Hard Rules - Band 3 und 4 - Lisa Renee Jones - E-Book
SONDERANGEBOT

Hard Rules - Band 3 und 4 E-Book

Lisa Renee Jones

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wie weit würdest du gehen für diejenige, die du liebst?

Die letzten beiden Bände und somit das große Finale der mitreißenden »Dirty Money«-Reihe der New-York-Times-Bestsellerautorin Lisa Renee Jones in einem eBook.

Band 3: Hard Rules - Dein Versprechen

Um seine Familie aus den Klauen des Drogenkartells zu befreien, muss Shane immer näher am Abgrund wandern und radikale Entscheidungen treffen, für die er sich selbst verachtet. Doch er hat keine Wahl: Sein Vater liegt im Sterben, und sein Bruder ist versessen darauf, das Imperium zu übernehmen. Frieden findet er nur bei Emily, treibt sie an ihre Grenzen und darüber hinaus, zu ungeahnten Gefühle und Erfahrungen. Doch hinter Shanes verführerischen Forderungen erkennt Emily seinen Schmerz und seinen täglichen Kampf, sich nicht selbst zu verlieren. Denn der Dunkelheit nachzugeben wäre ebenso zerstörerisch wie das Geheimnis, das Emily noch immer bewahrt...

Der Kampf ist noch nicht vorbei. Blut wird fließen, und jemand im Herzen der Brandon Familie wird nicht überleben...

Band 4: Hard Rules - Deine Liebe

Wie stark ist deine Liebe?

Nach einer schockierenden Tragödie liegt Shanes Welt in Trümmern. Aber er wird kämpfen - für die Frau, die er liebt, und um seine Feinde zu zerstören. Doch dramatische Wendungen, dunkle Geheimisse und ein unverzeihlicher Verrat innerhalb der Brandon-Familie kommen ans Licht und Shanes Kampf fällt härter aus als je zuvor.

Leidenschaft und Gefahr erreichen ihren Höhepunkt im großen Finale von Shanes und Emilys Geschichte.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.




Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 864

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über das Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

HARD RULES – DEIN VERSPRECHEN

Brief an die Leser

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Brief an die Leser

HARD RULES – DEINE LIEBE

Danksagung

Brief an die Leser

TEIL EINS

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

TEIL ZWEI

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Kapitel Zweiundzwanzig

Kapitel Dreiundzwanzig

Brief an die Leser

Alternative Szene

Weitere Titel der Autorin

»Amy’s Secret«-Reihe:

Entfacht

Entflammt

Entfesselt

Enthüllt

»Tall, Dark and Deadly«-Reihe:

Riskantes Verlangen

Riskante Verführung

Riskante Hingabe

Riskantes Geheimnis

»Dirty Money«-Reihe:

Hard Rules – Dein Verlangen

Hard Rules – Dein Begehren

Hard Rules – Dein Versprechen

Hard Rules – Deine Liebe

»Dirty Rich« -Reihe:

Dirty Rich – Verbotene Leidenschaft

Dirty Rich – Verbotenes Verlangen

Dirty Rich – Verbotene Sehnsucht

Über das Buch

Hard Rules – Dein VersprechenWie weit würdest du gehen für diejenige, die du liebst?

Um seine Familie aus den Klauen des Drogenkartells zu befreien, muss Shane immer näher am Abgrund wandern und radikale Entscheidungen treffen, für die er sich selbst verachtet. Doch er hat keine Wahl: Sein Vater liegt im Sterben, und sein Bruder ist versessen darauf, das Imperium zu übernehmen. Frieden findet er nur bei Emily, treibt sie an ihre Grenzen und darüber hinaus, zu ungeahnten Gefühle und Erfahrungen. Doch hinter Shanes verführerischen Forderungen erkennt Emily seinen Schmerz und seinen täglichen Kampf, sich nicht selbst zu verlieren. Denn der Dunkelheit nachzugeben wäre ebenso zerstörerisch wie das Geheimnis, das Emily noch immer bewahrt …

Hard Rules – Deine LiebeWie stark ist deine Liebe?

Nach einer schockierenden Tragödie liegt Shanes Welt in Trümmern. Aber er wird kämpfen – für die Frau, die er liebt, und um seine Feinde zu zerstören. Doch dramatische Wendungen, dunkle Geheimisse und ein unverzeihlicher Verrat innerhalb der Brandon-Familie kommen ans Licht und Shanes Kampf fällt härter aus als je zuvor.

Leidenschaft und Gefahr erreichen ihren Höhepunkt im großen Finale von Shanes und Emilys Geschichte.

Über die Autorin

Mit ihren Liebesromanen hat Lisa Renee Jones eine große Leserschaft gewonnen und wurde mehrfach mit Genrepreisen ausgezeichnet. Die New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin hat bereits diverse Serien veröffentlicht, die ebenfalls bei beHEARTBEAT erschienen sind, darunter »Tall, Dark and Deadly« sowie »Amy’s Secret« und »Dirty Money«. Jones lebt mit ihrer Familie in Colorado Springs, USA.

LISA RENEE JONES

HARDRULES

Band 3 und 4

Aus dem Amerikanischenvon Sonja Fehling

beHEARTBEAT

Digitale Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe von »Hard Rules – Dein Versprechen«:

Copyright © 2017 by Lisa Renee Jones, Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Bad Deeds«

Für die deutschsprachige Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Für die Originalausgabe von »Hard Rules – Deine Liebe«:

Copyright © 2017 by Lisa Renee Jones, Titel der amerikanischen Originalausgabe: »End Game«

Für die deutschsprachige Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Für diese Ausgabe:Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung ZERO Werbeagentur, München unter Verwendung von Motiven © shutterstock: carlo fornitano | Kiselev Andrey Valerevich

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-8515-1

www.luebbe.de

www.lesejury.de

HARDRULES

Band 3

DEIN VERSPRECHEN

Brief an die Leser

Liebe Leser,

es freut mich sehr, dass ich endlich Hard Rules – Dein Versprechen mit Ihnen teilen kann. Falls Sie Hard Rules – Dein Verlangen und Hard Rules – Dein Begehren noch nicht gelesen haben, sollten Sie das nachholen, bevor Sie in Dein Versprechen eintauchen, da die Geschichte ab dem Moment beginnt, als Dein Begehren endet. Und bitte lesen Sie in diesem Fall auch hier nicht weiter, da ich Ihnen nun eine längere Zusammenfassung von Dein Begehren geben werde.

Unsere Geschichte fing damit an, dass wir endlich die Einzelheiten über Emilys wahre Identität und ihr großes Geheimnis erfahren haben: Sie war Zeugin des Mordes an ihrem Stiefvater durch ihren Bruder Kevin (der untergetaucht ist). Wie wir herausgefunden haben, waren beide Mitglieder einer elitären und sehr gefährlichen Hackerorganisation namens die Zwillinge. Sowohl Shane als auch Emily erkennen, dass es in ihrem Leben zu gefährlich zugeht, und zögern, ob sie den anderen noch tiefer in ihre weit verzweigten Netze aus Betrug, Mord und Drohungen eindringen lassen sollen. Doch als Emily die Flucht ergreift, kann Shane sie nicht gehen lassen. Er braucht unbedingt die Gewissheit, dass sie in Sicherheit ist, und außerdem braucht er sie. Ihre Wärme und das Gefühl, sie in seinen Armen zu halten, dort, wo sie – wie er mittlerweile erkannt hat – hingehört.

Während Seth (Shanes rechte Hand) und Shane herauszufinden versuchen, wie groß die Gefahr, in der Emily schwebt, tatsächlich ist, und sich bemühen, die schlampigen Fehler auszubügeln, die ihr Bruder bei der Erstellung ihrer falschen Identität begangen hat, ergeben sich weitere Komplikationen hinsichtlich des Martina-Kartells, mit dem Brandon Enterprises sich eingelassen hat. Zur Erinnerung: Shanes älterer Bruder Derek hat dem Kartell erlaubt, mit Hilfe der firmeneigenen Spedition Drogen zu schmuggeln und ein neues leistungssteigerndes Mittel (Sub-Zero) durch das Pharmaunternehmen Brandon Pharmaceuticals zu schleusen. Letzteres hat dazu geführt, dass die Frau von Brody Matthews (einem Profi-Baseballer, der das Mittel einnimmt) damit droht, die Sache auffliegen zu lassen. Adrian, der Sohn des Kartellbosses, taucht bei Shane auf und drängt ihn dazu, die Geschäftsbeziehung zwischen Brandon Pharmaceuticals und dem Martina-Kartell zu intensivieren – was Shane jedoch weiterhin ablehnt. Auftritt Nick Snyder, den Seth noch aus der gemeinsamen CIA/FBI-Zeit kennt. Er wird hinzugezogen, um Shane und Seth dabei zu helfen, Brandon Pharmaceuticals von jeglicher Verbindung zum Martina-Kartell zu befreien. Gemeinsam täuschen sie eine FBI-Razzia bei Brandon Pharmaceuticals vor, um Adrian Martina ein wenig zu erschrecken, und leiten außerdem ein Treffen zwischen Shane und Brody Matthews in die Wege, um mehr über das Mittel Sub-Zero herauszufinden. Bevor es allerdings zu dem Treffen kommt, stirbt Brody auf äußerst verdächtige Weise bei einem Autounfall, und seine Frau begeht kurze Zeit später Selbstmord. Was die FBI-Razzia angeht, stellt Shane sich dumm und stattet Adrian Martina einen Besuch ab, wo er auf Derek trifft. Als er Adrian von der Razzia berichtet und ihm außerdem ein Foto vorlegt, das Derek dabei zeigt, wie er einen Prüfer von der Arzneimittelzulassungsbehörde besticht, rammt der Kartellboss Derek ein Messer in die Hand und droht Shane damit, weiter seine Drogen durch die Pharmafirma zu schleusen, wenn der ihm keine andere Alternative biete.

In der Zwischenzeit verlebt Emily ein sehr unangenehmes, wenn auch erkenntnisreiches Mittagessen mit Shanes Mutter, bei dem sie entdeckt, dass Maggie eine Affäre mit Mike Rogers hat – Besitzer eines Basketballteams, Hauptanteilseigner von Brandon Enterprises und das gefürchtete Zünglein an der Waage, sollte es daran gehen, einen neuen Geschäftsführer zu bestimmen, wenn Brandon Senior nicht mehr in der Lage ist, die Firma zu leiten. Shane und sein Vater schmieden ein Komplott, gemeinsam das Sports Center zu kaufen, in dem Mikes Team trainiert, um damit dessen Stimme in der Hand zu haben.

Zu diesem Zeitpunkt spricht Shane sich auch mit Emily über alles aus, was sich in der letzten Zeit ereignet hat. Doch sie läuft nicht schreiend davon, wie er es erwartet hatte. Stattdessen kommt sie zu dem Schluss, dass der einzige Ausweg darin besteht, einen nicht korrumpierbaren Unternehmenszweig innerhalb von Brandon Enterprises aufzubauen, und hat den Einfall, eine Mode- und Kosmetiklinie zu kreieren. Shane ist begeistert von der Idee und will, dass Emily die Leitung dieser Sparte übernimmt.

Später an diesem Tag fahren Shane und Emily zum Abendessen zu seinen Eltern, wo sie erfahren, dass Shanes Vater an einer neuen Krebstherapiestudie teilnehmen kann. Dies verschlimmert die Spannungen zwischen Derek und Shane noch, da Brandon Senior sich nun doch nicht aus der Geschäftsführung zurückzieht und somit keinem der beiden die Firma überlässt. Derek spricht eine Drohung gegen Emily aus, woraufhin Brandon Senior enthüllt, dass Emily per Testamentsverfügung unter seinem Schutz steht, was die Kluft zwischen Derek und Shane noch weiter vergrößert. Nachdem Emily diese neuerliche Drohung Dereks gegen sie mitangehört hat, flüchtet sie sich in den Garten. Als Shane ihr nachgeht, verspricht er, sie zu beschützen … Und genau an diesem Punkt geht unsere Geschichte weiter.

Ich hoffe, Ihnen gefällt Hard Rules – Dein Versprechen, und ich bin Ihnen unheimlich dankbar für die Liebe und Begeisterung, die Sie der Hard-Rules-Serie entgegenbringen!

Lisa

XOXO

Kapitel Eins

Emily

Du könntest immer noch deine Dame opfern und sie für den König sterben lassen. Wäre es … wäre sie dir das wert, um zu gewinnen?

Diese Worte – eine Todesdrohung gegen mich, die Derek erst vor wenigen Minuten ausgesprochen hat – scheint der Colorado-Wind flüsternd mit sich zu tragen, wie um Shane und mich zu verhöhnen, während wir Stirn an Stirn unter dem Baum im Garten seiner Eltern stehen. Es ist, als würde er unser Bedürfnis verspotten, diese Worte als harmlos abzutun, und mein Bedürfnis, Shanes Versprechen zu glauben, dass alles okay ist. Er meint es ernst, das weiß ich, und ich wollte auch, dass er mir genau das sagt, aber jetzt, da der Nebel in meinem Kopf sich langsam lichtet, erinnere ich mich an das, was ich nur allzu eindrücklich durch meine Familie gelernt habe – allen voran durch meinen Bruder. Versprechen, selbst die ehrlich gemeinten, sind wie Wasser in einem gesprungenen Glas. Eine falsche Bewegung, ein zu fester Druck, und es zerbricht, und in diesem Fall sind die Folgen höchstwahrscheinlich blutig.

Ich schließe die Augen, und eine oder zwei Sekunden lang – vielleicht sogar drei – erlaube ich mir, noch einmal in Shanes Worten zu schwelgen:

Es ist alles okay …

Du bist in Sicherheit …

Doch noch während ich meinem Bedürfnis fröne, den Worten Glauben zu schenken, springen meinen Gedanken zurück zu dem Moment eben im Haus, als Derek von seiner Schachpartie mit Shane aufgeblickt und mich angesehen hat; dem Moment, als er meinen Blick aufgefangen und gehalten hat – um dann diese Drohung auszusprechen. In diesem Moment habe ich die bösartige Absicht und die Heimtücke in seinen Augen gesehen.

Es ist nicht alles okay.

Der kühle Abendwind, der von den Rocky Mountains herunterweht, lässt mich erzittern, und Shane legt seine kräftigen Hände um meine Oberarme. Die Hitze seiner Berührung dringt durch meine marineblaue Seidenbluse. »Du brauchst deine Stola«, sagt er, während er über meine Arme reibt. »Und ich hab nicht mal ein Jackett an, das ich dir wie ein Gentleman umlegen könnte.«

»Ich hab meine Stola deshalb nicht dabei, weil ich einfach blind hier rausgerannt bin. Was eigentlich niemand hätte mitbekommen sollen«, entgegne ich, während der für Denver so typische Abendwind mir das Haar ins Gesicht wirft. Als ich es wegwische, wird mir wieder einmal bewusst, dass es jetzt braun ist, aber eigentlich blond sein sollte; der brünette Farbton ist genauso falsch wie mein Name und meine Identität. Was mich auf eine weitere Realität hinweist: Ich führe jetzt ein neues Leben an Shanes Seite, und ich will keine Bürde für ihn sein, sondern eine Bereicherung. »Und du musst kein Gentleman sein oder mir Versprechungen machen, die ich nie von dir hätte verlangen dürfen«, füge ich hinzu. »Wir sollten wieder reingehen. Je länger wir hier draußen bleiben, desto mehr sehe ich aus wie ein verschrecktes Äffchen.«

Shane hebt eine Augenbraue. »Ein verschrecktes Äffchen?« Er stößt ein Lachen aus, dieses für ihn so typische tiefe, sexy Grollen, das beweist, dass er nicht so steif ist wie sein weißes Hemd. Gleichzeitig zeigt er mir dadurch jedoch auch, dass er meine Sorgen nicht ernst nimmt.

»Das ist nicht witzig«, gebe ich ihm zu verstehen und nehme seine marineblaue Krawatte in die Hand, die ich für ihn ausgesucht habe – aus einer romantischen Laune heraus wollte ich sicherstellen, dass unser Outfit für das Familienessen zusammenpasst. Was sich mittlerweile gar nicht mehr so romantisch anfühlt.

Erneut legt Shane mir die Hände auf die Arme. »Niemand hält dich für verschreckt. Wenn überhaupt, dann denken die, du bist wütend.«

»Das bin ich auch. Aber nicht auf deinen Vater, auch wenn er mich nur eingeladen hat, um Ärger zu provozieren. Und auch nicht auf deinen Bruder, der dafür gesorgt hat, dass euer Vater mit diesem Vorhaben Erfolg hat. So sind die beiden eben. Das weiß ich, und trotzdem bin ich darauf angesprungen. Und darauf hast du dann reagiert. Ich hab zugelassen, dass du meinetwegen Schwäche zeigst.« Ein Gefühl der Dringlichkeit steigt in mir auf, und ich packe Shane bei den Handgelenken. »Wir müssen wieder reingehen«, sage ich erneut und will mich von ihm lösen.

Doch er hält mich fest. »Geh nicht mit dem Gedanken da rein, du müsstest irgendwas beweisen. Das musst du nicht.«

»Ich hab reagiert, als hätte ich Angst.«

»Es ist doch nur menschlich – und ganz normal –, dass du Angst bekommst, wenn jemand dein Leben bedroht, Süße. Und jetzt bringe ich dich verflucht noch mal von hier weg.«

»Nein«, widerspreche ich. »Nein, ich muss wieder da rein und die Sache klarstellen. Und nachher werde ich mich vernünftig bei dir dafür entschuldigen, dass ich dich zu diesen unfairen Versprechungen gedrängt habe.«

»Ich wiederhole: Es ist normal …«

»Hör auf damit, Shane. ›Normal‹ trifft nicht auf mein Leben zu, und auf deins auch nicht, das wissen wir doch beide. Ja, ich bin ein Mensch, aber ich hätte mit dem Ausflippen warten sollen, bis wir allein gewesen wären. Ich bin unfassbar sauer auf mich, und das solltest du auch sein. Warum bist du nicht sauer auf mich?«

Behutsam legt er mir die Hände an die Wangen. »Ich will nicht, dass du so kalt und abgestumpft wirst wie meine Mutter. Nie. Ich will, dass du Gefühle hast. Ich will, dass du menschlich bleibst.«

»Aber nur weil ich in Gegenwart deiner Familie Stärke demonstriere, bin ich doch noch nicht so kalt wie sie. Ich werde nie so werden wie deine Mutter, Shane. Du bist ja auch nicht wie dein Vater, denn wenn das der Fall wäre, würde ich dich verlassen.«

Tief holt er Luft und stößt sie geräuschvoll wieder aus, bevor er die Hände an meine Taille legt. »Ich werde nie so werden wie mein Vater.«

»Das weiß ich«, versichere ich ihm. »Sonst wäre ich nicht hier, aber Derek …«

»Trägt sein verletztes Ego genauso zur Schau wie die einbandagierte Hand, die er Adrians Messerattacke zu verdanken hat. Der bläst sich nur auf, damit es so aussieht, als würde es ihm nichts ausmachen, dass ich ihn beim Kartell in Misskredit gebracht habe. Und jetzt hat mein Vater auch noch den Fehdehandschuh geworfen, indem er ihm mit Enterbung gedroht hat.«

»War das ernst gemeint oder nur Teil des Spielchens, das er mit euch beiden spielt? Ich meine, warum macht er das, obwohl es ihm doch sonst so viel Spaß macht, dich und Derek gegeneinander auszuspielen?«

»Weil er sich an Mike dafür rächen will, dass der mit meiner Mutter schläft. Er hat vor, das Sports Center zu kaufen, in dem Mikes Profi-Basketballteam spielt, um dann ein anderes Team anzuwerben oder zu kaufen. Und laut der vertraglichen Vereinbarung, die wir bei meiner Rückkehr in die Firma geschlossen haben, braucht er für jeden Abschluss meine Unterschrift. Mit anderen Worten: Er muss dafür sorgen, dass ich zufrieden bin, und das bedeutet, er muss dich schützen.«

Während seiner Erklärung werde ich blass, erhole mich jedoch schnell wieder. »Ich bin sprachlos. Das ist kein kleines Vorhaben. Das ist sogar ziemlich gewaltig. Und teuer.« Plötzlich kommt mir eine Erkenntnis. »Deshalb hat er sich also mit den Investoren getroffen.«

»Richtig. Das Geschäft ist außerdem vollkommen legal und ziemlich profitabel, sodass mein Vater und ich zum ersten Mal, seit ich kein Kind mehr bin, auf derselben Seite stehen.« Seine Finger krümmen sich in meine Taille. »Ich hab die Sache unter Kontrolle. Es ist alles in Ordnung.«

»Nein«, protestiere ich. »So einfach ist das nicht, und das weißt du auch. Mike lässt das garantiert nicht einfach tatenlos über sich ergehen, und außerhalb der Familie hält er die meisten Anteile an der Firma. Er wird euch angreifen, weil ihr ihn angegriffen habt.«

»Soweit wir wissen, ist er bereits dabei, uns anzugreifen. Er plant eine feindliche Übernahme.«

»Das unterstreicht mein Argument nur noch. Er wird euch angreifen, und wer weiß, auf wessen Seite sich deine Mutter dann schlägt. Und selbst wenn man das alles außer Acht lässt, ist da immer noch dein Bruder, und der trieft heute Abend nur so vor Hass. Derek hat den Kampf noch nicht aufgegeben. Er wird alles tun, um dir die Firma abzuluchsen.«

»Er kann mir aber nichts wegnehmen, was mir nicht gehört, Süße. Mein Vater ist immer noch das Oberhaupt.«

Schlagartig wird mir bewusst, dass ich so mit Dereks Wirkung auf mich beschäftigt war, dass ich Brandon Senior darüber ganz vergessen habe. Automatisch lege ich Shane die Hand auf die Brust. »Wie geht es dir mit diesen Neuigkeiten deines Vaters?«

»Süße, du musst jetzt keine Psychoanalyse bei mir durchführen«, sagt er und hat offensichtlich erkannt, worauf ich mit meiner Frage hinauswill – was er im nächsten Moment bestätigt, indem er ergänzt: »Ich gebe offen zu, dass ich, was meinen Vater betrifft, ziemlich gemischte Gefühle habe. Und in diesen Sumpf will ich mich nicht hineinbegeben, bevor ich herausgefunden habe, ob er das alles ernst gemeint hat oder es nur wieder eine seiner Manipulationen war.«

Manipulationen. Er hat ständig das Gefühl, von seiner Familie manipuliert zu werden, und heute Abend habe ich ihnen auch noch dabei geholfen. »Du glaubst, er lügt?«, hake ich nach, weil ich fürchte, dass Shane die Augen vor der Wahrheit verschließt, um sich vor dem Gefühlssumpf in seinem Innern zu schützen. »Warum um alles in der Welt sollte er das tun?«

»Dazu fallen mir diverse strategische Gründe ein, die alle mit der Firma und Mike zu tun haben. Aber die erläutere ich dir, wenn wir zu Hause sind und uns mindestens dreimal das Hirn rausgevögelt haben, um diesen Abend zu vergessen.«

Der raue Unterton in seiner Stimme macht unmissverständlich klar, dass sein Drang, hier wegzukommen, noch größer ist als meiner. »Noch ein Grund, warum wir wieder hineingehen sollten: damit du die Wahrheit erfährst, die Derek und deine Mutter jetzt wahrscheinlich schon kennen.«

»In dem Haus da erfährt niemand die Wahrheit«, widerspricht Shane. »Und außerdem hab ich schon Seth angewiesen, mir die Antworten auf meine Fragen zu besorgen.« Hitze tritt in seine Augen. »Was ich jetzt wirklich gerne tun würde, ist, meinen Vater zu verwirren und dann zu gehen, ohne sein Spiel mitzuspielen. Aber noch mehr will ich nackt mit dir im Bett liegen.«

Er ist wütend. Das höre ich an seinem bissigen Tonfall und spüre es an der Anspannung in seinem Körper. Das ist das Gefühl, das er gerade empfindet, ausgelöst durch seine Überzeugung, dass sein Vater lügt. Und ich glaube nicht mal, dass es echt ist. Hier geht es um Angst – Angst, sich Hoffnungen zu machen und dann herauszufinden, dass er sich geirrt hat. Ich trete dicht an ihn heran, sodass unsere Beine sich berühren. »Shane …«

»Du machst mich nicht schwach«, sagt er sanft und doch irgendwie mit Nachdruck. »Du tust genau das Gegenteil. Du bist ein kompletter Widerspruch zu allem, was meine Familie ausmacht, und du erinnerst mich immer an die Veränderung, für die ich kämpfe.« Er legt die Hand an meinen Hinterkopf, und dann küsst er mich. Seine Zunge dringt in meinen Mund, und der Geschmack seiner Wut, seines Bedürfnisses, vor der Realität zu flüchten, durchströmt mich und zeigt mir, dass die vielen Lügen seines Vaters sich in seine Gedanken und Empfindungen eingebrannt haben. »Wenn wir wieder da reingehen und meine Familie versucht, dich zu manipulieren – was sie garantiert tun wird –, stell dir vor, wie du mit mir vögelst, wenn wir wieder zu Hause sind. Das mache ich auch so.«

Die verwegene Erotik in diesen Worten lässt meine Wangen heiß werden, genau wie die Verwegenheit dieses Mannes, der mich stets ein wenig einschüchtert und gleichzeitig wahnsinnig erregt. Wieder lacht er leise und sexy, während er mir zärtlich über die Wange streicht. »Ich weiß nicht, warum du nach allem, was wir schon miteinander getrieben haben, immer noch rot wirst, aber es gefällt mir.« Und wie durch Zauberhand hat sich seine Stimmung gebessert, und er legt mir den Arm um die Schultern und führt mich auf die Tür zu. »Zumindest bekommen wir was Gutes zu essen«, verkündet er. »Meine Mutter lässt nur das Beste auftischen.«

»Hattet ihr während deiner Kindheit immer einen Koch?«, erkundige ich mich, weil mir einfällt, dass ich heute – trotz der vielen unbehaglichen Momente mit Shanes Familie –die Chance habe, einen Blick in seine Vergangenheit zu werfen, was mir sehr gefällt.

»Ob du’s glaubst oder nicht: Als ich klein war, hat sie meistens selbst gekocht. Nach der Schule gab es sogar selbst gebackene Kekse.«

»Es fällt mir sehr schwer, mir deine Mutter mit Schürze vorzustellen. Was ist passiert, dass sie sich so verändert hat?«

»Ich würde mal davon ausgehen, mein Vater ist passiert.«

Wir treten auf die Terrasse, und Shane streckt bereits die Hand nach der Tür aus, doch anstatt sie zu öffnen, drängt er mich mit dem Rücken gegen das harte Holz, stützt sich mit einer Hand neben meinem Kopf ab und brandmarkt mit der anderen meine Hüfte. »Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand wehtut. Das weißt du doch, oder?«

Die fröhliche Stimmung von eben ist verflogen, und seine Worte klingen genauso rau und leidenschaftlich, wie er mich liebt. Emotionen, die ich nicht benennen kann, steigen in meiner Brust auf. Noch nie wollte mich jemand so beschützen, wie es dieser Mann tun will. Noch nie habe ich irgendjemandem so viel bedeutet, und jetzt weiß ich, dass es mir mit ihm genauso geht. Ich schlinge ihm die Arme um den Hals, stelle mich auf die Zehenspitzen und presse die Lippen auf seine. Einen Moment verweile ich dort, bevor ich sage: »Ich werde auch nicht zulassen, dass dir irgendjemand wehtut.« Ich lasse mich zurück auf die Fersen sinken und blicke zu ihm auf. »Das weißt du doch, oder?«, wiederhole ich seine Worte.

Vollkommen starr steht er da, mit undefinierbarem Gesichtsausdruck, bis ich erneut seine Hände auf den Armen spüre und er wieder den Mund auf meinen presst, mich schnell und hart küsst. »Verdammt«, sagt er schließlich. »Was machst du nur mit mir? Lass uns das hier endlich hinter uns bringen und dann nach Hause fahren.« Er dreht mich zur Tür, öffnet sie und verschafft mir damit Eintritt in das Zuhause der Brandons, aus dem die Liebe und das Lachen anscheinend ausgezogen sind, um den Fokus stattdessen auf den Überlebenskampf eines Mannes zu richten, den der möglicherweise bereits verloren hat – oder auch nicht.

Ich betrete das Haus als Erste, und erneut wandert mein Blick durch die beeindruckende kreisförmige Eingangshalle mit dem einzigartigen Kuppeldach, was irgendwie passt – denn wenn diese Familie eins ist, dann einzigartig. Shane schließt die Tür und tritt im selben Moment an meine Seite, als ich Maggie rufen höre: »Da seid ihr ja!«

Dem Klang ihrer Stimme folgend wenden Shane und ich uns nach links und nähern uns der Küche, von wo aus sie uns bereits entgegeneilt. Mit ihrem schwarzen Hosenanzug und dem langen schwarzen Haar, das ihr wie ein Seidenschleier um die Schultern fällt, ist sie wie immer der Inbegriff der Eleganz. »Der Koch besteht darauf, dass wir jetzt essen«, verkündet Maggie. »Sonst wird sein Menü – laut seiner professionellen Einschätzung – eine Katastrophe für die Geschmacksknospen.« Schützend legt Shane mir die Hand auf die untere Rückenpartie, während seine Mutter mit dem Finger zwischen uns hin und her wedelt. »Ich erwarte euch zwei im Esszimmer, und zwar pronto.« Einen Moment bleibt sie noch vor uns stehen und senkt die Stimme, den Blick auf Shane gerichtet. »Ist diese Krebstherapie echt?«

»Warum sollte er sich die Behandlung ausdenken?«, entgegnet Shane – anscheinend hat er nicht die Absicht, Maggie in seine Zweifel einzuweihen.

Sie schürzt die Lippen. »Warum verkündet er so was, ohne vorher mit seiner Frau darüber zu sprechen?«

Shanes Finger an meinen Rücken krümmen sich. »Gute Frage, Mutter«, entgegnet er mit einem kaum merklichen Hauch von Sarkasmus in der Stimme, und ich weiß, er denkt an ihre Affäre mit Mike und macht sich Sorgen, was ihre Absichten und Loyalität angeht. Im selben Moment habe ich eine Erleuchtung: Könnte es sein, dass Shane, um mit den Fehlern seines Vaters klarzukommen, bei seiner Mutter einen unrealistisch hohen moralischen Maßstab angesetzt hat, ohne sich das bisher eingestanden zu haben?

Maggie reagiert auf seine Frage jedenfalls mit einem vollkommen ungläubigen Blick. »Wir sprechen hier von deinem Vater, Shane. Alles, was er tut, hat ein Ziel und ist mit irgendeiner Form von Strategie verknüpft, um dieses Ziel zu erreichen.«

»Am Leben zu bleiben«, entgegnet Shane, »scheint mir hier eine ziemlich geradlinige und glasklare Strategie zu sein.«

»Geradlinig?«, hakt sie nach. »Wenn das Wort ›geradlinig‹ auf deinen Vater zutreffen würde, hätte er zuerst mir von der Behandlung erzählt, wie es die meisten anderen Ehemänner getan hätten. Und außerdem hätte er sich, gleich nachdem er damals die Diagnose bekommen hat, mit seiner Familie ausgesöhnt.« Ihre Stimme klingt kontrolliert und hart, und ich weiß nicht, ob sie die in ihr brodelnden Emotionen nur zurückhält oder ob ihr Mann sie so sehr verletzt hat, dass sie sich tatsächlich in die von ihrem König betrogene Eiskönigin verwandelt hat.

»Und«, fährt sie fort, offensichtlich noch nicht fertig mit ihrer Brandrede, »wenn das Wort ›geradlinig‹ auf deinen Vater zutreffen würde, dann würden du und dein Bruder nicht so ein Tauziehen mit diesem messerscharfen Seil veranstalten, das er euch in die Hand gedrückt hat. Dein Vater genießt seine Spielchen, während wir anderen leiden, und das wird er bis zu dem Tag, an dem er stirbt. Vielleicht sogar noch darüber hinaus.« Abwehrend verschränkt sie die Arme vor der Brust, trotzdem bemerke ich, dass ihre Hände zittern, was eine Menge Dinge andeuten könnte: Schuldgefühle und Verletzungen, die zwischen zwei potenziellen Übeltätern ausgetauscht wurden. Sie hält den Blick allein auf Shane gerichtet, als sie fragt: »Wusstest du offiziell oder inoffiziell davon?«

»Nein«, bekräftigt Shane.

»Und du hast Seth – der, wie ich weiß, ein extremer Perfektionist ist – angewiesen, deinen Vater im Auge zu behalten?«

»Das habe ich«, entgegnet Shane.

»Das bestätigt meine Vermutung«, sagt sie, und erneut zittert ihre Stimme vor Wut. »Er verschaukelt uns alle.«

»Um ehrlich zu sein«, wage ich es, mich einzumischen – besorgt, dass die Einschätzung der beiden auf Brandon Seniors manipulativem Verhalten in der Vergangenheit fußt, was in diesem Fall gar nicht zutreffen muss. »Die beste Freundin meiner Mutter hatte Krebs im Endstadium, und ich kannte sie gut genug, um Einzelheiten zu wissen. Wenn Patienten unheilbar erkrankt sind, setzt man sie auf eine Teilnehmerliste für Medikamentenstudien – natürlich nur, wenn sie das wünschen. Sobald es eine neue Studie gibt, für die der jeweilige Patient infrage kommt, geht das oft schnell. So war es zumindest bei der Freundin. Schon wenige Tage, nachdem sie die Nachricht bekommen hat, wurde sie behandelt.«

»Und wie ist es für sie ausgegangen?«, erkundigt sich Maggie, die blauen Augen starr auf mich gerichtet.

»Sie hat noch fünf weitere Jahre gelebt, nachdem man ihr vorher nur drei Monate gegeben hatte«, erwidere ich. »Sie wurde also nicht geheilt, aber sie konnte dadurch noch einige wertvolle Jahre erleben, die sie sonst nicht gehabt hätte.«

»Ich verstehe«, sagt Maggie leise. Ihre Miene ist unergründlich, aber in ihrer kaum hörbaren Antwort schwingt so etwas wie Furcht mit, was nicht zu der Frau passt, die ich kenne – es ist, als würde ihr innerer Kampf sie von einem schauspielerischen Akt ablenken. Das ist erstaunlich. Ist ihr Leben womöglich nur eine einzige, anstrengende Show?

»Mrs Brandon.«

Die Männerstimme ertönt von links aus der Nähe der Küche, und Maggie zieht die Luft ein, dreht sich jedoch nicht um, sondern stößt nur ein geseufztes »Ja, Mr Rod?« aus, bevor sie Shane ansieht. »Dein Vater und dein Bruder sind schon im Esszimmer.« Dann wirft sie mir einen scharfen Blick zu. »Die anderen haben nicht mitbekommen, in welche Richtung du mit deinen Gedanken unterwegs warst, und du musst dafür sorgen, dass es auch so bleibt.« Das ist eine Ermahnung, und ich weiß zwar nicht, ob sie aus Eigennutz erfolgt, aber für Shane und mich ist sie gut.

»Ich war wütend«, entgegne ich. »Und es ist mir egal, ob die beiden das mitbekommen haben. Ich sage es ihnen sowieso.«

Maggie spitzt die Lippen, und der Hauch eines Lächelns umspielt ihren Mund. »Diese Reaktion ist akzeptabel.« Und damit ist sie wieder zu ihrer alten kratzbürstigen Form zurückgekehrt. Sie wendet sich um und geht davon.

Shane und ich stehen einfach nur da, sehen zu, wie sie die geflieste Eingangshalle durchquert, und keiner von uns rührt sich oder sagt etwas. Ein Band purer Anspannung zieht sich um uns zusammen, und die Atmosphäre, die diese Familie umgibt, nimmt uns die Luft. »Er hat es ihr wegen Mike nicht eher gesagt als uns anderen«, stößt Shane hervor, als seine Mutter in der Küche verschwunden ist. »Und ich bin mir sicher, tief drinnen – sei es bewusst oder unbewusst – weiß sie das auch.«

Dank dieser Aussage bekomme ich eine gute Vorstellung davon, wo er sich gerade mit seinen Gedanken befindet – auch wenn er das selbst nicht weiß –, und es ist kein guter Ort. Ich stelle mich vor ihn und lege ihm die Hände an die Hüften. »Das hier ist zwar weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, um dir das zu sagen, aber wenn wir zum Essen bleiben, ist es notwendig: Kann mich hier drinnen jemand hören, oder müssen wir rausgehen?«

»Wenn du leise redest, ist es hier okay«, entgegnet er, und in seinen Augen liegt Neugierde. »Was ist los?«

»Ich hab dich vorhin gefragt, was deine Mutter so verändert hat, und du hast gesagt: ›Mein Vater.‹ Ich will das, was deine Mutter getan hat, nicht rechtfertigen, aber Shane: Sie ist nicht über Nacht an diesen Punkt gekommen. Sie hat über dreißig Jahre lang mit deinem Vater zusammengelebt. Sie hat die Entscheidung getroffen, bei ihm zu bleiben, und einen Weg gefunden, an seiner Seite zu überleben.«

»Das weiß ich«, erwidert er.

»Natürlich«, sage ich. »Oberflächlich betrachtet ist es logisch, aber verstehst du es auch wirklich? Ich kann mich nämlich noch gut daran erinnern, dass ich meine Mutter nach dem Selbstmord meines Vaters auf ein hohes Podest gestellt habe, und es war ziemlich hart für mich, als ich erkennen musste, dass sie genauso menschlich ist, wie du mich vorhin beschrieben hast. Und ihre Fehler hat, genau wie deine Mutter.«

»Warum ist das gerade jetzt so wichtig?«

»Weil dieses Haus hier kein Gerichtssaal mit Klienten und Anwälten ist. Das ist dein Elternhaus, in dem sich deine Familie befindet, und wenn du dich zu sehr mit dem Verrat beschäftigst, als den du die Fehler deiner Mutter empfindest, kannst du weder deinen Vater noch deinen Bruder klar einschätzen.« Mühsam schlucke ich und zwinge mich dazu, die Worte zu sagen, mich der Wahrheit zu stellen. »Und Shane: Jetzt, da ich weiß, mit was für gefährlichen Leuten sich dein Bruder eingelassen hat, weiß ich – und du auch –, dass eine Fehleinschätzung tödlich sein könnte.«

Er starrt mich an, und der Ausdruck in seinen grauen Augen ist genauso undefinierbar wie seine Miene. Eine Sekunde vergeht, zwei, drei. Dann bedenkt er mich mit einem knappen Nicken, und mehr brauche ich nicht. Er hat mich gehört. Er hat mich verstanden. Mehr Worte sind nicht nötig. Erneut legt er mir den Arm um die Taille und setzt sich in Bewegung, führt mich tiefer in die Empfangshalle und damit in sein Elternhaus hinein, in Richtung einer Veranstaltung, die weit über ein gefürchtetes Familientreffen hinausgeht, das ein anderer sicher lieber meiden würde. Denn in Shanes Fall, in unserem Fall, steuern wir gerade auf mehr zu als nur seine Blutsverwandten. Wir steuern auf Menschen zu, die Blut vergießen wollen. Einer davon hat heute Abend mein Leben bedroht, und den würde ich nicht mal als das gefährlichste Familienmitglied bezeichnen. Noch viel weniger als den gefährlichsten Menschen in meinem Leben – oder in dem von Shane.

Kapitel Zwei

Shane

Emily ist wie ein Engel inmitten meiner Hölle, und während ich sie durchs Foyer in Richtung Esszimmer führe, frage ich mich, ob ich nicht genauso ein Teufel bin wie mein Vater, wenn ich sie an meiner Seite behalte – so wie er es mit meiner Mutter tut. und trotzdem gehe ich weiter und führe sie tiefer in das Fegefeuer meiner Familie hinein, weil ich egoistisch bin und ihr Licht in dieser Dunkelheit brauche. Ihre Süße in allem, was bitter schmeckt. Und als wir den bogenförmigen Durchgang zum Esszimmer erreichen, denke ich nicht einmal daran, umzukehren. Stattdessen führe ich sie hindurch und in den rechteckigen Raum hinein, wo Emily sofort stehen bleibt, während dies der letzte Platz auf Erden ist, an dem ich mich länger aufhalten möchte.

»Ich liebe diesen Raum«, verkündet sie, während wir die hochlehnigen braunen Lederstühle rechts und links der mit Bücherregalen überkronten Miniaturkamine betrachten. »Hier ist es richtig warm und gemütlich.«

Warm und gemütlich. Hörbar hole ich Luft angesichts dieser Beschreibung, die ich in meiner Jugend mit einem einfachen »glücklich« zusammengefasst hätte – dieser Ort erinnert mich an eine früher einmal eng verbundene Familie, die nun entzweit ist. »Das ist das Kaffee- und Lesezimmer«, erkläre ich und würde es am liebsten dabei belassen – zumindest für heute Abend –, doch Emily löst sich von mir, geht hinüber zu einem der Regale und streicht mit der Hand über eine Reihe von Buchrücken. »So viel Auswahl. Geschichte. Mystery.« Sie lächelt. »Nora Roberts.«

»Dank meiner Eltern bin ich ziemlich belesen. Wir mussten nach dem Abendessen immer eine Stunde lesen, und sie haben abwechselnd den Lesestoff für uns ausgesucht, um sicherzustellen, dass wir ein Interesse für unterschiedliche Themen entwickeln.«

Emily wendet sich zu mir um, und in ihren wunderschönen Augen blitzt Interesse für eine Vergangenheit auf, die Leute vermenschlicht, die nicht mehr menschlich sind – der gleiche Fehler, den ich gerade bei meiner Mutter begangen habe. Ich habe sie zu einem sozialen, ja sogar fehlerlosen Wesen erhoben – und mit dem Errichten dieser Fassade habe ich mich anfällig für eine schmerzhafte Enttäuschung gemacht, der ich mich schon lange hätte stellen müssen. »Schöne Erinnerungen?«, fragt Emily und kommt wieder zu mir herüber.

Ich lege ihr die Hand an die Taille, bevor ich ihr eine schnelle, klare Antwort gebe. »Ja«, sage ich und denke dabei nicht an meine Familie, sondern an jeden Moment, den ich mit dieser Frau verbracht habe. »Schöne Erinnerungen.« Ich lasse ihr keine Zeit, eine weitere Erklärung zu fordern. Stattdessen packe ich sie bei den Hüften und ziehe sie zu mir. Meine Stimme ist so leise, dass nur sie mein Versprechen hören kann: »In zwei Stunden liegst du nackt neben mir.« Behutsam nehme ich ihr Gesicht in beide Hände, küsse sie und drehe sie dann zu der Tür um, die ins Esszimmer führt – oder in die Zirkusvorstellung, die heute Abend hier stattfindet. Ich lasse sie zuerst eintreten, folge ihr jedoch schnell.

Fast sofort fällt mir auf, dass meine Eltern getrennt sitzen und an den gegenüberliegenden Enden des dunklen, rechteckigen Holztisches Platz genommen haben, der mir gerade kilometerlang vorkommt, nachdem wir uns früher immer um eine Ecke gedrängt haben. Zwischen den beiden liegt eine Distanz, die es Mike ermöglicht hat, in das Leben meiner Mutter zu treten, und in diesem Moment frage ich mich, ob mein Vater bereut, dass er das geschehen ließ, oder ob sie für ihn nur ein Besitz ist, den er gerade nicht beanspruchen will.

»Da sind ja unsere Turteltäubchen«, begrüßt uns Derek von einem der roten Lederstühle aus. Mehrere Knöpfe seines gestärkten weißen Hemdes sind offen, Krawatte und Sakko hat er abgelegt, und seine grauen Augen, die meinen so ähnlich sehen, sind auf Emily gerichtet. »Dann erzähl doch mal«, fügt er hinzu und verlagert seine Aufmerksamkeit auf mich, während Emily und ich vor dem Tisch stehen bleiben – sie am Stuhl neben meinem Vater, ich neben meiner Mutter. »Ist dieses Familienessen ein Hinweis, dass wir uns auf eine Hochzeit freuen können?«

Mein Ärger darüber, dass er ein Thema anschneidet, das ich unter den gegebenen Umständen niemals mit Emily besprechen würde, richtet sich genauso scharf und schnell gegen ihn, wie Emily sich neben mir versteift. »Wenn sie das Abendessen mit der Addams Family überlebt«, antworte ich trocken, »würde ich sagen, das mit uns ist was Längerfristiges.«

»Eine Hochzeit«, ruft meine Mutter aus, als hätte ich den Kommentar über die Addams Family nie gemacht; andererseits komme ich langsam zu dem Schluss, dass meine Mutter eine Meisterin darin ist, einfach das Schlechte zu überhören und so zu tun, als wäre alles gut. »Das wäre mal eine schöne Aussicht«, fährt sie fort und deutet auf mich. »Lass sie neben mir sitzen, damit ich alle Einzelheiten erfahre, und beeilt euch. Der Koch will auftischen.«

»Der verdammte Koch kann warten«, blafft mein Vater sie an. Er war noch nie ein Freund von Familientreffen, zumindest nicht in den letzten zwanzig Jahren.

Meine Mutter keift zurück, doch meine Aufmerksamkeit liegt bei Derek und Emily. Unverwandt starrt mein Bruder sie an, während sie seinen Blick herausfordernd erwidert. Ich kann das Funkeln in seinen Augen erkennen, das immer stärker werdende Bedürfnis, sie einknicken zu sehen. »Setz dich doch zu mir, Emily«, sagt er. »Wenn du meinen Bruder heiratest, sollten wir Frieden schließen.«

Mein Ärger verwandelt sich in Wut, doch mein Vater – der Held des heutigen Abends – schaltet sich ein. »Vergiss es endlich, Junge«, herrscht er Derek an. »Du bringst sie nicht dazu, Shane zu verlassen, indem sie neben dir sitzt oder mit dir einer Meinung ist. Ich stelle ihren Gehaltsscheck aus, und selbst bei mir tut sie selten, was ich sage. Verdammt, Shane geht sogar mit der Frau ins Bett, und ich bezweifle, dass der sie unter Kontrolle hat.«

»David«, rügt Maggie ihn. »Musste das sein?«

»Im Büro bist du auch nicht da, um ihr beizustehen«, entgegnet er, »dann ist sie jetzt ganz sicher nicht auf deine Hilfe angewiesen.« Er richtet seine blutunterlaufenen grauen Augen auf mich. »Such dir einen Platz und setz dich hin, bevor du dir den Zorn dieses Egomanen zuziehst, der uns heute Abend bekocht.«

Emily sieht mich nicht an – vermutlich, um sicherzustellen, dass ihre Entscheidung als ihre eigene wahrgenommen wird, oder vielleicht auch, weil dieses ganze Hochzeitsgerede sie in Verlegenheit gebracht hat, was ich ihr nicht verdenken kann. Was auch immer ihre Gründe sind, sie entscheidet sich schließlich für den Stuhl vor ihr, den ich schnell für sie zurechtrücke, bevor ich sie Platz nehmen lasse.

Kaum habe ich mich auf meinen eigenen Stuhl neben ihr gesetzt, als Derek sie erneut angreift. »Ich schätze, du willst mich nicht besser kennenlernen«, sagt er in selbstzufriedenem Tonfall.

»Ganz im Gegenteil«, versichert sie ihm ohne den Hauch eines Zögerns. »Aber ich finde, das geht am besten, wenn man der Person gegenübersitzt, während man sich mit ihr unterhält. Wusstest du, dass jemand, der lügt, sehr oft blinzelt und übertrieben den Augenkontakt sucht?«

Ihre Schlagfertigkeit überrascht mich genauso wenig wie die Tatsache, dass sie nach seiner Drohung die Bibliothek verlassen hat. Sie ist ein echter Mensch, kein von Gier getriebenes Monster, und trotzdem stellt sie sich tapfer den Konsequenzen, die damit einhergehen.

Die Belustigung in Dereks Blick verstärkt sich. »Wusstest du, dass Leute, wenn sie verunsichert sind – oder Angst haben –, den Raum verlassen?«

»Wusstest du«, kontert sie, »dass Leute, die von ihren Vätern zurechtgewiesen werden – vor allem dann, wenn sie bereits erwachsen sind –, sich für gewöhnlich gern in ihr stilles Kämmerlein zurückziehen?«

Ich versuche nicht mal, mir das Lachen zu verkneifen, und zu meiner großen Überraschung geht es meinem Vater genauso, der in den letzten Jahren höchstens einmal ein Grunzen von sich gegeben hat, zumindest wenn ich dabei war. »Mein Junge«, wendet er sich erneut an Derek, »du musst wirklich noch viel über Emily lernen. Sie arbeitet nicht ohne Grund für mich. Wie ich schon sagte: Sie lässt sich nicht einschüchtern.«

Derek findet das genauso wenig lustig wie meine Mutter, die mit missbilligendem Gesichtsausdruck ihr Weinglas leert. Will sie nun, dass Emily ihn in die Schranken weist, oder nicht?

»Wenn sie wüsste, wie oft du mir schon damit gedroht hast, mich zu enterben«, entgegnet Derek und blickt von meinem Vater zu Emily, »würde sie ihre Einstellung noch mal überdenken.«

»Weißt du was, Maggie?«, sagt mein Vater und schaut meine Mutter an. »Ich glaube, es ist an der Zeit, die drei Testamentsvarianten offenzulegen, die ich habe aufsetzen lassen, und die Anweisungen, die mein Anwalt bekommen hat.«

Diese Ankündigung lässt meine Mutter erbleichen. »Drei Varianten? Ich dachte, du hättest nur ein Testament.«

»Das hat sich vor zwei Wochen geändert«, verkündet mein Vater ohne Zögern, »als ich mir über mein Ableben Gedanken gemacht und beschlossen habe, dass ich noch mal überdenken muss, wer meine Großzügigkeit verdient, wenn ich tot bin.«

Als wäre der Mann je in seinem Leben irgendwem gegenüber großzügig gewesen, denke ich bei mir. Dennoch hat er eins klargestellt: Was mit seinem Geld passiert, entscheidet sich erst nach seinem Tod. Meine Mutter und mein Bruder bekommen es nur, wenn sie ihn in Zukunft zufriedenstellen. Und als wollte er meine Gedanken unterstreichen, wirft er einen Blick in die Runde und fügt hinzu: »Falls ich mich nicht klar ausgedrückt haben sollte: Ich habe noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen, wer was erbt.«

Dereks und meine Blicke treffen sich, und er durchbohrt mich mit seinen Augen, angestachelt durch eine Herausforderung, die ich ebenfalls annehme und die sich in einen Machtkampf zwischen uns ausweitet – einen Machtkampf, der mir bewusst macht, dass sich etwas in ihm verändert hat; etwas, das ich in den Tiefen seiner Augen erkenne. Ihm ist das Erbe genauso scheißegal wie mir. Bei mir liegt das an dem Geld, das ich bereits aus eigener Kraft verdient habe. Aber durch Dereks rechtliche Schwierigkeiten weiß ich, dass er zu viel ausgegeben und zu wenig gespart hat. Eigentlich hätte er seinen Erbteil nötig, doch da ich mir nun sicher bin, dass dies nicht der Fall ist, gibt es nur eine logische Schlussfolgerung: Jemand hat sein Einkommen um einen sehr hohen Betrag aufgestockt, und die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei demjenigen um Martina handelt und Derek nun viel tiefer in dessen Schuld steht, als ich es mir in meinen schlimmsten Albträumen ausgemalt habe, beruhigt mich nicht gerade.

»Darf ich die Suppe servieren?«

Beim Klang der Frauenstimme blicke ich auf und sehe, wie eine Frau in den Fünfzigern – bekleidet mit einer Schürze, das schwarze Haar im Nacken zu einem Zopf gebunden – durch die Küchentür links hinter meiner Mutter in den Raum kommt.

»Mein Glas ist leer«, gibt meine Mutter zur Antwort.

»Meins auch«, sagt mein Vater, und bei dieser Aufforderung, die im Widerspruch zu seinem neuen Gesundheitsverhalten steht, das er uns erst vor einer Stunde demonstriert hat, fährt mein Blick zu ihm herum.

»Was ist aus deinem Vorhaben geworden, nichts mehr zu trinken?«, will ich wissen.

»Selbst wenn ich einen Whiskey trinken wollte, mein Sohn, derzeit vertrage ich keinen«, erwidert er trocken und lässt sein Glas von der Servicekraft auffüllen, bevor er es hebt. »Wasser. Einer der wenigen Freunde, auf die ich mich zurzeit verlassen kann.«

Seine Worte »einer der wenigen Freunde« ist zweifellos eine Spitze gegen Mike, den ich momentan mit meiner Mutter in Verbindung bringe – und vielleicht auch mit meinem Bruder –, und ich frage mich, ob mein Vater diese Verbindung ebenfalls hergestellt hat. Aber haben sie auch beide eine Verbindung zu Martina? Das ist die eigentliche Frage.

»Mein Freund«, sagt Derek und hebt ebenfalls sein Glas, bevor er den bernsteinfarbenen Inhalt in einem Zug leert und fortfährt: »… ist ein verdammt guter Freund.« Er winkt der Bedienung und deutet auf sein leeres Glas. »Noch einen.«

Mein Vater wedelt mit dem Finger zwischen meinem und Emilys Glas hin und her. »Für die beiden auch.« Dann lässt er den Blick auf mir ruhen. »Glenmorangie Pride 1981 Highland Single-Malt Scotch Whiskey.«

»Wir feiern die guten Neuigkeiten meines Vaters«, wirft Derek ein, während die Serviererin ihm nachfüllt, nur damit er den Inhalt direkt wieder runterkippt und – zumindest auf mich – den Eindruck macht, als versuche er, sein Unglück zu ertränken.

»Das sollten wir auch«, entgegne ich, während mein Glas gefüllt wird und Emily die Hand über ihres legt.

»Nein, danke«, sagt sie zu der Frau. »Ich vertrage nicht viel. Ich bleibe bei Wasser.«

»Wir können Wein trinken«, bietet meine Mutter an und hebt ihr Kelchglas, das immer noch leer ist. »Der ist nicht so stark wie Whiskey.«

»Trotzdem noch zu viel für mich«, versichert Emily ihr und lacht auf ihre typische Art leise auf. »Ich weiß nicht, was ich so alles erzähle, wenn ich betrunken bin.«

»Mir würde das gefallen«, sinniert mein Vater. »Aber ob es meinem Sohn genauso ginge?«

»Ach, komm schon, Vater«, sage ich, lege schützend den Arm um Emily und drücke sie an mich, bevor ich mit der freien Hand mein Glas hebe. »Glaubst du wirklich, Emily wäre hier, wenn ich Angst hätte, du könntest sie mit Whiskey abfüllen und dadurch zum Reden bringen?« Ich nippe an meinem Whiskey, und ein herber, nussiger Geschmack breitet sich in meinem Mund aus. »Verdammt, ist das ein guter Scotch.« Ich beuge mich zu Emily hinüber und flüstere ihr ins Ohr: »Aber du schmeckst besser.«

Sie legt die Hand auf meinen Oberschenkel und drückt warnend zu. Die Geste bringt mich zum Grinsen, während ihr blumiger, süßer Duft mich an Vergnügungen denken lässt, die sich garantiert nicht in diesem Raum abspielen.

»Bereiten Sie sich schon mal auf ein großartiges Geschmackserlebnis vor.«

Als ich aufblicke, bemerke ich, dass der Koch den Raum betreten hat, begleitet von einem Kellner, der ein Tablett mit Schüsseln vor sich herträgt. »Arrogant sind Sie wohl gar nicht«, gibt mein Vater zurück.

»Nur ehrlich«, erwidert der Koch, nimmt sich höchstpersönlich eine der Schüsseln und stellt sie vor meinem Vater ab. »Tomatensuppe«, verkündet er. »Ihre Leibspeise, wie ich hörte.« Er wartet, als ginge er tatsächlich davon aus, dass mein Vater seine Kreation probieren würde.

»Machen Sie schon weiter«, erhält er stattdessen knurrend zur Antwort. Der Küchenchef zieht eine Grimasse, widerspricht jedoch nicht, sondern befolgt die Anweisung, und schon nach kurzer Zeit haben wir alle Eistee in unseren Gläsern, und vor uns stehen Schüsseln.

»Bon appétit«, wünscht uns der Koch mit einer tiefen Verbeugung, bevor er und seine Mannschaft den Raum verlassen.

Sobald wir wieder unter uns sind, nimmt meine Mutter ihren Löffel und macht eine ausladende Bewegung um den Tisch herum. »Keine Gespräche mehr, bis ihr alle das Essen probiert habt.« In ihrer Stimme schwingt ein resoluter, mütterlicher Tonfall mit, der jeden von uns dazu bringt, nach seinem Besteck zu greifen. »Er ist unglaublich gut«, fügt sie hinzu. »Also, überzeugt euch selbst davon.«

Mich überkommt ein schmerzhaftes Gefühl von Nostalgie, als ich mich an Abendessen im Kreise der Familie erinnere, bei denen meine Mutter – und nicht mein Vater – das Sagen hatte. Und genau wie damals befolgen wir alle gleichzeitig ihren Befehl, tauchen unsere Löffel in die Schüsseln und nehmen gemeinschaftlich einen Schluck von der Suppe. Sofort legt sich der süße Geschmack von Zucker auf meine Zunge, bevor er sich gleich darauf in irgendein köstliches Gewürz verwandelt. Um den Tisch herum scheint sich ein zufriedenes Gefühl auszubreiten – ein seltsamer Augenblick der Einigkeit und Befriedigung; bedeutungsvoll, da wir ausnahmsweise alle einer Meinung sind. Die Suppe schmeckt gut. Das ist nicht viel, aber es ist wahr. Wir alle mögen sie. Wir sind uns einig.

Einen Moment lang wage ich es, zu glauben, dass dieses Abendessen und unser Einvernehmen auf einem genialen Plan meines Vaters beruhen und der Grund dafür sind, warum er uns heute alle hierhergebeten hat. Er hat endlich seine Abrechnung gemacht, und dies ist seine Art, uns zu zeigen, dass wir uns vielleicht noch bei anderen Punkten einigen können. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, oder zumindest für die Familie Brandon. Doch der Welle gegenseitigen Einvernehmens folgt eine undurchdringliche Stille, und dann ein Stich allgemeinen Unbehagens, als uns eine Erkenntnis mit voller Wucht trifft: Uns trennen gegensätzliche Ziele, und sich bei irgendetwas einig zu sein oder eine Verbundenheit zu spüren fühlt sich an, als würde man diese Ziele verraten. Das hier ist zwar ein Treffen von Familienangehörigen plus Anhang, aber das wird aufgehoben durch eine andere Tatsache: Wir sind Feinde.

Und mein Vater weiß das, was bedeutet: Das Ziel, das er laut meiner Mutter verfolgt, ist aus diesem Wissen entstanden. Emilys Warnung fällt mir wieder ein: Um rational urteilen zu können, muss ich einen klaren Kopf bewahren.

Fast so, als würde jeder im Raum zur gleichen Zeit zu der gleichen »Feind«-Schlussfolgerung gelangen, verändert sich schlagartig die Atmosphäre, und um den Tisch herum setzt Bewegung ein. Mein Vater hebt sein Glas und trinkt sein Wasser aus. Derek tut das Gleiche mit seinem Whiskey. Dann setzt meine Mutter ihr erneut aufgefülltes Weinglas an die Lippen und trinkt. Emily und ich – wieder einmal vollkommen im Gleichklang auf diese unglaubliche Weise, wie wir es immer sind – legen einfach nur die Löffel ab, während sie die Hand auf meinem Bein ruhen lässt. Ich verstehe ihre Botschaft: Hier im Raum mag es eine Spaltung geben, aber nicht zwischen uns. Und so schnell verwandelt sich diese eine Gruppe wieder in Individuen. Genauso schnell, wie aus Familienangehörigen Feinde werden, könnte das Leben meines Vaters enden. Und nicht einmal jetzt, da er mit einem Bein im Grab steht, ist er bereit, zu akzeptieren, dass Krankheit mit Schwäche einhergeht und Tod mit Niederlage.

Diese Schwäche ist wie ein Köder für die Haie, die Derek und Mike – und vielleicht sogar meine Mutter – für mich repräsentieren und die mit diesem Köder alles Mögliche anstellen werden. Der Tod mag zwar das Ende sein, dem mein Vater sich gegenübersieht, aber sich davon besiegen zu lassen ist weder für ihn noch für mich eine Option. Mit anderen Worten: Mein Vater steckt seinen Claim ab, was die Firma angeht, drängt Derek und Mike zurück und gewinnt damit Zeit, um die Mistkerle zu zerstören. Genau das, was ich draußen Emily gegenüber angedeutet und in dem Moment wieder vergessen habe, als ich im Haus war. Stattdessen habe ich über Tomatensuppe nachgedacht und hätte mir verdammt noch mal fast eingeredet, dass es zwischen uns allen zu einer verfluchten Gruppenumarmung kommen könnte.

Wieder fest in der Realität verankert blicke ich zu meinem Vater, und da ich nicht mehr nach der Wahrheit suche – zumindest nicht heute Abend –, fordere ich ihn auf, die Nachricht zu verkünden, die Derek hören und meine Mutter an Mike weitertratschen soll: dass er immer noch der König ist. »Wann fängt deine Behandlung an, Vater?«, erkundige ich mich. »Und kannst du uns Einzelheiten nennen?«

Seine Miene ist hart und undurchdringlich, als er meinem Blick begegnet und die Sekunden verstreichen lässt, was – wie ich glaube – zu seinem Spiel gehört. Doch während die Zeit sich in die Länge zieht, fallen mir die weißen Linien und die Anspannung um seinen Mund auf. Als er nach seinem leeren Glas greifen will, stellt Emily ihres vor ihm ab. »Ich hab noch nicht daraus getrunken«, erklärt sie.

Mein Vater reagiert darauf mit einem Hustenanfall, dicht gefolgt von einem weiteren, der sich in heisere, qualvolle Laute verwandelt, die tief aus seiner Brust zu kommen scheinen. Auf einmal habe ich das Gefühl, als würde mir jemand die Lunge aus dem Hals reißen. Schwäche, die zum Tod führt, denke ich bei mir, und mein Instinkt sagt mir, dass mein Vater schon gegangen ist; dass es keine Heilung für ihn gibt. Irgendwie findet mein Blick den von Derek, und mit dieser Verbindung entsteht ein gleichzeitig altes und neues Band zwischen uns; ein gegenseitiges Verstehen, das wir beide nicht wollen. Wir hassen und lieben unseren Vater, und dennoch, trotz dieser Liebe, ist es Emily, die nun neben ihm hockt und ihm eine Serviette reicht, die sich sofort mit Blut vollsaugt. Nicht ich. Nicht Derek. Nicht meine Mutter, die – wie ich mit einem kurzen Blick feststelle – blass geworden ist und genauso erstarrt wie ihre Söhne.

»Er braucht einen heißen Tee mit Honig«, ruft Emily der Kellnerin zu, die zurückgekommen ist, um meinem Vater Wasser nachzuschenken. »Und bitte schnell«, fügt sie hinzu.

»Ich brauche keinen gottverdammten Tee«, gibt mein Vater barsch zurück und räuspert sich, während der Husten langsam abklingt. »Und jetzt gehen Sie zurück an Ihren verfluchten Arbeitsplatz.« Sein untypischer Versprecher lässt ihn das Gesicht verziehen, und er korrigiert sich: »Platz. Setzen Sie sich auf Ihren Platz.«

Statt seiner Anweisung zu folgen, zögert Emily – was sich bei meinem Vater nur wenige Menschen erlauben würden –, doch als er ihr einen Blick zuwirft, der einem sprichwörtlichen Schlag ins Gesicht gleichkommt, reagiert sie schnell, springt auf und setzt sich wieder auf ihren Platz. Und da sie meinen Vater offensichtlich gut genug kennt, um zu wissen, dass er einen Blick in meine Richtung so deuten würde, als wollte sie seine Autorität untergraben, sieht sie ihm klugerweise direkt ins Gesicht. Unterm Tisch lege ich ihr die Hand an die Hüfte und danke ihr damit erneut stumm dafür, dass sie der einzige Lichtblick in diesem Irrenhaus des Grauens ist.

»Dann kommen wir mal zur Sache«, verkündet mein Vater, und als er die Hände flach auf den Tisch legt, geht mein Blick unwillkürlich zu seinen Fingern, die mittlerweile nicht wiederzuerkennen sind – so dünn und zerbrechlich, und die Knöchel ragen knotig hervor. »In achtundvierzig Stunden«, fährt er fort, »sind Maggie und ich in Deutschland, wo ich mich zwei Wochen lang einer Behandlung unterziehen werde, bevor ich hierher zurückkehre und mich zwei weitere Wochen vor Ort behandeln lasse.«

»Mit mir?«, hakt meine Mutter erstaunt nach. »Du willst, dass ich mitkomme?«

»Du bist meine Frau«, entgegnet er. Die Worte klingen schlicht, tonlos, doch sein Gesicht ist hart – gleich zwei Gesten, mit denen mein Vater Missfallen ausdrückt. »Natürlich kommst du mit.«

»David«, versucht meine Mutter, zu argumentieren, »du weißt doch, ich habe …«

»Du kommst mit«, bestimmt mein Vater, und sein Tonfall klingt genauso endgültig wie sein ergänzendes »Ende der Diskussion«. Er blickt sich im Raum um, bevor er fortfährt: »Morgen früh werden die Vorstandsmitglieder einzeln darüber informiert, dass ich berechtigte Hoffnungen auf eine vollständige Genesung habe und deshalb auf unbestimmte Zeit die Leitung des Unternehmens behalte.«

»Heißt das, wir können erwarten, dass du wieder ganz gesund wirst, Vater?«, frage ich, um ihm die Chance zu geben, seinen Anspruch auf die Geschäftsführung unmissverständlich klarzumachen – eine Chance, die er definitiv nutzen wird.

»Achtzig Prozent der Teilnehmer an der Studie sind vollständig geheilt«, sagt er, und seine Antwort ist glaubwürdiger, als ich erwartet hätte. Wie viel Wahrheit tatsächlich in seiner Aussage liegt, wage ich nicht einzuschätzen. Immerhin ist er der Mann, der mir beigebracht hat, ein Bild mit den richtigen Farben auszuschmücken, um genau die Reaktionen zu erhalten, die ich von den Geschworenen oder der gegnerischen Partei brauche.

»Ich will ja nicht nachfragen, was mit den anderen zwanzig Prozent passiert«, wirft Derek ein, »aber der Vorstand wird das tun, und die wollen garantiert einen Plan B in petto haben, falls irgendwas schiefläuft.«

»Du meinst, du willst einen Plan B haben«, entgegnet mein Vater. »Du willst wissen, wie wahrscheinlich es ist, dass deine heißersehnte Wahl zur Geschäftsführung doch noch stattfindet.«

»Ich will nicht, dass du stirbst«, entgegnet Derek mit fester Stimme, doch in seinem Ton schwingt ein Hauch von Schmerz mit. »Aber hier geht es nicht nur um die Familie. Wir müssen uns mit dem Vorstand auseinandersetzen, mit dir oder ohne dich. Die werden einen Plan einfordern und eine vorsorgliche Wahl.«

»Sollte irgendwer beschließen, derlei Forderungen zu stellen«, stellt unser Vater klar, »werde ich ihn einfach auf den Zusatzartikel A1 unserer Satzung verweisen.«

»Was zum Geier ist Artikel A1 unserer Satzung?«, will Derek wissen, während ich – aufgrund der Tatsache, dass ich das Dokument aufgesetzt habe – nur allzu gut weiß, worum es geht.

»Die hast du selbst unterschrieben, mein Sohn«, erklärt mein Vater die rechtliche Bestimmung, die ihm einen Anreiz bieten würde, eine Krebsbehandlung vorzutäuschen – falls er das denn tut. »Und du weißt nicht, was drinsteht?« Er wirft mir einen Blick zu. »Kläre deinen Bruder auf.«

Sofort schießt Dereks Blick zu mir. »Die hast du aufgesetzt.«

»Als wir nicht wussten, ob du ins Gefängnis musst oder nicht«, erläutere ich.

»Und ich noch so viel Vertrauen zu meinem Bruder hatte, dass ich das verdammte Dokument nicht gelesen hab.«

»Ich bin es mit dir durchgegangen.«

»Sag mir einfach, was in dem verdammten Wisch drinsteht«, fährt er mich an.

»Ist der Geschäftsführer zu irgendeinem Zeitpunkt handlungsunfähig, übernehme ich die Leitung der Firma, bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Geschäftsführer rechtlich und gesundheitlich wieder in der Lage ist, seine Pflichten auszuüben. Für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten.«

Dereks Blick wird schärfer, und seine Augen verdunkeln sich, während in ihren Tiefen Funken einer gefährlichen Wut aufblitzen. Dennoch starrt er mich unverwandt weiter an, die Miene hitzig, die Linien in seinem Gesicht hart. »Und nach sechs Monaten?«

»Stimmt der Vorstand darüber ab, ob ich die Leitung behalte, oder nominiert jemand anderen und setzt Neuwahlen an.«

Derek spannt den Kiefer an und richtet seine Aufmerksamkeit wieder auf unseren Vater. »Ich hab mich mein Leben lang wund geschuftet für die Firma, während der da gar keinen Bock hat, hier zu sein.«

»Der da hat seine Anwaltskarriere für die Firma aufgegeben«, erinnert ihn mein Vater, »was ihn neben mir zum einzigen Menschen macht, der nicht will, dass irgendjemand anders unsere Geschäfte kontrolliert. Der Zusatzartikel bleibt bestehen.« Er steht auf. »Ende der Diskussion. Und Ende des Essens für mich.« Mehr sagt er nicht. Stattdessen geht er einfach aus dem Zimmer.

Es dauert nur eine Sekunde, dann ist die Atmosphäre im Raum blitzschnell aufgeladen, und mein Blick trifft auf Dereks, während meine Mutter einen leisen, frustrierten Laut ausstößt. »Wie es scheint, muss ich das Essen abbestellen«, sagt sie ungewöhnlich verlegen, bevor sie ebenfalls aufsteht und hinausgeht. Da ich spüre, dass Derek und ich auf einen gefährlichen Punkt zusteuern, strecke ich unterm Tisch die Hand aus und drücke Emilys Schenkel, um ihr zu signalisieren, dass sie meiner Mutter folgen soll.

Offensichtlich versteht sie meine Botschaft, denn sie springt auf und ist bereits auf dem Weg zur Küche, als sie verkündet: »Ich gehe mal eurer Mutter helfen.«

»Ja, hilf ihr«, ruft Derek ihr nach, während er ihrer sich entfernenden Silhouette einen Blick hinterherwirft. »Das wird ihr sicher gefallen«, fügt er hinzu und richtet seinen plötzlich amüsierten Blick wieder auf mich. »Passt sie nicht gut hier rein? Und sie ist schön. Ein schöner, graziler Schmetterling mit dünnen Flügelchen. Und weißt du, was man über zierliche Wesen sagt?« Er wartet meine Antwort gar nicht erst ab, sondern verschärft seine vorhin gegen Emily ausgesprochene Drohung noch, indem er ergänzt: »Sie zerbrechen leicht. Und ich hab gehört, wenn das passiert, überleben sie es nicht.«

Kapitel Drei

Shane

Diese Drohung – schon Dereks zweite an diesem Abend – löst Wut in mir aus; scharfe, beißende Wut, die sofort in mir hochkocht, doch die jahrelange Erfahrung des Verhandelns und Kämpfens vor Gericht kommt mir in diesem Moment zugute und hilft mir, nicht hitzig zu reagieren, wie er es erwartet. Stattdessen lege ich nur die Fingerspitzen aneinander und verenge die Augen. »Du solltest dir deinen nächsten Schritt genau überlegen, Derek«, warne ich ihn, und obwohl ich leise spreche, klingen meine Worte bestimmt und tödlich.

»Das Gleiche könnte ich auch zu dir sagen, Shane. Wirf mich nie wieder Martina zum Fraß vor. Sonst wirst du es bereuen.« Er schweigt einen Moment, bevor er hinzufügt: »Bruderherz.«

»Du hast uns alle den Wölfen zum Fraß vorgeworfen, als du dich mit Martina eingelassen hast«, entgegne ich. »Und ein ›wieder‹ wird es nicht geben. Die Sache ist beendet. Du hast Vater doch gehört: keine Außenstehenden in der Firma. Ich sorge dafür, dass wir da rauskommen.«