 860 BGB Selbsthilfe des Besitzdieners wurde bereits diskutiert. (vgl. V.)36

Der § 229 BGB (Allgemeine) Selbsthilfe darf nur unter folgenden Voraussetzungen angewendet werden:

(i) Es besteht ein privatrechtlicher Anspruch

(ii) Obrigkeitliche Hilfe ist nicht erreichbar

(iii) Die Durchsetzung des Anspruchs würde ohne Eingreifen erschwert werden

Die zulässigen Maßnahmen sind (i) Festnahme (zum Zwecke der Identitätsfeststellung) und (ii) Anwendung unmittelbaren Zwangs (z. B. gewaltsames Entreißen einer Sache).37

Wichtig ist die Unterscheidung der Selbsthilfe des Besitzers und der allgemeinen Selbsthilfe. Die Selbsthilfe des Besitzer darf nur direkt nach einer Besitzstörung/Besitzentziehung angewendet werden (Besitzschutz), während die Allgemeine Selbsthilfe auf unbestimmte Zeit unter Berücksichtigung der Verjährungsfristen, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, Anwendung findet (Anspruchsschutz).

Dabei ist auch die Festnahme gemäß Allgemeiner Selbsthilfe von der Vorläufigen Festnahme abzugrenzen. Die Festnahme der Allgemeinen Selbsthilfe kann theoretisch an Kindern ab sieben Jahren durchgeführt werden, da sie privatrechtlich deliktsfähig sind; dabei kann die Vorläufige Festnahme erst ab dem vierzehnten Lebensjahr erfolgen, weil Kinder vorher strafunmündig sind.38

Wiederholung: Alle Selbsthilferechte müssen in der Regel übertragen werden!

VII. Welche Grenzen gibt es bei den Ausnahmerechten/Selbsthilferechten des BGB?

Als erstes ist hier der § 226 BGB Schikaneverbot zu nennen. Übt jemand ein Recht aus nur um jemand anderen damit zu schaden, ist das unzulässig.39

Weiterhin muss gemäß § 230 BGB Grenzen der Selbsthilfe im ersten Schritt stets obrigkeitliche Hilfe gesucht werden, sei es durch Hilfegesuche bei der Polizei oder durch Beschreiten des ordentlichen Gerichtsweges.40

Zusätzlich ist festgelegt laut § 231 BGB Irrtümliche Selbsthilfe, dass bei fehlerhaften Annahme der Voraussetzungen der Selbsthilfe, selbst wenn keine Fahrlässigkeit vorliegt, der irrtümlich Geschädigte Anspruch auf Schadensersatz hat.41

Grundsätzlich ist bei allen Ausnahmerechten und Selbsthilferechten das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

„[M]an darf nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.”42

VIII. Welche weiteren Vorschriften des BGB haben Relevanz für den SOD?

Grundlage jeder Tätigkeit im SOD sollte immer ein Dienst- oder Arbeitsvertrag sein (vgl. §§ 611 und 611 a BGB).

Dabei hat der/die Dienstherr*In (Unternehmer*In) jegliche Maßnahmen zu ergreifen, damit der/die Bedienstete (Arbeitnehmer*In) seine/ihre Tätigkeit im Rahmen der Erfüllung des Dienstauftrages ohne Gefahr für Leben und Gesundheit verrichten kann (vgl. § 618 BGB).

Der/die Unternehmer*In haftet nur für widerrechtliche Handlungen seines/r Arbeitnehmer*In, wenn er/sie nicht die nötige Sorgfaltstpflicht und geeignete Schutzmaßnahmen getroffen hat (vgl. § 831 BGB).

Der/die Bedienstete haften ihrerseits für Pflichtverletzungen (vgl. § 278 BGB).

Ein weiterer Bereich des SOD ist der Umgang mit Fundsachen.

Es besteht für den Finder eine Anzeigepflicht, diese Pflicht erlischt, wenn die Fundsache weniger als zehn Euro wert ist (vgl. § 965 BGB).

Folglich besteht eine Verwahrungspflicht; handelt es sich um eine verderbliche Sache, darf die Sache versteigert werden. Die Behörde muss informiert werden (vgl. § 966 BGB).

Danach hat der Finder eine Ablieferungspflicht und muss den Erlös an die Behörde abtreten (vgl. § 968 BGB).

Der Finder haftet nur für grobe Fahrlässigkeit und wird bei der Herausgabe an den Verlierer von der Haftung befreit (vgl. §§ 968 und 969 BGB).

Zumal der Verlierer dem Finder Aufwendungen ersetzen muss, die durch die Verwahrung entstanden sind (vgl. § 970 BGB).

Zusätzlich hat der Verlierer dem Finder einen Finderlohn zu entrichten; der Höchstbetrag ist 500 Euro, ansonsten sind fünf Prozent bei Sachen und drei Prozent bei Tieren gefordert. Verheimlicht der Finder den Fund, entfällt der Anspruch auf Finderlohn (vgl. § 971 BGB).

Das Eigentum an der Fundsache geht an den Finder nach sechs Monaten der behördlichen Anzeige über; bei Sachen im Wert unter zehn Euro beginnt die Frist mit dem Fund. Bei Verheimlichung der Fundsache entfällt der Eigentumserwerb (vgl. § 973 BGB).43

•Anhang 4enthält alle wichtigen Vorschriften des BGB; die Beschäftigung mit den Vorschriften wird empfohlen.

1 d Datenschutz

I. Was ist Grundlage und Gegenstand des Datenschutzes?

Nach dem Volkszählungsurteil (1983) des Bundesverfassungsgerichts gehört die informatielle Selbstbestimmung zum Kernbestand des Grundrechts der persönlichen Freiheit (vgl. Art. 2 GG). Datenschutz dient also dem Verhindern des Missbrauchs von persönlichen Daten.44

Seit dem Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als einheitlicher europäischer Datenschutzrahmen und hat Vorrang vor dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), das in der Regel nur noch Ausnahmen kodifiziert. Die DSGVO hat die Aufgabe natürliche Personen bei der Verarbeitung von persönlichen Daten zu schützen und den freien Verkehr von solchen Daten zu ermöglichen (vgl. Art. 1 DSGVO).

Sie gilt für automatisierte und nicht automatisierte Verarbeitung von Daten, die in einem Dateisystem