Honjok - Crystal Tai - E-Book

Honjok E-Book

Crystal Tai

0,0
11,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Manifest für das selbstgewählte Alleinsein Honjok ist die südkoreanische Bezeichnung für ein Lebensmodell all jener Menschen, die gern für sich sind und allein etwas unternehmen. Für alle, die das Alleinsein genießen und es nicht als Einsamkeit empfinden, geschrieben von "Honjokkern", die statt gesellschaftlichen Erwartungen zu folgen ihre Individualität feiern. Dieses stil- und zeitgerechte Buch lädt uns ein, das Honjok-Leben mit all die Möglichkeiten, die es eröffnet, kennenzulernen. Es hilft einzuschätzen, wieviel Zeit man für sich allein braucht und vermittelt den Unterschied zwischen einsam und allein. Honjok vermittelt, wie schön und bereichernd die Innensicht von sich selbst sein kann, welche Chancen zur Selbstfindung und zum Aufbau von Selbstwertgefühl sie bereithält.  Honjok: eine inspirierende Lebenshaltung, die zu mehr Glück und Erfüllung im Leben führt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 115

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das Buch

Honjok ist die südkoreanische Bezeichnung für ein Lebensmodell all jener Menschen, die gern für sich sind und allein etwas unternehmen. Für alle, die das Alleinsein genießen und es nicht als Einsamkeit empfinden, geschrieben von »Honjokkern«, die, statt gesellschaftlichen Erwartungen zu folgen, ihre Individualität feiern.

Dieses stil- und zeitgerechte Buch lädt uns ein, das Honjok-Leben mit all den Möglichkeiten, die es eröffnet, kennenzulernen. Es hilft einzuschätzen, wieviel Zeit man für sich allein braucht und zeigt den Unterschied zwischen einsam und allein.

Honjok vermittelt, wie schön und bereichernd die Innensicht von sich selbst sein kann, welche Chancen zur Selbstfindung und zum Aufbau von Selbstwertgefühl sie bereithält.

Honjok: eine inspirierende Lebenshaltung, die zu mehr Glück und Erfüllung im Leben führt.

Die Autoren

Francie Healey ist Autorin (»Eat To Beat Alzheimer's«) und Gesundheitscoach. Sie lebt in Santa Fe, New Mexico, wo sie von der Natur inspirierte Gesundheits- und Lebenskonzepte entwickelt und in Workshops und Seminaren vermittelt.

Crystal Tai, geboren in Kanada, ist Trendscout und Journalistin für die South China Morning Post in Hong Kong. Zuvor arbeitete sie in Seoul (Korea) als Autorin für verschiedene Redaktionen, unter anderem das Reisejournal Lonely Planet.

Die Originalausgabe unter dem Titel HONJOK – THE ART OF LIVING ALONE erschien 2020 bei Eddison Books Ltd., London, UK

Besuchen Sie uns im Internet:

www.ullstein-buchverlage.de

Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.

Hinweis zu Urheberrechten

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.

Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

ISBN: 978–3-8437–2397–7

© der deutschen Ausgabe 2020 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

© der Originalausgabe 2019 by Crystal Tai & Francie Healey

This edition published in 2020 in cooperation with Welbeck Publishing Group, London, UK

Text-copyright Kapitel 2, 3 and 4 © Francie Healey 2020

Illustrationen Innenteil © Eddison Books Limited, 2020

The right of Francie Healey to be identified as the author of this work has been asserted by her in accordance with the Copyright, Designs and Patents Act 1988.

All rights reserved.

Übersetzung: Clara Henssen

Umschlaggestaltung: ZERO Media, München, nach einer Vorlage von © Two Associates

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis
Über das Buch / Über die Autoren
Titel
Impressum
1 DER EINPERSONENSTAMM
WER SIND SÜDKOREAS HONJOKKER?
2 EINE FRAGE DER EINSTELLUNG: EINSAM ODER ALLEIN?
EINSAM ODER ALLEIN?
EINSAMKEIT IM BLICKPUNKT
VOM SCHLECHTEN RUF DES EINZELGÄNGERS
ALLEINSEIN SELBST DEFINIEREN
DAS SPEKTRUM VON INTROVERTIERTHEIT BIS EXTROVERTIERTHEIT
DAS BEDÜRFNIS DAZUZUGEHÖREN
3 DIE KUNST, ACHTSAM ZU SEIN
BEDENKZEIT
AUTHENTISCHES VS. UNAUTHENTISCHES SELBST
SICH SELBST KENNENLERNEN
MERKEN, WIE MAN SICH FÜHLT
OFFEN BLEIBEN
DAS EIGENE LEBEN IN DIE HAND NEHMEN
SELBSTWERTGEFÜHL AUFBAUEN
4 SCHRITTE ZUM ALLEINSEIN
DAS ALLEINSEIN BEGRÜSSEN
SELBSTPFLEGE-RITUALE SCHAFFEN
SELBSTREFLEXION UND TAGEBUCH SCHREIBEN
MEDITATION
MEDITATIVE BEWEGUNG
WANDERN IN DER NATUR
DIE EIGENE KREATIVITÄT ERFORSCHEN
ABENTEUERLUST
ALLEIN ESSEN
ALS HONJOKKER LEBEN
Feedback an den Verlag
Empfehlungen

DER EINPERSONENSTAMM

WER SIND SÜDKOREAS HONJOKKER?

»Honjok« (ausgesprochen wie »hon-juk«) tauchte erstmals 2017 als Hashtag von Scharen junger Koreanerinnen und Koreaner auf, die damit auf sich und ihr Leben verwiesen und ein Schlagwort der Gegenkultur in Südkorea prägten. »Hon« steht für »honja«, was allein heißt; »jok« bedeutet Stamm. Einfach ausgedrückt bezeichnet »honjok« einen Einpersonenstamm.

Der Begriff oder die damit gemeinte Gruppe ist zwar soziologisch nicht genau definiert, aber allgemein gesprochen sind Honjokker Menschen, die gern allein sind und dabei viel unternehmen, wobei sie Südkoreas gesellschaftliche Werte, die den Bedürfnissen und Wünschen der Gemeinschaft einen höheren Stellenwert einräumen als dem Individuum, eher kritisch sehen. Dazu gehört auch, dass sie sich gegen die Erwartung, eine traditionelle Kleinfamilie zu gründen, zur Wehr setzen – d. h., viele Honjokker heiraten nicht und entscheiden sich lieber dafür, das Leben allein und nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten.

In einem Land, in dem der Großteil der älteren Generation jung geheiratet hat und jetzt erwartet, dass die Millennials in diese Fußstapfen treten, um die Familienstammlinien fortzuführen, sorgt eine Lebenshaltung wie Honjok für Kontroversen. Die Geburtenrate der Nation mit 95 Kindern pro 100 Frauen zählt bereits zur niedrigsten weltweit, einigen Schätzungen zufolge wird es bis zum Jahr 2750 keine gebürtigen Südkoreaner mehr geben.

Die Honjokker haben die Entscheidung, allein zu leben, allein zu essen (›honjok, honbap‹ bedeutet ›Einpersonenstamm, Mahlzeit für eine Person‹) und Dinge allein zu tun, zwar freiwillig getroffen, aber zum Teil ist diese Entscheidung auf ihre Lebensumstände zurückzuführen.

Die Honjok-Bewegung begann zu einer Zeit, die für viele junge Koreanerinnen und Koreaner eine Zeit der Frustration war. Die Jugend der Nation fragte sich, was aus ihr werden sollte, nachdem sie sich jahrelang in einer Konjunkturflaute bei einem Mangel an Arbeitsmöglichkeiten und sozialer Mobilität behaupten musste. Viele hatten das Gefühl, keine andere Wahl zu haben, als sich für das Honjok-Leben zu entscheiden. Mittlerweile macht die Anzahl der Einpersonenhaushalte in Seoul laut einer Datenerhebung vom April 2019 mit 31,6 Prozent ein Drittel aller Haushalte der Stadt aus, Tendenz steigend. Bis 2026 wird der Anteil der Einpersonenhaushalte laut Statistics Korea auf 36,3 Prozent der Gesamtzahl aller Haushalte ansteigen – und damit im Land die Mehrheit ausmachen.

Und Korea ist in dieser Hinsicht nicht das einzige Land mit dieser Entwicklung: In den USA beispielsweise sind Einpersonenhaushalte beinahe normal – 2018 machten sie 28 Prozent aller Haushalte aus. Auch in anderen westlichen Ländern wie Großbritannien und Schweden verbringen mehr und mehr Menschen ihre Zeit allein und leben auch allein. In Schweden gehörten 20171,8 Millionen Menschen beziehungsweise 39,2 Prozent aller Haushalte und 17,8 Prozent der Bevölkerung Einpersonenhaushalten an.

DAS MODERNE KOREA

Mit Korea verbinden viele eine kulturelle Supermacht voll schillernder, teils auch geschönter Innovation und Neuheit. Hervor sticht vor allem der schrille Boom der koreanischen K-Welle (das K steht für Korea), also K-Pop, K-Dramen, K-Mode und K-Kosmetik. Darüber vergisst man leicht die harte und recht unverarbeitete Geschichte, die heute noch viele Aspekte Koreas beeinflusst und darüber hinaus komplexe, die Gesellschaft untergrabende Probleme verursacht.

Hunderte Jahre lang existierten Südkorea und Nordkorea unter der Joseon-Dynastie (1392–1920) als ein vereinigtes unabhängiges Reich, das China gegenüber tributpflichtig war. Vom 15. bis zum 16. Jahrhundert erlebte das Königreich mit der Entwicklung eigener Technologien und Künste und einer eigenen Kultur eine Blütezeit. Die vorherrschende Ideologie war der Neokonfuzianismus, die Gesellschaft war streng in Klassen unterteilt, die von den Yangban beziehungsweise Adligen bis zu den Nobi, also den Leibeigenen und Sklaven, reichten.

Im 19. Jahrhundert wurde Korea jedoch mit der Bezeichnung »Einsiedlerkönigreich« versehen, da es sich nach einer Reihe von japanischen Invasionen mehr und mehr von der Welt abschirmte. Das Land wurde schließlich von seinem Nachbarn annektiert und blieb von 1910 bis 1945 unter japanischer Besatzung. In dieser Zeit wurden über fünf Millionen Koreaner zur japanischen Zwangsarbeit eingezogen. Einigen Quellen zufolge kamen 400000 von ihnen ums Leben. Gleichzeitig wurden Hunderttausende Frauen aus Korea und dem benachbarten China in die Sexsklaverei gezwungen und arbeiteten als sogenannte »Trostfrauen« für das japanische Militär – ein Thema, das bis heute umstritten ist und eine Quelle des Konflikts zwischen Japan und Korea bleibt.

Die koreanische Kultur wurde unterdrückt, indem Japanisch zur Hauptsprache in vielen Lebensbereichen einschließlich der Wissenschaft erhoben und die Industrie ausgebeutet wurde, indem koreanische Ressourcen für Japan produziert und an Japan ausgeliefert werden mussten. Diese Zeit der kulturellen Unterdrückung endete 1945 mit der Kapitulation Japans am Ende des Zweiten Weltkriegs. Korea wurde in zwei Verwaltungen entlang des 38. Breitengrads geteilt: in den von der Sowjetunion überwachten Norden und den von den USA regierten Süden.

Während des Koreakrieges von 1950 bis 1953 kämpften beide Seiten um die Kontrolle über die jeweils andere.Dabei jeweils von ihrer regierenden Supermacht unterstützt, verursachte dieser Krieg auf beiden Seiten insgesamt über 1,2 Millionen Tote, wobei es am Ende seines Verlaufs zu einer Pattsituation kam, mit demselben Grenzverlauf wie zuvor.

Bis heute sind die Koreaner als Volk geteilt, mit immer noch voneinander getrennt lebenden Ehemännern und Ehefrauen, Eltern und Kindern, Geschwistern und Verwandten. Obwohl im Laufe der Jahre Fortschritte erzielt wurden und beide Seiten aufeinander zugingen, droht auf der Halbinsel aufgrund der Atommacht Nordkoreas nach wie vor die ständige Gefahr eines Atomkrieges.

Trotz seiner tragischen neuzeitlichen Geschichte durchlief Südkorea in den Jahren nach dem Koreakrieg eine rasante wirtschaftliche Entwicklung. Zwischen 1980 und 1990 hatte das Land das am schnellsten wachsende Bruttoinlandsprodukt der Welt. In dieser Zeit geriet das Land jedoch unter die Herrschaft autoritärer Diktaturregimes, wie das des ehemaligen Präsidenten Park Chung-hee (1963–1979) und des Militärautokraten Chun Doo-hwan (1980–1988). Die Diktaturen waren durch Bürgeraufstände, blutige Zusammenstöße und Razzien geprägt, und sie zogen den Tod Hunderter Demonstranten nach sich, wie zum Beispiel 1980 während des Gwangju-Aufstands. Auch in jüngster Zeit gibt es in Südkorea immer wieder eine Reihe tumultartiger gesellschaftlicher und politischer Proteste.

Ende 2016 schließlich wurde die ehemalige Präsidentin Park Geun-hye, Tochter des verstorbenen Diktators Park Chung-hee, überraschend gestürzt.

Sie war in einen bizarren Korruptionsskandal verwickelt gewesen, der ihre engen Verbindungen zu einer mutmaßlichen Sekte und ihre Rolle bei der Bestechung der mächtigen koreanischen Chaebol (familienkontrollierte Großunternehmen) neben anderen Machtmissbräuchen ans Tageslicht brachte.

Noch im selben Jahr wurde eine junge Frau in Gangnam, dem Geschäftsviertel in Seoul, von einem Mann ermordet, der gestand, die Tat aus Frauenhass begangen zu haben. Diese Ereignisse, in Kombination mit der wachsenden Unzufriedenheit, den existenziellen Sorgen und der Frustration junger Menschen, die in Südkoreas ultrakompetitivem Umfeld ums Überleben kämpften, wurden zu entscheidenden Katalysatoren für Trends wie die Honjok-Bewegung.

FRUSTRIERENDE GESELLSCHAFTLICHE HIERARCHIEN

Südkorea wird oft als neokonfuzianische Kultur ähnlich der Chinas, Japans und eines großen Teils Ostasiens bezeichnet. Der Neokonfuzianismus entstand aus dem Versuch, die rationalen Aspekte des Konfuzianismus mit den weniger religiösen oder mystischen Philosophien des Taoismus und des Buddhismus zu einer kohärenten neuen Denkschule zu verschmelzen. Der Name klingt zwar neu, wenn nicht sogar innovativ, der Neokonfuzianismus geht in Wirklichkeit aber auf die chinesische Tang-Dynastie von 618–907 n. Chr. zurück.

In Korea war der Neokonfuzianismus die Staatsideologie der Joseon-Dynastie, die von 1392 bis 1910 herrschte. Gemäß dieser Ideologie hatten die Ältesten oft mit Ehrfurcht behandelt zu werden, Kinder hatten kindlich ergeben zu sein, und Frauen blieb nicht viel mehr als die Rolle der fürsorglichen Ehefrau und Mutter.

Noch heute halten sich die Südkoreaner in vielen Gesellschaftsbereichen an eine starre Hierarchie, die sich sowohl in der Sprache als auch in täglichen Interaktionen bemerkbar macht. Die 80er- und 90er-Generation wurde häufig an Standards gemessen, die man im Westen als willkürlich, ja sogar erschreckend ansehen würde. In der Grundschule zum Beispiel hatten sich die Schüler der Reihe und Körperhöhe nach aufzustellen, mit dem Größten und Kleinsten jeweils am Ende, und wurden so durchnummeriert. Eine Besessenheit in puncto Körpergröße herrscht noch heute, und auf das Aussehen wird besonderen Wert gelegt, sodass als attraktiv wahrgenommene junge Koreaner gesellschaftlich schneller aufsteigen. Jobbewerber legen ihren Lebensläufen immer ein Foto bei, was in anderen Ländern bereits als Kriterium für eine Bewerbung vernachlässigt wird. Das Aussehen hat also einen Einfluss auf die Einstellungschancen, auch wenn Qualifikationen natürlich durchaus bewertet werden.

Seit Generationen wurden junge Südkoreaner dazu angehalten, auf den »koreanischen Traum« hinzuarbeiten. Dessen Ziele sind dem amerikanischen Traum, der in den USA in den 1950er-Jahren während der McCarthy-Ära groß war, nicht unähnlich. Fleißig studieren, Abschluss machen, Job ergattern, heiraten, Haus kaufen, Kinder kriegen …. Viele, wenn nicht alle jungen Südkoreaner verfolgten diesen Traum, legten sich schwarze uniformhafte Anzüge zu und zogen in die »reale Welt« aus, stellten aber schnell fest, dass der Traum weitgehend nicht zu realisieren war. Für die wenigen Glücklichen, die es schafften, zeigte sich die Realität des Erfolgs anders als erhofft.

Ihre Teenagerzeit und Zwanziger verbringen die meisten jungen Südkoreaner damit, zu lernen und auf einen Universitätsabschluss, diverse Zertifikate und Lizenzen hinzuarbeiten, um sich für niedrig bezahlte Einstiegs-Bürojobs bei lokalen Großkonzernen wie LG, Hyundai und Samsung zu qualifizieren. Diese Art Jobs sind zwar stressig und dröge, werden aber als der einzige Weg zum Erfolg angesehen. Und trotz der niedrigen Gehälter sind solche Stellen auch nicht unbedingt leicht zu bekommen.

Honjok lädt uns ein herauszufinden, wer wir sind, wenn wir uns von unseren festgefahrenen gesellschaftlichen und kulturellen Normen frei machen.

DAS ERSTARKEN DES KOREANISCHEN FEMINISMUS

Ein weiterer wichtiger Faktor, der die Honjok-Kultur, insbesondere die südkoreanische #NoMarriage-Bewegung, beeinflusst hat, ist das Erstarken des südkoreanischen Feminismus – und damit verbunden der Aufstieg des Individualismus. Im Kontext der sexistischen und überholten Meinung der Gesellschaft, dass Frauen dazu bestimmt seien, Mütter und Hausfrauen zu werden, entscheidet sich eine wachsende Zahl von Frauen mittlerweile, ledig zu bleiben, um sich ihre Unabhängigkeit und Autonomie zu bewahren.

Denn »traditionellerweise heißt es für Frauen am Arbeitsplatz: Wenn du ein Kind bekommst, bist du gefeuert«, schreibt Michael Hurt, Soziologe und Professor an der Universität Seoul, in einem Vice-Artikel vom Mai 2018 mit dem Titel »Der Tod der Romantik und der Aufstieg des ›Einzelgängers‹ im kollektivistischen Südkorea«. Frauen seien immer schon zur Wahl zwischen Karriere oder Ehe gezwungen worden, so Hurt.

Der Tradition nach wird von verheirateten Frauen in Südkorea erwartet, pflichtbewusste und folgsame Schwiegertöchter zu sein, die das Kochen, Putzen, Servieren und das Organisieren bei Familientreffen schultern. Die Universitätsstudentin Kim Seo-Yeon sagt, sie habe sogar davon gehört, dass Ehefrauen Familienfeste wie Chuseok (koreanisches Erntedankfest) boykottieren wegen der vielen Arbeit, die zusätzlich zu ihrer üblichen Hausarbeit und auch emotionalen Arbeit auf sie abgewälzt wird. »Ich habe einen Artikel von einer Frau gelesen, die sich geweigert hat, da mitzumachen. Sie wollte eben nicht wie eine Sklavin behandelt werden, also ist sie zehn Jahre lang auf keins dieser Feste mehr gegangen«, sagt sie und fügt hinzu, dass die Familie dieser Frau schließlich erkannt habe, dass das keine Frage der Faulheit, sondern der Gleichberechtigung sei, und nun diese Art von Beitrag nicht mehr von ihr erwarte. »Südkorea hat ein superschnelles und beispielloses Wirtschaftswachstum erlebt … Die Wirtschaft und der materielle Wohlstand haben sich sehr schnell entwickelt, aber psychologisch und kulturell sind die Menschen noch immer die Alten«, sagt Kim. »Das spiegelt sich in den hohen Erwartungen an verheiratete Frauen wider.«

Laut einer Datenerhebung der nationalen koreanischen Statistikbehörde waren 201064,7 Prozent der Frauen in Südkorea der Ansicht, Frauen müssten heiraten. 2018 waren nur noch 48,1 Prozent dieser Meinung.

Baeck Ha-na betreibt zusammen mit ihrer Komoderatorin Jung Se-young einen englischsprachigen YouTube-Kanal, der »Solo-darity« heißt. Sie machen für das Singleleben Werbung, weil sie es satthaben zu sehen, dass der Erfolg einer Frau danach definiert wird, ob sie heiratet und Kinder bekommt oder nicht. »Die #NoMarriage-Bewegung macht Korea wirtschaftlich zusätzlich zu schaffen«, so Ha-na in einem Bloomberg-News-Artikel vom Juli 2019.

»Mir persönlich hat die Gesellschaft das Gefühl gegeben, eine Versagerin zu sein, nur weil ich in meinen 30ern war und noch keine Ehefrau oder Mutter. Aber jetzt habe ich etwas Besseres mit meinem Leben vor. Ich will zu niemand anderem gehören als zu mir selbst.«

Baecks und Jungs Aktivismus spornt an: Mehr und mehr Menschen verwenden den Hashtag #NoMarriage, um ihre Autonomie einzufordern und gegen den Druck auf Frauen, Kinder zu bekommen, Position einzunehmen – aufgrund der weiter sinkenden Geburtenrate eine wachsende Sorge für die südkoreanische Regierung.

Südkoreas Geburtenrate fiel 2018 nach Angaben des jüngsten Regierungsberichts auf 0,98 – also auf weniger als ein Kind pro Frau. Die Rate rangiert weltweit unter den niedrigsten und ist auch seit Beginn der Regierungszählung 1970 die bisher niedrigste.

Möchten Sie gerne weiterlesen? Dann laden Sie jetzt das E-Book.