Heimat-Roman Treueband 23 - Sissi Merz - E-Book

Heimat-Roman Treueband 23 E-Book

Sissi Merz

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Beschreibung

Lesen, was glücklich macht. Und das zum Sparpreis!

Seit Jahrzehnten erfreut sich das Genre des Heimat-Bergromans sehr großer Beliebtheit. Je hektischer unser Alltag ist, umso größer wird unsere Sehnsucht nach dem einfachen Leben, wo nur das Plätschern des Brunnens und der Gesang der Amsel die Feierabendstille unterbrechen.
Zwischenmenschliche Konflikte sind ebenso Thema wie Tradition, Bauernstolz und romantische heimliche Abenteuer. Ob es die schöne Magd ist oder der erfolgreiche Großbauer - die Liebe dieser Menschen wird von unseren beliebtesten und erfolgreichsten Autoren mit Gefühl und viel dramatischem Empfinden in Szene gesetzt.

Alle Geschichten werden mit solcher Intensität erzählt, dass sie niemanden unberührt lassen. Reisen Sie mit unseren Helden und Heldinnen in eine herrliche Bergwelt, die sich ihren Zauber bewahrt hat.

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Alpengold 181: Sie wollte ihn halten
Bergkristall 262: Wenn ich Ja sag, dann aus Liebe
Der Bergdoktor 1719: Im Schatten der Berge
Der Bergdoktor 1720: Sein Heiratsantrag trieb sie fort
Das Berghotel 118: Im Sommer will ich fröhlich sein!

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © TunedIn by Westend61/shutterstock ISBN 978-3-7517-0917-0 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Sissi Merz, Rosi Wallner, Andreas Kufsteiner, Verena Kufsteiner

Heimat-Roman Treueband 23 - Sammelband

Inhalt

Sissi MerzAlpengold - Folge 181Wie die geringste Magd lebt die hübsche Neubauer-Lena auf dem prächtigen Hof ihres Onkels, und lange schon hat sie kein gutes Wort und keine liebevolle Geste mehr erfahren. Als der fesche David Roth ins schöne Riedenberg kommt und als Knecht auf dem Neubauer-Hof einsteht, fliegt ihm Lenas junges Herz im Sturm zu, und bald schon schmieden die beiden, unbemerkt von den Bauersleuten, süße Zukunftspläne. Niemand ahnt, dass David nicht der aufrechte, hilfsbereite Bursch ist, für den er sich ausgibt - am allerwenigsten Lena, denn viel zu schön klingen seine innigen Liebesschwüre! In Wahrheit aber verfolgt David nur seine eigenen egoistischen Ziele. Und als er unvermutet seine Chance gekommen sieht, da greift er zu ... und stürzt die arglose Lena in Unglück und Verzweiflung ...Jetzt lesen
Rosi WallnerBergkristall - Folge 262Sie hat es nicht leicht, die Lena. Sie lebt in beklagenswerten Verhältnissen, denn der Stiefvater hält mehr vom Wirtshaus als von der Arbeit, die Stiefschwester ist voller Gift und Neid, und die Mutter schweigt - um des lieben Friedens willen. Aber es gibt ein großes Glück in Lenas Leben, den Martin, einen kühnen, gut aussehenden Burschen, den sie von ganzem Herzen liebt. Sie werden bald heiraten, das Brautkleid hat Lena schon ... Doch dieses Glück ist ihr nicht vergönnt. Auf tragische Weise kommt Martin am Berg zu Tode, als er einem anderen helfen will, und Lenas Hoffnungen, ihre Träume, ihre Zukunft sind zerstört. Bis sie erkennt, dass Martin ihr ein Vermächtnis hinterlassen hat, das ihrem Leben einen neuen Sinn geben wird: Sie bekommt ein Kind von ihm. Neuer Mut keimt in Lena auf, neue Kraft. Für das Kind will sie leben, für es sorgen und es über alles lieben! Das Schicksal aber erlegt ihr eine weitere schwerste Prüfung auf ...Jetzt lesen
Andreas KufsteinerDer Bergdoktor - Folge 1719Dr. Burger und zwei Herzen, die aus Liebe bluten Von Andreas Kufsteiner Seit vielen Jahren verfolgt Vroni Moser der ungeklärte Tod ihres Bruders. Valentin war noch ein Kind, als er in den Bergen auf tragische Weise verunglückt ist. Es gab damals Hinweise darauf, dass jemand bei ihm war, aber die genauen Umstände konnten nie ermittelt werden ... Der furchtbare Verlust, an dem ihre Familie zerbrochen ist, überschattet Vronis Leben bis heute. So manche Nacht wacht sie zitternd auf, dann ist ihr Kissen nass von Tränen. Von Sebastian, ihrem Verlobten, kann sie allerdings keinen Trost erwarten. Er verlangt, dass sie die Vergangenheit endlich ruhen lässt - und das aus einem guten Grund ...Jetzt lesen
Der Bergdoktor - Folge 1720Der Bergdoktor und das traurige Geheimnis eines Madels "Es ist etwas Furchtbares passiert! Man hat meinen Bruder tot in der Achenschlucht gefunden ..." Lukas Palmberger steht noch sichtlich unter Schock, als er seiner Verlobten die schlimme Nachricht überbringt. "Er hat wohl die Nacht in der kleinen Waldhütte verbracht. Der Gendarm hat Andis Rucksack dort gefunden, außerdem noch Decken, Kerzen und eine Haarspange. Wahrscheinlich hat er sich heimlich mit einem Madel getroffen." Katrin spürt, wie eine kalte Hand nach ihrem Herzen greift. Ja, Andi Palmberger war in der vergangenen Nacht nicht allein. Sie hat in seinen Armen gelegen ...Jetzt lesen
Verena KufsteinerDas Berghotel - Folge 118Das neue Zimmermädchen ist ein Glückstreffer für das Berghotel: Luisa arbeitet fleißig, ist zuverlässig und hilft überall, wo sie gebraucht wird. Durch ihre bescheidene und freundliche Art ist sie überall beliebt. In ihrer Freizeit erkundet Luisa die schöne Umgebung des Zillertals. Sie will diesen Sommer in vollen Zügen genießen. Niemand ahnt jedoch, dass die Zwanzigjährige ein bitteres Geheimnis hütet - auch Erik Platzer nicht. Der verwitwete Naturfotograf macht im Berghotel Urlaub mit seinem neunjährigen Sohn Jonah. Nach mehreren unliebsamen Zusammenstößen seines Sohnes mit Lehrern und der Polizei setzt der verzweifelte Vater all seine Hoffnungen auf einen Ortswechsel, um Jonah endlich wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Erik und Luisa fühlen sich gleich zueinander hingezogen, als sie sich zum ersten Mal begegnen, doch beide kämpfen gegen ihre Gefühle an. Erik hat sich geschworen, nie wieder eine Beziehung einzugehen, und Luisa glaubt, dass Erik sie ohnehin verachten würde, wenn er wüsste, was sie vor der Außenwelt verbirgt ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Sie wollte ihn halten

Vorschau

Sie wollte ihn halten

Ergreifender Roman um ein vom Schicksal hart geprüftes Madel

Von Sissi Merz

Wie die geringste Magd lebt die hübsche Neubauer-Lena auf dem prächtigen Hof ihres Onkels, und lange schon hat sie kein gutes Wort und keine liebevolle Geste mehr erfahren. Als der fesche David Roth ins schöne Riedenberg kommt und als Knecht auf dem Neubauer-Hof einsteht, fliegt ihm Lenas junges Herz im Sturm zu, und bald schon schmieden die beiden, unbemerkt von den Bauersleuten, süße Zukunftspläne …

Niemand ahnt, dass David nicht der aufrechte, hilfsbereite Bursch ist, für den er sich ausgibt – am allerwenigsten Lena, denn viel zu schön klingen seine innigen Liebesschwüre! In Wahrheit aber verfolgt David nur seine eigenen egoistischen Ziele. Und als er unvermutet seine Chance gekommen sieht, da greift er zu – und stürzt die arglose Lena in Unglück und Verzweiflung …

Mit einem verträumten Blick schaute Lena Neubauer aus dem schmalen Kammerfenster in den Novembermorgen hinaus. Die Sonne war eben erst aufgegangen. Sie lugte hinter dem Aschenjoch, dem Hausberg von Riedenberg, hervor. Ihre goldenen Strahlen sorgten dafür, dass der nächtliche Nebel sich hob und die Sicht auf das schöne Tal im Oberbayerischen freigab. Nur einzelne Schleier umhüllten bald noch die dunklen Bergwälder oder sammelten sich in versteckten Senken. Doch die Sonne stieg höher und versprach einen angenehm milden Tag.

Der Herbst ließ sich in diesem Jahr Zeit, was Lena nur recht war. Das bildsaubere Madel von Anfang zwanzig mochte die kalte Jahreszeit nicht besonders.

Lena war ein Sommerkind, mitten im August, der heißesten Zeit des Jahres, geboren. Sie fror nicht gern, hatte im Winter ihren Platz direkt am Kachelofen. Doch wenn der Spätherbst eine verwunschene Stimmung in der Natur zauberte, dann kam das Madel schon ins Träumen.

Lena hatte bereits als Kind viel Fantasie besessen. Sie war klug und musisch begabt, hatte eine glockenhelle Singstimme. Lange war es her, dass sie daran geglaubt hatte, mit dieser Stimme Karriere als Sängerin machen zu können. Es hatte Menschen gegeben, die ihr dies vorausgesagt hatten. Doch das war Vergangenheit. Und die Vergangenheit war tot.

Ein harter Glanz trat in Lenas klare, graugrüne Augen, und sie begannen zugleich, verdächtig zu schimmern. Immer wenn sie an früher dachte, kämpften zwei Seelen in ihrer Brust: die eine, die vergessen wollte, weil es doch keinen Sinn hatte, Vergangenem nachzutrauen. Und die andere, die Sehnsucht hieß, die nach Träumen fragte und den Wunsch weckte, glücklich zu sein.

Lena seufzte leise. Sie wollte nicht an früher denken, denn die Erinnerung tat noch immer weh. Und sie fühlte sich zudem undankbar, wenn sie sich nach dem sehnte, was sie verloren hatte. Die Menschen, die sie aufgenommen hatten und bei denen sie lebte, hatten das nicht verdient, meinte sie.

Trotzdem gingen ihre Gedanken auf die Reise in die Vergangenheit, ohne dass sie es verhindern konnte. Während Lena ihr Bett machte und ihre Kammer aufräumte, dachte sie an früher.

Einst war sie ein lustiges kleines Madel mit Zahnlücke und hellbraunen Zöpfen gewesen. Mit den Eltern hatte sie in München in einer komfortablen Altbauwohnung gelebt mit hohen Decken und knarrendem Parkett.

Vera und Bernhard Neubauer hatten ihr einziges Kind von Herzen lieb gehabt und auch ein wenig verwöhnt. Bernhard war Ingenieur gewesen, irgendwie aus der Art geschlagen in einer Bauernfamilie. Die Neubauers waren aber stolz auf ihren klugen Sohn gewesen und hatten ihm nach der Matura ein Studium in München finanziert.

Freilich hatte Bernhard auch gejobbt, denn er wollte seine Eltern nicht über Gebühr strapazieren. Sein älterer Bruder Dominik, mit dem er sich immer gut verstanden hatte, war der Bauer auf dem Hof geworden und hatte noch vor ihm geheiratet. Seine Frau Ilse war Vera und Bernhard nicht sehr sympathisch gewesen.

Und auch Lena hatte die strenge, dürre Frau mit dem stechenden Blick nicht sonderlich gemocht. Ja, sie hatte sich sogar vor ihr gefürchtet und sich bei den wenigen Besuchen in Riedenberg lieber von ihr ferngehalten.

Lenas Gesangstalent war früh entdeckt worden. Schon in der Grundschule wurde der Musiklehrer auf sie aufmerksam. Und bald war klar, dass dieses Madel mit einer außergewöhnlich schönen Stimme gesegnet war.

Die Neubauers hatten für Lena eine erfahrene Gesangslehrerin gesucht, ihr Vater sparte sogar eine größere Summe an, damit das Madel nach dem Schulabschluss Gesang studieren konnte. Lena träumte schon mit acht Jahren davon, an der Oper zu singen.

So verlief ihre Kindheit beinahe märchenhaft behütet. Allerdings nur bis kurz nach ihrem zehnten Geburtstag. Was dann geschah, versetzte ihr nicht nur einen Schock, den sie lange nicht verwinden konnte, es änderte auch ihr Leben völlig.

Vera und Bernhard Neubauer gerieten an einem verregneten Herbsttag auf der Autobahn in eine Massenkarambolage. Ihr Wagen wurde von einem Lkw nahezu zerquetscht, das junge Ehepaar war auf der Stelle tot. Lena, die das Wochenende bei einer Freundin verbracht hatte, stand von einer Sekunde zur anderen völlig allein auf der Welt.

Als Bernhards Eltern von der Tragödie erfuhren, erlitt seine Mutter einen Schlaganfall, von dem sie sich nie wieder erholte. Nur wenige Monate später folgte sie ihrem Sohn.

Für Dominik war es keine Frage, seine kleine Nichte aufzunehmen. Er und seine Frau hatten bereits einen Buben, der drei Jahre älter als Lena war und den sie als Säugling adoptiert hatten. Ilse Neubauer war nicht sonderlich begeistert gewesen, das kleine Madel zu sich zu nehmen, hatte sich aber dem Wunsch ihres Mannes gefügt.

In der ersten Zeit gab sie sich sogar Mühe, der verstörten Waise ein klein wenig die Mutter zu ersetzen. Doch Lena fand nie Zugang zu der herben Frau und schloss sich mehr ihrem Onkel an. Mit Andreas verstand sie sich von Anfang an wunderbar. Die zwei waren ein Herz und eine Seele. Und daran hatte sich bis auf den heutigen Tag nichts geändert.

Lena war nach ihrem Umzug aufs Land von Onkel und Tante adoptiert worden und hatte die Schule mit der mittleren Reife beendet. Danach hatte sie die Haushaltsschule in Kiefersfelden mit gutem Erfolg besucht und half nun der Bäuerin bei allen Arbeiten im Haushalt. Sie war fleißig und geschickt, konnte gut kochen und die feinsten Kuchen backen.

Ihr Gesangstalent lebte Lena allerdings nur im Kirchenchor aus, denn an eine Ausbildung ihrer Stimme hatten ihre Adoptiveltern nie gedacht. Und Lena, bescheiden, wie sie war, hatte auch nicht danach gefragt.

Einmal war die Sprache darauf gekommen, da hatte die Bäuerin gleich kiebig reagiert.

»Hast du eine Ahnung, was du uns schon gekostet hast, Madel?«, war sie in die Offensive gegangen. Ihr Mann hatte sie bremsen wollen, doch das war ihm, wie meist, nicht gelungen. »Wir haben dich aufgenommen, dich gekleidet und ernährt. Wir haben dafür gesorgt, dass du einen Schulabschluss machst und noch dazu eine Ausbildung«, zählte sie engherzig auf. »War das net genug? Was verlangst du denn noch?«

»Nix«, hatte Lena schnell versichert und sich zugleich vorgenommen, nie wieder damit anzufangen.

Nun war ihre Kammer aufgeräumt, und sie ging nach unten, um in der Küche zu helfen. Lena bemühte sich, die Erinnerungen beiseitezuschieben. Sie lebte hier und jetzt. Und es war ja durchaus ein Glück gewesen, dass die Neubauers sie einst aufgenommen hatten.

Wie ihr Leben verlaufen wäre, hätte sie in einem Heim bleiben müssen, daran mochte sie lieber nicht denken. Sie wollte deshalb nicht länger in der Vergangenheit kramen. Und doch; ein kleiner Teil ihres Herzens fragte weiter nach dem »was wäre wenn« und auch danach, wie ihr Leben nun aussehen könnte, wenn die Eltern nicht gestorben wären und sie ihren Traum von einer Gesangskarriere hätte verwirklichen können …

***

Ilse Neubauer warf einen unwirschen Blick auf die Uhr.

Wo Lena nur so lange blieb? Sie schien zu trödeln, das schätzte die Bäuerin gar nicht, denn sie brauchte das Madel in der Küche. Ihr blasses, schmales Gesicht mit den stechenden Augen ruckte immer wieder zur Tür. Wenn Lena nicht bald kam, würde sie ihr Beine machen!

Die Bäuerin seufzte verächtlich. Das war alles die Schuld ihres Mannes. Er fasste Lena mit Samthandschuhen an, wo Strenge angebracht gewesen wäre. Das Madel sollte stets bescheiden und still bleiben, jene zuverlässige Arbeitskraft, die Ilse Neubauer im Laufe der Zeit zu schätzen gelernt hatte. Und es gab noch einen Grund, weshalb sie das Madel unterdrückte. Lena sollte nicht auf »dumme« Gedanken kommen.

Dass das Madel von sich aus um etwas bat, war nicht zu erwarten. Das hatte Ilse Lena gründlich ausgetrieben. Sie hatte rasch feststellen können, dass das Madel einen duldsamen Charakter hatte und leicht zu beherrschen war. Kam da aber ein Bursch hinzu, vielleicht sogar irgendwann ein Schwiegersohn, dann konnte es schon anders aussehen. Das wollte die Bäuerin so lange wie irgend möglich verhindern. Zumal es Dinge gab, die weder Lena noch ein potenzieller Ehemann zu erfahren brauchten.

Als das Madel die Küche betrat, warf Ilse ihr einen strengen Blick zu und wollte wissen: »Wo warst du denn so lang? Kein Mensch braucht eine halbe Stunde, um sein Bett zu machen und ein bisserl aufzuräumen. Du willst dich wohl vor der Arbeit drücken. Oder fühlst du dich net gut? Bist blass.«

»Es geht schon«, versicherte Lena und setzte sich an die Eckbank, um das Gemüse zu putzen und die Kartoffeln zu schälen.

Die Bäuerin schüttelte leicht den Kopf. »Was ist denn wieder los? Ich mag es net, wenn du so verstockt herumhockst. Sag mir sofort, was dir durch den Kopf geht, wird’s bald!«

»Nix. Ich hab nur ein bisserl an früher gedacht. Aber dann ist mir recht schwer ums Herz geworden. Ich glaub, es ist besser, wenn man die Vergangenheit ruhen lässt.«

»Das will ich meinen. Wenn du allerweil in alten Erinnerungen kramst, tust du uns damit auch unrecht, das sollte dir schon klar sein«, behauptete Ilse vorwurfsvoll.

»Aber ich mein es doch net bös. Und es käme mir nie in den Sinn …«, setzte Lena an, wurde jedoch sogleich von ihrer Adoptivmutter unterbrochen.

»Du meinst es nie bös, du Schaf. Trotzdem solltest du mal ein bisserl genauer nachdenken. Deine Eltern, Gott hab sie selig, sind schon lange tot. In all den Jahren, die du nun bei uns auf dem Hof lebst, solltest du dich wirklich eingewöhnt haben. Wir sind deine Eltern, Lena, auch wenn du schon großjährig bist.«

»Daran hab ich nie gezweifelt. Es tut mir leid …«

»Ja, schon gut. Da, bring das Haferl Kaffee zum Vater ins Arbeitszimmer. Er wird es brauchen können, muss heut den ganzen Tag hinter dem Schreibtisch sitzen. Und hernach kannst du dir überlegen, was für einen Nachtisch wir kochen.«

Lena lächelte ein wenig, als sie der Bäuerin die volle Kaffeetasse abnahm. Süße Nachspeisen waren ihre Spezialität, es machte ihr viel Freude, sie zuzubereiten. »Vielleicht Nockerln mit Zimt und Pflaumenmus?«

»Klingt gut«, meinte Ilse und wandte sich wieder dem Herd zu.

Lena verließ die Küche, um hinüber zum Arbeitszimmer des Bauern zu gehen. Dominik Neubauers Miene erhellte sich, als er sie gewahrte.

Er hatte seine Adoptivtochter vom ersten Moment an fest ins Herz geschlossen, wäre es nach ihm gegangen, dann wäre ihr bisheriges Leben anders verlaufen. Doch der gutmütige Bauer hatte sich in seiner Ehe nie so recht durchsetzen können. Ilse bestimmte stets, wo’s langging. Dass es dabei wenig Sinn hatte, wenn er aufbegehrte, wusste er aus Erfahrung.

»Mei, Lena, ich dank dir schön«, sagte er nun freundlich. »Du bringst ja einen rechten Sonnenschein in die Stube. Setz dich kurz her und sing mir was vor! Hernach gehen mir die Lohnabrechnungen gewiss wieder leichter von der Hand.«

Lena stellte den Kaffee auf dem Schreibtisch ab, zögerte aber, der Bitte des Bauern zu folgen. Der wusste gleich, was los war.

»Die Mama kann mal fünf Minuten lang auf dich verzichten. Jetzt setz dich her! Und wenn sie bös wird, dann nehme ich die Schuld auf mich, einverstanden?« Er zwinkerte ihr verschmitzt zu.

»Also schön.« Sie setzte sich auf die Schreibtischkante und überlegte kurz. Dann stimmte sie einen Choral an, der bei der letzten Probe des Kirchenchores gesungen worden war. Rein und hell klang Lenas schöne Stimme durch die Stube, ganz feierlich wurde es dem Bauern da ums Herz. Und auch ein wenig traurig.

Er bat Lena oft, ihm etwas vorzusingen, denn im Stillen hoffte er nach wie vor, dass ihre engelhafte Stimme auch das Herz der Bäuerin endlich erweichen konnte. Bislang war das leider nicht geschehen.

Dominik Neubauer war der Meinung, dass es eine Schande war, ein Talent wie das seiner Adoptivtochter nicht zu fördern. Schon oft hatte er deswegen mit Ilse gestritten. Sie dachte nicht daran, ihm nachzugeben, sie beharrte auf ihrem Standpunkt. Was hatte sie von einer Sängerin, wenn sie eine Hauserin brauchte?

Gegen dieses Argument kam Dominik nicht an. Höchstens mit der Güte seines Herzens, der christlichen Nächstenliebe, die der Hochwürden am Sonntag in der Kirche predigte. Doch beides zählte für seine Frau erst an zweiter Stelle. Das Geld regierte ihr Denken.

Manchmal fragte der Bauer sich, ob Ilse vielleicht statt eines Herzens eine kleine Rechenmaschine in der Brust versteckt hatte. Aber diese Frage kam ihm nie über die Lippen, denn ein Streithansel war er gewiss nicht, im Gegenteil. Wenn er eine Schwäche hatte, dann war es seine viel zu große Nachgiebigkeit.

Lena war verstummt, und Dominik seufzte impulsiv auf.

»Das hast du wunderschön gesungen«, lobte er. »Unser Kantor kann sich glücklich schätzen, solch ein Talent im Chor zu haben.«

»Ich darf heuer vielleicht auch das Ave Maria zu Weihnachten singen«, verriet Lena ihm nun zögernd. »Aber, bittschön, sag es net der Mama. Sie wird schimpfen, wenn sie es erfährt, und mir vorwerfen, dass ich hochmütig bin.«

»Das bist du ganz gewiss net, Madel«, versicherte der Bauer ihr bekümmert. »In vielem erinnerst du mich an den Bernhard selig. Du hast sein gutes Herz und sein geduldiges Wesen. Aber einmal solltest du auch an dich selbst denken, net immer nur an die anderen, das ist nicht recht.«

»Doch, ist es schon. Ich hab euch so viel zu danken.«

Dominik schaute Lena nun ganz seltsam an. Fast schien es ihr, als wollte er ihr etwas sagen, es aber nicht fertigbrachte. In diesem Moment rief die Bäuerin aus der Küche ärgerlich nach ihr. Rasch erhob Lena sich, lächelte dem Bauern zu und war im nächsten Moment schon aus der Stube gehuscht.

Es ist und bleibt eine Schande, was wir dem Madel angetan haben, dachte er bedrückt. Wenn ich es nur ändern könnte …

***

Wenig später versammelten sich Bauersleute und Gesinde um den großen Tisch im Esszimmer. Andreas, der Jungbauer, hatte den ganzen Vormittag im Stall geschafft. Nun saß er zur Linken seines Vaters am Tisch und nutzte die Gelegenheit, etwas mit ihm zu besprechen. Er war ein großer, stattlicher Bursch mit dichtem, hellbraunem Haar und tiefblauen Augen. Er hatte ein ruhiges Gemüt und war allseits beliebt.

»Wir brauchen noch einen Holzknecht«, ließ er nun anklingen und wechselte einen kurzen Blick mit Kastian Wedel, dem Großknecht. Der hatte sich den ganzen Morgen darüber beschwert, dass auf dem Hof zu viel Arbeit liegen blieb, wenn alle Mann im Wald beim Brennholzeinschlag waren.

Dominik hatte sich das schon gedacht. »Wir hatten im Sommer zu wenig Saisonkräfte und auch keinen, der hätte bleiben wollen«, stellte er fest. »Ich hab damit gerechnet, dass uns jetzt einer fehlt. Am besten geben wir eine Anzeige im Bauernblatt auf.«

»Geht’s net auch so?«, mischte sich Ilse Neubauer unwillig ein. Ein weiterer Knecht bedeutete für sie nur ein weiteres Gehalt, das jeden Monat zu zahlen war. »Im letzten Jahr sind wir sogar mit einer Kraft weniger ausgekommen, als der Bimberl sich den Fuß gebrochen hatte.«

»Mei, Mama, da hatten wir aber noch zehn Kühe weniger im Stall. Die Arbeit wächst, und es wird schwieriger, gescheite Kräfte zu finden. Wer will denn heutzutage noch in der Landwirtschaft arbeiten?«

»Was ist daran auszusetzen?«, hielt seine Mutter ihm entgegen. »Er ist eine anständige Arbeit, die anständig bezahlt wird. Wir liegen ja auch net den ganzen Tag im Bett. Wer ordentlich was wegschafft, wird auch entsprechend entlohnt.«

Andreas lächelte schmal. »Wie wär’s, Mama, komm du doch einmal mit in den Forst und hilf uns …«

»Ich glaub, du willst mich auf den Arm nehmen. Das mag ich net«, tuschte sie ihn nieder. »Von mir aus stellt halt noch einen Holzknecht ein. Aber bittschön nur mit einem Zeitvertrag. Nachher werden wir den nimmer los, wenn hier nix mehr für ihn zu tun ist.«

»Arbeit gibt es hier allerweil genug«, versetzte der Bursch.

Seine Mutter schien da anderer Meinung zu sein, schwieg aber, denn sie wusste, dass Andreas sehr stur sein konnte. Waren sie verschiedener Meinung, gab er nie nach. Und das gefiel der Bäuerin, die immer das letzte Wort und sowieso stets recht haben wollte, gar nicht …

Am frühen Abend war Lena noch damit beschäftigt, das Geschirr vom Nachtmahl abzuspülen. Sie sang dabei leise vor sich hin und schrak zusammen, als plötzlich Andreas neben ihr stand. Er drückte ihr ein Busserl auf die Wange und lobte: »Schön hast du gesungen. Ich könnte dir den ganzen Abend lang zuhören.«

»Da würde die Susanne dir gewiss was anderes erzählen«, scherzte sie und bemerkte, dass er sich umgezogen hatte. »Im guten Loden? Dann macht ihr wohl net nur einen Spaziergang.«

»Wir fahren nach Kiefersfelden in ein Lokal. Und hernach gehen wir noch ein bisserl tanzen.«

»Das klingt aber net gerade begeistert.«

Andreas seufzte. Vor einer Weile hatte er sich mit der verwöhnten Hoftochter Susanne Moosgruber verlobt. Er war sehr verliebt in das schöne Madel, gab sich deshalb viel Mühe, ihr alles recht zu machen. Schließlich wusste er, dass sie hohe Ansprüche stellte. Und dass sie aus all ihren Verehrern gerade ihn ausgesucht hatte, das war schon so etwas wie eine Auszeichnung.

Trotzdem war Andreas mehr fürs Einfache, er ging gern kraxeln, begnügte sich unterwegs mit einer Brotzeit und zog einen Sonnenaufgang in den Bergen jedem Kinofilm vor. Für Susanne musste es aber immer etwas Neues, etwas Besonderes sein, sonst langweilte sie sich schnell.

»Ich wäre lieber daheimgeblieben. Aber du kennst ja die Susanne«, meinte er ergeben.

»Ja, die kenne ich«, kam es vielsagend von Lena.

Andreas horchte auf. »Stimmt was net? Das hast du gerade so komisch gesagt«, wunderte er sich.

Das Madel lächelte schmal. »Was soll net stimmen? Zwischen euch stimmt doch alles, oder?«

Sie warf Andreas einen fragenden Blick zu, und als der junge Mann nickte, schwieg sie sich aus. Dass sie Susanne Moosgruber schon des Öfteren mit anderen Burschen im Dorf gesehen hatte, behielt Lena lieber für sich. Sie wollte Andreas keinen Kummer bereiten. Und im Grunde gab sie auch nicht wirklich viel auf ihr eigenes Urteilsvermögen. Die Bäuerin hatte sie oft genug als »Dummerle« bezeichnet.

Vielleicht war ja alles ganz harmlos, und sie machte sich völlig unnütze Sorgen.

»Dann fahr ich jetzt, will die Susanne net warten lassen.« Er lächelte ihr warm zu. »Und du machst hoffentlich auch bald Feierabend. Man kann es auch übertreiben mit dem Fleiß.«

Sie erwiderte sein Lächeln. »Ich bin eh gleich fertig. Viel Spaß heut Abend!«

Während Lena noch eine Weile in der Küche herumwerkelte, fuhr Andreas zum Moosgruber-Hof am anderen Ende des Dorfes.

Nach dem sonnigen und noch angenehm milden Tag war es nun empfindlich abgekühlt, und der Nebel stieg wieder aus den Senken auf. Weit im Norden ragten die Zillertaler Alpen in den Abendhimmel. In entgegengesetzter Richtung umschloss das breite Band der Innschleife das Tal von Riedenberg. Dahinter lagen Kiefersfelden und östlich Oberaudorf und das Aschenjoch. Und im Westen schließlich fand sich der Hechtsee, hinter dem sich der steile Fels des Pendling auf fast zweitausend Meter erhob.

Es war eine liebliche Landschaft, umgeben von den majestätischen Gipfeln des Alpenlandes. Andreas war hier geboren und aufgewachsen und fühlte sich fest verwurzelt in seiner Heimat.

Während er sich dem prächtigen Moosgruber-Hof näherte, dachte er einmal mehr über seine Gefühle für Susanne nach. Er hatte sich quasi auf den ersten Blick in das grazile Madel mit dem glänzenden blonden Haar und den klaren, rehbraunen Augen verschaut. Susanne war sehr charmant und hatte eine Ausstrahlung, die jeden Burschen zum Träumen brachte. Kein Wunder, dass sie stets eine ganze Schar von Verehrern im Schlepptau gehabt hatte.

Vor nicht ganz einem Vierteljahr hatte sie dann nur noch Augen für Andreas gehabt. Zuerst hatte er dies für eine Marotte gehalten. Aber als ihm klar wurde, dass sie es ernst meinte, da hatte er sein Glück kaum fassen können. Das schönste Madel im Tal war nun sein.

Die Eltern hatten sich über seine Wahl gefreut, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während der Bauer einfach nur froh war, dass sein Sohn offenbar die Rechte gefunden hatte, die ihn glücklich machte, ging es der Bäuerin freilich um die Partie.

Und es war eben nicht zu leugnen, dass Susanne Moosgruber nicht nur das schönste Madel in Riedenberg war, sondern zudem auch noch die beste Partie. Sie war das einzige Kind des Moosgruber-Bauern und würde einmal alles erben: den großen Hof samt Viehbestand und Land, einen weitläufigen Forst und ein halbes Dutzend Almen.

Für Andreas war die reiche Mitgift eher ein Hinderungsgrund gewesen, denn er wollte sich nicht nachsagen lassen, dass er aufs Einheiraten ausging. Dieser Gedanke war ihm zuwider.

Susanne bewunderte ihn für diese Haltung. Zumindest sagte sie das. Ob es wirklich stimmte, wusste er nicht. Jetzt, da sie verlobt waren und die erste Zeit der Verliebtheit hinter ihnen lag, fragte der Bursch sich manchmal im Stillen, ob er denn tatsächlich die richtige Wahl getroffen hatte.

Sein Herz schlug nach wie vor für Susanne. Wenn sie in seiner Nähe war, dann hing der Himmel für ihn voller Geigen, und er hatte das Gefühl, auf Wolken zu schweben. Aber die Frage, wie sie im Alltag harmonieren würden, die stellte sich ihm nun öfter, da der Verlobungszeit zwangsläufig bald die Hochzeit folgen sollte.

Manchmal erschien Susanne ihm oberflächlich. Und ob sie eine gute Bäuerin abgeben würde, das wagte er doch zu bezweifeln. Ihre Mutter hatte sie sehr verwöhnt, ihr von klein auf alles abgenommen. Nie hatte sie selbst etwas tun müssen, für alle Bedürfnisse waren Angestellte da.

Als Andreas diese Zweifel einmal seiner Mutter gegenüber hatte anklingen lassen, da war diese sehr erstaunt gewesen.

»Das darfst du der Susanne aber net vorwerfen. Und sie kann es sich ja auch leisten. Geld ist schließlich genug da. Mehr als hier bei uns allemal.« Und mit einem grantigen Seufzer hatte sie noch hinzugesetzt: »Ich hätte mir manchmal auch mehr Personal gewünscht. So schön ist die Arbeit schließlich net.«

Der Jungbauer hatte erwartet, dass seine Mutter kritischer reagieren und seine Zweifel verstehen würde. Doch sie sah nur das große Erbe, alles andere schien ihr einerlei zu sein.

***

Andreas hielt nun im Wirtschaftshof der Moosgrubers und stieg aus. Er musste am Klingelstrang ziehen, obwohl Susanne ihn erwartete, und dann eine Weile wie ein Bittsteller warten. Es war jedes Mal das gleiche Spielchen, egal, ob sie verabredet waren, oder er einfach spontan vorbeikam.

Die Hoftochter öffnete ihrem Verlobten nie selbst die Tür, das machte stets eine Magd. Auch an diesem Abend ließ sie Andreas ein und bat ihn in die gute Stube.

Zenzi Moosgruber saß auf dem Sofa, ihr Mann war wieder einmal nicht daheim. Alois hatte so viele Ehrenämter, dass er kaum einen Abend in den eigenen vier Wänden verbrachte. Ständig spann er Fäden und arbeitete an diversen Seilschaften, die dafür sorgen sollten, dass seine sowieso schon sehr erfolgreichen Geschäfte noch besser liefen.

Seine Frau verbrachte die Abende meist vor dem Fernseher oder ging einem ihrer Hobbys nach; vom Golfen bis zum Hallentennis betrieb sie alles, was fit und schlank hielt. Sie war eine gut erhaltene Blondine mit dem Flair einer begüterten Geschäftsfrau. Die Bäuerin sah man ihr nicht wirklich an. Mit einem kühlen Lächeln begrüßte sie Andreas und bat ihn, sich kurz zu setzen.

»Die Susanne kommt gleich. Sie konnte sich mal wieder net entscheiden, was sie anziehen soll.«

»Wir haben für acht Uhr einen Tisch bestellt«, gab Andreas zu bedenken, doch seine Schwiegermutter in spe brachte er damit nicht aus der Ruhe.

»Sie kommt schon, nur Geduld! Magst du derweil noch ein Glaserl Wein mit mir trinken?«

Obwohl es dem Burschen jetzt nicht danach war, traute er sich doch nicht, die freundliche Einladung abzulehnen. Zenzi Moosgruber war schnell beleidigt. Und er wollte sie nicht gegen sich einnehmen, denn sonderlich begeistert war sie von der Wahl ihrer Tochter nicht.

Andreas vermutete, dass sie erst einmal abwarten wollte, ob Susanne sich nicht doch noch anders entschied. Schließlich war das Madel schon einmal verlobt gewesen. Allerdings nur für ein paar Wochen und unter der Hand. Die Eltern hatten die unstandesgemäße Partie ohne viel Aufhebens in die Wüste geschickt.

»Gern, wenn ich darf«, sagte er artig und setzte sich.

Eine Magd brachte Wein und einige Knabbereien. Offenbar würde Susanne noch länger brauchen. Andreas ergab sich geduldig in sein Schicksal und plauderte freundlich mit ihrer Mutter.

Die wollte schließlich wissen: »Wann wird denn deine Schwester nun ihre Gesangsausbildung beginnen? Hochwürden hat neulich so eine Andeutung gemacht. Der Herr Kantor ist ja vollkommen entzückt von ihrer Stimme. Sie soll heuer sogar das Ave Maria im Weihnachtsoratorium singen, hab ich gehört.«

»Tatsächlich? Da wissen Sie mehr als ich.« Andreas lächelte schmal. »Die Lena hat schon eine schöne Stimme. Aber ausbilden lassen will sie die net, soviel ich weiß. Das Singen ist für sie doch nur ein Hobby.«

»Ach ja?«, wunderte die Moosgruberin sich. »Das ist aber eine Schande. Wenn jemand so begabt ist …«

»Sie ist auch bescheiden und recht zufrieden mit ihrer Arbeit im Haushalt, denke ich mir.«

»Und einen Freund hat sie gewiss auch, oder?«

Der Jungbauer zögerte kurz, denn er spürte plötzlich eine Gefühlsaufwallung, die ihm bislang fremd gewesen war. Was mochte das sein? Es brannte in seinem Herzen wie ein Feuer, ein ziehender Schmerz nahm ihm den Atem, und er hatte Mühe, nach außen hin ruhig zu bleiben.

Die Lena und ein anderer Bursch? Diese Vorstellung gefiel ihm ganz und gar nicht. Und es dauerte nicht lange, bis Andreas begriff, was ihn da schüttelte: Es war die Eifersucht!

Glücklicherweise erschien nun endlich Susanne. Zauberhaft wie immer im hellen Dirndl, das blonde Haar kunstvoll geflochten, schaute sie aus wie eine Prinzessin der Berge und zog sogleich die ganze Aufmerksamkeit ihres Verlobten auf sich.

Vergessen waren Lena und seine jäh aufwallende Eifersucht. Er begrüßte seine Liebste mit einem Busserl und drängte gleich zum Aufbruch. Freilich vergaß er nicht, sich von ihrer Mutter höflich zu verabschieden, wie es sich gehörte, und auch einen Gruß an den abwesenden Bauern zurückzulassen.

Als sie dann in seinem Auto in Richtung Kiefersfelden fuhren, seufzte Susanne: »Mei, war das heut wieder fad! Den ganzen lieben langen Tag hab ich nix Rechtes anfangen können bei dem öden Wetter. Hoffentlich wird’s wenigstens ein schöner Abend!«

»Das verspreche ich dir, Schatzerl«, meinte Andreas und lächelte ihr jungenhaft zu. »Wirst sehen, es wird prima. Wir gehen gut essen, und hernach bummeln wir noch durch die Stadt.«

»Was? Bummeln? Geh, wie fad! Ich möchte tanzen gehen, das hatten wir doch ausgemacht«, erinnerte sie ihn.

»Wenn du unbedingt willst …«

»Schon. Aber du musst net mitkommen, wenn du net magst.«

»So? Dann unternehmen wir was anderes?«, erkundigte er sich erleichtert, denn vom Tanzen hielt er so gar nichts.

»Du kannst tun und lassen, was du willst«, belehrte sie ihn hochnäsig. »Ich geh tanzen. Gewiss finde ich einen, der mich begleitet. Damit hatte ich noch nie Probleme …«

Andreas trat voll auf die Bremse und brachte seinen Wagen am Straßenrand zum Stehen. Susanne schrie erschrocken auf. Noch ehe sie sich aber beschweren konnte, erklärte er: »Das kann net dein Ernst sein. Wenn du das wirklich vorhast, dann drehe ich auf der Stelle um und bringe dich heim. Ist dir überhaupt bewusst, was es heißt, verlobt zu sein?«

Sie musterte ihn ironisch. »Mei, entspann dich! Das war doch nur ein harmloser Scherz. Musst du immer gleich durch die Decke gehen?«

Er starrte sie ärgerlich an und fuhr weiter. Susanne schmiegte sich mit einem zufriedenen Lächeln an ihn. »Ach, Andi, manchmal mein ich fast, du hast überhaupt keinen Humor. Sei doch net allerweil so ernst! Lach mal!«

Andreas bedachte sie mit einem knappen Blick und knurrte: »Das tust du ja schon für uns beide. Ich denk mir, das reicht.«

***

»Na, Schatzerl, wie war’s gestern Abend? Hast du dich auch gut amüsiert?«, wollte Alois Moosgruber am nächsten Morgen beim Frühstück von seiner Tochter wissen.

Diese hob nur die Schultern und meinte wenig begeistert: »Na ja, es war ganz net. Wie immer halt.«

Der Großbauer warf seiner besseren Hälfte einen vielsagenden Blick zu. Er hoffte im Stillen, dass es nichts werden würde mit dem Neubauer-Buben, denn er hatte eigentlich einen anderen Hochzeiter für seine Einzige im Sinn. Einen, der mehr mitbrachte als den Hof und das bisserl Vieh. Doch er hütete sich davor, Susanne Vorschriften zu machen. Das hatte seinerzeit schon bei ihrer Mutter nicht funktioniert.

Alois wusste, auf welche Knöpfe er bei seinen beiden Damen drücken musste, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Und dass es manchmal am besten war, den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen. Das glaubte er auch in diesem Fall.

Susanne schaute jetzt schon gelangweilt aus. Über kurz oder lang würde sie sich einem anderen zuwenden. Und da Andreas Neubauer sich nicht an der Nase herumführen ließ, würde das dann das Ende vom Lied sein.

Im Grunde war der Bursch dem Großbauern sympathisch. Er hatte einen aufrechten Charakter, war klug und fleißig. Aber das konnte für ihn nicht alles sein, denn Alois dachte in dem Punkt ganz ähnlich wie Ilse Neubauer. Es kam in erster Linie aufs Geld an. Denn allein darauf baute sich seiner Meinung nach ein solides Ehefundament auf. Und wenn es mal wo hakte, ließ sich das mit großzügigen Geschenken am einfachsten beheben.

»Hast du den Andi noch recht von Herzen lieb? Ich will’s hoffen, denn ein Ehegelübde ist heilig, das darf man net brechen, sonst landet man am Ende in der Hölle auf dem großen Grill vom Luzifer und wird knusprig gebraten …«

»Lois, ich bitte dich! Was sind denn das für Reden?«, monierte seine Frau ungehalten.

Doch er lachte nur und behauptete: »Ich sag’s, wie es ist. Das hat noch keinem geschadet. Und wenn es mir um das Seelenheil unserer Tochter geht, werde ich auch mal deutlich.«

»Keine Sorge, Vater, ich werde gewiss net sündigen, wenn es mal so weit ist«, scherzte das Madel mit verhaltener Ironie in der Stimme. »Der Andi ist schon recht, wir werden ganz bestimmt sehr glücklich miteinander werden.«

»So soll es sein«, schnaufte der Großbauer.

Wenig später verließ Alois das Haus und fuhr mit seinem protzigen Jeep fort. Angeblich fand mal wieder eine Sitzung irgendeines Komitees statt. Zenzis Blick hatte allerdings Bände gesprochen, als ihr Mann sich mit einem flüchtigen Busserl von ihr verabschiedet hatte.

Vermutlich hat der Vater ganz anderes im Sinn, dachte Susanne. Und wenn die Mama sich beschwert, dann gibt’s ein neues Schmuckstück oder ein teures Dirndl. Und das war dann die viel gelobte glückliche Ehe …

Die Hoftochter spazierte ein wenig durch den gepflegten Garten und setzte sich auf eine Bank. Früher waren hier Obst und Gemüse angebaut worden. Susanne erinnerte sich noch gut daran, wie die Großmutter selig lange Reihen von Kohl, Salat und Stangenbohnen geerntet hatte. Etwas weiter entfernt neben dem ehemaligen Trockenplatz für Wäsche hatte sich dem Garten eine Streuobstwiese angeschlossen mit Äpfeln, Birnen, Pflaumen und Marillen und allerlei Beerenobst. Herrlich war das gewesen, vor allem im Frühling, wenn alles blühte und süß duftete und im Sommer, wenn die Früchte einem in paradiesischer Manier sozusagen in den Mund gewachsen waren. Das alles war vorbei.

Die Mutter hielt nichts von eigenem Gemüseanbau. Und eingemachtes Obst mochte sie nicht. Alle Lebensmittel, die auf dem Hof verbraucht wurden, kamen einmal die Woche per Lieferwagen vom Feinkosthändler in Kiefersfelden.

Aus dem Gemüsegarten war ein formaler Garten geworden, große Quadrate englischen Rasens wechselten sich mit Kiesflächen und Buchshecken ab. Es gab klassische Skulpturen aus Stein, einen verspielten Springbrunnen und Obelisken aus Eisen, die unzählige Kletterrosen vorteilhaft zur Geltung brachten.

Die Wäsche wurde heutzutage in den Trockner gegeben, dafür fand sich auf dem ehemaligen Trockenplatz nun ein Badehaus, ein hölzernes Sonnendeck, sowie ein großer Schwimmteich.

Und auf der früheren Streuobstwiese grasten im Sommer edle Reitpferde. Zenzi Moosgruber liebte es, die Gutsherrin zu spielen. Als Bäuerin sah sie sich nicht. Und diese Einstellung hatte sie auch ihrer Tochter von klein auf eingeimpft.

Susanne ließ ihren Blick über den großen, gepflegten Garten schweifen und seufzte innerlich auf. Gewiss war das alles schön. Und gewiss hatte Andi sie lieb. Aber sollte das denn wirklich schon alles gewesen sein, was das Leben ihr zu bieten hatte? Das verwöhnte Madel sehnte sich nach ganz etwas anderem. Luxus und materielle Sicherheit waren für Susanne eine völlige Selbstverständlichkeit. Noch nie hatte sie auch nur einen Gedanken daran verschwendet. Dass alles da war, was sie wollte und brauchte, betrachtete sie als naturgegeben. Und dass alle Burschen im Tal ihr nachgerannt waren, ebenfalls.

Als sie Andreas erhört hatte, war sie sicher gewesen, eine gute Wahl zu treffen. Er war lustig, und mit ihm wurde es nie langweilig. So war es jedenfalls zu Beginn ihrer Beziehung gewesen. Doch seit sie verlobt waren, hatte der Bursch sich verändert. Direkt fad war er geworden, konnte sich kaum aufraffen, mal etwas zu unternehmen, und wollte von Neuem erst gar nichts wissen.

Dabei wünschte Susanne sich nichts mehr, als endlich aus ihrem geregelten Alltag auszubrechen. Sie wollte Abenteuer erleben, das Unerwartete, das Wilde und Gefährliche. Ein »echter Kerl« sollte sie auf seinem schweren Motorrad ins Ungewisse entführen. Sie wollte verrückte Dinge tun und nie ins Normale und Öde zurückkehren. Oder jedenfalls nicht so schnell.

Von diesen Wunschträumen wusste außer Susanne niemand etwas. Nicht einmal ihrer Mutter vertraute sie solche Gedanken an, denn sie wollte verhindern, dass diese ihr Vorhaltungen machte oder gar anfing, ihr zu misstrauen.

Das Madel wusste genau, was seine Eltern erwarteten. Sie sollte eine passende Partie machen und dann genauso leben, wie die beiden es ihr vormachten. Dabei ahnten sie nicht einmal, wie öde Susanne das fand. Ja, ihr graute richtig davor, so auf Sparflamme zu leben. Wo blieb die Leidenschaft, das Verrückte, das reine Gefühl, das wichtiger war als alles andere?

»Grüß dich, Susanne. Ist es dir hier net zu kalt?« Das war Simmerl, der Großknecht auf dem Hof. Er hatte schon länger ein Auge auf die schöne Hoftochter geworfen und nutzte jede sich bietende Gelegenheit für einen Flirt. Nun lächelte er ihr charmant zu und setzte sich einfach neben sie. »Soll ich dich vielleicht ein bisserl warmhalten?«

»Das tät dir gefallen, was?« Susanne erwiderte sein Lächeln abfällig. »Aber davon kannst du nur träumen.«

Als er trotzdem einen Arm um ihre Schultern legen wollte, versetzte sie ihm eine Watschen und blitzte ihn warnend an. »Zieh Leine, aber flott! Oder ich muss meinem Vater ein Lichterl aufstecken, was dich angeht.«

»Dass ich gern sein Schwiegersohn wäre? Ist denn das net legitim bei so einer wunderschönen, blonden Versuchung?«, schmeichelte er unverdrossen.

Susanne wunderte sich, wie leicht er die Watschen einsteckte. Doch Simmerl reizte sie nicht. »Gib lieber acht, einen, der einheiraten mag, brauchen wir net. Eh du dich’s versiehst, hast verspielt und kannst dir eine neue Stellung suchen.« Damit stand sie auf und marschierte hoch erhobenen Hauptes davon.

Simmerl schaute ihr begehrlich nach. »Na warte, Wildkatzerl«, murmelte er. »Dich krieg ich schon noch. Wenn der Neubauer erst spannt, was du für ein Biest bist, bin ich an der Reih …«

***

Ilse Neubauer machte ein ärgerliches Gesicht, als am Klingelstrang gezogen wurde. »Schon wieder! Nimmt denn das heut überhaupt kein Ende?«, murrte sie.

»Es wird sich noch einer vorstellen auf die Stelle als Holzknecht«, vermutete Lena. »Soll ich rasch aufmachen?«

»Geh halt, aber beeil dich! Wir sind heut eh schon spät dran mit dem Mittagsmahl. Und die Speckknödel wollen mir einfach net gelingen. Wie soll man bei dem ewigen Geklingel auch in Ruh seine Arbeit erledigen?«

Das Madel eilte zur Haustür, schlängelte sich dabei an mehreren Burschen vorbei, die noch im Flur warteten. Auf die Stellenausschreibung hatten sich mehr Bewerber gemeldet, als zu vermuten stand. Das mochte daran liegen, dass der Neubauer als fairer und ehrlicher Brotherr einen Namen hatte, oder vielleicht auch daran, dass es auf dem Hof eine überaus hübsche Hoftochter gab. Jedenfalls musterten die Burschen Lena interessiert, und auch ein leiser, anerkennender Pfiff ertönte, als sie zur Haustür ging.

Lena kümmerte sich nicht darum. Sie war viel zu schüchtern, um einen Burschen auch nur anzusehen. Und sie hatte immer Angst, etwas falsch zu machen und dadurch den Unmut der Bäuerin auf sich zu ziehen.

Als das Madel die Haustür öffnete, stand tatsächlich ein Bursch davor, der erklärte: »Ich komm auf die Anzeige.« Doch er war anders als die anderen. Lena starrte ihn einen Moment lang nur an. Ihr Herz schlug Kapriolen, in ihrem Bauch meldeten sich die viel zitierten Schmetterlinge. Während sie in diese haselnussbraunen Augen schaute, die sie freundlich und auch ein wenig verschmitzt betrachteten, wurde sie innerlich ganz weich. Und schwach. So etwas hatte das Madel noch nie erlebt!

»Lässt du mich ein, oder soll ich lieber wieder gehen?«, scherzte der Bursch nun und holte sie so auf den Boden der Tatsachen zurück. »Ich bin der David Roth. Und du?«

»Lena Neubauer«, erwiderte sie automatisch. Lena spürte, dass sie flammend rot wurde. Ihr Herz klopfte nun wie ein Schmiedehammer, und sie schämte sich, weil der gut aussehende Bursch sie gewiss für ein bisserl beschränkt hielt.

Falls er dies tat, ließ er es sich allerdings nicht anmerken, denn sein Lächeln wurde noch eine Spur intensiver, und er kniff ein Auge leicht zusammen, als er bat: »Drück mir die Daumen, meine Schöne! Hier möchte ich gern bleiben.«

Er kam nun ins Haus und ging dicht an ihr vorbei. Groß war er und sportlich. Sein dunkles Haar umrahmte ein markantes männliches Gesicht. Er brachte den Duft der frischen Luft mit in die Diele, und es schien Lena zugleich, als brächte er auch einen Hauch der großen weiten Welt auf den Hof.

Sie schaute ihm einen Moment lang versunken nach und ertappte sich bei dem Gedanken, wie schön es sein musste, in David Roths starken Armen zu liegen und von ihm geküsst zu werden …

»Lena! Träumst du?« Die strenge Stimme der Bäuerin brachte das Madel umgehend zur Besinnung.

Lena senkte den Blick und eilte zurück in die Küche. Ilse war ärgerlich. »Was hat denn da so lange gedauert? Geh, schau nach dem Braten und dann mach dich an die Nachspeise, aber fix!«

»Ja, ich …« Das Madel biss sich auf die Lippen und schwieg. Während Lena ihre Arbeit tat, dachte sie ununterbrochen an David Roth. Ob er die Stelle als Holzknecht wohl bekommen hatte? Sie würde es beim Mittagsmahl erfahren. Vielleicht saß er dann ja bereits mit am Tisch, womöglich sogar in ihrer Nähe …

Bei diesem Gedanken musste sie unwillkürlich versonnen lächeln. Ilse Neubauer gewahrte es und fragte ungehalten: »Warst du vielleicht am Enzian? Dein dummes Grinsen muss doch wohl einen Grund haben. Oder was ist sonst in dich gefahren?«

»Nix, ich hab nur an was denken müssen.«

»So? Und woran? Lass dir halt net die Würmerln einzeln aus der Nase ziehen! Sag jetzt, was los ist, Madel!«

»Ich hab den Schlagobers für das Dessert vergessen. Ob das Marillenkompott auch ohne durchgeht?«, sinnierte Lena.

Die Bäuerin schüttelte unduldsam den Kopf. »Und was ist daran lustig? Ich versteh dich net, Madel.«

Da sie keine weitere Antwort bekam, musste Ilse Neubauer sich damit begnügen. Doch das seltsame Verhalten ihrer Adoptivtochter ging ihr lange nicht aus dem Sinn. Vor allem deshalb, weil sie das sichere Gefühl hatte, dass Lena ihr etwas verschwieg. Zum ersten Mal, seit das Madel auf dem Neubauer-Hof lebte, hatte es gerade eben geflunkert. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Die Bäuerin nahm sich vor, Lena genau im Auge zu behalten …

Beim Mittagsmahl saß David Roth neben Lena am Tisch. Sie konnte ihr Glück kaum fassen und brachte nichts herunter, weil sie so aufgeregt war.

»Stimmt was net, Lena?«, fragte Andreas sie nach einer Weile. »Du isst ja gar nix. Hoffentlich hast du dir keine Erkältung eingefangen und brütest was aus!«

Das Madel errötete leicht und lächelte seinem Bruder zu, als es versicherte: »Es geht mir gut, ich fühl mich wunderbar.«

Der Bauer hob nun die Stimme und stellte den neuen Holzknecht in der Runde vor. David nickte allen lächelnd zu und versprach, am Wochenende seinen Einstand im Wirtshaus zu geben. Dafür erntete er eine Menge Anerkennung. Nur Ilse Neubauer musterte den Burschen abfällig. Er merkte es gleich.

»Oder wird das hier net gern gesehen?«, fragte er deshalb und wandte sich direkt an die Bäuerin. »Auf meiner letzten Anstellung haben wir am Wochenende gerne im Wirtshaus gebechert. Der Bauer hatte nix dagegen. Das mag aber auch daran gelegen haben, dass seinem Bruder das Wirtshaus gehört hat.«

Einige am Tisch lachten, auch der Bauer musste schmunzeln.

David Roth war ihm auf Anhieb sympathisch gewesen. Er hatte gute Zeugnisse, schien ehrlich und fleißig zu sein und verstand Spaß. Das war eine gute Mischung, fand Dominik Neubauer.

Seine Frau erklärte nun kühl: »Wenn einer sein Gehalt lieber ins Wirtshaus trägt, statt es zu sparen, ist das freilich seine Entscheidung. Aber jemand, der es zu was bringen will, der verhält sich freilich anders.«

»Ich weiß schon, was du meinst, Bäuerin«, versicherte David geschmeidig. »Unsereiner träumt freilich auch von Haus und Hof. Aber wenn man es vom Lohn absparen wollte, müsste man wohl an die zweihundert Jahre alt werden.«

Lena musste lachen, als sie dem strengen Blick der Bäuerin begegnete, die sie anwies, den Nachtisch zu holen.

»Darf ich dir helfen?«, fragte David und erhob sich ebenfalls.

»Das ist Lenas Arbeit. Oder magst du vielleicht auch noch als Küchenmagd bei uns einstehen?«, versetzte Ilse Neubauer spitz.

Wieder einmal bewies der Bursch, dass er Humor hatte. »Nur wenn es ein Schürzerl in meiner Größe gibt …« Damit brachte er die ganze Runde zum Lachen, und nun war das Eis endgültig gebrochen. Kastian nötigte David, von sich zu erzählen, und der nutzte die allgemeine Aufmerksamkeit, um launige Histörchen zum Besten zu geben.

Nach dem Essen war David Roth auf dem Moosgruber-Hof bestens gelitten und hatte auf alle, sogar auf die Bäuerin, einen guten Eindruck gemacht. Lena schien es ihm angetan zu haben, denn er half ihr, den Tisch abzuräumen, und redete noch ein wenig mit ihr, bevor er zum Gesindehaus hinüberging, um seine Kammer zu beziehen.

Lena stand derweil hinter dem Küchenfenster und schaute nach drüben. Manchmal sah sie David am Fenster vorbeigehen. Dann pochte ihr Herz sehnsüchtig und unvernünftig schnell. Das unbedarfte Madel konnte sich seine plötzlichen Gefühlsaufwallungen selbst nicht recht erklären. Noch niemals zuvor hatte Lena ein Bursch auf Anhieb so gut gefallen. Fast schien es ihr, als hätte sie sich auf den ersten Blick in David Roth verliebt.

Dass Andreas sie beim Essen aufmerksam und nachdenklich im Auge behalten hatte, war ihr entgangen. Und auch die bösen Blicke der Bäuerin hatte Lena nicht bemerkt. Denn sie hatte ja nur Augen für David Roth gehabt.

»Hab ich mir doch gedacht, dass du wieder nix tust und nur aus dem Fenster glotzt!« Ilse Neubauer baute sich wie eine Furie neben dem Madel auf und blitzte es wütend an. »Was denkst du dir eigentlich dabei, einer dahergelaufenen Hilfskraft in aller Öffentlichkeit schöne Augen zu machen? Bist du vielleicht narrisch geworden?«

Lena wurde flammend rot. »Aber ich hab … ich mein … ich wollte doch net …«

»Lass das Stammeln und hör mir mal gut zu!«, forderte ihre Adoptivmutter da aufgebracht. »Wenn ich dich noch einmal in der Näh von diesem Hallodri seh, dann kannst du was erleben. Ein jeder, der seine fünf Sinne noch halbwegs beisammenhat, sieht, was das für einer ist. Und wenn du etwas net gebrauchen kannst, dann ist es ein Bankert von einem Nichtsnutz, der schon über alle Berge ist, noch ehe du in die Wehen kommst!«

Lena schlug die Hände vors Gesicht und fing an zu weinen. »Wie kannst du nur so schlecht von mir denken?«, schluchzte sie.

»Nimm dich zusammen«, forderte die Bäuerin daraufhin mürrisch. »Ich nenn die Dinge nur beim Namen. Also, merk dir meine Worte und mach keine Dummheiten, dann ist alles gut. Und jetzt geh endlich wieder an deine Arbeit, der Abwasch macht sich net von allein.« Sie schob Lena zur Spüle und reichte ihr ein Taschentuch. »Schnäuz dich, du Dummerle! Es gibt keinen Grund zum Heulen, es sei denn, du lieferst ihn selbst.«

Lena putzte sich die Nase und ging dann rasch an die Arbeit. Die Bäuerin war zufrieden, als sie das sah. Sie hatte das Madel nach wie vor unter Kontrolle. Aber eines war trotzdem offensichtlich: Solange dieser Hallodri auf dem Hof war, musste sie Lena gut im Auge behalten.

***

In dieser Nacht fand Lena kaum Schlaf. Zuerst schämte sie sich, weil ihre Adoptivmutter sie so grob behandelt und ihr eine solche Unmoral unterstellt hatte. Dann aber dachte sie die ganze Zeit an David Roth. Der Bursch ging ihr einfach nicht aus dem Sinn. Sie wusste selbst nicht, was mit ihr los war, aber sie musste ständig an ihn denken. Ob das die Liebe war?

Das unbedarfte Madel hatte noch nie solche Empfindungen gehabt. Lena bezog ihr Wissen über dieses Thema aus Romanen und Filmen. Sie meinte, dass es durchaus möglich sei, sich auf Anhieb in einen anderen Menschen zu verlieben. Darüber hatte sie schon öfter gelesen. Aber sie war freilich nicht dumm.

Dass es Hallodris gab, unstete Gesellen, die einem das Blaue vom Himmel herunter versprachen und dabei nur ihr Vergnügen im Sinn hatten, wusste sie natürlich.

David erschien ihr aber nicht so. Er machte einen netten, offenen Eindruck auf sie. Abgesehen davon, dass sie sich sehr zu ihm hingezogen fühlte, war er ihr auch einfach sympathisch.

Warum nur hatte die Bäuerin dermaßen heftig reagiert? Bloß weil David freundlich zu ihr gewesen war? Gönnte sie Lena das nicht? Bei diesem Gedanken geriet das Madel wieder in jenen inneren Zwiespalt, der auch ihre Erinnerungen an die Vergangenheit so schmerzhaft machte.

Auf der einen Seite meinte Lena, bescheiden sein zu müssen und dankbar. Sie durfte die Bäuerin nicht ärgern oder ihr Sorgen bereiten. Und wenn diese meinte, dass es besser sei, sich nicht mit David Roth abzugeben, dann war das wohl richtig so.

Zugleich sehnte Lena sich aber nach einem Menschen, mit dem sie glücklich sein konnte. Warum sollte ihr das nicht zustehen? Sie hatte ein Recht darauf wie alle anderen auch. Und wenn dieser Mensch nun David Roth war, wieso sollte sie auf dieses Glück verzichten?

So drehten sich ihre Gedanken im Kreis wie in einem schweren Mühlrad. Lena fand einfach keine Ruhe und keinen Schlaf.

Als es Zeit wurde, aufzustehen, fühlte sie sich ganz zerschlagen. Aber wenigstens hatte sie eine Entscheidung getroffen: Sie wollte weiterhin freundlich zu David sein, der sie ganz offensichtlich mochte. Und was dann aus dieser Bekanntschaft wurde, das musste sich zeigen. Schließlich war sie erwachsen und konnte auf sich aufpassen. Das wollte sie der Bäuerin notfalls auch ins Gesicht sagen!

An diesem Morgen bot sich Lena dann allerdings keine Gelegenheit, mit David zu reden. Er hielt sich beim Frühstück nur kurz auf und fuhr dann zusammen mit Andreas in den Forst, wo der Jungbauer ihn in seine Arbeit einwies. Erst zum Nachtmahl kehrte er zurück und verschwand danach mit einigen der anderen Knechte in Richtung Wirtshaus, um seinen Einstand zu feiern.

»So ein Lackel«, schimpfte Vroni, die Küchenmagd, die Lena an diesem Abend beim Abspülen half. »Der will kein Madel bei seinem Einstand dabeihaben. Dabei wird es doch erst recht lustig, wenn Madeln und Burschen beisammen sind, gelt?«

»Woher soll die Lena das wissen?«, ätzte die Bäuerin, die gerade in die Küche kam. »Sie hält sich von den Burschen fern, wie sich das gehört, net wahr?«

»Ja, freilich«, versetzte das Madel freudlos.

Ilse Neubauer bedachte ihre Adoptivtochter mit einem strengen Blick. »So ist es doch? Oder irre ich mich da?« Sie baute sich neben Lena auf, Vroni verschwand rasch, denn wenn es Streit gab, hielt sie sich lieber raus. »Willst du mir vielleicht mal eine gescheite Antwort geben, oder bist du dafür auch zu dumm?«

»Was ist denn hier los?« Andreas stand in der offenen Küchentüre, er zog eben seinen Janker über.

»Nix«, parierte seine Mutter. »Du willst noch weg?«

»Ich geh ins Wirtshaus, zusehen, dass der David es mit seinem Einstand net übertreibt. Sonst fällt die Arbeit im Forst morgen flach, und das können wir uns nicht leisten. Es sind noch ein paar Ster Holz aufzuarbeiten. Der Förster murrt, wenn wir uns damit zu lange Zeit lassen.«

»Aber bleib net zu lang! Und komm mir nur net mit einem Rausch heim! Du weißt, das mag ich net leiden, Bub. Dann kannst du dich gleich im Gesindehaus ausschlafen.«

»Ist schon recht, Mama«, seufzte der Jungbauer. Er maß Lena noch mit einem aufmerksamen Blick, dem diese allerdings auswich.

Nachdem Andreas gegangen war, trieb Ilse Neubauer Lena an, fleißig zu sein, und suchte dann nach Vroni, die sich in der Diele herumdrückte. Auch die Magd bekam eine strenge Ermahnung zu hören, bevor die Bäuerin in der guten Stube verschwand.

»Die hat ja heut eine Laune«, seufzte die Küchenmagd verdrossen. »Weißt du, was mit der Bäuerin los ist?«

Lena hob nur die Schultern und schwieg. Sie wollte ihre Arbeit so rasch wie möglich erledigen, denn auf einen weiteren Zusammenstoß mit ihrer Adoptivmutter legte sie an diesem Tag wirklich keinen Wert.

***

Als Andreas ins Wirtshaus kam, saßen die Knechte vom Neubauer-Hof in gemütlicher Runde beim Bier. Der Jungbauer wurde freundlich begrüßt und keiner hatte etwas dagegen, dass er sich anschloss. Als er eine Runde spendierte, meinte David locker: »Da scheine ich es ja gut getroffen zu haben. Bei meiner letzten Anstellung hat der Bauer kein Bier ausgegeben.«

»Das ist auch nur eine Ausnahme zum Einstand«, stellte Andreas in gleicher Manier fest.

»Dabei könnte er es sich leisten, jeden Abend einen auszugeben«, merkte Kastian mit einem Augenzwinkern an. »Unser Jungbauer hat schließlich die reichste Braut im Tal. Und die hübscheste noch dazu, net wahr?«

Andreas lächelte schmal. »Mag schon sein.«

David horchte auf. »Und wann wird Hochzeit gefeiert?«, wollte er wissen. »Gewiss gibt’s dann wieder ein Freibier. Und vielleicht auch noch einen Enzian dazu, net wahr?«

Alle lachten, Andreas meinte: »Das hat noch ein bisserl Zeit. ›Nur nix überstürzen‹ lautet meine Devise.«

»Nachher hat er sie noch ein Leben lang, da kann ein bisserl Zögern gewiss nix schaden«, feixte einer aus der Runde.

»Sei net so frech, Bimberl, sonst setzt es was!«, drohte der Jungbauer daraufhin nicht ganz ernst.

So ging es eine Weile lustig hin und her, ein jeder machte seine Witzchen, und es wurde viel gelacht. Gegen Mitternacht verabschiedete Andreas sich, denn er war rechtschaffen müde. Allerdings ging er nicht heim, ohne seine Angestellten zu ermahnen, es ihm bald gleichzutun. »Morgen um halb sechs ist die Nacht zu Ende, vergesst das net!«, erinnerte er sie streng.

Einige brachen daraufhin ebenfalls auf. David hatte aber noch keine Lust heimzugehen. Er spendierte Kastian eine Maß, der schon einen über den Durst getrunken hatte und ziemlich redselig war. In diesem Zustand gefiel er David gut, denn das kam seinen Absichten recht nah. Er brauchte nämlich einen, der sich in Riedenberg auskannte und ihn ins Bild setzte.

Davids nette und unkomplizierte Art war dabei nur Mittel zum Zweck. Der fesche Bursch hatte keineswegs vor, sein Leben lang ein Knecht zu bleiben. Er hatte ganz andere Pläne. Bislang hatte er diese noch nicht umsetzen können. Doch er gab nicht auf und wollte auch in Riedenberg sein Glück suchen. Oder das, was er darunter verstand. Und dazu musste er sich erst mal auskennen.

»Sag, Kastian, was ist denn das für ein Madel, die Braut vom Jungbauern? Wenn sie später mal die Bäuerin wird, muss man schließlich wissen, woran man ist, gelt?«

Der Großknecht lächelte dümmlich. »Du hast also vor, länger bei uns zu bleiben? Na, mir soll’s recht sein, wenn du allerweil so viel wegschaffst wie heut.«

»Die Arbeit macht mir halt Spaß«, behauptete der Bursch geschmeidig. »Aber du wolltest mir noch was von unserer zukünftigen Bäuerin erzählen …«

»Bäuerin? Dass ich net lach!« Er tat’s dann doch und auch ziemlich ausführlich. »Die Susanne Moosgruber ist ein verwöhntes Ding. Die wird sich im Leben niemals die lackierten Nägel dreckert machen, darauf musst du net warten. Die Moosgrubers haben für alles Personal. Ihre Mutter ist auch schon so eine Hochgestochene. Weißt, bei denen wird kein Gemüsegarten mehr bestellt und die Wäsch auch nimmer draußen getrocknet. Stattdessen haben sie so ein Gärterl wie in Schönbrunn. Und einen selbst angelegten Weiher, in dem man schwimmen kann, und zwar mit allen Schikanen. Reitpferde findest bei denen auch. Und allen anderen Schnickschnack, den kein Mensch braucht.«

Kastian nahm einen langen Zug aus seinem Maßkrug und wischte sich danach den Schaum von den Lippen. Dann seufzte er zufrieden.

»Dann muss ihr Vater ziemlich reich sein.«

»Darauf kannst du wetten. Den größten Hof im Tal hat er und seine Finger überall mit drin. Es wird gemunkelt …« Er beugte sich vor und senkte die Stimme. »… dass er auf den Posten vom Ortsvorsteher spekuliert. Dann hätte er den Rat auf seiner Seite, und keiner würde seine Geschaftelhuberei noch bremsen. Ja, mei, man kann nur hoffen, dass es net so kommt.«

David rieb sich nachdenklich das Kinn. »Und was sagen die Neubauers dazu, dass der Andreas dieses Madel heiraten will? Ich mein, wenn sie keine Bäuerin ist, passt sich das doch net.«

»Der Bauer ist viel zu gutmütig, um seinem Sohn dreinzureden. Und die Bäuerin ist eh nur aufs Geld aus.« Kastian erhob sich leicht schwankend. »Aber für heut sollten wir’s genug sein lassen. Gehen wir lieber heim!«

»Ist schon recht, ich komm gleich«, versetzte der Bursch. Während Kastian seine Joppe überzog und in Richtung Ausgang schlurfte, blieb David noch einen Moment am Tisch sitzen und dachte nach. Was er da eben erfahren hatte, klang in seinen Ohren recht interessant. Ein verwöhntes Madel mit einer großen Mitgift in der Hinterhand, das war ganz nach seinem Geschmack. Er hatte schon des Öfteren versucht einzuheiraten, war aber stets am Widerstand der Eltern gescheitert.

Sollten die Moosgrubers ebenfalls etwas gegen ihn haben, würde er sich zumindest eine vergnügliche Zeit mit dieser Susanne machen. Skrupel kannte David Roth nicht. Und dann war da ja auch noch das scheue Reh, wie er Lena heimlich getauft hatte. Obwohl sie ihm finanziell nicht so viel zu bieten hatte, reizte ihn doch ihre Unschuld und Naivität.

»Komm, David, es wird Zeit!«, rief Kastian von der Tür her.

»Komm schon«, versetzte der grinsend und folgte dem Großknecht bester Laune. Wie es schien, würde seine neue Anstellung ihm eine ganze Menge Abwechslung verschaffen.

»Was bist denn allerweil noch so fröhlich zu nachtschlafender Zeit?«, wunderte Kastian sich.

David hob die breiten Schultern. »Griesgrämig kann ich sein, wenn mich im Alter das Zipperlein plagt«, scherzte er. »Die Jugend ist dazu da, genossen zu werden. Und das tu ich.«

»Ach ja? Das ist ein guter Plan.«

»Darauf kannst du dich verlassen«, versicherte der Bursch.

***

Am nächsten Morgen hockte Kastian bleich und mit Brummschädel am Frühstückstisch, während David munter eine Semmel nach der anderen verputzte. Als Andreas sich darüber wunderte, meinte der Holzknecht unbekümmert: »Man muss in allen Dingen das rechte Maß halten, dann geht’s einem auch gut.«

»Das werde ich mir merken«, knirschte der Großknecht.

Bevor David sich auf den Weg in den Forst machte, schaute er noch kurz in die Küche. Und er hatte Glück; Lena war gerade allein. Sie errötete, als er sie freundlich ansprach und ihr charmant zulächelte.

»Hast du heut auf d’ Nacht ein bisserl Zeit?«, fragte er nach einer Weile der harmlosen Plauderei. »Ich kenn mich hier ja noch gar net aus. Magst du mir vielleicht die Gegend zeigen?«

»Es wird früh dunkel, das hätte gewiss net viel Wert«, erwiderte sie reserviert, obwohl sie nur zu gern etwas Zeit mit David verbracht hätte. Doch sie fürchtete, dass die Bäuerin etwas mitbekam und sie wieder ausschimpfte.

»Dann am Wochenende? Wir könnten ein bisserl wandern gehen. Und du singst mir was vor, ja? Ich hab gehört, dass du eine besonders schöne Singstimme hast.«