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Was bedeutet es für mich, hochbegabt zu sein? Soll ich einen IQ-Test machen? Wie kann ich meine Ressourcen nutzen und mit Herausforderungen umgehen? Das hochbegabungsspezifische Erleben ist ein wesentlicher Teil des Selbstkonzepts und eng mit der eigenen Lebensgeschichte verwoben. Dieser Ratgeber bietet einen wissenschaftlich fundierten Überblick über Hochbegabung, begabungsbezogene Themen und Erklärungsmodelle, die Ihnen dabei helfen, sich hinsichtlich Ihrer eigenen Hochbegabung zu reflektieren. Zudem stellt er einen fachlich fundierten Leitfaden für die Auseinandersetzung mit häufig bestehenden Problemen zur Verfügung. Das Buch möchte Sie darin unterstützen, die vielfältigen Seiten Ihrer Hochbegabung besser kennenzulernen und weiterzuentwickeln.
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Seitenzahl: 256
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Cover
Titelei
Geleitwort
Online-Zusatzmaterial
Vorwort und Danksagung
Anlass und Zielsetzung des Buchs: Worin kann ich Sie unterstützen?
Teil I Hochbegabung verstehen
1 Hochbegabung – was ist das eigentlich?
1.1 Zentraler Faktor: Eine weit überdurchschnittliche Intelligenz
1.2 IQ, what else? Was sonst noch in Modellen zur Hochbegabung enthalten ist
1.2.1 Hochbegabung unter der Perspektive des Zeitgeists
1.2.2 Die bunte Vielfalt an Modellen zur Begabungsentwicklung
1.2.3 Enttäuschung oder Hoffnung: Was lässt sich im Erwachsenenalter umsetzen?
2 Wozu lohnt sich ein IQ-Test im Erwachsenenalter?
3 Mit Vorurteilen über Hochbegabte aufräumen
3.1 Laientheorien: Was denken Menschen über Hochbegabte?
3.2 Empirische Befunde über Hochbegabte
Leistungsbezogene Merkmale
Sozial-emotionale Merkmale
Persönlichkeitspsychologische Merkmale
Gesundheitsbezogene Merkmale
4 Hochbegabung + ... In mehrfacher Hinsicht nicht durchschnittlich
4.1 Neurodivergenz: Autismus-Spektrum-Störung, ADHS und andere
4.2 LGBTIQ: Diversität in Geschlechtsidentität, Gender und sexueller Orientierung
4.3 Hochsensibilität: Intensität der Reizwahrnehmung und -verarbeitung
Teil II Hochbegabung als Teil des Selbstkonzepts
5 Hochbegabungsbezogenes Erleben und Verhalten
5.1 Ressourcen
Komplexität
Intensität
Konnektivität
Kompetenz
Vielfältigkeit
5.2 Herausforderungen
Zu kompliziert bei einfachen Dingen denken / zu viel (be)denken
Zu kritisch sein / alles in Frage stellen
Zu perfekt machen wollen
Zu hohe Erwartungen haben und enttäuscht sein
Von Reizen überflutet sein / zu intensiv fühlen / zu sensibel sein
Keine / kaum Grenzen spüren
Zu ungeduldig sein / Langsamkeit nicht aushalten
Zu viel Verantwortung übernehmen / Schuldgefühle erleben
Nichts vergessen können
Sich nicht entscheiden können / prokrastinieren
Zu viele Ideen haben
Unterfordert sein / sich schnell langweilen
Zu selektiv sein
5.3 Exkurs: Höchstbegabung
5.4 Selbstwahrnehmung: sich anders fühlen
6 Eigene hochbegabungsspezifische Lernerfahrungen in der Biografie verstehen
6.1 Übergreifendes Modell zur Einordnung
6.1.1 Authentische Handlungsregulation
6.1.2 Selbstkonzeptschemata und kompensatorische Schemata
6.1.3 (Soziale) Copingstrategien
6.1.4 Interaktionstests
6.2 Exkurs: »stigma of giftedness«
6.3 Fazit: Hochbegabung als Teil des Selbstkonzepts
Teil III Hilfestellung bei hochbegabungsbezogenen Problemen
7 Leitfaden für einen zielgerichteten Problemlöseprozess
7.1 Problemstellung: Erlebe ich aktuell ein Problem im Zusammenhang mit meiner Hochbegabung?
7.1.1 Erste Orientierung: Worum soll es gehen?
7.1.2 Probleme ordnen und Auswahl treffen
7.2 Problemanalyse: Welche Zusammenhänge stelle ich fest?
7.2.1 Analyse auslösender und aufrechterhaltender Bedingungen
7.2.2 Analyse der äußeren Rahmenbedingungen
7.2.3 Konkrete Ansatzpunkte festlegen
7.3 Zielanalyse: Welche Ziele möchte ich genau erreichen?
7.4 Mittelanalyse: Wie sind meine Wege zum Ziel?
7.4.1 Auswahl der Veränderungsprinzipien
7.4.2 Konkretisieren der Veränderungsschritte
7.5 Erprobung der Veränderungsschritte: Was setze ich um?
7.5.1 Anleitung zum Verändern hochbegabungsspezifischer Aspekte
7.5.2 Anregung zum Umgang mit einer erlebten Nicht-Passung zu anderen
7.6 Evaluation der Veränderung: Ziel erreicht?
Teil IV Ausblick
8 Hinweise für eine (begleitende) ambulante Psychotherapie
8.1 Hochbegabung als Thema in die Psychotherapie einbringen
8.2 Konkrete Wünsche an den Psychotherapeuten äußern
8.3 Hilfreiche Anlaufstellen und Informationen nutzen – eine Auswahl
8.3.1 (Deutschlandweite) Wege zur ambulanten Psychotherapie
8.3.2 Hochbegabungsspezifische Anlaufstellen und Informationen
9 Schlusswort
Teil V Verzeichnisse
Literatur
Stichwortverzeichnis
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Cover
Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Impressum
Inhaltsbeginn
Rat + Hilfe
Fundiertes Wissen für Betroffene, Eltern und Angehörige –Medizinische und psychologische Ratgeber bei Kohlhammer
Eine Übersicht aller lieferbaren und im Buchhandel angekündigten Ratgeber aus unserem Programm finden Sie unter:
https://shop.kohlhammer.de/rat+hilfe
Die Autorin
Sabine Stark, Dipl.-Psych., ist als approbierte Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) in eigener Privatpraxis in München mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Hochbegabung im Erwachsenenalter niedergelassen. Zudem ist sie seit Jahren als Dozentin, Supervisorin und Lehrtherapeutin für mehrere psychotherapeutische und neuropsychologische Aus-, Fort- und Weiterbildungsinstitute tätig. Sie ist Teilnehmerin im ehrenamtlichen Netzwerk Münchner Zirkel Hochbegabung e.V. und Mitglied bei Mensa in Deutschland e.V.
Weitere Informationen unter: https://www.stark-psychotherapie.de
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Mit Illustrationen der Autorin Sabine Stark.Umschlagabbildung: kittima – stock.adobe.com1. Auflage 2025
Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Heßbrühlstraße 69, 70565 [email protected]
Print:ISBN 978-3-17-044749-3
E-Book-Formate:pdf:ISBN 978-3-17-044750-9epub:ISBN 978-3-17-044751-6
Meinem Mann gewidmet.
Schwierigkeiten und Herausforderungen gehören bei allen Menschen zum Leben. Wer sich persönlich weiterentwickeln, die eigenen Potenziale umsetzen und mögliche Probleme in den Griff bekommen will, sollte nicht gezwungen sein, seinen Weg durch Versuch und Irrtum zu finden. Gerade bei erwachsenen Hochbegabten ist genau dies allerdings nur zu oft der Fall. Es gibt kaum eine systematische Förderung hohen Potenzials im Erwachsenenalter, insbesondere wenn es spät erkannt wird. Allenfalls bereits realisiertes Potenzial in Form hoher Leistung scheint Unterstützung zu verdienen. Über die spezifischen Förderbedarfe hochbegabter Erwachsener wissen wir noch wenig. Die »Genie-Wahnsinns-Hypothese«, also die Annahme, dass hohes Potenzial mit sozialen und/oder emotionalen Defiziten einhergeht, gilt in der Forschung mittlerweile als obsolet, auch wenn sie sich hartnäckig in den Köpfen hält; sogar in denen der Hochbegabten selbst.
Probleme sind Passungsprobleme, heißt es – oft zwischen der Person und einer Umwelt, die ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird. Psychologische Interventionen jeglicher Art zielen darauf ab, diese Passung zu verbessern. Die menschliche Persönlichkeit ist im Erwachsenenalter viel weniger fixiert, als man das noch vor einigen Jahrzehnten dachte; und gerade Psychotherapie hat sich als äußerst wirksam erwiesen, um Menschen emotional zu stabilisieren und ihre sozialen Interaktionen zu verbessern. Aber auch an der Umwelt lässt sich ansetzen: indem man diese so auswählt oder gestaltet, dass sie besser zu den eigenen Bedürfnissen passt. Bessere Passung bedeutet weniger Stress; und weniger Stress bedeutet, dass man weniger Ressourcen für die Bewältigung und Regulation der eigenen Emotionen benötigt, sondern diese – beispielsweise – für die Umsetzung der eigenen Potenziale einsetzen kann.
Selbsterkenntnis ist essenziell, um einschätzen zu können, was man braucht und wie man es bekommen kann, um Stress auf einem Niveau zu halten, wo er als stimulierend und nicht als überfordernd wahrgenommen wird. Die eigene Begabung als Ressource statt als Problemfaktor zu begreifen, ist dabei aus meiner Sicht zentral. Intellektuell Hochbegabte in einschlägigen Vereinen oder in Beratungsstellen berichten häufig von Schwierigkeiten, deren Ursache sie in der Begabung selbst sehen; manche beschreiben ihre Hochbegabung sogar als eine Art Behinderung. Grundsätzlich stellt sie jedoch eine sehr allgemeine Fähigkeit zum Problemlösen dar, die sich auf unterschiedlichste Kontexte anwenden lässt. Natürlich garantiert auch hohe Begabung kein sorgenfreies Leben; aber wenn es zu Problemen kommt, ist nicht die Hochbegabung selbst die Ursache dafür, sondern schlechte Passung.
Die eigene Begabung als etwas Positives anzunehmen und wertzuschätzen, fällt umso schwerer, je später das Potenzial erkannt wurde. Wer sich selbst sein Leben lang als durchschnittlich oder sogar unterdurchschnittlich begabt empfunden hat (und dies vielfach auch von seinem Umfeld gespiegelt bekam), erfährt die späte »Diagnose« oft als kritisches Lebensereignis, das Unordnung ins Leben bringt, vieles in Frage stellt und angesichts versäumter Chancen Trauer hervorruft – aber unter einer Ressourcenperspektive eben auch neue Wege eröffnen kann.
Nicht jedes psychologische Problem erfordert psychotherapeutische Intervention; und angesichts der gravierenden Versorgungslücken unseres Gesundheitssystems kann man von Glück sagen, dass dem so ist. Umso wichtiger sind fundierte Programme, die die individuelle Selbstreflexion und Weiterentwicklung strukturiert anleiten und begleiten. Einen solchen Ansatz legt Sabine Stark mit diesem Buch vor: Sie verknüpft auf kenntnisreiche Weise wissenschaftliche Grundlagen mit ihrer umfassenden psychotherapeutischen Praxiserfahrung mit Hochbegabten.
Die gute Verständlichkeit des Buchs soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Integration der hohen Begabung in die eigene Persönlichkeit harte Arbeit ist. Im Unterschied zu Interventionen, die weniger passgenau auf Hochbegabte zugeschnitten sind, wird Begabung hier jedoch als identitätsrelevantes Merkmal gewürdigt und als Ressource wertgeschätzt und genutzt.
Sabine Starks Ansatz hat das Potenzial, vielen Menschen dabei zu helfen, ihre Hochbegabung als das anzunehmen, was sie ist: ein Aspekt der eigenen Persönlichkeit, der Wertschätzung und Unterstützung verdient. Hochbegabung ist eine großartige Ressource, die das eigene Leben und die Welt insgesamt bereichern kann. Ich wünsche allen Hochbegabten, dass es ihnen gelingt, eine solche positive Sicht auf ihre Begabung zu entwickeln.
Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson (Charlotte Fresenius Hochschule)
Als Online-Zusatzmaterial stehen Ihnen folgende Dateien als Arbeitsmaterialien zur Verfügung:
Arbeitsblatt 1.1: Erste Überlegungen zur Bedeutung der eigenen Hochbegabung
Arbeitsblatt 1.2: Rückschau auf frühere Bedingungen der Begabungsentwicklung
Arbeitsblatt 1.3: Reflexionsfragen zum eigenen Talententwicklungsprozess
Arbeitsblatt 2.1: Meine Beweggründe für oder gegen einen IQ-Test
Arbeitsblatt 3.1: Gelernte implizite Annahmen/Stereotype über Hochbegabung/Hochbegabte:
Arbeitsblatt 4.1: »Hochbegabung + ...« In mehrfacher Hinsicht nicht durchschnittlich
Arbeitsblatt 5.1: Ressourcenprofil Hochbegabung & zugehörige Power-Point-Abbildung
Arbeitsblatt 5.2: Hochbegabungsspezifische Herausforderungen
Arbeitsblatt 5.3: Reflexion des Gefühls, anders zu sein
Arbeitsblatt 6.1: Reflexion zu prägenden Lernerfahrungen, (kompensatorischer) Schemata und (sozialer) Copingstrategien
Arbeitsblatt 6.2: Reflexionsfragen zu »stigma of giftedness«
Arbeitsblatt 6.3: Reflexionsfragen zu den Stufen des Identitätsentwicklungsmodells
Arbeitsblatt 7.1: Erste Orientierung (Auswertung der bisherigen Reflexionen)
Arbeitsblatt 7.2: Probleme ordnen und Auswahl treffen & zugehörige Abbildung in Excel und PowerPoint
Arbeitsblatt 7.3: SORK-Modell – Analyse auslösender und aufrechterhaltender Bedingungen
Arbeitsblatt 7.4: Analyse äußerer Rahmenbedingungen hinsichtlich des Problems
Arbeitsblatt 7.5: Meine konkreten Ziele
Arbeitsblatt 7.6: Realitätsüberprüfung internalisierter negativer Annahmen
Arbeitsblatt 7.7: Disputation der gelernten Schemata
Arbeitsblatt 7.8: Adaptierte Situationsanalyse
Arbeitsblatt 7.9: Adaptierte Übung »Sieben Säulen« des hochbegabungsbezogenen Selbstwerts & zugehörige Illustration
Arbeitsblatt 7.10: Einschätzung meiner persönlichen Zielerreichung
Wichtige Informationen sowie den Link, unter dem die Zusatzmaterialien verfügbar sind, finden Sie in am Ende von Kap. 9.
Sich mit der eigenen Hochbegabung auseinanderzusetzen, ist zuweilen gar nicht so leicht. Zum einen geistern noch immer diverse Stereotype über Hochbegabte1 umher, so dass es mitunter schwierig sein kann, die vorurteilsfreien von den -behafteten Informationen herauszufiltern, die man für die eigene Reflexion heranziehen möchte. Letztere reichen von regelrechten Mythen bis hin zu sehr minimalistischen Darstellungen, so dass eine klare Vorstellung, was alles mit dem weit überdurchschnittlichen IQ verbunden ist, nicht immer zu finden ist. Zum anderen kann es auch an einem interessierten Gegenüber mangeln, sich diesem Thema offen und mit einer gewissen Neutralität zuzuwenden. Die meisten Hochbegabten dürften erlebt haben, dass sich eben nicht einfach so über das innerpsychische intensive Erleben, das komplexe Denken, die eigenen kognitiven Ressourcen und die damit einhergehenden Kompetenzen oder Leistungserfolge austauschen lässt. Oftmals reagieren andere irritiert, überfordert oder sogar mit Neid.
Erfreulicherweise wurden in den letzten Jahren immer mehr Ratgeberbücher für hochbegabte Erwachsene publiziert, so dass Ratsuchende fündig werden und sich in das Thema einlesen können. In der psychotherapeutischen Praxis erhalte ich wiederholt die Rückmeldung von Hochbegabten, es habe gutgetan, phänomenologische Beschreibungen, wie Hochbegabte denn nun so sind, zu lesen, um sich (endlich) wiedererkennen zu können. Gleichzeitig taucht in diesem Zusammenhang auch die Frage auf: Was mache ich nun mit dem neuen Wissen? Im beruflichen wie privaten Kontext höre ich oft, dass eine Therapie oder ein Coaching aufgesucht wird, um der Antwort auf diese Frage näher zu kommen. Zum einen setzt dies voraus, einen (therapeutischen) Ansprechpartner zu finden, der sich mit der Materie auskennt, zum anderen bestehen aber vielleicht keine behandlungsbedürften Symptome oder gar eine Störung, die bspw. eine Psychotherapie notwendig machen würden.
Gerne möchte ich deshalb mit dem folgenden Buch, über ein reines Informationsangebot über/zu Hochbegabung hinaus, eine hilfreiche Anleitung anbieten, sich hinsichtlich des eigenen hochbegabten Seins zielführend zu reflektieren, sich kennen zu lernen, für sich selbst sinnhafte Fragestellungen zu entdecken, über die es sich nachzudenken lohnt, und im eigenen Weiterentwicklungsprozess voranzugehen.
Verzeihen Sie mir an dieser Stelle eine eher kritische Bemerkung, die jedoch meine Überlegungen zum Buch immer wieder tangiert hat, weshalb es für Sie hoffentlich hilfreich ist, meine zugrundeliegenden Gedanken zu verstehen: Durch die heutigen Möglichkeiten zur mühelosen Wissensgenerierung bzw. Informationsgewinnung werden wir gleichermaßen verlockt, von Datenpunkt zu Datenpunkt zu springen, nicht zu verweilen, nicht zu prüfen, was diese neue Information schließlich für uns bedeutet. Um mich an die Worte von Byung-Chul Han anzulehnen:
»Geschichte weicht nun Informationen. Diese besitzen keine narrative Länge oder Weite. Sie sind weder zentriert noch gerichtet. Sie stürzen gleichsam auf uns ein. Die Geschichte lichtet, selektiert, kanalisiert das Gewirr von Ereignissen, zwingt uns auf eine narrativ-lineare Bahn. Verschwindet diese, so kommt es zu einer Wucherung von Informationen und Ereignissen, die richtungslos schwirren« (Han, 2015, S. 23).
Han macht darauf aufmerksam, dass Dinge, mit denen wir uns identifizieren, ephemer sind, also flüchtig und nur kurze Zeit bestehend, und dass schlimmstenfalls die Nicht-Einbettung dieser Informationen in ein Ordnungsgefüge mit der Entwicklung einer »atomistischen Identität« (Han, 2015, S. 7) einhergehen kann. Während des Entstehungsprozesses meines Buches war es mir deshalb im besonderen Maße wichtig, Ihnen Anregung und Hilfestellung zur Verfügung zu stellen, sich in einem wesentlichen Teil Ihres Selbstkonzepts, nämlich dem der Hochbegabung, systematisch zu reflektieren. Mir geht es nicht um die bloße Beschreibung, wie Hochbegabte vermeintlich sind, sondern darum, Sie zu unterstützen, Ihre Erfahrungen mit Ihrem hochbegabten Sein in ein eigenes stimmiges Narrativ zu setzen und sich die Frage zu beantworten, wozu es sich lohnt, sich selbst zugewandt, das Wissen um die eigene Hochbegabung für den eigenen, persönlichen und individuellen Weiterentwicklungsprozess zu nutzen.
Vielleicht gelingt es mir, dass Sie sich eingeladen fühlen, bei sich selbst zu verweilen und sich im eigenen Identitätserleben kennen zu lernen – das hat meines Erachtens etwas »Süßes«, im Sinne von Bereichernden, an sich: »Allein in der Tiefe des Seins tut sich ein Raum auf, wo alle Dinge sich anschmiegen und miteinander kommunizieren. Gerade diese Freundschaftlichkeit des Seins läßt [sic] die Welt duften« (Han, 2015, S. 51).
An dieser Stelle möchte ich mich besonders bei allen Personen bedanken, die sich hinsichtlich ihrer Hochbegabung offen und interessiert in den Therapie- und Beratungssitzungen gezeigt oder meinen Weg in beruflicher wie privater Hinsicht gekreuzt haben und bereit waren, in einen authentischen Austausch über das eigene hochbegabungsspezifische Erleben und Verhalten zu gehen. Damit wurde mir die Möglichkeit gegeben, eigene Überlegungen weiterzuentwickeln und wertvolle Denkanstöße für die fachliche Auseinandersetzung mit diesem spannenden Themenfeld zu erhalten.
Mein herzlicher Dank gilt zudem Frau Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson2, die ich vor Jahren persönlich bei einem Jahrestreffen des Hochbegabtenvereins Mensa kennenlernen durfte und deren langjähriges Engagement für die Forschung und die Förderung von Hochbegabten in vielfältigen Kontexten eine Inspiration darstellt, ebenfalls einen Beitrag zu leisten. Sie trägt durch ihre wissenschaftliche und persönliche Präsenz wesentlich dazu bei, Vorurteile gegenüber Hochbegabten abzubauen. Aus diesen Gründen freut es mich in besonderem Maße, dass sie sich bereit erklärt hat, mein Buch mit einem Geleitwort zu unterstützen.
Bedanken möchte ich mich auch beim Kohlhammer Verlag. Frau Dr. Carmen Rommel gelingt es, einen konstruktiven und inspirierenden Austausch über eine Buchidee zu ermöglichen. Ein herzlicher Dank geht auch an Frau Brutler, die das Buchprojekt stets interessiert und sehr unterstützend begleitet hat. Ebenso möchte ich dem betreuenden Lektor Dominik Rose für seinen differenzierten Blick und seine hilfreichen Anmerkungen danken.
Und schließlich gilt mein Dank im besonderen Maße meinem Mann. Er teilt die innere Grundhaltung, zu verweilen, um sich kennenzulernen und weiterzuentwickeln, insbesondere aber vertraut er auf ein Selbstaktualisierungsmomentum, welches uns allen inhärent ist. Diesen Mut, sich weiterzuentwickeln, sich authentisch zu erleben und zu zeigen, wünsche ich allen Lesenden dieses Buches.
München, im Mai 2025Sabine Stark
1Um einen ungestörten Text- und Lesefluss zu gewährleisten, wird in diesem Buch durchgehend das generische Maskulinum verwendet, das selbstverständlich für sämtliche Geschlechter steht (männlich, weiblich, divers).
2https://www.charlotte-fresenius-uni.de/forschung-lehre/professuren/tanja-gabriele-baudson/
Entsprungen aus einer langen Historie besteht noch heute eine stereotype Laienvorstellung von hochbegabten Personen. Hochbegabten wird zwar unumstritten eine weit überdurchschnittliche Intelligenz, im Sinne eines kognitiven Potenzials, zugeschrieben, sie seien jedoch sozial-emotional problematisch, was sich als sozial unbeholfen, einzelgängerisch und komisch umschreiben ließe. Das Klischee des »verrückten Genies« ist dabei schon seit der Antike bekannt. Bedauerlicherweise begegnen uns noch heute diese Laienannahmen, die in der Literatur als sog. »Disharmoniehypothese« über Hochbegabte zusammengefasst sind (Baudson, 2021). Dies lässt sich leicht »überprüfen«, wenn man in Google »Hochbegabte sind...« eingibt. Aktuell (Stand Februar 2025) werden Suchvorschläge angeboten, die da lauten »verhaltensauffällig« oder »anstrengend«, aber auch »immer gut in Mathe« oder »gut in der Schule«.
Es lässt sich die Frage stellen, ob es auch die entgegengesetzte Laienannahme über Hochbegabte gibt, welche mit »ja« beantwortet werden muss: So wird zuweilen Hochbegabten auch heute noch eine generelle Überlegenheit in allen (Lebens-)Bereichen zugeschrieben, was als sog. »Harmoniehypothese« bezeichnet wird. Deren Ursprung scheint viel weiter zurückzuliegen und durch Ergebnisse aus einer der ersten und bahnbrechenden Längsschnittstudien, die von Lewis Terman 1920/1921 in den USA begonnen wurde, gefüttert zu sein (Preckel & Vock, 2021). Auch wenn Hochbegabte hin und wieder als generell überlegen gesehen werden, wird ihnen erfreulicherweise wenigstens nicht der Status von »Superheros« angedichtet (Baudson, 2016).
Somit löst Hochbegabung als Begriff respektive Label vielfältige Reaktionen aus. Dabei schwingt oftmals mit, als hochbegabte Person eben nicht normal oder gänzlich anders zu sein – einem Attribut, das für viele mit anhaltender Nicht-Zugehörigkeit bis hin zu elitärem Denken verbunden ist. Wird der Begriff jedoch neutral unter wissenschaftlicher Perspektive als Begreifbarmachen eines Phänomens verstanden, kann die Identifizierung mit dem Label zugleich auch als heilsam erlebt werden, endlich Erklärungen für das eigene Erleben und Verhalten zu erhalten, sich im eigenen hochbegabungsbezogenen Denken bestärkt zu fühlen und sich im Alltag sogar selbstbewusster im Äußern der eigenen Gedanken und Überlegungen zu zeigen.
Auch im psychotherapeutischen Kontext ist es oftmals nicht vorhersagbar, wie eine Person auf den Hinweis reagiert, möglicherweise hochbegabt zu sein, oder wie der Austausch mit einer bereits IQ-getesteten Person über die eigene Hochbegabung erfolgt. Die Variationsbreite der Reaktionen reicht von neutral über erleichtert, überfordert, irritiert, stolz, freudig, bis hin zu genervt, die Hochbegabung herunterspielend oder sich unter Druck gesetzt fühlend. Je nachdem, welche Lernerfahrungen die Person gemacht hat, kann die eigene Hochbegabung als Teilselbstkonzept im innerpsychischen Kontext integriert sein und keine offenen Fragen aufwerfen. Die Person erlebt keinen »Bruch« zu oder im Austausch mit anderen, sie kann ihr Bedürfnis nach kognitivem Input beruflich wie privat erfüllen und sie bleibt im eigenen hochbegabungsspezifischen Erleben und Verhalten nirgends »hängen«. Dem entgegengesetzt kann jedoch auch eine andere Lerngeschichte vorliegen, bspw. wegen der Hochbegabung ausgegrenzt, unter Performanzdruck gesetzt oder kaum bis nie hinsichtlich des weit überdurchschnittlichen Potenzials gesehen worden zu sein. Daraus kann sich schließlich ergeben haben, bspw. die eigene Hochbegabung nicht zu mögen, sie nicht nach außen sichtbar erscheinen zu lassen oder das Thema weit von sich wegzuschieben. Ebenso können simplifizierende Annahmen über Hochbegabung übernommen worden sein (bspw. »Hochbegabung bedeutet einfach intelligenter zu sein, sonst nichts«), weshalb die Sinnhaftigkeit einer Auseinandersetzung mit der Hochbegabung nicht gesehen wird.
So oder so, oftmals ist für hochbegabte Menschen ein expliziter, offener Austausch über die eigene weit überdurchschnittliche Intelligenz und dem damit verbundenen Erleben und Verhalten im Alltag nicht in Gänze und in jedem Umfeld möglich. Hochbegabt sein bedeutet nüchtern ausgedrückt, zumindest im statistischen Sinne, einer Minorität anzugehören, haben doch nur ca. 2 % der Bevölkerung einen IQ-Wert ≥ 130! Viele Hochbegabte schildern daher, sich in wesentlichen Aspekten des inneren Erlebens im Alltag nicht gesehen zu fühlen. Dabei ist ein Austausch und ein angemessenes Gespiegeltwerden relevant für den eigenen Identitätsentwicklungsprozess (Keupp, 2012).
Von einer psychologischen Perspektive aus betrachtet, lässt sich der Integrationsprozess eines Teilidentitätsaspekts in das Ganze als fluider Prozess beschreiben, hin zu einer »identity synthesis« (Meyer, 2003, S. 678). Übertragen auf Hochbegabte würde es bedeuten, auch das eigene hochbegabungsbezogene Erleben und Verhalten in das eigene Selbstkonzept zu integrieren, so dass sich die Person diesbezüglich ihrer selbst bewusst, authentisch erleben und zeigen kann. Also Antworten auf die möglicherweise vorhandenen Fragen zu finden, warum man sich so anders als die anderen erlebt, sich manchmal nicht verstanden fühlt, vielleicht auch nicht auf einer Wellenlänge mit anderen, während diese scheinbar leicht miteinander connecten, oder warum man wiederholt die Rückmeldung erhält, anstrengend, kompliziert oder »zu viel« zu sein. Je mehr sog. Inkongruenz, also Abweichung zwischen dem eigenen Erleben, eigenen Motiven/Zielen und dem nach außen gezeigten Verhalten (weil man sich vielleicht stark anpasst oder eigene Kompetenzen herunterreguliert) existiert, desto mehr Stress, Unzufriedenheit oder psychische Belastung entstehen. Dies hat bereits Grawe (2004) allgemeingültig in seinem Konsistenz-Modell beschrieben: Indem wir uns als Mensch konsistent erleben, im Einklang mit unseren Motiven und Bedürfnissen, bleiben wir psychisch gesund. Und dies lässt sich auch unter einer Hochbegabungsperspektive betrachten: Die Auseinandersetzung mit diesem Teilidentitätsaspekt scheint sich zu lohnen, denn je besser dieser im Gesamtselbstkonzept integriert ist, desto weniger Niedergeschlagenheit, Stress oder Einsamkeit und sogar mehr Freude, Selbstbewusstsein, Lebenszufriedenheit werden im Zusammenhang mit der eigenen Begabung erlebt (Baudson & Ziemes, 2016). Das ist doch ermutigend!
Wo lassen sich also Informationen rund um Hochbegabung finden? Einige der aktuell publizierten Ratgeber für hochbegabte Erwachsene beinhalten Darstellungen, die sich am Forschungsgegenstand anlehnen und einen guten Überblick bieten. Es lassen sich jedoch auch kaum konturierte, nicht-trennscharfe Ausführungen finden, insb. werden hochbegabte und hochsensible Menschen3 in so manchen Büchern simultan angesprochen, als handelte es sich dabei um austauschbare Begriffe, so dass nach Ansicht der Autorin die Begriffe und die Konzepte verwässert werden. Bemüht man an dieser Stelle erneut Google für die Suche nach »Hochbegabte sind...« (Stand Februar 2025), so werden sogleich die Attribute »neurodivers«, »Autisten« und »hochsensibel« ergänzt. Dies spiegelt vielleicht auch einen »Trend« wider, der sich insb. auf den Social-Media-Plattformen finden lässt. Die Posts und Videos zu Hochbegabung, Autismus-Spektrum-Störung, ADHS oder Hochsensibilität nehmen in den letzten Jahren zu. Selbstredend beinhaltet dies einen sehr begrüßenswerten Effekt, werden diese Nischenthemen doch endlich betrachtet, finden hoffentlich als ein weiteres Phänomen neben vielen anderen Einzug in den Alltag und öffnen den Blick für die (Neuro-)Diversität unserer Zeit. Gleichzeitig stellt sich jedoch auch die Frage, wie qualitativ hochwertig diese Informationen sind. In einer aktuellen interessanten Untersuchung zum Thema »Reichweite und Genauigkeit der Informationen zu Autismus auf TikTok« konnte gezeigt werden, dass die meisten der untersuchten Informationsvideos zu Autismus inakkurate (41 %) und übergeneralisierte (32 %) Darstellungen sind und nur 27 % als akkurat klassifiziert wurden (Aragon-Guevara et al., 2023). Sowohl die übertriebenen als auch die korrekten Inhalte wurden vergleichbar häufig »geliked« und gesehen. Dabei stellten wohl nicht-autistische Alltagspersonen die meisten übertriebenen Videos (im Vergleich zu autistischen Personen) ein. Videos von im Gesundheitswesen tätigen Personen waren im Verhältnis am akkuratesten. Auch wenn – nach aktueller Recherche – keine Untersuchung über Informationsvideos zu Hochbegabung zu finden ist, soll an dieser Stelle doch dafür sensibilisiert werden, welche Informationsgrundlage herangezogen wird.
Um noch einmal an die oben gestellte Frage anzuknüpfen: Was soll nun aus den vielfältigen Informationen gemacht werden? Wie und worin kann ich Sie unterstützen bzw. welchen »Mehrwert« soll dieses Buch bieten?
In der psychotherapeutischen Praxis hat sich gezeigt, dass hochbegabte Erwachsene gemäß dem hochbegabungsimmanenten Motiv nach vertiefter und komplexer Auseinandersetzung mit Themen oftmals eine eindeutige, verlässliche und individuell zugeschnittene Hilfestellung zur Reflexion und Problemlösung suchen. Patentrezepte oder schemenhafte Ratschläge sind missverständlich, beinhalten sie doch zu viele Freiheitsgrade, die Problemlage samt Lösungsvorschlag noch einmal aus dieser oder jener Perspektive anders zu betrachten. Vor diesem Hintergrund soll hochbegabten Erwachsenen in diesem Buch die Möglichkeit zur konkreten und individuellen Auseinandersetzung mit begabungsbezogenen Themen gegeben werden. Dabei wird auf das langjährige Erfahrungswissen in der therapeutischen Arbeit mit hochbegabten Erwachsenen in der Verhaltenstherapie zurückgegriffen. Ratsuchende sollen eine nachvollziehbare Anleitung für das Selbstmanagement erhalten.
Der erste Teil des Buches bietet eine klare und fundierte Darstellung des Hochbegabungskonzepts, der Bedeutung von IQ-Tests sowie der Unterscheidung zwischen Laientheorien und empirischen Befunden. Zudem werden Neurodivergenz, LGBTIQ* und Hochsensibilität überblicksartig vorgestellt – ist eine hochbegabte Person betroffen, weicht sie in einem weiteren Aspekt von einer Norm (zusätzlich zur Hochbegabung) ab. Im zweiten Teil des Buches wird von einer allgemeinen auf eine personenzentrierte Perspektive gewechselt. Hochbegabungsspezifisches Erleben und Verhalten werden als Ressourcen und Herausforderungen vorgestellt und damit verbundene Lernerfahrungen in der eigenen Biografie anhand ausgewählter Modelle verstehbar gemacht. Insbesondere die Bedeutung der Hochbegabung als Teil der eigenen Identität wird herausgearbeitet. Im dritten Teil des Buches wird eine Heuristik, ein Rahmenkonzept, für die Lösung möglicher vorhandener Probleme im Zusammenhang mit der Hochbegabung für das eigene Selbstmanagement vorgestellt. Natürlich kann dies keine psychotherapeutische Behandlung ersetzen. Sollten tieferliegende Beschwerden oder psychische Symptome vorliegen, ist es ratsam, dies bei einer Fachperson (bspw. Psychotherapeut oder Psychiater) abklären zu lassen4. Für den Fall, dass eine ambulante Psychotherapie wahrgenommen wird oder die Lesenden sich bereits in Behandlung befinden, schließt sich der vierte Teil des Buches mit Hinweisen an, wie das Thema Hochbegabung auch in die Therapie eingebracht werden könnte.
Mit diesem Buch sollen diejenigen hochbegabten Erwachsenen angesprochen werden, die sich mit der eigenen Begabung und/oder damit verbundenen Herausforderungen auseinandersetzen möchten. Es soll jedoch auch diejenigen einladen, die eine Psychotherapie beginnen oder sich bereits in Behandlung befinden und sich ein themenspezifisches Arbeitsbuch wünschen. Da wenige Psychotherapeuten mit dem Thema Hochbegabung vertraut sind oder eine darauf abgestimmte Therapie anbieten, soll ebenso ermutigt werden, die hochbegabungsspezifischen Inhalte offen in die therapeutischen Sitzungen einzubringen – hoffentlich bieten die Ausführungen in diesem Buch das passende Vokabular, um sich auszudrücken.
Es werden zudem Arbeitsmaterialien zur angeleiteten Reflexion beigefügt, um die jeweils vorgestellten Inhalte auf die eigenen Umstände, die eigenen Erfahrungen und das eigene Erleben übertragen zu können.
Dabei sind die Arbeitsblätter im ersten und zweiten Buchteil als Angebot zu verstehen, die jeweils dargestellten Inhalte, sofern sie als relevant erscheinen, für die eigene Reflexion zu nutzen. Es wurde versucht, die Arbeitsmaterialien so zu gestalten, dass das Voranschreiten im Buch nicht zwingend mit der Bearbeitung aller vorherigen Arbeitsblätter einhergehen muss, sondern bei Bedarf erfolgen kann – was hoffentlich (hinreichend) gelungen ist.
Im dritten Teil des Buches erscheint es für die Bearbeitung eines hochbegabungsbezogenen Problems im Selbstmanagement zielführend, die dazugehörigen Arbeitsblätter der Reihe nach zu sichten und als angeleitete Hilfestellung zu bearbeiten. Diese wurden so gestaltet, dass die Inhalte über ein eigenes bloßes Überlegen hinausgehen und genügend Komplexität bieten, sich individuell und vertieft mit sich auseinandersetzen zu können. Sie sind darauf ausgelegt, bei sich zu verweilen, mit sich in einen positiven Veränderungsdialog zu treten und zu konkreten Übungen anzuregen – was hoffentlich ebenfalls (hinreichend) gelungen ist.
3Hierbei wird oft nicht klar unterschieden, ob es sich bei der Beschreibung »hochsensibel« um ein rein deskriptives Attribut handelt oder ob das psychologische Konzept der Hochsensibilität (nach Aron & Aron) gemeint ist (▸ Kap. 4.3).
4Dieses Buch ist kein Ersatz für professionelle psychotherapeutische Hilfe bei psychischen Problemen. Es dient lediglich zur Unterstützung des Selbstmanagements. Obwohl sich die Arbeit mit den Übungen in der Praxis als hilfreich und effektiv erwiesen hat, erfolgt deren Anwendung in eigener Verantwortung. Der Verlag und die Autorin schließen jegliche Haftung für Gesundheits- und Personenschäden sowie Sach- und Vermögenschäden aus.
Ohne Begriffe und deren Bedeutungszusammenhänge zu definieren, lässt sich kaum zielgerichtet in eine selbstkritisch-konstruktive Auseinandersetzung übergehen. Gerade das Label »Hochbegabung« ist – wie eingangs erwähnt – polyvalent, so ist es vielleicht (vor sich und/oder anderen) akzeptabel, sich als sehr intelligent zu reflektieren, aber hoch-begabt kann als Attribut oftmals schwieriger ausgesprochen werden, denn was heißt schließlich »begabt sein« und dann auch noch »hoch«?!
Nachfolgend soll deshalb das psychologische Konstrukt der Hochbegabung unter einer wissenschaftlich-deskriptiven Perspektive beleuchtet werden, um zu Beginn einen möglichst wertneutralen Überblick zu erhalten (▸ Kap. 1). Es wird reflektiert, inwieweit es sich im Erwachsenenalter lohnt, an einem IQ-Test teilzunehmen, welcher das Messinstrument darstellt, um eine Hochbegabung zu attestieren (▸ Kap. 2). Daran anschließend wird zwischen einer Laiensicht über Hochbegabte und Ergebnissen aus der Forschung differenziert, um vor allem mit Vorurteilen aufzuräumen (▸ Kap. 3). Zudem sollen einige Aspekte beleuchtet werden, durch die Personen – neben der Hochbegabung – in weiterer Hinsicht von einer »Norm« abweichen, und unter der Überschrift »Hochbegabung +« zusammengefasst werden (▸ Kap. 4).
