Honigkuchenprinz - Eni Lu - E-Book

Honigkuchenprinz E-Book

Eni Lu

4,8

Beschreibung

Lindas Leben ist von Routine geprägt. Seit sie von ihrer vermeintlich großen Liebe verlassen wurde, kommt sie aus dem Trott nicht mehr raus. Was auch immer ihre beste Freundin Helena versucht, um sie in das Leben zurückzuholen, was eine 26-Jährige in einer großen Stadt führen sollte, misslingt. Einzig dieses kribbeln, dass sie immer spürt, wenn er in der Nähe ist, lässt sie kurz alles vergessen ... Enthält explizit beschriebene Liebesszenen.

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„Liebe ist nicht das Kribbeln im Bauch bei dem Gedanken an Dich. Sie ist auch nicht die Gänsehaut, wenn Du mich zärtlich berührst. Liebe ist die Gewissheit, dass wir beide uns unsere Seelen anvertrauen und damit umgehen, als wäre es die eigene!“

- Holger Langer

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Epilog

Danksagung

Über die Autorin

One-Way-Ticket

Kapitel 1

Linda

Ein Tag wie jeder andere. Seit zwei Jahren ist die Routine in meinem Leben kaum auszuhalten.

Aufstehen, Kaffee, Kippe.

Duschen, anziehen, schminken.

Arbeiten, zwischendurch rauchen, Kaffee und genau zwei Brötchen; eins mit Käse, eins mit Erdbeermarmelade.

Kurz in den Supermarkt, nach Hause, kochen, spülen, Kippe und Couch. Ich rauche zu viel und unternehme zu wenig.

Vor zwei Jahren hat mich meine Liebe verlassen, für eine dürre Schlampe. Ja, genau das ist sie, eine dürre Schlampe namens Mira. Keine Titten, keinen Arsch, aber dafür Geld wie Heu, dank reichem Daddy.

Marius und ich waren sieben lange Jahre zusammen, er war die erste große Liebe, meine erste große Liebe und hat all das an einem Tag weggeschmissen. Dieser Tag ist heute genau zwei Jahre her und ich weiß, was heute Abend passieren wird. Meine beste Freundin Helena wird vor der Tür stehen, bepackt mit Schokolade, Wodka und hoffentlich ohne ihren Freund Felix. So gern ich ihn habe, heute Abend brauche ich geballte Frauenpower. So war es auch letztes Jahr an diesem Tag, nur mit Korn, den wir aber dank Übelkeit und Kopfschmerzen seitdem nicht mehr angerührt haben. Dazu gab es >P.S. Ich liebe dich< und ziemlich viel Heulerei. Er hat mich gebrochen. Ich stand an der Klippe, er hat mich geschubst. Helena hat mich aufgefangen, wie schon so oft in meinem Leben. Sie ist ein wahrer Engel, ihr Charakter ist einzigartig, genau wie ihre Verrücktheit. Sie ist genau einen Tag älter als ich, fast einen Kopf größer, hat kurze, fast weiße Haare und immer ein Lächeln auf den Lippen. Zudem hat sie einen wunderbaren Freund, ein eigenes Haus und einen sicheren Job als Grundschullehrerin. Sie hat all das, was ich mir wünsche und was habe ich? Zu wenig Alkohol im Haus!

„Du siehst scheiße aus.“

„Ich sehe aus, wie ich mich fühle.“

„Dann lass uns dich mal schön saufen.“

Ich liebe diese Frau. Wir waren schon immer ehrlich zueinander, unser Erfolgsrezept dieser besonderen Freundschaft. Wir kennen uns schon fast ein Leben lang, sie ist meine Schwester von einer anderen Mutter, obwohl sie meine Eltern mit Mama und Papa anspricht, genauso wie ich ihre. Als wir 3 Jahre alt waren, haben sich unsere Eltern im Kindergarten kennengelernt und wir haben uns in diesem Moment lieben gelernt. Seitdem sind wir unzertrennlich, schon wahnsinnige 23 Jahre lang. Und wenn ich wahnsinnig sage, dann meine ich das auch so. Unsere Eltern hatten es keineswegs leicht mit uns, sodass sie ziemlich froh waren, als wir mit 19 Jahren zusammen in die Stadt gezogen sind. Die kleinen Dorfkinder in the big City, sie zog zu Felix in seine Wohnung mitten in der Stadt, Marius und ich hatten eine kleine Wohnung am Stadtrand. Hatten. Als er gegangen ist, konnte ich mir die Wohnung nicht mehr leisten und musste mir eine neue suchen. Dank Felix, dem Immobilienmakler meines Vertrauens (zudem noch der Einzige den ich kenne), ging es relativ schnell und nun habe ich eine kleine 2-Zimmer-Wohnung mitten in der Stadt. Gerade genug zum Leben, dafür bezahlbar, trotz der Lage.

„Hast du schon einen Film ausgesucht?“, dank der heutigen Technik ist zum Glück kein Besuch in der Videothek mehr nötig, was mir bei diesem Regen ganz recht ist.

„Noch nicht, such du einen aus, Fernbedienung liegt auf dem Fernseher.“

„Wieso, in Gottes Namen, legst du die Fernbedienung immer auf den Fernseher?“, jetzt ging das schon wieder los.

„Damit du doof fragen kannst!“

„Linda Hennings, du bist wirklich einzigartig!“

Vielleicht bin ich das. Ich liebe die Ordnung, aber bin pures Chaos. Ich liebe den Mond, aber hasse die Nacht. Ich liebe Katzen und mag keine Hunde, dafür lieben mich Hunde und Katzen meiden mich. Von Bananen wird mir schlecht und bei dem Geruch von Äpfeln muss ich niesen. Mein linkes Auge ist mehr braun als grün und mein rechtes Auge ist mehr grün als braun. Der Effekt ist extrem, daher können sich die meisten Menschen bei Gesprächen nicht entscheiden, in welches Auge sie gucken sollen. Alles in allem bin ich wohl eher eigenartig, als einzigartig. Naja, Hauptsache artig!

„Hast du dir das mit Samstag schon überlegt? Ich weiß, >Mimimi, ich geh nicht auf Partys, Mimini ich will keine neuen Bekanntschaften machen, Mimimi ich hasse Menschen< aber du musst mit! Maggie und Finn kommen auch, das wird lustig! Und ich verspreche dir: kein Verkuppeln!“

„Als würdest du dich daran halten, außerdem, weißt du eigentlich wie anstrengend es ist mit zwei Pärchen auf eine beschissene Party zu gehen? Euch bekommt man mit ´ner Kettensäge nicht auseinander und Maggie und Finn sind nicht besser. Nein, danke!“

„Lindi, bitte! Außerdem bringt Finn noch seinen Cousin mit.“ War ja klar.

„Wie war das gerade noch mit >kein Verkuppeln<?“

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst!“

Typisch. Der Rest des Abends wurde nicht mehr viel ereignisreicher, der Film war zu schön, die Schokolade zu lecker und der Wodka zu viel. Betrunken, dafür glücklich ging ich viel zu spät ins Bett und konnte es nicht abwarten, am nächsten Tag mit einem dicken Kater zu arbeiten.

>Es ist 06:00 Uhr früh, es wird ein sonniger Donnerstag. Wir wünschen allen einen wunderschönen Tag mit dem neuen Song von Justin Bi…<, und schon lag der Radiowecker auf dem Boden.

„Leckt mich mit eurer guten Laune am Morgen, das hält ja kein Mensch aus!“

Da war er, der Kater! Die Kopfschmerzen lagen auf einer Skala von 1 bis 10 ungefähr bei 12. Wenn mir das Aufstehen sonst keine Probleme bereitet, heute hatte ich das Gefühl, mit drei Spanngurten am Bett gefesselt zu sein. Aber was muss, das muss und los geht die täglich Routine.

Schon beim Zähneputzen kam die erste SMS:

Helena: Ich. Bin. Tot!

Linda: Tote können nicht texten!

Helena: Dann bin ich eben eine lebendige Tote!

Linda: Nächstes Jahr gibt es nur warme Milch mit Honig.

Helena: Du glaubst doch nicht, dass du dem Wichser nächstes Jahr noch immer hinterher trauerst?

Linda: Momentan sehe ich keine Besserung.

Helena: Lindi, du brauchst dringend ´nen Neuen! Das geht so nicht weiter! Du bist jung, hübsch und intelligent! Jeder Mann hätte gerne eine Frau wie dich an der Seite!

Linda: Ich brauche aber keinen Mann! Diskussion beendet!

Helena: Dann lass dich doch wenigstens mal durchvögeln! Vielleicht ist ein One-Night-Stand genau das, was du brauchst! Du hattest erst einen Mann in deinem Leben, du musst einfach mal was Neues ausprobieren und schon denkst du nie wieder an dieses Arschloch!

Linda: DISKUSSION BEENDET!

Linda: Außerdem habe ich verlernt, wie das geht. Jungfrau 2.0! Und jetzt ab mit dir in den Unterricht und sei ein gutes Vorbild, du Schnapsdrossel!

Helena: Wir finden schon einen für dich. Entjungferung 2.0! Und zwar Samstag! Keine Ausreden!

Vielleicht hat sie recht, aber die Angst noch mal so verletzt zu werden ist einfach viel zu groß.

Auf dem Weg zur Arbeit halte ich an der kleinen Bäckerei >Honigkuchen< an, wie jeden Morgen, um meine Brötchen und einen Kaffee zu holen. Selbst hier bietet sich jeden Tag dasselbe Bild: in der Schlange vor mir stehen zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, mit riesigen Schulranzen. Die Mutter sitzt draußen im Auto und wartet. Hinter mir steht ein genervter Vater, dessen Kinder im Auto sitzen. Und auf einmal geht die Tür auf. Noch bevor ich ihn sehe, fühle ich schon das Kribbeln im Nacken, welches mir seine Anwesenheit schon vor Blickkontakt bestätigt. Jeden Morgen aufs Neue frage ich mich, wie schön ein Mensch sein kann. Er ist groß, hat kurze braune Haare, volle dunkle Augenbrauen, die dunkelsten Augen die ich je gesehen habe und ein Lächeln, das nicht von dieser Welt ist. In seinem schwarzen Anzug sieht er zum Anbeißen aus. Ein wahrer Traummann und bestimmt ein Arschloch. Genau wie Marius.

„Einen wunderschönen guten Morgen, Linda. Ein Brötchen mit Käse, eins mit Marmelade und einen Kaffee?“, die Besitzerin der kleinen Bäckerei erinnert mich an meine Großmutter. Klein, pummelig, graue Haare und immer dieses besondere Lächeln auf den Lippen, dass einen nur noch an das Gute glauben lässt.

„Guten Morgen, Rosi. Mach heute bitte einen doppelten.“

„Oh, Kindchen. Hast du schlecht geschlafen? Möchtest du drüber reden?“

„Nein, alles gut. Mach dir keine Sorgen. Bei Vollmond finde ich nie viel Schlaf!“, und das ist noch nicht mal gelogen.

„Na gut, das macht dann 5,75 €!“

Während ich vergebens nach meinem Portemonnaie suche, verdammter Wodka, kann ich den nervösen Vater hinter mir schon auf die Uhr tippen hören.

„Rosi, ich habe mein Portemonnaie Zuhause vergessen. Kann ich dir das Geld morgen mitbringen?“

„Kein Problem, Kindchen. Ich wünsche dir einen erfolgreichen Tag!“

„Du bist die Beste! Danke und bis morgen!“

Und jetzt kommt er, der schönste Moment am ganzen Tag. Ich gehe an ihm vorbei! Mit seiner unglaublich dunklen Stimme, die mir einmal durch den kompletten Körper zieht und genau in meinem Unterleib endet, diesem unglaublich männlichen Duft und diesem Lächeln, diesem 5-Millionen-Euro-Honigkuchenpferd-Lächeln schenkt er mir ein >guten Morgen<. Jesus!

„Guten Morgen“, meine Stimme klingt nach genau der Nacht, die ich hinter mir habe. Fuck!

Ich war selten so glücklich über die Tatsache, dass ich ein eigenes Büro habe. Es ist zwar genau das neben dem Chef, aber wir verstehen uns sehr gut, sind ein eingespieltes Team. Seid nun 8 Jahren arbeite ich in dieser Firma und bin mittlerweile Chefsekretärin, was mir Spaß macht und ziemlich viele Vorzüge bringt. Immerhin sitze ich direkt an der Quelle und habe sogar Mitspracherecht. Mein Büro besteht aus einem großen Schreibtisch mit einem bequemen Sessel, zwei Aktenschränken, einem kleinen Sofa mit Tisch und einer Garderobe.

„Guten Morgen, Frau Hennings! Wie geht es Ihnen heute?“

„Mir geht’s gut und Ihnen, Herr Bertels? Haben Sie das Spiel gestern gewonnen?“, mein Chef ist ein leidenschaftlicher Tennisspieler und nimmt sich jeden Mittwoch früher frei, um seinem Hobby nachzugehen.

„Aber natürlich, wie immer! Bringen Sie mir gleich den Bericht von Herr Mauser rein? Und um halb 10 möchte ich gerne alle Mitarbeiter im Besprechungszimmer sehen.“

„Kein Problem! Ist schon so gut wie erledigt!“

Und kurz, nachdem ich auf meinem Platz saß, um die E-Mail für die Mitarbeiterversammlung zu schreiben, spürte ich es wieder, dieses Kribbeln im Nacken. Fast täglich um kurz nach 8 Uhr war es da, als würde genau er hinter mir stehen und das Ganze wiederholt sich meist noch am Mittag. Wie jeden Tag drehe ich mich um, aber hinter mir ist nur die große Fensterwand, die Einblick auf das gegenüberliegende Gebäude bietet. Wie oft habe ich mir schon gedacht, dass er hinter einem der Fenster stehen könnte, aber Fehlanzeige. Jedes Einzelne habe ich beobachtet, er war nie zu sehen. Auch wenn ich keinerlei Interesse an einer Beziehung habe, dieser kleine Moment am Morgen und diese unglaubliche Anziehungskraft, das Kribbeln und die Reaktionen meines Körpers auf seine Stimme erfreuen mich jeden Tag aufs Neue.

Helena: Gott sei Dank! Meine erste Stunde fällt aus, hast du Zeit für Kaffee und Kippe?

Die Schule, in der Helena arbeitet, ist zu Fuß nur ca. 5 Minuten von meinem Büro entfernt. Da sich unsere Pausenzeiten aber leider nicht überschneiden, ist es uns so gut wie nie gegönnt, diese zusammen zu verbringen.

Linda: In 10 Minuten vorm Gebäude, Kaffee hab ich noch!

„Ich hab wirklich gedacht, ich muss sterben! Felix musste mich quasi aus dem Bett treten. Ich trinke nie wieder!“

„Das sagst du jetzt und am Samstag bist du eh wieder voll!“

„Nein, immerhin wirst du dabei sein und mich stoppen!“

„Erstens: ich bin nicht dein Babysitter. Zweitens: keine Ahnung, ob ich überhaupt mitkomme. Drittens: unterrichtest du seit Neuestem auch Biologie?“

„Erstens: das musst du auch nicht sein, ich bin die Ältere. Zweitens: DU.KOMMST.MIT. Drittens: Nein, immer noch Deutsch und Erdkunde, warum?“

„Weil deine Bluse so weit offen ist, dass du auch locker Sexualkunde unterrichten könntest. Am lebenden Modell!“

„Manno, dieser scheiß Knopf ist schon wieder ab. Naja, ich muss eh wieder los.“

Und dann berühren wir mit unseren Zeigefingern die Nasenspitze des anderen. Schon seit wir uns kennen ist das unser Ding und bedeutet so viel wie >ich hab dich lieb<.

Der weitere Tag verlief wie immer, das Meeting war kurz aber fordernd, das Telefon klingelte ununterbrochen und trotzdem habe ich alle Unterlagen bearbeiten können. Im Supermarkt wurde alles für einen Nudelauflauf eingekauft, der dann gekocht, verspeist und genossen wurde. Nach dem Spülen saß ich endlich mit einer Zigarette und einem Glas Weißwein auf dem Sofa. Als mein Handy klingelt, stockte mir erst mal der Atem.

>Marius hat ein neues Foto hochgeladen<

Aus Neugierde, und weil ich wahrscheinlich ein kleiner Masochist bin, öffne ich das Bild natürlich sofort und stehe kurzzeitig unter Schock. Auf dem Bild ist er mit der dürren Schlampe Mira. Darunter steht: >Auf dem Weg zum Flughafen! Thailand, wir kommen!<

Und sofort ist meine Laune noch mehr im Keller. Thailand, das war unser Traumziel. Kurz vor der Trennung war ich noch im Reisebüro um mich zu informieren, ich wollte ihn so gerne mit der Reise überraschen. Und jetzt fliegt er mit ihr dahin. Mit der dürren, reichen, blonden Schlampe! Früher sagte er mir immer, ich wäre die perfekt Frau, von innen und von außen. Scheinbar hat sich innerhalb kürzester Zeit seine Wahrnehmung geändert. Die dürre Schlampe ist das genaue Gegenteil von mir. Sie ist groß, schlank, hat keinen Hintern und wenig Brust, ihre blonden Haare sind verlängert und ihre Fingernägel angeklebt. Ihre Lippen aufgespritzt, die Wimpern unecht und das Make Up wiegt mal mindestens 3 Tonnen. Ich hingegen bin nur 1,66 m groß, habe einen festen, runden Hintern, eine schmale Taille, Körbchengröße 75C, schulterlange braune Haare und bin meistens kaum geschminkt. Alles in allem bin ich zufrieden mit mir und genau aus dem Grund brauche ich keinen Mann, der mir das sagt und mich dabei wahrscheinlich eh nur anlügt. Im Endeffekt landen sie ja doch alle bei diesen plastischen Huren. Bevor ich mich noch weiter aufrege, kippe ich den Wein runter und gehe ins Bett, kuschle mich unter meine Decke und hoffe schnell Schlaf zu finden.

>Es ist 06:00 Uhr früh, es wird ein wolkenloser Freitag. Wir wünschen allen einen wunderschönen Tag, einen tollen Feierabend und einen guten Start ins Wochenende mit dem neuen Song von Nickelb…<, und schon wieder liegt der Wecker auf dem Boden. Zum Glück habe ich damals nicht daran gespart, sonst könnte ich mir wöchentlich einen Neuen kaufen.

„Können die denn nicht EINMAL gute Musik am Morgen spielen?“

Gut, meine Laune hat sich über Nacht nicht viel gebessert, noch immer schwirren Marius und die dürre Schlampe in meinem Kopf rum. Dabei sind sie ja grade in Thailand. Ich könnte kotzen. Auch mein Spiegelbild verrät mir, dass ich diese Nacht genauso wenig Schlaf gefunden habe wie in der Letzten. Zum Glück war dieses Mal nicht der Wodka schuld, so kann ich wenigstens ohne Kopfschmerzen meine morgendliche Routine beginnen. Nachdem ich mich heute mehr herausgeputzt habe als sonst, da ein wichtiger Termin mit einem Kunden ansteht, stelle ich mich für einen letzten Check vor meinen Flurspiegel. Ich kann wirklich zufrieden sein, mein grauer Blazer passt perfekt über die verrucht ausgeschnittene Bluse, der schwarze, knielange Bleistiftrock sitzt wie eine zweite Haut und dann diese Schuhe. Beim letzten Besuch meiner Eltern, ging ich mit meiner Mutter shoppen und es gibt keine Frau auf der Welt, mit der man das besser machen kann! Sie hat einen kleinen Laden gefunden, der mir vorher nie aufgefallen ist und genau da standen sie. Schwarze, 9 cm hohe, offene Glitzerschuhe. Die Riemchen sind nicht gerade, sondern schwingen sich wie ein Tribal um den Fuß. Liebe auf den ersten Blick. Wenn es sie nicht bei Männern gibt, bei Schuhen gibt es sie ganz sicher. Und dank diesem paar Schuhe, werde ich heute, trotz Thailand-Mordgedanken, stolz durch die Gegend laufen.

„Guten Morgen, Kindchen! So schick heute! Du siehst toll aus! Wie immer, Brötchen und Kaffee?“

„Danke Rosi, dir auch einen guten Morgen! Ja alles so wie immer und heute habe ich sogar Geld dabei.“

Ein Seufzer hinter mir, der ungeduldige Vater hat es mal wieder eilig.

„Linda, Schatz. Um die Bestellung von gestern musst du dir keine Sorgen machen, die wurde schon bezahlt!“

Und dann war es wieder so weit. >Ding-Dong< die Tür ging auf, es kribbelte sofort. Er stand bestimmt noch in der Tür, aber es war, als würde er direkt hinter mir stehen, als könnte ich seinen Atem in meinem Nacken spüren.

„Wie, die wurde schon bezahlt? Von wem?“, verwirrt sah ich sie an und ihr Blick sagte alles. Sie zwinkerte und nickte zu IHM. Ich drehte mich langsam um, als ob mich jeden Moment ein wildes Raubtier anfallen würde, wenn ich mich schneller bewege. Und was tat er? Er lächelte.

„Ehm… ich werde… ich… ehm…“, ich konnte keinen normalen Satz mehr rausbringen. Wir hatten noch nie mehr als ein >guten Morgen< ausgetauscht. Außerdem schaute er mir genau in die Augen. Er sah nicht hin und her, weil die verschiedenen Augenfarben so verwirrend waren, nein, er schaute mir einfach in die Augen. Als hätte er diese schon 1000-mal gesehen.

„Ich werde Ihnen das Geld natürlich zurückge…“

„Könnten Sie sich vielleicht mal beeilen und vorher Ihre Brötchen bezahlen? Ich habe nicht ewig Zeit!“, natürlich konnte der ungeduldige Vater hinter mir nicht noch 2 Minuten warten und musste diesen Moment kaputtmachen. Genau jetzt, wo ich doch gerade meine Sprache gefunden hatte. Also bezahlte ich Rosi und wünschte ihr noch einen schönen Tag. Noch mit dem Portemonnaie in der Hand ging ich zu ihm. Ich stand nun genau vor ihm. Trotz meinen hohen Schuhen ging ich ihm lediglich bis zum Kinn und konnte so genau auf seine durchtrainierte Brust schauen, die sich unter dem engen, weißen Hemd leicht zu erkennen gab. Als wäre das Kribbeln nicht genug, jetzt wurde mir auch noch heiß und das sollte nicht alles bleiben. Denn da war ja noch seine Stimme und die schoss mir bekanntlich Blitze in alle möglichen Körperteile.

„Kommen Sie bloß nicht auf die Idee mir das Geld zurückzugeben, ich kenne das Problem mit dem Mond und wir Werwölfe müssen doch zusammenhalten!“

OH.MEIN.GOTT.

Als hätte der Satz noch nicht gereicht, schloss er das Ganze noch mit einem Lächeln-Zwinkern-Gemisch ab.

„Da haben Sie natürlich recht, Herr…?“

„Thielemann. Julian Thielemann.“

„Thielemann? Wie die Anwaltskanzlei Thielemann & Söhne?“

„Ja genau. Sie kennen also die Kanzlei meines Vaters?“

„Ich arbeite direkt gegenüber, in der Werbeagentur Bertels und muss auch eigentlich schon los. Vielen Dank für die Brötchen und den Kaffee. War nett Sie kennenzulernen, Herr Thielemann!“

„Das kann ich nur so zurückgeben. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Frau Hennings!“

Kapitel 2

Julian

Oh, Fuck!

Hat sie mir ihren Namen schon gesagt?

Ich kann mich einfach nicht dran erinnern.

Okay, ganz ruhig. Geh das ganze Gespräch noch mal durch. Werwölfe, Kanzlei, direkt gegenüber… F.U.C.K.!

Ich habe sie mit ihrem Nachnamen angesprochen, den sie mir noch nicht einmal genannt hat. Thielemann, da hast du dich mal wieder selbst übertroffen! Nicht, dass sie eh schon flüchten wollte, weil sie jetzt wahrscheinlich gemerkt hat, dass du sie wirklich immer beobachtest, NEEEEIN, du musstest dich jetzt auch noch als absoluten Stalker erkenntlich geben! Und jetzt ist sie weg, geflüchtet aus der Bäckerei, die du nur wegen ihr besuchst.

„Du hast was?“

„Ich habe sie mit ihrem verdammten Nachnamen angesprochen! Alter, Fuck! Was soll ich jetzt machen?“

Mein Bruder guckt mich entsetzt und gleichzeitig belustigt an. Genau das habe ich jetzt verdient.

„Und du bist dir sicher, dass sie sich dir nicht vorgestellt hat?“

„Philip, ich bin mir 100 % sicher!“

„Du steckst echt knietief in der Scheiße!“

Danke, das wusste ich selbst.

Und jetzt saßen wir hier, in meinem Büro, mit Blick auf ihres gerichtet und ich weiß, dass sie es merkt.

Schon seit unserer ersten Begegnung herrscht diese unausgesprochene Spannung zwischen uns. Der ganze Körper kribbelt, die Atmung wird schneller und ungleichmäßig, alles in meinem Körper schreit nach ihr. Gefühle, die ich bisher nicht kannte. Beziehungen haben mich noch nie gereizt. Schon als jugendlicher konnte ich keine Beziehung länger als 2 Wochen halten, wenn ich überhaupt eine eingegangen bin. Jetzt bin ich 29 Jahre alt, hatte seit 3 Jahren keinen Sex mehr und kann seit 4 Monaten nur noch an eine Frau denken, die ich kaum kenne und mit der ich es mir wahrscheinlich vor einer Stunde versaut habe.

„Wenn du sie morgen wiedersiehst, sagst du ihr einfach, dass du ihren Namen gehört hast, als sie in der Bäckerei angesprochen wurde!“