Happy day - Katie Volckx - E-Book

Happy day E-Book

Katie Volckx

0,0

Beschreibung

Happy day ist eine vierteilige Kurzroman-Reihe, der sich Katie Volckx zwischen längeren Projekten widmet. >>> Joana ist jung, hübsch, klug und erfolgreich - eben all das, was sich ein jedes Mädchen wünscht. Dennoch kann sie sich nicht glücklich schätzen. Als Bauzeichnerin in einem renommierten Architektenbüro in Berlin arbeitet sie für einen wollüstigen Chef, ihre verstohlene Liebe zu ihrem Arbeitskollegen Milan verfolgt sie beinahe jede Nacht in ihren Träumen und ihre Panikstörung fordert sie mehr als nur einmal am Tag heraus. Doch ändern kann sie nichts, denn die Gewohnheit bindet sie an ihrem Elend. Bis ein dummer Zufall sie dazu zwingt, sich mit ihrem Leben und ihren Möglichkeiten auseinanderzusetzen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 100

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Katie Volckx

Happy Day

BAND 1

der Kurzroman-Reihe

Über die Autorin:

Katie Volckx, Jahrgang 1979, geboren in Berlin, doch zu Hause in der Nähe von Osnabrück, widmet sich ganz dem Schreiben von Liebeskomödien und Jugendbüchern. Schon immer hatte sie einen Hang zum Schreiben, doch erst mit Mitte dreißig wagte sie die Möglichkeiten des Selfpublishing zu nutzen und veröffentlichte ihr erstes Buch. In ihren Büchern geht es reichlich überspitzt und trocken zu, daher sind insbesondere ihre Komödien stets mit einem Augenzwinkern zu verstehen.

Wenn nur ein einziger Tag dein ganzes Leben verändert.

07 Uhr 15

Auf Joanas Handywecker war wie immer Verlass. Auf die Minute genau wurde sie aus ihrem wunderschönen Traum mit Milan gerissen – wie so oft exakt an der schönsten Stelle, kurz bevor er seine lustvollen, feuchten Lippen, die einen wunderschönen runden Amorbogen hatten, auf die ihre presste. Nie war sie über diesen Punkt hinausgekommen, so, als würde eine höhere Macht einfach dazwischentreten. Offenbar hatte sie nicht einmal in der Sache mit ihren eigenen Träumen ein Wörtchen mitzureden.

Mit verklebten Augen tastete sie nach ihrem Handy auf dem Nachttisch, um dem Klingeln endlich Einhalt zu gebieten. Es war weniger ein Klingeln, mehr ein Lied, und zwar die Miss-Marple-Titelmelodie. Seit unzähligen Jahren begleitete diese sie nun schon, und sie hatte es noch immer nicht satt, denn in Joana steckte ebenfalls eine kleine Miss Marple. So war sie auch zu dieser Titelmelodie gekommen. Den Kosenamen hatte ihr Adrian, ein Exfreund, verpasst. Ein Gutes, was dieser Bastard zu der Beziehung beigetragen hatte.

Blind drückte sie das Geräusch weg. Der dünne Schleier vor ihren Augen hüllte ihre Umgebung in Nebel. Leichter Schwindel überkam sie, und das im Liegen. Es war ihr Kreislauf, der sie einmal mehr im Stich ließ. Das passierte immer dann, wenn sie in froher Erwartung ihrer Menstruation war. Der Schwindel war quasi ein integraler Bestandteil von den Standardbeschwerden. Ebenso ihre Fressattacken. Um sieben in der Früh war jedoch beileibe nicht daran zu denken, vielmehr löste allein der Gedanke an Essen Übelkeit in ihr aus.

Egal! Es nützte alles nichts – allmählich musste sie zur Tat schreiten. Sie sah einer Menge Arbeit entgegen, nicht nur an ihrer äußeren Erscheinung, auch an ihrem Arbeitsplatz.

Nur langsam kam sie auf die Beine. Schnelle, hektische Bewegungen wären jetzt riskant. Ihr Kreislauf musste zunächst einmal wieder ins Lot kommen. Doch als sie sich erhob, schnellte das Blut empor, als stünde sie auf dem Kopf. Sie taumelte leicht und kurz wurde ihr schwarz vor den Augen. Mit einer speziellen Atemübung holte sie sich von ihrer Panik, die kurz aufgetreten war, wieder herunter. Wenn das so weiterginge, würde sie wohl oder übel im Büro anrufen und sich krank melden müssen. In der Regel lief es darauf hinaus.

Den Weg ins Badezimmer hatte sie unfallfrei gemeistert. Nun musste sie nur noch den Mut aufbringen, sich ihrem Spiegelbild zu stellen. Es war gewiss keine unvertraute Aufgabe, doch an anderen Tagen blühte ihr nicht eine solch zertrümmerte Visage. Nur an Tagen wie diesem wusste sie, was sie im Spiegel erwartete. Und das war wirklich kein schöner Anblick, war gar unzumutbar, redete sie sich geradezu ein. An und für sich könnte das ein weiterer gewichtiger Grund sein, sich für heute krankzumelden, meinte sie. Genau genommen würde sie ihren Arbeitskollegen ja einen Gefallen damit erweisen, wenn diese sie nicht derart entstellt zu Gesicht bekämen. Demzufolge müssten sie ihr doch direkt dankbar dafür sein!

Doch auch wenn sie sich nun dahingehend selbst beackert hatte, kam sie um eine ausgiebige morgendliche Pflege nicht umhin. Ein frisch nach Minze riechender Atem, und sei es nur am Telefon, konnte durchaus das Selbstvertrauen stärken.

Sie betrachtete ihr Spiegelbild eingehend: geschwollene Augenringe, eingefallene Wangen, herunterhängende Mundwinkel und blässliche Haut. Und als wenn das nicht genug wäre, funkelte ihr auch noch unverfroren ein großer Pickel mitten auf der Stirn entgegen. Wenn sie es nicht besser wüsste, könnte sie meinen, ihr blickte eine achtzigjährige Frau entgegen. Tatsächlich hatte sie erst vor fünf Wochen ihren sechsundzwanzigsten Geburtstag gefeiert.

Sie näherte sich dem Spiegel, um den Pickel ins Auge zu fassen, und berührte diesen leicht mit dem Zeigefinger. Sie war dafür, das rote, schmerzende Ungetüm schnellstmöglich zu eliminieren.

Nachdem sie im Bad fertig war, ging sie in die Küche, genauer an die Tiefkühltruhe, um sich ein Kühlakku herauszunehmen und den Schwellungen im Gesicht entgegenzuwirken.

Nebenbei machte sie die Kaffeemaschine bereit zum Start. Zwei Tassen Kaffee mit einem Schuss Milch bewirkten Wunder bei ihr, auch bei Schwindelgefühlen. Daraufhin checkte sie ihre Nachrichten auf dem Handy. Zu ihrer Überraschung hatte sie lediglich einen Guten-Morgen-Gruß von ihrer besten Freundin Greta erhalten, mit der Bitte, sie unverzüglich anzurufen, sobald Joana von den Toten erwacht war. Bislang fühlte sie sich außerstande, nur einen geraden Satz herauszubringen, andererseits schien es dringend zu sein. So wählte sie Gretas Nummer, ehe sie es sich anders überlegen konnte.

»Na du, wo drückt denn der Schuh?« Sie ließ sich auf das Sofa fallen, sank tief hinein und legte den Kopf auf die Lehne zurück, während sie weiterhin darum bemüht war, ihr Gesicht zum Abschwellen zu bewegen.

»Du wirst nie erraten, wer sich bei mir gemeldet hat.« Greta klang unverschämt munter, im Hintergrund klimperte Geschirr, das sie neben des Telefonats aus der Spülmaschine in die wengefarbenen modernen Hängeschränke einsortierte.

Joanas Ohren reagierten heute besonders empfindlich darauf, darum reduzierte sie die Lautstärke über einem Knopf an ihrem Handy.

»Robert Pattinson?«

»Ha-ha«, machte Greta. Joana zog sie gelegentlich damit auf, denn während Greta den Schauspieler anbetete wie einen Heiligen, fehlte Joana gänzlich das Verständnis dafür. Ihr Heiliger war nun mal aus Fleisch und Blut und hieß Milan. »Im Ernst, da kommst du nie drauf.«

Joana betete, dass diese Unterhaltung nicht in einer Rätselratestunde enden würde, denn dafür war es eindeutig zu früh. »Süße, sprich dich aus, ich bin heute Morgen ein bisschen unmotiviert.«

»Adrian.«

»Adrian?« Blitzartig saß Joana aufrecht, das Kühlakku neben sich auf dem Polster. »Was wollte er?« Und das von ihr?

»Er hat mich um ein Date mit ihm gebeten.«

Joana verschlug es fast die Sprache. »Warum?«

Und Greta geriet ins Stottern. »Woher soll ich das wissen?«

Ein Hallodri war Adrian schon immer gewesen, jedoch hatte er nie Interesse an Greta gezeigt. Optisch war sie das genaue Gegenteil von Joana: sie war blond und kurzhaarig, Joana brünett und langhaarig, sie war hochgewachsen und pummelig, Joana klein und gertenschlank, ihre Kleidung war sehr speziell und bunt, Joanas eher konventionell bis bieder. Ja gar ihre Nasen wichen insofern voneinander ab, als Gretas groß und Joanas klein gewachsen war.

»Und gehst du mit ihm aus?«

»Mensch, Joana, als ob! Hab ihn mir erst einmal vorgeknöpft.«

»Der hat Nerven!«

Zwar lag die Trennung schon fast zwei Jahre zurück, dennoch hatte er nicht das Recht, sich an Greta heranzumachen. Sie und Joana waren praktisch wie Schwestern. Somit war Greta tabu.

Joana wollte nicht in den Kopf, weshalb er ausgerechnet jetzt von sich hören ließ. Verheimlichte Greta ihr etwa etwas? Sehr unwahrscheinlich, was Gretas nachfolgender Satz untermalte: »Zum Teufel mit dem!«

Bemerkung am Rande

Greta war eine Marke für sich. Keine verkörperte Individualität so recht wie sie. Nicht einmal einen Einkaufswagen schob sie wie ein gewöhnlicher, geistig gesunder Mensch vor sich hin, sondern absolvierte fortwährend irgendwelche akrobatischen, undefinierbaren Figuren darauf. »Einkaufen ist so öde«, pflegte sie immer zu sagen. Dass ihre Mitmenschen es zuweilen bizarr bis gruselig fanden, wie sie sich mit einem stattlichen Alter von siebenundzwanzig verhielt, ließ sie völlig kalt.

Für sie zählte nur eines: Spaß. Selbst wenn sie das Klo putzte und mit der Hand tief im Abfluss steckte, sang sie von der Liebe und dem Sonnenschein und vergaß nicht, den Moment für eine spezielle Poübung zu nutzen. Und das liebte Joana so an ihr.

Adrian und Greta waren nie miteinander ausgekommen. Bei jeder ihr bietenden Gelegenheit hatte sie Joana einzubläuen versucht, dass andere Mütter ebenfalls schöne Söhne hatten, sowohl außen als auch innen. Doch was konnte Joana für Gretas persönliche Abneigung gegen Adrian? Zumindest hatte es lange Zeit danach ausgesehen.

Bis zu dem Tag, als er Joana eines Besseren belehrt hatte.

07 Uhr 33

Welch ein Glück, dass Joana ihren Vorgesetzten zu ihrem Freundeskreis zählen konnte. Da war sie klar im Vorteil. Seine Privatnummer hatte sie ihm bereits an ihrem ersten Arbeitstag vor zwei Jahren abringen können. Schon auf den ersten Blick hatte er Gefallen an ihr gefunden, das hatte jeder Blinde sehen können. Joana nutzte das seither für ihre Zwecke aus, nicht ohne Maß und Ziel, doch gern zu Anlässen wie diesen.

»Edward, bist du schon im Büro?«

Er rang nach Luft, so schwer, als ob er einen Marathonlauf absolvieren würde.

»So gut wie. Der Scheißaufzug ist defekt, und nun muss ich über das Treppenhaus in den achten Stock galoppieren. Das ist die Hölle, sag ich dir.«

Dass es die Hölle für ihn war, konnte sie sich lebhaft vorstellen, denn Edward pflegte nicht gerade den gesündesten Lebensstil. Er hatte gut und gerne zwanzig Kilogramm Übergewicht, qualmte wie eine Lokomotive, feierte und genehmigte sich regelmäßig einen und bekam mehr Arbeit auf den Schreibtisch als Schlaf. Das waren nur einige der Gründe, aus denen er als Mann an Joanas Seite gnadenlos ausschied. Avancen hatte er ihr schon zur Genüge gemacht, hatte gelockt mit seinen wohlsituierten Verhältnissen. Doch das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er im Prinzip ein armer Teufel war.

Bei dieser Laune, die er heute mit sich führte, blieb nur zu hoffen, dass Joana mit ihrem honigsüßen Getue erfolgreich sein würde.

»Hör mal, kannst du mich heute entbehren?«

»Tu mir das nicht an, Jo, ich brauche dich hier dringend«, jammerte er kläglich. »Du weißt, der Auftrag frisst uns auf, wir dürfen keine Zeit mehr verlieren, tut mir leid.«

Sie hasste es, wenn er sie mit Jo ansprach. Zwar mochte der Kosename naheliegen, doch ihr persönlich war er zu maskulin. Jo! Welche Frau gab sich damit zufrieden? Na schön, bei Edward ließ sie Milde walten. Vielmehr musste sie das tun, wenn sie sich weiterhin Vorteile sichern wollte.

»Mir ist wirklich elendig zumute, Edward, weiß der Geier, wie ich den heutigen Tag überstehen soll.«

»Nun stell dich nicht so an, Mädel, an einem Freitag!«

»Dass das Wochenende bevorsteht, ändert nichts an meinem desolaten Zustand.«

Er hielt inne. Nur sein Schnaufen war zu hören. »Jetzt hör mir mal zu, Jo, es ist mir scheißegal, wo es schon wieder zwickt und zieht. Fakt ist, ich brauche dich hier. Wenn du um acht nicht hier auf der Matte stehst und lieber krank feierst, zieht das ernsthafte Folgen nach sich. Haben wir uns verstanden?«

Eine Woge der Übelkeit stieg in ihr hoch. Ernsthafte Folgen? Er würde ihr doch nicht etwa den Stuhl vor die Türe setzen? Durfte er das denn so einfach? Auf jeden Fall entfaltete die Drohung seine Wirkung.

»Also schön, dann komme ich eben.«

Das Leben hatte sie gelehrt, bittere Pillen zu schlucken, wenn man es eines Tages zu irgendetwas bringen wollte. So würde sie den unerwünschten Begleiterscheinungen ihrer Menstruation trotzen. Wenn sie dem nicht Herrin würde, was dann?

08 Uhr 18

Mit quietschenden Reifen fuhr Joana in ihrer kleinen grünen Blechbüchse vor ihrer Arbeitsstätte vor. Sie hatte sich um achtzehn Minuten verspätet.

Atemlos stürzte Joana auf die sich schließenden Aufzugtüren zu und rief laut: »Haaalt!« Seitwärts, mit eingezogenem Bauch und erhobenen Händen, konnte sie sich gerade noch durch den schmalen Spalt knautschen, jedoch hatten ihre Brüste, die größenmäßig für gewöhnlich nicht besonders in Erscheinung traten, eine der Türen gestreift und dafür gesorgt, dass diese sich automatisch wieder öffneten. Sie packte der Schreck, was zur Folge hatte, dass sie mit einem ihrer tiefschwarzen schlichten Pumps verkehrt auftrat, mit dem hohen Absatz in der Türschwelle hängen blieb und mit dem Rücken voran in die Kabine stolperte.

Sie musste wirklich einen unvergesslich ulkigen Anblick geboten haben. Glücklicherweise gab es nicht viele Zuschauer, denen sie hätte Vergnügen bereiten können. Um genau zu sein, war außer ihr nur ein einziger Fahrgast anwesend, der ihrer Aufmerksamkeit vorläufig entging.

Langsam schlossen sich die Türen wieder, dieses Mal ohne erwähnenswerte Zwischenfälle, während sie ihre weiße Bluse und den schwarzen Rock glattstrich und den Kragen ihres Blazers wieder zurecht zog. Dabei betrachtete sie sich im matten Stahl einer Tür, die ihre Gestalt immerhin in groben Zügen widerspiegelte. Besser als nichts, dachte sie.

Erst hierbei wurde ihr wieder schlagartig bewusst, dass sie nicht allein war. Die Silhouette des zweiten Fahrgastes zeichnete sich ebenfalls undeutlich ab. Über ihre rechte Schulter warf sie einen Blick hinter sich auf die Person. Doch als sie erkannte, mit wem sie in den achten Stock unterwegs war, wandte sie den Blick rasch wieder nach vorn. Mit großen Kuhaugen starrte sie ihr verwaschenes Spiegelbild an, während ihr das Herz vor Aufregung bis zum Hals schlug. Andererseits warf es nicht gerade das beste Licht auf sie, wenn sie nun keinen Piep von sich gäbe. Ein anständiger Gruß müsste schon drin sein.

»Guten Morgen, Milan.« Sie presste die Worte unter Anspannung heraus.