Helgas Liebeserwachen - Franziska Fairytale - E-Book

Helgas Liebeserwachen E-Book

Franziska Fairytale

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Beschreibung

Helga ist schon viele Jahre mit Tjark zusammen. Eines Abends stellt Helga fest, dass sie seit längerer Zeit nur noch nebeneinander her leben. Sie fragt sich an diesem Abend, ob sie ihn eigentlich noch liebt, oder ob die Beziehung nur noch reine Gewohnheit ist. Um Klarheit zu bekommen, fährt sie übers Wochenende zu ihren Eltern. Dann nehmen die Dinge ihren Lauf...

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Seitenzahl: 82

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Inhaltsverzeichnis

Zweifel

Aufwachen

Wiedersehen

Kennenlernen

Treffen

Aufbruch

Klärung

Die Autorin

Zweifel

Helga fühlte wie die Hände ihren Körper streichelten. Sie spürte die Wärme der Sonne auf der Haut, hörte das Rauschen des Meeres.

„Du bist eine wunderbare Frau“, hörte sie seine Stimme. „Ich habe lange nach dir gesucht. Nun habe ich dich endlich gefunden und werde dich nie mehr loslassen.“

Irgendetwas war anders. Nur was? War es richtig?

Wieder hörte sie die Stimme: „Ich liebe dich. Ich möchte dich nicht nur am Wochenende sehen, sondern den Alltag mit dir teilen. Ich möchte mit dir zusammen wohnen und dich heiraten.“

Wer war der Mann? Es war nicht Tjarks Stimme.

Sie sah sein Gesicht. Es war braun gebrannt, hatte dunkle Haare und braune Augen. Tjark war blond und blauäugig. – Nein richtig blond war auch nicht mehr. Der Bart war inzwischen fast vollständig ergraut. Im Haupthaar befanden auch schon viele graue Strähnen, die Schläfen waren komplett grau. Eigentlich eine Haarfärbung, auf die Frauen fliegen. Auf Helga wirkte es allerdings nicht mehr.

„Denke über meine Worte nach“, hörte sie die Stimme noch einmal.

Dann öffnete sie die Augen und sie brauchte einige Zeit, um sich zu orientieren. Sie war in ihrem Schlafzimmer, lag in ihrem Bett und fror. Der Wind heulte um ihr kleines Haus, Regen und Graupelschauer peitschten gegen die Fensterscheiben. Sie war allein. Es war also nur ein Traum gewesen.

Allerdings ein sehr realistischer, denn sie meinte das Salz des Meeres auf ihren Lippen zu schmecken. Die Haut roch nach Sonne.

Helga zog sich einen dicken Pullover und Wollsocken an. Dann ging sie in die Küche und kochte sich einen Ingwertee. Als der Tee fertig war, kroch sie wieder in ihr Bett. Dabei behielt sie allerdings Pullover und Socken an. Langsam wurde ihr warm. Sie dachte über ihren Traum nach. Inzwischen war ihr klar, das es ein Traum gewesen sein musste. Sie kannte weder die Stimme, die sie gehört hatte, noch das Gesicht des Mannes. Seit einer gefühlten Ewigkeit war sie mit Tjark zusammen.

Wie lange eigentlich genau? Über zehn Jahre – ja das war sicher. Waren es schon 20 Jahre? Nein, wahrscheinlich nicht, obwohl sie es nicht genau sagen konnte.

Was waren Sie eigentlich? Verheiratet waren sie nicht. Meist nannte er sie „meine Frau“. Aber hieß „meine Frau“ nicht auch, dass man regelmäßig oder zumindest überhaupt noch ab und an miteinander schlief? Damit meinte sie nicht nur, die Nacht nebeneinander im selben Schlafzimmer zu verbringen, oder in der Nacht nebeneinander im selben Bett zu liegen. Mann und Frau war man, wenn auch Sexualität eine Rolle in ihrem gemeinsamen Leben spielte. Und das war schon lange nicht mehr der Fall. Helga machte sich noch einen Tee und diesmal tat sie einen kräftigen Schuss Rum hinein, bevor sie sich wieder in ihr Bett verkroch um nachzudenken.

Sie war todunglücklich gewesen, als sie sich entschlossen hatte, hierher zu kommen.

Eigentlich war sie in einer glücklichen Beziehung mit Jan – dachte sie.

Als sie früher von einer Fortbildung zurück kam, hatte sie nicht angerufen, sondern wollte ihn in ihrer gemeinsamen Wohnung überraschen. Sie hatte Sushi und Wein für ein Candle Light Dinner besorgt.

Es gab eine riesige Überraschung, allerdings überhaupt nicht in Helgas Sinne. Jans Auto stand vor der Tür. Ein gutes Zeichen also: er war zu Hause. Als sie die Wohnungstür öffnete, meinte sie ein Parfüm zu riechen. Seltsam, es war keiner der Düfte, die sie ab und an verwendete.

Jans Jeans lag im Flur. Was war geschehen? Normalerweise war er ein sehr ordentlicher Mensch, zog sich im Schlafzimmer aus und legte seine Sachen glatt über einen Stuhl.

Ein Stückchen weiter fand Helga ein Tanktop. Eigentlich ein weibliches Kleidungsstück. Was hatte das zu bedeuten?

Direkt vor der Schlafzimmertür lag das T–Shirt, dass sie Jan im letzten Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte.

Es wurde immer merkwürdiger. Die Schlafzimmertür war nur angelehnt. Helga öffnete sie leise. Was sie dann sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren:

In ihrem Bett vergnügte Jan sich mit einer anderen Frau. Die beiden waren so in ihr Treiben versunken, dass sie Helga nicht wahrnahmen, obwohl sie alles tat, um sich bemerkbar zu machen. Erst als beide fast gemeinsam zum Höhepunkt gelangt waren und erschöpft ineinander verschlungen liegen blieben, bemerkten sie Helga, die inzwischen direkt vor dem Bett stand. Die Frau schrie vor Entsetzen auf. Jan hingegen blieb ganz ruhig, verbarg seine Blöße unter einer Bettdecke.

„Du bist früher zurück“, sagte er. „Warum hast du vorher nicht angerufen?“

Tränen schossen Helga in die Augen. Sie konnte nicht antworten. Fluchtartig verließ sie die Wohnung, floh zu ihren Eltern.

Es dauerte einige Tage, bis sie ihren Eltern erklären konnte, was geschehen war. Sie meldete sich auf der Arbeit erst einmal krank. Nach zwei Wochen wusste sie aber, dass sie an diesen Ort nicht bleiben konnte, denn es gab zu viele Erinnerungen und gemeinsame Freunde. Sie beschloss, Flensburg zu verlassen und irgendwo anders ein neues Leben zu beginnen. Konsequent kündigte sie ihre Arbeitsstelle. Da sie noch ausreichend Resturlaub hatte, musste sie nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehren oder Erklärungen abgeben. Auch von ihren Freunden und Bekannten distanzierte Helga sich. Sie zeigten ihr zwar ihr Mitleid, überschütteten Helga aber gleichzeitig mit guten Ratschlägen und erklärten ihr regelmäßig, dass das alles nicht passiert wäre, wenn sie sich mehr um Jan gekümmert und nicht den ganzen Tag gearbeitet hätte.

Die Wochen in Flensburg zogen sich, das Leben dort wurde für Helga die Hölle. Überall wurde sie an ihre glückliche Zeit mit Jan erinnert. Wenn sie mal zufällig Freunde oder Bekannte traf, erzählten diese ihr, dass Jan inzwischen mit seiner neuen Flamme zusammengezogen und überglücklich war. Er hatte endlich die Frau gefunden, die perfekt zu ihm passte.

Helga konnte es kaum noch ertragen, stellte sich in ihren Träumen manchmal vor, wie sie ihre Kenntnisse über schwer oder gar nicht nachzuweisende Gifte, die sie in ihrem Doppelstudium der Biologie und Chemie erworben hatte, dazu nutzen würde, Jan und seine neue Frau ohne nachweisbare Spuren umzubringen.

Nach drei Monaten war es endlich soweit: Helga bekam eine Stelle in München. Glücklich machte sie sich auf die Suche nach einer neuen Wohnung. Dabei musste sie schnell feststellen, dass die Gehälter in Bayern zwar etwas höher als die im Norden waren, die Mieten aber mehr als doppelt so hoch. Viel würde ihr nicht zum Leben und vor allem nicht zum Ausgeben bleiben. Trotzdem war sie optimistisch. Am Ende ihrer halbjährigen Probezeit zweifelte Helga schon, ob sie wirklich in München bleiben sollte. Außerhalb der Arbeit hatte sie noch immer keine Kontakte zu Menschen hier. Und die Kollegen unternahmen nur selten nach Feierabend etwas mit ihr. Sie hatten es eilig, zu Familie und Freunden zurückzukehren.

Trotzdem genoss Helga die Zeit: nach Feierabend machte sie lange Radtouren, sonnte sich im englischen Garten, badete in der Isar. Sie genoss das Wetter. Es war deutlich wärmer als im Norden, Wind gab es nur selten, Sturm hatte sie noch nicht erlebt.

Doch dann kam der Winter. Und mit ihm kamen Dunkelheit, Kälte und Schnee, viel Schnee. Autofahren wurde zur Qual für Helga. Meist ließ sie das Auto stehen und fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. Aber dann musste sie weit zu Fuß durch den Schnee stapfen, was ihr von Tag zu Tag schwerer fiel.

Im Januar hatte Helga endgültig die Nase voll. Sie wollte zurück in den Norden, möglichst nach Schleswig–Holstein. Und so machte sie sich wieder auf die Suche nach einer passenden Arbeitsstelle. Da sie auch furchtbar einsam war, machte sie sich in Online–Partnerbörsen auch auf die Suche nach einem Mann. Doch hier hatte sie auch kein Glück: viele Männer suchten nur eine Frau fürs Bett. Die meisten davon waren sogar auch noch in einer festen Beziehung und dachten nicht mal im Traum an eine Trennung. Und der Rest war auch nicht brauchbar: geschiedene Männer, deren Kinder bei ihnen lebten, suchten nach einer Ersatzmutti für ihre Kinder oder besser noch nach einer günstigen Haushälterin, die sich mit frei wohnen und ab und zu ein bisschen Sex abspeisen ließ. Im Bett müsste es aber leise zugehen, damit die Kinder nichts merken. Und grundsätzlich gab es auch nur dann Sex, wenn der Vater sicher war, dass seine Kinder alle zugleich tief und fest schliefen. In die Realität übersetzt hieß das: eigentlich nie.

Der Rest war nicht Tageslicht tauglich und unvermittelbar: Männer, die die 40 schon erreicht oder überschritten hatten und immer noch bei Mutti lebten. Emotionale Analphabeten, die sich nicht um die Bedürfnisse einer Frau kümmern. Schnorrer, die nur eine günstige oder besser noch kostenlose Bleibe in der Wohnung einer Frau suchten, die nebenbei noch ihre verlotterten Klamotten wusch und instand hielt und sie darüber hinaus noch bekochte.

Bei der Jobsuche hatte sie mehr Glück: schnell fand sie einen Job im Naturschutzbereich an der Schleswig–Holsteinischen Westküste. Sie war zwar eigentlich völlig überqualifiziert und die Stelle war schlecht bezahlt. Doch sie war schon immer mit dem Naturschutz eng verbunden und dort auch ehrenamtlich tätig gewesen. Nun konnte sie ihr Hobby zum Beruf machen. Das Leben im Norden war auch deutlich billiger als in München. Die mit dem Leben im Norden verbundene höhere Lebensqualität entschädigte sie für das geringere Einkommen.

Am ersten April sollte sie ihre neue Stelle antreten. In den beiden letzten Märzwochen nahm sie ihren Resturlaub. Freie Wohnungen gab es einige. Die Wohnung für die sie sich entschied, war zwar nicht ihre Traumwohnung, doch sie hatte erst einmal ein Dach über dem Kopf und würde sich dann in Ruhe nach einer besseren Wohnung vor Ort umsehen können. Innerhalb weniger Tage war der Umzug gemacht und die Wohnung in München aufgelöst.