Hollywoods Ägyptische Träume. Die Bildsprache, Konzepte und Kostüme im ägyptischen Monumentalfilm - Marie Elisabeth Habicht - E-Book

Hollywoods Ägyptische Träume. Die Bildsprache, Konzepte und Kostüme im ägyptischen Monumentalfilm E-Book

Marie Elisabeth Habicht

0,0

Beschreibung

Monumentalfilme prägen unser heutiges Bild von der Antike sehr stark. Schon kurz nach der Entstehung der Filmkunst wurde auch das Alte Ägypten der Gegenstand von Filmwerken. Wie beim Römerfilm wurden die entscheidenden Story-Plots und Motive noch in der Stummfilmzeit entwickelt und haben die nachfolgenden Filmgenerationen wesentlich geprägt. Das Buch untersucht die Bildsprache, die Handlungskonzepte und Kostüme des teuersten Filmgenres. Eine umfangreiche Liste von Filmen wird analysiert und mit heutigen Erkenntnissen zu Kleidern und Schmuck des Alten Ägypten in Beziehung gesetzt. Das E-Buch stellt eine eigenständige Ausgabe dar, welche Anteile des gedruckten Textbandes und auch einige Bilder des Tafelbandes enthält.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2022

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Hollywoods Ägyptische Träume. Die Bildsprache, Konzepte und Kostüme im ägyptischen Monumentalfilm

Hollywoods Ägyptische TräumeEinleitungDie Entstehung des Films und des GenresEntscheidende filmische InnovationenFarbig und Breitbild: technologisch führendDer Niedergang des klassischen MonumentalfilmsDie dritte Phase der MonumentalfilmeDas Feigenblatt namens BeraterDie Studiobosse und RegisseureDie Bibel als VorlageDie antiken GrundlagenRekonstruktion der antiken MusikRekonstruktion der antiken KleidungDie Kleidung und Frisuren im Alten ReichDie Kleidung im Mittleren ReichDie Kleidung und Frisuren im Neuen ReichDie Kleidung in der SpätzeitSpezielle Kleidung: Die Kleider der Götter, die Kleidung des KönigsSpezielle Kleidung: Die Kleider der KöniginSpezielle Kleidung: Die Kleider des Wesirs, der Priester und der GottesgemahlinSpezielle Kleidung: Die Kleider der Ausländer in der ägyptischen KunstdarstellungHellenistisch-griechische Mode für CleopatraMaterialien und Herstellung von KleidernDer Schmuck in der AntikeShakespeare: Julius Caesar & Antonius und CleopatraMozarts ZauberflöteG. B. Shaw's Caesar and Cleopatra 1898Cléopâtre 1899Cléopâtre 1910Cleopatra 1912Cleopatra 1917Murnaus Satanas 1920Das Weib des Pharao 1922The Ten Commandments 1923Die Sklavenkönigin 1924Cleopatra 1934Caesar and Cleopatra 1945Due Notti Con Cleopatra 1954The Egyptian 1954Land of the Pharaohs 1955Caesar and Cleopatra 1956The Ten Commandments 1956Le legioni di Cleopatra 1959Nefertite, Regina del Nilo 1961Cleopatra 1963Faraon 1966Antony and Cleopatra 1972Caesar and Cleopatra 1976Cleopatra 1999Exodus: Gods and Kings 2014SchlussbetrachtungenLiteraturLeseempfehlungTafelband (Auszug)Impressum

Hollywoods Ägyptische Träume

Einleitung

Das E-Buch versucht, die gedruckten Ausgaben so weit wie sinnvoll zu replizieren, will aber auch eigene Wege gehen, da die direkten Links zu Videosequenzen auf YouTube verfügbar sind.

Die Bildrechte für die Filme waren exorbitant, so dass sie in einem separaten Tafelband publiziert werden, der aller Voraussicht nach nur ein einziges Mal aufgelegt werden kann. 

Im E-Buch wird versucht, direkte Links auf die Vorschaubilder von Bildarchiven gegeben. Der interessierte Leser / die interessierte Leserin kann sich die Bilder dort ansehen und selber entscheiden, ob sie Photos für rund 53 Euro pro Bild ankaufen möchte.

Das Buch schließt thematisch an die Arbeit von Markus Junkelmann an, welcher das Verhältnis zwischen Hollywood und dem Monumentalfilm untersuchte, das primär die Römische Kultur abbildete (Junkelmann 2004). Für das Alte Ägypten als Darstellung im Film liegt meines Wissens bislang keine Monographie vor. Zum Thema Cleopatra im Film liegt eine Thesis vor (Wenzel 2003).

Monumentalfilme gelten eigentlich nicht als Genre, da sie sehr heterogen sind und nur gemeinsam haben, dass sie „die Grenzen des Normalen“ sprengen durch den Ausstattungsaufwand, Superstars, Massenszenen und ausufernd teuer sind. [1] Die enormen Produktionskosten gehören sogar zur typischen Bewerbung des Films. Zudem sind Monumentalfilme besonders gefährdet, als politische Propaganda missbraucht zu werden, da sie oft mit Religion und Nationalepen arbeiten. Historienfilme, die in der Vergangenheit (Antike und Mittelalter) angesiedelt sind, dominieren zahlenmäßig (Pasch 2014).

Im Buch wird auf die Filme fokussiert, welche das Alte Ägypten als Thema beinhalten, die Mumien-Horrorfilme werden nicht behandelt. Die goldenen Jahre des Monumentalfilms sind eigentlich längst vergangen, denn dieses Filmgenre gilt als schwierig und kommerziell als sehr riskant (Junkelmann 2004, 91). Selbst die bekanntesten Produktionen, wie Cleopatra von 1963 brachten die Studios an den Rand des Bankrotts. Bezüglich des Handlungsinhalts sind nur die Pionierjahre zwischen 1900 und 1930 entscheidend für die Monumentalfilme, seither reproduzieren die Monumentalfilme in der Regel nur noch ältere Vorlagen. Diese werden technisch auf den neuesten Stand gehoben und inhaltlich etwas aktualisiert, um beim Publikum erneut anzukommen. Was für die klassischen Römerfilme gilt, trifft auch auf die Sandalenfilme mit ägyptischem Thema zu.

In den 1950er und 1960er Jahren waren die Römerfilme auch ein Teil der geistigen Landesverteidigung des „bibeltreuen Amerikas“ gegen größenwahnsinnige Diktatoren und Tyrannen – im Film durch Nero oder Commodus dargestellt – doch die Parallelen zu Diktatoren des 20. Jahrhunderts waren beabsichtigt (Junkelmann 2004, 104).

Bei den Ägyptenfilmen liegt die Sache leicht anders. Im Story-Plot „10 Gebote“ nehmen die Ägypter die Rolle des faszinierenden Bösewichts inne im Kampf mit den Hebräern, analog zu Römer versus Christen.

Der besonders beliebte Cleopatra-Plot ist ebenso ein Kampf zweier Weltbilder: Orient gegen Okzident. Ohnehin lebt der Monumentalfilm per se vom Spannungsfeld zweier gegensätzlicher Welten:  So sind es die opferwilligen, aber langweiligen Christen gegen die kriegslustigen und machthungrigen Römer. Doch es sind die Römer, welche die Geschichte tragen und sie repräsentieren alles, was den Monumentalfilm „cool“ macht: „Es sind Nero und die Pharaonen, die die Partys schmeißen.“ (Junkelmann 2004, 171; Wood 1989, 185). Im Ägypten-Plot Cleopatra ist es ein regelrechtes Rennen, wer mehr bietet: Rom oder Ägypten. Dies macht die Cleopatra-Verfilmungen besonders attraktiv.

Das Erfolgsrezept des Monumentalfilms wurde von Cecil B. DeMille auf einen professionellen Level gehoben, nämlich Sünde und Spektakel unter dem Deckmantel des Moralischen zu verkaufen (Junkelmann 2004, 171). Im Ägyptenfilm kann das Unmoralisch-Dekadente in den Orient imaginiert werden, damit ändert sich die Rolle von Rom, das nun das etwas biedere, republikanische Weltbild des Westens einnehmen kann. Es ist die explizite Zweideutigkeit der „Idee Rom“ (Junkelmann 2004, 328): Julius Caesar, eine der wichtigsten Gestalten der Idee Rom kann beide Seiten zugleich repräsentieren: Caesar kann Tugend und politische Weitsicht repräsentieren – doch auch seine Mörder Brutus und Cassius können dieselben Werte repräsentieren. Je nach politischem Standpunkt und Zeitgeist. Diese römische Ambivalenz macht Rom zu einen idealen Spieler im Monumentalfilm, denn dieses Genre produziert und benötigt ausgesprochene Pol-Positionen (Junkelmann 2004, 328). Im Monumentalfilm bieten sich folgende Pole als Grundlage für die Geschichte an:

Rom – Sklaven (Spartacus-Plot): Die Römer sind die Bösen

Rom – Christen (Quo Vadis-Plot): Die Römer unter Nero sind die Bösen

Dekadentes Rom – moralisches Rom (Der Untergang des Römischen Reiches-Plot). Dieser Plot repräsentiert wie kein anderer die Zweideutigkeit von Rom.

Rom – Ägypten (wobei Ägypten als letzter überlebender Staat des hellenistischen Ostens ist). Ägypten steht hier für die Idee von Alexander dem Großen eines völkerverbindenden aber dekadenten, verdorbenen aber faszinierenden Orients. Wie beim Untergang des Römischen Reiches-Plot schwankt die Sympathie des Publikums zwischen den beiden Polen.

Ägypten – Hebräer (10 Gebote, Faraon)

Filme, bei denen der Antagonismus zweier rivalisierender Weltbilder nicht klar wird, laufen schnell in Gefahr, an der Kinokasse einen Flop zu produzieren. So stürzte „Land of the Pharaohs“ ab, da die flache historische Geschichte den Antagonismus zweier faszinierender Hochkulturen mangelte.

Die Monumentalgeschichten und ihre Verfilmungen spiegeln auch die Rollen der Staaten der Neuzeit: Im späten 18. Jahrhundert sahen sich die Amerikaner in der Revolution gegen England als das republikanische Rom im Kampf mit den monarchistischen Rom, repräsentiert durch Großbritannien (Junkelmann 2004, 331).

Im folgenden Viktorianischen Zeitalter verstanden sich die Briten dann als die neuen Römer, bis sie nach dem 1. Weltkrieg langsam in die Rolle der „Griechen“ wechselten und die Rolle der Römer und ihrer Weltherrschaft den USA überließen. Als Griechen blieb ihnen der Trost, die überlegene Kultur des Westens zu haben. Die Rolle der Griechen spielen heute die Europäer, während Rom entweder von den USA (das gute Rom) oder Russland gespielt wird. Russland versteht sich ohnehin als das „Dritte Rom“ (Rom – Konstantinopel – Moskau). Seit Februar 2022 nimmt Russland ohnehin die Rolle des bösartig-imperialen „Rom“ ein. So verwundert es auch nicht, dass Putin-Fans vor wenigen Jahren eine Bronzebüste an dem Kreml schenkten, welche Putin als römischen Imperator mit antikem Brustpanzer darstellt – Anstelle des Medusenhaupts der russische Doppeladler… (D. Smith 2015). Russland als das Römische Reich 3.0 (Daily Kos 2018).

Die heutigen Weltbilder werden sich problemlos an einer neuen Generation von Monumentalfilmen abarbeiten lassen. Eine neue Cleopatra-Verfilmung ist bereits angekündigt mit Gal Gadot in der Hauptrolle.

Doch zurück zu den Monumentalfilmen der Vergangenheit. Die klassischen Römerfilme weisen zahlreiche historische Fehler auf, die Mängel in der Kostümierung sind zahlreich (Junkelmann 2004, 121). Dies ist auch bei den Ägyptenfilmen nicht anders.

Bei den Römern sind zahlreiche Phantasiekreationen zu beobachten, die regelrecht die DNA eines „Toga Films“ ausmachen. Erst bei neuesten Verfilmungen wie dem Remake von Quo Vadis von 2002 wird erstmals eine Toga korrekt angelegt. Die klassischen Monumentalschinken der 50er und 60er Jahre schneiderten auch die Tunika viel zu kurz und zu eng. Daher mussten die Darsteller dann Slips tragen, um Skandalöses zu verhüllen (Junkelmann 2004, 119). Gladiatoren treten wie Feldherren im Muskelpanzer auf – was jeder historischen Überlieferung widerspricht.

Ein weiteres absurdes Merkmal des Monumentalfilms sind die Lederstulpen am Handgelenk. Für sie gibt es kein antikes Vorbild, doch der Unsinn hält sich hartnäckig, scheinen sie doch eine Art cineastische „Antike“ auszudrücken. 

Noch schlimmer als die Gewänder der Männer sind die weiblichen Kostüme, da diese noch stärker den Modeerwartungen des Publikums unterworfen sind. Die superteuren Monumentalfilme waren und sind Abbilder der aktuellen Mode. Sie spiegeln wider, was gerade „in“ ist und projizieren dies auf die ferne Vergangenheit zurück. So sagen die Frauenkostüme meist mehr über die aktuelle Mode und unsere Gegenwart aus als über die Antike. Aufgrund des Dekors und der weiblichen Kostüme kann ein Monumentalfilm meist recht genau auf seine Entstehung datiert werden (Junkelmann 2004, 124). Das Publikum wird von den Produzenten scheinbar für reichlich ignorant gehalten. Zumindest wurde früher die Meinung vertreten: „Würde plötzlich ein Historienfilm herauskommen, der die Frauen in der für die fragliche Periode korrekten Aufmachung zeigen würde, wäre der Schock für den Uneingeweihten groß. Fans wären entsetzt über das Aussehen ihres Lieblingsstars.“ (Junkelmann 2004, 124). Das mag für die Vergangenheit vielleicht mehrheitlich zutreffen, doch gilt das auch für heute?

Bette Davis opferte bereits 1939 die Modeerwartung der Zeit für die korrekte Darstellung von Königin Elisabeth I.  und ließ sich mit eingeschnürter Brust, hochrasierter Stirn und weiß geschminkter Haut zurechtmachen – zum Entsetzen der Filmbosse. Die Kritik und das Publikum hingegen lobten diese historisch getreue Darstellung.

Im Antikenfilm hat die Wende erst vor wenigen Jahren eingesetzt und dies gilt besonders für den Ägyptenfilm.

Das orientalische Bauchtanzkostüm gehört dazu. Es wurde im Westen erfunden als dekadentes Kostüm des Orients. Via Hollywood fand es den Weg in den Nahen Osten, wurde dort zum Cabaret-Kostüm des orientalischen Tanzes wirkt so erneut auf die westliche Vorstellung zurück (Junkelmann 2004, 126). Cleopatra-Verfilmungen spielten dabei eine entscheidende Rolle. Theda Bara im Film Cleopatra von 1917 scheint den entscheidenden Einfluss auf diesen Kostümtyp ausgelöst zu haben. Der Look ist folgendermaßen aufgebaut: Ein Büstenhalter, kombiniert mit einem niedriggeschlungenen Gazerock mit Seitenschlitzen und, entscheidend wichtig, einem entblößten Torso. Dieses Kostüm wurde von den arabischen Tänzerinnen ab den 1920er Jahren praktisch eins zu eins übernommen. Das Kostüm soll Glamour und dekadente Sinnlichkeit des Orients ausdrücken. Ob die historische Kleopatra je so etwas getragen hat, ist für die Bildsprache des Monumentalfilms unerheblich. Noch unhistorischer bei Ägyptenfilmen sind die Frisuren und das Makeup der meisten Frauenkostümierungen. Eine löbliche Ausnahme stellt eigentlich nur der Film Faraon von 1966 dar.

Doch springen wir zunächst in der Zeit zurück in die Geburtsstunde des Kinos:

[1] https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/m:monumentalfilm-3360

Die Entstehung des Films und des Genres

Der Monumentalfilm entstand schon sehr bald nachdem die Bilder laufen lernten. Der französische Erfinder Léon Guillaume Bouly hatte bereits 1892 einen Cinématographe-Apparat zum Patent angemeldet (es erhielt das französische Staatspatent Nr. 219'350). Der Erfindung wurde das Patentrecht zum Verhängnis, denn im Jahr 1894 wurde die Jahresgebühr nicht bezahlt und die Erfindung war nicht mehr geschützt. 1895 konnten daher die Gebrüder Lumière ihren „Domitor“, den sie später in „Cinématographe“ umbenannten, zum Patent anmelden. Er funktionierte ähnlich wie der Apparat von Bouly. Die erste private Vorführung fand am 22. März 1895 und die erste öffentliche am 28. Dezember 1895 statt. Damit war die Welt in Zeitalter des Films angekommen. Zu den neun Musen der Kunst, Κλειώ (Kleio), die Geschichtsschreibung; Εὐτέρπη (Euterpe), die Lyrik; Μελπομένη (Melpomene), die Tragödie; Ἐρατώ (Erato), die Liebesdichtung; Τερψιχόρη (Tepsychore), Chor und Tanz; Οὐρανία (Urania), die Astronomie; Θάλεια (Thaleia), die Komödie; Πολύμνια (Polyhymnia), der Gesang; Καλλιόπη (Kalliope), die Epik und Rhetorik, Philosophie und Wissenschaft) kam nun die sehr spät nachgeborene Κινηματογραφία „Kinematogaphia“. Manchmal werden auch die Kleinkunst und das Kabarett als „leichte zehnte Muse“ bezeichnet. Die Κινηματογραφία, noch immer jung, klaut und kopiert von ihren älteren Schwestern ganz ungehemmt, wie die Analyse des ägyptischen Monumentalfilms zeigen wird.

Die Gebrüder Lumière hatten einen bahnbrechenden Erfolg mit ihren Vorführungen, welche sie auch an Jahrmarktbetreiber verkauften, doch die Nachfrage konnte nicht genügend befriedigt werden und so verkauften sie 1905 das Patent an die Firma Pathé Frères. Diese brachten 1908 eine erste professionelle Filmkamera namens Pathé industriel heraus. Zunächst war der Cinématographe von den Brüdern Lumière nur als Ergänzung zur Photographie gedacht und sollte historische Ereignisse dokumentieren. Georges Méliès, ein französischer Theaterbesitzer und Illusionist erkannte das erzählerische Potential des neuen Mediums und drehte bereits 1899 mit Cléopâtre einen ersten Kurzfilm, in welchem das Alte Ägypten vorkam.

Mit dem Stoptrick konnte die Kunst der neuen Muse plötzlich Dinge realisieren, die dem Theater unmöglich waren. Beim Stoptrick wird eine Einstellung aufgenommen und dann die Kamera gestoppt. Nun konnte etwas im Bild verändert werden (ein Objekt entfernen oder hinzufügen) und dann wurde weitergedreht. Damit konnten Zaubertricks auf einfache Weise realisiert werden. Bereits 1895 drehte Alfred Clark den Historienfilm „The Execution of Mary Stuart“ mit einer Lauflänge von 15 Sekunden. Der Henker hob das Beil, nachdem Maria Stuart ihren Kopf auf den Block gelegt hatte. Dann stoppe Clark die Kamera und man tauschte gegen eine Puppe aus, die dann beim Weiterlaufen der Kamera geköpft wurde. Mit dem Filmschnitt entstand der Eindruck einer echten Enthauptung.[1] Damit war die Tricktechnik geboren. Méliès nutzte diese Art Tricks in der Folge intensiv. Mit der „Reise zum Mond“ gelang ihm ein frühes Meisterwerk der Tricktechnik und einer der ersten Filme, die heute als „Science-Fiction“ bezeichnet werden. In mancher Hinsicht blieb Méliès aber noch den Regeln des Theaters verpflichtet, denn er filmte weitgehend in der Totalen, also der Aufnahme des ganzen Szenenfeldes, so wie ein Zuschauer im Theater ein Bühnenstück erlebt. Weil Méliès sehr viele Filme produzierte, machte er diesen Stil zunächst zur gängigen Praxis, wie Filme gedreht und erlebt wurden.

Der Bühnenstück-Film wurde bereits 1902 ein erstes Mal durchbrochen als Arthur Melbourne-Cooper den Film „The Little Doctor“ drehte und dabei eine Nahaufnahme einer Katze gezeigt wurde. Damit wurde der Film erzählend, variierte in Perspektive und Bildgröße und daraus entstand eine eigene Filmsprache.

Unter Filmsprache versteht man die Ausdrucksmittel, welche die Filmkunst einsetzen kann, um dem Zuschauer einen Inhalt zu vermitteln, sowohl auf visueller, als auch auf akustischer Ebene. Es ist eine eigene Sprache, welche aber nicht auf einem Sprachsystem mit Grammatik und Vokabular beruht, sondern bekannte soziale Codes und Zeichen stimuliert. Die Montage, die Abfolge der Einstellungen erzählt den zuschauenden Personen die Geschichte. Die Codes ergeben sich aus der Allgemeinkultur und ihr Zusammenspiel ruft dann eine Wirkung hervor. Diese kann wie vom Regisseur intendiert oder auch vollkommen anders wahrgenommen werden. Die Analyse dieser Codes ermöglicht es auch, den Film wissenschaftlich zu analysieren. Die Codes entstehen aus der Bildebene (was wird gezeigt, wie und wie groß, Belichtung, Szenenbild und Kostüme) und der Tonebene (Geräusche, Sprache, Musik) und ihre Verbindung mit der Bildebene. Zudem ist entscheidend, aus welcher Perspektive eine Geschichte erzählt wird und wie die Zeitebenen ablaufen.

Als entscheidend Wichtiger Impuls für die Erzählung im Film gilt „Der grosse Eisenbahnraub“ von 1903. Gedreht von Edwin S. Porter erzählt er in 12 Minuten den ersten Western der Filmgeschichte mit einem Überfall auf einen Zug, die Flucht und ein Showdown.

Die Kinematographie und die Monumentalgeschichten waren regelrecht für einander geschaffen – Das perfekte Paar. Bereits im Jahr 1912 erschien ein Monumentalfilm namens Cleopatra, von dem 87 Minuten erhalten sind (der gesamte Film).

Noch immer waren die Filme stumm, in den neu entstandenen Kinosälen konnten die Filme aber musikalisch untermalt werden. Zunächst gab es aber auch keine eigentliche Filmmusik. Nachdem zunächst oft Live-Musik mit einem Klavier gespielt wurde, kam bald der sogenannte Photoplayer, ein selbstspielendes Klavier, bei dem auch Geräuscheffekte ausgelöst werden konnten.

Typisch für die Stummfilme sind die Zwischentitel mit sehr kurzen Erklärungen oder wichtigen Dialogen, um die Handlung bei Bedarf verständlich zu machen. Ein Großteil der Handlung und der Emotionen der Hauptfiguren wurde ausschließlich visuell kommuniziert. Folglich sind Stummfilme sehr körperbetont, die Gestik und Mimik der Darsteller wirkt heute oft pathetisch und übertrieben. Für die internationale Verbreitung waren Stummfilme regelrecht ideal: Jeder verstand die Handlung und die Zwischentitel waren preiswert in andere Sprachen übersetzbar.

Nicht nur die USA, sondern auch Italien wurde ab 1912 in der Produktion von Monumentalfilmen führend. Zeitweise war Italien sogar an der Spitze mit den Filmen „Der Fall von Troja“, „Quo Vadis“ von 1913 und „Cabiria“ (1914). Nun wurden Massenszenen mit tausenden von Statisten und aufwendigen Kulissen eingesetzt. Quo Vadis wurde auch sehr erfolgreich in die USA exportiert und galt eine Zeitlang als das größte Meisterwerk der Welt.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/The_Execution_of_Mary_Stuart

Entscheidende filmische Innovationen

Entscheidende technische Innovationen und der Trend zum hochwertigen Monumentalfilm wurden 1915 in den USA geschaffen. Bedauerlicherweise ist der Film „Birth of a Nation“ (Die Geburt einer Nation) vom Inhalt her ein unerträglich rassistischer Film, welcher die Überlegenheit der weißen Rasse unverhohlen propagandierte (Die Rollen von Schwarzafrikanern wurden von weißen Schauspielern mit angemalten Gesichtern gespielt, übelstes Blackfacing). Die mit grossem Aufwand produzierten Kampfszenen und technischen Effekte inklusive einer Farbsequenz am Ende des Films haben der Filmkunst aber die Inspiration gegeben, welche im Monumentalfilm der nachfolgenden Jahrzehnte voll zur Geltung kamen. Der Film war zudem die erste bedeutende Filmproduktion aus Hollywood. Zuvor hatte die amerikanische Ostküste die Filmindustrie der USA dominiert.

Ab den 1920 Jahren erschienen zahlreiche Monumentalfilme, die immer neue Höhepunkte setzten. Der Monumentalfilm war ein Hauptmotor für die technologische Innovation im Film.

Um 1927 begann langsam die Ablösung der Stummfilme durch den zunächst als „Talkie“ (Sprechfilm) genannten neuen Filmstandard. Das Lichttonverfahren kombinierte die Film- und Tonspur. Der Übergang dauerte aber rund 10 Jahre. Es gab eine Zeitlang auch hybride Filme, die nur teilweise Dialogpassagen aufwiesen. Weil viele Kinos noch nicht für den neuen Tonfilm ausgerüstet waren, gab es manchmal noch eine Stummfilm-Variante zum Tonfilm. Heute sind leider viele Stummfilme verloren, Experten gehen von einem Verlust von 80-90% aller Stummfilme aus, weil das Zellulosenitrat des Films nach langer Lagerung zur Selbstzersetzung neigt und ab den 1920er Jahren in den USA viele Filme auch zerstört wurden, um das Silber zurückzugewinnen. Besonders Filme vor dem 1. Weltkrieg sind oft verloren, da sie als nicht erhaltungswürdig galten. Ab den 1970er Jahren hat diesbezüglich ein Umdenken stattgefunden. Denn genau diese frühen Filme haben die Grundlagen geschaffen, auf denen die Filmkunst entwickelt wurde. 

Farbig und Breitbild: technologisch führend

Noch früher als mit dem Tonfilm wurde mit Farbfilmsequenzen experimentiert. Der Farbfilm begann Ende des 19. Jahrhunderts mit der aufwendigen nachträglichen Kolorierung von Schwarzweißbildern. Zudem gab es die Kunst des Viragierens, dem Einfärben einzelner Szenen mit einer einzigen Farbe, wobei diese Tönung damals als filmischer Code eine bestimmte dramaturgische Bedeutung besaß:

Gelb (Bernstein) stand für den Tag und sonnige Außenszenen

Blau: Außenaufnahmen in der Nacht

Sepia: Innenaufnahme, die in der Nacht spielt

Orange: Szenen bei Kerzenschein

Rosa für den friedlichen Gemütszustand und Freude

Violett als dramatische Nachtszene

Rot für Liebe und Gewalt

Grün für Magie und Geheimnis

Heute versteht kaum noch ein Zuschauer diese Farbcodes der frühen Filme, da man bald versuchte alle Grundfarben zu nutzen. Der erste Kinofilm, der alle drei Farben nutze und abendfüllend war, ist „Becky Sharp“ von 1935. Er wurde von Rouben Mamoulian gedreht, einem Mann der später in den 1960er Jahren Cleopatra zu drehen beginnen sollte. Unmittelbar danach folgte eine Reihe von Farbfilmen wie Walt Disneys Zeichentrickfilm „Schneewittchen und die Sieben Zwerge“ (1937), oder „Robin Hood“ (1938) und der „Zauberer von Oz“ (1939) und in epischer Länge „Vom Winde verweht“ (1939). Dennoch wurde bis weit in die 1960er Jahre hinein oft noch in Schwarzweiß gefilmt.

Die Monumentalfilme wurden wegen ihrer ohnehin hohen Kosten bald auf Farbfilm und auch auf Cinemascope-Breitleinwand umgestellt. Die Umstellung der 35mm Filme auf dieses Verfahren war dabei nicht sehr teuer und setzte sich daher schnell durch. Der Monumentalfilm „Das Gewand“ (The Robe) von 1953 war der erste abendfüllende Cinemascopefilm.

Der Filmproduzent Michael Todd führte 1955 das Todd-AO (AO für American Optical) ein, ein Verfahren für 70mm Breitwandfilme mit besserer Filmqualität. Weil Todd mit Elizabeth Taylor verheiratet gewesen war, führte dies dazu, dass Cleopatra von 1963 in Todd-AO gedreht wurde.

Technisch gesehen waren die Monumentalfilme in jedem Aspekt führend. Bezüglich der Story und des vermittelten Gesellschaftsbildes orientierten sie sich bewusst am damals üblichen Mainstream, denn nur ein bei der breiten Bevölkerung akzeptierter Monumentalfilm hatte (und hat noch heute) die Chance auf kommerziellen Erfolg.  Daher bedienen Monumentalfilme extreme Stereotypen, die zum Teil ans Peinliche grenzen. Der Römer ist dargestellt als „ultramännlich“ und sexy in seiner Gewalttätigkeit. Die gezeigte Heterosexualität ist dabei zum Teil so übersteigert, dass sie nach Meinung einiger Kritiker ungewollt ins Gegenteil umschlägt (Junkelmann 2004, 134). Die heidnische Antike wird ohnehin als zügelloser, heidnischer Pfuhl von Dekadenz, Perversion und Sadismus gezeichnet. Das Alte Rom ist ein Tummelfeld für „sadistische Kaiser, laszive und gleichfalls sadistische Kaiserinnen, machohaft brutale Soldaten, zynische Höflinge, mannstolle Salonlöwinnen, muskelstrotzende, hirnlose Gladiatoren, halbnackte Sklavinnen… und einem sensationslüsternen Mob. Dazwischen tummeln sich dann als Kontrastprogramm aufrechte Republikaner, pflichtgetreue, mit ihren Gewissen ringende Soldaten, rebellische Sklaven und friedfertige Christen.“ (Junkelmann 2004, 137). Bis vor dem 2. Weltkrieg kamen auch im klassischen Römerfilm die lasziven Badeszenen römischer Kaiserinnen vor. Danach werden sie nur noch im dekadenten Orient angesiedelt und werden somit typisch für das Ägyptensetting in Cleopatra.

Den Ägypten-Monumentalfilmen fehlen dafür andere, für das Monumentalfilm typische Elemente, wie die Gladiatorenkämpfe und Wagenrennen. Dies gibt dem Ägyptenfilm die Chance, mit Handlung und klugen Dialogen zu glänzen, was im Film Cleopatra von 1963 über weite Partien gelang, obschon der Film aus Kostengründen stark gekürzt wurde. 

Der Niedergang des klassischen Monumentalfilms

Monumentalfilme sind hoffnungslos amerikanisch in ihrem Streben nach „Better and Bigger“ (Junkelmann 2004, 105). Nur die USA waren wahrhaftig in der Lage, die Größe Roms und den Glanz Ägyptens auf die grosse Leinwand zu bringen. In der Mitte der 1960er Jahre sollte der Science-Fiction Film den Monumentalfilm als teuerste Filmgattung ablösen – aber im Grunde sind Star Wars und Co. dasselbe Material, einfach in eine ferne Galaxie projiziert, mit einem bösen Imperium, einem diabolischen Kaiser, Stormtroopers statt Legionären… (Junkelmann 2004, 114). Die Mainstreamtauglichkeit setzte den Story-Plots auch irgendwann die Grenzen, wo nichts mehr Neues kommen konnte. Die großen Studios rivalisierten zudem untereinander um die Gunst des Publikums und viele Epics wurden gleichzeitig produziert (beispielsweise in der Mitte der 50er Jahre zeitweise parallel gedrehte Monumentalfilme „The Ten Commandments“ gegen „The Egyptian“).

Ein weiterer Grund für den Niedergang wird auch in der Säkularisierung der Themen gesehen. Waren es anfangs der Plot mit Christen/Hebräern gegen Rom/Ägypten, zu dem 1959 gerade noch Ben Hur gehörte, so wurde ab 1960 mit Spartacus die Säkularisierung eingeleitet. Anstelle von – vereinfacht und stereotypisiert USA/Christen gegen UdSSR/Rom – kämpfte nun die republikanische gegen die imperiale Idee von Rom. Dieser ideologische Bürgerkrieg war für den Zuschauer letztlich beunruhigend (Junkelmann 2004, 108). Die Monumentalfilme klassischen Zuschnitts profitieren somit von einer ideologisch aufgeladenen Konfrontation der Systeme und schwanden mit der Abschwächung derselben.

Die dritte Phase der Monumentalfilme

Nach der Stummfilmphase und der Goldenen Epoche der 50er und 60er Jahre sind wir heute in der dritten Phase: In den 1990er Jahren erlebten die Epics eine Neubelebung, wenngleich mit neuen Geschichten: „Der Englische Patient“ (1996) gewann 9 Oskars, „Titanic“ von 1997 konnte sogar 11 Oskars gewinnen.

Es folgten im neuen Jahrtausend „Gladiator“ (2000) und „Der Herr der Ringe (2001-2003) in drei Teilen, „Troja“ (2004) und „Alexander“ (2004). Der Film „Alexander“ kam bei den Filmkritikern sehr schlecht an, wird aber von Historikern wegen der vielen historisch akkuraten Details gelobt. Der einzige erwähnenswerte Monumentalfilm mit ägyptischem Setting war „Exodus: Götter und Könige“ (2014). Der Film ist jedoch in vieler Hinsicht verunglückt und schwach. In Ägypten wurde der Film sogar verboten (Awford 2014). 

Wie man es schlecht machen kann

Noch immer gilt das bekannte Zitat von Charlton Heston:

„Es gibt eine verlockend einfache Definition für den Monumentalfilm: es ist die Art von Film, die man am einfachsten schlecht machen kann.“ (Pasch 2014).

Die Monumentalfilme sind eine Herausforderung an die Produzenten. Sie benötigen intensive Recherchen und meist den kompletten Nachbau der meisten Architekturelemente, da die antiken Ruinen meistens nicht verwendet werden können (und aus denkmalpflegerischen Gründen auch nicht dürfen). Wissenslücken in der Ausstattung seitens der Forschung muss die Ausstattung des Films irgendwie füllen. So sind die ägyptologischen Kenntnisse von Palastanlagen im Alten Ägypten eher rudimentär. Am besten dürfte es mit dem Palast von Malqata in Theben-West aus der Zeit von Amenhotep III. aussehen. Zudem müssen die Schauspieler in ihrer Leistung hervorragend sein, sonst stürzt der Monumentalfilm schnell ab.

Auch wenn ein Film historisch akkurat ist und die Ausstattung nicht das Missfallen der Historiker erregt, kann er noch immer wegen schwacher Dramaturgie und unzureichender Kreativität beim Publikum durchfallen. Es gilt für den Regisseur somit, die richtige Balance zwischen der wirksamen Dramaturgie und der historischen Genauigkeit zu finden (Pasch 2014).

Besonders gefährdet sind Bibelfilme, da die Zuschauer die Handlung bereits kennen (Spannungsmangel) und sich schnell an Vereinfachungen oder Fehlern stören (Blasphemie). Oft liegt das Problem schon bei der Drehbuchvorlage, welche zahlreiche historische Probleme enthält. Lew Wallace historischer Roman „Ben Hur – A Tale of Christ“ von 1880 ist ein typisches Beispiel dafür. Interessanterweise war die erste Verfilmung von Ben Hur (1907) mit einer Spieldauer von 15 Minuten zu einem Präzedenzfall eines verlorenen Urheberrechtsprozesses. Damit galten auch die Urheberrechte im neuen Medium Film und der Beruf des Drehbuchautors entstand in der Folge.

Das Feigenblatt namens Berater

Monumentalfilme wurden oft nicht nur als «teuerster Film» und «großartiges Spektakel» verkauft, sondern auch als «epochaler Aufwand bei der historischen Recherche» (Junkelmann 2004, 49). Es wird in der Bewerbung für die Filme zum Teil behauptet, dass zehntausende Bücher, tausende Photos, Gemälde und weiteres konsultiert wurden. Seltsamerweise führen die Filme dann doch massenhaft Ausstattungsfehler vor. Oft fehlt es dem Filmteam am historischen Hintergrundswissen und der Sensibilisierung der chronologischen Entwicklung der Objekte. Dies kann dann zu getreuen Nachbauten von Rüstungen und Helmen führen, welche aber chronologisch total falsch sind. So kann man im Film «Spartacus» (1961) in der Anfangsszene einen Römer mit dem Italic H Helm (Niedermörmter) sehen. Der Helm ist gut gemacht, nur leider wurde dieser Typ erst in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts nach Christus eingeführt – Der Aufstand des Spartacus fand aber 73-71 vor Christus statt. Korrekterweise sollte ein republikanischer Montefortino-Helm aus Bronze getragen werden.

Daher muss man vermuten, die Rechercheschlacht ist eine Alibi-Übung für das Publikum, welches die unhistorischen Details schlucken soll. Oft wird eine Produktionsbibel erstellt, die dann als Vorlage an die Kostüm- und Set-Abteilungen geht. Hier besteht die Gefahr, dass chronologisch unkorrekte Bilder und schlimmstenfalls historische Gemälde späterer Epochen ein falsches Bild vermitteln. Auch wenn historische Berater beigezogen werden, wird deren Rat oft ignoriert. Wie problematisch das Verhältnis von Historiker mit dem Anspruch auf geschichtliche Treue und den Wünschen des Regisseurs nach publikumswirksamen Szenen sein kann zeigt ein Blick in die goldenen Jahre des Monumentalfilms. So ist von Noël Howard, welcher Howard Hawks beim ägyptischen Epos «Land of the Pharaohs» (1955) beriet, folgende Episode belegt: Die Produktion plante für den Film 30 Streitwagen herzustellen und Pferde in Ägypten zu kaufen. Weil der Film im Alten Reich spielen sollte, intervenierte Noël Howard: «Es tut mir leid, glaubt es mir, aber in der Epoche, in der die Pharaonen noch Pyramiden bauten, gab es keine Pferde in Ägypten… Ohne Zweifel, derjenige, der die Katastrophe von Pearl Harbour meldet, kann keine grössere Konsternation auslösen. Howard Hawks blickt mich lange an, sein Blick blau-blaß, eine Mischung aus Ungläubigkeit und einer endlosen Trauer. Er hat den Ausdruck eines Kindes, dem man dabei ist all seine Spielsachen wegzunehmen. Endlich, ganz kleinlaut, fast ängstlich fragt er mich: ‘Kamele?’ Ich bin gebrochen: ‘Keine Kamele.’… ‘Ich schlage Dir einen Handel vor. Ich gebe die Pferde auf. Aber, Noël, um Gottes Willen, laß mir die Kamele!»