Heliosphere 2265 - Band 14: Das erste Ziel (Science Fiction) - Andreas Suchanek - E-Book

Heliosphere 2265 - Band 14: Das erste Ziel (Science Fiction) E-Book

Andreas Suchanek

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Beschreibung

Als mehrere wichtige Maschinen ausfallen, muss die Crew der HYPERION schnell eine Lösung finden, wollen sie nicht endgültig zwischen den Sternen stranden. In ihrer Not wecken sie Sarah McCall auf, die tatsächlich einen Ausweg kennt. Doch welchen Preis wird dieser Ausweg kosten? Gleichzeitig versuchen Commander Ishida und die Chefingenieurin, die Wahrheit hinter der mysteriösen Andeutung des Zeitschattens von Ione Kartess aufzudecken und Doktor Tauser versucht sich an dem Rätsel um den rätselhaften Folianten von Michael Larik. In der Gegenwart erreichen die Zukunftsrebellen ihr erstes Ziel und der Angriff beginnt. Dies ist der vierzehnte Roman aus der Serie "Heliosphere 2265" Am 01. November 2265 übernimmt Captain Jayden Cross das Kommando über die Hyperion. Ausgerüstet mit einem neuartigen Antrieb und dem Besten an Offensiv- und Defensivtechnik, wird die Hyperion an den Brennpunkten der Solaren Union eingesetzt. Heliosphere 2265 erscheint seit November 2012 monatlich als E-Book sowie alle 2 Monate als Taschenbuch. Hinter der Serie stehen Autor Andreas Suchanek (Sternenfaust, Maddrax, Professor Zamorra), Arndt Drechsler (Cover), Jonas Hoffmann (Technischer Redakteur) und Anja Dyck (Innenillustrationen).

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Inhaltsverzeichnis
Cover
Was bisher geschah
Prolog
Alzir-System, Nova-Station, 01. Januar 2267, 14:10 Uhr
IL HYPERION, im Interlink, 20. Februar 2314, 09:15 Uhr
TORCH OF FREEDOM, 01. Januar 2267, 14:10 Uhr
IL HYPERION, Kepler-22, 21. Februar 2317, 08:14 Uhr
TORCH OF FREEDOM, 50 Cassipeia-System, 01. Januar 2267, 16:10 Uhr
Epilog I - Stimme aus dem Gestern
Epilog II - Schmerzhafte Wahrheit
Epilog III - Das Gesicht des Todes
Nachwort IX
Charaktere
Andere Serien
Dramatis Personae
Glossar
Heliosphere 2265
Band 14
„Das erste Ziel“
von Andreas Suchanek

Impressum

Cover: Arndt Drechsler Lektorat: Daniela Höhne Layout: Andreas Suchanek Logodesign: Daniel Szentes Innenillustrationen: Anja Dyck

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Andreas Suchanek Herausgeber: Andreas Suchanek Herstellung und Verlag: Greenlight Press Andreas Suchanek Leopoldstr. 5b 76133 Karlsruhe E-Mail-Kontakt: [email protected]

978-3-944652-48-1 (E-Book Mobipocket)

978-3-944652-49-8 (E-Book Epub)

Was bisher geschah

Ende des Jahres 2266 hat Imperator Björn Sjöberg seine Macht als Diktator gefestigt und die Solare Union in ein Schreckensregime verwandelt, das Solare Imperium.

Auf der NOVA-Station konnten sich die Rebellen gegen jeden Angriff erfolgreich zur Wehr setzen und das Verfassungsreferendum erzielte eine überwältigende Mehrheit, die Solare Republik gilt zum 1.1.2267 als gegründet. Nun müssen die neuen Gesetze umgesetzt und eine Regierungspartei mit einem Präsidenten gewählt werden, während zahlreiche Feinde - darunter Imperator Sjöberg - darauf warten, gegen die neue Demokratie vorzugehen.

Admiral Santana Pendergast befindet sich noch immer in Gefangenschaft ihres älteren Ichs und der Zukunftsrebellen auf der TORCH OF FREEDOM. Monatelang hörte man nichts von der auf Rache sinnenden Flotte, bis diese ihr erstes Ziel angreift.

In der Zukunft des Jahres 2317 konnte die HYPERION aus dem Sektor mit dem TRION-Artefakt entkommen. Schwer beschädigt machte sich das Schiff auf den Weg zum Dunklen Wanderer. Im Verlauf der Reise übergab Lieutenant Michael Larik dem Psychologen Janis Tauser einen Folianten, der ein jahrhundertealtes Rätsel birgt, das mit den "Verlorenen Kindern" und den genetischen Experimenten von Richard Meridian und der Marsdiktatur aus dem Jahre 2064 verbunden zu sein scheint.

Noriko Ishida und Giulia Lorencia sind zwischenzeitlich dabei, das Rätsel zu lösen, das der Zeitschatten von Ione Kartess Noriko aufgab. Eine Person, die tot ist, soll für ihre Mission von großer Bedeutung sein. Doch wie soll man einen lebenden Toten finden?

Prolog

Imperator Björn Sjöberg umklammerte sein Pad so fest, dass die Handballen hervortraten. Es kostete ihn alle Mühe, das Gerät nicht mit voller Wucht auf den Schädel seines Gegenübers zu schmettern. „Ich brauche Antworten!“

„Zweifellos“, erwiderte Captain James Stark, der in Wahrheit auf den Namen Richard Meridian hörte. „Die wollen wir doch alle. Anstatt aber ständig weiter zu bohren, gib dich doch einfach mit dem zufrieden, was du hast - Imperator.“

Björn ließ sich nichts anmerken, während er in Gedanken das Pad wieder und wieder auf Starks Schädel schmetterte. Sein Lehrmeister und Anführer des Schattennetzwerkes war erst vor wenigen Tagen von seiner Expedition in den Stillen Sektor zurückgekehrt. Als gebrechlicher alter Mann war er dorthin aufgebrochen, sein Körper ein einziges Bild des Zerfalls, jetzt strotzte er wieder vor Kraft und war kerngesund. „Du warst so gut wie tot und jetzt ... Wie hast du das geschafft?“

Die Antwort jenes Mannes, der seit Jahrhunderten lebte und von Körper zu Körper gesprungen war, bis Sarah McCall dem ein Ende gesetzt hatte, bestand in einem Lächeln. „Es war das Geschenk eines alten Freundes. Wie bereits mehrfach gesagt: Mehr musst du nicht wissen.“

„Und wo du seitdem warst, erzählst du mir vermutlich auch nicht“, fragte Björn. „Der Flug hierher hätte dich mit der HYDRA nur wenige Tage kosten dürfen, nicht Wochen.“

Stark schnaubte und blickte auf. „Ich habe einen kleinen Abstecher zu einem meiner Projekte gemacht.“ Er senkte den Blick und tippte weiter.

Björn sah sich unmerklich um. Das Penthouse hatte sich verändert. Es war ihm immer vorgekommen wie ein Mausoleum. Doch Stark hatte bei seiner Rückkehr das Biobett und alle medizinischen Geräte entfernen lassen. Stattdessen reihte sich Monitor an Monitor, wie in einem wissenschaftlichen Labor. Dahinter gewährte die Glasfront einen wunderbaren Ausblick auf das nächtliche Paris.

Ich darf nicht vergessen, dass er in Wahrheit ein Wissenschaftler ist. Ein Genie.

Björn verlagerte sein Gewicht und schlenderte zu einem der Bücherregale. Als er den Kopf leicht neigte, konnte er aus den Augenwinkeln einen Blick auf den gewölbten 180-Grad-Monitor erhaschen, hinter dem Stark saß. Auf der rechten Seite drehte sich eine animierte Helix, neben der ständig irgendwelche wissenschaftlichen Begriffe eingeblendet wurden - die ihm leider überhaupt nichts sagten. Daneben war das Interface der medizinischen Datenbank geöffnet. Eine Suchabfrage lief.

Im dritten Bildschirmsegment, in dem Stark gerade Eingaben vornahm, erkannte Björn mehrere Personalakten. Eine davon gehörte zu einem Offizier der Flotte, die andere Akte zu einer Zivilistin. Da alle Krankenhausdaten in einer zentralen Datenbank gespeichert wurden, hatte Stark natürlich auch Zugriff darauf.

Der Monitor wurde schwarz.

„Björn“, sagte der Mann gefährlich leise. „Überspann den Bogen nicht. Du bist der Imperator dieser Schafe dort draußen“, dabei deutete er auf die Dächer von Paris. „Aber wir wollen doch nicht vergessen, wer in Wahrheit die Fäden in den Händen hält.“ Er erhob sich und kam langsam näher. „Vergiss nie deinen Platz und unterschätze nie meine Macht. Beides wären Fehler, die du bereuen würdest, alter Freund.“ Wie angeknipst lag ein Lächeln auf seinem Gesicht. „Und jetzt kümmere dich um das eigentliche Problem. Die Rebellen mögen annehmen, dass die HYPERION vernichtet wurde, doch wir wissen es besser. Cross und Anika sind durch den Tachyonentunnel geflogen. Ich will, dass eine Flotte im Stillen Sektor wartet. Sollte das Schiff zurückkommen - und mittlerweile traue ich diesem verdammten Kerl alles zu - wird es sofort vernichtet.“

Björn, noch immer geschockt von der unverhohlenen Drohung, nickte mechanisch. „Ich werde das veranlassen.“ Gleichzeitig war seine Neugier geweckt. Wen suchte Stark in der medizinischen Datenbank? Und wo war er seit seinem Ausflug in den Stillen Sektor gewesen? Er kannte den Weggefährten inzwischen. Es stand außer Frage, dass dieser etwas ausheckte. Vielleicht den nächsten Staatsstreich? „Wir sollten uns bei Gelegenheit einmal zusammensetzen, um ...“

„Walker an Sjöberg“, erklang die Stimme des Chefs der Inner Security Police aus Björns Hand-Com.

„Was gibt es, Harrison?“ Er hatte dem ehemaligen Offizier der Space Navy eingeschärft, ihn nur im allerhöchsten Notfall anzufunken.

„Jeff hat mich gerade darüber informiert, dass die Zukunftsrebellen angreifen. Wir brauchen dich im Krisenraum.“

Stark fuhr elektrisiert in die Höhe, während Björn noch versuchte, dem Impuls, wütend aufzuschreien, Herr zu werden. So ruhig wie möglich erwiderte er: „Wo?“

Harrison sagte es ihm.

*

Alzir-System, NOVA-Station, 01. Januar 2267, 14:10 Uhr

„Alkohol und Plätzchen sind ein Werk des Teufels“, murmelte Admiral Isa Jansen. Ihr Kopf dröhnte und ihre Kehle war ausgedörrt. Es war jedes Jahr nach den Festtagen das Gleiche. „Ich werde nie wieder ein Glas anrühren“, schwor sie sich, wohl wissend, dass sie das Versprechen gegenüber sich selbst niemals würde einhalten können.

Warum nur musste ich auch so lange mit ihm feiern?, fragte sie sich, während sie die Erinnerung an den Abend mit Captain Brown gleichzeitig genoss. Ob es ihm wohl gerade genauso ging?

So leise wie möglich betrat sie ihr Büro, einen ViKo-Becher in der Hand. Momentan erregte der Himbeergeruch, der ihr aus dem Gefäß entgegen strömte, noch Übelkeit, doch das würde gleich nachlassen.

Langsam sank sie in den Konturensessel und kramte in der Schreibtischschublade nach dem medizinischen Pflaster. Endlich fand sie es. Nur Augenblicke, nachdem sie es auf ihren Hals geklebt hatte, klärte sich ihr Geist, der Kater ließ nach. Die Arbeit konnte weitergehen.

„Ma‘am, Ihr Besuch ist da“, erklang die Stimme ihres neuen Adjutanten aus dem Lautsprecher des Touch-Desks.

„Herein mit ihm“, sagte Isa.

Augenblicke später betrat Sam Drake ihr Büro. Einen Moment lang wirkte sie verblüfft, sah der Mann doch exakt so aus, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Er trug einen grauen Anzug und hatte die schwarzen Haare streng nach hinten gelegt. Er war jung, höchstens Ende zwanzig, aber aus seinem Auftreten sprach die Selbstsicherheit eines Mannes, der sich auf vertrautem Terrain bewegte. Das war ungewöhnlich, wenn man bedachte, dass besagtes Terrain erst seit dem 1.1.2267, also heute, Gültigkeit hatte.

„Nehmen Sie doch bitte Platz, Mister Drake“, sagte Isa und deutete auf den Konturensessel vor ihrem Schreibtisch. „Es freut mich, dass Sie schon so früh Zeit haben.“

Als er sich setzte, erhaschte sie einen Blick auf ein medizinisches Pflaster, das unter seinem Hemdkragen hervorlugte. Sie konnte ein Schmunzeln nur knapp unterdrücken. Du also auch, mein Freund.

„Natürlich, Ma‘am. Als sich das Verfassungsreferendum ankündigte, habe ich mich bereits mit den Grundlagen der neuen Gesetze vertraut gemacht“, erklärte er. „Als Anwalt ist das meine Pflicht. Und eines kann ich Ihnen direkt sagen: Es wird zahlreiche Veränderungen geben.“

Sie nickte. „Das hoffe ich doch sehr. Sprechen Sie frei heraus. Was sind die wichtigsten Dinge, die es zu bedenken gilt?“

Er öffnete seinen Koffer und zog ein Pad hervor. Mit wenigen Berührungen seiner Finger hatte er das Gesuchte gefunden und sprach: „Für die Navy unserer neuen Solaren Republik allgemein ist es wichtig zu wissen, dass der jeweilige Rang eines Offiziers automatisch in die neue militärische Hierarchie übernommen wird. Das gilt für jeden, also auch für Sie und Admiral Pendergast.

Sobald der Verteidigungsminister ernannt ist, wird er in Absprache mit dem Präsidenten oder der Präsidentin festlegen, welche Admiräle die Navy zukünftig leiten und wofür diese verantwortlich sind.

Bis dahin verwalten Sie und Santana Pendergast die NOVA-Station weiterhin kommissarisch.“

Isa nahm den ViKo-Becher auf und nippte vorsichtig an der violetten Flüssigkeit. Drake ließ ihr einen Moment Zeit. „Ich freue mich darauf, wenn ich einen Teil der Verantwortung endlich wieder abgeben kann, glauben Sie mir. Was noch?“

Der Anwalt machte eine Wisch-Bewegung, woraufhin auf der Oberfläche von Isas Touch-Desk ein Dokument aufklappte. Da beide Geräte automatisch gekoppelt worden waren, konnte Drake ihr auch Daten herüberschicken. „Das ist eine Liste mit allen Parteien, die sich bisher für die Wahl angemeldet haben“, erklärte er. „Die Arbeitsgruppe Verfassung und Parteien überprüft gerade, ob sie das Minimum an Unterstützern aufweisen können, nicht gegen die demokratischen Grundprinzipien verstoßen und die Gründung rechtmäßig ist.“

Isa überflog die Liste und stöhnte auf, als sie mehrere bekannte Namen entdeckte. „Ich verstehe.“

„Da bin ich nicht sicher“, entgegnete Drake, was Isa aufhorchen ließ. „Es gibt eine Frist, bis zu der sich alle Parteien angemeldet haben müssen. In einem Monat von heute an ist diese Frist abgelaufen, dann startet der Wahlkampf und das Datum der Wahl wird festgelegt.“

„Und?“

„Nun ... ich habe mich mit Admiral Pendergast vor einigen Wochen darüber unterhalten. Sie deutete an, dass es eine Partei geben wird, für die John Kartess als Präsidentschaftskandidat antritt. Er hätte vermutlich gute Chancen. Bisher ist jedoch keine Anmeldung eingegangen.“

Isa seufzte. Der Sohn der getöteten Präsidentin, Ione Kartess, igelte sich in seinem Quartier ein, zog sich von aller Welt zurück. Seit er vom Tod seiner Gefährtin Tess Kensington gehört hatte, die sich an Bord der HYPERION befunden hatte, war er nicht mehr er selbst. Gleiches galt für Kristen Belflair. Seltsam war das Verhalten der Ishidas, wie Isa einmal mehr bewusst wurde. Die mittlerweile stationsweit bekannte Mutter von Noriko Ishida war der felsenfesten Überzeugung, dass ihre Tochter noch am Leben war. Marjella Cruz sprach in diesem Zusammenhang von einem „gut geölten Verdrängungsmechanismus“.

„Ich hätte ihren Tod gespürt, glauben Sie mir. Meine Tochter ist noch am Leben“, hatte Yuna Ishida Isa einmal gesagt und sie danach eine Stunde lang vollgequatscht. Die Frau war liebenswert, aber anstrengend.

„Um ehrlich zu sein weiß ich nicht, ob er noch kandidieren wird“, erklärte Isa. „Aber ich werde mich mit ihm und seinen Unterstützern besprechen und den Antrag gegebenenfalls einreichen.“

„Kommen wir zum Thema ‚Beförderungen‘“, sprach Drake weiter. Er gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Bis zur Wahl haben Sie und Pendergast noch die Möglichkeit, Offiziere zu befördern, ohne dass diese von einem Gremium bestätigt werden müssen. Falls Sie also entsprechende Kandidaten in der Hinterhand haben, sollten Sie darüber nachdenken. Insbesondere die Ernennung von Admirälen kann Ihnen später zugutekommen, wenn der Admiralsrat der Republik zusammengestellt wird.“

Isa fühlte sich mit einem Mal an die Zeit zurückerinnert, als das politische Taktieren und damit einhergehendes Befördern an der Tagesordnung gestanden hatte. Vermutlich würde es bald wieder losgehen.

„Kommandobrücke an Admiral Jansen“, erklang die müde Stimme von Commander Mark Tarses.

„Jansen hier, was gibt es?“

„Ma‘am, die Zukunftsrebellen greifen soeben ein System des Solaren Imperiums an.“

Sie warf Drake einen überraschten Blick zu, den dieser nicht minder perplex erwiderte.

„Welches System?“, fragte sie.

Er sagte es ihr.

*

IL HYPERION, im Interlink, 20. Februar 2317, 09:15 Uhr

„Sie sieht so friedlich aus“, sagte Doktor Irina Petrova. Die Fünfzigjährige wirkte entspannt und lächelte oft. Seit ihrer Gefangenschaft auf Pearl hatte sie abgenommen und legte deutlich mehr Wert auf ihr Äußeres. Sie glich momentan eher einer sanften Brise, als der früheren Naturgewalt.

„Das täuscht“, sagte Captain Jayden Cross. „Ihre Lieblingsbeschäftigung ist es, uns alle zu ärgern.“ Er betrachtete das Gesicht von Sarah McCall eingehend. Leider musste er Doktor Petrova zustimmen. Die ehemalige Kommunikationsoffizierin wirkte im Schlaf friedlich. Trotzdem würde er nie wieder den Fehler machen, sie zu unterschätzen.

„Und wir müssen sie wirklich aufwecken?“, fragte Tess Kensington. Die Sensoroffizierin und ehemals beste Freundin von McCall stand kurz davor zu knurren. „Ich finde sie hier ganz gut aufgehoben.“

Jayden nickte gedankenverloren. Gemeinsam mit Petrova, Kensington, Alpha 365 und Janis Tauser stand er um den Stasetank herum, in dem McCall lag.

„Körperlich ist sie wieder auf dem Damm“, sagte die Chefärztin. „Ihre Implantate sind funktionsfähig, die Wunden geschlossen. Wir können - und sollten - sie schnellstmöglich aus der Stase holen.“

Janis räusperte sich. „Es fällt mir schwer, das zu sagen, doch ich sehe das wie Tess Kensington. Wenn wir McCall wieder aufwecken, haben wir schlagartig Anfeindungen und Paranoia an Bord. Jeder wartet darauf, was sie als Nächstes plant.“

Petrova hielt sofort dagegen, worauf erneut die Sensoroffizierin argumentierte. Ein Stimmengewirr entstand. Jayden ließ sie gewähren. Alpha 365 stand ebenfalls still daneben und verzichtete darauf, seine Meinung einzustreuen. Der Sicherheitsoffizier wartete mit der Gelassenheit eines genetisch gezüchteten Menschen ab, der - im Gegensatz zu den anderen Alphas, die keine Gefühle besaßen - scheinbar gelernt hatte, seine Emotionen zu meistern.

„Wir haben keine Wahl“, sagte Jayden schließlich. „Der Ausfall der Energiespeicherbatterien für die Lebenserhaltung lässt uns nur diese Option. Entweder unsere Freundin hier hat eine Lösung, oder wir müssen umkehren. Dann war alles umsonst. Ich bin nicht bereit, kampflos aufzugeben.“ Er schaute zu Doktor Petrova. „Wecken Sie sie auf.“

Die Ärztin berührte ein Icon auf der Konsole, worauf sich die Glasabdeckung des Stasetanks zurückschob. Ein Greifarm verabreichte die Injektion.

McCall schlug blinzelnd die Augen auf. Für einen Moment wirkte sie noch verschlafen, dann begann sie zu lachen.

„Doktor?“, fragte Jayden. „Was geht da vor?“

McCall kam zur Ruhe. „Keine Angst, Captain. Die gute Frau Doktor kann nichts dafür. Ich lache nur darüber, dass Sie tatsächlich getan haben, was ich vermutet habe. Also, wie lange war ich in Stase? Sind wir schon wieder zurück in der Gegenwart?“

Während Kensington die Arme verschränkte und McCall einen bösen Blick zuwarf, half Jayden ihr aus dem Stasetank.

„Wir sind noch in der Zukunft. Sie haben nur einige Tage in dem Tank verbracht.“

„Es gibt also Probleme.“

Er nickte. „Die gibt es.“

„Was für ein Glück für mich. Dann raus damit, wie darf ich die Kastanien aus dem Feuer holen?“ Sie schloss die Augen und seufzte auf. „Das tut gut. Alles ist wieder so, wie es sein soll.“ Ihr Blick fiel auf ein Armband, das sie vorher noch nicht getragen hatte. „Was ist das?“

„Eine Absicherung für uns. In dem Armband ist genug Betäubungsmittel, um zehn Parliden schlafen zu legen. Sollten Sie versuchen, es zu entfernen oder einer der Kommandobrückencrew gibt den entsprechenden Befehl, ... ich muss wohl nicht genauer werden.“

„Sie lernen mit einer beängstigenden Geschwindigkeit, Captain“, murmelte McCall. „Also, was ist passiert?“

„Alpha 365 wird Ihnen alles genau erklären. Er ist ab sofort für Ihre Sicherheit verantwortlich.“

„Sie meinen, er soll mich bewachen.“

„Exakt.“

Grummelnd zog McCall von dannen, dicht gefolgt von Tess Kensington und Alpha 365. Schon im Gehen erklärte der Sicherheitschef der Frau aus der Zukunft, was von ihr erwartet wurde, welche neuen Regeln es zu beachten galt und wie die aktuelle Situation sich darstellte.

„Soweit ich weiß, haben wir noch ein weiteres Thema zu besprechen“, sagte Jayden an Janis gewandt.

Der nickte und bedeutete Petrova und ihm, ihm zu folgen. In einem angrenzenden Raum wartete bereits Lieutenant Larik. Vor ihm, auf einer runden Sensorplatte, lag ein alter Foliant.

*

Jayden trat an das Podest heran und begutachtete den Folianten. Es kam heutzutage selten vor, dass man ein echtes, auf Papier gedrucktes Buch in die Finger bekam. Die Chance ein derart altes Werk zu betrachten, lag nahezu bei null.

Neben ihm räusperte sich Janis. „Lieutenant Larik hat mir dieses Buch gestern gebracht und wir haben eine erstaunliche Entdeckung gemacht.“ Er strich gedankenverloren durch seinen Bart. „Der Text darin ist vollständig in Altgriechisch verfasst, einer Sprache, die heutzutage kaum noch jemand kennt.“ Er berührte mehrere Icons auf dem Rand des Podestes, woraufhin auf einem Monitor das Abbild einer Seite erschien. „Am Rand gibt es jedoch Markierungen, die in Latein geschrieben sind. Glücklicherweise hängen wir Ärzte an dieser toten Sprache; wir lernen sie noch heute.“

Obwohl er alte Bücher durchaus mochte, verspürte Jayden eine innere Unruhe. Er musste auf die sekundäre Kommandobrücke, um mit Ishida das weitere Vorgehen zu besprechen. Stattdessen stand er hier mit Janis, Larik und Petrova, die sich alle so benahmen, als hätten sie den Heiligen Gral vor sich. „Wurden die lateinischen Buchstaben nachträglich ergänzt?“

Hier schaltete sich die Chefärztin ein. „Nein, Sir. Und bevor Doktor Tauser weiter spricht, lassen Sie mich auf ein paar Merkwürdigkeiten dieses Folianten eingehen. Eine Analyse des Papiers ergab, dass es zu einem großen Teil aus Hanffasern besteht, es sich also um Hanfpapier handelt. Der älteste bekannte Nachweis für diese Art von Papier datiert zwischen 140-87 v. Chr. Interessanterweise ergab die Analyse der Zusammensetzung dieses Papiers aber, dass der Foliant etwa 900 v. Chr. hergestellt wurde. Es wäre damit also der erste bekannt Nachweis von Hanfpapier.“

Jayden begriff. „Mir gefällt nicht, worauf das hinausläuft, Doktor. Wieso ist das Material nicht längst zerfallen?“

„Weil ein Konservierungsstoff auf das Papier aufgebracht worden ist. Ich kann allerdings nicht sagen, wann das geschah.“

„Und die verwendete Tinte gibt keinen Hinweis?“

Nun mischte sich Janis wieder ein. „An dieser Stelle übernehme ich. Ich habe dir ja anfangs bereits von den lateinischen Buchstaben erzählt, die auf den Rand notiert sind. Tatsächlich handelt es sich hierbei um Buchstabensequenzen, die von Zahlen eingefasst werden; es sind Basen-Triplets, sogenannte Codons. Ich habe sie den entsprechenden Aminosäuren zugeordnet. Setzt man die jeweiligen offiziellen Abkürzungen der Aminosäuren zusammen, erhält man das Wort ‚Magnetspeicher‘.“

„Soll das ein Witz sein?“

Petrova und Janis schüttelten beide vehement den Kopf.

„Es ist die Schrift!“ Der alte Freund war Feuer und Flamme, ja fast manisch. „Jemand hat magnetische Mikropunkte verwendet, um Daten im Text zu speichern. Und die Art, wie das geschah - eine Kodierung durch Aminosäuren - gibt einen Hinweis darauf, was gespeichert wurde.“

Jayden betrachtete erneut den Monitor, auf dem Petrova gerade die Codons zentrierte und vergrößerte. „Und was ist darin gespeichert?“

„Eine DNA-Sequenz“, sagte die Chefärztin. „Der Computer ist noch dabei, sie genau aufzuschlüsseln, doch ich kann bereits sagen, dass es sich um die DNA eines Menschen handelt.“

Jayden schwirrte der Kopf. „Aber wie ...?“

„Wir wissen es nicht“, sagte Janis. „Doch in dem Einband sind Bleiplatten eingearbeitet, die vor magnetischer Strahlung schützen. Dadurch blieben die Daten über die Jahre unbeschädigt.“

„Allerdings fehlen einige Seiten“, warf Larik ein.

„Wie kommt das Buch überhaupt in Ihren Besitz?“, wollte Jayden wissen.