Gung Ho! - Kenneth Blanchard - E-Book

Gung Ho! E-Book

Kenneth Blanchard

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Beschreibung

Mit "Gung Ho!" bringen Sie Ihre Leute auf Trab und begeistern Ihr Team! In eine wahre Geschichte eingekleidet, entwickeln Blanchard und Bowles die ebenso einfachen wie wirksamen Prinzipien, mit denen man Mitarbeiter begeistert und zu Höchstleistungen motiviert. "Gung Ho!", der Ruf, mit dem sich eine Eliteeinheit der US-Marine anfeuerte, ist die Devise eines Managements, das beherzt und erfolgreich Probleme angeht.

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Seitenzahl: 179

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Sheldon M. Bowles • Kenneth Blanchard

Gung Ho!

Wie Sie jedes Team auf Höchstform bringen

 

 

Übersetzt von Roswitha Enright

 

Über dieses Buch

Mit «Gung Ho!» bringen Sie Ihre Leute auf Trab und begeistern Ihr Team!

In eine wahre Geschichte eingekleidet, entwickeln Blanchard und Bowles die ebenso einfachen wie wirksamen Prinzipien, mit denen man Mitarbeiter begeistert und zu Höchstleistungen motiviert. «Gung Ho!», der Ruf, mit dem sich eine Eliteeinheit der US-Marine anfeuerte, ist die Devise eines Managements, das beherzt und erfolgreich Probleme angeht.

Vita

Kenneth Blanchard studierte Philosophie, Soziologie und Betriebspsychologie. Seinen Doktor erwarb er mit einer Arbeit über Managementtechniken. Weltberühmt wurde er als Koautor der Minute-Manager-Bücher. Seine Consultingfirma Blanchard Training and Development im kalifornischen Escondio gehört zu den gefragtesten der USA.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Februar 2022

Copyright © 2000 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

«Gung Ho!» Copyright © 1998 by Blanchard Family Partnership and Ode to Joy Limited

Umschlag-Konzept anyway, Hamburg, Barbara Hanke/Heidi Sorg/Cordula Schmidt

Coverabbildung Elena Nelyubina/iStock

ISBN 978-3-644-01322-3

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

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www.rowohlt.de

Inhaltsübersicht

Widmung

Vorwort

Einführung

Die Gung-Ho-Geschichte

Nachwort

Gung-Ho-Strategieplan

Über die Autoren

Zur Erinnerung an

Andrew Charles Longclaw

1940–1994

 

Und seine geliebte Frau Jean und Sohn Robert, die auf tragische Weise im September 1965 bei einem Autounfall ums Leben kamen

Vorwort

von Peggy Sinclair

Now a promise made is a debt unpaid ...

Robert W. Service, «The Cremation of Sam McGee»

Am Dienstag gab ich Andy Longclaw mein Versprechen.

Ich versprach ihm zu beschreiben, wie wir unser Unternehmen vor der Schließung bewahrt haben, wie wir Rekordgewinne mit Rekordproduktivität erzielten und wie auch Sie Ihre gesamte Belegschaft motivieren und zu großen Leistungen befähigen können. Aber zuerst möchte ich Ihnen berichten, warum ich dieses Versprechen gab und warum dieses Buch geschrieben wurde. Das Ganze begann am 7. Juni 1994, im Walton Memorial Krankenhaus.

Andy ging es schlecht. Wir wußten beide, daß dies wohl mein letzter Krankenbesuch sein würde. Aber ich wollte nicht glauben, daß er im Sterben lag, und schaffte es nicht zu sagen, was ich auf dem Herzen hatte. Statt dessen plapperte ich mit erzwungener Fröhlichkeit über das schöne Wetter, über die neuesten Baseballergebnisse und über das Geschäft.

Mitten im Satz hielt ich plötzlich hilflos inne. Ich wußte nicht mehr, womit ich ihn ablenken konnte. Eine kurze und für mich ungemütliche Pause entstand. Dann brach aus mir heraus, was ich schon lange sagen wollte: «Du bedeutest mir so viel, Andy.»

Er schob seine große, wettergegerbte Hand langsam über die Bettdecke, ergriff meine Hand und drückte sie erstaunlich fest. «Ich weiß», sagte er und fügte hinzu: «Du mir auch. Hast du schon immer.»

Ob ihn die Gefühle des Augenblicks übermannten oder ob mein Besuch ihn ermüdet hatte, weiß ich nicht. Er schloß die Augen. Sein Kopf lag entspannt auf dem Kissen. Ich wußte, daß er wach war. Er hielt meine Hand immer noch fest in seiner, und ich spürte, wie sich seine Ruhe auf mich übertrug. Vielleicht wollte er diesen Augenblick durch sein Schweigen ehren. In den vielen gemeinsamen Jahren hatte ich gelernt, daß ein langes Schweigen von Andy bedeutete, daß er das, was ich gerade gesagt hatte, für wichtig hielt. Es war, als ob meine Worte ihren eigenen Raum verdienten, bevor sie durch eine Antwort verdrängt wurden.

Mehrere Minuten vergingen. Andy hatte mir einmal erzählt, daß seine Mutter ihm beigebracht hatte, nicht nur auf eine Gesprächspause zu warten, um endlich sprechen zu können, sondern zu warten, bis die Stille von sich aus ein Ende fand. Schließlich sagte Andy mit klarer, wenn auch schwacher Stimme: «Ich werde mich heute zu meinen Ahnen begeben.» Wie immer war er ganz direkt.

Ich schwieg, aber es war auch keine Antwort nötig gewesen. Er fuhr fort: «Du hast mich stolz gemacht und mein Leben bereichert.»

«Oh, nein, Andy», widersprach ich schnell. «Du bist es gewesen, der mir und der ganzen Belegschaft soviel Gutes getan hat.»

«Wir haben vieles gemeinsam vollbracht», sagte Andy abschließend und weise.

Dann fuhr er fort. «Aber vieles muß noch getan werden. Zu viele plagen sich ganz allein. Sie sind unglücklich. Mut und Lebensfreude vergehen, wenn sie in die Arbeitswelt eintreten.»

Ich drückte Andy sanft die Hand. Mut und Lebensfreude vergehen, wenn sie in die Arbeitswelt eintreten. Wie recht er hatte. Überall in Amerika verging den Menschen Mut und Lebensfreude, wenn sie in die Arbeitswelt eintraten.

«Du mußt unsere Geschichte erzählen, damit unsere Kinder ihren Kindern davon berichten können.» Andy schwieg und atmete ein paarmal tief durch, bevor er fortfuhr. «Die Gung-Ho-Geschichte von dem Geist des Eichhörnchens, dem Weg des Bibers und dem Geschenk der Gans.»

«Das werde ich tun, Andy. Ich verspreche es dir.»

«Danke», antwortete er. «Du hast die letzte Last von mir genommen.»

Dann fügte er hinzu: «Die Eule ruft mich und will mich aus diesem Leben führen. Ich werde gehen, solange es noch hell ist.» Er sah mich an und lächelte, und in seinem Lächeln lag eine friedliche Gelassenheit, die ich nie vergessen werde.

«Gung Ho, Freund.»

«Gung Ho, Freund», antwortete ich.

Mit «Gung Ho» hatten wir uns viele Jahre lang begrüßt und voneinander verabschiedet. Dieses würde das letzte Mal sein.

Andy schloß die Augen. Er schlief ein, und sein Atem wurde langsam und flach. Seine Hand, mit der er immer noch die meine hielt, entspannte sich.

Ich wußte, daß Andys Leben auf unserem Planeten noch vor Sonnenuntergang vorbei sein würde, unabhängig davon, was die Ärzte sagen oder für ihn tun würden. Er hatte sich entschieden zu gehen, und er würde gehen.

Ich weiß nicht, wie lange ich an seinem Bett gesessen habe und wann genau er gestorben ist. Sein Geist antwortete auf den Ruf der Eule so sanft, daß der Übergang sich unmerklich vollzog. Irgwendwann merkte ich plötzlich, daß er nicht mehr lebte.

Ich zog meine Hand aus der seinen, die Tränen strömten mir aus den Augen. Ich stand auf, beugte mich über ihn und küßte ihn still auf die Wange.

Auch im Tod lächelte er noch friedlich.

Ich kann mich nicht erinnern, wie ich den Raum verließ und ob ich die Krankenschwester rief. Ich erinnere mich nur daran, daß ich aus dem Krankenhaus fortging und überlegte, wie ich mein Versprechen halten konnte. Wie würde ich unsere Geschichte erzählen? Der Geist des Eichhörnchens, der Weg des Bibers und das Geschenk der Gans. Die drei Erkenntnisse, auf denen unser Erfolg beruhte.

Irgendeine Veranstaltung hatte in dem großen Versammlungssaal neben dem Krankenhaus stattgefunden, und viele Menschen strömten aus den Türen. Als ich an der Kreuzung darauf wartete, daß die Ampel grün wurde, traten zwei Männer neben mich. Ich war so in Gedanken versunken, daß ich nicht auf ihre Unterhaltung achtete, bis etwas aus ihrem Gespräch plötzlich laut und deutlich zu mir durchdrang: «Die Buddhisten sagen, wenn der Schüler bereit ist, wird der Lehrer erscheinen.»

Ich lächelte unwillkürlich, als jetzt die Ampel von Rot auf Grün wechselte. Ja, vielleicht würde ich plötzlich wissen, wie ich mein Versprechen einlösen könnte.

Ich wollte noch nicht nach Hause fahren, war aber auch nicht in der Lage, ins Büro zurückzugehen. Ich sah ein kleines Lokal an der Ecke und trat ein. Ich setzte mich an einen Tisch, bestellte einen Kaffee und überließ mich meinen Gedanken. Die Tränen traten mir wieder in die Augen. Ich versuchte, mich zusammenzunehmen und mich auf das Versprechen zu konzentrieren, das ich gegeben hatte. Wie würde ich die Geschichte am besten erzählen? Unsere Gung-Ho-Geschichte.

Andy und seine Eule mußten ihre Reise lange genug unterbrochen haben, um die Räder des Zufalls in Bewegung zu setzen.

Einführung

von Ken Blanchard und Sheldon Bowles

Die Hand des Schicksals,

glückliche Zufälle,

zwei Stunden zu früh, zehn zu spät

Das ist der Unterschied!

Manly Grant, Gesammelte Gedichte, Band II

Unser Seminar in Walton hatte am Dienstag mittag begonnen und würde bis Mittwoch morgen dauern. Die erste Sitzung war beendet, und wir beschlossen, uns in dem Lokal an der Ecke gegenüber ein wenig zu entspannen.

Nachdem unser gemeinsames Buch «Wie man Kunden begeistert, Der Dienst am Kunden als A und O des Erfolges» geschrieben und veröffentlicht worden war, stellten wir fest, daß ein echtes Bedürfnis nach einem ähnlichen Buch bestand, einem Buch darüber, wie man die Mitarbeiter für ihr Unternehmen begeistern kann. Viele Organisationen versuchten, die Vorschläge von «Wie man Kunden begeistert» in die Tat umzusetzen, mußten sich aber ständig mit müden, lustlosen und sogar widerwilligen Mitarbeitern auseinandersetzen. Auf diese Art und Weise ließ sich jedoch nichts erreichen. Was noch schlimmer war, die Leute grausten sich davor, zur Arbeit zu gehen. Ihr Tag war verschwendet, zumindest acht Stunden des Tages.

Unsere Literaturagentin Margaret McBride und unser Lektor Larry Hughes waren von dem Vorschlag sehr angetan, ein Buch zur Motivierung der Mitarbeiter zu schreiben. Aber noch fehlte uns ein wichtiges Teil des Puzzles, bevor wir mit der Arbeit beginnen konnten. Wie auch viele Physiker besaßen wir zwar diverse Erkenntnisse, aber es fehlte uns eine große, verbindende Theorie.

Wir hatten uns auf unseren Besuch der Stadt Walton gefreut, wo die Walton Works zu Hause waren. Diese Werke galten wohl als das berühmteste Beispiel für «business turnaround» in den USA. Leider war unser Termin mit der Werksleiterin Peggy Sinclair abgesagt worden. Ein enger Freund und Mitarbeiter von ihr sei schwer krank. Und so hatte sie zu unserer großen Enttäuschung keine Zeit für uns.

Denn Peggy Sinclair war in Unternehmerkreisen berühmt. Als sie die Walton Works übernahm, galten sie als die unrentabelsten der zweiunddreißig Einzelfirmen, die zu der Holding gehörten. Jetzt aber lief der Betrieb so glänzend, daß sogar das Weiße Haus in Washington die Walton Works als Vorbild für die Wirtschaft im ganzen Land hervorgehoben hatte. Die Effizienz, die Rentabilität, die Innovationen, die Kreativität und die Fähigkeit, die Kunden zu begeistern, ließen sich offenbar alle auf einen Faktor zurückführen, nämlich darauf, daß die Mitarbeiter bereit, gewillt, fähig und sogar eifrig darauf bedacht waren, sich neuen Herausforderungen zu stellen und gemeinsam für den Erfolg des Ganzen zu arbeiten. Kurz gesagt, es handelte sich bei ihnen um Arbeitnehmer, die von ihrem Unternehmen begeistert waren.

Auf dem Weg zum Lokal unterhielten wir uns über unser Problem. Wenn wir jemals das fehlende Teil des Puzzles finden und in der Lage sein sollten, die große verbindende Theorie aufzustellen, worin sich dieser Betrieb von allen anderen unterschied, dann war Peggy Sinclair unsere größte Hoffnung. Und nun würden wir sie nicht einmal zu Gesicht bekommen. Wer weiß, wann wir jemals wieder nach Walton zurückkommen würden. Unsere Terminkalender waren viele Monate im voraus ausgebucht.

«Die Buddhisten sagen, wenn der Schüler bereit ist, wird der Lehrer erscheinen», meinte einer von uns philosophisch, als die Ampel grün wurde und wir die Straße überquerten. Wir achteten nicht auf die Frau, die vor uns das Restaurant betrat. Erst als unsere Bestellung vor uns stand, fiel sie uns auf. Sie saß allein an einem Tisch, und ihr Gesicht war tränenfeucht. Dennoch erkannten wir Peggy Sinclair auf Grund eines Fotos aus der Informationsbroschüre des Weißen Hauses über den Preis, den die Walton Works erhalten hatten.

Im selben Moment hob sie den Kopf, sah zu uns herüber und erkannte uns offenbar auch. Zu unserer Überraschung stand sie auf und kam zu uns an den Tisch. Wir erhoben uns ein wenig verlegen, denn es war offensichtlich, daß sie großen Kummer hatte, und wir wollten uns ihr nicht aufdrängen.

«Ich bin Peggy Sinclair», sagte sie mit fester Stimme. «Ich weiß, wer Sie sind. Es tut mir leid, daß ich unseren Termin heute absagen mußte. Es war, also, es war und ist ein schwieriger Tag für mich.»

Wir nickten und wußten nicht, was wir erwidern sollten, boten ihr aber an, sich an unseren Tisch zu setzen. Wir waren sicher, daß sie unserer Aufforderung nicht nachkommen würde, aber sie überraschte uns, als sie nach einem kurzen Zögern dankte und sich setzte.

Im Folgenden haben wir zusammengetragen, was wir in den nächsten drei Stunden und in den Monaten danach von Peggy lernten, wann immer wir die Gelegenheit hatten, uns mit ihr zusammenzusetzen. Nicht selten war es im Hotel in der Nähe eines Flugplatzes, wenn sich unsere Pfade kreuzten und Peggy ein paar Stunden für uns erübrigen konnte.

Wenn der Schüler bereit ist, wird der Lehrer erscheinen.

Gung Ho!

Die Gung-Ho-Geschichte

The woods are lovely, dark and deep.

But I have promises to keep,

And miles to go before I sleep,

And miles to go before I sleep.

Robert Frost, «Stopping by Woods on a Snowy Evening»

Man hatte mich reingelegt! Mich, Peggy Sinclair, den aufsteigenden Stern der Hauptverwaltung!

Ich hätte es wissen sollen, als der Große Alte Morris mir sagte, ich sei zum Generalmanager von Walton Works ernannt worden.

Weil ich nun endlich meine eigene Fabrik leiten sollte, war ich so aufgeregt, daß ich nicht sah, was wahrscheinlich jedem anderen sonnenklar war. Ich war bisher niemals in einer leitenden Position gewesen, sondern hatte immer als Angestellte gearbeitet. Ich wußte zwar theoretisch, was für eine Führungskraft wichtig war, hatte es aber nie in der Praxis angewendet. Ich war nicht entsprechend ausgebildet und auch nicht darauf vorbereitet, einen Betrieb zu leiten. Noch nicht mal einen, der fabelhaft lief. Und das konnte man von diesem nun ganz und gar nicht sagen.

Ich hatte mir eingebildet, daß man mir meine Umfrage unter den Angestellten verziehen hatte, aus der hervorgegangen war, daß das neue Strategiekonzept des Großen Alten Morris einen schweren Fehler hatte. Er war über dieses Ergebnis nicht glücklich gewesen. Aber er gab zu, daß das Problem existierte, und das Unternehmen konnte so eine Million Dollar sparen. Ich hatte geglaubt, Walton Works sei meine Belohnung dafür. Waren sie auch, bloß nicht so, wie ich es mir ausgemalt hatte.

Am Dienstag, 4. September, hatte ich um acht Uhr voller Energie und Schwung das Werk betreten. Aber schon am Ende des ersten Tages war mir klar, daß man mich hereingelegt hatte. Zwar wußten alle, daß dieser Betrieb der unrentabelste des ganzen Unternehmens war. Aber ich hatte mir nicht vorstellen können, daß es so hoffnungslos war. Das Werk hatte bisher nur dank der antiquierten Kostenrechnung der Hauptverwaltung überlebt, und die Kostenrechnung sollte sehr bald modernisiert werden. Diese Fabrik steckte wahrlich in großen Schwierigkeiten.

In sechs Monaten, spätestens in einem Jahr würde man diesen Laden dichtmachen. Und ich würde mit ihm untergehen. Der ideale Sündenbock für die Walton Works.

Man brauchte kein Genie zu sein, um zu sehen, warum die Produktivität so am Boden lag. Die Firma behandelte die unter freiem Himmel gelagerten Rohmaterialien besser als ihre Mitarbeiter.

Auf der ersten Sitzung mit meinem Managerteam entdeckte ich nur einen Lichtpunkt: die Endfertigung, der einhunderfünfzig Mitarbeiter angehörten. Trotz der Probleme der Walton Works gab es in unserer gesamten Unternehmensgruppe mit ihren zweiunddreißig Betrieben keine Abteilung, die effizienter arbeitete. Das bedeutete für mich, daß etwa zehn Prozent meiner Mitarbeiter ausgesprochene Perlen waren. Der Rest schien aus lauter faulen Deppen zu bestehen, angeführt von echten Neandertalern, die dem Untergang des Ganzen entgegendämmerten.

Als ich dann aber den Ressortchef der Endfertigung kennenlernte, teilte der mir mit, daß auch da der Wurm drin war.

«Sie sollten vor allen Dingen den Abteilungsleiter da möglichst schnell loswerden», sagte er.

«Wirklich? Warum denn?» Mir kam es merkwürdig vor, daß es meine Sache sein sollte, den Mann zu feuern, und nicht seine, aber vor allen Dingen wollte ich jetzt wissen, warum das nötig sein sollte.

«Andy Longclaw ist einfach schwierig. Er ist Indianer, naja, Sie wissen schon. Also, ich habe nun wirklich nichts gegen Indianer, und dieser ist auch intelligent, zweifellos. Er hat sogar studiert. Ist MBA. Aber er ist ein Unruhestifter, ein richtiger Stachel im Fleisch. Die Abteilung wird ohne ihn noch besser funktionieren. Diese Indianer!» Dann fügte er verächtlich noch eine beleidigende Bezeichnung hinzu.

Ich wußte nicht, ob Andy Longclaw ein Unruhestifter war oder nicht. Aber eines wußte ich genau, dieser Bereichsleiter würde nicht lange bleiben, wenn ich das Sagen hatte. Vielleicht würde ich selber in sechs Monaten ohne Stellung dastehen, aber ich wollte diese Monate nicht mit Betonköpfen wie ihm verbringen.

Um halb fünf leerten sich die Büros so schlagartig, als habe jemand den Feueralarm ausgelöst. Ich blieb noch eine halbe Stunde und ging dann selbst.

Es war noch hell, und so beschloß ich, einen längeren Spaziergang zu machen. Ich ging ohne rechtes Ziel die Main Street entlang und überlegte, was ich am heutigen Tag gelernt hatte. Dabei schaute ich mich um und stellte fest, daß die kleine Stadt zwei Supermärkte und zwei Drogerien hatte und daß eine Statue vor der Stadtbücherei stand. Ich blieb davor stehen und las die Inschrift. Hier wurde weder ein berühmter Kriegsheld noch Stadtvater geehrt, sondern ein Künstler. Anscheinend war Walton die Geburtsstadt von Andrew Payton, einem Indianer, der eine Reihe von internationalen Preisen für seine wunderschönen Tierschnitzereien erhalten hatte.

Ich ging bis zur siebten Straße und lief über eine Brücke. Eine Rasenfläche reichte bis an das Flußbett heran. Dort stand eine einsame Bank, von wo aus man über den Fluß einen Blick auf die Walton Works hatte, leblose, düstere Fabrikgebäude. Sehr symbolisch, fand ich. Der ganze Komplex zeigte nach außen, was sich drinnen abspielte.

Ich ging langsam die Uferböschung hinunter auf die Bank zu, in Gedanken versunken. Ich hatte keine Ahnung, wie ich den Betrieb wieder rentabel machen könnte. Ich wußte zwar, daß ich eine schnelle Auffassungsgabe habe, aber das war auch das einzig Positive an der Situation. Aber ich wußte nicht einmal, wo ich ansetzen sollte.

Als ich mich der Bank näherte, kam plötzlich ein großer dunkelhaariger Mann aus der anderen Richtung und ließ sich auf das eine Ende der Bank fallen. Die Hände hatte er tief in den Taschen vergraben. Normalerweise war ich vorsichtig, was Fremde anging, aber hier in der Kleinstadt fühlte ich mich sicher. «Kann ich mich auch hier hinsetzen?»

«Natürlich.» Er sah kurz zu mir hinüber. «Aber mit mir ist heute leider nicht viel los.»

«Schwierigkeiten?» Ich fragte eigentlich eher aus Höflichkeit, als daß es mich wirklich interessierte.

«Werde wohl demnächst entlassen», sagte der Mann mit einer entwaffnenden Offenheit, wie sie nicht selten zwischen total Fremden möglich ist.

«Und warum?» Ich war froh, daß ich für den Augenblick von meinen eigenen Sorgen abgelenkt wurde.

«Ich arbeite in der Fabrik da drüben. Wenigstens habe ich heute da gearbeitet, wie die letzten fünfzehn Jahre auch. Was morgen ist, weiß ich nicht.»

«Sie haben mir noch nicht gesagt, warum Sie entlassen werden sollen.»

«Der Chef sagte nur, daß ich gehen soll. Er hat nicht den Mut, mir selbst zu kündigen. Hat wohl Angst vor der Reaktion meiner Mitarbeiter.»

«Wieso?»

«Ich glaube zwar nicht, daß es eine starke Reaktion geben wird. Meine Leute wissen, daß die Fabrik beinahe am Ende ist. Wir geben ihr noch sechs Monate, höchstens ein Jahr. Da hat es keinen Sinn, sich über meine Entlassung aufzuregen. Unsere Abteilung ist allerdings dafür bekannt, daß wir uns nicht alles gefallen lassen. Davor hat er wahrscheinlich Angst.»

Ich sah ihn von der Seite her an. Nach seinen Gesichtszügen zu schließen, gehörte er zu den Ureinwohnern Amerikas, und ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, um wen es sich handelte. Aus seinen nächsten Äußerungen wurde deutlich, daß er keine Ahnung hatte, wer ich war.

«Eine neue Frau wird an die Spitze gesetzt», fuhr er fort. «Und nach dem, was ich so höre, soll sie eine ziemliche Hexe sein. Mein Chef sagt, daß sie mich entlassen wird, und das wird sie dann wohl auch tun. Nach fünfzehn Jahren. Es sollte mir eigentlich nichts ausmachen. Der Betrieb macht es sowieso nicht mehr lange. Ich weiß allerdings nicht, was mit der Stadt passieren wird. Ob es nun erst in sechs Monaten oder ob es morgen passiert, sollte eigentlich keinen Unterschied machen, aber es macht mir doch etwas aus. Ich wollte eigentlich zusammen mit meinen Leuten bis zum letzten Tag arbeiten. Wir haben uns nämlich ein ganz bestimmtes Ziel gesetzt.»

«Ein Ziel?»

«Ja.» Er grinste. «Wir arbeiten schon darauf hin. Unser letzter Tag soll einen Rekord aufstellen in bezug auf die Effizienz und Produktivität unserer Abteilung. Wenn wir die Tore der Fabrik zum letztenmal durchschreiten, wollen wir das erhobenen Hauptes tun. Und ich wollte gern dabeisein.»

Ich hatte jetzt nicht mehr den geringsten Zweifel, wer dieser Fremde war. Und ich fand seine Idee wunderbar, mit erhobenem Haupt die Fabrik am letzten Tag zu verlassen. Der letzte Tag sollte der effizienteste, der produktivste Tag für die Abteilung werden. Ich beschloß sofort, wenn ich schon mit dieser Firma untergehen sollte, dann kämpfend bis zur letzten Minute.

«Sie sehen selbst nicht besonders glücklich aus», bemerkte er.

«Ich vermute, daß man mich auch entlassen wird.»

«Sie machen wohl Witze?»