Herz aus Schatten - Erjon Alimi - E-Book

Herz aus Schatten E-Book

Erjon Alimi

0,0
0,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Kaelen war einst ein geehrter und gefürchteter Ritter, bis er durch Verrat und eigenes Blutvergießen alles verlor. Als Mörder gebrandmarkt und von jenen, die er einst beschützte, gejagt, streift er durch ein zerrüttetes Land, das von Finsternis heimgesucht wird. Doch in der Finsternis, die die Welt überzieht, liegt auch etwas anderes verborgen: eine Macht, die ihn ruft, die ihn zugleich stärkt und zerfrisst. Als er auf die geheimnisvolle Liora trifft, deren Leben untrennbar mit den Schatten verknüpft ist, und auf den jungen Kämpfer Edrin, beginnt eine Reise, die mehr ist als ein Kampf ums Überleben. Alte Ruinen, flüsternde Geister, Monster aus Asche und ein bis in die Wolken ragender Turm: Jeder Schritt bringt Kaelen tiefer in eine Spirale aus Schuld, Gewalt und Hoffnung. Doch Kaelen ist kein Held. Er ist ein Antiheld, ein Mann, der Böses tut, um Schlimmeres zu verhindern. Jeder Sieg fordert einen Preis, jede Entscheidung wühlt seine Abgründe auf. Während sich das Netz der Dunkelheit um ihn zusammenzieht, stellt sich die Frage, ob er ihr Werkzeug wird – oder ihr Untergang. „Herz aus Schatten“ ist eine düstere Dark-Fantasy-Geschichte voller Dramatik, in der Moral, Schuld und Opferbereitschaft ineinanderfließen. Es ist der Weg eines Gefallenen, der seine Menschlichkeit nicht im Sieg, sondern im Schmerz findet, den er erträgt, und in den Entscheidungen, die ihn zerstören und zugleich größer machen, als er je war.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Erjon Alimi

Herz aus Schatten

Ein gefallener Ritter, der von seiner Vergangenheit gejagt wird. Eine Frau, deren Schicksal untrennbar mit den Schatten verbunden ist. Ein Land am Rande des Untergangs. In der Dunkelheit entscheidet sich, ob Kaelen zu einem Werkzeug der Finsternis wird – oder zu ihrem Untergang.

Kapitel 1

Der Regen fiel in Strömen. Die Tropfen schlugen wie kleine Nägel gegen das Leder seiner Kapuze, rannen über seine scharf geschnittenen Züge und sammelten sich in der tiefen Narbe, die seine Wange entstellte. Er spürte das Wasser kaum. Der Mann, der einst Ritter gewesen war, hatte längst verlernt, solche Kleinigkeiten wahrzunehmen. Er saß auf einem verwitterten Stein abseits des matschigen Weges und starrte auf das Licht eines Dorfes in der Ferne.

Die Menschen dort hatten Angst vor ihm. Sie wussten nicht genau, wer er war, aber sie spürten es: Etwas an seiner Erscheinung ließ sie ihre Türen verriegeln, wenn er sich näherte. Sein Name war Kaelen Varrow, doch in den Tavernen flüsterten sie nur von ihm als dem „Schwarzen Wolf”. Ein Titel, der nicht Stolz oder Ehre, sondern Furcht ausdrückte.

Kaelen zog den Mantel enger um seine Schultern. Darunter trug er eine Rüstung, die schon lange nicht mehr glänzte. Rost hatte sich in den Fugen gesammelt und das Blut hatte die Farbe des Stahls verfärbt. Manche Flecken ließen sich nie mehr herauswaschen. Jede Kerbe in dem Metall erzählte eine Geschichte, doch keine davon war rein.

Er erinnerte sich an eine andere Zeit. Eine Zeit, in der er noch für das Königreich gekämpft hatte. Damals war er jung gewesen, voller Träume und mit dem Glauben an Gerechtigkeit. Doch diese Träume waren zerbrochen wie Glas, das unter einem Stiefel zersplittert. Verrat, Mord und Lügen hatten ihn geformt. Und nun war er hier: ein Mann, den niemand willkommen hieß, dessen Hände schwer von Schuld waren.

Ein Schrei drang aus dem Dorf zu ihm herüber, vom Wind getragen. Kaelen hob den Kopf, seine Augen verengten sich. Instinktiv legte er die Hand an den Schwertknauf. Das alte Schwert, das er niemals wegwerfen konnte, obwohl es für ihn mehr Fluch als Werkzeug war.

Er erhob sich und trat auf den matschigen Weg hinaus. Jeder Schritt war schwer, als zöge ihn die Erde selbst nach unten, als wolle sie ihn nicht gehen lassen. Je näher er dem Dorf kam, desto lauter trommelte der Regen.

Die Gassen waren eng und die Hütten aus grobem Holz gebaut, ihre Dächer waren mit Stroh gedeckt. Rauch stieg aus den Schornsteinen und der Geruch von verbranntem Holz vermischte sich mit dem Gestank von nassem Vieh. Auf dem zentralen Platz standen mehrere Menschen dicht gedrängt, ihre Gesichter waren blass. Eine Frau kniete im Schlamm, die Hände ausgestreckt, Tränen liefen über ihre Wangen. Vor ihr stand ein Mann mit einem Dolch. Er war nicht groß, aber gefährlich genug, um das Kind, das er an den Haaren festhielt, umzubringen.

„Bleibt zurück!“, brüllte der Mann. Seine Stimme zitterte, und diese Zittern stammte nicht nur von der Wut, sondern auch von der Verzweiflung. „Sie haben mein Land genommen! Meine Frau ist tot, und jetzt soll ich auch noch verhungern? Nein! Nein, heute nicht!“

Kaelen blieb am Rand des Platzes stehen. Niemand bemerkte ihn sofort. Die Dorfbewohner wichen zurück, ihre Augen weit, ihre Stimmen erstickt vor Angst.

Das Kind schrie.

Und in diesem Schrei hörte Kaelen etwas, das ihn tiefer traf als jedes Schwert. Er erinnerte sich. Er sah ein anderes Gesicht – kleiner, jünger, mit lockigem Haar und denselben tränenfeuchten Augen. Ein Gesicht, das er nie wieder sehen durfte.

Seine Kehle schnürte sich zu. Er wusste, was zu tun war.

Langsam trat er vor. Der Regen rann über seine Schultern und tropfte von der Spitze seines Schwertes, als er es aus der Scheide zog. Ein scharfes Geräusch hallte über den Platz. Sofort richteten sich alle Blicke auf ihn und ein Murmeln ging durch die Menge.

„Der Schwarze Wolf …“

Der Mann mit dem Dolch riss die Augen auf und packte das Kind fester. „Bleib weg! Ich schwöre, ich tue es!“

Kaelen blieb keine zwei Schritte entfernt stehen. Seine Stimme war tief, rau und dennoch unheimlich ruhig. „Wenn du glaubst, dass der Tod dir Erlösung bringt, dann tu es. Aber nicht an ihm.“ Er nickte zum Kind. „Dein Schmerz ist nicht sein Preis.“

„Halt’s Maul!“, schrie der Mann. „Du weißt nicht, wie es ist! Alles verloren, alles …“ Seine Stimme brach.

Kaelen sah ihn lange an. In den Augen des Mannes erkannte er dasselbe, was in seinen eigenen wohnte: Verzweiflung, gebündelt in einem Moment, in dem man glaubte, nichts mehr zu verlieren zu haben.

„Doch“, sagte Kaelen leise. „Ich weiß genau, wie es ist.“

Dann bewegte er sich schneller, als der andere reagieren konnte. Ein Griff, ein Ruck, ein Aufschrei – und der Dolch lag im Schlamm. Das Kind stolperte in die Arme der weinenden Frau zurück. Der Mann fiel keuchend auf die Knie und starrte Kaelen an, als hätte er den Tod vor Augen gesehen.

Stille senkte sich über den Platz. Nur der Regen sprach weiter.

Kaelen hielt das Schwert erhoben. Einen Augenblick lang dachte er darüber nach, diesen Mann, der sein Leben bedroht hatte, mit einem Hieb zu töten. Doch dann sah er das Kind, das noch immer zitterte, und ließ die Klinge sinken.

„Geh“, sagte er kalt. „Verschwinde, bevor ich es mir anders überlege.“

Der Mann starrte ihn an, rappelte sich dann auf und rannte stolpernd davon, bis er in der Dunkelheit verschwand.

Die Dorfbewohner sahen Kaelen an, manche voller Angst, manche voller Dankbarkeit. Doch niemand wagte sich ihm zu nähern. Nur die Frau, die ihr Kind umklammerte, flüsterte: „Danke ...”

Kaelen nickte kaum merklich, steckte sein Schwert weg und wandte sich ab. Er wusste, dass seine Gegenwart hier nicht willkommen war.

Auf dem Weg hinaus spürte er die Blicke im Rücken. Er wusste, was sie dachten: dass er ein Monster sei, das genauso leicht töten wie retten könne. Und sie hatten recht.

Als er den Dorfrand erreichte, blieb er unter einer alten Weide stehen. Sein Atem hing weiß in der Luft, schwer und angestrengt. In seinen Gedanken hallte immer noch der Schrei des Kindes nach, überlagert von einem anderen Schrei – dem eines Kindes, das er nie hatte retten können.

Er zog ein kleines Medaillon aus seiner Tasche hervor. Das Metall war kalt, doch in seinem Inneren lag ein eingerolltes Stück Pergament mit einem verblassten Bild. Darauf war ein Mädchen zu sehen, das kaum älter als sechs Jahre war und lächelte. Seine Tochter.

Er schloss die Augen und presste das Medaillon an seine Stirn. Schmerz, Schuld und Erinnerung verschmolzen zu einer Last, die ihn beinahe in die Knie zwang.

„Verzeih mir“, flüsterte er. „Noch nicht … noch nicht.“

Der Regen hörte nicht auf.

Kapitel 2

Die Nacht war feucht und schwül, als Kaelen das Dorf hinter sich ließ. Der Regen hatte aufgehört, doch der Boden sog das Wasser noch immer gierig auf und verwandelte jeden Schritt in ein Ziehen aus Schlamm und Erde. Die Luft roch nach nassem Holz, nach Rauch und nach der Verzweiflung armer Menschen, die kaum genug hatten, um den nächsten Tag zu überstehen.

Kaelen hatte keinen Ort, an den er gehen konnte. Es gab kein Heim, das ihn erwartete, keine Fackel im Fenster, die ihm den Weg wies. Seit Jahren lebte er wie ein Wanderer ohne Ziel, ein Schatten, der durch Länder zog, die ihn nicht wollten. Er fand sich auf endlos scheinenden Straßen und in Tavernen wieder, in denen er nur so lange geduldet wurde, wie sein Gold reichte.

Sein Pferd, ein altes Tier mit stumpfem Fell, trottete neben ihm her. Er hatte es einst von einem gefallenen Soldaten übernommen – nicht als Diebstahl, sondern als Vermächtnis. Der Mann hatte sterbend in Kaelens Armen gelegen und ihn in seinen letzten Worten gebeten, sich des Tieres anzunehmen. Seitdem waren sie unzertrennlich: zwei Geschöpfe, die beide zu viel gesehen hatten, um je wieder unbefleckt zu sein.

Der Weg führte ihn durch einen Wald. Die Bäume standen dicht beieinander, ihre Stämme waren schwarz im fahlen Licht des Mondes. Zwischen ihnen hingen Schatten wie alte Tücher, in denen sich das Flüstern des Windes verfing. Kaelen spürte die Kälte, doch er ignorierte sie. Er war Kälte gewohnt.

Während er ging, ließ er die Gedanken an das Dorf hinter sich, doch das Bild des Kindes blieb. Es erinnerte ihn unbarmherzig an die Nacht, die sein Leben zerbrochen hatte.

Es war viele Jahre her, doch in seinem Inneren lebte sie so frisch wie am ersten Tag. Er hatte geglaubt, die Welt retten zu können, indem er dem König diente. Er war jung, ehrgeizig und voller Kraft gewesen. Und er hatte gekämpft wie ein Löwe – bis der Verrat kam.

Die Erinnerung schnitt so scharf wie eine Klinge. Der König, den er beschützt hatte, brach seine Versprechen. Die Männer, die seine Brüder im Kampf hätten sein sollen, hatten ihn verraten. In der Nacht, in der Kaelen gefangen genommen wurde, hatten sie seine Tochter geholt. Nicht, um sie zu retten, sondern um ihn zu brechen.

Er hatte geschrien, er hatte gebettelt, er hatte geblutet. Doch nichts hatte sie zurückgebracht.

Das Bild im Medaillon in seiner Tasche brannte förmlich an seiner Seite. Es war sein einziger Halt und erinnerte ihn an die Menschlichkeit in ihm.

Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Das Knacken eines Astes, nicht weit entfernt. Kaelen hielt inne und legte die Hand an den Griff seines Schwertes. Sein Blick wanderte durch die Bäume und suchte nach Bewegung.

„Zeigt euch“, murmelte er mit leisem Grollen.

Zunächst kam keine Antwort. Dann, langsam, löste sich eine Gestalt aus den Schatten. Es war ein junger Mann, nicht älter als zwanzig, mit schmalem Gesicht und vor Angst flackernden Augen. In seiner Hand hielt er einen Dolch, doch er zitterte so stark, dass die Klinge kaum stillhielt.

„Bleib, wo du bist!“, rief der Junge, doch seine Stimme überschlug sich.

Kaelen musterte ihn kühl. „Wenn du mich bestehlen willst, such dir ein leichteres Ziel.“

„Ich brauche nur Essen“, stammelte der Junge. „Bitte … meine Schwester … sie … sie verhungert.“

Etwas regte sich in Kaelen. Er sah die knochigen Hände, die eingefallenen Wangen und die Lumpen, die den Körper des Jungen kaum bedeckten. Kein Dieb aus Gier stand vor ihm, sondern einer aus purer Verzweiflung.

Langsam ließ Kaelen die Hand vom Schwert sinken. „Essen habe ich nicht viel“, sagte er. „Aber genug für heute Nacht.“

Der Junge blinzelte überrascht, als hätte er nicht mit Gnade gerechnet. Er senkte den Dolch und ließ ihn schließlich in den Schlamm fallen.

Kaelen griff in seine Tasche und zog ein kleines Bündel heraus. Es enthielt trockenes Brot und ein Stück Käse, das hart und brüchig war. Er warf es dem Jungen hin. Dieser griff danach, als sei es Gold, und steckte sich sofort ein Stück in den Mund.

„Wie heißt du?“, fragte Kaelen.

„Edrin“, nuschelte der Junge zwischen den Bissen. „Meine Schwester heißt Liora.“

Kaelen nickte. „Wo ist sie?“

„Nicht weit … Wir schlafen in einer alten Hütte beim Fluss.“

Er sah die Furcht und die Hoffnung zugleich in den Augen des Jungen. Kaelen wusste, dass er gehen sollte. Dass er sich nicht kümmern durfte. Doch etwas in ihm – vielleicht das Bild des Kindes aus dem Dorf oder die Erinnerung an seine eigene Tochter – hielt ihn zurück.

„Bring mich zu ihr“, sagte er schließlich.

Edrin zögerte, dann nickte er hastig. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg, tiefer in den Wald hinein. Der Junge führte ihn sicher trotz der Dunkelheit und bald erreichten sie eine verfallene Hütte. Das Dach war halb eingestürzt und die Tür hing schief in den Angeln. Drinnen war es dunkel, nur ein schwaches Feuer glomm in einer Ecke.

Dort lag ein Mädchen, vielleicht zwölf Jahre alt. Ihr Gesicht war blass, die Augen geschlossen und die Atmung flach. Edrin stürzte sofort zu ihr und legte ihr das Brot an die Lippen. „Hier, Liora, iss.“

Sie regte sich kaum, nur ein schwaches Zittern ging durch ihren Körper.

Kaelen trat näher und betrachtete sie. Er sah das Fieber in ihrem Gesicht und ihre abgemagerten Glieder. Er wusste, dass Brot allein sie nicht retten würde.

„Sie braucht Hilfe“, sagte er leise. „Ein Heiler, und zwar schnell.“

Edrin blickte verzweifelt zu ihm auf. „Wir haben kein Geld … niemand hilft uns … alle sagen, wir sollen sterben wie die Hunde.“

Kaelen spürte, wie sich seine Brust zusammenzog. Er erinnerte sich an Nächte, in denen er selbst am Boden gelegen hatte, ohne dass jemand an seiner Seite gewesen wäre. Und er erinnerte sich an die kleine Stimme, die ihn einst wachgerufen hatte – die Stimme seiner Tochter, die ihn bat, nicht aufzugeben.

Er wandte sich ab und sah hinaus in den Wald. „Im nächsten Dorf ist ein Heiler. Zwei Tage entfernt.“

„Zwei Tage?“ Edrin klammerte sich an diese Worte. „Sie … sie hält das nicht aus.“

Kaelen schwieg lange. In seinem Inneren tobte ein Kampf. Jede Faser seines Körpers wollte weiterziehen, nicht zurücksehen, keine weitere Schuld auf sich laden. Doch dann hörte er das leise Wimmern des Mädchens und es schnitt ihm tiefer als jede Klinge ins Fleisch.

„Ich bringe sie hin“, sagte er schließlich.

Edrins Augen weiteten sich. „Du … du würdest das tun?“

Kaelen nickte kaum sichtbar. „Aber hör mir zu, Junge. Ich bin kein Retter. Ich tue das nicht für dich. Nicht für sie. Ich tue es, weil ich einmal jemanden nicht retten konnte. Und das verfolgt mich bis heute.“

Er trat zu Liora und hob sie vorsichtig hoch. Ihr Körper war so leicht, dass er kaum Gewicht zu haben schien. Wie ein Schatten, der schon halb aus dieser Welt verschwunden war.

Draußen wartete sein Pferd, und Kaelen setzte das Mädchen vorsichtig auf den Rücken. Edrin sah zu ihm auf, voller Angst und Hoffnung zugleich.

„Wenn sie stirbt …“, flüsterte Kaelen, „dann liegt es nicht an dir. Verstehst du?“

Der Junge nickte, Tränen in den Augen.

Gemeinsam brachen sie auf. Der Weg zum nächsten Dorf war weit und voller Gefahren, doch Kaelen wusste, dass es keine Wahl gab. In seinen Armen, auf dem Rücken seines Pferdes, lag mehr als nur ein krankes Kind. Es lag ein Stück seiner eigenen Vergangenheit darin, eine Erinnerung an das, was er verloren hatte – und vielleicht, nur vielleicht, ein Funke dessen, was ihn einst menschlich gemacht hatte.

Der Wald rauschte um sie herum und der Wind trug die Stimmen der Nacht herbei. Kaelen ritt schweigend, doch in seinem Inneren hörte er eine Stimme, die er seit Jahren nicht mehr vernommen hatte: die Stimme seines Gewissens.

Und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er etwas, das wie Hoffnung brannte – schwach, gefährlich, aber unüberhörbar.

Kapitel 3

---ENDE DER LESEPROBE---