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"Swingen ist harmlos und macht die meisten Menschen, die es praktizieren, sehr glücklich. Wenn man einmal angefangen hat, hört man nicht mehr auf." "Es gibt keinen rationalen Grund, monogam zu leben." Kühne Thesen? Dieses Buch lädt zum Staunen ein. Es beschreibt die Mentalität und die Welt der europäischen Swinger in ihrer ganzen Vielfalt. Swingen bedeutet Glück und Freiheit - wenn man sich selbst kennt und die Schritte konsequent geht. Viele Menschen folgen bereits diesem sexuellen Lebensstil und wollen nicht zurück. Der zweite Band der Buchreihe richtet sich an Neugierige und erläutert die Swinger-Szene von innen. Was erwartet mich im Swingerclub? Was ist CFNM, was bedeutet HÜ? Trifft man in der Szene auch ganz normale Menschen? Gibt es verschiedene Gruppen von Swingern? Welche Online-Plattformen sind seriös? Es werden, auch mit vielen Anekdoten, diese wichtigen Fragen in einfacher Weise beantwortet. Lebensnahe Schilderungen beschreiben tiefgründig eine spannende Welt, und zwar jenseits von Sensationspresse und Spielfilm mit ihren verzerrten Bildern. Erhalten Sie die umfassendsten und aktuellsten Einblicke in ein Lebensmodell und in eine Szene, von denen immer noch viele Menschen viel zu wenig wissen. Ausflüge in verschiedene europäische Länder und vor allem ins legendäre Cap d'Agde mit kurzen Reisetipps für Swingerreisen sowie ein Überblick über die Welt des BDSM runden das Bild ab.
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Prolog - Über diesen zweiten Band
Teil 1 Die Gemeinschaft der Swinger
Kapitel 1 – Du bist nicht allein – die Vielfalt des Swingens
Kapitel 2 – Das Verhältnis zur Außenwelt
Kapitel 3 – Begriffe: Hedonismus, Offene Beziehung, Polyamorie
Kapitel 4 – Outing
Kapitel 5 – Online-Plattformen
Kapitel 6 – Stammtische, Seminare, Kurse
Teil 2 Dresscode und Hygiene in Swingerclubs
Kapitel 7 – Spielbereiche
Kapitel 8 – Öffentliche und verschließbare Bereiche
Kapitel 9 – Kondome und Gleitmittel
Kapitel 10 – Dresscodes
10.1 – Frauen
10.2 – Und was macht Frauen attraktiv?
10.3 – Männer
10.4 – Sind Männer in Erotikkleidung eklig?
10.5 – Schuhe
10.6 – Fazit: Keine alten Männer in Badeschlappen
Kapitel 11 – Hygiene untenherum
11.1 – Rasieren aus Hygienegründen
11.2 Kondompflicht
Kapitel 12 – Bloß keine Körperkomplexe
Teil 3 Arten von Clubs und Veranstaltungen
Kapitel 13 – Jedem Tierchen sein Plaisierchen
Kapitel 14 – „Catwalk“-Veranstaltungen
Kapitel 15 – „Old School“-Veranstaltungen
15.1 – Besondere Spielbereiche
15.2 – Herrenüberschuss-Partys (HÜ)
15.3 – In aller Kürze und zu unterscheiden: Gangbang
15.4 – Frauenüberschuss-Partys (FÜ) und homosexuelle Frauen
15.5 – Paare-Partys
Kapitel 16 – Fetisch-Partys - die Nischen
16.1 – CMNF und CFNM
16.2 – Cuckolding
16.3 – Stuten- und Sklavenmarkt
16.4 – „Pick the Guy“
Kapitel 17 – Familienfeiern im weiteren Sinne
Kapitel 18 – Ein Wort zu geschlechtsspezifischen Eintritten
Kapitel 19 – Die Fokussierung der Szene auf Bedürfnisse von Frauen
Kapitel 20 – BDSM
20.1 Man weiß es
20.2 Safe, sane, and consensual
20.3 BDSM ist anders als im Film
20.4 Varianten beim BDSM
20.5 BDSMer sind nicht immer Swinger
Teil 4 Swingen in Europa
Kapitel 21 – Frankreich
21.1 – Gepflogenheiten in Clubs
21.2 Eintritte und Leistungen
Kapitel 22 – Cap d’Agde
22.1 – Allgemeine Beschreibung
22.2 – Aussehen des Ortes
22.3 – Aufteilung des Ortes
22.4 – Erreichbarkeit
22.5 – Im Dorf: Wer ist dort
22.6 – Nacktheit
22.7 – Sex und Events
22.8 – Schweinchenstrand
22.9 – Kommunikation
22.10 – Keine Fotos
22.11 – Essen und Trinken
22.12 – Preise und Unterkunft
Kapitel 23 – Spanien
Kapitel 24 – Niederlande
Kapitel 25 – Vereinigtes Königreich
Kapitel 26 – Skandinavien
Endnoten
Vielleicht haben Sie den ersten Band der Reihe „Himmel mit Sahne“ gelesen. Dort wurde nicht nur ausführlich beschrieben, weshalb Menschen Swinger werden und bleiben - und welche zuvor von den meisten zuvor ungeahnte Entwicklung sie durchlebt haben, wie sie ihr Leben und das ihrer Partner mit Freude erfüllen konnten, und was viele Swinger unternehmen können, um mit ihren intensiven Gefühlen so umzugehen, dass ihr Glück erhalten bleibt und sie gelegentliche Abwärtsspiralen auffangen können.
Vielleicht haben Sie den ersten Band auch entnehmen können, ob Sie sich selbst ein Leben als Swingerin oder Swinger, allein oder gemeinsam mit einer Partnerin oder einem Partner, vorstellen können. Sie haben erfahren, dass es auch für Sie Gründe geben kann, diesen Weg zu gehen. Vielleicht neigen Sie auch nicht oder noch nicht dazu, möchten aber mehr darüber erfahren, wie die Menschen, die sich als Swinger verstehen oder es in der Tat einfach sind, damit in der Wirklichkeit leben.
Dieser zweite Band soll die Realität des Swingens, die notwendigerweise mit anderen gelebt werden muss, beleuchten. Für Menschen, die im deutschsprachigen Raum leben oder dorthin reisen, werden einige praktische Hinweise enthalten sein. Den anderen, die vielleicht eine fremdsprachige Variante dieses Buches lesen, könnte eine Reise in unsere schöne Region Europas schmackhaft gemacht werden.
Auch dieser zweite Band ist aus einer sexpositiven Haltung heraus verfasst. Dies bedeutet in dem hier verstandenen Sinne nicht, dass jeder Mensch in modischer Weise gezwungen oder auch nur moralisch veranlasst sein soll, jede Form der Sexualität zu leben, für sich anzunehmen oder ihr ausgesetzt zu sein, wie dies bisweilen befürchtet wird.1 Die vielen Schattierungen in der Darstellung, die diesen Band prägen, werden vielmehr aufzeigen, dass verschiedene Formen der eigenen Sexualität in verschiedenen Zusammenhängen innerhalb der Szene positiv angenommen werden und auch gelebt werden können.
Sofern hier von einer „Szene“ die Rede ist, sollte der Begriff nicht in der Weise gedeutet werden, dass es sich um eine verschworene und geschlossene Gemeinschaft handelt, zu der nur ein hochschwelliger Zugang besteht. Es handelt sich nicht um klandestine Rockergruppierungen oder verschworene Netzwerke mit Aufnahmeritualen. Die Swingerszene ist ebenso offen wie die Opernszene, die Theaterszene oder die Fanszene eines Fußballvereins. Viele Menschen, die eine Neigung oder Begeisterung teilen, kennen sich mit der Zeit und finden auch Freunde innerhalb eben der Szene. Zudem ist die Swingerszene nicht nur großstädtisch geprägt. Vielmehr sind Stadt und Land recht gleichmäßig vertreten, und viele Swingerclubs befinden sich auch auf dem sogenannten platten Land. Früher wurde der Begriff zudem häufig im Zusammenhang mit Jugendlichen verwendet, deren Organisationsformen von klassischen Vereinsstrukturen vermeintlich häufiger als bei Älteren abweichen, und die angeblich alters- oder generationenbedingt „neue“ Formen von Subkulturen bildeten.2 In der Swingerszene sind Menschen jedes Alters ab 18 Jahren vertreten.
Eine wichtige Erkenntnis, die durch einen Besuch einer der zahlreichen Veranstaltungen eben dieser Szene und auch durch die Vernetzung im Internet offenbar wird, besteht darin, dass kein Mensch mit seinen oder ihren am Swingen ausgerichteten sexuellen Vorlieben oder Fetischen allein ist. Während vor Jahrzehnten die Praxis des Swingens heimlich und verborgen gelebt werden musste, Kontakte allenfalls durch stark chiffrierte Nachrichten in Printmedien geknüpft werden konnten, die ihrerseits unter Ladentheken verkauft wurden, lassen sich heute im Internet auf bestimmten Plattformen Dialoge führen, Veranstaltungen finden und Informationen jeder Art abrufen. Auch dieses Buch ist letztendlich ein Ergebnis dieser gewonnenen Offenheit.
Wissenschaftlich wirklich belastbare Statistiken zur Verbreitung des Swingens lassen sich kaum finden. Es gibt zahlreiche Daten zu Seitensprüngen und zum Fremdgehen, die nahelegen, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung schon einmal einem festen Partner sexuell untreu war - was im Zusammenhang mit dem Swingen nicht erheblich ist, weil es eben nicht um Untreue im Sinne von Heimlichkeit geht. Daten aus Deutschland zum Anteil offener Beziehungen beziehen sich nur auf Homosexuelle.3 Demnach führen etwa zehn Prozent der männlichen und fünf Prozent der weiblichen Homosexuellen eine offene Partnerschaft. Verschiedene inzwischen veraltete Untersuchungen aus den 1970er Jahren in den USA gehen von 1 bis 2 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, die Swinger sind.4
Spezielle wissenschaftliche Abhandlungen zu Swingern wurden in Deutschland von Miriam Venn verfasst, die im Rahmen eines laufenden Promotionsprojekts auch qualitative Befragungen (also Befragungen, wo es um Inhalte und nicht um reine Zahlen geht) von Swingern gesammelt hatte.5 Sie stellt fest, dass es bei den von ihr befragten Personen, die sich selbst als Swinger betrachten zwei Begriffsbestimmugen von „Swingen“ gibt.
Die engere Variante lautet „Partnertausch von Paaren für sexuelle Aktivitäten. Geschlechtsverkehr ist dabei keine notwendige Komponente, wird aber bei dieser Form häufig impliziert.“ Venn nennt die Menschen, denen diese Form des Swingens am ehesten zusagt, „Harcore-Swinger“, „klassische Swinger“ oder „Old-School“.
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Eine weitere Variante gehe dahin, dass Swingen „das geteilte sexuelle Erlebnis von Paaren mit mindestens einer weiteren Person [sei], mit der aber keine feste Beziehung besteht. Der sogenannte Hausfreund/die Hausfreundin, ein regelmäßiger ‚Spielgefährte‘/eine regelmäßige ‚Spielgefährtin‘ für sexuelle Aktivitäten stellt dabei eine Form zu Swingen dar, die als Grenze zu festeren Dreiecksbeziehungen betrachtet werden kann. Die Spanne beim Swingen reicht von sexuellen Handlungen vor den Augen weiterer Anwesender bis hin zu Geschlechtsverkehr mit gänzlich Fremden. Das Verhältnis von Männern und Frauen kann divergieren.“
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Teilweise legen Paare Wert darauf, die Kontakte zu anderen Paaren, mit denen dann durchaus Sex bis hin zum Geschlechtsverkehr stattfindet, langsam und über mehrere Kennenlernphasen erfolgt. Diese Form des Swingens nennt Venn „Cliquen-Swinging“.
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Eine Form, bei der Zweifel bestehen können, ob es sich wirklich noch um Swingen handelt, bezeichnet Venn als „Catwalk-Swinging“. Es ist die Ausgehform, „bei der es um ‚Sehen und Zeigen‘ geht. Paare, die diese Form praktizieren, haben in der Regel keinen sexuellen Kontakt mit anderen Swinger/-innen. Sie nutzen Swingerclubs und -partys, um ihren Exhibitionismus und Voyeurismus ausleben zu können“.
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Es handelt sich bei dieser Ausweitung der Vielfalt des Swingens und der swingerähnlichen Veranstaltungen letztendlich nicht um die Verengung des Old School-Angebotes, sondern vielmehr wurden in den vergangenen zwanzig Jahren die Reichweiten der swingerähnlichen Veranstaltungen hinsichtlich des Zielpublikums ausgeweitet.
Die Begriffe, die Venn verwendet, sind treffend und sollen hier übernommen werden.
Wichtig ist also: Unter den Begriffen „Swingen“ und „Swinger“ verstehen unterschiedliche Menschen unterschiedliche Formen von Verhaltensweisen und Veranstaltungen. Dabei gehen die verschiedenen Zielgruppen ineinander über. So werden „Old School“-Swinger gelegentlich auch interessante „Catwalk“-Veranstaltungen besuchen, oder sie sind auch Teil eine „Clique“, die sich gelegentlich privat trifft. Umgekehrt gibt es auch „Catwalk“-Publikum, das gelegentlich auf „Old School“-Veranstaltungen geht oder sogar in das entsprechende Lager überwechselt.
Festhalten lässt sich jedenfalls, dass die größte Plattform, die in Deutschland gleichsam alle drei Formen bedient, der „Joyclub“, nach eigenen Angaben knapp 4,5 Millionen Mitglieder und etwa 600 000 bis 800 000 Anmeldungen von Mitgliedern je Tag verzeichnet. Allein nach der Anzahl der Anmeldungen melden sich also knapp 1 Prozent der Bevölkerung Deutschlands an jedem Tag im Joyclub an. In Anbetracht des Umstandes, dass es viele Paarprofile gibt, liegt demnach die Anzahl der sich tatsächlich anmeldenden Personen sogar höher.
Beworben werden im Joyclub sexuell orientierte Veranstaltungen mit durchaus mehreren tausend Besucherinnen und Besuchern. Mitglieder des „Joyclub“ können sogenannte Gruppen gründen und sich darin verzeichnen lassen. Diese Gruppen können sich an Interessen oder auch regional ausrichten und über darin gezielt beworbene Veranstaltungen oder auch durch gruppeneigene Online-Gesprächsforen oder die Vernetzung von Mitgliedern die Online-Aktivitäten entsprechend bündeln. Allein die größte regionale Berliner Gruppe, die „Hauptstädter“, hatte im Mai 2022 über viertausend Mitglieder.
Auch im Joyclub zeigt sich die Unterschiedlichkeit der Mitglieder. Gezielte Auswertungen der Mitgliederprofile ergeben ein vielfältiges Bild. Dies sei anhand einiger Zahlen zu Mitgliedern beschrieben, die als Wohnort Berlin angeben. Mit Solo-Profilen angemeldete Frauen, die angeben, viel Erfahrung als Swingerinnen zu haben, sind 423. Hinzu kommen 499 Paare in Berlin, die diese Angabe gemacht haben. Überhaupt als Swinger werden bei einer entsprechenden Mitgliedersuche hingegen 1 156 Paare aus Berlin ausgewiesen. Ausdrücklich nicht als Swinger ausgewiesen wird allerdings die gleiche Anzahl an Paaren. Eine Suche im eher ländlichen Raum zeigt ähnliche Ergebnisse: 1 156 swingende Paare finden sich in 50 Kilometer Entfernung rund um Coesfeld, Nordrhein-Westfalen. Diese nach ihrer Anzahl gleich lautende Ausgabe von stets 1 156 Paaren weist allerdings eher darauf hin, dass der Joyclub die Ausgabe an Profilen mit gleichen Kriterien begrenzt, und dass die Zahl der entsprechend registrierten Paare entsprechend größer ist. Im wirklich sehr ländlichen und dünn besiedelten Raum, in einem Umkreis von 50 Kilometern von Neubrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, weist der Joyclub immerhin noch 189 Paare aus, die sich selbst als Swinger bezeichnen.
Eine Umfrage in einem Forum des Joyclub aus dem Jahr 201710 ging dahin, ob ein Ergebnis einer vom Deutschen Ärzteblatt11 veröffentlichten Studie, wonach Männer in ihrem Leben durchschnittlich 10,23 Sexualpartnerinnen hätten, während es bei Frauen 5,46 Sexualpartner seien, auf die Mitglieder zuträfen, die den einleitenden Forenbeitrag lesen. Die Antworten fielen sehr verschieden aus. Während einige Mitglieder bei diesen Zahlen ihre eigenen Verhältnisse wiedergegeben sahen, antworteten andere, sie lägen weitaus darüber, wollten aber nicht in einen Wettbewerb eintreten. Eine Frau bemerkte, sie läge im Zeitraum zwischen dem 1. Januar und dem 2. September des Jahres mit „Ficken: 123, Bukkake: 292“ deutlich darüber. Sie sei keine Prostituierte, sondern Bukkake sei ihr Hobby.12
Als erstes Fazit lässt sich festhalten, dass man unabhängig davon, wie man selbst seine Sexualität gestalten möchte, Gleichgesinnte online und auch offline finden kann. Niemand ist allein, und niemand hebt unter Gleichgesinnten vorwurfsvoll die Augenbrauen.
Dennoch bleibt die Erkenntnis, dass Swinger eine gesellschaftliche Minderheit bilden, die maximal fünf, realistischerweise aber ein bis zwei Prozent der Bevölkerung ausmacht.
Den Umstand, dass sie einer Minderheit angehören, sollten sich Swinger wiederholt bewusst bleiben, wenn sie mit Nicht-Swingern kommunizieren und verführt sind, Themen anzusprechen, für deren Erörterung nur Swinger Verständnis haben können. Die Reaktionen bleiben solange gleichgültig, bis sich nicht swingende Menschen von einer gezielten Erörterung belästigt fühlen. Die entsprechende Schwelle, ab der diese Empfindung ausgelöst wird, ist schwer abschätzbar.
Eine gewisse Sensibilität ist zu beachten. Wenn in der Tat Untersuchungen darauf hinweisen, dass etwa die Hälfte aller Männer und Frauen gelegentlich oder häufiger ihren eigentlich monogamen Partnerinnen oder Partner heimlich untreu werden, andererseits allerdings nur vielleicht zwei Prozent in einer ehrlich offenen Beziehung leben, ergibt sich daraus, dass etwa 48 Prozent der Bevölkerung die Dreistigkeit besitzen, ihren selbst gewählten und vertrautesten Menschen zu hintergehen. Auch wenn es nur 40 Prozent wären, zeichnet dies ein erschreckendes Bild einer unehrlichen und verlogenen Gesellschaft, in der Charakterfehler vieler Menschen sogar vor den engsten Vertrauten nicht Halt machen. Untersuchungen aus vielen verschiedenen demokratisch orientierten Ländern der Welt zeigen, dass etwa zehn bis zwölf Prozent der Bevölkerung extremistischen Strömungen in dem Sinne anhängen, dass von ihnen ein Beitrag zu einem geordneten und ausgewogenen gesellschaftlichen Zusammenleben ohnehin nicht möglich ist. Darüber hinaus ist aber offenbar ein weiteres Drittel der Gesellschaft nicht in der Lage, seine engsten persönlichen Beziehungen so auszugestalten, dass es ohne Verrat und Lüge den eigenen Bedürfnissen nachgehen kann. Erstaunlicherweise ist diese Ziffer mit derjenigen der Rate der Ehescheidungen ungefähr identisch. Das Erfrischende an Swingern, unabhängig davon, welcher der oben dargestellten, von Miriam Venn beschriebenen drei Gruppen sie angehören mögen, ist, dass man dieses Drittel kaum antrifft. Von Ausnahmen abgesehen, ist der Anteil ausgeglichener, freundlicher Menschen unter Swingern spürbar viel höher als in einer Gruppe aus dem Querschnitt der Bevölkerung ohne besondere persönliche Merkmale.
Der Umstand, dass ein Anteil zwischen einem Drittel bis zur Hälfte der Bevölkerung ein schlechtes Gewissen haben wird, weil sie entgegen der Absprache zur Monogamie ihren Partner betrogen haben, wirkt sich zuweilen auf die Reaktion aus, die diese Menschen Swingern entgegenbringen. Manche zeigen eine künstliche Ablehnung, um bei ihrem Partner eine Gewissheit zu erzeugen, wonach nichts anderes als Monogamie für sie in Frage komme. Andere erschrecken sich ob der ihnen zuvor nicht bekannten Möglichkeit, das Bedürfnis nach Seitensprüngen auch auf ehrliche Weise zu befriedigen. Ihnen wird in beiden Fällen wie mit einem Spiegel ihre eigene Unehrlichkeit, ihr charakterliches Zurückbleiben vor Augen geführt. Wieder andere sind der Auffassung, dass sie selbst mit ihrem Seitensprung einen Fehler gemacht hatten und befürworten umso mehr das Konzept der Monogamie, ähnlich wie trockene Alkoholiker die schärfsten Befürworter absoluter und nicht nur auf sich bezogener Enthaltsamkeit werden können. Dabei übersehen sie, dass Ursache ihres Fehlers nicht die zu wenig nachdrückliche innere Unterstützung von Monogamie ist, sondern ihre eigene Unaufrichtigkeit und das Schweigen gegenüber ihrem Partner zu den unausgesprochenen eigenen Bedürfnissen, die sie zudem oft sich selbst verleugnen. Eine kleine Minderheit bevorzugt die Monogamie aus religiöser Überzeugung, ein Fehltritt wird als Sünde betrachtet, und der Umgang mit dieser Sünde entspricht dann der Handlungsanweisung, die ihre Religion ihnen bietet. Die zuletzt genannten Menschen denken dann doch auch recht viel über sich selbst nach und vertreten, wenn sie wegen ihres eigenen Glaubens und nicht aus rücksichtslosem Missionseifer heraus handeln, gegenüber Swingern keine grundlegend feindselige Haltung, auch wenn sie das Swingen für sich selbst ablehnen.