Heimat-Roman Treueband 26 - Sissi Merz - E-Book

Heimat-Roman Treueband 26 E-Book

Sissi Merz

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Beschreibung

Lesen, was glücklich macht. Und das zum Sparpreis!

Seit Jahrzehnten erfreut sich das Genre des Heimat-Bergromans sehr großer Beliebtheit. Je hektischer unser Alltag ist, umso größer wird unsere Sehnsucht nach dem einfachen Leben, wo nur das Plätschern des Brunnens und der Gesang der Amsel die Feierabendstille unterbrechen.
Zwischenmenschliche Konflikte sind ebenso Thema wie Tradition, Bauernstolz und romantische heimliche Abenteuer. Ob es die schöne Magd ist oder der erfolgreiche Großbauer - die Liebe dieser Menschen wird von unseren beliebtesten und erfolgreichsten Autoren mit Gefühl und viel dramatischem Empfinden in Szene gesetzt.

Alle Geschichten werden mit solcher Intensität erzählt, dass sie niemanden unberührt lassen. Reisen Sie mit unseren Helden und Heldinnen in eine herrliche Bergwelt, die sich ihren Zauber bewahrt hat.

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Alpengold 184: Das wilde Blut der schönen Magd
Bergkristall 265: Der sündige Hof
Der Bergdoktor 1725: Heiratsverbot für die schöne Rosi
Der Bergdoktor 1726: Es führt kein Weg zurück
Das Berghotel 121: Denk ich an dich, wird mein Herz so schwer

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 609

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2015/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © wavebreakmedia/Shutterstock ISBN 978-3-7517-1194-4 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Martina Linden, Monika Leitner, Andreas Kufsteiner, Verena Kufsteiner

Heimat-Roman Treueband 26 - Sammelband

Inhalt

Martina LindenAlpengold - Folge 184Solange sie denken kann, liebt die schöne Magd Hannah den jungen Anton Martens, und für sie steht fest, dass sie einmal seine Frau und Bäuerin auf dem großen Martens-Hof wird. Doch ihr Traum von einem Glück an Antons Seite zerbricht, als der Jungbauer nach einem Aufenthalt in Neuseeland mit einer unglaublichen Neuigkeit nach Hause zurückkehrt: Hals über Kopf hat er sich in der Fremde in die bezaubernde Farmerstochter Sharon verliebt! Schon in wenigen Wochen wird Sharon nach Bayern kommen, um für immer bei ihm zu bleiben! In Hannah flammt Eifersucht auf die unbekannte Verlobte auf - und der verzweifelte Wunsch, Anton zurückzugewinnen - komme, was da wolle! Und während Sharons Ankunft immer näher rückt, spinnt Hannah ein süßes Netz der Verführung, in dem sich Anton verlieren soll ...Jetzt lesen
Monika LeitnerBergkristall - Folge 265Die Gerüchte wollen einfach nicht verstummen. Und so sehr sich Anna auch dagegen wehrt, die Lügen, die man über Karsten verbreitet, zu glauben, sie hinterlassen Spuren in ihrem Herzen. Denn wenn es wirklich stimmt, was die Leute hinter vorgehaltener Hand tuscheln, wenn ihr Vater tatsächlich damals ein Verhältnis mit Karstens Mutter gehabt hat, dann liebt sie ihren eigenen Bruder! Immer wenn Karsten sie jetzt in seine Arme zieht, wenn er sie küsst und ihr zärtliche Worte ins Ohr flüstert, kann sie die Angst nicht verdrängen. Und sie weiß, dass ihre Liebe eines Tages daran zerbrechen wird, wenn nicht die Wahrheit ans Licht kommt ...Jetzt lesen
Andreas KufsteinerDer Bergdoktor - Folge 1725Auch wenn man ihr die hochexklusive Senioren-Residenz in den höchsten Tönen anpreist, für die zweiundsiebzigjährige Wally Kampen, die beim Apfelpflücken von der Leiter gefallen ist und sich den Oberschenkel gebrochen hat, ist klar, dass ihre Familie sie ins Altersheim abschieben will. Doch das kommt für sie nicht infrage! Ihr ganzes bisheriges Leben hat sie in St. Christoph verbracht, und hier will sie auch eines Tages sterben. Doch so weit ist es noch nicht. Denn Wally hat noch ein paar wichtige Dinge zu erledigen. Vor allem muss sie Rosi, ihrer bildhübschen Enkelin, beistehen. Das Madel hat sich in den falschen Mann verliebt und soll in St. Christoph endlich wieder neuen Lebensmut finden ...Jetzt lesen
Der Bergdoktor - Folge 1726Eigentlich verbringt Dr. Martin Burger seine knappe Freizeit am liebsten mit seiner Familie. Doch von Zeit zu Zeit gönnt er sich auch mal eine Männerrunde und frönt seinem Hobby. Der Bergdoktor ist ein leidenschaftlicher Bergsteiger und auch mit Anfang fünfzig noch top in Form. Heute hat er sich mit Dominikus Salt, dem Leiter der Bergwacht, und Benedikt Strobl, einem jungen Bauern aus Altenacker, zu einer schwierigen Tour an der Nordseite des Feldkopfs verabredet. Benedikt, der noch neu ist bei der Bergrettung, soll dabei sein Können unter Beweis stellen. Benedikt führt die Seilschaft sicher an, als er plötzlich an einer äußerst tückischen Stelle eine schockierende Entdeckung macht: Dort, ganz nah am Abhang, liegt ein bewusstloses Madel! Der Ausflug, der so fröhlich begonnen hat, wird zum Albtraum...Jetzt lesen
Verena KufsteinerDas Berghotel - Folge 121Das freundliche Zimmermadel Viktoria ist im Berghotel sehr beliebt. Dennoch bemerkt Hedi Kastler, die Hotelchefin, dass die junge Frau schon lange nicht mehr glücklich wirkt. Wenn sie es genau bedenkt, hat sie Viktoria eigentlich schon seit drei Jahren nicht mehr unbeschwert erlebt. Immer scheint ein trauriger Ausdruck in ihren Augen zu liegen. Als Oliver, ein ehemaliger Schulkollege des Madels, nach einem langen Auslandsaufenthalt wieder in St. Christoph auftaucht, beobachtet Hedi eine seltsame Begegnung der beiden. Sie blicken einander wie verzaubert in die Augen, tanzen miteinander und scheinen sich sogar küssen zu wollen. Doch dann bricht der Bann plötzlich - Viktoria verpasst dem feschen Burschen eine schallende Ohrfeige und stürzt aufgewühlt davon. Hedi Kastler ist ratlos. Was soll das bedeuten? Als sich der niedergeschlagene Oliver hilfesuchend an sie wendet, fasst die Hotelchefin einen Entschluss: Sie will dem verzweifelten Mann dabei helfen, herauszufinden, was sich hinter Viktorias merkwürdigem Verhalten verbirgt ...Jetzt lesen

Das wilde Blut der schönen Magd

Erregender Roman um sündige Wünsche und späte Reue

Von Martina Linden

Solange sie denken kann, liebt die schöne Magd Hannah den jungen Anton Martens, und für sie steht fest, dass sie einmal seine Frau und Bäuerin auf dem großen Martens-Hof wird. Doch ihr Traum von einem Glück an Antons Seite zerbricht, als der Jungbauer nach einem Aufenthalt in Neuseeland mit einer unglaublichen Neuigkeit nach Hause zurückkehrt: Hals über Kopf hat er sich in der Fremde in die bezaubernde Farmerstochter Sharon verliebt! Schon in wenigen Wochen wird Sharon nach Bayern kommen, um für immer bei ihm zu bleiben!

In Hannah flammt Eifersucht auf die unbekannte Verlobte auf – und der verzweifelte Wunsch, Anton zurückzugewinnen – komme, was da wolle! Und während Sharons Ankunft immer näher rückt, spinnt Hannah ein süßes Netz der Verführung, in dem sich Anton verlieren soll …

Hannah Stadler beugte sich über den Wäschekorb, der vor ihr auf einem weißen Hocker stand, und griff nach einem nassen Handtuch. Bevor sie es über die Leine warf, strich sie mit der freien Hand eine blonde Haarsträhne zurück, die sich aus der Spange im Nacken gelöst hatte.

Hofhund Bruno, der unter dem Apfelbaum nahe dem Geräteschuppen lag, erhob sich schwerfällig und trottete zum Wäscheplatz. Er ließ sich unweit des Hockers fallen und streckte alle viere von sich.

Hannah befestigte das Handtuch mit zwei Wäscheklammern, dann kniete sie sich neben den alten Border Collie und kraulte ihm sanft das Fell.

»Na, magst du heute gar net durch die Gegend laufen, Bruno?«, fragte sie.

Er blinzelte. Eine Zunge fuhr blitzschnell über ihre Finger. Mit einem Seufzen streckte er sich.

»Alter Faulpelz«, schalt sie zärtlich und richtete sich auf, um auch noch den Rest der Wäsche aufzuhängen.

Sie erinnerte sich nur zu gut daran, dass man Bruno früher kaum bändigen konnte. Er hatte alles zusammentreiben wollen, was nur irgendwie möglich gewesen war. Gleichgültig, ob Schafe, Rinder oder Hühner … er hatte immer etwas zum Bewachen haben müssen.

Und die herrlichen Spaziergänge, die sie miteinander unternommen hatten! Wenn Hannah gekonnt hätte, sie hätte die Zeit zurückgedreht. Manchmal kam es ihr vor, als wäre damals alles besser gewesen, zumal der Martens-Anton sie oft bei ihren Spaziergängen mit Bruno begleitet hatte.

Bei dem Gedanken an Anton traten ihr Tränen in die Augen. Anton und sie waren zusammen aufgewachsen und stets die besten Freunde gewesen. Die fünf Jahre Altersunterschied zwischen ihnen hatten erst eine Bedeutung gespielt, als er nach dem Abitur Agrarwirtschaft studiert und später ein Jahr in Neuseeland verbracht hatte, wo der Großonkel seines Vaters eine Farm besaß.

Die junge Magd nahm das letzte Wäschestück aus dem Korb und hängte es auf. Ihre Gedanken wandten sich erneut Anton zu.

Schon als kleines Madel hatte sie davon geträumt, eines Tages Anton zu heiraten und Bäuerin auf dem Martens-Hof zu werden. Lange Zeit hatte es ja auch so ausgesehen, als teilte der zukünftige Hoferbe ihre Träume. Den Segen seiner Eltern hätten sie gehabt.

Und nun hatte er sich in Neuseeland in die jüngste Tochter des Farmers verliebt. Sharon Newman wurde Anfang Juli auf dem Martens-Hof erwartet. Auf Antons Nachtkästchen stand ihr Foto. Es zeigte eine hübsche junge Frau von vierundzwanzig mit dunklen Haaren und großen, strahlenden Augen.

Jedes Mal, wenn Hannah Antons Zimmer aufräumte, musste sie sich zwingen, das Foto nicht über den Balkon zu werfen.

Hannah machte sich daran, die Wäsche abzunehmen, die sie am frühen Morgen gewaschen hatte. Sie zwang sich, nicht mehr an Anton und Sharon zu denken. Man sollte die Hoffnung niemals aufgeben. Vielleicht würde ein Wunder geschehen und Anton endlich die Augen öffnen. Warum sollte er ein Madel aus dem fernen Neuseeland heiraten, wenn er nach ihr nur die Hand ausstrecken musste?

Wenig später brachte Hannah den vollen Weidenkorb in die Wäschekammer, die sich neben der geräumigen Wohnküche des alten Bauernhauses befand. Hier standen auch eine moderne Nähmaschine und die Bügelstation, die erst vor drei Wochen angeschafft worden war.

Klara Martens saß seit dem Frühstück an der Nähmaschine, um Kleidung, Wäsche, Handtücher und Schürzen auszubessern. Zudem hatte sie sich vorgenommen, für ihren Mann zwei neue Arbeitshosen zu nähen. Sie hatte in ihrer Jugend Schneiderin gelernt, was dem ganzen Hof zugutekam.

»Ich bringe dir Nachschub, Tante Klara.« Hannah stellte den Korb auf dem breiten Arbeitstisch ab.

»Und nicht zu knapp, wie ich sehe«, meinte die Bäuerin. Sie griff nach einem geblümten Dirndl, das über einem Stuhl hing. »Man sieht den Dreiangel kaum noch.«

Hannah nahm ihr das Dirndl ab. »Kannst du zaubern?«, fragte sie. »Ich hätte das net so hinbekommen.« Sie war vor Wochen an einem Holzstück hängen geblieben, als sie einem Fuchs nachgejagt war, er sich eines der Hühner hatte holen wollen.

»Gelernt ist gelernt«, bemerkte die Martens-Klara stolz.

Hannah beugte sich spontan über sie und küsste sie auf die Wange.

»Danke, Tante Klara.«

»Gern geschehen.«

Das junge Madel verließ die Wäschekammer und brachte das Dirndl in ihre Schlafstube hinauf.

Ihre Familie lebte seit Generationen auf dem Martens-Hof. Ihr verstorbener Vater war zusammen mit dem jetzigen Bauern aufgewachsen. Sie hatte eine tiefe Freundschaft verbunden.

So hatte es auch keinen in Gmund gewundert, als der Martens-Paul ihren Vater gebeten hatte, die Patenschaft für Anton zu übernehmen. Und sie selbst war ein Patenkind der Bäuerin. Sie fühlte sich ihr enger verbunden als ihrer verwitweten Tante Gertrud, die in einen Hof bei Kreuth eingeheiratet hatte. Ihre Tante kannte keine Herzlichkeit. Ihr Leben drehte sich nur um den Hof, die Kirche und Gemeindeabende.

Hannah hängte das Dirndl an ihren Kleiderschrank und ging in die Küche hinunter. Ihr Herz hüpfte vor Freude, als sie Anton am Tisch sitzen sah. Vor ihm standen ein Becher Kaffee und ein Stück Butterkuchen. Wieder einmal wurde ihr bewusst, was für ein stattlicher Bursche er war. Kein Wunder, dass ihm die Herzen aller Madeln zuflogen.

»Ich setz mich ein bisserl zu dir«, sagte sie. »Ich hab mir eine Pause verdient.«

»Viel Zeit hab ich net. Ich muss gleich aufs Maisfeld.«

»Magst auch ein Stückerl Butterkuchen, Hannah?«, fragte ihre Mutter, die am Herd stand und das Mittagessen zubereitete.

»Gern.« Hannah nahm einen Teller aus dem Schrank und schenkte sich Kaffee ein.

Magdalena Stadler legte ihrer Tochter ein großes Stück Kuchen auf den Teller. Dabei streifte ihr Blick Anton.

Sie liebte den jungen Burschen, den sie mit aufgezogen hatte, wie einen eigenen Sohn. Seit dem Tod ihres Mannes war sie ihm sogar noch mehr zugetan. Ihr Mann hatte den damals Neunjährigen unter Einsatz seines eigenen Lebens aus der brennenden Scheune gerettet. Anton erschien ihr wie ein Vermächtnis ihres Jakobs, und sie hatte sich geschworen, alles zu tun, damit er glücklich wurde.

»Ich zerbreche mir seit Tagen den Kopf darüber, was ich dem Christoph zum Geburtstag schenken könnte«, sagte Hannah. »Hast du eine Idee, Anton?«

»Ja, die hab ich.« Er grinste. »Dich!«

»Du bist garstig.«

»Warum?« Anton blinzelte Magdalena Stadler zu. »Der Christoph liebt dich seit Jahren, Hannah. Er würde dich lieber heute als morgen heimführen.«

»Auch wenn ich den Christoph mag, ich liebe ihn net.«

»Warten wir’s ab.« Anton legte eine Hand auf ihre Schulter. »Ich geh jede Wette ein, dass ich schon bald auf eurer Hochzeit tanzen werde.«

»Der Wenninger-Christoph wär net der Schlechteste«, mischte sich Magdalena ein. »Und glaub mir, Hannah, er würde dich auf Händen tragen. Einen anständigeren Burschen als den Christoph findest du im ganzen Tegernseer Tal kaum.« Sie sah den jungen Bauern an. »Dich natürlich ausgenommen, Anton.«

»Das hab ich vorausgesetzt«, erklärte Anton und verließ die Küche.

Hannah sah durch das Küchenfenster, wie er zu seinem Traktor ging. Sie wandte sich ihrer Mutter zu.

»Du weißt genau, dass ich den Anton liebe und net den Christoph.«

»Der Christoph passt viel besser zu dir, Madel.«

»Du wirst sehen, eines Tages werden der Anton und ich vor dem Traualtar stehen.« Hannah trank ihren Kaffee aus.

»Hör endlich auf, dich in deinen Träumen zu verrennen, Hannah!«, sagte die Stadlerin und setzte einen Topf mit Kartoffeln für die Knödel, die es zu Mittag geben sollte, auf den Herd. »Du bist mit deinen zwanzig Jahren alt genug, um in der Realität zu leben.«

»Tante Klara und Onkel Paul würden es auch gern sehen, wenn der Anton und ich heiraten«, begehrte Hannah auf. »Ich bin für sie wie eine Tochter.«

»Das will ich net abstreiten, aber gewöhnlich verheiratet man net die Töchter mit ihren Brüdern«, bemerkte die Wirtschafterin spöttisch. »Je eher du diese ungesunden Fantastereien aufgibst, desto besser wird’s sein. Mach net dir und allen anderen unnötig das Leben schwer, Hannah! Der Anton ist nun mal net für dich bestimmt.«

Sie nahm den Schweinebraten aus dem Backofen und stellte den Topf auf dem Herd ab. Sie wollte den Braten etwas auskühlen lassen, bevor sie ihn aufschnitt, um ihn kurz vor dem Mittagessen in der Soße aufzuwärmen.

»Was kann ich dafür, wenn ich für den Anton net wie für einen Bruder empfinde?«, sagte Hannah trotzig. Es fiel ihr schwer, nicht wie ein kleines Madel mit dem Fuß aufzustampfen.

Die Stadler-Magdalena legte den Arm um die Tochter.

»Der Anton liebt dich net. Ich kann dich nur bitten, dich zusammenzureißen, wenn Sharon Newton in wenigen Wochen auf den Hof kommt. Sie muss nach allem, was ich gehört hab, ein nettes Madel sein. Anton hat sich bestimmt net ohne Grund in sie verliebt. Du wirst sehen, spätestens Ende des Sommers wird es eine Verlobung geben.«

»Net, wenn ich es zu verhindern weiß.«

»Lass dich nur net zu einer Tollheit hinreißen!« Kopfschüttelnd wandte sich Magdalena erneut dem Herd zu. »Und nun mach, dass du in den Gemüsegarten kommst! Das Unkraut zwischen den Pflanzen vernichtet sich net von allein.«

Hannah presste die Lippen zusammen. Dass ihre Mutter auf Antons Seite stand, überraschte sie nicht. Von jeher stellte er sie bei ihr in den Schatten. Anton hier und Anton da. Für sie selbst blieb da nicht viel.

Wütend warf sie die Küchentür so heftig hinter sich zu, dass der schwarze Kater, der gerade durch die Haustür kam, sich erschrocken umdrehte und das Weite suchte.

***

Der Martens-Anton stieg mit sehr gemischten Gefühlen in seinen Wagen, in dem Hannah wenige Augenblicke zuvor auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte. Seit seiner Heimkehr aus Neuseeland war er nicht mehr gern mit Hannah allein, weil sie kaum eine Gelegenheit ausließ, ihm zu zeigen, wie viel er ihr bedeutete.

Hannah schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, als er den Motor anließ.

»Fast wie früher, Anton«, meinte sie, als sie vom Hof fuhren. »Weißt du noch, wie oft du mich von der Schule abgeholt hast, nachdem du deinen Führerschein hattest? Alle Madeln haben mich um dich beneidet.«

»Wohl kaum. Du warst damals grad mal dreizehn und deine Klassenkameradinnen net älter«, antwortete Anton. »Und so oft kann’s auch net gewesen sein, weil ich schon ein Jahr später mit meinem Studium begonnen hab.«

»Hast du all die Ausflüge vergessen, die du mit meinen Freunden und mir in deinen Semesterferien gemacht hast?«

»Nein, die hab ich net vergessen. Ich erinnere mich gern daran. Der Christoph übrigens auch. Du bist net so kindisch wie die anderen gewesen. Das hat ihm imponiert. Dass er sich jedoch später in dich verlieben würde, damit hab ich net gerechnet.«

»Der Christoph interessiert mich net, Anton, und das weißt du auch ganz genau.« Hannah berührte seine Schulter. »Du bist der einzige Bursche, dem mein Herz gehört.«

Anton unterdrückte ein ärgerliches Seufzen.

»Was soll das, Hannah?«, fragte er unwillig. »Ich hab dich von Herzen gern, das weißt du. Mit Liebe hat das nix zu tun. Meine ganze Liebe gehört nun mal Sharon.«

»Sie hat dich verhext!«

»Mach dich net lächerlich, Hannah.« Anton fuhr an den Straßenrand. »Es macht mir überhaupt nix aus, dich zum Wenninger-Hof laufen zu lassen, wenn du net endlich Ruh gibst.«

»Fahr weiter!« Hannah zweifelte nicht daran, dass Anton seine Drohung wahr machen würde.

Schweigend gab er Gas.

Hannah starrte aus dem Fenster auf den Tegernsee, der sich wie ein kostbares Juwel in der letzten Nachmittagssonne vor ihnen ausbreitete. Der Wenninger-Hof lag etwas außerhalb von Gmund, eingebettet in Wiesen und Obstplantagen. Als Kinder hatten sie und ihre Freunde oft bei der Obsternte geholfen und sich so ein zusätzliches Taschengeld verdient.

Anton und Christoph waren seit der Grundschule Freunde und unzertrennlich gewesen. Als Anton mit seinem Studium begonnen hatte, hatten sie sich nur noch selten gewesen, dennoch war der Kontakt zwischen ihnen nie abgerissen. Und nun verbrachten sie wieder den größten Teil ihrer Freizeit miteinander.

Auf der vor drei Tagen gemähten Wiese gegenüber dem Anwesen der Wenningers standen schon mehrere Wagen. Anton parkte neben einem hellen Geländewagen, der dem Sohn des Bürgermeisters gehörte.

»Auf ins Vergnügen!«, bemerkte er und stieg aus.

Christoph Wenninger empfing sie im Hof vor dem Haus. Zu dunklen Jeans trug er einen hellen Sommerpullover. Seine wirren dunkelblonden Haare wirkten auch an diesem Tag, als hätte er sich nicht gekämmt, was jedoch nicht stimmte. Er hatte es nur längst aufgegeben, seine Haare in Form zu bringen.

»Schön, dass ihr schon da seid!«, sagte er und umarmte Anton. »Was wäre mein Geburtstag ohne meinen besten Freund?«

»Ich hätte es dir auch verdammt übel genommen, wenn du mich nicht eingeladen hättest«, scherzte Anton und gratulierte ihm. »Mögen deine Wünsche in Erfüllung gehen«, fügte er hinzu.

»Das werden sie eines Tages gewiss«, meinte Christoph bedeutungsvoll und schloss Hannah in die Arme. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.

Hannah wehrte sich nicht dagegen, weil sie Christoph mochte und gern mit ihm zusammen war.

»Alles Gute für das neue Lebensjahr, Chris«, sagte sie und zog ihr Geburtstagsgeschenk aus der Handtasche. »Da du gern Dokumentationen über andere Länder und ihre Vergangenheit anschaust, dachte ich, ein paar Terra X-DVDs sind genau das Richtige.«

»Eine gute Idee, Hannah.« Der Wenninger-Christoph drehte das Päckchen in den Händen. »Und wie schön du es eingepackt hast! Herzlichen Dank. Ich werde sie mir so bald wie möglich anschauen.«

»Warum schaut ihr sie euch net gemeinsam an?«, fragte Anton. »Hannah interessiert sich auch für fremde Länder.«

Hannah bedachte ihn mit einem zornigen Blick, bevor sie sich mit einem Lächeln wieder Christoph zuwandte.

»Darüber sprechen wir ein andermal.«

»Ich nehm dich beim Wort«, sagte der junge Bauer.

Weitere Gäste, denen er sich widmen musste, trafen ein. Anton und Hannah gingen in den weitläufigen Garten, der hinter dem Haus lag. Dort duftete es schon verführerisch nach gegrilltem Fleisch und Gemüse. Nachdem sie ein paar Worte mit Christophs Eltern gewechselt hatten, gesellten sie sich zu den Madeln und Burschen, die vor ihnen gekommen waren.

»Wir haben den Salat im Wagen vergessen, Anton.« Hannah griff sich an den Kopf.

»Kannst du ihn holen?« Anton reichte ihr den Wagenschlüssel.

Hannah nickte und verließ den Garten. Als sie kurz darauf mit der Salatschüssel zurückkehrte, hörte sie, wie Anton von Sharon Newman sprach.

Sie fühlte einen unbändigen Zorn in sich. Nur mit äußerster Beherrschung gelang es ihr, ihm nicht den Salat vor die Füße zu werfen. Selbst an diesem Abend drehten sich all seine Gedanken nur um Sharon. Was hätte sie darum gegeben, die Neuseeländerin auf eine einsame Insel mitten im Ozean verbannen zu können!

Nachdem die letzten Gäste eingetroffen waren, nahmen sie an den Tischen Platz, die im Halbkreis rund um den Grill standen.

Hannah und Anton saßen mit Christoph und drei weiteren Freunden zusammen. Sie unterhielten sich während des Essens über alles Mögliche, auch über das Spielcasino in Bad Wiessee, in dem ein Feriengast im vergangenen Sommer seine gesamte Reisekasse verspielt hatte.

»Interessant wäre es schon mal, dem Casino einen Besuch abzustatten«, meinte Anton. »Allerdings sollte man dazu seinen Geldbeutel net mitnehmen.«

»Das nimmt dem Ganzen seinen Reiz«, scherzte einer der anderen. Er zwinkerte Christoph zu. »Du könntest deine Sharon dorthin führen, Anton, dann sieht sie gleich, dass wir am Tegernsee auch net hinter dem Mond leben.«

»Ich glaub kaum, dass Sharon von einem Besuch im Spielcasino begeistert wäre«, antwortete Anton. »Wie ich sie kenne, hat sie dafür nix übrig. Sharon hängt net irgendwelchen bizarren Träumen nach, sondern steht mit beiden Beinen fest im Leben.«

»Nun, ich bin gespannt, wie es deiner Freundin bei uns gefallen wird«, meinte Christoph. »Andererseits hast du dich ja auch auf der Farm ihres Vaters eingelebt. Warum sollte sie es also net auch bei uns in Gmund.«

»Ich kann mir net vorstellen, dass eine aus Neuseeland ins Dorf passt«, warf Hannah ein. »Die …«

»Hört! Hört!« Der junge Bursche, der Hannah schräg gegenübersaß, warf ihr einen spöttischen Blick zu. »Spricht da etwa aus dir die Eifersucht, Hannah?«

»Auf so eine bin ich net eifersüchtig!«

»Es reicht, Hannah!« Der Martens-Anton umfasste so fest ihr Handgelenk, dass sie fast aufgeschrien hätte.

Christoph stand auf. »Wer möchte noch ein Steak?«, fragte er. »Wenn ich ohnehin schon unterwegs bin …«

»Ich komm mit.« Anton ließ Hannahs Arm los und stand ebenfalls auf.

Hannah rieb ihr Handgelenk.

»Da hast du grad in ein Wespennest gestoßen, Hannah«, meinte der junge Bursche, der sie wegen ihrer Eifersucht aufgezogen hatte. »Bei der Sharon versteht der Anton keinen Spaß. Also, nimm dich lieber in Acht.«

Hannah hatte eine heftige Erwiderung auf der Zunge, schluckte sie jedoch hinunter. Sie hatte sich schon viel zu weit aus dem Fenster gelehnt und wollte sich keine weitere Blöße geben.

Christoph kehrte mit Anton zurück. Die Wogen schienen sich geglättet zu haben. Sie sprachen von dem Ausflug, den einige der unverheirateten Burschen alljährlich im Herbst unternahmen. Dieses Jahr wollten sie nach Nürnberg fahren.

Nach dem Essen wurde getanzt. Der Martens-Anton dachte nicht daran, Hannah aufzufordern. Er tanzte mit einem Madel, dem er bisher keinen zweiten Blick geschenkt hatte.

Christoph forderte Hannah auf. Sie hatten schon öfters auf Festen miteinander getanzt. Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie nett er war. Sie kannte einige Madeln, die nicht einen Moment gezögert hätten, wenn er sie um ihre Hand gebeten hätte. Trotzdem gab sie sich ihm gegenüber spröde. Er sollte erst gar nicht auf den Gedanken kommen, sie könnte mehr als Freundschaft für ihn empfinden.

Nach dem Tanzen führte Christoph sie ein Stückchen abseits.

»Du solltest endlich einsehen, dass Anton dich nicht liebt, Hannah«, meinte er. »Wenn du so weitermachst, riskierst du noch eure Freundschaft. Ich denke, das wäre sehr schade. Ihr würdet beide darunter leiden.«

»Wir sind wie Geschwister aufgewachsen, der Anton und ich«, erwiderte sie. »Nur aus diesem Grund will er net wahrhaben, dass er mich liebt.«

»Hannah, du machst dir nur etwas vor«, beschwor sie der junge Bursche. »Anton wird sich nie in dich verlieben. Du solltest ihn net so bedrängen. Wie gesagt, du riskierst damit sehr viel.« Er umfasste ihre Hand. »Ich hab mich schon vor Jahren in dich verliebt. Ich würde alles für dich tun.«

»Dann öffne dem Anton die Augen. Er hat sich da in etwas verrannt«, antwortete sie uneinsichtig.

Christoph zog heftig den Atem ein. »Ich kann warten, Hannah. Irgendwann wirst du einsehen, dass du nur einer Illusion nachgelaufen bist.« Er schaute ihr in die Augen. »Du solltest das so schnell wie möglich erkennen, sonst wirst du nicht nur dich, sondern auch andere unglücklich machen.«

»Eines Tages werden der Anton und ich heiraten, warte es ab«, erklärte sie trotzig. »Wir sind füreinander bestimmt.«

Einer von Christophs Freunden steuerte auf sie zu. »Ich hoffe, du hast net vor, die Hannah den ganzen Abend für dich zu beanspruchen«, meinte er mit einem gutmütigen Lachen. »Na, wie wär’s, Hannah, tanzen wir miteinander?«

»Warum net?« Hannah hängte sich bei ihm ein.

Christoph blickte den beiden nach. Er machte sich große Sorgen um das Madel. Hannah war nur allzu bereit, mit offenen Augen in ihr Unglück zu rennen. Er schwor sich, was auch geschehen würde, treu an ihrer Seite zu stehen.

***

Als Hannah am Montag nach der Stallarbeit in die Küche kam, hatte ihre Mutter schon für alle den Frühstückstisch gedeckt. Es duftete verführerisch nach frischen Vesperwecken und Kaffee.

Nach und nach versammelten sich alle Bewohner des Hofes bis auf Anton um den Küchentisch. Magdalena Stadler schenkte Kaffee ein. Die Bäuerin schnitt das Brot auf, das am Samstag gebacken worden war.

»Wo ist denn der Anton?«, erkundigte sich Hannah.

»Er ist nach Tegernsee gefahren, um einiges zu besorgen«, antwortete der Bauer. »Außerdem will er sich nach einem Geburtstagsgeschenk für Sharon umsehen. Sie wird ja bei uns ihren vierundzwanzigsten Geburtstag feiern.«

»Wir sollten Sharon diesen Tag so schön wie möglich machen«, sagte Hannahs Mutter.

»Ich bin schon sehr gespannt auf das Madel.« Der Martens-Paul schnitt sich ein großes Stück Speck ab und legte es auf seinen Teller. »Zum Glück ist die Sharon auf einer Farm aufgewachsen, und Landwirtschaft ist ihr dadurch net fremd.«

Hannah wurde es heiß und kalt bei den Worten des Bauern. »Wie kann eine aus Neuseeland in unser Dorf passen, Onkel Paul?«, fragte sie.

»Der Anton weiß schon, was er tut.« Die Wirtschafterin warf ihrer Tochter einen mahnenden Blick zu.

»Da bin ich mir net so sicher«, warf die Bäuerin ein. »Ich hoffe, Anton verrennt sich da net.« Sie seufzte auf. »Als hätten wir im Dorf und der Umgebung net Madeln genug.«

Ihr Mann lachte. »Aber eben net die eine.«

Nach dem Frühstück fuhr die Martens-Klara ins Dorf, um frische Eier und einen Korb mit Gemüse im Pfarrhaus abzugeben. Sie hätte auch einen der Knechte oder Hannah schicken können, doch sie hielt gern ein Schwätzchen mit der Wirtschafterin des Pfarrers, die zu ihren Freundinnen zählte.

Der Bauer fuhr mit den beiden Knechten aufs Feld hinaus. Vor dem Mittagessen wurden sie nicht zurückerwartet.

»Wo willst du hin, Hannah?«, fragte Magdalena Stadler, als ihre Tochter das Haus verlassen wollte.

»Ich will die beiden Beete im Gemüsegarten anlegen, von denen wir am Samstag gesprochen haben«, entgegnete das Madel.

»Das hat noch ein paar Minuten Zeit.« Die Wirtschafterin lehnte sich gegen den Garderobenschrank. »Wie oft muss ich dich noch bitten, dich net in Antons Leben einzumischen?«, fragte sie hart. »Es geht dich überhaupt nix an, wen der Anton mal heiraten wird. Du hast damit nix zu tun.«

»Und ob ich was damit zu tun hab«, begehrte Hannah auf. »Ich hab ihn von Herzen lieb und werde net ruhig zusehen, wie er sich an dieses Madel aus Neuseeland wegwirft.«

Ihre Mutter packte sie bei den Oberarmen. »Du willst es einfach net begreifen, Hannah«, sagte sie wütend. »Der Anton liebt dich nun mal net.«

»Natürlich liebt er mich. Er will’s nur net wahrhaben«, brauste Hannah auf.

»Als kleines Madel bist du vernünftiger gewesen als jetzt. Wach endlich auf, Hannah, und mach dich net vor dem ganzen Dorf lächerlich! Denkst du denn, die Leute tratschen net darüber, wie du dem Anton nachläufst?«

»Was die Leute tratschen, ist mir egal!«

»Mir net!« Die Stadlerin ließ Hannah los.

»Eigentlich müsstest du zu mir halten, Mutter, ich bin schließlich deine Tochter. Meinst du, es tut mir net seit Jahren weh, dass du den Anton lieber hast als mich?«

»So ein Unsinn!« Die Wirtschafterin senkte die Stimme. »Ich möchte nur net, dass du unglücklich wirst. Schau, der Christoph liebt dich mit jeder Faser seines Herzens. Er würde dir den Himmel auf Erden bereiten.«

»Ich brauch keinen Himmel, um glücklich zu sein«, erklärte Hannah. »Alles, was ich will, ist der Anton. Wir sind seit unserer Kindheit füreinander bestimmt.«

Ihre Mutter sah ein, dass dieses Gespräch zu nichts führte. Hannah würde mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung standen, um Anton kämpfen. Sie konnte nur hoffen, dass sie wider Erwarten vernünftig genug war, nicht etwas zu tun, was sie später zutiefst bereuen würde.

***

Bruno schloss sich Hannah an, als diese in den Gemüsegarten ging. Er machte es sich vor den Himbeersträuchern gemütlich und schaute ihr interessiert bei der Arbeit zu. Ab und zu schloss er die Augen und döste, alle viere von sich gestreckt, vor sich hin.

So sorgfältig, wie sie stets arbeitete, legte Hannah die beiden Beete an und pflanzte an einer anderen Stelle auch noch ein paar Blumen ein. Da sie danach keine Lust hatte, ins Haus zurückzukehren und sich womöglich erneut Vorwürfe ihrer Mutter anzuhören, beschloss sie, die kleine Kapelle aufzusuchen, die auf einer Anhöhe oberhalb des Hofes stand.

Sie ging in die Waschküche hinunter, die auch einen Zugang vom Garten aus besaß, band die Schürze ab und wusch sich die Hände. Auf demselben Weg kehrte sie in den Garten zurück, pfiff nach Bruno und verließ das Anwesen durch die Hinterpforte.

Der Weg führte durch blühende Wiesen leicht aufwärts. Hannah genoss ihren Spaziergang. Bruno rannte ihr voraus, jagte ab und zu einem Schmetterling nach und benahm sich, als wäre er noch ein Welpe. So munter hatte sie ihn schon lange nicht mehr gesehen.

Die Kapelle lag verlassen vor ihnen. An einem Vormittag, mitten in der Woche, verirrten sich höchstens mal Touristen zu ihr. Als Hannah das schwere Portal öffnete, schlug ihr abgestandene Luft entgegen.

»Du musst draußen bleiben, Bruno«, sagte sie.

Der Hund ließ sich seitlich der Kapelle nieder, schloss die Augen und vergrub die Schnauze zwischen den Vorderpfoten.

Hannah bedauerte, dass sie nicht an Streichhölzer gedacht hatte, um die Kerzen anzuzünden, die auf dem Altar standen. Sie kniete sich auf dem kalten Steinboden nieder und schickte ein inbrünstiges Gebet zum Himmel. Irgendjemand musste Anton Einhalt gebieten. Er durfte Sharon Newman nicht heiraten!

Sie erhob sich, nahm das leere Einmachglas, das in einer Nische unterhalb des Fensters stand, und verließ die Kapelle, um ein paar Blumen zu pflücken. An der Viehtränke hinter der Kapelle füllte sie das Glas mit Wasser. »Pass gut auf, Bruno«, sagte sie, als sie es neben dem Portal abstellte.

Bruno blinzelte in die Sonne, schloss erneut die Augen und legte eine Pfote über seine Schnauze.

Hannah lief in die Wiese hinein. Das hohe Gras umspielte ihre Beine. Als sie sich nach einer Kornblume bückte, spürte sie plötzlich einen stechenden Schmerz etwas oberhalb ihres linken Knöchels. Sie zog das Hosenbein ein Stückchen höher. Ihr Bein wirkte völlig unversehrt.

Das Madel hob die Schultern, pflückte noch ein paar Blumen und kehrte zur Kapelle zurück. An den kurzen Schmerz, den es vor wenigen Minuten empfunden hatte, dachte es nicht mehr.

Als Hannah die Blumen auf den Altar stellte, spürte sie an ihrem linken Bein eine flüchtige Berührung. Sie blickte an sich hinunter und entdeckte eine große, braune Spinne, die, wie es schien, aus ihrer Jeans gefallen war. Die Spinne lief in Richtung Fenster und blieb wie erstarrt stehen.

Hannah ging vorsichtig auf die Spinne zu. Sie zog heftig den Atem ein, als sie sah, was sich in ihrem Hosenbein befunden hatte. Es handelte sich bei diesem Achtbeiner eindeutig um ein besonders großes Exemplar der Wolfsspinnen, vermutlich ein Weibchen. Der etwa drei Zentimeter lange Körper besaß acht Augen, zwei vorne am Kopf über den mächtigen Beißwerkzeugen und sechs weitere auf dem Rücken. Sie spürte, wie ihr heiß und kalt wurde.

In die Spinne kam Leben. Sie rannte zum Fenster und verschwand dort unter einer Bank.

Hannah untersuchte ihren Fuß. Vorhin hatte sie nichts entdecken können, nun sah sie einen bereits erstarrten Blutstropfen und dicht daneben eine winzige Stelle, die wund schien.

»Verdammt!«, stieß sie hervor. Sie nahm an, dass die Spinne sie gebissen hatte, bevor sie in ihr Hosenbein gekrochen war. Sie konnte wirklich von Glück sagen, dass sie nicht noch ein zweites Mal gebissen worden war. Wolfsspinnen gehörten zur Familie der Taranteln. Ihr Gift war zwar für Menschen nicht lebensgefährlich, doch es verursachte nach einigen Stunden heftige Schmerzen.

»Das hat mir gerade noch gefehlt, Bruno«, sagte sie, als sie aus der Kapelle trat. »Komm, machen wir, dass wir heimkommen!« Eilig liefen sie den schmalen Weg hinunter zum Hof.

Die Stadler-Magdalena schüttelte nur den Kopf, als ihre Tochter heimkehrte. »Wo hast du denn gesteckt?«, fragte sie. »Läufst einfach davon, ohne jemanden was zu sagen.« Sie stemmte die Hände in die Seiten. »Was sind das für neue Sitten?«

»Ich war mit der Arbeit früher fertig als geplant, und deshalb bin ich mit Bruno zur Kapelle hinaufgelaufen«, erwiderte Hannah. »Als ich Blumen für den Altar gepflückt hab, hat mich eine Wolfsspinne erwischt.«

Die Wirtschafterin hob die Augenbrauen. »Bist du dir sicher? Ich hab schon ewig keine Wolfsspinnen mehr gesehen. Ein paar Jahre vor deiner Geburt war die Scheune, bei deren Brand dein Vater, Gott hab ihn selig, ums Leben gekommen ist, von Wolfsspinnen befallen. Es ist damals net leicht gewesen, ihrer Herr zu werden.« Sie wusch sich die Hände am Spülstein. »Lass mal sehen, Hannah!«

Hannah stellte ihren linken Fuß auf einen Schemel und schob das Hosenbein nach oben. Der Biss hatte sich inzwischen zu einem kreisrunden, etwa einen Millimeter tiefen Loch vom Durchmesser einer Zigarette vergrößert und war mit der wunden Stelle zusammengelaufen. Eine dunkle Blutkruste bedeckte ihn.

»Das ist eindeutig«, sagte die Stadlerin.

Klara Martens kam in die Küche. »Ist was passiert?«, fragte sie und stellte einen Korb mit Kirschen auf die Anrichte. »Ich war noch bei den Wenningers.«

»Die Hannah ist bei der Kapelle von einer Wolfsspinne gebissen worden«, sagte Magdalena. Sie klebte ein Pflaster über die Wunde.

»Dann sollte sich das auf jeden Fall der Haffner ansehen«, meinte die Bäuerin. »Wahrscheinlich brauchst du eine Auffrischung deiner Tetanusimpfung. Mit so was ist net zu passen, Hannah.«

»Im Moment spür ich noch gar nix.«

»Spätestens in drei Stunden wirst du das net mehr sagen.« Die Martens-Klara wandte sich der Tür zu. »Komm, ich fahr dich!«

Auch wenn Hannah keine Lust hatte, zum Arzt zu gehen, genoss sie die Fürsorge der Bäuerin und ihrer Mutter. Deshalb folgte sie bereitwillig zum Wagen ihrer Patin. Zudem war ihr etwas schwindlig, doch das sagte sie nicht.

Zwei Stunden später lag Hannah in einem Liegestuhl auf der Terrasse des Bauernhauses. Dr. Haffner hatte ihr eine Tetanusspritze gegeben und die kleine Wunde versorgt, zudem hatte sie von ihm Schmerztabletten bekommen.

»Sie sollten heute net mehr so viel herumlaufen«, hatte er verlangt. »Am besten, Sie legen den Fuß hoch.«

Dieser Meinung waren auch alle anderen gewesen, selbst ihre Mutter. Sie hatte ihr sogar das Mittagessen auf der Terrasse serviert, ein Luxus, den Hannah bisher noch nie genossen hatte.

Sie merkte, wie ihr linker Fuß anschwoll und nach und nach rot wurde. Inzwischen hatten auch die Schmerzen eingesetzt. Es fühlte sich an, als hätte sie den Fuß in kochendes Wasser getaucht. Die Tabletten brachten kaum etwas.

Hannah hörte, wie Anton heimkam. Sie fragte sich, ob er ein passendes Geburtstagsgeschenk für seine Sharon gefunden hatte. Was hatte er nur so lange in der Stadt getan? Mit spitzen Krallen griff erneut die Eifersucht nach ihr.

»Hallo, Hannah!«

Hannah wandte den Kopf. Anton trat durch die Terrassentür. Er stellte einen vollen Kaffeebecher auf den Schemel, der neben ihrer Liege stand.

»Du machst ja Sachen. Tut es sehr weh?«

»Ziemlich«, antwortete sie. »Danke für den Kaffee.«

»Gern geschehen.«

Anton zog sich einen Stuhl heran und setzte sich.

»Wolfsspinnen sind heutzutage net mehr so häufig. Sie stehen sogar auf der Roten Liste.«

»Das Exemplar, das mich gebissen hat, weiß vermutlich nichts davon, sonst wäre es vorsichtiger gewesen«, scherzte Hannah. »Es ist unter der Bank am Fenster verschwunden. Ich hätte drauftreten sollen, aber … Du weißt, ich kann so was net.«

»Ich weiß net, ob ich’s getan hätte«, gab er zu. »Ich …« Sein Handy klingelte. Er warf einen Blick aufs Display. »Entschuldige, Hannah.« Der junge Bauer stand auf und ging ins Haus.

Hannah ballte die Hände. Vermutlich war es Sharon, die anrief. Sicher war sie sich da allerdings nicht. Normalerweise telefonierten Sharon und Anton über das Internet, weil alles andere zu teuer gewesen wäre. Nun, wer auch immer anrief, der Anruf kam ihr ungelegen. Ausgerechnet, wenn sich Anton mal ihr widmete, musste er gestört werden!

***

Gegen Mitternacht ließen Hannahs Schmerzen endlich nach. Ihr Fuß fühlte sich auch nicht mehr so wund an. Von ihrem Bett aus blickte sie noch eine Weile durch das offene Fenster auf den Sternenhimmel, dann schlief sie ein.

Über den Tegernsee hinweg schwebte der Klang unzähliger Hochzeitsglocken, so, als hätten sich die Glocken aller Kirchen rund um den See vereint, um jedem einzelnen Menschen zu verkünden, dass in Gmund die Hochzeit des Martens-Anton mit der Stadler-Hannah gefeiert wurde.

Hannah blickte an sich hinunter. Sie trug ein helles, bodenlanges Hochzeitsdirndl, in dessen Stoff zarte Herzen eingestickt worden waren. Auf ihren Haaren saß eine prächtige Brautkrone. Sie bemerkte die verlangenden Blicke, die die Madeln in den Kirchenbänken Anton zuwarfen, doch sie war es, die er zum Traualtar führte.

Der feierliche Hochzeitszug endete vor der mit rotem Samt gepolsterten Bank, die vor dem Altar stand. Ihre Brautjungfer nahm ihr den Brautstrauß ab, bevor sie sich setzen.

»Ich liebe dich, Hannah«, flüsterte Anton. Er wollte sie küssen.

»Das darfst du erst später«, raunte sie ihm zu und blickte ihm in die Augen. »Hab noch ein bisserl Geduld.« Sie wandte sich dem Pfarrer zu, versuchte angestrengt, seinen Worten zu lauschen, was ihr sehr schwerfiel, weil sie es kaum noch erwarten konnte, mit Anton allein zu sein. Die tiefe Freude, die sie erfüllte, drohte ihre Brust zu sprengen.

Hinter ihnen schlug das Kirchenportal heftig zu.

»Nein!«, schrie eine schrille Stimme. »Nein, der Anton gehört mir!«

Eine in einen schwarzen Schleier gehüllte Frau stürzte auf Anton zu. Sie streckte die Hand nach ihm aus. Ohne zu zögern, ergriff er ihre Hand und lag im nächsten Augenblick in den Armen der Frau, um sie zu küssen.

Um Hannah herum öffnete sich der Boden. Flammen schossen aus ihm hervor, während unsichtbare Hände sie in die Tiefe zogen.

»Nein!«

Hannah erwachte von ihrem eigenen Schrei. Zitternd, die Arme um sich geschlungen, saß sie im Bett. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie es schaffte, das Licht einzuschalten.

Sie hatte geträumt! Es war alles nur ein Traum gewesen! Aufschluchzend vergrub sie das Gesicht in den Händen. Für sie bestand kein Zweifel daran, dass es sich bei der verschleierten Frau um Sharon Newman gehandelt hatte. Unbändiger Hass auf die Neuseeländerin erfüllte sie.

Hannah stand auf und lief barfuß auf den Balkon hinaus. Noch immer rannen Tränen über ihr Gesicht. Der Mond hatte sich hinter einer Wolke verborgen. Sie richtete den Blick auf die Berge, die sich einer schwarzen Wand gleich, in der Ferne erhoben. Plötzlich kam der Mond hinter der Wolke hervor. Sein Licht ergoss sich über die Berge und tauchte sie in einen silbernen Schein. Hannah erschien es wie ein gutes Omen.

Sie kehrte ins Zimmer zurück. Unmöglich, jetzt zu schlafen! Noch immer barfuß, trat sie in den Gang und huschte zu Antons Zimmer auf der anderen Seite. Ihr Herz schlug bis zum Hals, als sie seine Zimmertür öffnete.

Das Mondlicht, das durchs offene Fenster fiel, gab den Blick auf sein Bett frei. Um Hannahs Lippen huschte ein Lächeln. Anton lag mit dem Rücken zu ihr. Seine Bettdecke hing halb auf dem Boden. Die Beine hatte er angezogen. Sein Kopf ruhte auf der linken Hand.

Hannah überlegte, ob sie sich einfach zu ihm legen sollte. Wie wundervoll musste es sein, wenn er sie im Schlaf an sich zog. Wie …

Von hinten legte sich eine Hand auf ihren Mund. Mit einem heftigen Ruck wurde sie zurückgezogen.

»Bist du denn von Sinnen, Madel!«, stieß ihre Mutter flüsternd hervor. Sie nahm die Hand von Hannahs Mund und schloss fast lautlos Antons Zimmertür. Gleich darauf zerrte sie ihre Tochter zu deren Zimmer und stieß sie hinein.

»Ich bin aufgewacht und wollte nach Anton sehen«, verteidigte sich Hannah.

»Seit wann muss man in der Nacht nach dem Anton sehen?«, fragte die Stadler-Magdalena wütend und höhnisch zugleich. »Er ist kein kleiner Bub mehr. Also, hör auf, mir was vorzumachen, Hannah.« Kopfschüttelnd sah sie die Tochter an. »Was hast du dir nur dabei gedacht?«

Hannah hob die Schultern. Schließlich konnte sie ihrer Mutter nichts von dem Albtraum sagen. Wenn sie ihr davon erzählte, würde sie das nur noch mehr aufbringen.

»Zum Glück musste ich ins Bad, sonst hätte ich dich net vor Antons Zimmer erwischt.« Magdalena legte eine Hand auf die Schulter ihrer Tochter. »So kann’s net weitergehen, Hannah. Du benimmst dich wie ein Flittchen. Stell dir vor, Onkel Paul oder Tante Klara hätten dich vor Antons Zimmertür gesehen. Net auszudenken! Oder der Anton hätte dich bemerkt.«

»Ich hab ihn so lieb, Mutter. Mir zerreißt das Herz, wenn ich daran denke, wie bald er schon diese Frau in seine Arme schließen wird.«

»Du bist nicht das erste und net das letzte Madel, dessen Liebe, wenn’s überhaupt Liebe ist, net erwidert wird«, erklärte ihre Mutter. »So was gehört zum Erwachsensein. Und ehrlich, Hannah, mit zwanzig sollte man alt genug sein, sich mit so was abzufinden.«

»Ich will’s aber net!«

Magdalena Stadler stieß heftig den Atem aus. »Dir ist einfach net zu helfen, Hannah«, meinte sie bitter und wandte sich der Tür zu. »Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, vergiss bei der nächsten Beichte net, deine sündigen Gedanken zu gestehen. Vielleicht gelingt’s dem Herrn Pfarrer, dich zur Vernunft zu bringen.« Zornig verließ sie das Zimmer.

Hannah starrte auf die geschlossene Tür. Was sollte sie nur tun? Sharons Ankunft rückte mit jeder Minute, die verging, näher. Am ganzen Körper zitternd, legte sie sich ins Bett und zog die Decke bis zu ihrer Kinnspitze. Verzweifelt weinte sie in ihr Kissen.

***

Während der nächsten Tage kam Hannah still ihrer Arbeit nach. Ihrer Mutter ging sie, so weit das möglich war, aus dem Weg. Sie vermied es, längere Zeit mit ihr allein zu sein.

So einsam wie jetzt hatte sie sich noch nie zuvor gefühlt. Es kam ihr oft vor, als hätte man sie auf einer unbewohnten Insel ausgesetzt. Natürlich hätte sie auch mit ihren früheren Schulfreundinnen im Dorf über ihren Kummer sprechen können, doch das wollte sie nicht. Zudem hatte sie auch ihnen gegenüber früher stets davon gesprochen, dass der Anton und sie eines Tages heiraten würden. Da inzwischen fast jeder in Gmund von Anton und dieser Neuseeländerin wusste, machte man sich hinter ihrem Rücken vermutlich sowieso schon über sie lustig.

Hannah dachte an Christophs Anruf. Er hatte sie gefragt, ob sie Lust hätte, mit ihm ins Kino zu gehen. Sie hatte behauptet, zu beschäftigt zu sein. Was sollte es für einen Sinn haben, Christoph womöglich Hoffnung auf mehr zu machen? Chris musste endlich einsehen, dass ihr Herz einzig und allein Anton gehörte.

Da sich Bruno während des Sommers tagsüber fast nur im Freien aufhielt, brachte ihm Hannah mittags sein Fressen in den Hof. Brunos Gehör ließ zwar langsam nach, aber das Klappern seiner Futterschüssel hörte er selbst aus einigen Metern Entfernung. Kaum hatte Hannah die Schüssel auf den Boden gestellt, kam er auch schon angerannt.

»Verfressen wie eh und je«, meinte Hannah amüsiert und kraulte ihn hinter den Ohren. »Lass es dir schmecken, Bruno!« Sie tätschelte seinen Rücken und kehrte in die Küche zurück.

Samstags arbeiteten die beiden Knechte nur bis zum Mittag auf dem Hof. So saßen die Martens und die Stadlers allein an dem großen Küchentisch. Die Wirtschafterin hatte einen Gemüseeintopf mit Mettwürsten gekocht, der allen ausgezeichnet schmeckte.

»Ich muss heute Nachmittag auf den Baumwiesen die Apfel- und Zwetschgenbäume abstützen«, sagte Anton. »Die Bäume werden dieses Jahr mit der Last der Früchte kaum fertig. Net, dass uns die Äste runterbrechen.« Er wandte sich seinem Vater zu. »Hast du schon was vor, oder kannst du mich begleiten?«

»Ich würde dir gern helfen, Anton«, warf Hannah ein, bevor der Bauer antworten konnte.

»Das ist kein Geschäft für ein Madel«, lehnte Anton ab.

»Nun, das will ich net behaupten«, meinte seine Mutter. »Ich hab früher dem Vater auch bei solchen Arbeiten geholfen. Also, nimm die Hannah ruhig mit.«

»Sie sollte mir heute Nachmittag beim Backen zur Hand gehen«, mischte sich die Wirtschafterin ein. »Wir brauchen noch ein paar Kuchen für den morgigen Gemeindebasar.«

»Da kann ich dir auch helfen, Magdalena«, erwiderte Klara Martens. »Ich hab heute Nachmittag ohnehin nix Wichtiges zu tun, und dem Paul tut’s mal ganz gut, sich ein bisserl auszuruhen.«

»Das kann ich auch, wenn ich dem Anton helfe«, erklärte der Bauer, weil er seine Frau durchschaute. Er wusste ja, dass sie stets Hannah an der Seite des Sohnes gesehen hatte. Gut, er hätte auch nichts gegen die Hannah als Schwiegertochter gehabt, doch der Anton hatte sich nun mal in Sharon Newman verliebt. Er sah nicht ein, weshalb er das nicht unterstützen sollte. »Ich werde dir bei den Bäumen helfen, Anton.« Er zwinkerte seiner Frau zu. »So schnell lass ich mich net auf das Altenteil schieben, Klara.«

Die Martens-Klara sah ein, dass sie verloren hatte. »Ich werde dich net dran hindern. Nur, beschwere dich hinterher net, wenn dir der Rücken schmerzt«, meinte sie.

»Frauen«, scherzte der Bauer. »Komm, Anton, wir machen, dass wir das Weite suchen.« Er stand auf.

»Ich muss vorher noch was erledigen, Vater.« Anton erhob sich ebenfalls. Mit raschen Schritten verließ er die Küche.

»Ich werde euch trotzdem beim Backen helfen«, sagte die Bäuerin. »Gebt mir Bescheid, wenn’s so weit ist. Ich bin in der Stube und werf einen Blick in die Zeitung. Heute Morgen bin ich net dazu gekommen.«

Hannah räumte den Tisch ab und stellte das Geschirr in die Spülmaschine. Die ganze Welt schien sich gegen sie verschworen zu haben. – Nein, nicht die ganze Welt! Antons Mutter stand auf ihrer Seite!

Magdalena Stadler war zu ihrer Schlafstube hinaufgegangen, um sich für ein paar Minuten auf den Balkon zu setzen und sich auszuruhen. Sie war seit dem frühen Morgen auf den Beinen und hatte kaum Gelegenheit gefunden, sich einmal hinzusetzen.

Sie fragte sich, was sie mit ihrer Tochter tun sollte. Hannah schien es völlig egal zu sein, was andere Leute über sie dachten. Sie überlegte, ob sie Hannah für einige Zeit zu ihrer Schwester nach Kreuth schicken sollte, deren Leben in den engen Grenzen verlief, die sie sich selber gesetzt hatte.

Eine Lösung sah Magdalena darin allerdings auch nicht. Schließlich war es von Kreuth nach Gmund mehr oder weniger ein Katzensprung, außerdem würde sich Hannah weigern, den Martens-Hof zu verlassen, zumal sie ihre Tante nicht mochte. Den meisten Leuten fiel es schwer, mit Gertrud Reimann auszukommen. Böse Zungen behaupteten sogar, sie hätte ihren Mann ins frühe Grab getrieben.

Hannah band sich die Schürze ab und verließ die Küche. Auf dem Weg zur Treppe kam sie an der Wohnstube vorbei. Von drinnen hörte sie Antons Stimme. Abrupt blieb sie stehen.

»Ich hab nix gegen die Hannah, und das weißt du genau, Mutter. Ich kann’s nur net leiden, wie sie sich mir an den Hals wirft.«

»Die Hannah ist ein nettes Madel. Du kennst sie seit ihrer Geburt. Ihr seid stets gut miteinander ausgekommen. Glaub mir, sie ist die Richtige für den Hof. Net, dass ich was gegen die Sharon hätte, ich denk nur, die Hannah …«

»Die Hannah und ich sind net füreinander bestimmt, Mutter, also versuch bitte net ständig, uns zusammenzubringen«, fiel Anton der Bäuerin ins Wort. »Auch wenn ich nie vergessen werde, dass mir Onkel Jakob das Leben gerettet hat und ich mein Lebtag um ihn trauern werde, kann ich die Hannah net heiraten. Begreif endlich, dass ich die Hannah net liebe und mir ihre Klammerei gewaltig auf die Nerven geht.«

Hannah hatte genug gehört. Abwechselnd wurde ihr heiß und kalt. Langsam wich sie zurück. Wie konnte Anton so von ihr sprechen? Wie konnte er so ihre Liebe mit Füßen treten?

Tränen des Schmerzes und der Wut traten in ihre Augen. Zornig presste sie die Lippen aufeinander. So durfte der Anton net mit ihr umgehen. Ihr fiel Christoph ein. Sie beschloss, ihn anzurufen. Vielleicht konnte sie Anton mit Chris eifersüchtig machen.

In ihrem Zorn kam ihr nicht einmal in den Sinn, was sie Christoph damit antat, und selbst, wenn sie in diesen Moment daran gedacht hätte, wäre es ihr egal gewesen.

***

»Schaut aus, als wolltest du heute noch ausgehen«, meinte die Stadler-Magdalena überrascht, als ihre Tochter in einem schicken Kleid, sorgfältig frisiert und mit Schuhen mit hohen Absätzen in die Küche kam. »Hat dich jemand eingeladen?« Hoffnung schwang in ihrer Stimme mit.

Hannah nickte. »Ich geh mit dem Christoph ins Kino«, antwortete sie, als sie sich zum Abendessen an den Tisch setzte.

»Deshalb ist der Christoph so guter Laune gewesen, als wir vor zwei Stunden miteinander telefoniert haben«, sagte Anton. »Kein Wort hat er mir davon verraten, dass ihr beide ins Kino gehen wollt. Da kann ich euch nur viel Spaß wünschen.«

»Den werden wir bestimmt haben«, erklärte Hannah herausfordernd. »Ich weiß noch net, wann ich heimkomme. Nach dem Kino gehen wir bestimmt noch woandershin.«

»Der Christoph ist ein feiner Bursche«, bemerkte Paul Martens. »Das Madel, das den mal bekommt, wird nix zu klagen haben.«

»Wir gehen nur ins Kino, Onkel Paul«, sagte Hannah. »Obwohl …« Sie sprach nicht weiter, sondern griff nach einer Scheibe Brot.

Sie saßen noch beim Essen, als der Wenninger-Christoph kam.

Anton ließ seinen Freund ins Haus. »Tut mir leid, wenn ich störe«, entschuldige sich der junge Bursche, nachdem er allen einen guten Abend gewünscht hatte.

»Du störst net, Christoph«, meinte der Bauer. »Komm, setz dich zu uns? »Magst was essen und trinken?«

»Danke, ich hab schon gegessen.«

Keinem am Tisch entging, mit welch innigen Blicken der junge Bursche Hannah ansah. Magdalena hätte ihn am liebsten in die Arme genommen und sich bedankt, weil es ihm gelungen war, Hannah zu überreden, den Abend mit ihm zu verbringen.

»Ich bin gleich so weit, Christoph.« Hannah wusch sich am Spülstein die Hände, bevor sie seinen Arm ergriff.

»Viel Spaß!«, wünschte ihnen ihre Mutter, als sie die Küche verließen. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, seufzte sie leise auf. Es kam ihr vor, als wären ihre Gebete erhört worden. Endlich wurde ihre Tochter vernünftig.

Die Martens-Klara stand auf und blickte aus dem Fenster. »Ein schönes Paar«, bemerkte sie, aber der Ton ihrer Worte klang nicht so, als glaubte sie an das, was sie sah.

»Der Christoph hat seit ewigen Zeiten ein Auge auf die Hannah geworfen«, sagte Anton. »Würde mich für ihn freuen, wenn’s net bei diesem einen Abend bleiben würde.«

Hannah ließ es zu, dass ihr Christoph beim Anschnallen half. »Du hättest sehen sollen, was alle für Augen gemacht haben, als ich ihnen sagte, dass wir miteinander ausgehen.«

»Ich war auch sehr überrascht, als du mich angerufen hast«, gestand Christoph. »Ich hatte net mehr damit gerechnet, dass du meine Einladung annimmst.« Er strich sanft über ihr Knie. »Ich freu mich so, Hannah. Es ist, als fielen Weihnachten und Ostern auf einen Tag.«

In Hannah regte sich das schlechte Gewissen. Sie wusste nur zu gut, was für ein Unrecht sie Christoph zufügte. »Wir werden bestimmt einen schönen Abend haben.«

»Da bin ich mir gewiss.« Der junge Bursche ließ den Wagen an. »Von meinen Eltern soll ich dir einen schönen Gruß bestellen.«

»Danke.« Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.

Da die Dämmerung hereingebrochen war, brannten rund um den See bereits die Lichter. Sie spiegelten sich im dunklen Wasser. Von einem Ausflugsschiff, das auf Gmund zusteuerte, klang durch das offene Wagenfenster Musik.

»Wir könnten mal eine Fahrt mit einem der Ausflugsdampfer machen«, schlug Christoph vor. »Besonders am Abend ist das sehr schön. Vor zwei Jahren haben wir den Geburtstag meines Vaters auf so einem Schiff gefeiert.«

»Ich bin schon ewig net mehr über den See gefahren«, antwortete Hannah. Sie lachte. »Schon seltsam, da wohnt man fast in unmittelbarer Nähe des Tegernsees und nimmt net wahr, was er zu bieten hat.«

»Das ist auch oft so bei Leuten, die am Meer wohnen.«

Sie fuhren jetzt durch Tegernsee in Richtung Rottach-Egern. Hannah genoss die Fahrt. Es gefiel ihr, neben Christoph im Wagen zu sitzen. Schade, dass ich mich net in dich verlieben kann, dachte sie.

Die jungen Leute parkten in der Nähe des Kinos. Da sie bis zur Verstellung noch etwas Zeit hatten, gingen sie eine Tasse Kaffee trinken. Christoph erzählte, dass er sich vorgenommen hatte, im nächsten Jahr an die Ostsee zu fahren.

»Ich bin noch nie am Meer gewesen«, sagte er.

»Ich auch net.« Hannah hob die Schultern. »Ich bin nur während meiner Schulzeit mal aus Bayern rausgekommen. Wir waren mit der Klasse am Rhein. Es war schön. Die Woche ging viel zu schnell vorbei.« Sie nippte an ihrem Kaffee. »Meine Mutter ist net so fürs Reisen. Sie schläft lieber in ihrem eigenen Bett. Ich würde gern mal die Toskana sehen oder Andalusien.«

»Die Toskana und Andalusien würden mich auch interessieren«, erwiderte Christoph. »Als Bub war ich mit meinen Eltern mal in Griechenland und das Jahr drauf in Frankreich.« Er blickte ihr ins Gesicht. »Vielleicht könnten wir mal zusammen irgendwo hinfahren?«

»Net alle Träume gehen in Erfüllung, aber wer weiß?«

»Man muss nur ganz fest dran glauben.« Der junge Bauer warf einen Blick zur Uhr. »Es wird Zeit, Hannah, sonst versäumen wir noch den Anfang des Films.«

Halb und halb hatte Hannah befürchtet, dass ihr der Film, den ihr Christoph vorgeschlagen hatte, nicht gefallen würde, doch sie verbrachten zwei wirklich vergnügliche Stunden im Kino. Walking on Sunshine hielt, was im Kinoprogramm versprochen worden war, Spaß und viel Musik. Dass ihr Begleiter während des Films immer wieder ihre Hand ergriff und einmal sogar den Arm um sie legte, machte ihr nichts aus. Ohne es sich bewusst zu machen, empfand sie es sogar als angenehm.

»Was machen wir mit dem angebrochenen Abend?«, fragte Christoph, als sie nach zehn das Kino verließen. »Ich würde dich gern zu einem Eis einladen.«

»Warum net? Lass uns zum See hinuntergehen und dort das Eis essen«, schlug Hannah vor.

»Gern.«

Begleitet von Walzerklängen, gingen sie Hand in Hand durch den Park. Im Kurhaus fand an diesem Abend eine Hochzeit statt. Mehrere festlich gekleidete Leute standen an hohen Tischen vor dem Haus und unterhielten sich miteinander. In ihrer Nähe spielten drei Kinder Fangen.

An einem Kiosk in der Nähe des Sees kaufte Christoph das Eis. Bevor sie sich auf eine der Bänke setzten, die am Wasser standen, drehten sie sich um und schauten zum Wallberg hinauf.

»Wie wär’s, wenn wir morgen einen Ausflug auf den Wallberg machen?«, fragte der junge Bauer.

Sie schüttelte den Kopf. »Das geht leider net. Ich helfe meiner Mutter beim Gemeindebasar. Ich weiß gar net, für welchen guten Zweck der Erlös des Basars dieses Jahr bestimmt. Ist auch egal. Meine Mutter, Tante Klara und ich haben heute jedenfalls Stunden mit dem Backen verbracht.«

»Du musst mir morgen sagen, welchen Kuchen du gebacken hast, damit ich den richtigen kaufe.«

»Es sind mehrere.«

»Ich werde sie alle probieren.«

»Pass auf, dass ich dich net beim Wort nehme, Christoph!« Hannah boxte ihm spielerisch in die Seite.

Er legte den Arm um sie. »Schön ist’s mit dir. So einen Abend sollten wir bald wiederholen.«

Statt einer Antwort lehnte Hannah den Kopf an seine Schulter. Erschrocken richtete sie sich auf. Was tat sie da? Und warum erschien es ihr ganz natürlich, sich an Christoph zu lehnen? Sie hatte doch nichts getrunken!

Kurz vor Mitternacht brachte der junge Bauer Hannah nach Hause. Er stieg aus und ging mit ihr zur Haustür. »Danke für den wunderbaren Abend«, sagte er. »Ich freu mich schon auf morgen.«

»Ich mich auch.«

Christoph küsste sie auf die Wange. »Schlaf gut, Hannah, und träum was Schönes!«

»Das werde ich.« Sie schloss die Haustür auf.

Der junge Bursche wartete, bis sie das Haus betreten hatte, bevor er in seinen Wagen stieg und durch das Hoftor fuhr.

Das junge Madel schlich an der Treppe vorbei zur Hintertür und verließ das Haus.

Bruno rannte auf sie zu und schmiegte sich an sie.

»Du bist ja auch noch wach!« Sie umarmte ihn. »Und nun ab!«

Der alte Border Collie trollte sich.

Vorsichtig ging Hannah in den Garten hinein. Aus einiger Entfernung blickte sie zu Antons Zimmer hinauf. Es brannte noch Licht. Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie ins Haus zurückkehrte.

Leise stieg sie die Treppe hinauf und klopfte an Antons Zimmertür. Sie musste nicht lange warten, bis er ihr öffnete. Verblüfft sah er sie an.

»Ich wollt dir nur sagen, was für einen schönen Abend der Christoph und ich miteinander verbracht haben.« Hannah schob sich an Anton vorbei ins Zimmer. Er hatte am Computer gesessen und über Skype mit Sharon gesprochen.

»Das hättest du mir auch noch morgen sagen können, Hannah«, erwiderte er nicht gerade freundlich und drängte sie aus dem Zimmer. Energisch schloss er die Tür.

Wütend starrte das Madel auf die geschlossene Zimmertür.

»Es ist nur die Hannah gewesen, Liebes«, hörte sie den jungen Bauern sagen. »Sie wird von Tag zu Tag lästiger.«

***

Sonntags mussten die Bewohner des Martens-Hofes das Vieh allein versorgen, deshalb halfen auch die Stadler-Magdalena und die Bäuerin mit. Nachdem sie geduscht und sich umgezogen hatten, nahmen sie gemeinsam das Frühstück ein und machten sich danach für den Kirchgang zurecht. Vorher brachten Anton und sein Vater noch die Kuchen und Brote, die am Vortag gebacken worden waren, zum Gemeindehaus, in dem einige der Frauen schon seit dem frühen Morgen standen und das gemeinsame Mittagessen vorbereiteten.

Die Wenningers waren bereits eingetroffen. Sie standen mit dem Bürgermeister zusammen. Als Christoph Hannah sah, ging er auf sie zu, um sie, die Martens und ihre Mutter zu begrüßen.

»Wie ich hörte, hattet ihr gestern einen schönen Abend«, meinte der Martens-Anton zu seinem Freund.

»Ja, das kann man wohl sagen, net wahr, Hannah?« Christoph nahm ihre Hand. »Wir hatten jede Menge Spaß.«

»Das freut mich«, sagte Anton und meinte es durchaus ehrlich. Immerhin lag es auch in seinem Interesse, dass aus seinem Freund und Hannah ein Paar wurde. Er fragte sich, weshalb sie am Vorabend in sein Zimmer gekommen war, wenn es Christoph war, dem sie nun ihr Herz schenkte.

»Christoph plant, nächstes Jahr an die Ostsee zu fahren. Vielleicht werde ich ihn begleiten.« Hannah bedachte Chris mit einem strahlenden Lächeln.

Magdalena Stadler, die unweit der jungen Leute stand, schickte ein stummes Dankgebet Richtung Himmel.

»Ich hoffe, es klappt.« Christoph nahm Hannahs Arm. Gemeinsam betraten sie die Kirche.

Hannah war sich bewusst, dass sie mit dem Feuer spielte, trotzdem konnte sie nicht anders. Es musste ihr gelingen, Anton eifersüchtig zu machen. Es gefiel ihr, dass er während des Gottesdienstes mehrmals verstohlen zu ihr und Christoph schaute. Sie hatte ihm einiges zum Nachdenken gegeben.

Ein Großteil der Dorfbewohner versammelte sich nach dem Gottesdienst auf der Gemeindewiese, wo schon am frühen Vormittag Tische und Bänke aufgestellt worden waren. Christoph und sein Vater setzten sich zu den Stadlers und den Martens’.

Vroni Wenninger war zum Dienst in der Küche eingeteilt. Es gab Weißwürste, Schnitzel, Salate und Pommes frites. Die Landfrauen hatten alle Hände voll zu tun, bis alle Gäste versorgt waren, zumal auch Auswärtige und Touristen zum Kirchenbasar gekommen waren.

Nach dem Mittagessen öffneten die Stände, an denen Hand- und Schnitzarbeiten, selbst gemachte Marmelade, Honig, Säfte und Wurst aus eigener Herstellung verkauft wurden. Auf einer provisorischen Bühne wurden Sketche und Volkstänze vorgeführt. Anton und Christoph beteiligten sich daran.

Hannah hätte Anton stundenlang zuschauen können. Er war schon als kleiner Bub in einer Volkstanzgruppe gewesen, während sie nie daran Gefallen gefunden hatte, öffentlich aufzutreten. Zudem hatte auch ihre Mutter etwas dagegen gehabt. Der Christoph machte allerdings auch keine schlechte Figur. Er konnte genauso gut tanzen wie sein Freund.

Langsam wurde es für Hannah Zeit, ins Gemeindehaus zu gehen, wo der Kuchen und der Kaffee verkauft wurden. Sie hatte ihrer Mutter und der Martens-Klara versprochen, beim Verkauf zu helfen.

Christoph kam zusammen mit Anton an die Verkaufstheke. »Na, welchen Kuchen hast du gebacken?«, fragte er.

»Du hast versprochen, von jedem zu probieren«, scherzte sie. »Hoffentlich passt nach dem Mittagessen noch was in deinen Magen.«

»Für dich würde Christoph sogar eine Magenverstimmung in Kauf nehmen«, meinte Anton. Er ließ sich von seiner Mutter ein Stück Kirschkuchen geben.

Es sah nicht aus, als wäre er auf seinen Freund eifersüchtig. In Gedanken seufzte Hannah auf. Zudem regte sich wieder ihr schlechtes Gewissen, dennoch zwinkerte sie Christoph verführerisch zu, als sie ihm den Kuchenteller reichte. »Ich hab dir von jedem ein kleines Stückerl abgeschnitten.«

»Notfalls helf ich dir, Christoph«, versprach Anton und legte eine Hand auf die Schulter des Freundes.

Nach zwei Stunden wurde Hannah von einem anderen jungen Madel an der Kuchentheke abgelöst. Sie setzte sich an den Tisch ihrer ehemaligen Schulfreundinnen. Einige Meter entfernt saßen Anton und Christoph im Kreis ihrer Freunde. Die jungen Burschen hatten jetzt Bier und Brezeln vor sich.

»Was guckt du ständig zum Christoph hinüber?«, fragte die Tochter des Tierarztes. »Schaut aus, als wärst du bis über beide Ohren in ihn verliebt, Hannah.«

»Dabei wolltest du dir den Anton angeln«, sagte eines der anderen Madeln. »Ja, so ändern sich die Zeiten.«