Hausaufgaben ? Nein Danke! - Armin Himmelrath - E-Book

Hausaufgaben ? Nein Danke! E-Book

Armin Himmelrath

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Beschreibung

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Sie sind sozial ungerecht, pädagogisch fragwürdig und persönlich belastend: Hausaufgaben gehören seit Jahrhunderten zum Standardrepertoire von Lehrpersonen - dabei wird ihre Wirkung für den Lernprozess völlig überschätzt. Weil nicht alle Elternhäuser die gleiche Unterstützung bei den Hausaufgaben anbieten können, wirken sie sozial selektierend: Wer als Schülerin oder Schüler Probleme und nicht die richtige Hilfe im Hintergrund hat, verliert durch die Hausaufgaben - und nicht etwa trotz der Aufgaben - schnell den Anschluss an die Unterrichtsinhalte. Das zeigen Forschungen etwa des Wissenschaftszentrums Berlin. Ausserdem hat sich in der Pädagogik längst der Trend zu einem möglichst individuellen Lernen entwickelt - und diesem Ansatz widersprechen Hausaufgaben mit ihren gleichmacherischen Methoden völlig. Es wird also höchste Zeit, sich von diesem veralteten Instrument zu lösen - und stattdessen echte "Schulaufgaben" im besten Sinne des Wortes zu entwickeln und einzusetzen. Das Werk gliedert sich in vier Hauptteile: 1. Hausaufgaben - der nicht hinterfragte Standard 2. Sinnvoll oder Selektion? Hausaufgaben im Fokus der Wissenschaft 3. Praxiserfahrungen - so kann es anders laufen 4. Von Haus- zu Schulaufgaben: ein alternatives Gesamtkonzept

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Armin Himmelrath

Hausaufgaben – Nein Danke!

Warum wir uns so bald wie möglich

von den Hausaufgaben verabschieden sollten

ISBN Print: 978-3-03822-017-6

ISBN E-Book: 978-3-03822-020-6

1. Auflage 2015

Alle Rechte vorbehalten© 2015 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.com

Vorwort

32 Jahre Schulunterricht und damit auch 32 Jahre Hausaufgaben – auf diesen Erfahrungswert komme ich bis heute, was die Schulkarrieren meiner Kinder angeht. Jahre, in denen sie widerwillig und motzend am Küchentisch saßen und mich mit ihrer Lustlosigkeit zur Verzweiflung brachten. Jahre, in denen sie sich in ihre Zimmer zurückzogen, angeblich zum Erledigen der Hausaufgaben, um dann am nächsten Morgen doch noch ganz erschrocken festzustellen: „Oh, für Mathe hatte ich ja auch noch etwas auf!“ In denen sie gelegentlich bei Diskussionen die Frage stellten: „Warum können wir nicht viel weiter außerhalb der Stadt wohnen? Dann hätte ich Zeit, meine Aufgaben im Bus zu erledigen.“ In denen die Lehrer schriftlich und bei Sprechtagen mit mahnend gerunzelter Stirn darauf hinwiesen, dass die Sorgfalt beim Erledigen der Hausaufgaben doch etwas zu wünschen übrig lasse. Und in denen meine Kinder nicht selten, vor allem in jüngeren Jahren, regelrechte Telefonkonferenzen mit ihren Klassenkameraden veranstalteten, um herauszufinden, wie denn eine bestimmte Aufgabe eigentlich gemeint sei. Nein, viele Anlässe, sich über Hausaufgaben zu freuen, gab es aus meiner Perspektive als Vater nicht. Irgendwie waren sie halt zu erledigen, das entsprach schließlich auch meiner eigenen, schon länger zurückliegenden Schulerfahrung: Hausaufgaben müssen sein, gehören einfach zum Unterricht dazu und machen keinen Spaß.

Aber muss das wirklich so sein? Müssen sie wirklich als didaktisches Dogma Teil des Schullebens sein, unverrückbar und unhinterfragbar? Irgendwann setzte sich dieser Zweifel fest und je mehr ich zum Thema Hausaufgaben las und recherchierte, desto deutlicher wurde eine absurde Situation: Ja, die Hausaufgaben gehören zur Schule dazu – und nein, überzeugende Beweise dafür, dass sie etwas bringen, gibt es so gut wie gar nicht. All die schönen Floskeln vom eigenständigen Lernen und Arbeiten, von der Vertiefung des zuvor Gehörten, vom Festigen des Unterrichtsstoffs sind genau das: Floskeln, mit denen die Wirkungslosigkeit eines pädagogisch unsinnigen Instruments zugekleistert wird.

Es ist Zeit, die Hausaufgaben ganz grundsätzlich in Frage zu stellen. In Zeiten der Ganztagsschule besteht endlich die Chance, diesen Unsinn zu beenden – ein Schritt, der eigentlich schon vor Jahrzehnten hätte passieren sollen. Und um endlich zu eigenständigen Lernformen zu finden, von denen die Kinder, die Lehrer und die Eltern gleichermaßen profitieren.

Köln, im Oktober 2015

Armin Himmelrath

HAUSAUFGABEN – DER KAUM HINTERFRAGTE STANDARD

Vier Monate keine Hausaufgaben – die Wittmann-Studie aus den 1960er Jahren

Die Hausaufgaben-Debatte der 1980er Jahre

Das Hausaufgabenproblem ist uralt – ein historischer Rückblick

Aktuelle Versuche zur Abschaffung der Hausaufgaben in der Schweiz

Mehr Probleme als Lösungen – Originaltöne von Lehrerinnen und Lehrern im Internetforum

Gründe für die Hausaufgabenerteilung – Befunde aus der Schulforschung

Hausaufgaben als pädagogisches Problem Erfahrungen der Lehrer-Arbeitsgemeinschaft in Dingolfing

Hausaufgaben aus Sicht der Eltern

Hausaufgaben – Fragen und Antworten im Ratgeber eines Schulministeriums

Hausaufgaben vor Gericht

SINNVOLL ODER SELEKTION? HAUSAUFGABEN IM FOKUS DER WISSENSCHAFT

Stimmen aus der Wissenschaft – das Leid von Schülern und Eltern wird untermauert

Hausaufgaben in Ganztagsschulen

Hausaufgaben gehören als Schulaufgaben zurück an die Schule

Hausaufgaben als Selektionsinstrument – „Geld schießt Tore“

Fördern Hausaufgaben selbstständiges Lernen?

Hausaufgaben sind unwirksam und zudem Familienkonfliktherd

Hausaufgaben als fragwürdiges selbstreguliertes Lernen

Die Frustrationsschleife: Was am Vormittag in der Schule nicht verstanden wurde, gelingt am Nachmittag erst recht nicht

Zusammenfassend: Weder das Wissen noch die Selbstwirksamkeit wird erhöht

HAUSAUFGABEN – WER PROFITIERT? VON PÄDAGOGEN, PHILOSOPHEN UND POLITIKERN

Polemische Diskussionen

Hausaufgaben als Teil des ökonomistischen Bildungssystems

Der milliardenschwere Nachhilfemarkt im deutschsprachigen Raum

Ärmere Schüler erhalten schlechtere Noten

Pädagogische Schattenwirtschaft

AUS HAUSAUFGABEN SCHULAUFGABEN MACHEN – ES GEHT AUCH ANDERS

Abschaffung von Hausaufgaben – Entwicklung echter Schulaufgaben

Entkoppelung der Lernformen vom schulischen Unterricht und Lebensweltorientierung

Ausbau des Ganztagsunterrichts

Widerstand gegen die Abschaffung der Hausaufgaben in der Ganztagsschule in Frankreich

Fahrplan zu einer Schule ohne Hausaufgaben

Schlusswort

BIOGRAFIE

AUSGEWÄHLTE UND KOMMENTIERTE LITERATURHINWEISE

„Die Schulen haben von ihrem Einfluss und ihrer Anerkennung sehr verloren und an Misliebigkeit beim Publicum sehr zugenommen, seit sie so viel Gewicht auf häusliche Aufgaben gegeben und so ihr Lehrgeschäft ganz und gar ins elterliche Haus gelegt haben.“

Karl Gottfried Scheibert (1803-1898), Direktor der Stettiner Friedrich-Wilhelms-Schule

Vier Monate keine Hausaufgaben – die Wittmann-Studie aus den 1960er Jahren

Der Versuch war revolutionär, die tiefe Skepsis zu erwarten. Vier Monate lang ließ der Mülheimer Erziehungswissenschaftler Bernhard Wittmann Schüler aus dritten und sechsten Klassen in Duisburg in zwei Fächern keine Hausaufgaben machen. Die eine Hälfte bekam das Hausaufgabenverbot in Mathematik, die andere im Fach Deutsch bei Aufgaben zur Rechtschreibung. Kein Wunder, dass sich während des Versuchs immer mal wieder besorgte Eltern bei den Klassenlehrern meldeten: Ob es denn wirklich sein könne, dass die Kinder schon seit Wochen keine Matheaufgaben mehr bekommen hätten?

Wittmann wollte mit seinem Versuch und den sich anschließenden Leistungstests überprüfen, wie viele Fortschritte Hausaufgaben beim Lernen tatsächlich bringen. Und er kam, nach Auswertung der Testaufgaben, zu einem eindeutigen Resultat: „Hausaufgaben besitzen keinen materialen Bildungswert“, stellte der Pädagoge fest, „Hausaufgaben bewirken keinen Zuwachs an Kenntnissen und Fertigkeiten bei den Schülern.”

Bernhard Wittmann konnte belegen, dass nach dem viermonatigen Versuch die Drittklässler ohne Rechtschreibaufgaben im Rechtschreiben nicht schlechter waren als die Schüler, die Deutschaufgaben erhalten hatte. Auch im Fach Mathematik gab es keine Leistungsunterschiede zwischen Klassen mit und ohne Rechenaufgaben.

Die Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse ohne Matheaufgaben zeigten sogar durchgängig bessere Leistungen als die Schüler, die Hausaufgaben im Rechnen hatten erledigen müssen; bei den Hausaufgaben zur Rechtschreibung jedoch waren zwei von drei Schulklassen mit Hausaufgaben besser als die Klassen ohne Hausaufgaben.

Dabei handelt es sich bei der Duisburger Schulstudie mitnichten um eine aktuelle Untersuchung. Bernhard Wittmann hatte seine Versuche zur Leistungssteigerung durch Hausaufgaben bereits 1958 durchgeführt und ein paar Jahre später als Buch veröffentlicht1, 1965 berichtete der „Spiegel“ unter dem Titel „Spielerische Entleerung“2 darüber. Aus heutiger Sicht, mit dem Abstand von mittlerweile 50 Jahren, klingen die seinerzeit vorgebrachten Argumente zum Sinn und Unsinn von Hausaufgaben beklemmend aktuell: Von Förderung und Stärkung der Schüler reden die Befürworter und preisen die Hausaufgaben gar als probates Mittel gegen Lehrermangel und zu viel Stoff im Curriculum; vor nervlicher und zeitlicher Überbeanspruchung der Schülerinnen und Schüler warnen dagegen die Hausaufgaben-Skeptiker, verweisen auf überforderte Eltern und kommen aus juristischer Sicht gar zu dem Schluss, dass Hausaufgaben den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllen, weil sie außerhalb der Schule stattfinden und nicht unter den gesetzlichen Schulzwang fallen. Knapp fünf Jahrzehnte später – zur Bildungsmesse „didacta“ im Jahr 2013 – wird Elternvertreter Hans-Peter Vogeler vom Bundeselternrat feststellen: „Hausaufgaben sind Hausfriedensbruch. Überlegen Sie mal, wie viel Streit in eine Familie kommt durch Hausaufgaben, und wie das Zusammenleben beschädigt wird – dann wissen Sie, warum ich es pointiert Hausfriedensbruch nenne.“ Vogeler kommt allerdings zu einer insgesamt differenzierten Bewertung: „Wenn Hausaufgaben in einem Kontext sind, wenn sie eingebettet sind in Zusammenhänge und damit auch umgegangen wird und die Kinder auch erkennen, welchen Sinn es machen kann und wozu sie dienen können, dann kann man darüber reden.“

Doch zurück in die 1960er Jahre und zu Bernhard Wittmanns Studie mit Ruhrgebietsschülern. Zu der Untersuchung gehörten damals nämlich nicht nur die Leistungstests in Deutsch und Mathematik nach vier Monaten ohne Hausaufgaben, sondern auch eine Umfrage unter Eltern, Lehrern und Schülern zum Thema. Dabei bewerteten 96 Prozent der insgesamt 1567 befragten Schülerinnen und Schüler Hausaufgaben als „nötig“ und „nützlich“. Der Pädagoge allerdings hielt das für keine ehrliche Aussage: „Vater oder Mutter, aber auch die Lehrperson oder größere Geschwister sagen, Hausaufgaben seien notwendig“, so Wittmann, und dadurch würden die Kinder massiv beeinflusst, denn sie übernähmen „fast ausschließlich die Einstellung und Motivierung der Umgebung“. Doch den klaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz sollte es noch lange – sehr lange – dauern, bis die Debatte über den Sinn und Unsinn von Hausaufgaben wieder aufgenommen wurde.

Die Hausaufgaben-Debatte der 1980er Jahre

1982, also 22 Jahre später, war es erneut der „Spiegel“, der das Hausaufgabenthema aufgriff – in Form einer Titelgeschichte („Schularbeiten – Alptraum der Familie“) und unter der plakativen Überschrift „Hausaufgaben sind Hausfriedensbruch“3. Da war die Rede von Schülern, die mehr Stunden pro Woche beschäftigt waren als ihre Vollzeit arbeitenden Eltern; von strengen und leistungsorientierten Vätern und Müttern, die ihren Nachwuchs zu Hause noch durch zusätzliche Übungsstunden triezten, damit sie nur ja gute Schulleistungen erreichten; von der vermeintlichen alten Weisheit, dass nur Übung den Meister mache. Und schon damals, vor über 30 Jahren, stellten die Autoren fest: „Wissenschaftler haben erhebliche Zweifel an der gängigen Hausaufgaben-Praxis.“ Die Frage muss erlaubt sein: Warum um alles in der Welt hören wir dann heute immer noch dieselben, schon lange widerlegten Argumente? Warum sind die Hausaufgaben nicht längst flächendeckend abgeschafft, besser noch, schulgesetzlich verboten worden?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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