Haftungsrecht - Thomas Klie - E-Book

Haftungsrecht E-Book

Thomas Klie

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Beschreibung

Heimbewohner Hans Meyer stürzt aus dem Bett und verletzt sich. Patientin Siglinde Müller verbrennt sich am heißen Tee. Altenpflegeschülerin Alica Schulz führt eine Dekubitusprophylaxe nicht fachgerecht durch. Immer wieder stellt sich im Pflegealltag die Frage: Wer ist wann wofür haftbar? Rechtsexperte Thomas Klie und Andreas Klein - MDK Baden-Württemberg - vermitteln in ausgewählten Fallbeispielen, was Pflegekräfte wissen müssen. Von der Delegation ärztlicher Tätigkeiten bis hin zu Risikomanagement, Schadensersatz und Haftpflichtversicherung. Das hilfreiche Arbeitshandbuch ist anschaulich, kompakt und praxisorientiert. So gewinnen Sie als Pflegekraft schnell an Sicherheit und handeln im Pflegealltag souverän und verantwortungsvoll.

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Thomas Klie

Haftungsrecht

Souverän und verantwortungsvoll handeln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.

Der Verlag und der Autor können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2019

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Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

E-Book ISBN 978-3-7486-0069-5

Thomas Klie

Haftungsrecht

Souverän und verantwortungsvoll handeln

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Buch-Code: AH1048

Inhalt

Einleitung

1 Grundlagen

1.1 Rechtliche Anknüpfungspunkte

1.2 Die rechtliche Haftungsprüfung

1.3 Grundzüge der strafrechtlichen Haftung

1.4 Grundzüge der zivilrechtlichen Schadensersatzhaftung

2 Delegation ärztlicher Tätigkeiten an Pflegekräfte

2.1 Voraussetzungen

2.2 An welche Pflegekräfte darf delegiert werden?

2.3 Welche ärztlichen Tätigkeiten dürfen delegiert werden?

2.4 Verordnungs- und Handlungsverantwortung

2.5 Auswahl, Anleitung und Überwachung der Pflegekräfte

2.6 Checkliste: Fehlerquellen in der Kooperation Pflegeeinrichtung – Arzt/Ärztin

3 Pflegefehler

4 Haftungsfragen im Praxistest – nach Problembereichen

4.1 Medikamentengabe

4.2 Ernährung

4.3 Freiheitsentziehende Maßnahmen

4.4 Das Messie-Syndrom

4.5 Haftung von und für Ehrenamtliche in der Pflege

5 Risikomanagement, Schadensersatz und Haftpflichtversicherung

5.1 Risikomanagement

5.2 Schadensersatz und Schmerzensgeld

6 Versicherungen

6.1 Haftpflichtversicherungen

6.2 Weitere Versicherungen

7 Vorbehaltsaufgaben der Fachpflege

Autorenvita

Einleitung

Mit dem Buch Haftungsrecht in der Alten- und Langzeitpflege soll ein kompaktes, praxisorientiertes Hilfsmittel für einen verantwortungsvollen und souveränen Umgang mit Risiken und Verantwortungsbereichen in der Pflege angeboten werden, das Haftungsfragen nicht dramatisiert, aber auch nicht bagatellisiert. Im ersten Kapitel werden die Grundzüge des Haftungsrechts und rechtliche Anknüpfungspunkte auf die zivil- und strafrechtliche Haftung dargestellt. Es folgen ein Kapitel zu den für die Praxis bedeutsamen Fragen der Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegekräfte und ein weiteres zu Pflegefehlern. In einem weiteren Kapitel wird anhand von Problemkonstellationen und Fallschilderungen für relevante haftungsrechtliche Problemzonen in der Altenpflege die Haftungsprüfung ausführlich, erläuternd und zum Teil mit ausführlicheren Erklärungen anschaulich gemacht. Auf diese Weise soll den Leser*innen ein praxisorientierter Zugang zu Rechtsfragen eröffnet werden: Nicht von den Rechtsnormen her werden in diesem Abschnitt die Lösungen entwickelt, sondern aus der praktischen Fallschilderung. In einem weiteren Kapitel werden Haftungsfolgen und Fragen der Schadensfolgenvermeidung thematisiert. Hier geht es um Risk Management, um die Realisierung von Schadensersatzansprüchen, aber auch um Fragen eines angemessenen Versicherungsschutzes. Am Ende werden die Vorbehaltsaufgaben der Fachpflege gemäß dem neuen Pflegeberufegesetz thematisiert.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Klie

Freiburg/Berlin/Tutzing

 Rechtliche Anknüpfungspunkte

 Die rechtliche Haftungsprüfung

 Grundzüge der strafrechtlichen Haftung

 Grundzüge der zivilrechtlichen Schadensersatzhaftung

 

Wer ist wann dafür verantwortlich, wenn ein*e Patient*in aus dem Bett stürzt und sich eine Oberschenkelhalsfraktur zuzieht, die Spritze nicht fachgerecht gesetzt wird und der/die Patient*in Schmerzen erleidet, die Zahnprothese von Herrn Meier zerschellt und ersetzt werden muss?

Diese Fragen zu beantworten, ist Aufgabe des Haftungsrechts. Allgemein gesagt geht es um die Klärung von Verantwortung. Wer trägt wann wofür Verantwortung? Juristischer gesprochen geht es beim Haftungsrecht darum, wie sich Menschen „im Rechtsverkehr“ zu verhalten haben und welche Rechtsfolgen eintreten, wenn sie fehlerhaft handeln. Unter Haftung wird hier die rechtlich begründete Verpflichtung verstanden, für etwas einzustehen, z. B. für Sach- und Gesundheitsschäden oder für die Verletzung strafrechtlich geschützter Rechtsgüter, etwa der körperlichen Unversehrtheit (§ 223 StGB) oder des Eigentums (§ 242 StGB). Eine Pflegekraft hat demnach dann zu haften, wenn sie ihre Pflichten nicht oder schlecht erfüllt hat und deswegen ein Schaden eingetreten oder ein strafrechtlich geschütztes Rechtsgut verletzt worden ist.

Haftungsfragen sind im pflegerischen Alltag immer gegenwärtig: „Durfte ich den/die Bewohner*in fixieren?“, „Darf ich als Pflegehilfskraft Injektionen vornehmen?“, „Hätte ich besser aufpassen müssen, als der/die verwirrte Bewohner*in das Haus verlassen hat?“

Die Befürchtung, haften zu müssen, wenn etwas passiert, ist in der Altenpflege allgegenwärtig. Die von Pflegekräften oft geäußerte Behauptung, in der Pflege stehe man mit einem Bein im Gefängnis, kennzeichnet ein besonders stark empfundenes Haftungsrisiko. Mit der Berufsrolle der Pflegekräfte verbindet sich ein starkes Verantwortungsgefühl für auf Pflege angewiesene Menschen. Verbreitet ist die Ansicht, dass ihnen „nichts passieren“ dürfe. Gerade in Heimen entwickelt sich schnell eine „Sicherheitsideologie“, die darauf gerichtet ist, möglichst alle Risiken der Heimbewohner*innen auszuschließen. Die Furcht vor Haftung regiert dann in Heim und ambulanten Diensten und erschwert einen verantwortlichen und professionellen Umgang mit den Risiken der Pflege. Risiken gehören zur Pflege. Es gilt, sie zu minimieren und Schadensfolgen zu verlagern, Risiken können aber niemals vollständig ausgeschlossen werden. Risiken gehören zum Leben, auch zum Leben pflegebedürftiger Menschen.

Fall 1:

Während der Versorgung in der Waschecke rutschte die Patientin vom Toilettenstuhl, als sich die Pflegekraft umdrehte, um nach einem Pflegemittel zu greifen. Das Amtsgericht Stuttgart hat die Klage der Krankenkasse auf Schadensersatz abgewiesen. Nach der Entscheidung des Gerichtes musste die Pflegekraft nicht damit rechnen, dass die Bewohnerin aus dem Pflegestuhl rutschen könnte, während sie sich während der Dauer von Sekunden nach einem Pflegemittel im Regal umdrehte. Zum einen wurde im MDK-Gutachten festgestellt, dass die Bewohnerin noch frei sitzen könne und auch am Schadenstag war keine Verschlechterung des Zustandes festzustellen. Zum anderen wurden Körperpflegemaßnahmen in gleicher Weise in der Vergangenheit regelmäßig durchgeführt, ohne Anzeichen, dass die Gefahr des Herausrutschens bestand. Ein gewisses Lebensrisiko bleibt, so das Amtsgericht Stuttgart, auch in einem Heim. (Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 24. 2. 2005, Az.: 16 C 8669/04)

Nur dann, wenn Pflegekräfte sich „unverantwortlich“ verhalten haben, sie ihren Pflichten nicht nachgekommen sind, droht ggf. Schadensersatz, eine disziplinarische Maßnahme oder gar eine Strafe. Man spricht heute von Risikomanagement: Es geht um einen professionellen Umgang mit risikoreichen Aufgaben.1 Jede Pflegekraft tut gut daran, die Haftungsfragen zu entmythologisieren und sie nicht allein den Vorgesetzten und juristischen Experte*innen zu überlassen. Damit soll das Haftungsrecht nicht zum Dreh- und Angelpunkt pflegerischer Verhaltensregeln werden. Das Haftungsrecht kann helfen, Verantwortung zu klären und in dreierlei Hinsicht einen Orientierungsrahmen für die pflegerische Arbeit bieten, innerhalb dessen die Arbeit allein fachlichen Gesichtspunkten unterworfen ist.

1. Pflegekräfte werden teilweise für Dinge verantwortlich gemacht, für die sie an sich keine Verantwortung tragen bzw. ihnen keine Verantwortung übertragen werden darf. So übernehmen gerade im Pflegeheim Pflegekräfte häufig selbstständig Aufgaben, die im ärztlichen Verantwortungsbereich liegen, wie z. B. Injektionen, Katheterisieren oder auch (faktisch) Entscheidungen über die Medikation. Hier kann das Haftungsrecht helfen, Tätigkeitsfelder abzustecken und Verfahren zu entwickeln, die bei der Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegepersonal die Pflegekräfte absichern und andere (z. B. Ärzt*innen) in die Pflicht nehmen.

2. In der pflegerischen Praxis sind Eingriffe in an sich geschützte Rechtsgüter der Bewohner*innen praktisch an der Tagesordnung. Das Haftungsrecht kann für die Pflegekräfte wie auch für Heimleitungen eine Möglichkeit darstellen, das eigene Verhalten unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, inwieweit sie die Rechte der Bewohner*innen und Betreuten auch wahrnehmen und respektieren. Insofern verlangt das Haftungsrecht auch nach Zivilcourage im pflegerischen Alltag: Im Rahmen ihrer Handlungsverantwortung (jede Pflegekraft trägt für das, was sie tut und ob sie es tut, Verantwortung) haben Pflegekräfte sich gegen Pflegepraktiken zur Wehr zu setzen, die die Rechte Pflegebedürftiger tangieren; ihnen obliegt insofern eine Rechtmäßigkeitskontrolle gegenüber ihnen übertragenen Aufgaben und erteilten Weisungen.

3. Schließlich kann das Haftungsrecht helfen, gerade in der Betreuung demenziell Erkrankter, pflegerische Handlungsspielräume zu erkennen und abzusichern, aber auch Widerstand zu leisten gegen Einschüchterung und Vorwurfshaltungen, die sich vordergründiger Haftungsargumente bedienen: „Ich mache Sie dafür verantwortlich, wenn meiner Mutter etwas passiert!“ Haftungsrecht hält aber (in der Regel) keine Verhaltensregeln für bestimmte Berufsgruppen vor, wie sie sich wann zu verhalten haben. Wann haftungsrechtliche Grenzen überschritten sind, ergibt sich aus den fachlichen Sorgfaltspflichten. Es ist daher falsch zu behaupten, es verstoße „gegen das Gesetz“ bei einem Patienten mit Durchblutungsstörungen eine Wärmflasche anzulegen. Eine solche pflegerische Maßnahme ist zunächst unter (pflege-)fachlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Ein Pflegefehler liegt dann vor, wenn aus objektiver Sicht eine bestimmte Maßnahme fachlich falsch war. Ein Gericht muss im Zweifel zur Beurteilung eines Pflegefehlers einen pflegerischen Sachverständigen beauftragen. Hohe Bedeutung haben die sogenannten nationalen Expertenstandards.2Dabei sind nicht nur die Expertenstandards für die Pflege maßgeblich, deren Verbindlichkeit im Rahmen der Pflegeversicherung bestimmt werden kann, vgl. § 113a SGB XI, sondern alle maßgeblichen Expertenstandards. Sie dokumentieren den aktuellen Stand des Wissens in der Pflege. Bei der Darstellung des Haftungsrechts werden zunächst wichtige Grundbegriffe und Rechtsgebiete vorgestellt und erklärt, bevor spezielle Haftungsfragen behandelt werden.

1.1 Rechtliche Anknüpfungspunkte

Im Haftungsrecht ist zunächst der Unterschied zwischen Zivil- und Strafrecht maßgeblich. Während es im Zivilrecht darum geht, dass ein*e Bürger*in von einem anderen etwas verlangt, sei es in der Regel Geld oder eine andere Form der Wiedergutmachung. Es geht um Schmerzensgeld, um Schadensersatz, um Regress für Behandlungskosten. Beim Strafrecht geht es um die staatliche Sanktionierung von Fehlverhalten von Pflegekräften oder von Bürger*innen. Hier sanktioniert der Staat eine Verletzung strafrechtlicher Normen. Geldstrafe, gegebenenfalls Haftstrafen sind die Folge. Dieser wesentlichen Unterscheidung folgt auch die Darstellung des Haftungsrechtes in diesem Abschnitt.

Fall 2:

Eine Pflegekraft verwechselt infolge Unachtsamkeit beim Vorbereiten einer Injektion zwei Ampullen. Die Injektion verursacht beim Heimbewohner schwere organische Schäden (vgl. OLG Hamburg VersR 1953, 125).

Die Pflegekraft hat im Fall 2 fehlerhaft gehandelt. Welche rechtlichen Folgen kann das für sie haben?

ZIVILRECHTLICHE HAFTUNG