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Sing me your songs – show me your soul! Die Journalismus-Studentin Allie will ihr Praktikum bei der Irish Times erfolgreich abschließen. Doch dann schickt sie ihr Chef ausgerechnet mit einer Boyband auf Tour, deren Musik sie so gar nicht ausstehen kann – und deren Leadsänger sie neulich auch noch völlig ahnungslos im Club geküsst hat. Auch Conor ist alles andere als begeistert, dass ihn die Frau, die ihm zuvor gehörig den Kopf verdreht hat, nun auf Schritt und Tritt verfolgt. Immerhin könnte sie ihn schneller zu Fall bringen, als ihm lieb ist, sollte sie sein wohlgehütetes Geheimnis herausfinden. Erst als Conor entdeckt, dass auch Allie ein Geheimnis hat, öffnet er sich ihr langsam. Je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, desto bewusster wird ihnen, dass sie viel mehr verbindet, als sie auf den ersten Blick dachten. Und dass es häufig einen zweiten Blick braucht, um zu erkennen, welcher Mensch sich hinter seinen Geheimnissen verbirgt. Der romantische New-Adult-Roman lässt die Herzen von Romance-Fans ab 16 Jahren höher schlagen. Die emotionale Liebesgeschichte zwischen Allie und Conor steckt voller inspirierender Antworten auf die großen Fragen des Lebens. Eine gefühlvolle Enemies-to-Lovers-Geschichte, die junge Erwachsene auf ihrer Reise zu sich selbst begleitet. All your secret Songs: Wer bin ich, wer will ich sein und was bin ich bereit, dafür zu geben? - Gefühle, Liebe und Musik: Eine aufregende Rockstar Romance für Leser*innen ab 16 Jahren. - Mitreißend und emotional: Die packende Story erzählt, wie aus anfänglicher Abneigung eine tiefe Verbundenheit entstehen kann. - Voll im Trend: Die beliebten Tropes "Enemies to Lovers" und "Forced Proximity" sorgen für prickelnde Spannung. - Tolle Mischung: Die Welt der Musik und zwei Menschen auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. - Genial ausgestattet in der Erstauflage: Softcover mit Klappen, trendig illustriertem Buchschnitt und coolem Lesezeichen zum Abtrennen.Die New-Adult-Romance für junge Leser*innen ab 16 Jahren erzählt eine mitreißende Geschichte über wahre Liebe und den Mut, gegen alle Widerstände seinen eigenen Weg zu gehen. Und sich vielleicht nicht immer an die Regeln zu halten…
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Veröffentlichungsjahr: 2024
SING ME YOUR SONGS,
SHOW ME YOUR SOUL
Die Journalismusstudentin Allie setzt alles daran, ihr Praktikum bei der Irish Times mit Erfolg abzuschließen. Doch dann schickt sie ihr Chef ausgerechnet mit einer Boyband auf Tour, deren Musik sie so gar nicht ausstehen kann – und deren Leadsänger sie neulich auch noch völlig ahnungslos im Club geküsst hat.
Auch Conor ist alles andere als begeistert, dass ihn die Frau, die ihm zuvor gehörig den Kopf verdreht hat, nun auf Schritt und Tritt verfolgt. Immerhin könnte sie ihn schneller zu Fall bringen, als ihm lieb ist, sollte sie sein wohlgehütetes Geheimnis lüften. Erst als Conor herausfindet, dass auch Allie ein Geheimnis hat, öffnet er sich ihr langsam.
Je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, desto bewusster wird ihnen, dass sie viel mehr verbindet, als sie auf den ersten Blick dachten. Und dass es häufig einen zweiten Blick braucht, um zu erkennen, welcher Mensch sich hinter seinen Geheimnissen verbirgt.
Für all die wundervollen Musikerinnen und Musiker da draußen, egal, ob Weltstar oder (noch) unentdecktes Talent.
Was wäre die Welt nur ohne eure Songs …
The Rolling Stones – Sympathy for The Devil
The Beatles – Here Comes The Sun
Benson Boone – Beautiful Things
Nirvana – Smells Like Teen Spirit
ABBA – Waterloo
Pink Floyd – Wish You Were Here
Capital Cities – Safe And Sound
Sia – The Greatest
Bastille – Of The Night
Bruce Springsteen – Brillant Disguise
Taylor Swift – Champagne Problems
In Paradise – Moments We Live for
Only The Poets – JUMP!
Noah Kahan – Homesick
Radiohead – Creep
Snow Patrol – Take Back The City
Thirty Seconds to Mars – Closer to The Edge
Harry Styles – Golden
Picture This – Ireland
Sam Ryder – More
Gavin Rossdale – Love Remains The Same
5 Seconds of Summer – Amnesia
Dua Lipa – Physical
Harry Styles – Adore You
Prince – Most Beautiful Girl in The World
Taylor Swift – Beautiful Eyes
Dermot Kennedy – Kiss Me
Kodaline – What It Is
The Weeknd – Can’t Feel My Face
Snow Patrol – Run
OneRepublic – Runaway
The White Stripes – Seven Nation Army
One Direction – Best Song Ever
Tadhg Daly – Come Alive
Moncrieff – Love Somebody
Elvis Presley – Follow That Dream
Gossip – Move in The Right Direction
Bruce Springsteen – Tougher Than The Rest
MGMT – Time to Pretend
The1975 – Sex
The Script – Freedom Child
Only The Poets – Every Song I Ever Wrote
Alex Warren – Before You Leave Me
Rob Thomas – If You’re Gone
Brosie – Coulda Shoulda Woulda Enthusiast
Samstag, 30. März
Conor – Just let me adore you
»Alter, beeil dich, sie geht jeden Moment live!«, höre ich Danny von oben brüllen, als die Standuhr im Wohnzimmer acht schlägt. Reflexartig schiebe ich mir das letzte Stück Mozzarellapizza in den Mund und angele mit der freien Hand nach den Chips.
»Komme«, nuschele ich, gebe der Schranktür einen Tritt mit der Ferse und haste, mit drei Bierflaschen und der knisternden Tüte beladen, die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal.
Danny sitzt vor seinem Rechner, die fetten Kopfhörer auf den Ohren, die Augen starr auf den Bildschirm gerichtet, während Kian wie üblich im Sitzsack lungert. Ich zerre den Stuhl hinter dem Schlagzeug hervor und lasse mich darauf fallen, bevor ich die Pizza mit einem Schluck Kilkenny runterspüle. »Hab ich was verpasst?«
Danny schüttelt den Kopf, ohne mich anzusehen. Sein Finger drückt immer wieder F5, während meine Augen zwischen dem Browserfenster und der Uhrzeit rechts unten im Bild hin- und herspringen. Zwei Minuten nach acht. Ungewöhnlich.
»Was sie heute wohl spielt?« Ich wollte es gar nicht laut aussprechen, geschweige denn eine Antwort, und trotzdem folgt Dannys Reaktion auf dem Fuße: »Ich hab ihr geschrieben, dass sie mal was vom Boss covern soll.«
»Großartige Idee«, sage ich und ohrfeige mich gedanklich dafür, dass ich nicht darauf gekommen bin, ihr das zu schreiben. Ihr überhaupt zu schreiben. Feigling, elender.
»Human Touch oder so«, sinniert Danny derweil weiter und nippt an seiner Flasche.
»The River«, fällt mir direkt ein.
»Wir sind aber schon hier, um zu proben, oder?« Kians Zwischenfrage bleibt unbeantwortet, weil im selben Moment endlich der Ring um ihr schwarzes Profilbild aufleuchtet und Danny dem Livestream beitritt.
»Hi, ihr Lieben«, höre ich ihre übliche Grußformel wenige Sekunden später. »Es ist Samstagabend, acht Uhr, und ihr wisst, was das heißt.«
Bam. Augenblicklich ist der Tag einen Tick besser, wird es heller in Dannys muffigem Zimmer.
»O wow, so viele sind schon online! Als hättet ihr gewartet.« Sie lacht selbstironisch, und sofort bekomme ich eine Gänsehaut. »Die Verspätung tut mir leid, aber ich arbeite aktuell an einem Song und hatte beim Duschen eben so einen krassen Einfall, dass ich den unbedingt aufschreiben musste, bevor er wieder weg ist.« Sie macht eine kleine Pause, und ich lehne mich zurück, schließe die Augen und lasse den Klang ihrer Stimme auf mich wirken. »Hattet ihr auch schon mal so eine Offenbarung? Einen Gedanken, bei dem sich euch die Haare aufgestellt haben, weil er so genial ist? Jedenfalls ging es mir gerade so. Ich hab mich tropfnass auf den Badewannenrand gesetzt, um mir eine Notiz im Handy zu machen. Die Musiker unter euch werden mich verstehen. Manche Ideen sind zu perfekt, um sie gehen zu lassen!«
»Recht hast du, Liz!« Dannys Gebrumme reißt mich aus dem Tagtraum, in dem ich bis eben mit Liz auf dem Rand ihrer Badewanne gesessen habe. Um mit ihr über Musik zu sprechen, versteht sich. Über Gott und die Welt zu philosophieren, wie wir es oft tun, wenn wir beide in meinem Kopf allein sind.
»Hi, James, schön, dass du auch wieder dabei bist.« Ich halte die Luft an. Auf einer Skala von eins bis ›Du musst dringend einen Arzt aufsuchen‹, wie irrational ist es, mir zu wünschen, dass sie meinen Namen sagt?
Wohl sehr, denn wir sind über Dannys Account eingeloggt.
»Hi, Riley, Patsy, Paula, Danny, Kayla, hallo, ihr lieben Menschen! Ich freue mich, dass ihr da …« Sie stockt kurz. »Dermot, hey, schönen guten Abend auch an dich. Und vielen Dank für deinen Songwunsch. Ihr wisst, Blowin’ In The Wind steht schon ewig auf der Liste meiner absoluten Favoriten, aber so wirklich traue ich mich da nicht ran, muss ich gestehen. Dylan ist … ein Gott! Und sich an Gottes Werk zu vergreifen … Puh, ihr wisst, was sie hier im erzkatholischen Irland mit solchen Leuten noch bis weit in die Neuzeit gemacht haben, oder?« Sie lacht, und die Kommentarspalte explodiert kurzzeitig.
PatsyBanksUK Spiel mal wieder Taylor Swift!
itsme.dermotokeefe Verstehe dich gut! Vor Dylan hätte ich auch Respekt.
official_kaykayfromupton Welche Gitarre spielst du?
_druidfluid_ Du bist bestimmt Millionen Mal heißer als Bob Dylan!
mineisbigger_thanyours Zeig mal dein Gesicht, dann sag ich dir, ob ich auch gern mal mit dir in der Badewanne sitzen und noch ganz andere Dinge tun möchte!
oriley_d03 Spiel den Boss!
her.name.was.lola.2004 Hast du meine Nachricht bekommen?
PatsyBanksUK Du solltest Harry Styles um ein Duett bitten. Aus dir könnte sein weibliches Pendant werden!
Irgendwann räuspert sie sich in die Stille hinein. »Natürlich habe ich eure Mails erhalten! Danke an alle, die bei meinem letzten Aufruf mitgemacht und sich Songs gewünscht haben. Es waren echt ein paar ganz tolle Vorschläge dabei, und ich werde in jeden einzelnen reinhören, versprochen.«
Einhundertneunzehn Viewer, die wie Danny und ich lechzend am PC sitzen und darauf warten, dass sie die Gitarre in die Hand nimmt und singt. Vielleicht sitzt sie heute auch am Klavier, keine Ahnung. Oder sie packt ein neues Instrument aus und überrascht uns damit. Ich traue ihr alles zu. Querflöte, Kontrabass, Fagott, Fiddle, Harfe.
»Wie dem auch sei, eigentlich wollte ich heute Abend Anti-Hero von der lieben Taylor für euch singen.« Noch so ein Lied, welches ich nun nie wieder hören kann, ohne dabei an Liz zu denken. »Das habe ich die ganze Woche geübt, aber dann kam dieser Geistesblitz eben in der Dusche, und den werde ich einfach nicht los. Und deshalb habe ich beschlossen, dass wir heute gemeinsam draufschauen und sehen, ob daraus was werden kann. Habt ihr Bock?«
Liz hat den Satz noch nicht ganz zu Ende gesprochen, da schickt Danny das Emoji mit dem erhobenen Daumen mehrfach quer durch das Netz nach … wohin auch immer.
»Das sieht mir sehr eindeutig aus.« Man kann sie durch die Leitung förmlich lächeln hören. Und wieder denke ich nur, wie gern ich wissen möchte, wie dieses Lächeln aussieht.
In meinem Kopf gehören zu der Stimme, zu Liz, blonde Haare und wunderschöne rauchblaue Augen. Ein bisschen wie Sydney Sweeney mit einem Lächeln, das Eisberge und Herzen zum Schmelzen bringt. Meines schmilzt still und leise vor sich hin, seit ich vor ein paar Wochen durch Zufall über ihre Live-Sessions gestolpert bin, in denen sie Songs für ein stetig wachsendes Publikum covert. Und jeden Samstag hänge ich an ihren Lippen, obwohl ich sie noch nie gesehen habe – die Lippen und sie. Weil sie sich immerzu hinter diesem dämlichen Vorhang versteckt.
»Also, seid ihr so weit?«
Ja, möchte ich ihr schreiend antworten, aber dann erinnere ich mich wieder daran, dass sie mich nicht hören kann. Und dass Kian mich auslachen würde.
oriley_d03 Ja, zeig’s uns, Lizzie!
Danny war längst schneller als ich und lehnt sich zurück. Auch er hängt an ihren Lippen. Alle, denke ich. Alle einhundertsiebenundvierzig Zuhörer, die sie mit ihrem Scheißvorhang in ihrem Bann hat.
Ich will nicht wissen, wie ihre Klickzahlen wären, wenn sie sich zeigen würde. Wir haben uns schon oft gefragt, wieso sie das nicht tut. Ob sie Angst vor Stalkern hat. (Meine Vermutung, und die ist nicht von der Hand zu weisen, wenn man sich ein paar der unterirdischen Kommentare ansieht.) Oder ob sie ein Celebrityspross ist, der nicht erkannt werden will. (Dannys Verdacht, aber wir haben wochenlang hin und her gerätselt, wer sie sein könnte, und sind dabei zu keinem Ergebnis gekommen.) Oder ob sie nicht tageslichttauglich ist. (Wie Kian an der Stelle gern ketzerisch einwirft.)
»Okay.« Ihre Hand fährt über die Tasten eines Keyboards. Ich nehme an, es ist ihre, denn auf dem Bildschirm sehen wir schwarz, immer nur schwarz. Jeden Samstag. Und trotzdem schalte ich ein. Weil ihr Schwarz so viel besser klingt als all die Farben, die ich je gehört habe. »Bitte seid ehrlich, ja?«
Ein paar Herzen fliegen über den Screen. »Ich nenne es Swift.« Wieder ein hörbares Lächeln, dann sinken ihre Finger auf die Tasten.
Perhaps you were just too blind to see
What you needed most wasn’t meant to be
Keep smiling through that ocean of tears
So no one sees what you’ve been hiding all those years
All the hurt and the guilt and the grief
That has you weeping in your dreams
Drei Akkorde, dann habe ich Gänsehaut. Überall. An den Armen, im Nacken, zwischen den Zehen. Sie singt so weich und unangestrengt und gleichzeitig so kraftvoll. Sie erreicht mich an Stellen, an die vor ihr noch nie ein anderer Mensch vorgedrungen ist. Und nein, damit meine ich nicht die Zwischenräume meiner Zehen.
Ich würde es nie laut aussprechen – auf keinen Fall vor Danny und erst recht nicht vor Kian – aber ich glaube, ich bin tatsächlich ein bisschen verliebt. Was völlig absurd ist, denn mit Anfang zwanzig verliebt man sich in Gesichter, die man auf dem Campus sieht, oder in Frauen in Cafés oder Klubs – oft wöchentlich in eine andere.
Und dann gibt es mich.
Conor Sheehan.
Ich bin verliebt in eine Stimme.
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liz_official❤LIVE Clip vom 11. Mai ❤
Heute mit meiner Version von Matilda, im Original aus der Feder des über die Maßen talentierten @harrystyles! Danke, Harry, für diesen wundervollen Song!
PS: Wenn du mal Bock auf ein Duett hast, ich stehe dir jederzeit zur Verfügung 😉 #fangirlmoment #uandmebehindthecurtain
#lizzieslivesessions #musicislife #musicislove #stylers
11. Mai
Neue Nachricht von maybenotbob.dylan
maybenotbob.dylan Ich überlege seit Stunden, was ich schreibe (und ob ich diese Nachricht überhaupt abschicken soll). Aber ich will, dass du weißt, dass ich meine Seele verkaufen würde, um mit dir singen zu dürfen. Und ich bin mir sicher, dass ich damit nicht allein bin. So, jetzt muss ich mich nur noch trauen, die Nachricht abzuschicken. Aaaaaaah … #fanboymoment 🤩
liz_official Danke für deine süße Nachricht, Dylan.😊
maybenotbob.dylan Alter, sie hat einfach direkt geantwortet. Meine Hände zittern, ich schwör’s dir!!!
maybenotbob.dylan …
maybenotbob.dylan Sorry. Die Nachricht war eigentlich für meinen Kumpel gedacht. #canthegroundjustswallowmeupplease
liz_official ?
maybenotbob.dylan Können wir bitte noch mal von vorn anfangen?
liz_official Ich denke schon 😂
maybenotbob.dylan Hi, mein Name ist Dylan, und ich finde, deine Stimme ist der absolute Wahnsinn.
liz_official Jetzt hör aber auf, sonst werde ich noch rot.
maybenotbob.dylan Darf ich dich direkt mal was fragen?
liz_official Puh … solange du nicht fragst, ob du mir Nacktbilder schicken darfst (wobei ich dir schon hoch anrechnen würde, dass du vorher überhaupt fragst, denn das tun leider die wenigsten …) – gern.
maybenotbob.dylan Okay … jetzt hab ich seltsame Bilder im Kopf.
liz_official Ja, frag mich mal …
liz_official Aber du wolltest was anderes fragen?
maybenotbob.dylan Meine Frage war eigentlich, wieso du dich hinter dem Vorhang versteckst, aber ich glaube, die erübrigt sich gerade.
liz_official Ja … Das Netz kann ziemlich fies sein.
maybenotbob.dylan Dabei wäre bestimmt so viel mehr für dich drin.
liz_official Mehr was?
maybenotbob.dylan Einfach mehr. Erfolg halt. Die ganz große Bühne.
liz_official Wir können nicht alle Harry Styles/Taylor Swift sein. 😢
liz_official Und vielleicht will ich da ja gar nicht hin?
maybenotbob.dylan Wer würde das nicht wollen?
liz_official Manche Stimmen sind zwar schön anzuhören, aber der Mensch dahinter ist nicht immer für die (große) Bühne gemacht.
maybenotbob.dylan Im Sinne von Aussehen etc.?
liz_official Nicht unbedingt. Wobei … wenn wir mal ehrlich sind … Glück in der Genpool-Lotterie ist im Musikbusiness durchaus von Vorteil.
maybenotbob.dylan Hättest du jetzt gesagt Ausdauer, Mut, Fleiß, Glück generell … dann hätte ich dir zugestimmt. Aber aufs Aussehen kommt es doch echt nicht an.
liz_official Dann nenn mir Künstler ohne gute Gene (oder talentierten Schönheitschirurgen), die es im Business zu was gebracht haben.
maybenotbob.dylan Meat Loaf.
maybenotbob.dylan Shane McGowan!
liz_official Absolute Genies, keine Frage, aber die sind beide tot.
maybenotbob.dylan Lewis Capaldi.
maybenotbob.dylan Ed Sheeran.
liz_official Maybe, aber merkste was?
maybenotbob.dylan Was?
liz_official Keine einzige Frau bei deiner Aufzählung dabei.
maybenotbob.dylan Beth Ditto?
liz_official Okay. Ich korrigiere meine Aussage: Man muss ein Typ sein, um nach oben zu kommen. Nicht im Sinne von einem Kerl, sondern … ein Typ eben. Eine Marke. Unverkennbar. Speziell. Einzigartig. Wie Lewis und Beth und der Rest. Und das bin ich nicht.
maybenotbob.dylan Sollten das nicht besser andere Leute beurteilen?
liz_official Glaub mir, meine Selbsteinschätzung ist da schon ganz gut. 😉
maybenotbob.dylan Also eher keine Bühne für dich?
liz_official Keine Bühne für mich.
maybenotbob.dylan Schade.
maybenotbob.dylan Wobei …
liz_official ?
maybenotbob.dylan Es ist schon schwierig genug, dich mit Dermot und James und deinen anderen Followern teilen zu müssen. Nicht auszudenken, du hättest Millionen davon. 😉
liz_official Haha! Du bist echt süß, Dylan.
liz_official Ein bisschen creepy, aber irgendwie süß.
maybenotbob.dylan Ich werte das mal als Kompliment.
liz_official Ich muss jetzt leider los. Wir lesen uns 😊
maybenotbob.dylan Mach’s gut, Liz.
14. Mai
maybenotbob.dylan Ich habe jetzt zwei Tage lang versucht, cool zu bleiben und dir nicht direkt wieder zu schreiben, damit ich nach der Nummer vom Samstag nicht noch mal total creepy rüberkomme. Aber du hast ja geschrieben ›Wir lesen uns‹, deshalb …
liz_official Deshalb?
maybenotbob.dylan Dachte ich: Was soll’s?
liz_official Nur mal so als Tipp fürs nächste Mal: Du solltest nicht erwähnen, dass du mir eigentlich schon vor zwei Tagen schreiben wolltest.
maybenotbob.dylan Du hältst mich für bescheuert, oder?!
liz_official Ein bisschen.
liz_official😇
liz_officialABER
maybenotbob.dylan Ja?!
liz_official Ich hab tatsächlich auch drüber nachgedacht, dir zu schreiben.
maybenotbob.dylan Ernsthaft?
liz_official Klar. Ich dachte mir, einer, der Damian McGinty und Emmett Cahill folgt, wird schon kein Psycho sein. 😉
maybenotbob.dylan Du stalkst mein Profil?!
liz_official Deine lächerlichen vier Posts der letzten anderthalb Jahre ansehen und durch die paar Accounts scrollen, denen du folgst, nennst du stalken?
maybenotbob.dylan Hallo?? Ja!!
liz_official Okay, maybe ein bisschen …
liz_official Aber hey, das Netz ist böse. Ich muss doch erst mal sichergehen, dass du kein Massenmörder auf der Suche nach deinem nächsten Opfer bist.
maybenotbob.dylan Und es braucht nur vier Bilder und die Tatsache, dass ich den Mitgliedern von Celtic Tiger folge, um dir zu sagen, dass ich keiner bin?
liz_official Gute Nacht, Jack.
maybenotbob.dylan Jack?
liz_official The Ripper
maybenotbob.dylan Wo genau hängt noch mal dein Vorhang? 🤔
liz_official Das könnte dir so passen, Hannibal.
maybenotbob.dylan Aber ich bin creepy?
liz_official Jeder spinnt auf seine Weise. 😇
…
1. Juni
maybenotbob.dylan Hast du die Noten zu Spit Of You für mich? Ich sitze seit Stunden an der Gitarre und versuche den Song so nachzuspielen wie du vorhin, aber mein Kopf kriegt’s nicht hin. Oder besser gesagt: meine Finger.
liz_official Klar, hier.
maybenotbob.dylan Mega, danke.
maybenotbob.dylan Auch wieder so ein Song, auf den ich unendlich neidisch bin.
liz_official Neidisch inwiefern?
maybenotbob.dylan Weils nicht meiner ist? Keine Ahnung. Kennst du das nicht, wenn du ein Lied hörst und so genial findest, dass es dich so richtig abfuckt, nicht selbst auf die Lyrics gekommen zu sein?
liz_official Jetzt bin ich neugierig. Erzähl mir mehr.
maybenotbob.dylan Mehr wovon?
liz_official Alles. Was Musik für dich ist.
liz_official Dylan?
maybenotbob.dylan Ja, sorry, das ist ’ne krasse Frage, da muss ich erst mal ne Minute drüber nachdenken. 😉
liz_official Und?
maybenotbob.dylan Ich würde sagen, Musik ist der Anfang und das Ende und alles dazwischen.
maybenotbob.dylan Too much?
liz_official Nee, überhaupt nicht.
liz_official Und schreibst du auch eigene Texte?
maybenotbob.dylan Ja, ich hab schon das ein oder andere selbst geschrieben.
liz_official Angehender Singer-Songwriter?
maybenotbob.dylan Eher Richtung Leadsänger.
liz_official …
maybenotbob.dylan ???
liz_official Wir schreiben uns seit drei Wochen mehr oder weniger täglich!
maybenotbob.dylan Und?
liz_official Und zwischen deinem Gefasel darüber, dass du ganz, ganz, ganz bestimmt kein Stalker bist, aber trotzdem furchtbar gern wissen möchtest, wo sich mein schwarzer Vorhang befindet, oder dass du gar nicht verstehen kannst, warum den Musikfans immer noch als erstes U2 einfällt, wenn sie an Irland denken, oder dass du den irischen Beitrag zum Eurovision Songcontest dieses und letztes Jahr ätzend fandest, ist dir nicht mal in den Sinn gekommen, mir zu erzählen, dass du eine BAND hast? 😦
maybenotbob.dylan Ich wusste nicht, dass es relevant ist.
maybenotbob.dylan Und es ist auch nicht so, als wären wir sonderlich erfolgreich.
liz_official Leidenschaft und Erfolg sind zwei völlig unterschiedliche Dinge!
maybenotbob.dylan Stimmt.
maybenotbob.dylan Wer weiß, vielleicht schreiben wir irgendwann mal was zusammen? #uandmebehindthecurtain oder wie war das? 🤩
liz_official Immer schön langsam!
maybenotbob.dylan ?
liz_official Ich arbeite doch nicht mit jedem dahergelaufenen Pseudo-Stalker/Möchtegern-Songwriter zusammen! 😜 Du musst schon beweisen, dass du würdig bist, mit der großen Liz zusammenzuarbeiten.
maybenotbob.dylan Ich sollte mich mit den Komplimenten in Zukunft etwas zurückhalten, wenn die dir gleich so zu Kopf steigen. 🤐
liz_official Das mit den Komplimenten solltest du dringend üben, wenn du glaubst, dass sich da oben eines versteckt hat. 😏
liz_official Okay, Hosen runter, Bob.
liz_official Ich erwarte ehrliche Antworten! Nicht lange rumüberlegen, sondern das Erste schreiben, was dir einfällt, okay?
maybenotbob.dylan O-kay?!
liz_official Bester Songschreiber ever in deinen Augen?
maybenotbob.dylan Ähh, hallo??
maybenotbob.dylan ← mein Nickname sagt doch schon alles, oder?!
liz_official Lieblingstextstelle?
maybenotbob.dylan Von Dylan?
liz_official Ganz egal.
maybenotbob.dylan ›Is a dream a lie, if it doesn’t come true, or is it something worse?‹
liz_official Uuuuh, der Boss, sehr gute Wahl!
maybenotbob.dylan Springsteen kommt ganz dicht hinter Dylan.
liz_official Weitere musikalische (Songschreiber-)Idole?
maybenotbob.dylan David Bowie auf jeden Fall. Und Freddy Mercury.
maybenotbob.dylan Taylor Swift, Harry Styles, Sia, Ed Sheeran, um noch ein paar neuere zu nennen. Und natürlich Damien Rice, Paddy Casey, Jimmy MacCarthy, Moncrieff, um auch noch die Irlandflagge zu hissen.
maybenotbob.dylan ???
maybenotbob.dylan Habe ich bestanden? 🙃
liz_official Ich glaube, das könnte ganz cool werden mit uns beiden.
maybenotbob.dylan Ehrlich?
liz_official Auf jeden Fall!
maybenotbob.dylan Wie viele solcher Anfragen hast du schon bekommen?
liz_official Die ein oder andere.
maybenotbob.dylan Und wie vielen hast du geantwortet: Ich glaube, das könnte ganz cool werden mit uns beiden?
liz_official Niemandem bisher.
maybenotbob.dylan Oh, okay. Jetzt bin ich nervös. 🙈
liz_official Solltest du auch sein.
liz_official🤭
…
10. Juni
maybenotbob.dylan Bist du mit ›Swift‹ eigentlich weitergekommen?
liz_official Nicht wirklich. Mir fehlt immer noch der passende Einstieg.
maybenotbob.dylan Ich würd’s mir mal anschauen, wenn du magst.
maybenotbob.dylan Nee, vergiss das wieder.
liz_official Wieso?
maybenotbob.dylan Das ist dein Song, deine Trennung, die du da verarbeitest, da hänge ich mich besser nicht rein.
liz_official Wie kommst du drauf, dass das ein Break-up-Song ist?
maybenotbob.dylan Ist es nicht?
liz_official Nein.
maybenotbob.dylan Aber Single bist du trotzdem, oder?
maybenotbob.dylan Sorry, die Frage war unangebracht.
liz_official Ich bin vor allen Dingen … ziemlich müde. 😉
maybenotbob.dylan Dito.
maybenotbob.dylan Schlaf gut, Liz.
maybenotbob.dylan Und sorry noch mal, das sollte nicht wie eine plumpe Anmache rüberkommen oder so.
liz_official Schlaf gut, Dylan.
liz_official Und PS: Ja, bin ich. 🤭
maybenotbob.dylan😇
Samstag, 27. Juli
Von sämtlichen Regeln, die Sean im Personalzimmer an die Wand gehängt hat, war Nummer zwei von Anfang an mein heimlicher Favorit.
So wenig Small Talk wie möglich, so viel wie nötig.
Wie viel genau ›nötig‹ ist, wurde nie näher definiert, was die Sache für mich relativ einfach macht: ›Was darf’s sein?‹, ›Sonst noch einen Wunsch?‹ und ›Schönen Abend noch‹. Jegliche Konversation darüber hinaus ist von meiner Tagesform abhä-
»Gin Tonic. Sechs cl Nolet’s …, Fünfundzwanzig cl Seedlip … Water, wenig Eis.« Der Typ – groß, dunkelhaarig, glasige Augen – steht mitten in meiner Gedankenblase so plötzlich vor mir, dass ich beinahe das frisch gespülte Glas fallen lasse, als er seine Bestellung über den Tresen bellt.
Ich habe ihn schon öfter hier gesehen, Seedlip und seine streng zurückgegelten Haare, die im bunten Stroboskoplicht aussehen wie Kens in Ewigkeit gegossene Plastikfrisur. Kein Mitglied, aber definitiv auch kein unbekanntes Gesicht, denn Gesichter vergesse ich selten.
Auch er ist ganz offensichtlich kein Fan von Small Talk. Wobei für ein simples ›Bitte‹ und ›Danke‹ meiner Meinung nach immer Zeit sein sollte. Sieht Seedlip jedoch anders, denn eine seiner Augenbrauen zuckt schon genervt nach oben, bloß weil ich mir die Hände an meiner Schürze abtrockne.
Ich tippe auf Selfmade-Irgendwas. Einer von der ›Time is Money‹-Sorte, von denen es hier im VIPer wimmelt.
Worauf Sean im Übrigen ebenfalls großen Wert legt, sind zwei offene Knöpfe an der weißen Bluse – und Höflichkeit. Siehe auch Regel Nummer eins: Blickkontakt halten und immer freundlich lächeln. Also schlucke ich den Groll hinunter, bis ich endlich das devote Nicken zustande bringe, um das er mich schon so oft bekniet hat. Ich drehe mich weg, damit Seedlip mir nicht länger in den Ausschnitt starren kann, und suche die Zutaten zusammen, wenig Eis, Nolet’s Gin, den teuersten, den wir im Sortiment haben – natürlich – und Seedlip Tonic Water, wie immer.
Heuer doch im VIP-Club deines Onkels an, haben meine Kommilitoninnen damals zu mir gesagt. Was glaubst du, was die da an Trinkgeld springen lassen! Und nebenbei triffst du bestimmt die ganzen berühmten Leute! Jamie Dornan zum Beispiel. Oder Niall Horan.
Und ja, hin und wieder trifft man die hier tatsächlich.
Mein persönliches Highlight wird auf ewig Paul Mescal bleiben, der letztes Jahr seine Oscar-Nominierung zusammen mit einer brünetten Schönheit in einer unserer Privatboxen gefeiert hat. Drei Mal sind Mason und ich hingegangen, um den Champagner aufzufüllen, und jedes Mal trug die Frau weniger an ihrem ohnehin nur sparsam bekleideten Körper. Mason behauptet nach wie vor, dass sie beim letzten Refill was von einem Dreier genuschelt hat, aber das kaufe ich ihm bis heute nicht ab. Und selbst wenn, wer konkurriert bei einem Dreier schon gern mit Paul Mescal? Nicht, dass ich eine Ahnung davon hätte, wie der Gute im Bett ist – oder in unserer Box. Und selbst wenn ich die hätte, würde das außerhalb des VIPer niemand erfahren. Denn – Regel Nummer vier: Was imVIPer passiert, bleibt imVIPer!
Und die meiste Zeit treiben sich ohnehin bloß aufgeblasene Schnösel mit viel Geld in den Taschen und Stöcken in ihren Hintern hier rum – so wie Seedlip, dessen Blick ich noch immer deutlich in meinem Nacken spüre. Wahrscheinlich hofft er immer noch darauf, irgendwann einen der begehrten Mitgliedsausweise zu bekommen. Die Goldlegierung darauf ist echt, behauptet Sean zumindest. Aber um den zu bekommen, musst du Bono schon regelmäßig die Hand schütteln oder mit Roy Keane golfen gehen. Der neunundfünfzigste Thronfolger von King Charles sein. Oder King Charles selbst. Alle anderen erhalten am Eingang einfache schwarze Plastikkarten – ganz egal, wie groß das Portemonnaie (oder der Stock). Und wenn ich eines in den letzten drei Jahren gelernt habe, dann, dass das die Schlimmsten sind. Die, die nur hier sind, um gesehen zu werden, um sich für einen Abend wichtig zu fühlen, und die dafür jede Menge Kohle springen lassen können – wenn sie es denn an Hareem vorbei schaffen.
Einer wie Seedlip.
Trotzdem lege ich ein My zu, was das unterwürfige Lächeln angeht, als ich ihm den fertigen Drink über die Theke reiche. »Darf’s sonst noch was sein?«
Er hält es offenkundig nicht für nötig, mir zu antworten, geschweige denn, mich wenigstens anzusehen. Stattdessen gafft er mir wie so oft ungeniert in den Ausschnitt. Und wieder verfluche ich Sean für seine Zwei-offene-Knöpfe-Policy, die es nur deshalb noch nicht in geschriebener Form an die Regelwand im Personalzimmer geschafft hat, weil Sheila und ein paar andere Kolleginnen mit mir zusammen auf die Barrikaden gegangen sind.
Ich tippe die fünfundneunzig Euro für den Drink in das iPad und halte es gegen die schwarze Plastikkarte, die er mir hinhält, ehe er sich kommentar- und trinkgeldlos umdreht.
Ich bin wirklich bemüht, aber am Ende kann ich das wütend gemurmelte »Arschloch«, das sich unkontrolliert löst, nicht verhindern. Oder vielleicht will ich es auch nicht.
Er wendet sich im Weggehen noch einmal zu mir, nur zur Hälfte, sodass ich sein Profil sehen kann. »Schönen Abend noch«, rufe ich durch zusammengebissene Zähne und treibe meine Fingernägel so tief ins Fleisch meiner Handinnenflächen, dass mich der Schmerz lange genug von dem Wunsch ablenkt, ihm doch noch eins der Gläser hinterherzuwerfen.
Und während ich Seedlip mit pochendem Herzen dabei zusehe, wie er und seine Plastikfrisur erhobenen Hauptes von dannen ziehen, frage ich mich einmal mehr, wieso ich nicht endlich kündige und im Fibbers anheuere. Wo sie mich mit Kusshand nehmen, wie Bill nicht müde wird zu betonen. Wo die Leute knappe zehn Euro für einen Gin Tonic springen lassen müssen, der für jeden normalen Menschen von dem völlig überteuerten hier kaum zu unterscheiden ist. Wo sie keine Stöcke in ihren Allerwertesten stecken haben. Und wo sie Musik spielen, die noch Seele und Verstand hat, statt dem x-ten aufgewärmten Welthit, der mir hier die halbe Nacht mit geschmeidigen einhundertachtundzwanzig bpm untermalt um die Ohren geblasen wird.
Ich atme zweimal tief durch, dann schnappe ich mir zwei Champagnerflöten vom Abtropfbrett, um sie mithilfe der kleinen Trittleiter auf dem illuminierten Glasbrett über mir zu drapieren.
Als ich wieder Boden unter den Füßen habe, empfängt mich ein schrilles »Hi, Allie!«.
Mein Hirn benötigt ein paar Sekunden, um die Frau in dem Durcheinander aus Empörung, Farben und Lautstärke korrekt zuzuordnen. Dann macht es Klick. »Dervla?«
Ich kann mich nicht daran erinnern, mit ihr vorher über einen Besuch hier gesprochen, geschweige denn sie auf die Gästeliste gesetzt zu haben, entsprechend irritiert klingt mein »Was … was machst du hier?«
»Noah schickt mich.« Sie wirft sich die rotblonde Mähne über die Schulter und neigt lächelnd den Kopf zur Seite. »Ich soll … Start der Lovesuckerz-Tour …«
Ich nicke, obwohl ich nur die Hälfte verstanden habe. Aber ich erinnere mich, den Namen in einem der letzten Redaktionsmeetings gehört zu haben.
»Cool«, bestätige ich ihr, weil ich weiß, dass sie die Bestätigung braucht.
»Machst du mir einen Dry Martini, Kleine?« Sie winkt mit ihrer schwarzen Plastikkarte und dreht sich demonstrativ weg.
Kleine, ist alles, was ich aus ihrem Gebrüll herausziehe. Wie ich es liebe, wenn sie mir damit mal wieder zu verstehen gibt, dass sie sich für was Besseres hält. Nicht nur hier, wo sie Gast und damit die verdammte Königin ist. Auch in der Redaktion. Ja, vielleicht hat sie den Bachelor bereits in der Tasche, aber das ist kein Grund, sich mir gegenüber wie die nächste Veronica Guerin aufzuführen (minus Mafia und Mordanschlag, hoffentlich).
»Dry Martini, kommt sofort«, flöte ich und schenke ihrem Hinterkopf das freundlichste Lächeln, das ich in meinem angesäuerten Zustand hinbekomme. »Und … ruhig … teuren Gin. Noah zahlt!«
Du passt ganz gut hierher, denke ich kurz, während ich routiniert Wermut und Gin über Eis in ein Glas gieße und vorsichtig verrühre, bevor ich die Mischung abseihe und etwas Zitrone dazugebe.
»Dann noch viel Spaß«, sage ich, nachdem ich sie – oder besser gesagt Noah, der vermutlich einen Herzinfarkt erleidet, wenn er die Spesenabrechnung sieht – abkassiert habe. »Hab einen schönen Abend.«
Ihr Grinsen ist breit. »Den werde ich haben!«
Es dauert nicht lang, dann ist auch ihr kupferblonder Haarschopf in der Masse verschwunden.
»Was willst du trinken, Ryan?«
Es dauert ein paar Sekunden, bis ich kapiere, dass er mich meint. Ich schaue vom Display meines Handys auf und treffe Keiths fragenden Blick. »’ne Coke.«
Er schnaubt. Erst als er den Kopf abwendet, bemerke ich den beschürzten Herren, der mit iPad und Stylus bewaffnet auf der anderen Seite des Tisches steht und mich erwartungsvoll ansieht.
»Sie bringen ihm auf keinen Fall eine Coke!« Mit einer Handbewegung hat er die Servicekraft in die Flucht getrieben, rutscht auf der weißen Ledercouch an mich heran und deutet auf die silberne Schale vor uns, in der zwei offene Flaschen Dom Pérignon auf Eis liegen. »Du hast noch gar keinen Champagner getrunken!«
»Das Zeug ist nicht meins«, gebe ich kopfschüttelnd zu.
»Was soll ich dir sonst bringen lassen? Wodka pur? Old-fashioned? Gin Tonic?« Er deutet auf die Bar jenseits der Tanzfläche. »Oder willst du selbst schauen gehen, was dich anlacht?«
Ich nicke, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass eine Coke mich durchaus glücklich machen würde. Aber schon allein, um Keiths fragenden Blicken für eine Weile zu entkommen, bin ich gewillt, an die Bar zu gehen und mir selbst eine zu bestellen.
Ein letzter Check – immer noch keine Antwort, weder von Liz noch von Kian oder Danny –, dann schiebe ich das Handy zurück in meine Hosentasche. Als ich aufstehe, hält Keith mich am Handgelenk fest, und ich fürchte schon fast, dass er mich begleiten will, aber dann sagt er bloß »Hier« und hält mir eine Karte mit goldenem Emblem hin. »Bestell dir, was du möchtest.«
Ich stecke sie nickend ein und trotte aus dem Separee.
Die Tanzfläche ist proppenvoll.
Aus dem Augenwinkel sehe ich Mickey, Owen und Jason, die zu einem Dance-Track durch die Gegend springen, und beschließe, ihr Winken zu ignorieren. Stattdessen presse ich mich an mehreren Damen vorbei, von denen augenscheinlich mindestens jede dritte darauf aus ist, den Abend mit einem Erinnerungsfoto auf dem roten Teppich zu beenden. Sicherlich, um es am nächsten Tag in den Klatschspalten der gängigen Portale bewundern oder später den Enkelkindern zeigen zu können.
Keith hat erzählt, dass die Paparazzi vor der Tür oft bis drei Uhr morgens ausharren, in der Hoffnung, einen kompromittierenden Schnappschuss irgendeines C-Promis zu ergattern, der die Klickrate in die Höhe treibt. Er wollte sogar, dass sich alle für den Abend rasieren – weil: erster Eindruck und so. Und weil Bärte einen reif aussehen lassen, und reif wollen die Fans nicht. Die wollen denken, sie könnten uns haben. Jeden von uns. Deshalb auch keine Bilder mit einer dieser Frauen heute Abend.
An der Bar herrscht ein ähnlich reges Gedränge. Ich bin fast schon so weit, zu sagen, dass es besser gewesen wäre, mir doch was bringen zu lassen, aber dann steht sie plötzlich da, hinter der Theke. Wie so eine Erscheinung. Schwarzes, eng an den Kopf geflochtenes Haar, das Kunstlicht zaubert bunt schimmernde Flecken drauf. Dazu helle Augen und volle, geschminkte Lippen. Schneewittchenesk, wenn vielleicht auch nicht so blass.
Ich sehe nicht viel mehr von ihr, weil sie ziemlich klein ist und zwischen uns ein halbes Dutzend Menschen stehen, aber was ich sehe, haut mich um.
Buchstäblich.
Ich wanke seitwärts, fange mich mit der Hand an einer vorbeilaufenden Schulter ab, schüttele mich.
»Sorry!«, brüllt die Frau mit den rotblonden Haaren, die Sekunden zuvor in mich reingelaufen ist, und schiebt sich weiter Richtung Theke.
Ich reiße mich wieder zusammen, entschuldige mich bei der Schulter, dessen Besitzer mich entgeistert ansieht, und suche mir einen Platz an der Bar ein Stück weiter links, wo nicht so viel los ist. Da bedient allerdings auch niemand. Aber ich glaube, ich möchte gar nicht bedient werden. Ich möchte hier stehen bleiben und ihr heimlich beim Atmen zusehen – wenn’s okay ist, für den Rest des Abends.
Der Typ, den sie gerade abkassiert, sieht schmierig aus. Das männliche Pendant zu den leicht bekleideten Damen nehme ich an. Mal sehen, mit wem sie dich nachher auf dem roten Teppich ablichten.
Mit Schneewittchen schon mal nicht, denn der Ausdruck in ihren Augen strotzt nur so vor Abneigung.
»Arschloch.«
Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihren wortgewordenen Blick gehört oder nur von ihren vollen Lippen abgelesen habe. Aber irgendwas hat der Kerl wohl auch gehört, denn er hält inne, dreht sich halb zu ihr um.
Sie lächelt – es sieht nicht ehrlich aus, eher angestrengt, als sie ruft: »Schönen Abend noch.« Wir sehen ihm beide nach, aber nichts. Keine Reaktion, nur ein erhobenes Haupt, das zwischen den bunt flackernden Lichtern verschwindet, die durch den Raum fliegen.
Jason fängt meinen Blick ein, winkt noch einmal, und Owen tut es ihm gleich. Sie fügen sich so perfekt ein, als wären sie hier schon immer ein und aus gegangen, dabei weiß ich genau, dass sie noch nie hier waren. Keiner von uns.
»Ab jetzt gehören wir dazu«, hat Colm vorhin gesagt, als wir noch lange keinen Fuß ins VIPer gesetzt hatten. »Ab sofort sind wir ein Teil davon.«
Ich denke doch wieder an Kian und Danny, obwohl ich es den ganzen Abend zu vermeiden versucht habe. Und daran, dass die beiden bestimmt genauso krampfhaft versuchen, nicht an mich zu denken. Und wenn dem so ist, kann ich sie verstehen. Ich an ihrer Stelle würde auch nicht an mich denken wollen. Schließlich bin ich nicht bei ihnen, sondern hier. In Dublin, im legendären VIPer, das, wenn man mal drin ist, auch nicht anders ist als die Klubs in Limerick. Aber es geht nicht um die Räumlichkeiten, hat Keith uns auf der Fahrt hierher erklärt, sondern um die Menschen, die hier drin sind. Wichtige Menschen aus der Film- und Fernsehbranche. Aus der Wirtschaft, dem Sport, dem Musikbusiness. Menschen, die es geschafft haben.
Und mittendrin wir.
Ich.
Ich bin hier, lächle, schüttele Hände, lächle wieder, mal in die Kamera, mal in ein mir völlig fremdes Gesicht. Es ist anstrengend, dieses Lächeln.
Als ich mich von den bunt flackernden Lichtern und tiefschwarzen Gedanken losreißen kann, steht die Rotblonde von eben an der Theke und unterhält sich mit meiner Erscheinung. Lang genug, um mich ungeduldig werden zu lassen, denn ich will nicht länger hier stehen und sie anstarren, ich möchte selbst mit ihr reden. Möchte wissen, ob ich ihr auch ein ehrliches Lächeln entlocken kann oder ob sie prinzipiell nur dieses aufgesetzte draufhat, das sie jetzt auch der Rotblonden schenkt. Das kann nicht alles sein, was hinter dieser bildhübschen Fassade steckt.
Ich sehe ihr unauffällig dabei zu, wie sie der Rotblonden einen Dry Martini mixt. In ihrem linken Nasenflügel mache ich ein deutliches Loch aus, wahrscheinlich von einem Piercing. Untenrum trägt sie schwarz, eine Jeans, nehme ich an, und eine Schürze mit dem Emblem des Klubs aufgestickt, darüber eine kurzärmlige weiße Bluse, deren obersten beiden Knöpfe offen stehen. Und auch wenn ihr Ausschnitt bloß den gleichfarbigen Spitzenrand eines Tops entblößt, sieht das Outfit nervös machend heiß an ihr aus.
Reiß dich zusammen, Conor. Du bestellst bloß eine Coke. Kein Grund, gleich durchzudrehen.
Ich wünschte, mein Herz würde das auch kapieren, denn es schlägt und schlägt und schlägt so heftig, als wollte es sich gewaltsam aus der Enge meines Brustkorbs befreien.
Wieso kann ich nicht so cool sein wie Colm, wenn es um Frauen geht? Nur ein winziges bisschen von seinem Selbstvertrauen. Er würde nicht hier stehen und sie heimlich anhimmeln. Er würde Fakten schaffen.
Aber dazu komme ich gar nicht erst, denn als die Rotblonde abzieht, schnappt sie sich sofort zwei Gläser und erklimmt eine kleine Leiter, weil sie mit ihren geschätzten eins paarundsechzig nicht an das Regalbrett reicht.
Doch als Sekunden später das weltbekannte Synthesizer-Riff einsetzt, ändert sich etwas an ihrer Grundhaltung. Die Schultern gehen zurück, der Kopf ein Stück nach oben. Als würde sich ihr gesamter Körper diesem einen Lied öffnen. Und, scheiße, das macht sie noch attraktiver.
Ich versuche mich an einem Lächeln, als sie sich umdreht, aber kein Plan, ob es mir gelingt. Wenn ich nervös bin, sieht mein Lächeln manchmal ein bisschen dämlich aus. Und gerade bin ich ziemlich nervös.
Ich bin noch dabei, die Champagnerflöten auf dem obersten Regalboden aufzureihen, als Faithless’ Insomnia – Robyns Garant dafür, die Tanzfläche vollzubekommen – aus den Lautsprechern dröhnt. Und völlig egal, wie sehr ich mich den Abend über zu weigern versucht habe, die Musik an mich heranzulassen, hier ist sie binnen Sekundenbruchteilen ganz tief drin. Es gibt so Lieder, die schaffen das. Da fängt mein Herz schon beim ersten Ton an zu flattern, da gehen meine Mundwinkel nach oben, bleibt kein Muskel ruhig, muss ich die Lautstärke bis zum Anschlag aufdrehen, damit ich das Lied im ganzen Körper spüren kann. Insomnia ist definitiv so ein Lied für mich. Springsteens Born to Run auch. Oder Golden von Harry Styles.
Mir geht’s direkt besser. Bis ich mich umdrehe und der nächsten hochgezogenen Augenbraue gegenüberstehe. Typisch, hätte ich beinahe gesagt, und will die Arme schon demonstrativ verschränken, weil ich für den Abend echt bedient bin, aber dann realisiere ich, dass die dazugehörigen Augen ganz anders sind als … alle. Der Blick nicht abfällig wie der von Seedlip eben, im Gegenteil. Warm und freundlich ist er, darunter ein halbes Grübchenlächeln. Dunkelblonde Haare, die an den Seiten kurz und oben so lang sind, dass ihm einzelne Strähnen wirr in die Stirn hängen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass er heute Morgen genau so aus dem Bett gekrabbelt ist. Mit Strubbelfrisur und Grübchenlächeln. Und einem auffallend gelben Shirt mit dem grimmig dreinblickenden Konterfei von Mr. T auf der Brust, das ich hier noch nie gesehen habe. Weder das Shirt noch das Grübchenlächeln. Beides hätte ich definitiv nicht vergessen, denn wenn ich eines früh gemerkt habe, dann, dass die meisten Lächeln hier im VIPer so oberflächlich sind wie die Menschen, die sie tragen.
Dieses hier aber ist ehrlich – und ansteckend.
Ich komme Mr. T näher und … vergesse dabei, dass ich immer noch auf der verdammten Leiter stehe.
Ich kann rechtzeitig die Arme nach vorn reißen, um mich davon abzuhalten, den kalten Edelstahl des Abtropfbeckens zu küssen. Zwei der dort wartenden Champagnerflöten haben leider weniger Glück. Das helle Klirren, als das hauchdünne Glas zerspringt, geht in Insomnia’s wummernden Bässen unter. Gott sei Dank. Noch mehr Aufmerksamkeit brauche ich beim besten Willen nicht.
Die von Mr. T habe ich allerdings. Seine Augen – grün oder blau oder irgendwas dazwischen – sind weit aufgerissen, die Arme in meine Richtung ausgestreckt, obwohl er mich über den Tresen hinweg nie hätte retten können. Aber er hätte es versucht.
»Alles okay?«, ruft er, und ich nicke.
»Bestens«, nuschele ich, weil mich diese Augen – seine – und die Wärme darin immer noch ein bisschen aus der Fassung bringen. Und dieses Shirt. Ich unterdrücke ein Schmunzeln. Unfassbar, dass Hareem ihn so überhaupt reingelassen hat, denn für gewöhnlich herrscht hier eine Kleiderordnung wie im Leinster House. Keine offizielle, weil man den Gästen ihre Freiheiten lassen möchte, aber inoffiziell gilt die Bitte um eine Garderobe, die die Würde des Hauses widerspiegelt.
Und Mr. T ist weit unterhalb von allem, was mir hier bisher begegnet ist. Das gefällt mir. Sehr.
Mit einer bemüht lässigen Geste werfe ich mir den linken der beiden Bauernzöpfe über die Schulter und sehe mein Gegenüber an, als hätte es die vergangenen demütigenden Sekunden nie gegeben. »Was kann ich dir bringen?«
Das Grinsen, das sich auf seinen Lippen abzeichnet, als er sich zu mir beugt, macht meine Knie weich. »Machst du mir … bitte …« Der letzte Teil seines Satzes geht unterwegs verloren.
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, um meine ein Meter vierundsechzig weiter über die Theke in seine Richtung schieben zu können. »Was?«
»’ne Coke ohne Eis, bitte.«
In meinem Kopf rattert es. Coke. Das ist so unspektakulär, dass es schon wieder … cool ist. Niemand bestellt im VIPer eine Coke ohne begleitenden Whiskey. Zumindest nicht die braune Zuckerlösung. Eher werde ich nach Kokain gefragt – ja, auch das passiert hier ab und an – als nach einer einfachen Cola. Aber da steht er, Mr. T mit seinem dämlich-süßen Grübchenlächeln und fragt mich nach einer Cola. Würde mich nicht wundern, wenn er unten rum Jogginghose und Sneaker trägt. Kurz bin ich versucht, einen Blick über den Tresen zu riskieren, um ihn auch unterhalb der Gürtellinie betrachten zu können. Ich verwerfe den Gedanken allerdings, als ich sehe, dass sein Lächeln immer schmaler wird, bis die Delle in seiner Wange fast gänzlich verschwunden ist. »Was?«, fragt er und fährt sich mit der Hand über die Wange. »Hab ich was im Gesicht?«
Das hübscheste Lächeln, das ich je gesehen habe, denkt die benebelte Hälfte meines Hirns.
Ich räuspere mich. »Warum?«
Kurz sieht er zu Boden, dann wieder mitten in mein Gesicht. »Ich dachte, … weil du … mich so ansiehst.«
»Sorry«, beeile ich mich, zu antworten, und sammele ein paar Scherben vom Abtropfgitter, um mich abzulenken.
»Was denn noch?«, frage ich, als die Spuren meines Missgeschicks längst im Mülleimer unter dem Tresen ruhen und er trotzdem immer noch wie angewurzelt dasteht und mich so fragend ansieht.
»Sicher, dass alles in Ordnung ist?«
»Klar.« Keine Ahnung, Mann. Absolut nicht die geringste.
»Bekomme ich dann …« – er senkt noch einmal den Kopf, und als er mich wieder ansieht, sind seine Wangen noch ein bisschen dunkler als gerade eben – »… meine Coke?«
Als sie versteht, dass sie mir immer noch nichts zu trinken gegeben hat, verschwindet auch das letzte bisschen Selbstsicherheit zusammen mit ihrer Gesichtsfarbe. Sie schürzt die Lippen, kaut einen Moment lang auf der unteren herum, ohne mich aus den Augen zu lassen, dann dreht sie sich weg und kurz sieht es so aus, als wäre da eine kleine Erhebung an ihrer linken Brustwarze. Eine Falte im Stoff. Ein Schatten. Oder doch ein … Piercing? Alter.
In meinem Kopf bin ich binnen Sekundenbruchteilen am Ende des Abends angekommen, wo sie sich die enge weiße Bluse aufknöpft, die Träger ihres Spitzentops abstreift und beides auf den Boden meines Hotelzimmers fallen lässt.
Keine gute Idee, Conor. Keith hat gesagt: keine Bilder von dir mit einer Frau! Außerdem: Bald bist du weg und hast ganz andere Sorgen, als dir darüber Gedanken zu machen, ob dein jüngster One-Night-Stand gleich zur Presse rennt und dort erzählt, wie heiß die Nacht war – oder eben nicht.
Sei vernünftig. Das würde Kian jetzt sagen, wenn er hier wäre. Aber er ist nicht hier, er ist zu Hause in Lahinch. Wäre er hier, würde er mir permanent wie so ein nerviges Engelchen auf der Schulter hocken und zuflüstern, dass uns das alles gar nicht ähnlich sieht. Dass wir hier nicht reinpassen. Und ich müsste ihm wohl gestehen, dass er recht hat.
Ich blinzle ein paarmal, als eine Flasche vor mir abgestellt wird. Cola, wie bestellt. Irritiert hebe ich den Kopf und schaue sie an. Mitten in diese phänomenalen Augen.
Ich schließe den Mund, als ich sehe, dass sie mir längst ihr iPad entgegenstreckt, greife in die Tasche meiner Jeans, zücke Keiths Karte und halte sie an das Gerät, bis dieses leicht vibriert.
Ich will was sagen. Ihr sagen, wie unfassbar hübsch sie ist. Aber wahrscheinlich wäre das schräg, und vielleicht sage ich lieber nichts, damit wir uns noch ein bisschen länger so tief in die Augen sehen können. Als gäbe es die vielen Menschen um uns herum nicht. Keine Musik, keine tanzenden Lichter. Nur sie und ich. »Allie, Sean will dich hinten sehen!« Ein Schrank von einem Kerl mit dunklen Haaren und Oberarmen, von denen andere (ich eingeschlossen) nur träumen können, schiebt sich mit zwei vollen Getränkekästen an mir vorbei hinter die Theke und unterbricht unseren Moment. Wenn es den je gegeben hat. »Ich übernehme so lange für dich.«
Sie sieht von mir zu ihm und zu den Kästen, die er mit einer Leichtigkeit trägt, als wären sie aus Styropor. Dann nickt sie, und ihre Augen bleiben kurz an mir hängen, als sie durch die Lücke im Tresen schlüpft und … geht. Einfach so, ohne sich noch einmal zu mir umzudrehen.
Verdammt.
Als sie an mir vorbeizieht und mir der Geruch von frisch geschnittenen Rosen in die Nase weht, weiß ich, dass es mir alles andere als egal ist, wenn ich diese Frau nie wiedersehe. Nicht, weil ich sie heute Abend unbedingt mit nach Hause nehmen möchte. Also, doch, ja, schon, aber … Da ist noch etwas. Und ich bin tatsächlich ein bisschen enttäuscht, als ich sie Sekunden später in der Menge aus den Augen verliere, denn ich will mehr. Mehr Lippen, mehr Blicke, mehr Rosen. Ich will mehr über diese hübsche Furche zwischen ihren Augenbrauen erfahren. Und über das kleine tätowierte Herz, das ihren rechten Mittelfinger ziert. Über das Loch in ihrem linken Nasenflügel und den Falten-Piercing-Schatten auf ihrer Bluse. Ich möchte wissen, ob ihre Haarfarbe echt ist. Ob sie ihren Kaffee schwarz oder mit ein bisschen Milch und Zucker trinkt oder eine von denen ist, denen die weiße Schaumkrone gar nicht zu üppig und der pappsüße Sirup nicht genug sein kann. Ob sie im Schlafanzug schläft oder Unterwäsche unter der Bettdecke trägt – oder gar nichts. Ob sie Langschläferin ist oder morgens problemlos noch vor dem Wecker aus dem Bett kommt. Ob sie gern lacht, und wenn ja, worüber. Ob wir denselben Musikgeschmack haben und was sie so treibt, wenn sie nicht hier steht und bedient.
»Kann ich dir was bringen?«
Dwayne »The Rock« Johnson vor mir sieht mich mit seinem strahlendweißen Lächeln an. Alles, was ich tun kann, ist benommen mit dem Kopf zu schütteln und der Cola in meiner Hand zuzunicken. The Rock widmet sich daraufhin einem Herrn im Anzug, der neben mich getreten ist, und ich sehe mich wieder um. Nach Allie. Alicia? Alison. Allegra. Oder einfach Allie.
Wie auch immer, sie ist weg. Verschluckt von einer Mauer aus bunten Lichtern und tanzenden Menschen.
Verdammt.
Ich gehe auf die Zehenspitzen, versuche, über die Mauer hinwegzusehen. Wo genau ist hinten?
Statt Allie finde ich Jason, der immer noch auf der Tanzfläche steht und mich mit einer energischen Winkbewegung vom Tresen weglocken will.
Ich hole mein Handy aus der Hosentasche, schiele drauf, weil Jason denken soll, ich sei beschäftigt. Danny hat immer noch nicht reagiert, Liz auch nicht. Aber gut, es ist Samstag, da bekommt sie nach ihren Live-Sessions so viele Nachrichten, dass sie meine von heute Nachmittag bestimmt übersehen hat. Wahrscheinlich antwortet sie nachher. Spätestens morgen. Ob Danny auf meine Nachrichten reagieren wird, steht hingegen in den Sternen.
Ich will es zurückschieben, da vibriert es in meiner Hand.
Ich wünsche dir eine spannende Zeit in Großbritannien! Und wenn du wieder in Lahinch bist, reden wir, versprochen?! xxx T
Sie weiß von der Tour. Natürlich tut sie das. Und sie meint es nur gut, I know. Trotzdem krampft mein Magen, dreht sich mein Kopf – dabei halte ich mich schon den ganzen Abend an Wasser und Coke fest. Fetzen unserer letzten Unterhaltung fluten meinen Kopf, trotzen dort dem Dance-Track, der die Tanzfläche zum Beben bringt. Ich sehe mich um, rüber zu Jason, der sofort wieder winkt.
Ich schiebe das Handy in die Hosentasche und laufe. Einen Fuß vor den anderen kämpfe ich mich wie ferngesteuert zu Jason und den anderen durch, an Extremitäten vorbei, die im Takt der Musik haarscharf an mir vorbeifliegen.
Ich bin noch drei Schritte entfernt, da rauschen Allie und ihre frisch geschnittenen Rosen nur ein paar Meter entfernt über die Tanzfläche und verschwinden Sekunden später durch eine Tür ein Stück weiter links, an der in großen goldenen Lettern das Wort Private prangt.
Ohne darüber nachzudenken, drehe ich ab, um ihr zu folgen. Weil neben der Träne, die ich in ihrem Augenwinkel habe glitzern sehen, selbst Trishas ungelesene Nachrichten in meinem Posteingang für einen Moment unwichtig werden.
Und weil ich ganz offensichtlich meinen Verstand in ihren wunderschönen Augen verloren habe, sind wir mal ehrlich.
Die Tür am Ende des engen, dunklen Gangs geht nur schwer auf, als ich mich dagegenstemme. Die Abendluft dahinter ist mild, der Himmel klar und übersät mit unzähligen Sternen.
Doch selbst der schönste Nachthimmel wird zur Nebensache, als zwischen den Bergen aus Getränkekästen eben diese Augen für einen Moment im Licht eines Feuerzeugs aufblitzen. Sie nimmt einen tiefen Zug und tritt mit der Ferse gegen die braune Backsteinwand, an der sie lehnt. »Ich hasse euch!«, höre ich sie murmeln. »Ihr könnt mich alle mal«, schickt sie hinterher, diesmal etwas lauter. »Ich reiß mir doch nicht …«