Harmonische Entfaltung - John G. Bennett - E-Book

Harmonische Entfaltung E-Book

John G. Bennett

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Beschreibung

Die Bücher des spirituellen Lebenslehrers John. G. Bennett regen auch heute noch nach Lebens-Sinn-Suchende zu neuen Einsichten an. Die vorliegende Sammlung von Zitaten aus seinen zahlreichen Büchern kann an viele wichtigen Aspekte seiner Lehre erinnern, aber auch eine inspirierende Einführung in Bennetts Gedankenwelt für Menschen sein, die noch keines seiner Bücher gelesen haben. Die Zitate sind thematisch zusammengestellt und von Bruno Martin eingeführt, so dass der jeweilige Zusammenhang mit Themen wie Aufmerksamkeit, Bewusstsein, Kreativität, Seele oder Transformation des Menschen verständlich wird.

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Seitenzahl: 147

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Einleitung

Anstrengung

Aufmerksamkeit

Bewusstsein

Der gegenwärtige Augenblick

Drei Zentren

Energien

Freiheit

Geist, Spiritualität

Ich, »Das wirkliche Ich«

Innere Arbeit

Kreativität, Kreative Energie

Persönlichkeit, Charakter, Wesen

Seele

Selbst, Selbstheit

Selbsterinnerung

Transformation

Werk, Wirklichkeit

Wille, Absicht

John G. Bennett - Eine kurze Biografie

Bibliografie

Einleitung

John G. Bennett1 war ein charismatischer Mensch mit einer außergewöhnlichen Ausstrahlung. Als ich ihn das erste Mal nach einer »Odyssee-Reise« durch den Westen Englands im Sherborne-House 1971 kennenlernte, spürte ich sofort, dass er mein spiritueller Lehrer sein würde. Ich fuhr als Anhalter und der Fahrer setzte mich an einer Kreuzung ab und sagte: »Hier geht es nach Sherborne.« Und das mitten im strömenden Regen! Nachdem mir jemand die Tür geöffnet hatte, begrüßte mich Elizabeth Bennett und bat mich auf einer Bank in einer großen Halle Platz zu nehmen. Nach einer Weile kam Bennett, setzte sich neben mich und schalt mich, dass ich nicht vorher angerufen hätte. Seine Präsenz war stark und ich fühlte mich wie ein kleiner Junge.

Nach einem Moment des Schweigens sagte er: »Du kannst nicht bleiben!« Ich stammelte etwas von strömendem Regen, und schließlich genehmigte er mir, zu übernachten. Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, sagte er plötzlich zu mir: »Du kannst bleiben.« Das war der Beginn einer besonderen »spirituellen Freundschaft«, die mich geprägt hat und bis heute in mir wirkt.

Die Idee, überhaupt nach England zu reisen und Bennett zu suchen, entstand, nachdem ich P. D. Ouspenskys Buch Auf der Suche nach dem Wunderbaren2 gelesen hatte, das mir in den 1968er Jahren in die Hände fiel und nicht mehr los ließ. So ging ich auf die Suche nach jemandem, der bei G. I. Gurdjieff, von dessen Lehre dieses Buch handelt, studiert hatte und auch lehrte.

Ich reiste vorher jedoch zuerst nach Indien, weil mich einige Ideen der hinduistischen und buddhistischen Philosophie ebenfalls ansprachen. Wie es sich im Leben fügt (solche «Fügungen«, die ich nicht mehr als «Zufälle« einstufen kann, gab es danach noch oft in meinem Leben), traf ich im Dorf Almora, an der Basis der Himalajas, eine Frau, die das Buch Meetings with Remarkable Men, die »mythische« Biografie von Gurdjieff, dabei hatte und mir auslieh. Sie gab mir den Tipp, nach England oder in die USA zu reisen, um da vielleicht noch Schüler von Gurdjieff zu finden. So fuhr ich einige Zeit darauf nach London.

Dort fand ich nach einigen mühsamen Recherchen heraus – damals gab es weder Smartphones noch Internet – dass Bennett gerade in Sherborne, Gloucestershire, zwischen Oxford und Cheltenham, eine »Akademie für lebenslanges Lernen« (Academy for Continous Education) eröffnete. Ich fand das Sherborne House und konnte bei den Vorbereitungen für die Eröffnung der Akademie mithelfen – und schon einiges lernen...

Nach dem Studienjahr an Bennetts Akademie habe ich nach und nach viele Bücher von Bennett ins Deutsche übersetzt und im eigenen Verlag veröffentlicht. Und ohne irgendwelche Verträge zu machen oder Honorarforderungen zu stellen, genehmigte er mir einfach in einem handschriftlichen Brief, alle seiner Bücher zu übersetzen und zu veröffentlichen.

Nachdem ich meinen Verlag 1996 beendet hatte, übernahm es der Chalice Verlag von 2004 an, die übersetzten Bücher von Bennett wieder herauszubringen. Den entscheidenen Anstoß dazu gab Reshad Feild, der Sufi-Lehrer des Verlegers Robert Cathomas.

Seit 1974 gebe ich auch Seminare, in denen ich die Praxis und Theorie der Lehren von Bennett und Gurdjieff vermittle. In den vergangenen zwanzig Jahren habe ich nicht nur etliche Bücher zu Gurdjieffs Lehre und Ideen geschrieben, sondern auch Bücher mit eigenen Übungen und Gedanken, die sich aus der Praxis meiner Arbeit mit Gurdjieffs und Bennetts Ideen entwickelt haben.

Das fortwährende Studium von Gurdjieffs und Bennetts spiritueller Arbeit eröffnete mir immer wieder einen neuen und tieferen Zugang zu den mich oft herausfordernden, tiefgründigen Gedanken John G. Bennetts, der Gurdjieffs Lehre weiter gedacht – und viele seiner Methoden auch weiter entwickelt hat.

Es waren oft einzelne Sätze oder Abschnitte, an denen ich hängenblieb und die mich wesentlich berührt und beschäftigt haben. Das hat mich bewogen, dieses vorliegende Buch »zu wagen«, um solche wesentliche Gedanken zusammenfassend in einem Buch zu vereinen.

Die meisten Bücher von Bennett wurden durch Abschriften von Tonbändern mit seinen Vorträgen erstellt. Bennett war ein sehr guter Redner, der philosophische Ideen »reinschriftlich« reden konnte. Das Erstaunliche war, dass seine Reden immer wieder neue Gedanken hervorbrachten, er wiederholte sich eigentlich nie oder präsentierte eine Idee in neuer Form. Das sieht man auch bei der Zitatesammlung in diesem Buch, in der in unterschiedlichen Vorträgen und Büchern neue Ideen zum gleichen Thema auftauchen. Daher sind diese Vorträge, die dann in Buchform veröffentlicht wurden oder bisher unveröffentlicht blieben, ein Juwel an Ideen, Aussagen und Kerngedanken... Viele der Vorträge wurden meist ohne seine eigene Begutachtung oder nach seinem Tode 1974 veröffentlicht. Bennett hatte bei seinen Vorträgen innerlich Kontakt mit der »kreativen Energie«,3 die ihm »Eingaben« ermöglichten, durch die außergewöhnliche Gedanken in die Welt kommen konnten. Eine Zitatesammlung, wie in diesem Buch, soll keinesfalls davon abhalten, die Bücher zu lesen, sondern dazu anregen, sie zu lesen! Das Lesen dieser Zitate kann daran erinnern, ein Thema neu zu denken und zu bearbeiten. So können Sätze oder Abschnitte das innere Feuer für ein tieferes Studium von Bennetts Gedanken neu anfachen und für den individuellen geistigen Weg Anregungen geben.

Ich habe alle Zitate thematisch und alphabetisch geordnet und zu jedem Thema eine kurze Einleitung geschrieben, damit der Kontext der Gedanken und Ideen verständlich wird. Die Sortierung nach Themen hilft darüber hinaus, bestimmte Ideen leichter zu finden. Selbstverständlich ist meine Auswahl subjektiv, von meinem spirituellen Lebensweg bestimmt. Nicht alles, was erwähnenswert wäre, konnte ich verwenden, weil dazu der gesamte Kontext und die ausführlichen Erläuterungen von Bennett fehlen.

Dieses Zitatebuch »erspart« dir, liebe Leserin, lieber Leser, vielleicht die mühsame Sucherei, wenn du dich gerade mit einem dieser Themen beschäftigst. Wie Bennett schrieb: »Dem wahren Lehrer oder geistigen Führer geht es darum, anderen zu helfen, ihre Entscheidungen selbst zu treffen und für sich verantwortlich zu werden.«4. In diesem Sinne lege ich den Umgang mit all diesen Gedanken in deine eigenen Hände. Die Arbeit, darüber nachzudenken oder etwas in die Tat umzusetzen, ist deine Arbeit!

Selbstverständlich kann diese Zitatesammlung nur einen kleinen Teil von Bennetts Gesamtwerk abdecken. Manche bedeutende Gedanken sind nicht in dieser Auswahl vertreten, zum Beispiel über die der sieben Welten und ihren Gesetzen. Diese Ideenwelt kann nur im größeren Zusammenhang verstanden werden, den Bennett ausführlich in Die inneren Welten des Menschen beschreibt und noch ausführlicher in seinem vierbändigen Werk The Dramatic Universe.

In meiner Zitate-Sammlung sind auch Texte aus englischen Büchern, die nicht übersetzt sind, oder aus unveröffentlichten Vorträgen, die Bennett gehalten hat.

In den jeweiligen Kapiteln finden sich auch einige Querverweise zur sonstigen Literatur von Gurdjieff, Ouspensky und anderen, die weiterführende Studien unterstützen können.

Mein herzlicher Dank gilt der Bennett-Familie, den Söhnen Ben und George und der Tochter Hero, die mein Projekt wohlwollend unterstützt haben. Ich bedanke mich auch für ihr Vertrauen, dass ich verantwortungsvoll die Zitate auf deutsch verwende.

Hinweis zum Gebrauch:

Die Quellenangaben der einzelnen Zitate stehen direkt beim Zitat mit Buchtitel und Seite. Die Buchtitel (mit der jeweiligen Abkürzung wie IW für »Innere Welten«) stehen ausführlich mit Verlag und Erscheinungsdatum auf den letzten Seiten dieses Buches in der Bibliografie, so dass jede/r den Kontext des Zitats mit weiteren Ausführungen von Bennett nachschlagen kann.

Bruno Martin, Winter 2018/19

1 Seine Kurzbiografie ist im Anhang

2 Hier im Buch abgekürzt als ASW

3 Siehe Kapitel »Energien« und auch »Kreativität«.

4 Transformation, 110

Anstrengung

Es gibt für spirituell Suchende eine große Falle: das Überanstrengungssyndrom. Die Falle ist sehr subtil, denn die Idee hinter einer Anstrengung oder sogar Überanstrengung kommt der Notwendigkeit recht nahe. »Arbeit an sich selbst« erfordert Anstrengung. Aber es ist eine besondere Art der Anstrengung. Man muss sein Bestes geben, doch für die Arbeit an der eigenen Entfaltung sind Wachheit und Ausgewogenheit mehr gefordert, als eine heldenhafte, verbissene Anstrengung. Askese, Disziplin und Körperbeherrschung mögen ein Stück des Weges notwendig und hilfreich sein, doch jede Technik erschöpft sich letztlich durch Gewohnheit oder an ihrem Selbstzweck. Bennett sagt in einem der folgenden Zitate, dass »ich mich sechzig Jahre lang mit der Illusion herumgeschlagen habe, dass das Unangenehme für uns besser sei als das Angenehme.«

Ein Zen-Meister sagte einmal dazu: »Es ist nicht wichtig, wie lange Du sitzen kannst. Ich habe Hühner tagelang auf Stangen sitzen sehen, und sie waren hinterher dennoch nicht erleuchtet.« Der Weg ist kein Leistungssport, er benötigt vielmehr Intelligenz.

Was ist dein Lebensziel? Ich nehme an, du möchtest zuallererst gute Gesundheit bis ins hohe Alter erreichen, glücklich sein, ein Leben mit viel Wärme, Liebe und eine zufriedene Partnerschaft, gute Freunde, auf die du dich verlassen kannst, einen erfüllenden Job und keine Geldsorgen. Diesen positiven Eigenschaften stehen jedoch meistens äußere Hindernisse entgegen. Doch die größeren Hindernisse liegen in dir selbst: Unzufriedenheit, Frustration, Langeweile, Sorgen, Zweifel, Ressentiments, Gereiztheit, Unruhe, Spannungen, Missmut, Ängste und vieles mehr.

»Glücklichsein« ist vor allem ein Zustand, in dem man vollkommen mit sich eins und in seinem inneren Sein verankert ist. Eine Anleitung zum glücklichen Leben nützt nichts, wenn du nicht bereit bist, die notwendigen, intelligenten Anstrengungen zu unternehmen, alle Faktoren zu überwinden, mit denen du dir selbst das Leben schwer machst.

Gurdjieff betonte, dass viele Menschen oft etwas versuchen, was »zu groß« für sie ist und nicht das machen, was mit ihrer eigenen Kraft erreicht werden kann. Wir sind in der Lage, unser inneres Muster zu erkennen. Unser Wesen wird uns auf den Weg führen, wenn wir nach innen hören und nicht allem nachgehen, was von außen auf uns wirkt oder die Aufmerksamkeit für das Wesentliche abzieht. Diese Art der Anstrengung bringt mehr als die Verstrickungen in »unnötiges Leiden«, weil wir bestimmte Dinge nicht erreichen. Wenn du einmal eine Sache gut gemacht hast, dann ist es das nächste Mal nicht mehr nötig, wieder dieselbe Anstrengung zu machen: es wird wie von selbst wieder richtig werden. Wir brauchen nur das Vertrauen, dass wir unsere Vorstellung, die aus unserem inneren Sein kommt, verwirklichen können.

Zitate

Ouspensky verdanke ich die Überzeugung, die mich bis zum heutigen Tag nicht verlassen hat, dass man bereit sein muss zu zahlen, wenn man irgendetwas von Wert gewinnen will. Dabei hat sich meine Einsicht, was »zahlen« wirklich heißt, tiefgreifend geändert. Ich hatte ursprünglich eine falsche Vorstellung, was mit »Über-Anstrengung« gemeint ist. Ouspenskys eigenes Beispiel, zwanzig Meilen in einem Schneesturm zu laufen, ließ in mir das Bild einer heroischen Handlung entstehen, in der man sich bis zur Grenze des Aushaltbaren treibt. Dieses Bild wurde gleichsam auf grundierte Leinwand gemalt, denn ich bin von meiner Mutter zu dem Glauben erzogen worden, dass Selbstverleugnung und Selbstverausgabung um ihrer selbst willen gut seien. Man muss sich in Acht nehmen, eine bestimmte Lehre nicht deswegen als richtig anzunehmen, weil man in der Kindheit entsprechend konditioniert worden ist. Der Dank, den ich meiner Mutter schulde, weil sie durch ihr eigenes Beispiel und Verhaltensregeln in mir die Überzeugung gefestigt hat, dass Faulheit uns zerstört und Toleranz eine der besten Tugenden ist, überwiegt bei weitem den Nachteil, dass ich mich fast sechzig Jahre lang mit der Illusion herumgeschlagen habe, dass das Unangenehme für uns besser sei als das Angenehme. (TF, 23-24)5

Das kreative Werk,6 über das wir sprachen, ist nicht einfach eine Art der Anstrengung; es ist eine Realität an sich, die ihren Ursprung in einer Quelle hat, die wir nicht direkt erfahren können. (IW, 247)

Die Arbeit hat viele Dimensionen, doch diese zerstreuen sich nicht in Anstrengung, Aufmerksamkeit oder Liebe; sondern es geht darum, wie diese möglich und fruchtbar für uns sind. Der wirklich Kern der Sache ist der »Geschmack des Werks«, das Schmecken des Unerwarteten, des Nicht-Mechanischen, des Bewussten, des Wirklichen. (7 Linien, 21)

Aber was hat eine Anstrengung mit der spirituellen Arbeit zu tun? Jeder muß Anstrengungen irgendeiner Art machen und die meisten sind nutzlos oder mechanisch. Wir müssen die Relativität der Ausrichtung bei Anstrengungen berücksichtigen. Ein Mensch kann Anstrengungen aus Furcht oder gewohnheitsmäßigem Gehorsam – wie ein Tier – machen. Er kann Anstrengungen von seiner äußeren Persönlichkeit her machen, um das Bild, das er von sich hat, aufzuwerten. Oder er kann von seinem inneren Wesen, d. h. seiner wahren Natur her arbeiten. Die reinste Form der Anstrengung ist, wenn ein Mensch einer echten Verpflichtung nachkommt. (7 Linien, 22)

Das bejahende Element der Anstrengung ist, wenn man vom Verstand her arbeitet. Der Verstand sagt »ja« und der Körper oder die Gefühle sagen »nein«. Aber es muß tiefer gehen. Unsere ganze automatische Natur sagt »nein« und nur das höhere Wesen im Menschen kann wirklich »ja« sagen. Wenn wir gegen die Zwänge des Interesses oder einer Abneigung arbeiten, kommt diese Bejahung von unserem höheren Selbst. Das höhere Selbst entspricht mehr dem wirklichen Ich als den niederen Teilen des Selbst, aber das niedere ist zu einem gewissen Grade auch »Ich«. (7 Linien, 22)

Um eine wirklich nützliche Anstrengung zu machen, müssen wir in der Lage sein, die Gelegenheit dafür zu sehen, das heißt, wir müssen genügend wach sein. (7 Linien, 24)

Arbeit durch Anstrengung und Arbeit durch das Empfangen von Hilfe können sich nicht gegenseitig ersetzen, aber beide Aspekte können in einer ganzheitlichen Tätigkeit gegenwärtig sein. Hilfe ist nötig um etwas Neues anzufangen und zu vollenden, aber ohne Anstrengung gibt es überhaupt keine Aktion. Die Kombination der beiden Seiten in uns gehört zur Realität der Synergie oder Zusammenwirkung, die für die Ganzheit des Werks notwendig ist. Weder ist das Werk etwas, was wir tun, noch etwas, was uns angetan wird. Wir können unserer Fähigkeit entsprechend an der Arbeit teilhaben. Diese Teilnahme ist manchmal eine Sache der Anstrengung und manchmal von empfangender Haltung abhängig. Wenn wir uns einseitig auf Anstrengung konzentrieren, werden wir insensitiv, wenn wir uns nur auf Hilfe verlassen, werden wir schwach. Es gibt viele praktische Gründe dafür, die beiden Aspekte in unserer eigenen Arbeit auszugleichen. (7 Linien, 24)

Bei der Arbeit an sich selbst ist eine Art der Anstrengung notwendig, die keinen gesellschaftlichen und anderen äußeren Zwecken dient. (7 Linien, 57)

In dem Moment, wo die Aufmerksamkeit auf etwas gerichtet wird, gibt es keine Anstrengung. Anstrengung kommt erst mit hinein, wenn wir versuchen, die Aufmerksamkeit zu halten. Diese Erfahrung, die wir selbst überprüfen können, zeigt uns, dass der Willensakt und die damit einhergehende schöpferische Tat nicht in der Zeit stattfinden. (IW, 50)

Bleibt die Frage, ob Anstrengung für die Vervollkommnung der Seele notwendig ist, oder ob sie allein durch Hingabe und Fügung erreicht werden kann. Ich glaube, dass Hingabe notwendig, Anstrengung aber obligatorisch ist. (SP, 258)

Der Ertrag einer inneren Arbeit ist immer unerwartet. Er erfolgt nicht den erwarteten Regeln von Ursache und Wirkung. Doch eine Anstrengung auf diesem Weg geht nicht verloren. Früher oder später bringt sie einen Ertrag.7

Anstrengungen werden nicht dadurch belohnt, dass sich etwas verändert, sondern weil sie Möglichkeiten für spontane Erfahrungen öffnen. (Way, 40)

(Ouspensky in Bewusstsein und Gewissen, 151: Bewusste Anstrengung ist die Anstrengung, die auf Verstehen beruht; zuallererst Verstehen ihrer Notwendigkeit und Verstehen ihrer Gründe, die sie notwendig machen. Der Hauptgrund für die bewusste Anstrengung ist Ihr Bedürfnis, die Wälle der Mechanisiertheit zu durchbrechen, des Eigenwillens und des Mangels an Selbsterinnern.)

5 Siehe auch: Ouspensky ASW, S. 341, Ausgabe 1966: »Sie müssen verstehen..., dass gewöhnliche Anstrengungen nicht zählen. Nur Über-Anstrengungen zählen... Diejenigen, die keine Überanstrengungen machen wollen, sollten lieber alles aufgeben und sich um ihre Gesundheit kümmern.« Siehe auch S. 509 in ASW

6 Siehe Kapitel »Werk«

7 Vergleiche: Shivapuri Baba, zitiert von JGB: »Disziplin ist keine Anstrengung. Disziplin gibt Kraft.« (in: Richtig Leben, 186)

Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit war ein zentrales Thema für Bennett insbesondere für die Praxis der »Arbeit an sich selbst«. Man kann nicht darüber »philosophieren«, man kann Aufmerksamkeit nur in allen möglichen Umständen erleben – oder auch nicht. Bennett brachte in einem unveröffentlichten Vortrag einen – wie ich finde – sehr interessanten Aspekt dazu: »Aufmerksamkeit ist keine leichte Sache. Niemand weiß genau, was sie ist. Ein Grund liegt darin, dass es unfreiwillige und absichtliche Aufmerksamkeit gibt... Wenn wir unsere Aufmerksamkeit nicht kontrollieren können, wird alles zufällig geschehen, ohne jegliche Absicht unsererseits.«8

Für Bennett war Aufmerksamkeit ein Ausdruck der Willenskraft.9 Wenn wir so arbeiten, dass uns gewöhnliche unbewusste Zustände und Abläufe bewusst werden, zum Beispiel die direkte Erfahrung von Gefühlszuständen, dann kann die Aufmerksamkeit diese Erfahrung umwandeln, so dass wir aufwachen, uns selbst tatsächlich wahrnehmen. Das ist der Beginn der Selbsterinnerung,10 der objektiven Erfahrung von sich selbst.

Das Geheimnis besteht darin, dass unsere Aufmerksamkeit aktiv an unserer Wahrnehmung beteiligt ist, nicht nur bei den Gedanken, sondern auch in allen anderen Teilen von uns. Dann bemerken wir auch, was in unseren unbewussten Teilen vor sich geht und möglicherweise auch in den höheren Zentren. Wir tendieren dazu, die Aufmerksamkeit zu sehr von den mentalen Assoziationen und von inneren wie äußeren Bildern gefangen nehmen zu lassen, die ständig vor unserem »inneren Spiegel« vorüberhuschen. Dieser Zustand bringt ein Ungleichgewicht in den Organismus: der Körper entwickelt Spannungen, weil wir nicht zentriert sind. Daraus folgt, dass die meisten einen großen Teil ihrer Zeit in einem unnatürlichen Zustand leben, der müde macht, ohne dass wir etwas tun oder etwas erreichen. In diesem Zustand sind wir geteilt zwischen einem Zustand zielloser Aktivität im Geist – Tagträume, unnütze Gedanken, Wiederholungen von inneren Gesprächen oder einfach das Nachgrübeln über Dinge, die irgendwie unsere Gefühle berührt haben, angenehmes oder unangenehmes. Gleichzeitig steht der Körper unter unbewusster Spannung, welche die Energie in mentale Assoziationen abzieht.

Gedankliche Abläufe können kaum direkt angehalten werden, weil sie einfach eine Gehirnaktivität sind. Die Neuronen feuern unablässig.

Es geht nicht darum, die Assoziationen anzuhalten, das erfüllt einen anderen Zweck und erzeugt eine andere Art der Energiekonzentration wie bei bestimmten Übungen.