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Andromeda, eine Bioinformatikerin mit außergewöhnlichen Neigung im Job und beim Sex. Thor, der Chef des Teams, ein Anthropologe aus Leipzig, der zusammen mit Andromeda und seinem Team die Herkunft der 'I'-Gene entdeckt, also alles das, was man schlechthin 'Intelligenz' beim Menschen nennt. Carol seine Frau, die wie Hera über ihre Ehe wacht. Björn, der Schwule im Team, der sich vor der Arbeit zu drücken versucht. Peter O., ein alter Astronom, der eine neue Definition des Begriffs 'Sternentor' gefunden zu haben glaubt. Ein US-Investor mit Namen 'D-DT', der das Projekt 'Paulatim' mit ausreichend Finanzmittel versorgt, um das Sternentor im Jahre 2880 zu durchschreiten und der Menscheit den Sprung in den Weltraum ermöglicht.
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Seitenzahl: 363
Veröffentlichungsjahr: 2018
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C.-A. Rebaf
'I'-Gene
Roman
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Erde, nördliche Hemisphäre, 1970 – 2060 n.Chr.
Leipzig, 2053 n. Chr.: Eine Drohne stürzt auf Linie 15
Berlin, Grunewald, 2053 n. Chr.: Das Sternentor
Leipzig, 2053 n. Chr.: Einsitzer von Andromeda oder Hera streitet mit Athene
Leipzig, 2053 n.Chr.: Wird Andromeda wieder einmal fündig?
Leipzig, 2053 n.Chr.: Das ‚Hucanoidea-Genom'
Berlin-Grunewald, Macapá, 2054 n. Chr.: Aufzug zu den Sternen
London, 2054 n. Chr.: London Eye
Leipzig, 2054 n.Chr.: Andromeda erleidet einem literarischen Interruptus
Leipzig, Tübingen, 2054 n.Chr.: Thor braucht Hilfe
Berlin-Grunewald, 2054 n.Chr.: Schon wieder ein Investor
Leipzig, Tübingen 2054 n. Chr.: Abriss der 'Artenbarriere'
Berlin-West, 1982 n. Chr.: Mikro-Umgebung
Berlin-West, 1982 n. Chr.: Mikro-Umgebung
Leipzig, London, 2054 n. Chr.: Hund-Mensch lebte in Ägypten
New York, 2054 n. Chr.: Peter und ‘D-DT‘
Berlin-West, 1982 n. Chr.: Das trialistische Prinzip
San Francisco 2055 n. Chr.: Das Marketingkonzept
Berlin-West, 1983 n. Chr.: Steglitz, Radio Rading: der Toshiba Walkman
Cambridge, 2055 n. Chr.: Ideenfindung
Rhön, Pfingsten 1983 n. Chr.: Die Geburt von 'Musik in der Landschaft'
Kreta, 08.10.1983 n. Chr.: Ankunft
Kreta, 9.10.1983 n.Chr.: Der Felix-Traum
Kreta, 15.10.1983 n. Chr.: Felix bei den Aussteigern
Vai, 16.10.1983 n. Chr.: Mahler-Symphonie Nr. 10 am nächtlichen Strand
Leipzig, 2054 n. Chr.: Ausgerechnet Andromeda!
Leipzig, Tübingen, 2055 n. Chr.: Thors neues Ziel
Berlin-West, 1984 n. Chr.: Zwei rotgetigerte Katzen im Interzonenverkehr
Leipzig, 2055 n.Chr.: Das ‚I-Gen‘ und die ‚Taiga-Trommel‘
Leipzig, Tübingen, 2055 n.Chr.: Mikes Arbeitsvertrag
Leipzig, Cambridge, 2055 n. Chr.: Die Einladung
Leipzig, 2055 n.Chr.: Ravel und Debussy
New York, 2055 n. Chr.: Das Energiekonzept
Leipzig, 2058 n. Chr.: Der Nobelpreis
New York, 2058 n.Chr.: Das Ende von 'Paulatim' ?
Leipzig, 2058 n. Chr.: Andromeda und die doppelte Erfüllung
Vorspiel im Weltall, 700.000-125.000 v. Chr.
ρ-ψ, ca. 700.000 v. Chr.: ‚KHKH‘ der Startschuss
KHK ‚ρ-ψ’ ca. 125.000 v. Chr.: Irgendwo im Weltall
KHK ‚ρ-ψ‘, ca. 125.000 v. Chr.: Murrat
Altägypten, 4030 - 3960 v. Chr.
Altägypten, 4005 v. Chr.: Abel verlässt seine Schafherde
‚ρ-ψ’, 4005 v. Chr.: Die Landung auf dem blauen Planeten
Altägypten, 4003 v. Chr.: Eine Überraschung in der Schafherde
‚ρ-ψ’, 3985 v. Chr.: Das Mädchen mit den spitzen Ohren
Altägypten, 3984 v. Chr.: Naama und Abel
‚ρ-ψ’, 3983 v. Chr.: Alina und Ferdinand, eine Liebesgeschichte
Altägypten, 3970 v. Chr.: Eine erste terrestrische Expedition
Altägypten, 3968 v. Chr.: Die Begrüßung der Götter
Altägypten, 3968 v. Chr.: Das Opfer
‚ρ-ψ’, 3967 v. Chr.: Menschen auf ‚ρ-ψ‘
‚ρ-ψ’, 3965 v. Chr.: Not-Start aus dem Sonnensystem
Altägypten, 3963 v. Chr.: Die Geburt Adam und Evas
Altägypten, 3953 v. Chr.: …und die Bibel hat doch recht!
Die ferne und sehr ferne Zukunft (< 2500 n. Chr.)
Erde, Mond ca. 2563 n. Chr.: Die Mondaußenstation
Mond, ca. 2564 n. Chr.: Das erste Mond-Baby
Mond, Mars, ca. 2878 n. Chr.: Vom Mars zu 1950DA
1950DA, ca. 3000 n. Chr.: Der Tunnelröhren-Sozialismus
‚ρ-ψ‘, ca. 24.000 n. Chr.: Oriana oder der Lohn für Hartnäckigkeit
Proxima-Centauri, ca. 25.000 n. Chr.: Rendezvous der Kulturen
Proxima-Centauri (La Réunion), ca. 25.000 n. Chr.: Wohin? Was nun?
'La Réunion', ca. 25.000 n. Chr.: Helios erstrahlt am Himmel
Danksagung
Impressum neobooks
Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen in diesem Roman sind rein zufällig. Alle namentlich genannten Personen sind frei erfunden.
Enthält deutliche Beschreibungen sexueller Handlungen und ist nur für Erwachsene geschrieben.
Umschlagsgrafik: © C.-A. Rebaf
© 2018 alle Rechte liegen bei C.-A. Rebaf
Gewidmet Hans Rosling, den ich leider nur posthum im Internet kennengelernt habe. In Anerkennung seiner Verdienste zur Rettung der Menschheit.
„Das war wieder ein herrlicher Sex mit dir heute Morgen“, sagte Carol und schüttelte ihre kurzen blonden Locken, „und das nach 10 Jahren Beziehung. Wie machst du das immer?“ „Das ist wohl eine rhetorische Fragen oder?“, antwortete Thor. „Du musst schon fragen, wie machen wir das zusammen, oder nicht? Das hängt doch nicht nur von mir alleine ab. Du tust ja auch etwas dafür.“ „Dein Penis fragt meine Vagina immer solche Sachen, das macht mich kribbelig und dann wenn es dir kommt, fällt meinem Teil dann auch eine Antwort ein, eine sehr schöne!“ „Das ist ja wie bei meiner Arbeit: Ich frage Andromeda ständig Dinge, die sie dann in ihren Computer überträgt und zu beantworten versucht. Ungeduldig, wie ich nun einmal bin, bohre ich weiter: Wie ist das jetzt mit der DNA aus dem Knöchelchen vom British Museum. Hast du schon Ergebnisse? Es kommt zurück: Wenn ich mir ganz sicher wäre, hätte ich es dir schon gestern Abend gesagt, aber es ist verzwickt.“
Die Miene seiner Frau fror gerade ein, wie bei einem Film, der hängen bleibt.
Thor wollte diese Wendung nicht akzeptieren und plapperte weiter drauf los: „Stell dir vor, sie haben Übereinstimmungen mit menschlichen Genom-Sequenzen gefunden, aber nur eine geringe Prozentzahl. Der Rest ist Fehlanzeige. Dass diese Bioinformatiker das immer so kompliziert machen müssen!“ Carol verstand diese Details überhaupt nicht, hatte auch keine Lust weiter nachzufragen und heuchelte Interesse, indem sie sich auf die Metaebene begab: „Was heißt hier kompliziert, du in deiner Abteilung, ihr habt doch die Sequenz festgestellt. Andromeda hat nur die Analyse übernommen. Ich denke, ihr habt das Problem verkompliziert!“, nahm sie Andromeda plötzlich aus weiblicher Solidarität in Schutz, obwohl sie die rotbraune Frau überhaupt nicht mochte und ständig eine Eifersucht gegen sie bekämpfen musste und fügt noch hinzu: „Lass uns nicht wegen der Arbeit streiten, sonst wird der Sex am Morgen nicht mehr so gut!“
Er wollte gerade noch etwas zum Projekt hinzufügen, da pupste Carols Smartphone und kündigte eine SMS an. Carol war erleichtert: „Die Last-Drohne vom EDEKA ist unterwegs mit unserem Lebensmitteleinkauf. Bei durchschnittlichem Luftverkehr sollte sie in sieben Minuten ankommen“, las sie vor. Sie hatte am Vorabend noch die Liste mit fehlendem Material vom Kühlschrank mit ihren individuellen Wünschen ergänzt und abgeschickt. „Du wolltest noch etwas sagen?“ fragte sie. „Habe ich vergessen, aber ich muss los wir sehen uns später.“ Thor – der eigentlich Thor-Svante hieß, was aber viel zu lang war und deswegen fiel Svante immer unter den Tisch – Thor also, stand vom Frühstückstisch auf, gab ihr einen Kuss und ging ins Badezimmer zum Zähne putzen. Dann nahm er seinen Laptop und machte sich auf den Weg zur Straßenbahn. Die Linie 15 der LVB fuhr auch noch 2053 in Leipzig zum Deutschen Platz, wo sein Institut stand, ein Bau, der inzwischen auch schon in die Jahre gekommen war und einer dringenden Renovierung bedurfte. Aber immerhin hatte das Institut dank einiger hervorragender Wissenschaftler in der Gründungszeit weltweit einen guten Ruf.
Das Smartphone meldete sich noch einmal, die Drohne mit zwei braunen Packpapiertüten landete gerade vor der Haustüre und Carol entnahm ihren Einkauf, quittierte den Empfang auf dem Touch-Display und räumte die Waren in den Input-Port des Kühlschranks ein, wo sie eingescannt und so registriert wurden.
Kitty, ihre betagte Katzendame, schnurrte ihr zwischen den Beinen und forderte sie lautstark auf, die Morgenmahlzeit zu servieren. Die alte Dame war schon 15 Jahre alt, aber noch immer tigerte sie topfit durch die Wohnung. Carol und Thor hatten sich an sie gewöhnt.
Thor hat sie dressiert, ihn nicht auf der Toilette zu stören! Er spreizte Zeige- und Mittelfinger zu einem ‚V‘-Zeichen und richtete dies mit ausgestrecktem Arm auf die Augen des Pelztieres. Er wusste auch nicht genau warum, aber nach einigen Versuchen klappte es und er musste nur das ‚V‘-Zeichen machen und schon trollte sie von dannen. Irgendwie hatte Thor das Gefühl, dass dieser Angriff auf die Augen dem Tier unangenehm war.
Im Stadtteil Paunsdorf, wo es eine herrliche Sauna-Landschaft gibt, ging im gleichen Moment auch Andromeda ins Bad, vervollständigte ihr Make-up und machte sich auf den Weg mit ihrem kleinen FIAT 500 ‚Refit-Elektro‘ zur Permoserstraße, wo sie im „Institut für Vergleichende Bioinformatik“ arbeitete. Der Verkehr war, wie immer, zäh, aber die vier kleinen Elektromotoren an den Rädern brachten es auf gut 250 PS. Irgendwann um 2020 herum wurde der alte Abarth-Verbrennungsmotor in dieser kleinen Knutschkugel durch Elektroantrieb ersetzt. Das war jetzt auch schon eine Weile her. Aber die neue, immer weiter verbesserte Elektroantriebstechnologie, erlaubten Andromeda jetzt mega-schnelle Überholmanöver und Lücken-Hopping auch im dichtesten Verkehr, weil das Gangschalten jetzt wegfiel. Die Anzugleistung aus dem Stand gefiel Andromeda besonders. Mit keinem Verbrennungsmotor wurde sie beim Beschleunigen so stark in den Sitz gedrückt, zumal ihr Gefährt nur aus einem Sitz mit Akkumulatoren rund herum und den Antriebsmotoren bestand. Andromeda liebte es, besonders schnell zu fahren und kam in Rekord-Zeit am Institut an.
Dort erledigte sie ihre Routine und scrollte dann gezielt durch die Informationsbanken ihres Computers. Sie war sehr streng organisiert. Es gab Freunde, die ihr bescheinigten, dem autistischen Umfeld zugeordnet zu sein; wohl der Grund, warum ihr die Informatik so ans Herz gewachsen war. Sie liebte diese Betätigung, da sie ihren zwanghaften Drang, Ordnung und Struktur zu schaffen, befriedigen konnte. Sie vermied allzu viel menschliche Nähe, weil sie ihr nicht gut tat. Aber sie sehnte sich doch immer danach. Das war der Konflikt ihres Lebens, den sie immer durch ihre hervorragende Arbeit zu kompensieren versuchte. Das spiegelte sich auch in ihren wechselnden Beziehungen zu Männern wieder, die ihr bisheriges Leben durchzogen. Immer dann, wenn sie dachte, bei einem Mann ange-kommen zu sein, wunderte sie sich, dass dieser nicht akzeptieren konnte, dass sie ihre Freiheit - wie sie es nannte - brauchte und die Forderungen der Gegenseite nach mehr und häufiger Nähe und Zweisamkeit schroff ablehnte. Aber sie hatte ja ihre Computerwelt – hier war es ihr besonders wichtig, durch die Herstellung von Verbindungen zwischen den weltweit bestehenden Daten-Clouds, eine neue Informationsqualität zu erzeugen. Die Sehnsucht nach menschlicher Nähe kompensierte sie im übertragenen Sinne dadurch, dass sie Nähe für Datenbanken erzeugte. Dabei spielte es oft keine Rolle, ob die Datenformate kompatibel waren, denn es gab inzwischen ausreichend technische Möglichkeiten diese Kompatibilität zu erzeugen.
Gerade kürzlich war es ihr gelungen, Scans von Aufzeichnungen aus dem British Museum aus tiefster Vergangenheit zu digitalisieren und so der Datenwelt zu eröffnen. Das waren handschriftliche Beschreibungen von Ausgrabungen in Ägypten im 19. Jahrhundert; darunter auch kleinste Notizen. Aber es zeigte sich mit fortschreitender Entwicklung, dass solche Beobachtungen aus der Vergangenheit für die moderne Forschung immer wichtiger wurden. Das Daten-Digging in den Archiven der Museen wurde immer wichtiger und Andromeda lieferte dazu entscheidende Beiträge. Nicht nur Dokumente, die in wissenschaftlichen Archiven zu finden waren, sondern vor allem private oder halb-private Aufzeichnungen, die auf skurrilen Wegen die Öffentlichkeit erreichten, gaben besonders viele Hinweise. Vor allem, wenn man diese dann wie Puzzleteile in die Lücken füllte, die die unvollständige Wissenschaft der Vergangenheit hinterließ. Oft waren das Papiere, die auf einem Speicher, in einem englischen Schloss, in Schrank-koffern gefunden und dann über Ebay zum Verkauf angeboten wurden. Andromeda prüfte da gerade wieder einmal eines dieser unzähligen Angebote. Es war sehr schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen und etwaige raffinierte Fälschungen von Authentischem zu unterscheiden. Das ihr gerade neu angebotene Tagebuch soll von einem Diener geschrieben worden sein, der den berühmten Ägyptologen Carter auf seinen Expeditionen im Land der Pharaonen begleitete. Sein Name war John. Er schrieb eigentlich eher aus Langeweile und weil er es seinem Herrn gleichtun wollte. Der Inhalt war eher bescheiden, die Sätze sehr einfach und es gab massenweise Worte aus dem Cockney, die erst mit viel Mühe ins Hochenglische über-tragen werden mussten. War dies geschafft, dann konnte der Text einer vernünftigen Analyse unterzogen werden. Andromeda hatte eine Software geschrieben, die die Fakten – einzelne Puzzlesteine – aus dem Zusammenhang heraus-zog, vereinzelte und in eine Datenbank einspeiste. Diese verglich sie dann mit denen der wissenschaftlichen Literatur. Es war erstaunlich, wie viele Bestätigungen und logisch sinnvolle Ergänzungen zu den Originalarbeiten, etwa von Newton, Darwin oder Lavoisier, zu Tage kamen. Das gesamte Vorgehen entsprach dem Charakter von Andromeda und erfüllte sie mit ungeheurer Befriedigung, wenn sie wieder eine Puzzle-Fehlstelle gefüllt hatte.
Im Lauf des Vormittags checkte sie ihre E-Mails und war gespannt, ob der eBay-Anbieter ihr eine Probe hatte zukommen lassen, wie sie es gefordert hatte. Sie wollte ja keine Katze im Sack kaufen, zumal sie ja dafür Institutsgelder einsetzte und sich entsprechend rechtfertigen musste. Aber da sie bereits erfolgreiche Zukäufe in der Vergangenheit getätigt hatte, vertraute man ihr zunehmend.
Tatsächlich, sie erhielt einen File mit einem kurzen Aus-schnitt aus dem angebotenen Tagebuch. Mit Mühe entzifferte sie die krakelige Handschrift:
kam der Doktor in das Zelt und mein Herr wies mich an, ihnen beiden Tee zu servieren. Die beiden Herren unterhielten sich zunächst über die Hitze und dann beugte sich der Gast über einen Holzkasten, in dem ein wildes Durcheinander von Knochen und Knöchelchen aufgeschüttet war. „Die haben wir auf dem Boden zusammengefegt“, erläuterte mein Herr. „Das erscheint mir nicht sehr professionell dokumentiert“, schmunzelte der Gast. „Wir können uns mit diesem Kleinkram nicht verzetteln,“ entschuldigte sich mein Herr, „wir wollen doch die Mumie finden und uns nicht mit solchen Details verspielen!“ Der Doktor nahm anscheinend zufällig ein Knöchelchen und sagte, das sieht ja eher aus, als ob es von einem Hund stammt“…
Das war alles, und damit sollte Andromeda jetzt eine Entscheidung treffen. Das Gebot stand bereits auf 15.000 NEuro. Nach dem Zusammenbruch des europäischen Währungssystems, wurde der „Nord-Euro“ eingeführt, wie er ausgeschrieben hieß. Inzwischen eine gängige Weltwährung, die neben dem US$ üblich war. Die südlichen Euro-Staaten hatten weiterhin die 'Ur'-Währung, den Euro, beibehalten, der jährlich gegen den NEuro abgewertet wurde. Kein Wunder, hatte sich sogar die Schweiz dazu durchgerungen, dieser Verbundwährung von Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Deutschland und Russland beizutreten. Die Schweizer Nationalbank war im Gegenzug maßgeblich bei der Formulierung der Statuten beteiligt gewesen, was dem Erfolg dieser Währung sehr gut tat. Einige Professoren aus St.Gallen hatten die alte SNB sehr gut beraten und die russische Komponente wurde darin hervorragend integriert, vor allem wegen der dortigen noch immer hohen Rohstoffvorkommen. Nach anfänglicher Parität mit dem US$ war nach wenigen Jahren der NEuro etwa 3-4 mal mehr wert und nach der Umstellung des Energiemarktes auf diese neue Währung war es üblich, internationalen Geschäfte auf dieser Basis abzuwickeln.
Irgendetwas sagte Andromeda, dass dies wirklich ein authentisches Dokument war. Ihr Bauchgefühl war inzwischen sehr gut entwickelt. Sie gab sich einen Ruck und gab 50.000 NEuro als Höchstgebot ein und war sicher, damit diese Versteigerung zu gewinnen. Die Restlaufzeit war eh nur noch kurz. „Das gibt wieder viel Arbeit“, dachte sie, „aber zumindest schreibt der Diener einigermaßen lesbar und verständlich. Ich sollte mich dennoch absichern, sicher kann Thor mir bei der Entscheidung helfen.“ Sie ergriff ihr Smartphone, rief ihn an und erwischte ihn in der Straßenbahn. Im Gegensatz zu ihr, liebte er den ÖV. „Hey Thor, ich brauche deine Hilfe!“, platzte sie gleich heraus. „Ich habe wieder einmal ein Dokument, das ich für die Datenbank erwerben will und ich bin mir nicht sehr sicher, ob es so viel Geld wert ist. Ich habe 50.000 NEuro geboten“. Thor pfiff ins Telefon. „Liebes, du verdirbst die Preise“, sagte er lachend. „Nenn mich nicht 'Liebes', wir sind nicht verheiratet! Du weißt, ich mag das nicht! Was soll Carol dazu sagen? Darf ich dir den Probetext schicken?“ „Natürlich, am besten gleich – noch habe ich bei der Fahrt zum Institut hier Zeit.“ Sie schickte eine MMS und er überflog den Text.
Plötzlich gab es einen heftigen Knall, die Straßenbahn bremste abrupt voll ab. Er flog aus seinem Sitz und das Smartphone rutschte über den Boden und zerlegte sich in Einzelteile. Als er sich wieder aufgerappelt hatte – außer einigen blauen Flecken, war ihm wohl nichts passiert – sammelt er die Reste des Smartphones ein. Das Display war dunkel. „Scheiße, es ist hoffentlich nicht kaputtgegangen!“ fluchte er leise und schaute, was los war. Es war das Übliche: Eine überlastete Drohne raste in den Stromabnehmer der Bahn und legte die elektrische Versorgung komplett lahm.
Die Errungenschaften der Zukunft hatten auch noch ihre Schwachstellen! Die Medien diskutierten schon, als Schutz gegen herumirrende Drohnen an allen wichtigen Stellen entsprechende Stahlplatten als Abwehr anzubringen. Die alten Straßenbahnwagen der LVB waren jedoch noch nicht aufgerüstet. Thor war klar, dass er hier nicht weiterkam und schlug sich zu Fuß durch. Er hatte Andromeda völlig vergessen. Diese wiederum machte sich Vorwürfe, Thor so angepöbelt zu haben und sie malte sich aus, wie beleidigt er jetzt war und sich nicht mehr meldete. Sie selbst traute sich deswegen auch nicht, ihn zu kontaktieren.
Thor betrat mit einiger Verspätung das Institut, umrundete das Empfangsrondell und öffnete mit seinem Transponder-Schlüssel die Türen zum innersten Instituts-Heiligtum. Das System war noch das alte und inzwischen völlig veraltet, aber es funktionierte noch immer und war nicht tot zu kriegen.
Er stürmte die Treppen hinauf und erreichte verschwitzt den Meeting-Room 'Neandertal'. Alle Konferenzräume hatte Namen nach bedeutenden Knochen-Fundstätten. Dort angekommen, war die kleine Runde für die montägliche Wochenbesprechung bereits versammelt, er war der letzte. „Sorry, Drohnen-Unfall bei der Linie 15“, entschuldigte er sich und fuhr fort „Was steht heute Morgen an?“ „Wir haben immer noch die ungeklärte Sequenz! Andromeda tappt völlig im Dunkel, aus welchem Genom der Großteil der DNA-Sequenz stammt. Sie hat inzwischen alles Humanoide durch-getestet. Das war schon ein riesiger Aufwand: Neandertaler, A 001, Denisova, Maja, Pygmäen, Aboriginees etc., etc.. Sie erwartet von uns einen Hinweis.“ Björn, ein Mitarbeiter von Thor, beendete damit sein Minireferat. Dieser wirkte ganz geistesabwesend und knallte als Antwort sein Smart-Phone auf den Tisch, das er wieder zusammengesetzt hatte. „Das ging wohl auch kaputt!“, fluchte er. In diesem Moment erwachte das ultraflache Teil aus seinem Tiefschlaf und zeigte ein Vergrößerung des letzten Bildes von Andromedas Dokument. Es war nur zu lesen:
… Knöchelchen und sagte, das sieht ja eher aus, als ob es von einem Hund stammt…
„Was hast du denn, funktioniert doch alles!“, sagte Szophia, die einzige Mikrobiologin in der Runde. „Was steht denn da, ich kann die alte Schrift nicht lesen, heißt das 'Knöchelchen' und 'Hund'? Die Nachricht ist ja von Andromeda!“ ereiferte sie sich. „Ja, sie hatte wieder ein altes Dokument bei eBay aufgetan und mich gefragt, ob sie es ersteigern soll“, erklärte Thor. „Und was war deine Antwort?“ fragte Björn. „Keine, der Drohnen-Unfall kam dazwischen, ich rufe sie sofort an, entschuldigt. Aber unter uns: 'Hund' was soll das?“ murmelte er noch beiläufig, ergriff das Telefon und rief Andromeda an. „Hey Andromeda, wir wurden unterbrochen, wieder einmal eine Drohne in der Oberleitung der Linie 15.“ „Ja, mit meinem Auto wäre das nicht passiert, ich habe den Drohnen-Schutz schon lange montieren lassen“, antwortete sie schnippisch und biss sich auf die Lippen. Das war nun schon der zweite Affront gegen ihn heute und der Tag war noch so jung. „Kaufen“, sagte Thor kurz. „Was kaufen?“, fragte Andromeda verdattert zurück. „Na, das Dokument!“ half er ihr auf die Sprünge. „Welches Dokument?“ „Ja, das von Carters Diener mit der kurzen Unterhaltung wegen der Knöchelchen.“ „Verdammt, das ist mir durch die Lappen gegangen, der Endpunkt der Versteigerung ist verstrichen! Ich schaue gleich nach, ob ich den Zuschlag erhalten habe. Warte bitte einen Moment.“ Nach kurzer Pause, läutete das Telefon im Konferenzraum ‚Neandertal‘ wieder und Andromeda teilt der Runde mit, dass sie überboten wurde. Das Dokument war für die Wissenschaft verloren.
„Na, was soll`s, lass uns die Sache auf den Hund bringen!“, witzelte Szophia, „bevor wir in irgend einen Aktionismus verfallen, soll Andromeda doch anhand weniger einschlägiger Gensequenzen, schauen, ob das Hundegenom ein Ansatz ist.“ „Und dein Vorschlag ist kein Aktionismus? Nur weil das Wort 'Hund' fällt, sollen wir die Forschung darauf ausrichten?“, antwortete Thor sarkastisch. „Hast du eine bessere Idee?“, unterstütze Björn seine Kollegin. Wäre er nicht absolut stockschwul und auch noch ein Vertreter der Weiblichkeit in dieser Kategorie, er hätte sich in die hübsche, kleine, rundliche Frau mit dem rabenschwarzen Bob verlieben können. „Nein, warum nicht Aufwand für einen ersten Genvergleich mit canis vulgaris, oder wie das heißt, einsetzen. Es sollte für Andromeda ohne großen Aufwand zu machen sein. „Wir rufen sie gleich zurück und schlagen ihr das vor“, bemerkte Thor trocken. Schon hatte er das Smartphone in der Hand und rief Andromeda erneut an. „Hey Andromeda, wir meinen, auf Grund der mysteriösen Hinweise heute Morgen, du solltest die unbekannten Gensequenzen des kleinen Knöchelchens versuchsweise mit Sequenzen vom Hund abgleichen. Erst einmal die spezifischen Kernsequenzen. Was meinst du dazu?“ „Ausgerechnet 'Hund', das ist schwierig. Durch die Züchtung von verschiedenen Hunderassen ist eine riesige genetische Vielfalt entstanden. Eine wirklich spezifische Kernsequenz gibt es meines Wissens nicht. Sollte ich mich jetzt mit Kynologie beschäftigen? Es wäre schon wichtig, zu wissen, ob es Pudel oder Mops sein soll“, kam es etwas schnippisch aus der Telefonanlage. Thor hatte inzwischen auf Bild-telefonie umgestellt und alle konnten Andromeda sehen und hören. „Schakal“, sagte Szophia, „der ist nahe am Wolf und vielleicht eine hündische Urform. Für Thor war das alles etwas lächerlich und er stimmte eher aus Langeweile zu. Er wollte die Konferenz jetzt möglich schnell beenden und sich um andere Dinge kümmern. Geduld war nicht seine Stärke, die überließ er gerne seinen Mitarbeitern. „Also gut! Nehmen wir Schakal, das ist eh' eine Schnapsidee“, beschloss Thor, „bis wann hast du Ergebnisse mit deiner Datenmühle?“ Er wollte zum Abschluss witzig sein. „Wenn wir Glück haben, morgen früh. Ich werde alle Mühe haben, richtige Schakal-DNA-Sequenzen zum Vergleich heute im Netz aufzutreiben. Beim Menschen ist das einfacher. Ich mache mich gleich dran“, sagte sie und legte auf. „An die Arbeit!“, trieb Thor seine Leute an und löste das Meeting auf.
Ein alter Professor der Astronomie saß, wie jeden Tag, über seinen Sternkarten. Er war im Institut in Berlin-Grunewald noch geduldet, hatte einen Schreibtisch im Gruppenraum, zusammen mit den jungen Doktoranden. Alle nannten ihn witzelnd den 'Post-Prof‘, in Anlehnung an 'Post-Doc‘. Mit letzterem werden die Wissenschaftler bezeichnet, die nach ihrer Promotion ihre Forschungsarbeiten weiterführen, was im 'best case‘ zu einer Habilitationsschrift führt und das Sprungbrett in den Olymp der Spitzenforscher darstellt. Die Bezeichnung 'Post-Prof‘ für jemanden, der nach jahrelanger aufreibender Arbeit doch nicht den Nobelpreis erhielt und weiterhin als Wissenschaftler nur aus Mangel an anderen Alternativen auch nach der Emeritierung weiter wurschtelt, ist sehr zynisch. Aber Peter erging es so. Seine hübsche, temperamentvolle Frau war ihm in jungen Jahren davon-gelaufen, weil er seiner Forschung erheblich mehr Zeit widmete als ihr. Mit den Jahren war alles nur noch Routine und er kam aus seinem Hamsterrad bis heute nicht heraus. In den Zeiten, wo nur noch Computer, deren Rechenstärke und Schnelligkeit im Verbund des Internets, eine Rolle spielten, war es schon sehr vermessen, dass er sich ein-bildete, mit Sternkarten und Gedrucktem etwas für die Wissenschaft beitragen zu können. Aber ein Mensch, der sein Leben lang so hart gearbeitet hatte, entwickelt den notwendigen Biss und Durchhaltewillen.
Gerade diskutierten die jungen Doktoranden um ihn herum die neueste Nachricht aus dem Netz. Ein Astronom aus Cambridge hatte eine sensationelle Entdeckung gemacht: Unter Zuhilfenahme einer in der Astronomie zunächst unbekannten Datenbank, betrieben von einer in diesen Fachkreisen unbekannten Bioinformatikerin aus Leipzig, war es gelungen, einen alten syrischen Text neu zu deuten. Das zu Grunde liegende Prinzip war denkbar einfach. Die Wissenschaftlerin zerlegte alle mögliche Informationen in einzelne Pakete und stellte sie in eine gigantische Datenbank, vergleichbar mit Wikipedia der alten Zeit. Danach wandte sie einen von ihr erdachten raffinierten Algorithmus an und verknüpfte die Datenpakete neu. Eigentlich war dieses Vorgehen zum Erlangen von Hintergrundinformationen in der Anthropologie gedacht. Aber in Cambridge hatte ein Kollege ihre für alle zugängliche Datenbank entdeckt und auf Fragestellungen der Astrono-mie angewandt. Nach einigen Fehlversuchen gab er das Stichwort 'Sternentor‘ ein.
Dieser Begriff wurde gleich nach der Jahrtausendwende von Hollywood entdeckt und keiner weiß genau, warum und wieso, mit magischen, kreisrunden Wasserwänden in Verbindung gebracht, durch die Menschen verschwanden und in neue Welten ge-'beamt', sprich: transferiert, wurden. Das eigentliche Problem wurde durch einen kühnen Filmschnitt jeweils übergangen: Wie in aller Welt und unter Berücksichtigung derzeitigen realen physikalischen Wissens, konnte ein 70 bis 120 kg schwerer Körper, mit Army-Ausrüstung, in so kurzer Zeit solche riesigen Entfernungen zurücklegen? Klar, es wurde mit Krümmung der Zeitebene, Wurmlöchern und ähnlichem Einsteinschen Mysterien argumentiert, aber einen vernünftigen Menschen, der mit beiden Beinen auf der Erde steht, überzeugte das nicht. Deshalb blieben alle verfilmten 'Sternentore‘ im Bereich des Phantastischen und der Illusionen des Films.
So sah Peter, der 'Post-Prof‘ und Realist, die Dinge auch. Jedoch – irgend etwas musste an dem Begriff doch daran sein. Peter war überzeugt, dass es tatsächlich ein Synonym für etwas war, was die Urmenschen schon geprägt hatte, aber dessen wirkliche Bedeutung nicht überliefert worden oder aber die Überlieferung im Laufe der langen Zeitspanne bis heute verloren gegangen war.
Peter fielen die Drachen in den überlieferten Sagen und Märchen ein. Er war überzeugt, dass einige wenige Saurier in Höhlen den Meteoriteneinschlag im Golf von Mexiko überlebten und diese Bestien einige Urmenschen noch erschreckt hatten, bevor ein Held, wie Siegfried, ihnen den Garaus machen konnte. Peter war es klar, dass Millionen von Jahren die Menschen vom Einschlag trennte, aber die jüngsten Entwicklungen in der Anthropologie zeigten klar, dass die Menschen schon früher auf der Erde erschienen waren, als noch vor kurzem gedacht. Es war nicht erstaun-lich, dass diese Drachen allesamt in Höhlen wohnten, bevorzugt in China und in Europa.
Das Gute an der Wissenschaft sah Peter ja auch darin, dass zuerst eine – vielleicht auch fantastische Vision – im Kopf eines Forschers war und er dann die nachvollziehbare und logische Erklärung dafür hatte. Er ging in diesem Punkt mit den drei Gesetzen von Arthur C. Clarke komplett einher:
1) Wenn ein angesehener, aber älterer Wissenschaftler behauptet, dass etwas möglich ist, hat er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit recht. Wenn er behauptet, dass es unmöglich ist, hat er höchstwahrscheinlich unrecht.
2) Der einzige Weg, die Grenzen des Möglichen zu finden ist, ein klein wenig über dies hinaus in das Unmögliche vorzustoßen.
3) Jede, hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.
Clarke war ein besonderer Mensch für Peter, besonders seit die Planung für den ersten Weltraumaufzug vor wenigen Monaten gestartet wurde, der von diesem schon lange zuvor in der Sciencefiction-Literatur geschildert wurde. Clarke, sein Held schlechthin, stand in seiner eigenen Walhalla noch vor Einstein.
Gerade war die ESA mit ihrem Projekt 'Space-Elevator 1 (SE1)‘ aktuell in aller Munde. Europa hatte damit die Oberhand in der Weltraumforschung wieder zurück-gewonnen, wenn auch weiterhin in englischer Sprache, die als europäische Amtssprache nach der legendären Abstimmung von 2028 festgelegt wurde. Europa hatte zwar die USA überrundet, aber die Sprache blieb gleich.
Natürlich hatten sich die Europäer erst nach der Integration Russlands in das Projekt auf die Überholspur begeben und die USA hinter sich gelassen. Nach langen Diskussionen stimmte die ESA schon vor Jahren zu, dass der terrestrische Ausgangshafen von SE1 in Baikonur angesiedelte wurde, gefolgt von einer zweiten Einheit in Peenemünde, die dritte war geplant als Ausgangspunkt im Golf von Biskaya, eine Berücksichtigung französisch-englischer Interessen, wobei auch Spanien als externer Südeuropa-Partner mitarbeitete. All diese Planungen mussten schnell überarbeitet werden, da die Physik zwingend forderte, dass ein SE nur direkt auf dem Äquator liegen musste, wie es in allen gängigen Sciencefiction-Romanen, vor allem auch von Clarke, geschildert worden war.
Auch die alte Raketen-Abschuss-Basis in Französisch-Guyana lag zwar nahe, aber nicht direkt auf dem Äquator. Deswegen war man gezwungen, mit Brasilien eine Kooperation ein-zugehen und auch dieses Land am Projekt zu beteiligen. Die kleine Stadt Macapá, im Amazonas-Delta, wurde als Standort erwählt.
Das Halteseil aus Karbon-Röhren, als Herzstück von ES1, ist in Sibirien mit deutsch-schweizerischer Maschinen und Chemieanlagen produziert und der Haltesatellit in der geostationären Umlaufbahn in Frankreich und England, auch mit Hilfe US-Fremdfirmen, erfolgreich entwickelt worden.
England hatte zwar 2016 für einen Brexit gestimmt, trat aber nur wenige Jahre später wieder in die EU ein, um die Talfahrt ihrer Wirtschaft zu stoppen, was dann auch gelang.
Der solarbetriebene Aufzug war eine Kooperation eines Firmenkonsortiums, bei denen Thyssen-Krupp, Schindler, Otis und Liebherr, die treibenden Kräfte stellten. Erstere Firma hatte schon vor langer Zeit einen Versuchstower bei Rottweil in Deutschland gebaut, den man von der A81 gut sehen konnte. Dort perfektionierten sie Linearmotorantriebe für Fahrstühle, wohl wissend, dass dies eine wichtige Zukunftstechnologie werden würde. Das war natürlich auch die Technologie der Wahl. Tatsächlich waren an dem Seil die Linearmotorelemente angebracht, die in einem Loch auf der kreisrunden Aufzugplattform ihre magnetischen Gegenüber fanden. Auf diese Weise benötigte man nur ein Halteseil, und nicht etwa ein zweites, oder eigentlich noch ein drittes, um die Fahrstuhlkabine zu bewegen.
Das Projekt war in vollem Gange und stand vor seiner planmäßigen Vollendung. Immerhin musste das Halteseil ja 35.786 km lang sein, um die Entfernung von der Erde zu einem geostationären Haltesatelliten zu überbrücken.
Peter erwachte aus seinem Tagtraum und hörte den Studenten weiter zu, die von jenem Astronom aus Cambridge erzählten. Dieser glaubte wohl, herausgefunden zu haben, dass 'Sternentor' eine ganz bestimmte, seltene Sternenkonstellation meinte. Es war jedoch noch nicht klar welche konkret damit gemeint war.
Peter blieb in seinen Gedanken an dem Begriff 'selten‘ hängen. Er untersuchte mit seinen Sternkarten das Auftauchen und Verschwinden von Meteoriten, Asteroiden und Kometen. Die Informationen dazu waren spärlich und seine Idee war, gerade aus sehr alten astronomischen Aufzeichnungen, etwas Neues zu lernen. Der Begriff 'selten‘ war sehr gängig; denn wenn man einen Kometen, wie den Halley’schen zum Beispiel, betrachtet, kehrt er nur ca. alle 75 Jahre wieder. Dieser ist ja in seinem Erscheinen noch häufig, aber Peter konnte sich Asteroiden vorstellen, die nur einmal in einem durchschnittlichen Leben am Himmel erschienen, andere sogar nur in jeder zweiten oder dritten Generation. So wie etwa 1950 DA, der 1950 entdeckt wurde und 2880 wieder in Erdnähe erwartet wird. Ganz spannend fand er Aufzeichnungen von Exoplaneten. Das waren Himmels-körper, die, ähnlich wie Asteroiden, unser Sonnensystem nur vorübergehend kreuzten, jedoch anderen Sternensystemen angehörten. Der eindeutige Nachweis dieser Himmelskörper war extrem schwierig. Er träumte so in den Tag und ihm wurde klar, dass die exakten Aufzeichnungen dieser Himmelskörper für ihre Beschreibung essentiell waren. „War das in der Vergangenheit immer gegeben?“ fragte er sich und stellte sich einen keltischen Druiden in Stonehenge vor, der vielleicht ein gutes Wissen und exakte Himmelsbeobachtungen machte, aber keine schriftliche Aufzeichnung kannte und vor seinem Sterben sein Wissen mündlich an einen Nachfolger weiterzugeben versuchte. Vielleicht kam er aber auch zu einem schnellen unnatürlichen Tod und sein Wissen ging verloren. Das musste doch zu lückenhafter Wissensüberlieferung führen.
Außerdem war ihm klar, dass diese kleinen Sternenkörper alle nicht immer planbar waren. Sie konnten Masse verlieren und änderten dann ihre Bahnen. „Was, wenn eine bestimmte Konstellationen von diesen kleinen Himmelskörpern als 'Sternentor‘ bezeichnet wurde?“, schoss es ihm durch den Kopf: „Eine erdnahe Begegnung eines Asteroiden! Aber warum 'Tor‘, wer ging wie durch dieses?“ Er blieb mit seinen Gedanken stecken, entschloss sich jedoch, einen Eintrag im Internet zu machen. Er betrieb da einen Blog, den fast niemand las. Ihm war es in seinem Alter gleich, Urheberrechte mit seinem Namen zwingend verbunden zu wissen. Er sah seine Altersweisheit als menschliches Allgemeingut an und wenn ein junger, ehrgeiziger Wissenschaftler ihm seine Ideen von seinem Blog klaute: 'So what!' Er tätigte daher folgenden Eintrag:
18.10.2053
Bezugnehmend auf die Publikation von Sir Al Meyer, Cambridge, beachten Sie folgendes: Mit 'Sternentor' mag eine seltene Sternenkonstellation gemeint sein, ich Peter O. stelle dazu die Hypothese auf, es geht nicht um eine Sternenkonstellation im Allgemeinen, sondern um eine seltene Konstellation von Kleinhimmelskörpern (KHKs), wie Meteoriten, Asteroiden und Kometen, im Bezug zur Erde im Speziellen, also eine Konstellation, bei der es technisch möglich wäre, einen KHK zu 'entern‘, sprich: zu besiedeln, und mit ihm in das Weltall zu fliegen. Um eine saubere Bezeichnungs-Kultur beizubehalten möchte ich den Terminus 'Kleinhimmelskörper‘ (KHK) als Überbegriff hiermit etablieren. KHKs erreichen bekanntermaßen Geschwindigkeiten von 45.000 km/sec. Das ist weit mehr als die Apollo-Kapseln bei der Mondlandung 1969.
Meine Verehrung an die Bioinformatik in Leipzig, die einen so hervorragenden Gedankenanstoß in die von dieser Biowissenschaft soweit abgelegene Astronomie schickte.
mir ein nettes, neues Spiel für uns beide: Jeder von uns lädt zwei Menschen ein und wir schauen dann, ob es ein guter Abend wird. Außerdem sollen die Eingeladenen zwischen uns geheim bleiben, damit erhöht sich die Spannung!“ Carol war begeistert von ihrer Idee. Thor gab ihr einen Kuss und sagte: „Du übertriffst dich, das gefällt mir! So machen wir das“. In seinem Kopf war klar, er würde Björn und Andromeda einladen. Wen sonst?
Carol war eine hübsche Frau, nicht besonders mager und nicht vollschlank, eben ein gutes Mittelmaß, jedoch mit zwei wunderschönen, straffen, großen Brüsten, die Thor immer wieder bewunderte. Alles andere als Mittelmaß!
Sie gab sich große Mühe, sich besonders weiblich zu kleiden und bevorzugte Röcke mit Pullover, die sie mit ihrem hervorragenden Farbempfinden gekonnt mit einer Palette von farbigen Strumpfhosen kombinierte. Ihr mittelbraunes glattes Haar trug sie halblang, zuweilen offen und wenn sie dachte, die Haare wären zu schmutzig, auch als Ross-Schwanz.
Thor hatte sich daran gewöhnt, dass er ihr Zeit lassen musste, wenn sie mit ihrem Outfit nicht mehr weiter wusste. Sie konnte ihren halben Kleiderschrank dann ausräumen und probierte etliche Kombinationen an, die er dann mit Kennerblick begutachtete. Eigentlich war er im tiefsten Inneren kein Karl Lagerfeld, aber er gab sich große Mühe, ihr das nicht zu zeigen und fand immer die richtigen verbalen Beschreibungen für ihre Kombinationen. Das war seine Stärke. Gelegentlich amüsierte er sich über die Modenschau im Schlafzimmer und beamte sich in eine Metaebene an die Schlafzimmerdecke, um besser beobachten zu können. Dann sah er aus dieser Perspektive sie und sich von oben, wenn sie zwischen dem großen Bett und Schrank hin und her schwänzelte, mal angezogen, mal halb nackt, er sich dagegen auf dem Bett räkelte und ihr vergnügt zu schaute. Die kleinen Freuden einer langen Ehe. Thor nannte sei Frau im Geheimen 'Frau Bademantel'. Ihr halbes Leben verbrachte Carol in diesem weißen Kleidungsstück. Die Hausarbeit am Morgen, wie das Aus- und Einräumen des Geschirrspülers, Staub wischen und saugen, Katzenklo säubern, Kochen, alles erledigte sie in diesem Aufzug. Ja, sogar den GeVau mit ihrem Mann verrichtete sie in diesem Gewandt. Er bemerkte dann trocken: „Frau Bademantel poppt sogar im weißen Bademantel.“
Carol pflegte ein ausschweifendes Eheleben und betrieb es aktiv, wann immer sie Lust dazu hatte. Das konnte auch schon einmal nachts um 3 Uhr sein, natürlich in den üblichen Stoßzeiten 7-11 Uhr, aber auch die literarisch beschriebene 'Liebe am Nachmittag', vor und nach dem Fünf-Uhr-Tee, war ihr nicht fremd.
Ihre Umgebung hätte ihr das nicht zugetraut; sie war von außen eine normale, gepflegte Durchschnittsfrau mit einem weiblichen Beruf im sozialen Umfeld.
Eine ihrer Spezialitäten war der Ge-Vau in Sportsocken. Nur wenn ihr Körper auf Betriebstemperatur war, brachte sie die Energie und Geschmeidigkeit sogar für einen TWIN auf. Danach schnurrte sie wie ihre Katze Kitty und schlief ein.
Ge-Vau mit Musik und Bademantel liebte sie auch. Am liebsten zu Bolero von Ravel. Es gelang ihr aber selten bis nie ihren Orgasmus mit der Länge des Musikstückes zu synchronisieren und den orgiastisch-musikalischen Höhepunkt der Musik am Ende erlebte sie meist bereits schlafend.
Am nächsten Morgen bekam Thor überraschend Besuch im Büro. Nico, ein uralter Bekannter, schneite einfach so herein. Der doch immer so resolute Empfang am Institutseingang konnte ihn nicht abwimmeln. „Hey, Thor, wie geht es Dir?“, startete Nico einen langen Redeschwall. Thor war einerseits etwas verärgert über die Störung, hätte er doch lieber mit Andromeda geredet, was ihre Recherche ergab. Andererseits setzte er sich sehr gerne mit Nico auseinander. Das ergab für ihn immer neue Horizonte, da sein Freund in die Kategorie extremer Querdenker einzuordnen ist. Es war so ein Ritual, dass sie zu Beginn eines Treffens sich kurz über ihre aktuellen Probleme austauschten. Nico war von Hause aus Molekularbiologe, betrieb ein kleines eigenständiges Privatlabor und musste nicht für seinen Lebensunterhalt sorgen, da er Mitglied einer Familie war, der ein großer Weltkonzern gehörte. Die Gewinne der Firma wurden nach einem vererbten Schlüssel an die Familienmitglieder verteilt und waren für Nico so hoch, dass er den größten Teil wieder auf sein Konto bei der firmeneigenen Hausbank zurückzahlte, weil er ein bescheidenes Leben führte und ihn Dinge, wie einen Ferrari, eine Finka auf Malle oder eine Villa am Rodeo-Drive, nicht reizte. War er doch mit seiner Eigentumswohnung in Berlin-Neukölln zufrieden und genoss die Buntheit der Stadt..
„Weißt du, ich habe gerade ein spannendes aber uraltes Kapitel in der Biologie entdeckt 'Die Arten‘ “, platzte Nico heraus. „Das ist gerade kein Ruhmesblatt, mit dem sich die Biologie schmücken kann! Ich verstehe ja noch, dass es in der Natur des Menschen liegt, die Phänomene, die man beobachtet, kategorisieren zu wollen, ja geradezu zu müssen. Also fing man früh an: Der alte Linné hatte schon im 18. Jahrhundert mit seiner Taxonomie begonnen, alles Leben in Schubladen zu packen: 'Fagus‘ die Buche, da es aber viele verschiedene Buchenarten gibt 'Fagus sylvatica‘ die Rotbuche, eine genauere Schublade. Also 'Gattung' und 'Art'. 'Panthera‘ alle pantherartigen, dann 'Pantheraleo‘, der Löwe. Dieses morphologische Artenkonzept ist schön und gut, kommt aber sofort an seine Grenzen, wenn man die Fortpflanzung mit berücksichtigt. Ein Pferd und ein Esel lassen sich morphologisch abgrenzen, aber, siehe da sie paaren sich und ergeben unfruchtbare Hybride: Muli. Tiger und Löwe lassen sich im Zoo sehr wohl kreuzen, aber solch ein Hybrid wird in der Natur nie gefunden. Natürlich, weil Löwen in der Steppe und Tiger im Urwald leben und die Schnittmenge Urwald am Rand der Steppe sehr klein ist.“ Nico dozierte wie ein Professor und fuhr erbarmungslos fort: „Aber jetzt kommt der Hammer! Neueste Studien mit Arabidopsis-Pflanzen haben folgendes ergeben: Es wurden nach der klassischen Taxonomie 280 Arabidopsis-Pflanzen aus unterschiedlichen Regionen untereinander gekreuzt und in 2 % der Resultate, also bei 20 Pflanzen, wurden Mickerling, eine sogenannte Hybrid-Nekrose, gefunden, die nicht richtig wuchsen! Das ist doch die Höhe! Man sollte doch erwarten, dass die Natur sich an die Regeln hält, oder? Arabidopsis und Arabidopsis haben gefälligst immer stabilen Nachwuchs zu haben! Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder macht, was er will?“, witzelte Nico. Das war seine Art von Humor. „Weiß man denn die Ursachen der Nekrosen?“, fragte Thor, der über diese Ausführungen erstaunt war und immer interessierter wurde. „Natürlich …“, ereiferte sich Nico, „…deine Berufs-Spezies, die 'Next-Generation-Sequencer‘ haben es an den Tag gebracht. Die Kombination zweier Gene, die für die Immunabwehr der Pflanzen zuständig sind, ergeben eine so hervorragende Immunabwehr in den Nachkommen, dass auch ganz normale Pflanzenzellen als Fremdkörper erkannt werden und zum Absterben gebracht werden. Diese Über-Immunabwehr überleben die kleinen Pflänzchen nicht. Was sagst du dazu? Was lernen wir daraus für die Fortpflanzung? Ist sie Arten übergreifend oder nicht?“ „Naja, wir haben beim Menschen ja auch das Phänomen 'Rhesus-Faktor', bei dem das erste Kind davon-kommt, alle anderen jedoch ohne Blutwäsche keine Chancen haben, wie die Familie Goethe in Weimar ja im 19. Jahr-hundert leidvoll erfahren musste. Das passt doch in diese Kategorie“, ergänzte Thor, um mit seinem Wissen auch etwas glänzen zu können. „Guter Punkt“, fügte Nico kurz hinzu, und was machst du gerade so? „Nico, ich will nicht unhöflich sein, aber ich habe gerade ganz limitierte Zeitressourcen. Ich schlage deshalb folgendes vor: Ich lade dich zu unserer intimen Party heute Abend zu uns nach Hause ein, da sind einige interessante Leute, die dir sicher gefallen werden und dann diskutieren wir mein Thema zusammen. Passt das?“ Thor war froh, noch einmal eine Kurve gekratzt zu haben. „Na gut, machen wir so“, brummte Nico und schon stand er auf und trollte von dannen.
Da Thor schon Björn und Andromeda eingeladen hatte, wartete er jetzt mit drei Gästen auf. Vielleicht hatte Carol eine Absage?
Andromeda hatte eine eigene Internet-Suchmaschine programmiert, die mit Schwerpunkt im Bio-Umfeld, für sie relevante Informationen im Netz aufspürte. Alle relevanten Daten wurden automatisch in ihre Datenbank integriert. Informationen aus anderen Wissenschaften wurden nach einem Zufallsprinzip berücksichtigt und mussten von ihr erst manuell ausgewertet und für 'brauchbar' oder 'nicht brauchbar' bewertet werden. Die Informationsflut war so groß, dass sie keine andere Möglichkeit sah, diese vernünftig zu bewältigen. Natürlich hatte sie auch eine Suche nach ‚Keywords‘ bzw. ‚Selektoren‘ ständig am Laufen. Darunter waren auch ‚Bioinformatik‘ in Zusammenhang mit ‚Leipzig‘. Es schmeichelte ihrem Ego, wenn sie dabei entsprechendes Feedback für ihre Arbeit las. Sie hatte inzwischen gelernt, dass die Archäologie dabei immer gut für Daten waren, die Thor gebrauchen konnte. Wie wunderte sie sich allerdings, dass ein Peter O., ein Astronom, in seinem Blog zwar wenige, aber lobende Worte über ihre Arbeit verlor. Was in aller Welt hatte die Astronomie mit Ihrer Arbeit zu tun? Sie stöberte weiter und lernte, dass dieser Peter sich mit Asteroiden beschäftigte. Sie wusste nicht einmal den Unterschied zwischen Meteorit, Asteroid oder Komet und googelte diese Begriffe, weil es ihre Art war, den Dingen gründlich auf den Grund zu gehen. Sie las, dass 'Meteorit' die Bezeichnung für Gesteinsbrocken waren, die aus dem Weltall kamen, durch die Atmosphäre rasten und schließlich auf dem Erdboden aufschlugen; dass ein Asteroid ein Kleinplanet ist, der am Rand des Sonnensystems, in einem sogenannten Asteroiden-Gürtel, in einer weiten, meist elliptischen, Bahn um die Sonne kreist und inzwischen sogar die meisten mit Namen versehen wurden, dass ein Komet, kurz gesagt, eine Art Asteroid ist, der ständig Material verliert, das er leuchtend hinter sich herzieht, aber auch außerhalb des Sonnensystems kommen kann.
Das reichte ihr und sie schüttelte den Kopf über eine Wissenschaft, die für sie so nicht-konkret und diffus über die Jahrtausende schwebte und eine ungeheure, nicht vorstellbare Entfernung von 9 Billiarden Kilometern mit der lyrischen Bezeichnung 'ein Lichtjahr‘ versah.
Sie riss sich aus den Tagträumen und erkannte, dass sie sich längst auf den Weg machen musste, um rechtzeitig zu Carol und Thors Abendeinladung zu kommen, bestieg ihren Flitzer und bretterte los.
Mit ihren langen schlanken Beinen hatte sie Mühe, in das kleine Auto zu steigen und hatte sich deswegen den Fahrersitz als Sonderanfertigung weiter nach hinten versetzen lassen. Die Rückbank musste dafür entfernt werden, den Beifahrersitz hatte sie auch entfernt, so dass sie eigentlich nur einen Einsitzer fuhr. Sie hasste es, mit Menschen auf engsten Raum zusammen zu sein, und ihr Auto war mehr als sehr eng.
Mit ihren 1,75 m war sie mittelgroß, aber als Frau mit einer schlanken Figur fiel sie dennoch immer auf und überragte durch ihre gerade Haltung ihre Mitmenschen. Sie trug gerne existentialistenschwarz, einen dünnen, eng anliegenden Pullover, ohne Ausschnitt vorne, aber mit einem Hautfenster hinten. Dazu trug sie meistens eine knallenge Hose, natürlich in schwarz, manchmal auch aus feinem Leder und hochhackige Schuhe, so dass ihr Apfelpo sich hervorragend in Szene setzte. Ihre kleinen, kugeligen Brüste wurden durch die Pullover plastisch hervorgehoben.
Ihr schwarzer, gebrushter Lidstrich war vom Typ 'Kleopatra', d. h. wie Elisabeth Taylor, in dem gleichnamigen Film am Ende des 20. Jahrhunderts. Thor nannte diese Hautgrafik immer 'Aida-Lidstrich'. Vielleicht hatte er die Oper in der Arena von Verona mit einer entsprechend geschminkten Hauptdarstellerin einmal gesehen und kannte den Film nicht? Jedenfalls ist ein, in Richtung Ohr auslaufender Schwung, damit gemeint.