Hallo Schätzchen, hier ist dein Lätzchen! - Beate Rüther - E-Book

Hallo Schätzchen, hier ist dein Lätzchen! E-Book

Beate Rüther

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Beschreibung

Handlicher Ratgeber mit vielen Praxistipps zum Expertenstandard "Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz" für Pflege- und Betreuungskräfte in der Altenpflege +++ Beziehungsgestaltung ist ein Abenteuer - das gilt besonders im Umgang mit Menschen mit Demenz. Holen Sie sich mit unserem kleinen Altenpflege-Helfer kompetenten Rat zum aktuellen Expertenstandard in der Pflege. Der schnelle Helfer beschränkt sich aufs Wesentliche - kurz, knapp, klar verständlich und mit maximalem Praxisnutzen. Von einer unkomplizierten Einführung zum Expertenstandard über Beispiele für eine personzentrierte Haltung ("Frau Damme steht im Mittelpunkt!") bis hin zu Maßnahmen zur Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz ("Frau Hirse führt die Gruppe an!"). Das kompakte (Basis-)Wissen für die Altenpflege zur Umsetzung des Expertenstandards begleitet Sie zuverlässig durch alle Situationen und rüstet Sie für alle erdenklichen Szenarien im Altenpflegealltag. Typische Fallbeispiele und humorvolle Cartoons bilden den Einstieg in jedes Kapitel. In den kurzweiligen, kompakten Kolumnen zum schnellen Nachlesen finden Sie dann Antworten und viele konkrete Praxistipps. Das handliche Taschenbuch ist ein echter "Rat-Geber" - für einen wertschätzenden Umgang mit Menschen mit Demenz, der allen ganz viel gibt.

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Seitenzahl: 113

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Impressum

Titel

Kleine Helfer für die Altenpflege

Hallo Schätzchen, hier ist dein Lätzchen!

111 Tipps zur Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz

Autorin

Beate Rüther

Lektorat

Corina Altmann

Titelbildmotive

© alison1414 (Dame) – Shutterstock.com,

© Olga Kovalenko (Hintergrund Wand), © annagolant (Button),

© Elaelo (Hand), © KatyaKatya (Muster „Pinselstrich“),

© raven (Sprechblase) – alle stock.adobe.com

Illustrationen im Innenteil

Kapiteldeckblätter: © Norbert Höveler

Tipp-Glühbirne: © Verlag an der Ruhr

E-Book-Herstellung und Auslieferung

readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

Verlag an der Ruhr

Mülheim an der Ruhr

www.verlagruhr.de

Urheberrechtlicher Hinweis

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.Der Verlag untersagt ausdrücklich das Herstellen von digitalen Kopien, das digitale Speichern und Zurverfügungstellen dieser Materialien in Netzwerken (das gilt auch für Intranets von Pflege- und Altersheimen sowie Bildungseinrichtungen), per E-Mail, Internet oder sonstigen elektronischen Medien außerhalb der gesetzlichen Grenzen. Keine gewerbliche Nutzung.

© Verlag an der Ruhr 2020

E-Book ISBN 978-3-8346-4390-2

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Etwas Trockenes vorweg …

Was ist ein Expertenstandard?

Nicht mehr nur aus dem Bauch heraus – der Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“

In Beziehung stehen – Auf das Wie kommt es an

Weil Beziehungen wichtig sind – und Beziehungsgestaltung auch

Mehr als Worte – was alles zu einer guten Beziehung dazugehört

Beziehungsgestaltung – Wie ich mich binde, so gestalte ich

Kein Extra – Beziehungsgestaltung ist überall

„Was ist denn los?“ – Herr Müller fühlt sich gehört

„Ihnen ist es wohl zu laut!“ – Herr Rein fühlt sich verstanden

„Kommen Sie, ich begleite Sie!“ – Frau Roller fühlt sich angenommen

Einfach die Hand reichen – Frau Storch fühlt sich mit anderen verbunden

Verbunden sein und mittendrin – Frau Hirse führt die Gruppe an

Weder Begegnung noch Beziehung

„Hallo Schätzchen, hier ist dein Lätzchen!“ – Infantilisieren

„Jetzt gibt es Wichtigeres!“ – Unterbrechen

„Ich kann es besser!“ – zur Machtlosigkeit verurteilen

Im Mittelpunkt stehen – Würde durch Haltung und Unterstützung

Eine personzentrierte Haltung – Frau Damme steht im Mittelpunkt

Etwas Trockenes zwischendurch – Was sind Unterstützungsbedarfe?

Unterstützungsbedarfe einschätzen – die Kriterien

Unterstützungsbedarfe erkennen – Was braucht Frau Damme?

Kompetenzen und Vorlieben – Frau Damme kann, will und mag …

Eine zugewandte Begegnung – Frau Damme spricht durch die Blume

Die Würde stärken – Frau Damme trinkt selbstständig!

Selbstbestimmt – Geht auch ein Joghurt?

Einzigartig – Frau Damme ist gerne im Garten … oder auch nicht

Perspektivwechsel – oder die Sache mit dem herausfordernden Verhalten

Orientierungsversuch – Herr Reichert ist auf dem Markt

Problemlösung – Frau Moor sorgt für saubere Hände

Selbsthilfe – Herr Wolf wahrt sein Gesicht

Bindungssuche – Alle wollen Kontakt, Sicherheit, Geborgenheit

Ganz schön schwer! – die Verstehenshypothese

Die Verstehenshypothese als Schlüssel zum Menschen mit Demenz

Warum eine Verstehenshypothese so wichtig ist

Eine Verstehenshypothese entwickeln – Herr Hirsch erlebt, versteht, will …

Beziehungsgestaltende Maßnahmen – ganz individuell

Beziehungen als Abenteuer – Veränderungen gehören dazu

Frau Walder ist mal so, mal so – fluktuierende Zustände

Frau Himmel schimpft nicht mehr (mit uns)! – Veränderungen

Die Beziehung fördern und gestalten – Angebote und Massnahmen

Sich an der Lebenswelt orientieren – Frau Hörte macht Büroarbeit

Die Wahrnehmung fördern – schwebende Aufmerksamkeit und mehr

Wertschätzung und Zuwendung – subjektive Wirklichkeiten

Was man sonst noch tun kann

Vorwort

Allmählich füllt sich der Speiseraum. Es ist Zeit zum Kaffeetrinken. Frau Parker bewegt sich im Rollstuhl zu ihrem Platz am Fenster. Am anderen Ende des Raumes sitzt Herr Waldemann. Beide haben Demenz und verstehen sich sehr gut. Herr Waldemann ruft Frau Parker durch den ganzen Raum zu: „Kaufst du dir jetzt ein neues Radio? Deins ist doch kaputt. Du kannst meins haben!“ Frau Parker brüllt zurück: „Weiß ich nicht! Da muss ich erst den Jens fragen. Der kennt sich aus!“ Sofort beginnt sie, laut zu rufen: „Jeeens? Hallooo? Jeeens!“ Der herbeigerufene Mitarbeiter kommt gerade durch die Tür. Lächelnd geht er auf Frau Parker zu …

Wenn sich Menschen mit Demenz den Namen einer Pflege- oder Betreuungskraft merken, dann ist es gelungen, eine Beziehung aufzubauen und zu gestalten, die – zumindest für Momente – selbst Gedächtnisstörungen aus den Angeln heben kann. Beziehungen sind wichtig! Ohne Beziehungen können wir nicht leben.In Beziehungen zu anderen erleben wir uns als existent, wir entwickeln eine Identität und ein Bewusstsein für uns selbst.

Menschen mit Demenz, deren Identität im Laufe der Erkrankung brüchig wird, die nicht mehr genau wissen, wer sie sind, wo sie herkommen und wie ihr Leben verlaufen ist, erleben eine kaum vorstellbare Verunsicherung, Verlorenheit und Fremdheit. Sie reagieren mit Ängsten oder gehen in Verteidigung, d. h., sie zeigen herausforderndes Verhalten. Sie benötigen Beziehungen, um sich sicher, geborgen und aufgehoben zu fühlen und umVertrautheit zu erleben. Aber nicht in jeder Beziehung erfahren wir Unterstützung, werden unsere Ängste gelindert und wird unser Selbstbewusstsein gestärkt. In Beziehungen können wir uns auch einsam oder nicht wahrgenommen fühlen und klein gemacht werden. Da stellt sich die Frage:„Wie kann ich es als Mitarbeiter*in1 schaffen, eine unterstützende Beziehung zu jedem einzelnen Menschen mit Demenz aufzubauen und tagtäglich zu gestalten?“

Der Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ gibt da eine konkrete Antwort. Uns kann der Aufbau einer unterstützenden Beziehung gelingen, wenn wir unserem Gegenüber das Gefühl geben:„Ich höre Sie, ich verstehe Sie, ich nehme Sie so an, wie Sie sind, und ich unterstütze Sie dabei, mit anderen Menschen verbunden zu sein.“2Damit jeder Mensch mit Demenz sich so wohl und angenommen fühlen kann, wurde dieser Expertenstandard entwickelt.

Mithilfe dieses Buches möchte ich Ihnenden Zugang zum Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ erleichtern. Dazu werden Sie mit den grundlegenden Gedanken und Begriffen bekannt gemacht. Anhand von Praxisbeispielen zeige ich Ihnen, wie es gelingen kann, eine Beziehung zu jedem einzelnen Menschen mit Demenz aufzubauen, in der er sich wohlfühlt. Sie werdenUmgangsweisen (Interaktionsformen) kennenlernen, die für einen Beziehungsaufbau und die Beziehungsgestaltung grundlegend sind. Außerdem erfahren Sie, was Sie besser unterlassen sollten, um die Beziehung nicht zu gefährden und das Personsein der Senior*innen nicht zu schwächen. Und Sie werden mit Methoden und Angeboten vertraut gemacht, die Sie und Ihre zu Betreuenden dabei unterstützen, die aufgebaute Beziehung dauerhaft zu gestalten.

Es ist hier jedoch nicht möglich, auf alle Gedanken, Ansätze, Methoden und Angebote, die innerhalb des Expertenstandards angesprochen werden, einzugehen. Deshalb habe ich eine Auswahl getroffen. Im Fokus stehen die direkte Beziehung zwischen Ihnen und dem Menschen mit Demenz und der unmittelbare Umgang miteinander. Mir ist es wichtig, das Selbstverständnis des Expertenstandards zu verdeutlichen und immer wieder auftretenden Verständnisproblemen entgegenzuwirken. Sie werden außerdem feststellen, dass ich mich häufiger auf Tom Kitwood beziehe. Das hat seinen guten Grund: Tom Kitwood spielt für die Entwicklung einer personzentrierten Pflege eine grundlegende Rolle.

Das große Ziel des Expertenstandards ist es also, dass alle Menschen mit Demenz in Beziehungen leben, in denen sie sich wohlfühlen und sich als wertgeschätzte Personen erleben können.

Dass dies gelingt und dass dieses Buch Ihnen dabei eine wirkliche Hilfe sein wird, wünscht Ihnen

Ihre Beate Rüther

 

1 Der Verlag an der Ruhr legt großen Wert auf eine geschlechtergerechte und inklusive Sprache. Daher nutzen wir bevorzugt das Gendersternchen, um sowohl männliche und weibliche als auch nichtbinäre Geschlechtsidentitäten einzuschließen. Alternativ verwenden wir neutrale Formulierungen.

2 Vgl. Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (Hrsg.): Expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz. Schriftenreihe des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege. Osnabrück 2019, S. 31. Im Folgenden zitiert als: DNQP (2019).

Manche lesen sich wie Formulare zur Steuererklärung und lassen uns im ersten Moment ebenso ratlos zurück. Allerdings wollen sie uns nichts nehmen, sondern uns als Mitarbeiter*innen in der Pflege und Betreuung etwas geben: mehr Verbindlichkeit im Handeln und damit auch mehr Handlungssicherheit. Die Rede ist von den Expertenstandards. Mittlerweile gibt es zehn an der Zahl. Der neueste Expertenstandard trägt den Titel: „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“. Seine grundlegenden Inhalte stehen im Mittelpunkt dieses Buches.

Was ist ein Expertenstandard?

Frau Lammers, die neue Altenpflegehelferin, steht im Aufenthaltsraum und liest den neuesten Aushang. Ratlos wendet sie sich an ihre Kollegin, die gerade den Aufenthaltsraum betritt: „Nächste Woche sollen wir alle früher zum Spätdienst kommen. Da ist eine Schulung zum Expertenstandard ‚Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz‘. Was ist das denn eigentlich, ein Expertenstandard?“

Die Antwort der Kollegin könnte etwa so lauten: „Expertenstandards bündeln das zum gegenwärtigen Zeitpunkt wissenschaftlich gesicherte Wissen zu einem zentralen Pflegethema. Sie legen die Bedingungen und Ziele für pflegerisches Handeln fest. Sie geben an, über welches Wissen und welche Kompetenzen Pflegekräfte zu diesem Thema verfügen und welche Bedingungen die Einrichtungen schaffen müssen. Sie bestimmen, wie Pflegekräfte und Einrichtungen bzw. Leistungsanbieter*innenhandeln müssen. Sie legen aber auch fest, welche Ergebnisse erreicht werden sollen. Sie sind ein Maßstab für Handeln in der Pflege und bieten den Pflegekräften auf diese Weise Handlungssicherheit. Mit ihrer Hilfe soll die Qualität in der Pflege gewährleistet und auch erhöht werden.“

 Tipp 1:Lesen Sie sich die Umsetzungsstandards Ihrer Einrichtung durch.

Die Einrichtungen bzw. Leistungsanbieter*innen sind verpflichtet, die Vorgaben der Expertenstandards und ihre Gegebenheiten in Übereinstimmung zu bringen. Sie müssenUmsetzungsstandardsbzw. Verfahrensregeln für ihre Einrichtungen erarbeiten. Expertenstandards sind auch eine Messlatte bei den Prüfungen zur Pflegequalität ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen. Darüber hinaus haben sie eine juristische Bedeutung. An ihnen kann gemessen werden, ob ein bestimmtes Tun oder Unterlassen fehlerhaft ist.

Wie ist ein Expertenstandard aufgebaut?

Alle Expertenstandards beginnen mit einer Zielsetzung und deren Begründung. Ihre Struktur3 besteht aus drei Qualitätskriterien und fünf bis sechs Handlungsebenen. Für jede Handlungsebene legen die drei Qualitätskriterien Struktur, Prozess und Ergebnis fest, was auf dieser Handlungsebene vorhanden sein, wie gehandelt werden, was erreicht werden muss.

Die Qualitätskriterien

Struktur bedeutet: Was muss vorhanden sein?

Über welches Wissen, über welche Kompetenzen muss der*die Mitarbeiter*in verfügen? Welche Bedingungen müssen die Einrichtungen bereitstellen? Prozess bedeutet: Wie müssen die Mitarbeiter*innen oder auch die Einrichtungen handeln?

Ergebnis bedeutet: Was muss herauskommen?

Was muss in den Einrichtungen, bei den Bewohner*innen feststellbar und/oder beobachtbar sein?

Die Handlungsebenen

Hier wird festgelegt, in welchen Bereichen gehandelt werden muss. Unterschieden werden:

 die Handlungsebene des Erfassens und Einschätzens der Ist-Situation und der Erfordernisse (Bedarfsermittlung),

 die Handlungsebene der Maßnahmeplanung,

 die Handlungsebene der Information, Beratung und Anleitung der zu Pflegenden und von deren Angehörigen,

 die Handlungsebene der individuellen Durchführung von Maßnahmen und Angeboten,

 die Handlungsebene der Evaluation.

Der eigentliche Expertenstandard wird ergänzt durch eineKommentierung. Hier werden – bezogen auf jede Handlungsebene – die einzelnen Standardkriterien und ihre Anforderungen begründet und erläutert.

Der dritte Teil des Expertenstandards ist dieLiteraturauswertung. Sie bildet die wissenschaftliche Grundlage und den Begründungszusammenhang des Expertenstandards.

 

3 Vgl. DNQP (2019), S. 6–8 und 31.

Nicht mehr nur aus dem Bauch heraus – der Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“

Frau Wilmers, langjährige Pflegekraft, geht sehr einfühlsam mit den Bewohner*innen mit Demenz um. Erreicht sie diese durch eine Umgangsweise nicht, verändert sie ihr Verhalten, geht anders auf sie ein und erreicht sie dann. Auf ihr Handeln angesprochen, meint sie: „Das macht man doch so aus dem Bauch heraus. Das bringt einfach die Erfahrung!“

Dieser Antwort begegnet man recht häufig. Und in der Tat können wir in der Praxis immer wieder beobachten, dass es vielen Pflege- und Betreuungskräften gelingt, eine gute Beziehung zu den Menschen mit Demenz aufzubauen, aber eben nicht allen. Es wird viel geleistet, aber spontan, eher unbewusst – eben aus dem Bauch heraus. Ziel des Expertenstandards ist, dass beziehungsgestaltende und -fördernde Angebote bewusst miteinbezogen werden. Es geht also nicht um „Alles Alte muss raus, Neues muss rein!“ – sondern um dengezielteren Umgang mit eigenen Kompetenzen, um den wachen Blick auf das, was wir als Mitarbeiter*innen in vielen Einrichtungen, ambulanten Diensten und als Angehörige in den Familien bisher eher intuitiv machen. Der Standard will erreichen, dass das, was aus dem Bauch heraus unternommen wird, auch im Kopf sitzt. So können wir es auch an andere – die Kolleg*innen, die Angehörigen – weitergeben oder zur Diskussion stellen.

 Tipp 2:Überlegen Sie, welche Aspekte des Expertenstandards Sie bereits in Ihrer Einrichtung umsetzen.

Der Expertenstandard will aber noch mehr: Er will eineBeziehungsgestaltung mit therapeutischem Blick4und damit eine „substantielle Qualitätsverbesserung“5 erreichen. Im Verlauf der Demenz wird die Identität des Menschen mit Demenz brüchig, er verliert die Gewissheit des „Ich bin ich“. An die Stelle des „Ich weiß, wer ich bin“ und „Ich weiß, was ich kann“ treten zutiefst unsichere Fragen, wie „Wer bin ich?“, „Wie war, wie ist mein Leben?“. Andere Menschen (Pflegekraft, Betreuungskraft, Angehörige*r) werden für ihn immer wichtiger, um sich als Person, als „Ich bin ich“ erleben zu können. Der*die andere gewinnt im weiteren Verlauf der Erkrankung auch an Bedeutung, um sich überhaupt als Einzelne*r wahrnehmen zu können (Körper- und Selbstwahrnehmung). Therapeutischer Blick bedeutet: Wir als Mitarbeiter*innen, als Angehörigestützen durch die Gestaltung von Beziehungen zu einem Menschen mit Demenz bewusst seine Identität, sein Personsein. Wir nehmen ihn als einzigartig wahr und gestalten die Beziehungen so, dass er sich als einzigartiger Mensch erlebt. Wir nehmen ihn nicht in erster Linie als Menschen wahr, der nicht mehr denken, planen etc. kann, sondern nehmen seine Möglichkeiten, zu fühlen, seine Sensibilität für die Gefühle der anderen wahrund respektieren sie; wir erkennen seine Möglichkeiten an, seine Bedürfnisse, seine Gefühle zunehmend nonverbal zu äußern. Er weist uns über Laute in die Schranken. Er zeigt uns seine Zuneigung, indem er z. B. sein Gesicht gegen unsere Hand drückt, unsere Hand streichelt oder küsst. Wir gestalten Beziehungen so, dass er in ihnen Selbstwirksamkeit als Selbstbestimmung, Selbstständigkeit, als Möglichkeit zum Eigensinn erleben kann, um sich seiner Einzigartigkeit und Würde bewusst zu werden. Der Expertenstandard will so einen „Kulturwandel“6