Hinter dem Regenbogen - Charlotte Camp - E-Book

Hinter dem Regenbogen E-Book

Charlotte Camp

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Beschreibung

Als Zeitreisende ist sie des eintönigen Lebens schnell überdrüssig, von ewiger Unruhe getrieben, begibt sie sich erneut auf den Weg in den Zeitkanal, um in die Zukunft einzutauchen. Doch zuvor geschieht das Unerwartete, sie stürzt in ein Zeitloch, in eine längst vergangene Zeit. In einer Zeit des Irrglaubens, von Teufeln, Zauber und Hexenwahn, kämpft sie um das nackte Überleben.

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Seitenzahl: 428

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Über das Buch

Hinter dem Regenbogen

Das Leben meint es nicht gut mit ihr.

Ihre Welt ist ein einziger Scherbenhaufen.

Am schlimmsten jedoch, quält sie das plötzliche Verschwinden ihres Liebsten.

Doch nicht genug, alles verloren zu haben, stürzt sie zu allem Übel auch noch in ein Zeitloch und findet sich fassungslos in einer längst vergangenen Zeit.

Welche Zeit ist es, in der sie festsitzt?

Und wie sollte sie je wieder in ihre Welt gelangen.

Verzweifelt versucht sie, sich zurecht zu finden.

Alle sind so anders als sie, hier passt sie nicht hin.

Von allen weiblichen Wesen gehasst und verflucht, sieht sie sich bald als Hexe verfolgt, den Tod auf dem Scheiterhaufen vor Augen…

Zur Autorin:

Nach einem turbulenten Leben, in selbst gewählter Ruhe und Abgeschiedenheit, widmet sie sich nun ausschließlich ihrem Hobby, dem Schreiben, fantastischer Abenteuer Romane.

Gewidmet:

Meiner lieben Schwester

Fortsetzung:

Der Trilogie

Tor zur Ewigkeit

Band 1

Sternenstaub

Band 2

Am Rande der Zeit

Band 3

Tödliches Verlangen

Band 4

Zwischen den Welten

Band 5

Der Gesichtslose

Band 6

Inhalt:

Kap. 1 : Tretmühle

Kap. 2 : Kein Licht am Ende des Tunnels

Kap. 3 : Falsche Hoffnung

Kap. 4 : Am Rande des Abgrundes

Kap. 5 : Der unbekannte Weg

Kap. 6 : Zurück in die Zukunft

Kap. 7 : Der tiefe Fall

Kap. 8 : Venus Persönlich

Kap. 9 : Die Hochzeit

Kap. 10 : Die neue, alte Zeit

Kap. 11 : Garten Eden

Kap. 12 : Die Flucht

Kap. 13 : Die Silbermine

Kap. 14 : Liebesschwüre

Kap. 15 : Die auferstandene Tote

Kap. 16 : Die Wanderhure

Kap. 17 : Die Nebel lichten sich

Kap. 18 : Das Ende ist der Beginn

Vorwort

Niedergeschlagen zog ich meinen Rucksack auf den Rücken und ging ein letztes Mal durch das Haus, unser Haus, mein zu Hause seit so vielen Jahren.

Hier habe ich meine Handschrift hinterlassen, habe meinen Lebensraum geprägt, eine Spur wird von mir bleiben eine kurze Zeit, doch bald wird sie wie auch ich wie vom Winde verweht sein.

Entschlossen öffnete ich die Haustür und betrat den Hof, zögernd noch, begann ich meinen letzten Weg.

Ich glaubte Günter am Fenster sitzend.

In der Hoffnung, er möge mich sehen und aufhalten, ging ich sehr langsam, wartend von ihm gerufen zu werden.

Viel zu schnell erreichte ich das Tor, zögernd sah ich mich ein letztes Mal um, doch nichts geschah, keiner rief nach mir. Ich ließ die schwere Tür ins Schloss fallen und begann zu laufen.

Blind vor Tränen hastete ich den Hang hinauf, ich fühlte mich so verloren, so allein ohne Ihn!

Der Schmerz in meiner Seele, meiner Brust war unerträglich, aber es gab kein Zurück mehr, gleich hat mein Leiden ein Ende, gleich werde ich Ihn vergessen haben, die Zeit wird gnädig mit mir sein.

Ich betrat die Höhle, den Zeitkanal, ließ mich in die Anfangszeit befördern, die Zeit vor unseren ersten Tagen und gleich darauf in das Jahr 1879, es war September, der Tag meiner einstigen Ankunft 16°°Uhr, die gleiche Zeit.

Ich musste die Höhle ganz durchqueren um auf die andere Seite zu gelangen, alles ist nun zu Ende. Ich stolperte durch den Zeitkanal, die Gefahr kümmerte mich nicht, was könnte mir noch schlimmeres passieren.

Doch während ich durch die schauderhafte stinkende Höhle stapfte, war ich mir dem Anlass dieser Höllenwanderung nicht mehr voll bewusst.

Das Geheul und Gewinsel ekelte mich an, doch ich hatte eine starke Lampe dabei um mir die erbärmlichen ausgestoßenen Wesen vom Leibe zu halten, sie würden hier für ewig gefangen bleiben.

Das totale Vergessen erfolgte, als ich die zweite Höhle betrat.

Ich ging in meine Zeit zurück…

Verwundert sah ich mich um, was wollte ich in dieser Höhle, einem Ort des Schreckens?

Ich komme von der anderen Seite, aus einer anderen Zeit, erinnerte ich mich schwach, unglaublich, ich bin imstande in andere Zeiten zu gelangen, mein Gott, ich habe die andere Seite gesehen, - ein anderes Jahrhundert.

Aber was wollte ich da, was habe ich dort gesucht?

Ist das nicht das Land meiner Vorfahren? Ich schüttelte mich.

Verwirrt setzte ich meinen Weg fort, stieß auf die Klettergruppe mit der ich heute Mittag den Berg erstiegen hatte, mischte mich unter sie und begann mit Ihnen den Abstieg, abends würde ich wieder zu Hause sein.

Der Kreis hatte sich geschlossen, Ende und Anfang trafen aufeinander, alles dazwischen war ausgelöscht.

Hundertsechzig Jahre pralles Leben hatten sich aufgelöst wie eine Seifenblase.

Der Bergführer musterte mich, verträumt sinnend, unsere Blicke trafen sich und weckten ein seltsames Gefühl in mir, mir war, als verband mich etwas mit ihm, ich kannte ihn, war ich mir sicher.

Na klar, er hat uns ja schon auf den Berg hinaufgeführt und dennoch, - war da nicht etwas zwischen uns, - irgendwann?

Ich glaube ich wäre nicht abgeneigt, wenn er mich fragen würde ob ich…ich bin mir sicher, dass ich, das wir…-Ach Unsinn, meine verwirrten Gedanken spielen mir einen Streich.

Unten angekommen, verabschiedeten wir uns mit Händedruck.

Er hielt meine Hand zu lange, wollte mich nicht gehen lassen.

„Bleib“, wollte er wohl sagen, doch er tat es nicht!

Ein starkes Gefühl des Verlustes wallte in mir auf, verlegen löste ich meine Hand aus Seiner und ging.

Nach ein paar Metern wendete ich mich noch einmal augenzwinkernd um.

Er stand noch immer an der gleichen Stelle, solche blitzenden durchdringenden Augen, mein Gott diese Augen, wo hatte ich diese Augen schon gesehen?

„Vielleicht komme ich eines Tages wieder“, rief ich lachend, vielleicht in einem Jahr oder irgendwann“…

Ich hatte alles in meinem Kopf gelöscht, außer dem Wissen, der Erkenntnis nun ein Zeitreisender zu sein.

Ich werde niemals wieder Ruhe finden, einmal als Zeitreisender infiziert, für alle Zeit verdorben für ein normales, langweiliges Leben.

Diesen Satz hatte ich einmal gelesen in einem Büchlein mit rotem Einband, in welchem Büchlein? Hatte ich es gar selbst geschrieben?

Kapitel 1: Tretmühle

Vielleicht in einem Jahr, waren meine letzten Worte zu dem Fremden, der mich so beeindruckte, mich so tief berührte, ich bemerkte sein Zögern, seinen warmen festen Händedruck, als wollte er mich nicht gehen lassen.

Er hätte mich halten können, ein paar Worte nur aussprechen, doch er verpasste die Gelegenheit.

Ich wendete mich ein letztes Mal um, zu dem Berge, einem Berg wie jeder andere, wenn da nicht in seinem Inneren die mystische Höhle,- der Zeitkanal wäre, ich selber hatte sie durchquert. Nun ging ich mit dem Bewusstsein, für alle Ewigkeit eine Zeitreisende zu sein. Von nun an immer ruhelos, unausgefüllt mit meinem Schicksal hadernd, doch was suchte ich, was erhoffte ich zu erleben, dort auf der anderen Seite? Ich hatte alles vergessen, nur die vage Erinnerung an etwas Großem, Einmaligen war mir geblieben“

Ich sitze wieder in meinem alten Hamsterrad, unruhig, unzufrieden, konnte mich nur mit Mühe in die alte Umgebung und meine gewohnte Tätigkeit einfügen.

Etwas war anders, alles war anders, obgleich sich nichts geändert hatte.

Meine Hände verrichteten mechanisch die täglichen anfallenden Arbeiten, eine Arbeit die kein Ende zu nehmen schien. Gemüse schnippeln, Salat waschen, zerteilen, marinieren und anrichten. Suppen und Soßen verrühren, kosten, kleine Terrinen füllen, Steaks würzen und in das zischende Öl gleiten lassen, die vorgewärmten Teller bereitstellen, alles musste schnell gehen.

Nebenbei belegte ich Platten mit allerlei feinen Zutaten, Fisch, Fenchel, Paprika, Artischocken, schob es in die Durchreiche.

Reis, geschmorte Pilze, ach ja den Joghurt-Dipp nicht vergessen.

Stunde um Stunde verging, ich schaute durch die Öffnung in das Lokal. Fast alle Tische waren besetzt, wie üblich drangen die gleichen Geräusche an mein Ohr. Das Klappern des Besteckes, das Geraune aus vielen Mündern, Lachen, das zischen des Zapfhahnes, das klirren der Flaschen und Gläser, die leise Musik im Hintergrund.

Ich liebte den Anblick der zufrieden Speisenden, mehr oder weniger anspruchsvollen Gäste und hasste ihn gleichermaßen, verabscheute all jene die ohne Genuss die sorgfältig zubereiteten Speisen, hastig in sich hineinschlangen, wie die Fürsten und Grafen bei Hofe oder einst die Barbaren, unkultiviert in ihren Ritterburgen, sie kannten nur den fleischlichen Genuss sowie die Völlerei, in Orgien ausartend.

Sie saßen auf der Bühne in den passenden Kulissen, ich war Zuschauer.

Ich seufzte versonnen, meine Fantasie ging wieder mit mir durch, gegenwertig zählt das hier und jetzt.

Die Tretmühle hatte mich wieder.

Das Lokal leerte sich zum Teil, um sich sogleich wieder zu füllen, ein neuer Akt begann, das Stück ging weiter.

Ich rührte in den Töpfen, kochte, briet, schob unermüdlich Teller und Schalen in das Fensterchen zum Gastraum, Arbeit, Arbeit…

Wieder war ein Tag zu Ende, ein Tag wie jeder andere, mit müden schmerzenden Beinen stieg ich die Treppe hinauf zum oberen Flur. Dort erwarteten mich schon meine Lieblinge.

Sie standen wie die Soldaten in Reih und Glied, irgendwer hatte wieder die Tür zu meiner Wohnung verschlossen.

Ich rief sie alle bei Namen, herzte und knuddelte sie, öffnete die Eingangstür und betrat mit ihnen mein Reich, dort füllte ich die Futternäpfe und war mit ihnen happy, sah ihnen beim fressen zu und war glücklich alle wieder um mich zu haben.

Es war lange nach Mitternacht, als ich mich in meinem Bett ausstreckte, während meine Lieblinge mit dem langen seidigen Fell und den Samtpfoten ihren Platz um mich herum einnahmen. Alles war gut, jetzt kann ich ruhig schlafen.

Aber war mein Leben ein erfülltes Leben?

Ich war müde aber ich konnte lange nicht in den ersehnten Schlaf finden.

Zu viele Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum, etwas war geschehen, hatte meine beschauliche kleine Welt verändert, meine Ruhe zerstört, mir meinen Frieden genommen.

Nachts kamen die Bilder, nur Traumfetzen, erscheinend wie zwischen Nebelschwaden. Es war zum Irrewerden!

Bald versuchte ich die Zeit des Schlafens heraus zu zögern, suchte immer später mein Schlaflager auf, todmüde und verwirrt, um die Träume zu meiden, ihnen zu entgehen, sie jedoch fanden mich in jeder Nacht.

Ich versank in eine andere Zeit, empfing Traumblitze zunächst, kaum lohnend sie festzuhalten. Später erschienen mir Gesichter, ich sah Günter, Hermann, Justin, Wolfgang, Kevin und Ludwig, auch den alten Grafen sah ich in kurzen Momenten durch meinen Kopf schwirren, sah den schwarzhaarigen russischen Fürsten, besitzergreifend nach mir fassen.

Ich wollte das alles nicht, was sollten die vielen Gestalten in meinem Kopf, was wollen sie von mir? Sie sprengen mein Gehirn, ich werde wahnsinnig.

Bald hatte ich Angst, ja Panik vor dem Einschlafen, schlich nachts in die Küche um neue Suppen und Soßen zu kochen und exotische Kreationen zu erproben.

Mein Tag und Nachtrhytmus war gestört, mein Leben, mein ganzes Dasein war aus den Fugen geraten.

Im tiefsten Inneren ahnte ich, etwas Wertvolles, Einmaliges verloren zu haben.

Ich sollte mich nicht länger vor den Träumen, die mich Nächtlich heimsuchen, verschließen, stattdessen muss ich mein verlorenes Leben erforschen, sonst werde ich niemals mehr Ruhe finden.

Längst hatte ich alles Interesse an jeglichen, Freizeitaktivitäten verloren, alles schien mir banal, sinnlos, ich fühlte mich plötzlich nicht mehr zu Hause hier.

Es gab so viele Männer die nur meinetwegen kamen, doch ich schloss die Küche kurz vor Mitternacht und verschwand durch den Hintereingang, noch mehr konnte ich nicht verkraften.

Es dauerte fast ein Jahr und die Träume begannen Gestalt anzunehmen.

Günter hieß er wohl, der Mann der am lebendigsten in meinem Schlaf herumgeistert, ich lag in seinen Armen und empfand ein Gefühl der Glückseligkeit, ein warmes Gefühl, so stark das es mich bis in den Tag begleitete.

Bei ihm empfing ich ekstatische Erfüllung, doch wer war er, der mich so in seinen Bann zog das ich in Verzückung geriet, mein Herz quoll über vor überschäumender Liebe, doch für wen?

Ich hatte ursprünglich vor, nach einem Jahr den Zeitkanal wieder aufzusuchen, meine Unruhe wuchs mit jedem verstreichenden Tag, gleichwohl war es mir nicht möglich.

Zwei Trauerfeiern, zwei Hochzeiten, ein Firmenjubiläum stand noch an, nach der Saison, ich würde die nächsten Wochen mit Arbeit eingedeckt sein, aus einem ausgiebigen Urlaub wurde nichts, denn ich musste alles allein vorbereiten und gestalten. Alles lastete auf meinen Schultern, ich gab mein Bestes. Ich, die kaum in Erscheinung trat, war es, die im Verborgenen die Fäden zog und für einen reibungslosen Ablauf sorgte.

Bei einem Blick durch das Fenster zum Gastraum sehe ich sie alle sitzen, sie schauen unruhig auf die Uhr, Heinz, Kurt, Frank, Peter oder wie immer sie heißen, warten doch vergebens.

Ein Jahr ist vergangen, nun auch der Herbst. Ich schlafe zu wenig, bin zerstreut, längst gehe ich nicht mehr selbst auf den Großmarkt, schicke den Schwiegersohn. Meinen Küchendienst erledige ich lieblos wie ein Roboter, die Hände wissen was zu tun ist. Es muss wohl gut genug sein, denn es gibt keine Beschwerden an die Küchenfee.

Ich lebe nicht wirklich. All die Gesichter verfließen ineinander wie hier, doch es muss sie geben irgendwo, besonders den „Einen“ nur diesen „Einen“ muss ich ausfindig machen, mein Lebensglück, nur mit ihm will ich sein.

Ich verliere immer mehr den Boden unter den Füßen, sinke tiefer und tiefer in Fantasien. Mir kommen erste Zweifel, werde ich verrückt, ist das der Beginn einer Nervenkrankheit?

Die Bilder und neuerdings auch Stimmen in meinem Kopf, denke ich während ich die Kochplatten abstelle.

Auch heute saßen wieder einige meiner Anbeter die mir eifrig und hartnäckig den Hof machten, wie soll ich sie sonst nennen, in der Gaststube jedoch gab ich ihnen kaum Gelegenheit, um mich zu werben.

Was soll mir das alles, dachte ich oft genervt, wieder einmal fast Mitternacht, Feierabend für mich. Ich räumte alles Verderbliche in den Kühlraum und verschloss die Klappe der Durchreiche, nicht ohne einen letzten Blick in den Gastraum geworfen zu haben. Dort hockten sie ungeduldig wartend.

Ich konnte nun zu ihnen gehen, den Abend in Muße ausklingen lassen, das jedoch war mir zu anstrengend, der pure Stress, denn ich hätte mich nicht entscheiden können, zu wem ich mich setzen sollte.

Also betrat ich gar nicht erst die Wirtsstube, sondern verdrückte mich wieder einmal durch den Hinterausgang, begab mich in eine selbst gewählte Einsamkeit.

Ich hatte gute Bücher zur Zerstreuung und im Fernseher lief ein spannender Film. Mittlerweile hatte ich mich an die skurrilen Träume gewöhnt, konnte sie oft kaum erwarten.

Irgendwann würden sie sich miteinander verbinden, ein Ganzes ergeben, hoffte ich.

Ich zog mich mit einem Buch in meine Kuschelecke zurück, um mich müde zu lesen. Ohne es zu merken glitt ich in den Schlaf hinüber.

Ich saß auf einem Pferdfuhrwerk hoch oben auf der Bank neben dem Kutscher, der Wind blies mir ins Gesicht, laut mahlten die eisernen großen Räder auf der steinigen Straße.

Ein Schloss taucht plötzlich in der Ferne auf, wie auf Wolken schwebend nahm es Form an, ich zählte fünf Türme mit zwiebelartigen Spitzen.

Das Rumpeln der Kutschenräder weckte mich, ich hatte vergessen den Fernseher auszuschalten, ein alter Western hatte mir vermutlich die Reise auf der Pferdekutsche vorgegaukelt, das Schloss hingegen hatte ich wirklich gesehen, nicht nur einmal, sondern sehr oft schon.

In Gedanken nahm es langsam Form an, ich sah die vielen Fenster, das riesige Portal, die prunkvolle Halle mit den gewaltigen verschnörkelten Säulen, der prachtvollen gewölbten Stuckdecken, die hohen verzierten Fenster.

Wo war dieses mystische Gemäuer, wo konnte ich es finden?

War es der Schlüssel und das Schloss zu meinem verlorenen Leben?

Ich löschte das Licht und kroch ins Bett, begierig mehr zu erfahren.

Jetzt sah ich mich wieder in dem riesigen Raum, gleich einer Kathedrale, umhergehen, als wäre ich dort zu Hause, unglaublich und dennoch wahrhaftig.

Ein Diener in Livree, führte mich die breite Marmortreppe hinauf zu meinen Gemächern.

„Hat Frau Gräfin noch einen Wunsch?“, fragte er, sich tief verbeugend und öffnete mir die Tür zu einer anderen Welt.

Plötzlich befand ich mich in einem Turmzimmer, verblüfft, staunend drehte ich mich im Kreis. Die Fenster boten mir den Blick in alle Himmelsrichtungen, ich konnte weit über das Land sehen.

Ein Traum, dachte ich benommen, gleich werde ich erwachen, ein fieses Geräusch weckte mich, zwei meiner Kater knurrten sich böse an, im Streit um den beliebtesten Platz auf meinem Kopfkissen. Ihr kleinen Monster, wies ich sie ärgerlich zurecht, jetzt habt ihr meinen wahren Traum zerstört.

Kapitel 2: Kein Licht am Ende des Tunnels

Er hat sie gesehen und weiß ganz genau, das ist „Sie“.

Er stellt Nachforschungen an, sucht sie Monate lang, ein ganzes Jahr, verpflichtet einen Privatdetektiv.

Man findet schließlich eine Spur von ihr, eine neue Hoffnung keimt in ihm.

Er macht sie ausfindig in einem kleinen Ort im Harz, wird er sie sehen, sich ihr erklären können?

Er findet keine Ruhe mehr, sucht selbst den Ort auf und sieht sie, ja er sieht sie tatsächlich, er kann es kaum glauben, sie ist so schön, dass es ihm die Sprache verschlägt.

Sie kommt mit einem alten klapprigen Hund aus dem nahen Wäldchen gelaufen, überquert im Laufschritt die Straße und verschwindet im Hinterhof eines kleinen Speiselokals, wie eine Erscheinung.

Er wischt sich ungläubig über die Augen, aber sie sieht ihn nicht, bemerkt ihn gar nicht, schaut ihn nicht einmal an, läuft gedankenverloren an ihm vorbei, er glaubt noch den Luftzug zu spüren.

Was sollte er noch tun, soll er sich ihr offenbaren, was kann er ihr schon sagen?

Alles klänge so abgedroschen, so banal. Jetzt da er sie gesehen hat, weiß er augenblicklich, dass sie beide etwas ganz besonders verbindet, aber warum weiß sie es nicht, spürt nichts.

Sie wollte nach einem Jahr wiederkommen zu ihrem Berg, nun ist es schon November aber sie ist nicht gekommen. Heißt es nicht Winterpause im Gaststättengewerbe, die dunklen Monate?

Sie aber hat keine Zeit, hat ihn längst vergessen. Er schalt sich einen Narren, weil er sie hat gehen lassen, damals, warum hat er sie nicht aufgehalten?

Er hatte jedoch nicht die richtigen Worte gefunden, Worte die groß genug waren.

Fast 2 Jahre hielt er nach ihr Ausschau, suchte mehrmals das Lokal auf, doch er sah sie nicht mehr, wohl aber die Männer die offensichtlich, gleich ihm, ihre Nähe suchten.

Nein, er wollte keiner von vielen sein, er konnte die Enttäuschung nicht länger ertragen, er resignierte und fiel in seine alte Junggesellenlebensweise zurück.

Pfui Deibel, dachte er angeekelt von sich selber, als er eines Morgens seine verlebte Visage im Spiegel sah, was habe ich aus meinem Leben gemacht?

Mittlerweile verblasste ihr Gesicht, ihre atemberaubende Gestalt vor seinem geistigen Auge, wurde zu einer blassen Erinnerung, es hat nicht sollen sein mit uns, schade schade, aber es gab ja auch noch andere Frauen.

Seinen Job als Bergführer schmiss er gleichgültig hin, was sollte er sich schinden, seine beste Zeit vertun, einem Traum nachtrauern. Er war nicht mehr der Jüngste und wollte noch ein paar Jahre das Leben auskosten, bevor er endgültig sesshaft wurde.

Die beliebte Kletterroute war nun schon Monate verwaist, lange hat sich kein Ersatz gefunden um diese Bergführung zu begleiten.

Drei Jahre waren ins Land gezogen, drei Jahre angefüllt mit Arbeit, von früh bis spät mit Höhen und Tiefen, doch ohne ein besonderes Highlight.

Meine Träume und Versionen wurden schwächer und verblassten mit jedem verstrichenen Tag mehr, würden im Nebel versinkende, sich auflösende Gebilde.

Es wird höchste Zeit eine Reise gegen das Vergessen anzustreben. Meinen alten treuen Hund hatte ich längst begraben, ebenso zwei meiner Lieblings Katzen.

Nun hatte ich Urlaub, konnte mich endlich aus der Tretmühle befreien.

Eigentlich sollte ich ganz aussteigen, alles erschien mir sinnlos, seit etwa drei Jahren, seit meinem Ausflug in das Riesengebirge.

Irgendetwas, Unerklärliches zog mich magisch dorthin zurück, eine mystische Macht, doch nicht etwa die alten Mythen und Sagen, um Geistererscheinungen und unerklärliche Begebenheiten.

Ich selber habe mir gar eingebildet durch einen Berg gehen zu können in eine andere Zeit. Aber irgendetwas muss dort mit mir geschehen sein, warum nur kann ich mich nicht besser erinnern?

Sie hatten die Nacht ausgekostet, waren ermattet eingeschlafen und erwacht zu neuen Spielen bereit, nun gesättigt bis zum Überdruss.

Seit vielen Wochen teilten sie jede Nacht das Bett, sie schliefen lange bis in die Mittagsstunden, ihre Nacht begann oft erst im Morgengrauen. Nach unzähligen Drinks und hastig gedrehten Joints, berauscht und benebelt, der Wirklichkeit entrückt. Ihm war egal mit wem er die Nacht verbrachte, die Mädels aus der Gruppe regelten diese Schmusestunden, wie sie es nannten.

Ihn kümmerte nicht wer seine Hand ergriff, sich bei ihm einhakte und ihn auf der Matratze umarmte.

Oft verdösten sie die Nacht ohne später zu wissen ob und was alles geschehen war. Nun gut, sie musste schon sein Auge erfreuen, jedoch ein jeder hatte sich seinen Gespielen längst schön getrunken.

„Verlass mich nicht, mein Böckchen“, säuselte sie und rekelte sich nackt auf dem zerwühlten Bett, präsentierte ihm ihre Blöße, glaubte verführerisch zu erscheinen mit lüsternen Blicken, umrandet von zerlaufener Schminke.

Er hatte geduscht und sammelte seine Kleidungsstücke vom Boden auf wie jeden Tag.

Sein Blick blieb an ihr haften. Ein kokettes Ding, auch mit verschmierter Wimperntusche nicht gerade abstoßend.

Sie hatten Spaß zwischen den Kissen, er brauchte keine andere, sie genügte ihm für die Nächte, weiter dachte er nicht.

Nun ja, seine Gattin müsste ganz anders sein, nicht so schamlos ihre Weiblichkeit entblößend, jetzt am hellen Tag schämte er sich ein wenig für sie.

Er hob die Decke vom Fußboden und bedeckte ihre Nacktheit.

Sie kicherte albern, lachte ihn aus. „Du bist so süß“, platzte sie heraus, „ein Mann zum Heiraten, ja dich würde ich sogar heiraten, was meinst du dazu Böckchen?“

Er erschrak und wendete sich hastig ab.

Um Gotteswillen, dachte er ernüchtert, nein so eine Frau, die ist nur für die Nacht.

„Wann kommst du wieder Böckchen?“

Hörte er sie noch durch die geschlossene Tür rufen. Sie hatte schon einmal vom Heiraten gesprochen, damals glaubte er, sich verhört zu haben und hatte es bald wieder vergessen.

Er stellte sie sich als seine Gattin vor, doch war es ihm nicht möglich, sie in irgendeiner Rolle, hausfrauliche Pflichten ausübend zu sehen, kannte er sie doch kaum anders als gelangweilt, rauchend mit einem Glas in der Hand oder stundenlang vor dem Spiegel sitzend verbringend, mit schmachtenden Blicken aus schwarz umrandeten Augen, die Männer betörend, alle Männer, nicht nur ihn. Vermutlich wollte sie seine Eifersucht wecken, er aber empfand keine Eifersucht, seit seine junge Ehefrau ihn als jungen Mann, so hinterhältig betrogen hatte, konnte keine Frau mehr sein Herz erwärmen, außer einer Frau, welche aber für ihn unerreichbar war.

Er hatte keine Ahnung wie sie ihren Tag verbrachte, es interessierte ihn auch nicht, für ihn zählte nur die Nacht.

Nun begab er sich auf den Weg zu seinem freigewählten Job.

Heute würde er eine Truppe führen, aushilfsweise.

Ich bin bald 60 Jahre, wie lange kann ich dieses unstete, ausschweifende Leben noch führen? Wenn ich nicht diesen Ausgleichs-Job hätte, wäre ich schon lange versumpft.

Soeben hatte er seine Klettertruppe, die ihm anvertraut war, den Berg hinabgeführt und seinem Kollegen übergeben.

Erst wollte er wie gewohnt seine WG aufsuchen, jedoch zögerte er und besann sich anders. Er sah es an der Zeit, sein eigenes Anwesen endlich wieder einmal aufzusuchen und nach dem Rechten zu sehen.

So begann er erneut den Aufstieg und den unangenehmen Weg durch die Höhlen, um auf die andere Seite und in ein anderes Jahrhundert zu gelangen. Wie immer ging er diesen Weg, nicht ohne seine gute Taschenlampe bewaffnet, so konnte ihn die Spukgestalten, die in der Höhle hausten nicht mehr erschrecken.

Voller Ekel über die kreischenden und stinkenden Kreaturen in dem düsteren Zeitkanal, setzte er sich nach überstandener Durchquerung auf den Felsen vor der Öffnung um zu verschnaufen, den Blick noch auf das Höhlentor gerichtet.

Plötzlich sah er „Sie“ ganz allein stand sie dort!

Nun stand ich hier oben und schaute ins Tal, alles erschien mir vertraut und gleichzeitig fremd. Ich hatte ein gutes Fernglas dabei und sah aufmerksam in die Ferne. Hier gab es keine asphaltierten Straßen, nur mehr Feldwege, nicht etwa von Autos befahren, nein, Pferdefuhrwerke, Kutschen, Einfache, Primitive, doch erblickte ich auch eine große noble Kutsche der Luxusklasse, schwarz glänzend mit gräflichem Wappen.

Ich sah sie ganz deutlich und folgte ihr mit dem Glas, so erblickte ich weit in der Ferne, wie eine Fata Morgana, schemenhaft, unwirklich das Schloss mit fünf Zwiebeltürmen, ja ich sah es genau!

Doch in der Nähe gewahrte ich eine Bewegung aus den Augenwinkeln, keine 10 Meter von mir entfernt aus. Ich riss das Fernglas von den Augen, da sah ich ihn, kürzer als eine Sekunde, einen Augenblick nur, ehe das Tor sich vollends schloss. Auch er hatte mich gesehen.

Das ist „Er“ dieser Mann ist mein Schicksal, wusste ich in dem Moment.

Ich wollte sogleich wieder zurück in diese gewisse Zeit, wusste aber nicht genau welche Zeit es war!

Ursprünglich hatte ich vor, das Jahr 1965 aufzusuchen, jedoch ein Denkfehler oder der Zeitenlenker hatte mich wohlweislich in diese unverfängliche Zeit geleitet.

1965, 30 Jahre vor dem verhängnisvollen Schritt in die Höhle, ich wollte einen Versuch starten, mein Leben ganz neu und anders zu beginnen. Gleichwohl hatte ich nicht bedacht, dass es mein Ende bedeutet hätte, denn es gab mich ja bereits, als blutjunges Ding. Wie ich später erfahren sollte, kannte Robby, der Zeitenlenker, mich sehr gut und handelte bisweilen eigenmächtig, um mich nicht in tödliche Gefahr zu befördern.

Doch hier und jetzt stand ich ratlos, verwirrt, in eine falsche weit zurückliegende Zeit geworfen zu sein. Einer Zeit ohne Autos und natürlich auch ohne Strom, Ende 17 Hundert vermutlich, krass.

Interessant wäre es schon, diese Zeit zu erleben, hautnah, doch darüber hinaus auch äußerst gefährlich. Ich habe gut dran getan diese ferne frühe Zeit sogleich wieder zu verlassen, redete ich mir ein.

In Gedanken ging ich die vergangenen Minuten noch einmal durch, wollte sie in meinem Kopf behalten, jeden Augenblick.

Das Schloss aus meinen Träumen, hier bin ich richtig, dachte ich mit klopfendem Herzen, hier wird sich mein Schicksal erfüllen, es ist nur die falsche Zeit, auf diese frühe Zeit war ich nicht vorbereitet denn ich wollte in das Jahr 1965, hier jedoch erblickte ich ein längst vergangenes Jahrhundert.

Ich entfernte das Glas von den Augen und tat einen Schritt zurück, betrat versehentlich wieder die Höhle, augenblicklich begann sich wie in einem Horrorfilm das Tor zu schließen.

Ich erhaschte noch einen Blick in die nähere Umgebung den Hang hinab, als ich ihn sah, war es jedoch zu spät, das Tor hatte sich wie durch Geisterhand vor meinen Augen geschlossen, verwehrte mir den Zugang zu ihm.

Natürlich werde ich noch einige Versuche starten um die richtige Zeit zu erwischen. Nun musste ich die große Höhle noch einmal durchqueren. Ich ging wie durch Wasser, konnte nicht schneller vorankommen, das Grauen und der Ekel packten mich erneut, gleichzeitig hatte ich das Gefühl diese ekelhafte Höhle schon sehr oft durchwatet zu haben.

Die gruseligen Töne und der üble Gestank waren mir schon fast vertraut.

Jetzt werde ich wieder auf meine Wandergruppe stoßen und das Jahr 2003 wieder betreten. Ich hatte die zweite harmlose Höhle erreicht und stieg durch die schmale Öffnung.

Der Bergführer stand wie erstarrt, als er mich aus der Sagen umwobenen Höhle treten sah.

Leider führte jetzt ein anderer Mann die Klettergruppe, ich war sehr enttäuscht, der vorige hatte einen starken Eindruck bei mir hinterlassen. Ich hatte mich schon Tage und Wochen vorher gefreut ihn wiederzusehen, ihm wieder zu begegnen.

Schade, schade. Etwas Anderes spürte ich noch in meinem Hirn. Der Mann, den ich gesehen habe, vor Minuten erst und der vorige Bergführer, merkwürdig, hatten nicht beide dieselben Augen? War es nicht möglicherweise die gleiche Person, nur unterschiedlichen Alters.

Der Bergführer war um einiges älter als die Erscheinung vor wenigen Minuten, zudem war er durch eine scheußliche unkleidsame graue Wollmütze nahezu unkenntlich, bis auf die sprühenden Augen, mein Gott solche Augen…

„Wir sehen uns wieder.“ Hatte ich ihm damals vor nahezu drei Jahren zugerufen und war hoffnungsvoll meiner Wege gegangen.

Ich werde ihn wieder sehen in einem Jahr.

Nun waren fast drei Jahre ins Land gezogen. Ja ich wollte kommen sobald es mir möglich ist.

Nun ja, ich war also wiedergekommen. Ein neuer Versuch, schon drei Tage später befand ich mich bereits wieder unter den Kletterwütigen. Mir war längst klar, dass ich nun niemals wieder Ruhe finden konnte, dieses Mal würde ich nicht wieder mit den anderen absteigen.

Eine warme Briese wehte mir nach dem widerlichen feuchtmuffigen, bis in die Knochen dringenden Höhlendunst entgegen, ich riss mir reflexartig meine Wollmütze vom Kopf, als ich den ersten Schritt ins Freie trat.

Ich blinzelte in die Sonne und glaubte mich in einem Traum gefangen, dort saß er auf einem Felsen, er sprang auf als er mich sah!

Magisch voneinander angezogen gingen wie aufeinander zu.

Ich vernahm, wie er nach einigen Schritten hörbar nach Luft schnappte, er wollte etwas sagen, doch er blieb stumm, auch ich brachte keinen Ton heraus, alles schien mir irreal.

Ein unbeschreibliches Gefühl breitete sich in mir aus, während wir uns Schritt für Schritt näherkamen. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals ähnliches erlebt zu haben, nun standen wir uns gegenüber, schüchtern des anderen Hand ergreifend, die Augen ineinander versunken, mein Gott, solche Augen!

Es genügte uns nicht nur unsere Hände zu halten, von übermäßigen Gefühlen gesteuert, mussten wir den Körper des vertraut wirkenden Gegenübers berühren und umfassen. Auch das genügte uns nicht, wir legten unsere Köpfe, unsere Gesichter aneinander, schlossen versunken die Augen, uns wie im Tanz wiegend und drehend.

Doch irgendwann erwachten wir aus unserer Versunkenheit.

Eine plötzliche Ernüchterung ließ uns auseinanderfahren, mit heißroten Wangen senkte ich schamhaft meinen Kopf, kein Wort war bisher gefallen.

Ich trat hastig einen Schritt zurück, als wollte ich das soeben geschehende, ungeschehen machen.

„Oh, ich wollte nicht…es tut mir leid, “ begann ich verwirrt zu stottern.

„Nein, oh nein, nichts muss uns leidtun, alles ist gut so, muss so sein, niemals vorher habe ich so etwas Großes erlebt, wir haben uns treffen müssen, sind für einander bestimmt“, hörte ich ihn murmeln.

Er griff wieder nach meiner Hand, umfasste meine Schulter und zog mich mit sich.

„Komm, murmelte er kaum hörbar, du bist mein Schicksal, bist für mich bestimmt.“

Ich hob meinen Blick um in seinem Gesicht zu lesen, meinte er die Worte wirklich, war es ihm ernst was er gerade ausgesprochen hatte!

Ich kann nicht mehr denken, nicht mehr atmen, weiß nicht mehr ob ich das jetzt wirklich erlebe, wie kann es das geben?

Solch ein Wesen, dachte er, überirdisch schön, so schön, oh mein Gott.

Er hatte mich indessen zu dem kleinen Felsen geführt und strich mit bebenden Fingern über mein Gesicht. So verweilten wir beide hingerissen, verzückt in die Betrachtung des anderen. Wir vergasen Zeit und Raum.

Die Kirchturmglocke im nahen Dorf schlug 9-mal, der Himmel hatte sich verdunkelt, ein eisiger Wind griff kalt unter unsere dünnen Jacken. Ich gelangte schlagartig in die Realität zurück.

„Ich muss jetzt wieder gehen, schöner Mann meiner Träume“, flüsterte ich an seinem Ohr, löste mich blitzschnell von ihm und eilte zur Höhle zurück.

„Vergiss mich nicht gleich wieder mein Märchenprinz, vielleicht sehen wir uns hier morgen schon wieder?“, rief ich ohne eine Antwort abzuwarten, die dunkle Höhle hatte mich längst verschluckt.

Wow, was war das eben, was ist mit uns geschehen, ist das Liebe, die einzige wahre große übermächtige Liebe, ist sie mir soeben begegnet? Ich schwebte wie auf Wolken.

Zunächst war ich in das Jahr 2030 gegangen, weiter wagte ich mich nicht vor in die Zukunft, dort hatte ich das neu gebaute Einkaufscenter entdeckt. Von hoch oben, vom Berge hatte ich das riesige Kuppeldach, so groß wie ein Dorf erblickt.

Neugierig war ich hinunter gestiegen um dieses Wunderwerk in Augenschein zu nehmen und von Innen bestaunen zu können.

Dort habe ich auch neben einem unaussprechlich großen Warenangebot, eine Zimmervermietung entdeckt, oder wusste ich es vorher schon? Von der feinsten, feudalsten Hotelsuite bis hin zu einem einfachen Zimmer war alles vorhanden.

Ich war hocherfreut, ein günstiges Dach über dem Kopf gefunden zu haben, denn ich trug noch immer meinen lästigen Rucksack auf dem Buckel.

In eben diese Unterkunft zog es mich jetzt als ich den Hang hinabsprang, unter das Kuppeldach schlüpfte und große Eile hatte, die Tür hinter mir zu verschließen. Die Verwirrung der Gefühle in meinem Kopf, das Chaos musste sich ordnen, beruhigen.

Ich riss die Vorhänge vor dem Fenster auseinander, ließ mich aufs Bett sinken und schaute gedankenverloren dem Spiel der Wolken zu.

Sollte ich mich verliebt haben? Liebe auf den ersten Blick mit 40 Jahren!

Unsinn. Ich strich mir über die Augen, wollte meine überschwappenden Gefühle fortwischen, aber sie blieben hartnäckig, gediehen weiter tief in mir. Später suchte ich das Restaurant auf, wollte mich ablenken.

Jedoch die blitzenden Augen, diese durchdringenden Blicke verfolgten mich überall hin, ich stand unter Zwang, morgen werde ich wieder die gruselige Höhle aufsuchen um erneut in das Jahr 1868 zu gelangen.

Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, war nicht imstande meine Gedanken zu ordnen, später wusste ich nicht mehr welche Speisen ich genossen und welche Getränke ich zu mir genommen hatte, das Stimmengewirr war mir lästig, so verließ ich bald das Lokal, die große Halle nahm mich auf.

Ich ließ die Menschen, die Figuren, Gesichter wie einen Film rechts und links von mir, ein Film der mich nicht interessierte, mich nicht berührte.

Ich wollte allein sein, in Ruhe weiter träumen, meine Gedanken festhalten.

Jedoch schon am nächsten Morgen im grellen Tageslicht kam die Ernüchterung.

Ich muss übergeschnappt sein zu glauben, die große wahre Liebe gefunden zu haben, nach einem einzigen Blick in glühende Augen.

Nun gut, ich werde ihn noch einmal treffen und die ganze Angelegenheit nüchtern betrachten, nichts überstürzen, Carla.

Man wird schon sehen, alles wird sich fügen, noch kann ich mir nicht vorstellen, es länger als nur ein paar Stunden in dieser Zeit auszuhalten.

Günter.

Als ich sie sah, hat es mich schier umgeworfen. Ich war magisch von ihr angezogen, musste sie erreichen, sie berühren die Frau meiner Träume, bei Gott dort stand sie überirdisch schön, ich glaubte, nicht mehr atmen zu können.

Sie zögerte zunächst, doch dann kam sie mit kleinen Schritten auf mich zu, sie duldete meine Arme um sich, wehrte mich nicht ab, lehnte ihren Kopf an meine Brust.

Oh welch köstlicher Moment, welch ein wahnsinniges Gefühl sie so halten zu dürfen. Sie wird wieder kommen hat sie gesagt, ich kann nichts Anderes mehr denken, nichts ist mehr wichtig, die Welt hat aufgehört sich zu drehen. Mechanisch trat er den Heimweg an, eine lange Nacht ohne Ende erwartete ihn, er zählt die Stunden, vergisst zu essen zu leben, nichts zählt außer dem Moment an dem sie auf ihn wartet. Und wenn sie nicht kommt?

Ein drittes Mal trete ich aus der Höhle in die alte Zeit.

Da ist er, der Einzige, mein Schicksal mein Leben, weis ich plötzlich.

Mein Herz schlägt wild, ich verliere den Boden unter den Füßen, schwebe.

Ein warmes wohliges Gefühl breitete sich in meinem Körper aus, wie immer, wenn ich ihn sehe, wenn er kommt, zu mir.

Ich kann nicht mehr denken, mein Handeln nicht mehr kontrollieren.

Seine Arme öffnen sich für mich, wir erreichen uns, verschmelzen miteinander werden Eins, wiegen uns verträumt.

Auch sie umfängt ihn, er kann es kaum fassen im ersten Moment, was geschieht mit uns.

Ich kenne ihn schon ein Leben lang, ohne es gewusst zu haben, wir gehören zusammen, haben uns endlich gefunden, in so kurzer Zeit hatte sich alles verändert, ich war nicht mehr ich.

Ich fand nicht die rechten Worte, wollte diesen Augenblick nicht zerstören, so verweilten wir stumm, verloren jedes Zeitgefühl.

Nach gefühlten drei Stunden, in Wahrheit waren es höchstens 45 Minuten, erwachen wir wie aus einem Traum, wir gehen zusammen, er fasst nach meiner Hand, unsere Finger finden sich, greifen in einander wie ein Reißverschluss, unlösbar. Wie Vertraute gehen wir, ich folge ihm sprachlos, staunend über mich selbst, gehe mit ihm bis ans Ende der Zeit.

Ich stolpere über Wurzeln und Steine, er hält mich schützend mit stählender Hand, bewahrt mich vor dem Fall.

Wir haben den Grund erreicht, betreten den ebenen Weg, ich sehe eine Kutsche, ein wunderschönes Prunkstück aus schwarzem polierten Edelholz mit Messing- Beschlägen und dem gräflichen Wappen.

Der Kutscher sitzt gelangweilt auf seinem erhöhten Posten.

Als er uns erblickt, aus dem Nichts auftauchend, scheinen ihm die Augäpfel aus dem Kopf zutreten, mit blödem Gesichtsausdruck glotzte er uns entgegen.

„Ja nun staunst du Junge, tönt mein Kavalier lachend, du hast nicht vergebens gewartet, ich habe sie von einer Wolke gepflückt, direkt vom Himmelstor!“, erklärte er feierlich, „na was ist, hat es dir die Sprache verschlagen, willst du uns nicht den Schlag öffnen Kerl?“

„Wir fahren zu meinem Onkel dem Grafen, heute ist das größte Fest des Jahres, Erntedankfest, heute wird im Schlosshof gefeiert, der Adel und das Bauernvolk, Arm und Reich zusammen, ich bin Günter, ergänzte er…und du meine geheimnisvolle Schöne?“

„Auf jeden Fall werde ich dich als meine Braut vorstellen, denn ich werde dich nie mehr gehen lassen!“, sagte er mit Nachdruck und presste schmerzhaft meine Hand.

Ich spürte seinen brennenden Blick auf mir ruhen und hauchte, „Carla, Carla kannst du mich nennen, ja ich werde dir Gesellschaft leisten Günter!“

Er sitzt neben mir in der Kutsche, ganz dicht bei mir, ich kann ihn jetzt, ganz aus der Nähe betrachten. Alles an ihm gefällt mir, erscheint perfekt, ist erregend neu gleichsam vertraut, ja ich bin ihm längst verfallen.

Er bemerkt meinen Blick und verstärkt den Druck seiner Hand welche mich umfasst hält.

Die Kutsche rumpelt gemächlich über die Landstraße, wir durchfahren mehrere Dörfer. Erst jetzt registriere ich die Veränderung, kann es nicht fassen, ich befinde mich in einer fremden Welt, einer längst vergangenen Zeit, sehe die Menschen am Straßenrand, gekleidet in Roben wie für einen historischen Film, jedoch es ist kein Film, es ist Wirklichkeit!

In der Ferne erhebt sich ein Schloss wie in einem Märchen, ich sehe es ganz genau, erblickte im näher kommen die fünf Türme, es steht auf einem Hügel wie auf Wolken.

Wir fahren die Auffahrt hinauf und rollen in den Schlosshof, alles erscheint mir unwirklich. Der Hof ist voller Menschen, Bauernvolk in merkwürdiger Verkleidung, sie sitzen an langen Tischen, vergnügt lachend und singend.

Der Kutscher springt vom Bock und öffnet uns pflichteifrig den Schlag.

Günter reicht mir seinen Arm, ich hüpfe leichtfüßig die Stufen hinab und bin nun selbst Teil der munteren Gesellschaft.

An seiner Hand betrete ich den Schauplatz, er geleitet mich durch die Gänge zwischen den Tischen hindurch, ich nickte den eigenartig ausstaffierten Menschen lächelnd zu, gleichwohl erwartet mich tödliche Stille.

Jegliches Gespräch verstummt augenblicklich. Ich werde begafft wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt.

Feindseligkeit, ungläubiges Staunen? Ich kann es nicht deuten!

Günter drückt meine Hand und zieht mich weiter zwischen den Tischreihen hindurch, dem Schlossportal entgegen.

Dort steht er, der Graf, ich weiß, dass er es ist, er steht oben auf den Eingangsstufen wie der Herrgott persönlich.

„Onkel ich stelle dir meine Braut vor, das ist sie!“

Höre ich Günter neben mir sagen. Ein peinlicher Moment des Schweigens folgt. Ich sehe wie der imposante, herrisch wirkende Graf nach Luft schnappt und sich ungläubig über die Stirn und die Augen streicht, eine knisternde Spannung liegt in der Luft.

Ich betrachte ihn besorgt, endlich hebt und senkt sich sein Brustkorb wieder, auch ich hatte instinktiv die Luft angehalten, nun atme ich erleichtert auf. Seine Lippen zucken, aus seinem Mund ertönte nur das eine Wort.

„Donnerwetter“, war alles was er zunächst herausbrachte.

„Onkel, ist dir nicht wohl, willst du deinen Gast nicht begrüßen und willkommen heißen!“, fragt Günter belustigt.

Aus der Tiefe der Halle löst sich eine Gestalt und eilt uns lachend entgegen.

„Junge, ach Jungchen wie schön…wie ich mich freue, endlich hast du sie mitgebracht deine heimliche Liebste, lass dich drücken Kleines.“

Sie breitet ihre Arme aus und zieht mich an ihren wogenden Busen.

„Das ist meine Lieblingstante Greta, meine zweite Mutter, die Seele des Hauses“, erklärt Günter.

Sie strahlt mich gutmütig an, ihre Augen verschwinden fast zwischen den dicken Pausbäckchen, Lachfalten hatten sich in das liebenswerte Gesicht eingegraben.

Sie zieht mich zwischen den Männern hervor.

„Komm Kindchen, lass die Männer unter sich, ich werde dich jetzt durch unsere bescheidene Hütte führen ha ha und dir eure Zimmer zeigen, sicher wirst du dich ein wenig frisch machen wollen!“

„Ich weiß noch gar nicht deinen Namen?“

„Ich bin Carla“, beeilte ich mich zu antworten. Sie betrachtete mich von der Seite als wir die breite Treppe hinaufstiegen.

„Also ich muss schon sagen, ein außergewöhnliches Mädchen hat uns der Junge ins Haus gebracht, wo hat er dich nur gefunden, wo kommst du her, aus welchem Lande meine Gute, ich habe noch nie eine Frau wie dich gesehen“, fügte sie hinzu und schüttelt ungläubig den Kopf, „ach was fasele ich da herum!“

Wir hatten die Räume die uns zugedacht waren erreicht, sie öffnete eine Tür und schob mich in den Raum.

„Ich lass dich nun allein Carla, du findest mich in der Küche, wenn du mich suchen solltest“.

Ich war allein und sah mich neugierig in dem Gemach um, seltsamerweise kam mir der Raum bekannt vor, er weckte Erinnerungen in mir, der Divan, der Ohrensessel, der Tisch auch der Schrank dort hatte ich einst die Babynahrung aufbewahrt, wusste ich plötzlich. Ich trat an das Fenster, auch hier hatte ich oft gestanden, verwirrt schloss ich einen Moment die Augen und versuchte krampfhaft mich an Einzelheiten zu erinnern.

Ist es möglich das ich hier schon einmal gelebt habe?

Wahrscheinlich war ich als Kinderfrau der Grafensippe tätig.

Die Tür hinter mir wurde aufgestoßen und Günter betrat den Raum.

„Hier bist du, ich habe dich schon gesucht, du warst so schnell verschwunden meine schöne Angebetete, komm, alle warten schon auf dich, alle sollen dich sehen!“

„Aber ich kann doch nicht so einfach“… „Du gehörst jetzt zu mir und zur Familie.“

Wir gesellten uns zunächst zu den Verwandten, später mischten wir uns unter das Bauernvolk, setzten uns an einen der langen Tische auf dem Hof.

Doch abrupt verstummte jegliche Unterhaltung, alle starten mich nur an, ich wurde unruhig und griff nach der Hand meines Begleiters.

„Du musst den einfachen Leuten ihr Betragen nachsehen, sie haben nie eine Frau wie dich erblickt, auch ich nicht und ich habe weiß Gott schon viele Frauen kennen gelernt!“

„So so, du hattest also schon unzählige Affären Günter, du bist ein Herzensbrecher, ein Frauenheld, ein ganz schlimmer wilder Bursche, wie?“

„Na ja ich war kein Kostverächter, ich bin Single aber das ist jetzt Vergangenheit, von nun an gibt es nur noch dich für mich“.

„Mich wirst du nicht mehr los, ich habe so lange vergebens nach dir gesucht, ich werde nie eine andere ansehen!“, versprach er und streifte mit seinen Lippen mein Ohr.

Ich schaute zur Seite direkt in seine Augen, sein Blick erwärmte mich, hielt mich fest, ich war gefangen, konnte nicht mehr denken, er zog mich fest an sich, instinktiv lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und schloss selig einen Moment die Augen. Als ich sie wieder öffnete, trafen mich die starren strafenden Blicke der Frauen mir gegenüber in boshafter Verständnislosigkeit, ob des unschicklichen Betragens.

Erschrocken und ernüchtert richtete ich mich auf.

„Ich muss gehen“, murmelte ich verwirrt, impulsiv wollte ich aufspringen.

Günter hielt mich zurück. „Langsam Kleine, lass mich noch mein Glas leer trinken.“

„Ich kann hier nicht mehr bleiben!“, rief ich, den Tränen nahe, riss mich los und begann zu laufen, blind von Tränen, nur fort von hier.

Ich erreichte das Tor, mir war als hörte ich sie grölen, sie lachen über mich, ich lief über den Feldweg, keuchend gelangte ich in ein hohes Gebüsch. Was soll ich hier unter den Barbaren, ging es mir durch den Kopf, ich muss wieder in meine Zeit, muss mich beruhigen, klar denken, als ich Schritte hinter mir vernahm.

„Du bist mir schon wieder entwischt, willst du immer vor mir davon laufen meine kleine Zauberfee?“

„Ich muss wieder gehen, bring mich zurück an den Berg!“, bat ich ihn.

„Das werde ich gewiss nicht tun, dich lasse ich nimmer mehr gehen, komm wir schleichen ins Haus, hinten herum, ich werde dich auf dein Zimmer begleiten, du wirst dich an das Bauernvolk gewöhnen müssen meine Kleine, die Menschen hier sind bei allem was neu und anders ist voreingenommen, es erschreckt und verwirrt sie.“

Er legte seinen Arm um mich und zog mich mit sich, führte mich um die Schlossmauern herum durch einen verwunschenen Garten, zog ein paar Efeuranken auseinander, so dass eine verborgene Tür zum Vorschein kam.

„Da staunst du was?“, „das ist ein uralter Geheimgang, er führt direkt in das Gemach des jungen Grafen, zurzeit allerdings ist es unbewohnt, die jungen Grafensöhne sind ja noch Kinder.“

Wir stiegen endlose ausgetretene Stufen empor, es roch nach Moder und Verwesung. Endlich erreichten wir eine Tür die als solche nicht zu erkennen war. Günter stemmte sich mit aller Kraft dagegen bis sie nachgab und einen Blick in ein luxuriöses Prachtgemach frei gab.

Ich schnappte nach Luft, denn ich kannte es aus einem früheren Leben, alles war mir vertraut, jedes Möbelstück, hier hatte ich oft sprachlos verweilt, genauso wie jetzt.

Ich betrachtete den nächsten Raum, sah die vielen Fenster die den Blick in alle Himmelsrichtungen freigaben, eine rundgeformte Couch, eigens für das Turmzimmer geschaffen, lud zum Verweilen ein. Ich setzte mich wie früher immer, um den Rundblick zu genießen. Günter setzte sich neben mich.

„Gefällt es dir hier meine Kleine, fragte er, willst du hier dein Domizil beziehen?“

„Oh nein, das steht mir nicht zu, wehrte ich ab, diese Räume wecken verborgene Erinnerungen in mir, jedoch weiß ich nicht ob Gute oder Unangenehme, es ist unheimlich nichts zu wissen was“…

„Und was ist mit mir, magst du mich denn nicht ein klein wenig, bin ich dir vollkommen gleichgültig?“

„Ich würde niemals zulassen das dir irgendetwas zustößt, was sollte dir hier auch passieren, du kannst mich nicht schon wieder verlassen, nachdem wir uns gerade erst gefunden haben!“

Er hatte mich in seine Arme gezogen, war mir ganz nah, ich hörte ihn schwer atmen, hörte ihn sorgenvoll die Luft einziehen und schwer wieder ausstoßen.

„Bleib bei mir, murmelte er mit rauer Stimme, ich werde dich nie bedrängen, wenn es das ist was du befürchtest, meine Kleine“!

„Du bist mir nicht gleichgültig, oh nein, das darfst du nicht denken, die Zeit ist es, mir behagt es nicht in dieser Zeit zu sein, alles ist so fremd, so anders!“

„Du bist erst ein paar Stunden hier und willst schon aufgeben, unsere starken Gefühle, die keimende Liebe nicht aufflammen lassen, ich kann es nicht glauben, sollte ich mich so in dir getäuscht haben?“ Er packte mich fester und begann mich leicht zu schütteln.

„Ich kann es einfach nicht verstehen!“

Er ließ mich unvermittelt los, erhob sich und trat einen Schritt zurück.

Ich sah zu ihm auf, seine Augen hafteten auf mir, verbrannten mich, ich schlug die Hände vor mein Gesicht, ein Weinkrampf schüttelte mich. ich spürte erneut seine Arme um meinen Körper.

„Weine nicht meine Liebste, ich kann es nicht ertragen, ich werde dich jetzt in dein Zimmer bringen und dich allein lassen, du musst dir über deine Gefühle klarwerden, wenn du mich nicht willst werde ich es akzeptieren und mich nicht aufdrängen, wenn du mich nicht willst, werde ich dich morgen zurück zu unserem Zeitkanal bringen!“, sagte er mit rauer Stimme, bevor er die Tür hinter sich zuzog, ein scheußliches Geräusch, ich zuckte zusammen.

Er war wirklich gegangen, ich sah erstaunt auf die geschlossene Tür.

„Nein geh nicht!“, rief ich, doch seine Schritte entfernten sich bereits auf dem Flur. Ich war allein, meine Gedanken überschlugen sich. Morgen wird er mich wieder zum Berg bringen, will ich das denn wirklich?

Nein, alles wäre dann vorbei aber es hat doch erst begonnen.

Nein und nochmal nein ich will nicht fort von ihm.

Alles habe ich vermasselt, bin ich nicht schon infiziert, bis über beide Ohren verliebt in ihn!

Ich trat ans Fenster und sah die Sonne untergehen, wie spät mag es sein, halb Zehn? Ich hockte mich auf die Fensterbank.

Es wurde schnell dunkel, das nahe Dorf tauchte in die schwarze Nacht.

Der Lärm vom Hof wurde leiser und verstummte schließlich, die Nacht hatte sich über das mir fremde Land gesenkt.

Ich tastete mich durch die Dunkelheit und fand das Bett, eine dicke Daunendecke nahm mich auf, was wird der neue Tag mir bringen?

Ein sachtes klopfen an der Tür weckte mich, das runde gutmütige Gesicht von Greta erschien im Türrahmen.

„Oh ich wollte dich zum Frühstück abholen Kindchen, aber wie ich sehe willst du noch schlafen!“

„Nein, ich habe schon viel zulange geschlafen, ich komme in 10 Minuten, ich werde mich beeilen.“

„Wie du meinst, dann komme ich in 15 Minuten wieder.“

Ich hatte nur noch ein Kleid, welches halbwegs in die Zeit passte. Nun gut, ich brauchte nicht mehr, denn ich würde ja wohl heute noch diese Zeit verlassen.

Greta führte mich in den Speiseraum, meine Augen suchten die Anwesenden blitzschnell nach meinem Günter ab, aber er war nicht unter ihnen.

„Günter ist schon unterwegs, bemerkte Greta die meine suchenden Blicke sah, er musste schon früh fort, keine Bange ich werde dich schon unter meine Fittiche nehmen!“

Er will mich also nicht mehr sehen, dachte ich enttäuscht, er lässt mich vermutlich von einem Diener oder dem Kutscher an den gewissen Berg fahren, das war’s also. Ich setze mich auf den mir zugewiesen Platz, hob meinen Blick und sah in die Runde. Oh, so viele Kinder, stellte ich fest, ich zählte 6 Mädchen verschiedenen Alters und 2 Buben, das kleinste Mädchen etwa 3-jährig saß auf dem Schoss der Mutter.

Mein Blick wanderte weiter, erfasste den Grafen und blieb an ihm haften. Meine Güte wie der mich ansah, die Augen quollen ihm förmlich aus den Höhlen, ich senkte augenblicklich meine Lider und griff nach dem Brot, Scheiben so dick wie zwei Finger. Die Butter war sahnig weich und Dottergelb, logisch, es gab ja noch lange keinen Kühlschrank.

Das Frühstück war beendet, die Kinder erhoben sich polternd von ihren Stühlen und stürmten aus dem Raum, ebenso Greta mit der jüngsten an der Hand.

Übrig blieb nur der Graf. Er verbeugte sich höflich vor mir.

„Darf ich bitten schöne Dame“, sagte er, „wenn sie erlauben möchte ich ihnen das Gut zeigen!“

Er bot mir seinen Arm an und führte mich aus den Raum durch die Halle und über den Hof. Als erstes präsentierte er mir seine Pferde, die edlen Hengste und Zuchtstuten.

Oh ich kannte ihn gut, aber woher? Die Vermutung hier schon einmal gewirkt zu haben, wurde immer gewisser. Ich stand vor den Boxen und schaute sinnend dem friedlichen Stillleben zu ohne wirklich etwas zu sehen.

Was verband mich mit diesem Ort? Plötzlich sah ich mich mit einer Peitsche auf den Grafen einschlagen, der Graf ergriff eine Forke und bewegte sich drohend auf mich zu.

Ich trat erschrocken einen Schritt zurück.

„Aber aber Kleine, du wirst doch keine Angst vor meinen rassigen Stuten haben“, bemerkte er und brach in dröhnendes Gelächter aus.

„Spiel dich nicht so auf Günter“, entgegnete ich herablassend und erschrak vor meinen eigenen Worten.

„Du bist ein kesses Ding, du reizt mich, Donnerwetter was für ein Weib, du bringst einem Mann das Blut zum Kochen“.

Er griff nach mir.

„Genug jetzt, du benimmst dich ungebührend“, rief ich ärgerlich und wandte mich aus seinem Arm. Wieder lachte er amüsiert ohne auf meine Worte einzugehen.

Ich öffnete genervt die Stalltür und stolzierte davon.

Im Haus suchte ich nach der Gräfin Greta und fand sie in der Küche inmitten der vielen Küchenmädchen. Es war heiß wie in der Hölle, vor dem Fenster entdeckte ich ihre jüngsten Kinder, sie saßen an einem derben Holztisch und spielten mit Porzellan-Puppen. Ich tätschelte ihre rosigen Wangen und bewunderte schmeichelnd ihre Püppchen in den entzückenden seidenen Kleidchen.

„Kann ich irgendwie helfen“, fragte ich an Greta gewandt.

„Um Gotteswillen nein“, rief die Gräfin entrüstet, „geh nur in den Salon, dort wirst du meine Schwägerin Herta antreffen!“

Sie schob mich sanft aus der Küche und schloss resolut die Tür hinter mir.