Human Stars statt Human Resources - Klaus Kobjoll - E-Book

Human Stars statt Human Resources E-Book

Klaus Kobjoll

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Beschreibung

"Human Stars" heißen die Mitarbeiter im Vier-Sterne-Hotel Schindlerhof und das Leitbild des Unternehmens folgt dem Motto: "Wir lassen Menschen strahlen, damit die Welt heller wird." Klaus Kobjoll, der Gründer des Schindlerhofs, hat das Engagement seiner Mitarbeiter schon früh als Erfolgsfaktor erkannt: Bereits in den Anfangsjahren des Hotels setzte er auf "gelebte Herzlichkeit" im Team, um die Kundenbegeisterung zu erhöhen. Dadurch verschaffte er sich einen Wettbewerbsvorteil innerhalb der Branche und baute zugleich eine starke Arbeitgebermarke auf. Herzlichkeit, Transparenz, Mitbestimmung und Innovationsfreudigkeit prägen das Familienunternehmen. In diesem Buch stellt Familie Kobjoll die Grundlagen ihres außergewöhnlichen Geschäftsmodells vor. Tochter Nicole Kobjoll, heutige Geschäftsführerin des Hotels, und ihr Ehemann Dr. Marcel Setzer erläutern darüber hinaus, wie das Unternehmen innovationsfreudig bleibt und welche digitalen Neuerungen in den vergangenen Jahren im Schindlerhof Einzug hielten. Erst 2023 hat der Schindlerhof wieder den Ludwig Erhard Preis gewonnen - den "deutschen excellence Preis" - und hat damit wieder einmal unter Beweis gestellt, dass dieses Modell auch im branchenübergreifenden Vergleich punktet!

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Seitenzahl: 301

Veröffentlichungsjahr: 2023

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INHALT

Vorwort

Die Unternehmergeschichte begann an dem Tag, an dem ich meiner Frau den Schindlerhof beichtete

Die Marke „Schindlerhof“

Der Schindlerhof in Zahlen

Hauptaufgaben des Unternehmers: Mitarbeiterorientierung

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – SECHS Empfehlungen

MAX – Mitarbeiteraktienindex

Kaufentscheidungen beeinflussen

Kundenzufriedenheit

Hauptaufgaben des Unternehmers: Finden und Beschreiben der Unternehmensziele und des Leitbilds

Der Jahreszielplan

Leadership

Projektvorschläge

Innovation

Inspiration

VORWORT

In der Schule war ich immer ein schlechter Schüler. Zwei Jahre vor dem Abitur habe ich das Gymnasium geschmissen. Das Geld fürs erste Semester an der Hotelfachschule habe ich mir selbst verdient: Zuerst habe ich einen Monat im Versandhaus Quelle Weihnachtspäckchen gepackt und dann drei Monate lang in einer Wäscherei schmutzige Wäsche sortiert. Danach hatte ich das Geld für ein Semester an der Hotelfachschule zusammen – am Tegernsee.

Dort war ich zum ersten Mal ein guter Schüler. Ich bekam ein Stipendium nach Frankreich und absolvierte dann die zweite Hotelfachschule in Straßburg. Darauf folgten die üblichen Auslandspraktika: Provence, Korsika, London.

Danach kehrte ich nach Erlangen zurück – und war frankophil. 1970 machte ich mich direkt selbstständig. Mit einem Eigenkapital von 950 D-Mark eröffnete ich die erste Crêperie Deutschlands: die Crêperie Rennaise, anfangs mit zwanzig Stehplätzen. Das war damals eine Marktlücke, denn es gab noch keine Crêperien in Deutschland. Ich bot Galettes aus Buchweizenmehl und süße Crêpes an. Meinen Cidre importierte ich selbst, und zwar aus der Bretagne.

Der Aufhänger meiner Geschäftsidee war die Städtepartnerschaft zwischen Erlangen und Reine in der Bretagne. Deshalb kamen zur Eröffnung auch das Fernsehen und der Bürgermeister – ich hatte eine riesige Medienresonanz. Mit vier Tischen, später mit acht, machte ich einen Monatsumsatz von bis zu 30.000 D-Mark. Das war vor 52 Jahren viel! In der Folge konnte ich fast jährlich eine Neueröffnung nach der anderen draufsetzen. Dann kam natürlich alles dazu, was zur Sturm-und-Drang-Zeit gehört: Ein Jazzkeller, sieben Tage in der Woche Livemusik, später American Diner, Mexican Bodega, zwei oder drei verschiedene französische Restaurants und Bistros. 1978 eröffnete ich ein polynesisches Restaurant, das war der größte Erfolg. An einem Samstag musste die Polizei sogar den Eingang bewachen und ließ nur neue Gäste herein, wenn welche gingen. Sonst wäre das Haus am Wasser in sich zusammengekracht.

Der neunte Betrieb, den ich eröffnete, war mein erstes Hotel, ein Landhotel mit neunzehn Zimmern. Jetzt war ich über dreißig. Damals gab es noch keine Ü30-Partys und ich fragte mich: Was will ich „alter Sack“ mit einer Diskothek und einem Jazzkeller? Also beschloss ich, alle meine Szene-Lokale zu verkaufen. Das war gar nicht so einfach, weil ich nicht Inhaber der Immobilien war. Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen eigentlich nur „heiße Luft“. Alles, was Sie in ein fremdes Gebäude investieren, gehört mit dem Moment des Einbaus bereits dem Hauseigentümer. Also, wofür wollen Sie Geld verlangen? Geschäftswert? Da werden Sie lange suchen, bis Sie jemanden finden. Aber ich wurde fündig und habe meine Betriebe relativ schnell verkauft.

Daraufhin setzte ich noch mal alles auf eine Karte. Denn ich wollte unbedingt ein Familienunternehmen gründen, das Bestand hat. Und ich wollte ins Tagesgeschäft wechseln und nicht mehr nachts wie eine Eule durch die Gegend rennen. Damit begann die Geschichte des Schindlerhofs.

Ich freue mich und bin dankbar dafür, dass dieses Familienunternehmen nun sukzessive von der nächsten Generation weiterentwickelt wird, basierend auf den unternehmerischen Grundlagen, die wir – meine Tochter Nicole, ihr Ehemann Dr. Marcel Setzer und ich – in diesem Buch erläutern.

Klaus Kobjoll

Nürnberg, im Juni 2023

DIE UNTERNEHMERGESCHICHTE BEGANN AN DEM TAG, AN DEM ICH MEINER FRAU DEN SCHINDLERHOF BEICHTETE

An einem Sonntagmittag des Jahres 1982 habe ich zu Hause gekocht. Da ich meiner Frau mein neues Vorhaben beichten wollte, goss ich lieber ein bisschen mehr Wein ins Glas – ich wusste ja, was auf sie zukam.

Nach dem Essen fuhr ich mit ihr in die Nürnberger Nordstadt und zeigte ihr das wunderbare 400-jährige Anwesen, das ich kaufen wollte. Baufällig und denkmalgeschützt – das ist eine feine Mischung. Als ich mit meiner Hausführung fertig war, hat sie erst einmal geweint. Da wusste ich: Na ja, sie wird nicht gleich zustimmen.

Es dauerte ein paar Wochen, aber irgendwann sagte sie: „Klaus, ich kenne dich jetzt lange genug. Ich habe viel mitgemacht, neun Eröffnungen, und ich mache noch eine letzte mit. Unter einer Bedingung: Wenn du es schaffst, dass wir nicht privat haften müssen.“

Das war eine Klausuraufgabe, weil ich für die Immobilie kaum Eigenkapital zur Verfügung hatte. Aber es hat geklappt.

Ich will Ihnen kurz schildern, wie die Finanzierung aussah. Durch den Verkauf der Betriebe hatte ich genug Geld für die Inneneinrichtung: ungefähr 1,3 Millionen – es war ja noch zu D-Mark-Zeiten. Also war die Inneneinrichtung kein Problem. Die nackte Immobilie aber kostete 7,3 Millionen. Erste Baustufe. Dafür reichte mein Eigenkapital nicht. Und meine Frau sagte: „Ich mache nur mit, wenn wir nicht privat haften müssen.“ Ein Dilemma.

Wie lösen Sie das? Der erste Schritt war: Ich habe eine Lebensversicherung abgeschlossen über 11 Millionen Euro, und zwar auf Vorstandsebene. Ein angestellter oder ein freiberuflicher Versicherungsvertreter muss vier Jahre tingeln, bis er für 11 Millionen Lebensversicherungen abgeschlossen hat. Aber Vorstände sind nicht an Provisionen interessiert.

Nach dem Abschluss bekam ich 300.000 D-Mark Provision cash ausbezahlt. Mit dem Geld ging ich nach München zur BayBG, Bayerische Beteiligungsgesellschaft. Ähnliches finden Sie in allen Bundesländern. Hier gibt es wie bei der KFW Gründungsdarlehen für junge Unternehmer. Und was viele nicht wissen: Die Darlehen gibt es für Unternehmensgründungen und für Unternehmenserweiterungen. Auf diesem Wege habe ich mir für die nächsten drei Baustufen jeweils 500.000 D-Mark geholt.

Diese Darlehen bekommen Sie sogar für Existenzsanierungen. Also wenn es jemand wagen will, jetzt – nach Corona – mit einer guten Geschäftsidee durchzustarten, dann gibt es von den staatlichen Banken auch für Sanierungen Zuschüsse.

Die damalige Spielregel lautete: So viel Eigenkapital, wie Sie vorzeigen, bekommen Sie noch einmal vom Staat. Insgesamt hatte ich dann 600.000 D-Mark beisammen.

Damit bin ich dann zur Bank getigert, erst zu meiner eigenen Hausbank, der Sparkasse Erlangen. Dort war ich schon seit zwanzig Jahren Kunde. Ich weiß es noch genau: Die beiden Vorstände haben zu mir gesagt: „Sie sind ein sehr fleißiger Mann, vor allem haben Sie eine überaus fleißige Frau, aber das finanziert Ihnen keine Bank. Und dann wollen Sie auch nicht privat haften.“

In einer solchen Situation hat man zunächst das Gefühl, dass es nicht gehen würde. Doch dann – es gibt ja keine Zufälle im Leben – ist mir ein Freund über den Weg gelaufen. Er war damals Präsident des 1. FC Nürnberg und er sagte zu mir: „Die Hausbank unseres Fußballvereins ist die Sparkasse Wunsiedel. Zonenrandgebiet.“

Und die haben tatsächlich mitgemacht, obwohl sie mich nicht kannten. Summa summarum: Die erste Finanzierung ohne private Haftung umfasste 6,7 Millionen D-Mark, mit null Eigenkapital. Ich habe dann ein Jahr lang nur die Zinsen an die Bank bezahlt, keine Tilgung. Die Tilgung sparte ich gleichzeitig in der Lebensversicherung an. Es dauerte natürlich nicht achtzehn Jahre, sondern zwanzig, weil die mathematischen Gutachten vorne und hinten nicht stimmten. Schließlich kam aber auf einen Schlag das Geld, um die Bank abzulösen.

In der Zwischenzeit hatten wir längst die Baustufe 2 und die Baustufe 3 gegründet, mit jeweils weiteren 500.000 D-Mark Existenzgründungs- oder Existenzerweiterungsdarlehen. Damals gab es noch kein Basel II und kein Basel III. Da war die Beziehung zu einem „Banker“ noch etwas wert. Heute läuft alles über das Rating. Will heißen: Das, was wir damals gemacht haben, geht heute nicht mehr. Früher war es jedoch eine gängige Finanzierungsmöglichkeit. Und alle großen Steuerberatungskanzleien haben es angeboten.

Unser Steuerberater war einen halben Tag dabei, als wir die Finanzierung in Wunsiedel besprachen, weil ich ihm erklärt habe: „Ich kann dort nicht sagen, ich will nicht haften. Das musst du sagen.“ Und für den halben Tag hat er ein halbes Prozent Provision verlangt. Das waren 33.000 D-Mark für einen Nachmittag. Aber das war mir jeden Pfennig wert, weil ich eine enge Sicherungsvereinbarung durchsetzen konnte.

Mein Tipp, falls Sie noch privat haften: Am besten suchen Sie sich einen guten Moment heraus, wenn die Banken alle im Haben stehen, vielleicht halten Sie noch eine Reservebank im Hintergrund – und dann: Messer an die Brust. Meine Erfahrung mit den Banken ist: Es ist leichter, einer Bank eine Sicherheit gar nicht erst zu geben, als eine zurückzubekommen, die sie schon hat. Da muss eben der Moment ganz genau passen. Aber bei mir hat es hingehauen.

Arbeiten Sie am Unternehmen – nicht im Unternehmen!

Zwanzig Jahre lang – besonders in den wilden Eröffnungsjahren meiner neun Betriebe – hatte ich nicht an den Unternehmen gearbeitet, sondern in den Unternehmen. In dieser Zeit war ich eigentlich gar kein Unternehmer, sondern ich betrieb Bodyselling: Ich verkaufte meinen Körper. Will heißen: Das Geschäft funktionierte nur, wenn ich selber im Betrieb stand und mithalf. Und ich weiß, dass es vielen Klein- und Mittelunternehmern heute noch ähnlich geht: Das Inhaber-Ehepaar packt mit an, beide arbeiten von früh bis spät, aber eigentlich sind sie keine Unternehmer, weil es nur vorwärtsgeht, wenn sie mitarbeiten.

Ein echter Unternehmer arbeitet jedoch am Unternehmen und nicht im Unternehmen. Das ist eine ganz andere Baustelle. Heute – und etwa seit 30, 35 Jahren – kann ich sagen: Das meiste, was in meinem Unternehmen passiert, liegt unterhalb meiner Wahrnehmungsgrenze. Und trotzdem funktioniert es, weil ich gute Leute habe, die eigenverantwortlich Entscheidungen treffen.

Die wichtigsten Aufgaben des Entrepreneurs

Die Voraussetzung dafür, um am Unternehmen arbeiten zu können, ist das Wissen um die Hauptaufgaben eines Unternehmers. Übrigens: Das Gleiche gilt auch für eine Führungspersönlichkeit. Im Grunde genommen sind es fünf Aufgaben, die ein Unternehmer zu bewältigen hat. Und diese sollten Bestandteil Ihrer Job-Description, Ihrer Stellenbeschreibung sein.

Die erste Aufgabe heißt: Ziele finden, und zwar lang-, mittel- und kurzfristige Ziele.

Die zweite Aufgabe: Das kleine Einmaleins der Organisation anwenden – also ISO, Total Quality Management, KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess).

KVP zu leben bedeutet, dass Sie als Unternehmer einen Verbesserungsprozess anstoßen und dass die Mitarbeiter ständig mit neuen Ideen kommen. Wir bekamen vor der Corona-Zeit bis zu tausend Verbesserungsvorschläge von siebzig Mitarbeitern im Jahr. Die Umsetzungsquoten lagen zwischen 68 und 80 Prozent. Allerdings ist es ein sehr langer Weg, bis man so weit kommt. Zum Einmaleins der Organisation gehören auch ständige Prozessoptimierungen. Das heißt, Sie müssen sich die Kernprozesse immer wieder anschauen und prüfen: Kann ich diesen oder jenen Prozess noch schlanker gestalten? Kann ich mit weniger Mitarbeitern eine höhere Servicequalität erreichen? Das klingt nach der Quadratur des Kreises, aber es geht nicht ohne.

Die dritte Hauptaufgabe besteht in der Mitarbeiterorientierung. Auf Neudeutsch: „Employer Branding“, also Aufbau einer Arbeitgebermarke. Wir sind einer der wenigen Betriebe – das kann ich sagen, ohne rot zu werden –, die keine Fachkräfteprobleme haben. Wir erhalten genügend Initiativbewerbungen, selbst bei Kochlehrlingen, selbst bei Mangelberufen. Wir können die meisten frei werdenden Stellen besetzen. Entweder mit ehemaligen Mitarbeitern – wir bleiben mit sehr vielen in Kontakt, auch über unsere Ehemaligen-APP, egal wohin sie nach der Ausbildung gehen – oder mit Leuten, die über unsere Pressearbeit oder auf Instagram, wo auch immer, etwas gelesen haben und sich dann bewerben. Darauf komme ich später noch ausführlich zu sprechen, denn der Fachkräftemangel ist ein Problem für alle, nicht nur in der Hotellerie. Es ist schwer, heute einen Programmierer zu finden – die IT-Leute wissen es. Genauso sieht es im Einzelhandel oder im Handwerk aus. Wer will denn noch Bäcker lernen, wenn er früh morgens um 3:00 Uhr aufstehen muss? Viele Backstuben haben ja schon umgestellt und backen tagsüber. Und einige meiner Hotellerie-Kollegen haben zwei Ruhetage eingeführt. Das ist eine Katastrophe. Manche machen mittags gar nicht auf, sondern nur noch abends, weil sie keine Mitarbeiter finden.

Die vierte Aufgabe eines Unternehmers: Controlling in zwei Bereichen, nämlich operatives Controlling und strategisches Controlling. Den Unterschied will ich an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn Sie sich nicht wohlfühlen, gehen Sie zum Arzt – und der Arzt stellt eine Diagnose, zum Beispiel: „Du hast einen Schnupfen.“ Die Diagnose entspricht dem strategischen Controlling. Wenn der Patient ein Unternehmen ist, und das Unternehmen ist krank, beispielsweise weil der Wareneinsatz oder die Lohnkosten zu hoch sind, dann wäre die vom Arzt verordnete Therapie: „Jetzt nimmst du die bittere Pille, jeden Tag zweimal, und in einer Woche kommst du wieder.“ So funktioniert operatives Controlling. Ein krankes Unternehmen wird ständig untersucht wie ein Ei unter dem Röntgengerät und bekommt bittere Medizin, wenn es sein muss – das entspricht dem Kostenmanagement.

Während der Corona-Zeit mussten wir unseren Mitarbeitern viel zumuten. Wir hatten 300 Schließungstage. Das müssen Sie sich mal vorstellen: 300 Zwangsschließungstage, fast ein ganzes Jahr hatten wir zu. Trotzdem haben wir keine Führungskraft und insgesamt nur drei Mitarbeiter an andere Branchen verloren. Ich weiß von Kollegen, auch von großen Kollegen, dass sie ein Drittel ihrer Belegschaft an andere Branchen verloren haben, weil die jungen Leute sagen: „Gastronomie scheint gerade wenig Zukunft zu haben.“

Die fünfte Aufgabe ist Networking, die Schaffung und Pflege wertvoller Kontakte. Mein Ziel sind immer Winwin-Situationen. Wir stehen beispielsweise derzeit am Anfang in Sachen Influencer-Marketing. Aktuell pflegen wir unsere Auftritte in den sozialen Medien selbst, sind jeden Tag bei Instagram und TikTok. Wenn ich unseren jungen Leuten erzähle, dass ich noch bei Facebook bin, dann sagen sie: „Ja, mein Opa macht da auch mit.“

Zurück zum Schindlerhof

Ich habe das Ensemble bis heute in sechs Baustufen erweitert und zu einem regelrechten Hoteldorf ausgebaut. Den letzten Bauernhof habe ich 2018 gekauft. Meine Tochter wollte nicht, meine Frau wollte nicht, und ich habe gesagt: „Ich mache es für meinen Enkel.“ Das ist eben der größte Unterschied zwischen Familienbetrieben und kurzfristigen Erfolgsgeschichten: Wir denken in Hundert-Jahre-Zeiträumen. Und jetzt, nach Corona, sind wir froh darüber, denn wir haben schon jeden Quadratmeter besetzt.

Im Grunde genommen habe ich den Bauernhof als Reserve gekauft. Unsere erste Finanzierung hatten wir auf achtzehn Jahre angelegt und brauchten dann zwanzig Jahre, um zu tilgen. Alle weiteren Finanzierungen habe ich auf zehn Jahre endgetilgt. Damals haben die „Banker“ den Kopf geschüttelt: Wie kann man so blöd sein und eine Immobilie auf zehn Jahre endtilgen? Heute sagen sie, dass es richtig war, denn wir sind weitgehend entschuldet und konnten die Corona-Zeit deshalb relativ lässig überstehen. Wir haben vielleicht eine Millionen-Liquidität verloren, aber der Wert der Immobilien ist im gleichen Zeitraum wahrscheinlich um das Doppelte gestiegen.

Die Anlagen

Vor Corona hatten wir nur hundert Plätze im vorderen Garten, inzwischen sind es 200 Außenplätze. Wir haben die Corona-Zeit genutzt, um möglichst viele Plätze im Freien zu schaffen. Ich rechne immer noch damit, dass wir im Herbst, Winter erneut Probleme bekommen – Maskenpflicht, 3G etc.

Im Inneren bieten wir Platz für maximal 120 Personen. Während der Corona-Krise, als wir wieder geöffnet hatten, durfte ich nur vierzig Leute setzen. Aber eine Hochzeitsgesellschaft besteht meistens aus sechzig bis achtzig Gästen. Deshalb haben wir eine Innovation eingeführt: hybride Bankette. Vor Ort sind vielleicht nur vierzig Leute präsent, aber die Tante aus dem Altersheim oder die Oma aus Australien wird live zugeschaltet und sieht die Enkelin ihren Eröffnungswalzer tanzen. Das Gleiche bieten wir im Tagungsbereich an. Mehr dazu später.

Bei uns finden jeden Samstag in der Regel zwei Hochzeiten statt. Im Jahr kommen wir ungefähr auf 130 Hochzeitsgesellschaften. Vor dreißig Jahren wäre ich froh gewesen, wenn ich für die Trauungen eine Kapelle gehabt hätte. Heute fragt kein Mensch mehr nach einem Pfarrer. Wir hatten gestern zwei freie Trauungen, wir haben heute zwei freie Trauungen, für die wir draußen, im Japangarten, einen Pavillon aufbauen. Anstelle eines Pfarrers kommt ein freier Trauredner, weil die jungen Leute zum großen Teil aus den Kirchen ausgetreten sind. Heute brauche ich keine Kapelle mehr.

Eine weitere Besonderheit des Schindlerhofs ist unsere Vinothek: 8 Meter begehbare Weinklimaschränke in Glas. Sie können in diesem Glaskubus umhergehen, wenn Sie möchten. Die Weißweine sind auf 8 bis 10 °C heruntergekühlt, Rotweine auf 18 °C. Darüber hinaus gibt es Champagner-Kühlschränke mit 4 °C. Wir importieren einige Weine selbst. Den Champagner beziehen wir palettenweise mit je 600 Flaschen von einem kleinen Familienbetrieb mitten in der Champagne zu sensationellen Preisen. Wir brauchen keinen Konzern-Champagner. Unser Sommerwein ist ein Rosé aus der Provence, direkt aus Saint-Tropez. Wir kaufen ihn palettenweise ein, weil es viel spannender ist, auf kleine Winzerbetriebe zuzugehen. Zu unserer Vinothek haben wir einen Weinlehrpfad mit sechs verschiedenen Rebsorten eingerichtet. Und es gibt eine Dachlounge mit beheizten Sofas für die rauchenden Gäste. Wenn es kühl wird, können sie ihre Zigarre rauchen und haben dabei einen warmen Hintern.

Insgesamt haben wir 91 Hotelzimmer – und das ist natürlich Fluch und Segen zugleich. Es gibt Hotels mit dem Charme einer Jugendherberge für Erwachsene: lange Flure, links und rechts gehen die Türen ab wie in einem Kaninchenstall. Bei uns hat jedes Zimmer einen eigenen Charakter. Unsere vielen Gebäude sind sehr, sehr teuer im Vergleich zu anderen Hotels, beispielsweise wenn es um die Reinigung geht. Denn die Reinigungskräfte können nicht ohne Weiteres mit dem Wagen durch die Gänge fahren. Und trotzdem sind wir froh, dass jedes Zimmer anders ist.

Unsere eigentliche Spezialität sind Tagungen. Als wir anfingen, hatten wir keinen einzigen Tagungsraum. Die Kunden haben uns quasi dazu gezwungen, Tagungen im Saal zu veranstalten. Das war natürlich völlig dilettantisch. Ich habe dann in einem der Gebäude fünf Tagungsräume eingerichtet. Ein paar Jahre später haben wir das Haus gebaut, in dem unser heutiger Tagungsraum und zwei weitere liegen. Die Gesamtinvestition (ohne AFA) beläuft sich inzwischen auf 19,5 Millionen Euro. Alle Finanzierungen bis heute mit enger Sicherungsvereinbarung ohne private Haftung.

Wir arbeiten seit 38 Jahren mit denselben beiden Hausbanken zusammen: die Sparkasse Erlangen – bei der zweiten Finanzierung haben sie mitgezogen – und die Volksbank Raiffeisenbank in Nürnberg. Sparkassen und Volksbanken sind aus meiner Sicht die wichtigsten Banken für den Mittelstand.

Ein Blick auf unsere Umsätze: Als Beispiel nenne ich unser letztes volles Umsatzjahr vor Corona. Der Umsatz 2019: brutto 6,5 Millionen Euro, netto 5,6 Millionen Euro. Und das mit einem sehr kleinen, schlagkräftigen Team!

Wenn ich mir heute den laufenden Monat anschaue, haben wir insgesamt 56 Mitarbeiter, davon 46 Profis, davon wiederum acht in Teilzeit. Unsere Teilzeitkräfte sind meist Frauen, die bei uns die Lehrzeit absolviert hatten und dann hinaus in die Welt gingen. Später gründeten sie eine Familie, bekamen Kinder und wir holten sie wieder in Teilzeit zurück. In bestimmten Positionen ist Teilzeitarbeit gut möglich: in der Buchhaltung, an der Rezeption oder auch stundenweise als Zimmermädchen. Wir haben einen hohen Anteil an Teilzeitkräften, vier Aushilfen und momentan nur zwölf Auszubildende. Vor Corona hatten wir 22 Azubis – bei bis zu 300 Bewerbungen im Jahr. Eine Übernahme garantieren wir nach der Ausbildung nicht, die meisten wollen sowieso zuerst hinaus in die Welt. Während der Corona-Zeit hatten wir die Anzahl der Auszubildenden reduziert, jetzt fangen wir langsam wieder an aufzustocken.

Meine Arbeitsweise – übernommen von Walt Disney

Man sagt, die Arbeitsweise von Walt Disney sei mitverantwortlich für die Kreativität des Filmemachers gewesen. Sein Büro bestand aus drei Bereichen: „Dreamer’s Space“, „Realization Room“ und „Sweat Box“, also Schwitzkasten. Diese Bereiche kann sich jeder auch zu Hause oder in seinem eigenen Büro einrichten. Wer sich mit NLP (Neurolinguistisches Programmieren) beschäftigt hat, kennt diese drei Positionen: den Träumer, den Realisierer und den Kritiker.

Wenn ich mich in meinem „Dreamer’s Space“ befinde, komplimentiere ich jeden hinaus, der mir irgendetwas von Krise erzählen will oder der mir erklären will, dass es gefährlich sei, dies und jenes zu tun. In diesem Bereich darf nur über Innovationen nachgedacht werden. Es darf gesponnen werden und verrückte Ideen sind erlaubt. Das Wort „verrückt“ ist in Deutschland leider negativ besetzt. Deshalb versuche ich einmal, die Bedeutung des Begriffes zu visualisieren: Vor mir auf dem Tisch stehen eine Flasche und ein Glas. Allerdings kann ich nur die Flasche sehen, weil ich noch nicht „verrückt“ bin, sondern an Ort und Stelle sitzen bleibe. Erst wenn ich mich verrücke, sehe ich, dass dahinter noch ein Glas steht. Will heißen: Ein Verrückter sieht einfach mehr!

Natürlich werden viele Ideen, die im „Dreamer’s Space“ entstehen, nicht realisiert. Aber wenn eine brauchbare Idee da ist, dann wandert sie quer durch den Raum zu meinen Assistentinnen.

Ich hatte immer eine persönliche Assistentin. Eine von ihnen hieß Meike und sie hatte ganz andere Talente als ich: Sie konnte logisch-analytisch denken. Das kann ich überhaupt nicht. Ich bin dagegen mit der rechten Hirnhälfte relativ gut.

Wenn man ein Team zusammenstellt, kommt es darauf an, dass jeder seine Stärken ausleben kann. In meinem Fall war es so, dass meine Assistentinnen und ich uns gut ergänzt haben. Wenn eine Idee an Meike ging, dann war sie dafür verantwortlich, ein Projekt daraus zu entwickeln. An ihrer Tür hing das Schild „Realisierer-Raum“. Sie legte fest, wer welche Aufgabe bis wann zu erledigen hatte. Dafür setzte sie Metaplantechnik, Excel-Sheets und vieles andere ein.

Bevor wir eine Entscheidung fällten – und bevor wir Geld ausgaben –, trafen wir uns in der Mitte des Raumes. Über uns, an der Decke, hing das Schild „Sweat Box“. An der Stelle holten wir die Bedenkenträger aus dem Führungskreis hinzu. Sie äußerten ihre Befürchtungen: „Wenn wir diese Idee jetzt umsetzen, gehen wir ein Risiko ein“, und sie erklärten mir, was alles passieren könnte.

Länger als eine Stunde habe ich noch nie in der „Sweat Box“ gesessen. Es kann sich herausstellen, dass etwas tatsächlich nicht funktionieren wird. Dann wird die Idee hier beerdigt. Oder wir ziehen es durch.

Wenn Sie sich entschieden haben, dass Sie eine Sache durchziehen, ist nur eine Energieform effektiv: die Energie einer Dampfwalze. Und wenn Sie nach der Entscheidung immer noch zweifeln, wenn Sie weiterhin sagen: „Um Gottes willen, hoffentlich geht es gut!“, dann wird es nicht gutgehen. Dieses psychologische Phänomen nennt man „selbsterfüllende Prophezeiung“. Also: Wenn Sie sich entschieden haben, dann ziehen Sie es durch.

DIE MARKE „SCHINDLERHOF“

Für jedes Unternehmen gilt es heute, zwei Marken aufzubauen: eine Kundenmarke und eine Arbeitgebermarke. Fangen wir mit der Kundenmarke an.

Es gibt Sätze, die seit zwanzig Jahren in unseren Jahreszielplänen stehen. Alle zwei, drei Jahre kommt dann ein Satz wie dieser: „Der Aufbau der Marke und die Markenführung sind und bleiben wichtige Themen (…), weil im Dschungel der Konzerne Einzelkämpfer nur noch an der Spitze überleben können, wenn sie es zu starken Marken gebracht haben.“

Kann sich denn ein kleiner Einzelkämpfer gegen Konzerne, die immer mächtiger und größer werden, überhaupt noch behaupten? Ja, er kann es, aber er muss eine starke Marke aufbauen! Um das zu schaffen, brauchen Sie kein BWL-Studium, denn die ersten Regeln, die Sie dafür kennen müssen, sind simpel.

Regel Nr. 1: Starke Marken haben immer starke Regeln

Wenn die Damen bei einem Luxusgüterhersteller jede Woche eine Handtasche kaufen, bekommen sie auch nach der zehnten keinen Pfennig Rabatt. Für Markenhersteller ist Rabatt eine Stadt in Marokko. Ich kann mich noch erinnern, als einer dieser Hersteller anfing, Mode anzubieten. Da dachte ich mir: Jetzt bin ich mal gespannt, ob sie diese starke Regel durchhalten können! Und sie halten es bis heute durch. Was von einer Kollektion nicht verkauft ist, ob Sommer oder Winter, wird geschreddert. Das ist eigentlich unanständig – nicht einmal die Mitarbeiter bekommen die Waren zu einem günstigeren Preis. Unter Markengesichtspunkten ist es allerdings der richtige Weg, um die Marke zu schützen. Es ist unethisch, aber das ist ein anderes Thema.

Wenn ich mich in der Hotellerie umschaue, sieht die Preisgestaltung folgendermaßen aus: Die meisten Hotels bieten jeden Tag einen anderen Preis an, abhängig von der Nachfrage. Für die „schlechteste Nacht“, Sonntag auf Montag, kostet ein Zimmer beispielsweise 60 Euro. Findet jedoch eine Messe oder ein Christkindlmarkt in der Nähe statt, kostet dasselbe Zimmer 300 Euro. Handelt es sich um eine wichtige Messe, kostet es sogar 400 Euro. Das finde ich genauso unanständig. Wir sind meines Wissens der einzige Betrieb, zumindest das einzige Geschäftshotel im deutschsprachigen Raum, in dem jeder Gast den gleichen Preis bezahlt. Wir haben diese Preisgarantie seit 1985. Damals gab es noch schriftliche Sales Manuals, also Verkaufsbroschüren. Auf der Titelseite prangte das umgekehrte deutsche Sprichwort: „Ohne Preis kein Fleiß.“ Damit waren die Schnäppchenjäger gleich mal abgeschreckt. Sie sollten von vorneherein wissen, dass sie gar nicht nach Rabatten zu fragen brauchen. Und dann stand in der Broschüre: „Wir garantieren Ihnen, dass niemand unsere Leistungen zu einem anderen Preis erhält als Sie.“ Ob ein Gast zweimal bei uns übernachtet oder ob er tausendmal bei uns eincheckt und Vorstand eines Dax-Unternehmens ist – jeder zahlt den gleichen Preis. Inzwischen habe ich die Preisgarantie von einem Steinmetz in Granit meißeln lassen. Sie hängt jetzt draußen vor der Tür, damit jeder, bevor er die Rezeption betritt, Bescheid weiß.

Für uns ist „Rabatt“ ein anderes Wort für Verzweiflung. Und wenn Sie es genau anschauen: Heute wissen nicht nur die Kollegen, dass es einem Unternehmer dreckig geht, wenn er ständig mit irgendwelchen Preisaktionen daherkommt, heute wissen es die Kunden auch. Im Marketing gibt es kein richtig und kein falsch. Wenn Sie mit Rabatten erfolgreich sind, machen Sie weiter. Aber unsere gute Liquiditätslage basiert vor allem darauf, dass wir nie Preisnachlässe gegeben haben.

Jetzt, nach der Corona-Zeit, ist die Auslastung zwar noch nicht so hoch wie normalerweise, aber trotzdem habe ich bei vollem Preis und 60-prozentiger Auslastung mehr in der Kasse, als ich mit Revenue-Management und 90 Prozent Auslastung hätte, wenn jeder einen anderen Preis zahlen würde. Das Theater machen wir nicht mit.

Die zweite starke Regel: Wir schließen immer von den Kunden auf die Marke

Wir verstehen uns ausschließlich als Gastgeber für Individualgäste und nicht für klassische Reisegruppen. Bei uns gibt es keine Pauschalen und keine Omnibusse. Der Omnibus vor der Tür eines Geschäftshotels ist ein sicheres Zeichen für den Niedergang. Um es bildlich zu umschreiben: Der Patient zuckt noch ein bisschen und die Apparate verlängern nur seinen Leidensweg. Würde der Betreiber gleich zumachen, hätte er es hinter sich. Kann man anders sehen, ich sehe es so.

Aber ich kann Ihnen ein schönes Beispiel dafür geben. Als ich ein Seminar an der Ostsee hielt, in Stralsund, stieg ich in einem Hotel ab. Im Frühstücksraum sah ich auf jedem Tisch ein Zettelchen mit der Aufschrift: „Liebe Gäste, für 1,50 Euro pro Stück bieten wir Ihnen an, sich Brötchen für unterwegs selber zu belegen. Die Bezahlung erfolgt bitte beim Frühstücksteam.“

Ich war verblüfft: Ich komme hierher zum Frühstücken, und wenn ich mir ein Brötchen schmiere, muss ich dafür bezahlen? Meine Erkenntnis: Man rechnet mit Reisegruppen, die sich Doggybags für den Sightseeing-Tag mitnehmen. Damit das Frühstücksbuffet nicht nach einer halben Stunde leergeräumt ist, müssen die Gastgeber es so machen.

Und jetzt können Sie sich vorstellen, was passiert, wenn ein Geschäftsmann in ein solches Hotel kommt. Es gibt Gästegruppen, die einfach nicht zueinander passen. Dann entsteht eine Kollision. Ein Hotel kann sich natürlich auf Reisegruppen spezialisieren, dann wird sich aber ein Individualgast wahrscheinlich weniger wohlfühlen. Das muss jeder für sich entscheiden.

Die dritte Regel: Eine Marke führt, sie folgt nicht

Sie müssen nicht alles nachmachen, was andere oder große Unternehmen Ihnen vormachen. Wer gegen den Strom schwimmt, kommt schneller zur Quelle. Also: Ziehen Sie Ihr Ding durch, wenn Sie es gut geprüft haben. Und Sie werden sehen, Sie werden damit erfolgreich sein. Ihre Kunden kaufen Ihr Produkt, wenn Sie selbst an Ihr Angebot glauben. Es geht nicht primär um das Produkt, sondern um den Glauben des Anbieters.

Ich habe meine Marke einmal von einer Fachhochschule bewerten lassen. Das ist bestimmt fünfzehn Jahre her. Damals hatte das Wörtchen „Schindlerhof“ schon einen Wert von 1,8 Millionen Euro. Heute tippe ich auf 2,8 Millionen Euro. Und damit habe ich natürlich Manövriermasse bei einer Finanzierung, sodass ich einem „Banker“ sagen kann: „Den Markenwert überlasse ich Ihnen gerne.“ Deshalb mein Tipp: Lassen Sie Ihre Marke bewerten.

DER SCHINDLERHOF IN ZAHLEN

Circa 1,5 Prozent vom Gesamtnettoumsatz geben wir für Marketing aus: Drucksachen, Mailings, Events, Homepage, Social Media, CRM sowie Öffentlichkeitsarbeit. 2019 lag das Marketing-Budget bei etwa 100.000 Euro. Klassische Werbung: 0 Euro.

Eine Stellenanzeige in einer Tageszeitung oder auch online halte ich für rausgeworfenes Geld. Zumindest hat sich bei uns noch nie ein passender Bewerber daraufhin gemeldet. Die guten Bewerbungen kommen über andere Kanäle. Und ich stehe nicht alleine mit dieser Ansicht.

Der ehemalige Präsident des Schweizer Art Directors Club, Jean Etienne Aebi, meint, ein Großteil der Werbung sei pure Belästigung. Er sagt aber nicht: „alle Werbung“. Im Marketing gibt es nun mal kein richtig und kein falsch.

Das heißt: Wenn Sie klassische Werbung betreiben und erfolgreich damit sind, machen Sie weiter. Aber es geht auch ohne. Verkaufswege sind Kapillarsysteme. Es kann sogar sein, dass die Kunden von allein zu Ihnen kommen, im Sinne von „Product, find your market“. Wenn etwas attraktiv ist, findet es automatisch seine Käufer.

Umsatzwachstum

Das Letzte, was ich Ihnen zeigen möchte, bevor wir richtig einsteigen, ist ein Spagat, ein dynamisches Feld. Und in dem Feld bewegen wir uns. Auf der einen Seite steht das Umsatzwachstum, auf der anderen Seite der Gewinn.

Wachstum ist immer ein Zeichen von Attraktivität. Die Amerikaner bringen es auf den Punkt, indem sie die Frage stellen: „Are we doing the right things?“ Tun wir die richtigen Dinge?

Während der Corona-Zeit mussten wir feststellen, dass wir in Bezug auf die Zukunft nicht mehr die richtigen Dinge getan haben. Infolgedessen haben wir uns völlig neu erfunden. Wir haben viel investiert in dieser Zeit.

Ein Beispiel: Unser ältestes Tagungshaus wurde 1990 gebaut und sah noch relativ gut aus, aber es war nicht mehr attraktiv genug. Also haben wir 600.000 Euro investiert, den Raum mit LED-Beamern ausgestattet und neue Teppichböden verlegt. Wir haben außerdem 65 Lichtstimmungen an der Decke angebracht. Wenn beispielsweise die AOK tagt, können wir jetzt den Himmel in Rot oder in Grün illuminieren.

In einem anderen Tagungsraum stehen wir vor der gleichen Situation. Der Beamer ist fünf Jahre alt, hat 27.000 Euro gekostet und wird demnächst einer Hotelfachschule geschenkt. Denn wir stellen alles auf LED-Wände um. Allein die LED-Wand in diesem Raum kostet 80.000 Euro. In den kleineren wird es günstiger. Alles in allem liegen wir bei 100.000 Euro, die wir investieren, damit wir wieder auf dem aktuellen Stand sind.

Wenn ich die Attraktivität steigere, kommt das Wachstum. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Je nachdem, wie wir es uns leisten können, bauen wir jedes Jahr zwei, drei, vier, fünf Hotelzimmer um. Mit Kupferbadewannen, mit Holzbadewannen, mit Großgrafiken an der Wand, um immer wieder die Attraktivität zu steigern.

Ergebnis: In den 35 Jahren vor Corona hatten wir 400 Prozent Wachstum. Das heißt: rund 10 Prozent Wachstum pro Jahr. Ein ganz gemütliches organisches Wachstum.

Gewinn

Auf der anderen Seite des dynamischen Feldes steht der Gewinn. Gewinn ist ein Zeichen für Effizienz. Hier stellen wir uns die Frage: „Are we doing the things right?“ Tun wir das, was wir als richtig empfinden, denn auch richtig? An dieser Stelle greift die zweite Hauptaufgabe des Unternehmers: die ökonomische Führung des Unternehmens, das kleine Einmaleins der Organisation, das heißt, die ständige Prozessoptimierung.

Die beste Möglichkeit, die Bonität eines Unternehmens auf den Prüfstand zu stellen, ist das Rating. Jeder Unternehmer wird einmal im Jahr von seinem „Banker“ vorgeführt und bekommt eine Schulnote verpasst. Wie ein Schulbub. Und je nachdem, wie gut oder schlecht die Note ausfällt, sagt der „Banker“ dann: „Ich darf Ihnen keinen Kredit mehr geben.“ Oder: „Ich muss mehr Geld für den Kredit verlangen.“ Deswegen ist es wichtig, dass wir unser Rating, also unsere Einschätzung, unsere Note, ganz genau kennen.

Ratings

Unsere Ratings nach dem ersten Jahr Corona: Bei der Volksbank Raiffeisenbank fand das Rating-Gespräch am 24.02.2022 statt. Wir erhielten die Note „1d“, was eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,23 Prozent bedeutet. Bei Standard and Poor’s, der großen Rating-Agentur, entspricht diese Note einem „Triple B“. „Triple B“ heißt, ich bin noch im Investment Range. Eine amerikanische Lebensversicherung dürfte in einem so gearteten Unternehmen sogar Kundengelder anlegen. Das interessiert mich nicht. Ich will nur wissen: Was muss ich bezahlen, wenn ich Geld brauche?

Für dieses Jahr habe ich eine Margenvereinbarung von 0,8 Prozent. Das heißt, wenn wir finanzieren wollen, dann holt sich meine Frau vor dem Frühstück das „Handelsblatt“ und schaut nach: Wie kauft der „Banker“ heute sein Geld ein? Euribor, persönliche Schuldverschreibungen, außerdem spielt natürlich die Dauer der Zinsbindungen eine Rolle. Und dann wissen wir: EK plus 0,8 ergibt die Summe, die wir zahlen. Die Marge ist eine Hausnummer. Alles, was über 1 Prozent liegt, ist unanständig.

Ich kenne gut gehende Unternehmen, die darauf nicht genug geachtet haben. Sie bezahlen 2 oder 3 Prozent Marge, weil sie einfach nicht hart genug verhandeln.

Das ist auch der Grund, warum man zwei Banken braucht. Die zweite Bank ist unsere Sparkasse. Dort fand im April 2022 das neue Rating-Gespräch statt. Sparkassen haben ein anderes Rating-System, von 1 bis 18. Die 1 wird nie vergeben, nicht einmal an Siemens. Das sei die Reserve, so gut sei kein Unternehmen, sagen unsere Gesprächspartner. Wir lagen nach einem Jahr Corona bei 5. Da ist das Ausfallrisiko mit 0,4 Prozent etwas höher.

Es gibt Großbanken, die zum Beispiel Hotellerie- und Gastronomiebetriebe überhaupt nicht mehr finanzieren, die auch keine Autohäuser und Supermärkte mehr finanzieren, weil sie mit diesem Investment Verluste hinnehmen mussten. Bei Sparkassen und Raiffeisenbanken ist die Bereitschaft noch da.

Eigenkapitalquote

Eine weitere Kennzahl: die Eigenkapitalquote. 2020 lag unsere Eigenkapitalquote bei 45,97 Prozent. Dazu muss man wissen: Ich habe 19,5 Millionen investiert und habe im Moment vielleicht 2,8 Millionen Verbindlichkeiten. Jetzt müsste man eigentlich annehmen, dies ergäbe 80 Prozent Eigenkapital. Stimmt aber nicht, weil die Immobilien auch abgeschrieben werden.

Meine erste Immobilie war denkmalgeschützt und wurde auf zwölf Jahre abgeschrieben. Da ist nichts mehr da, außer dem Grundstück. Die anderen Immobilien wurden natürlich auch abgeschrieben. Und wenn ich den abgeschriebenen Teil nehme und die Summe dann gegen die Verbindlichkeiten aufrechne, dann komme ich auf 46 Prozent Eigenkapital. Damit kann ich in jedes Rating-Gespräch entspannt hineingehen. Zudem kann ich Kreditvereinbarungen auch am Telefon treffen, die Bank will mich gar nicht persönlich sehen. Für diese Situation gibt es zwei Gründe. Einerseits liegt es daran, dass wir relativ schnell getilgt haben. Und zweitens haben wir eigene Immobilien. Ohne eigene Immobilien bekommen Sie das natürlich nicht so hin.

Wachstum

Denken Sie beim Wachsen immer an ein Treppenhaus. Das Bild des Treppenhauses bedeutet: Sie wachsen und dann konsolidieren Sie. Dann wachsen Sie wieder und dann konsolidieren Sie wieder. Auf diese Weise dauert das Wachstum zwar länger, aber Sie bleiben Herr oder Frau im eigenen Haus. Wenn Sie linear wachsen, bloß weil die Geschäftsidee gut ist, dann wachsen Sie ein paar Jahre und irgendwann stellt Ihnen der „Banker“ beim Rating-Gespräch noch jemanden vor und sagt: „Das wird Ihr zukünftiger Partner sein. Wenn Sie nicht mitmachen, drehen wir Ihnen den Hahn zu. Wir finanzieren Sie nicht mehr.“ Und dabei kommen die wildesten Finanzierungsmöglichkeiten heraus, mit Risikokapital, Venture-Capital oder Crowdfunding – die tollsten Sachen. Das passiert, wenn Unternehmen so schnell wachsen, dass sie keine klassische Finanzierung mehr hinbekommen.

In der IT-Branche ist es ganz schlimm, das weiß ich von meinem Schwiegersohn. Keine Bank finanziert ein IT-Startup. Die „Banker“ sagen: „Wir haben uns dabei so oft die Finger verbrannt, dass wir es einfach nicht mehr machen.“

Mein Rat: Wachsen Sie langsam, organisch, und behalten Sie immer das Eigenkapital im Blick. Einen Unternehmer können Sie nachts um 4:00 Uhr wecken und er sagt Ihnen seine Eigenkapitalquote wie aus der Pistole geschossen.

HAUPTAUFGABEN DES UNTERNEHMERS: MITARBEITERORIENTIERUNG

Zum Baustein „Arbeitgebermarke“ gehört eine der Hauptaufgaben des Unternehmers: die Mitarbeiterorientierung.

Kürzlich las ich einen Artikel von Prof. Dr. Wolfgang Jenewein von der Universität St. Gallen in der Schweiz. Er hat mich elektrisiert, weil er der Erste war, der mit diesem seit Jahrzehnten umherwabernden Mythos „Motivation“ aufgeräumt hat.

Was treibt uns an?

Prof. Jenewein hat es auf den Punkt gebracht, indem er fragte: Was treibt uns an?

Insgesamt haben wir fünf Möglichkeiten, um uns zu motivieren. Die ersten zwei sind extrinsisch, sie kommen also von außen auf uns zu. Eine der beiden heißt: „Ich habe einen persönlichen Nutzen, wenn ich mich krummlege, wenn ich hart arbeite.“

In meiner Generation und für mich persönlich war das Finanzielle der wichtigste Antrieb. Ich bin Flüchtlingskind, meine Familie hat in Ostpreußen alles verloren. Meine Frau ist auch ein Flüchtlingskind, ihre Familie hat in Ostdeutschland alles verloren, sie wurden zweimal