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Wir alle sind geführt von einer inneren Stimme - nur haben wir meistens verlernt, sie wahrzunehmen. Statt uns mit dem eigenen Herzen auszutauschen, leben wir das Leben hauptsächlich aus der Verstandesebene heraus. Innere Leere, Orientierungslosigkeit und ein Gefühl der Entfremdung sind die Folge. Dabei besitzen wir neben unserem grobstofflichen auch einen feinstofflichen Körper, der uns auf natürliche Weise mit der inneren Stimme, unserem höheren Bewusstsein, verbindet. In diesem Buch erkunden wir mit einem Guide die feinstofflichen Sphären und werden in unterhaltsamen Dialogen näher zu unserer inneren Stimme geführt. In Form von Gleichnissen enthüllen sich uns Weisheiten, die von kosmischen Prinzipien bis hin zu menschlichen Herausforderungen reichen. Daneben erhalten wir Hinweise, wie wir unsere eigene Anbindung an das höhere Bewusstsein aktivieren und entfalten können. Fokussieren wir uns wieder auf unser Inneres und integrieren dessen feine Impulse in unseren Alltag, erreichen wir einen neuen Blick auf das Leben: So können wir Herausforderungen mit mehr Klarheit und Gelassenheit meistern und finden gleichzeitig innere Erfüllung, die unabhängig von äusseren Lebensumständen ist. Die Änderung des Blickwinkels ist in unseren Herzen zu vollziehen. Ist uns das gelungen, bleibt alles, wie es ist – und doch ändert sich alles.
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Seitenzahl: 227
Veröffentlichungsjahr: 2024
Sarah Rüssli
ICH BIN GEFÜHRT
Gleichnisse aus geistigen Sphären
© 2024 Sarah Rüssli
www.potentialight.ch
Lektorat, Korrektorat: Carsten Moll
Umschlag: tolokonov iStock
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland
ISBN
Paperback978-3-384-06322-9
e-Book978-3-384-06323-6
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
«Ein zentraler Stromausfall genügt, und wir stehen wieder im Zeitalter der Höhlenmenschen. Denn Fortschritte machen bedeutet nicht, das Bestehende zu verbessern oder neue technische Prozeduren zu entwickeln: es bedeutet, das Bewusstsein und die Sichtweise zu verändern.»
SATPREM
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Prolog
Gesetzmässigkeiten – auf Erden und im Kosmos
Männlichkeit, Weiblichkeit und das Gesetz der Polarität
Teile eines Ganzen – im Grossen wie im Kleinen
Achtsamkeit und Zwischenraum
Der Plan – es steht bereits geschrieben
Von Waffen und wahrer Stärke
Kommunikation in kosmischer Form
Die Macht unserer Vorstellungskraft
Was die Augen wirklich sehen
Erfolgsfaktoren geistiger Kommunikation
Herzenswahrnehmung
Die Übersetzung des Unübersetzbaren
Von Bäumen, Wurzeln und dunklen Räumen
Der freie Wille und die Freiheit der Seele
Die Ent-Wicklung des inneren Kerns
Verschiedene Standpunkte, gleiche Wellenlänge
Kämpfen – fürs Lebensglück
Die Liebe – unser wahres Sein
Tanzflächen und Rauchschwaden
Die Kraft des Glaubens
Innere Kraftquelle
Die Leuchtkraft von Impulsen
Energie und Materie
Nachtarbeit der geistigen Welt
Durch Atmung Welten verbinden
Der steinige Weg zur Erfüllung
Die Kapazität der Aufmerksamkeit
Zahlen, Bilder und Worte - Zeichen der geistigen Welt
Eine Frage der Perspektive
Das Bühnenspiel
Raum, Zeit und andere Dimensionen
Muster, Prägungen und Grenzerfahrungen
Quelle des Lichts
Schutt und Asche
Die Bühne des Lebens
Epilog
Danksagung
Einer der Gründe, warum ich so gerne meditiere, liegt in den inneren Bildern, die sich zeigen, sobald ich meine Augen schliesse. Wie innere Feuerwerke leuchten sie auf und lassen mich binnen Sekunden in andere Sphären abtauchen. Lange dachte ich, sie seien eine optische Folge des Augenschliessens, folgte diesem vielfarbigen Flimmern aber dennoch wie ein Kind, das begeistert ein Kaleidoskop in den Händen dreht, um unzählige Muster zu zaubern. Zeitweise geschah es, dass diese Farbformationen ein Sinnbild vor meinem inneren Auge kreierten, das zu einem Thema passte, das mich gerade beschäftigte. Fasziniert begann ich diese Szenerien zu beobachten, um bald immer häufiger visuelle Hinweise zu aktuellen Herausforderungen zu finden.
Rückblickend kann ich kaum mehr nachvollziehen, weshalb es Jahre dauerte, bis ich auf die Idee kam, mit aktiven Fragestellungen in diese Art der Meditation einzutauchen, statt einfach nur passiv dem zuzuschauen, was sich mir zeigte. Und siehe da, es funktionierte: Meine Fragen wurden tatsächlich jedes Mal mit prägnanten Bildern beantwortet, deren Aussagekraft gleichzeitig so schlicht und profund war, dass sie aus einer höheren Quelle stammen mussten. Manchmal erhielt ich statt Bildern ein Wort oder eine kurze Fragestellung, die mich reflektieren liessen und entweder zu einem neuen Bild oder einer weiteren Frage führten. In dieser Manier immer wieder auf mich selbst zurückgeworfen, drang ich Schicht für Schicht tiefer vor, bis ich schliesslich zum Kern einer Problematik gelangte und erkannte, welche wahren Motive ihr zugrunde lagen. Ich realisierte: Alle Antworten liegen in mir. Fortan wendete ich diese Methode in allen erdenklichen Lebenssituationen an – erst da erschloss sich mir, was mir Jahre zuvor eine spirituelle Heilerin mitgegeben hatte: «Mit Meditation bleibt keine Frage offen.»
Aus einem Impuls heraus bin ich schliesslich dazu übergegangen, «schreibend zu meditieren», sprich die aufkommenden Bilder, Fragen und Dialoge schriftlich festzuhalten. Ich entdeckte, dass es mir während des Schreibens leichtfiel, in einem Zustand der absichtslosen Aufmerksamkeit zu verweilen – eine Schlüsselkompetenz in der Energiearbeit, die ich seit einiger Zeit praktizierte. Um diesen Zustand zu trainieren, begann ich im Sommer 2021 regelmässig zu schreiben. Auf diese Weise ist in den darauf folgenden eineinhalb Jahren das vorliegende Buch entstanden: Zeile für Zeile habe ich aufgeschrieben, was mir die geistige Welt in inneren Bildern gezeigt hat, ohne dass ich im Vornherein jeweils gewusst hätte, worauf es hinauslaufen würde. Das Buch ist eher durch mich, statt von mir geschrieben.
Beim Gedanken an geistige Sphären könnte man an den Himmel oder den Kosmos denken, jedenfalls an etwas, das über uns liegt – aber die geistige Welt ist in uns. Wir alle sind in der Lage, uns mit der geistigen Welt, unserer inneren Instanz der Weisheit und der Liebe, zu verbinden.
Statt es wie einen Roman an einem Stück zu lesen, empfehle ich, das Buch wie einen Gedichtband nur hin und wieder zur Hand zu nehmen, um darin zu blättern und die Gleichnisse wirken zu lassen. Sie leben vor allem von ihrer energetischen Wirkkraft, die sich weniger über den Verstand als vielmehr über das Gefühl offenbart: Statt sie wortwörtlich zu nehmen und auf Verstandesebene durchdringen zu wollen geht es darum, was die Gleichnisse im Inneren bewirken. Neben inhaltlichen werden beim Lesen auch feinstoffliche Informationen übertragen, die sich in jeder Person individuell entfalten.
Möge das eine oder andere Gleichnis etwas in dir zum Klingen bringen und dein Bewusstsein verändern – hin zu deinem wahren Wesen, das du immer warst, bist und sein wirst.
Und last but not least: Wo immer das Wort göttlich auftaucht, ist damit kein bärtiges Wesen, sondern viel eher die allem zugrunde liegende Kraft gemeint. Nenne man diese nun Licht, Quelle, universelle Intelligenz oder Bewusstsein – alles ist eins.
Zürich, 2023
Wie geht das jetzt vor sich?, frage ich mich. Er stellt sich mir gegenüber und schaut mich an, in seinem Ausdruck liegt dieselbe Frage. Ich merke, dass er die Frage wahrgenommen hat, und er lässt nicht lange mit einer Antwort auf sich warten: In meinem Herz weitet sich etwas, vor meinem inneren Auge erfühle ich eine Verbindung, die zwischen uns entsteht. «So geht das», sagt er und zwinkert mir zu.
Kürzlich entsprang in mir der Wunsch, ein Wesen zu channeln. Angeregt durch das Buch eines medialen Autors, der durch eine solche Verbindung so viel Weisheit erfahren und diese in Worte gefasst hat, spürte ich in mir die Sehnsucht, ebenfalls eine Verbindung zu höheren Welten einzugehen. Ich wollte dieses Wissen selbst erleben dürfen und es anderen zur Verfügung stellen. Es geschah fast unmittelbar, dass ich eine Reaktion auf diesen inneren Wunsch erhielt. Es schien sich jemand angesprochen zu fühlen, ja zu freuen über diese Absicht, was ihn unmittelbar in meine Wahrnehmungssphären zog, so dass ich ihn vor mir sehen konnte, so wie man etwas vor sich sieht, an das man denkt oder an das man sich erinnert: durchscheinend und dennoch klar.
Er kam nicht allein, sondern in Begleitung von zwei weiteren Gestalten, links und rechts neben sich. Die linke Energie zeigte sich mir als eine Art Buddha, im Schneidersitz, mit schwarzem Haar, dunklen Knopfaugen und einem um die Lenden gebundenen Tuch. Obwohl er äusserlich nicht dem Bild eines alten Mannes entsprach, zeichnete er sich durch eine Ruhe und Gelassenheit aus, die er sich über viele Zeitalter hinweg angeeignet haben musste. Das Wesen rechts von meinem Ansprechpartner war weiblich, sanft, jung. Es ging eine lächelnde Wärme von ihr aus. Kurz fragte ich mich, warum gleich drei Wesen aufgetaucht waren, und ich merkte, dass mein Gegenüber mein Guide war, derjenige, der mich führen würde. Trotzdem suchte ich zunächst instinktiv den Kontakt zur linken Gestalt.
Sobald ich die Aufmerksamkeit auf die Buddha-Figur gerichtet hatte, entfernte sie sich in Windeseile in weite Ferne und nahm an einer von Schilf verdeckten Stelle Platz. Von diesem Ort aus würde er unsere gemeinsame Reise beobachten. Er war ein Wegeshüter, der mit seiner Weisheit gewährleistete, dass wir nicht vom Weg abkamen. Er kannte unsere Schritte bereits alle. Nachdem sich mir seine Rolle offenbart hatte, schaltete sich mein innerer Fokus auf das weibliche Wesen rechts vor mir.
Erneut waren ihre Güte und Wärme spürbar. Sie war für mein Seelenwohl zuständig, sorgte dafür, dass die Reise mich seelisch nicht überstrapazierte und meine Erfahrungen im Einklang mit meinem inneren Sein stattfinden konnten. Auch sie würde, genau wie der linke Begleiter, ausschliesslich aus dem Hintergrund wirken. Daher also die drei: Sie stellten sicher, dass alles so verlaufen würde wie geplant.
Am liebsten hätte ich sofort losgelegt und mich mit meinem Guide auf den Weg gemacht. Da spürte ich, wie sich die Energien auflösten: genug für heute. Darüber würde ich bereits schreiben können, erhielt ich innerlich die Aufforderung. Es kam mir vor, als ob ich geprüft würde, ob es mir wirklich Ernst war damit. Würde ich mich hinsetzen und diese Erfahrung niederschreiben? Ja, weil ich wusste und hoffte, dass ich, würde ich meinen Teil der Abmachung einhalten, Schritt für Schritt auf die Reise mitgenommen würde. In einem Tempo, das ich nicht vorgeben, aber mitbestimmen konnte. Ich würde spüren, wann es wieder so weit sein würde.
Und so war es: Bereits wenige Tage später nahm ich die Energie meines Guides wieder wahr. In meiner täglichen Routine verankerte ich meine Füsse tief hinab bis zum Erdmittelpunkt und visualisierte gleichzeitig über den Kopf hinaus eine Verbindung in den Himmel bis hinauf zur Quelle, um danach die Energien von oben und unten im Herzen zusammenzuführen, so dass das Herz den Mittelpunkt zwischen Erde und Quelle bildete. Als ich mich in diesem Herzraum mit ein paar Atemzügen zentrierte, sah ich das Bild meines Guides vor mir: Seine Erscheinung war gross, sein lockiges Haar stand an allen Seiten von seinem Kopf ab, sein Körper schimmerte in verschiedenen Blautönen. Es waren eher seine Umrisse, nicht die Details seines Äusseren wahrnehmbar, als würde man ins gleissende Sonnenlicht blicken und nur die Silhouette der Person erfassen, die einem entgegenkommt. Sein Wesenskern aber war für mich deutlich erkennbar: Er zeigte eine junge, etwas ungestüme Kraft, ähnlich einem grossen jungen Hund, sowie Unternehmungslust, ein starkes, natürliches Vertrauen in sein Können, Unerschrockenheit, Kameradschaftlichkeit, urteilsfreie Offenheit gegenüber allen Erfahrungen des Lebens und ein draufgängerisches Lächeln, das immer mal wieder auf seinem Gesicht aufblitzte und zu vermitteln schien: Das packst du schon!
18 Uhr hatten wir vereinbart. Ich komme vom Einkaufen nach Hause und weiss, dass es bald so weit ist. Vielleicht bin ich sogar etwas spät dran? Ein Blick auf die Uhr bestätigt mir: Es ist bereits nach 18 Uhr. Im Geiste entschuldige ich mich, während ich eilig meine Einkäufe auspacke, nicht sicher, was ich da genau tue. Dann setze ich mich an meinen Laptop. Die Verspätung wird grosszügig entgegengenommen, mein Guide, bereits sichtbar, klopft mir lächelnd auf die Schulter. Schon okay!, gibt er mir zu verstehen. In irdischen Gefilden ist es das Beste, Unpünktlichkeit mit Humor zu nehmen, das scheint in anderen Sphären auch zu gelten.
Guter Punkt: Was gilt bei uns in der irdischen Sphäre und was gilt in höheren, geistigen Sphären? Kaum steht diese Frage im Raum, nehme ich wahr, wie sich in meinem Herzbereich leicht etwas öffnet. Es fühlt sich an, als ob jemand ein Seil in meinem Herz befestigt hätte und nun daran zieht. Entfernt erinnert es an ein Kitzeln, ich muss lächeln. Ich scheine auf dem richtigen Weg zu sein und bin dankbar für das Zeichen, um das ich nicht gebeten habe, das mich aber dennoch in meinem Vertrauen bestärkt – es besteht eine Verbindung. Nun gut, das heutige Thema ist gegeben. Gesetzmässigkeiten. Wie entstehen sie und was entscheidet über ihre Gültigkeit? Eine komplexe Frage lässt sich nicht in einem Satz beantworten. Wohl aber in einfachen Worten. Ich bin gespannt.
Daraufhin setzt sich mein Guide vor mich hin, in der Pose von Rodins Denker. Eine geballte Gedankenladung wartet darauf, vor mir ausgebreitet und debattiert zu werden.
Die gestellte Frage beantwortet mein Guide, indem er mir den Anfang eines Waldweges zeigt. Verschiedene Bäume säumen den Weg, der sich in einigen Kurven windet und dann aus dem Sichtfeld verschwindet. «Konzentriere dich auf den ersten Schritt: Bei Eintritt in den Wald erblickst du viele Bäume, sie scheinen wahllos in ihrer Art, Grösse und Position. Genauso verhält es sich mit den Faktoren, die die Elemente der Antwort auf deine Frage beinhalten. Im ersten Moment erblickst du die Vielfalt, Unordnung, Gestrüpp, Durcheinander. Du scheinst zwar gewisse Elemente zu erkennen, wie zum Beispiel die Buche und die Birke. Genauso bekannt sind dir Gesetzmässigkeiten wie die Erdanziehungskraft oder die Schichten der Atmosphäre.
Nun hast du die Möglichkeit, näher heranzutreten: Auf der Rinde der Buche entdeckst du Flechten, vielleicht Moos, Ameisen krabbeln quer über den Stamm. Weiter oben nimmt ein Vogel seinen Platz auf einem Ast ein, um sein Gefieder zu säubern und kurz innezuhalten. Beim Blick nach unten siehst du, wie das Wurzelwerk der Buche im Boden versinkt. Ohne es zu sehen, kannst du dir vorstellen, wie die Wurzeln in die Erde hineinreichen und die Nährstoffe aus dem Boden ziehen. Bei diesem Gedanken richtet sich dein Blick ins Blätterwerk: Jetzt, in der Sommerzeit, ist der Himmel vor lauter Blättern kaum zu sehen, auf jeder Asthöhe entspringen wahre Blätterdächer, die sich über mehrere Ebenen fortsetzen. Jedes einzelne dieser Blätter ist genährt durch die Stoffe, die die Wurzeln aus der Erde holen.
Die Blätter erhalten weitere Energie aus dem Sonnenlicht, transformieren diese Kraft in ihren Zellen und speisen sie dem inneren Kreislauf des Baumes ein. Ein Kreislauf, viele komplexe Prozesse. Jeder dieser Prozesse lässt sich wiederum genauer analysieren und auseinanderdividieren, so wie es die Menschheit mit fast allem in ihrer Umwelt getan hat: aufspalten, vergrössern, analysieren – was ist am Ende geblieben?
Die Frage nach den Gesetzmässigkeiten des Lebens wurde millionenfach zu beantworten versucht, das grosse Rätsel ist aber noch immer nicht gelöst. Der menschliche Geist sucht und forscht, und er wird die Antwort finden. Sie findet sich eigentlich in fast allem, was um ihn herum ist. Es ist eine Frage des Blickwinkels. Um auf die Waldweg-Metapher zurückzukommen: Es besteht die Möglichkeit, bereits beim ersten Schritt stehen zu bleiben und sich in kleinen Details zu verlieren, die ihrerseits unendlich viele Offenbarungen, Gleichnisse und Gesetzmässigkeiten enthalten. Man könnte aber auch raschen Schrittes auf dem Weg voranzugehen, vorbei an Gewässern, Gesteinen, Tieren, Menschen, durch den Tag, durch die Nacht, hoch hinauf bis in die Gipfel oder tief hinab in die Täler, bis man wieder am Waldrand oder aber an einem ganz anderen Ort gelandet ist.
Auch an diesem Ort lässt sich ein Blick auf die Umgebung werfen. Sind diese Beobachtungen, gemacht von einem anderen Standpunkt aus, dieselben oder sind es andere? Auch wenn etwas von einem anderen Ort aus betrachtet wird, sieht zwar das Beobachtete anders aus, aber die darin enthaltenen Gesetzmässigkeiten treten überall zutage und gelten universell.
Genauso verhält es sich mit unseren Sphären: Wir mögen unterschiedliche Perspektiven einnehmen, und während du mit der Fotosynthese eines Blattes beschäftigt bist und fasziniert diesen einzigartigen, ausgeklügelten Prozess der Energiegewinnung betrachtest, haben wir Wälder durchschritten, haben Höhen erklommen, sind durch Täler, Nächte und Nebel gegangen, die unseren Blickwinkel verändert haben. Aber auch an unserem Standpunkt betreiben die Blätter Fotosynthese, das Gesetz des Lebens gilt überall. So viel zum zweiten Teil deiner Frage, der Gültigkeit der Gesetzmässigkeiten.
Kommen wir nun auf den ersten Teil deiner Frage zurück. Wie sind die Gesetze des Lebens entstanden? Sie sind einfach und gehen auf das Prinzip des Lebens zurück. Es gibt keinen Anfangs- und keinen Endpunkt, und sich das vorzustellen, entzieht sich der menschlichen Logik. Es ist aber nur eine Frage des Blickwinkels. Würdest du hier stehen, wo ich stehe, und die Wälder und Nächte und Gezeiten durchschritten haben, so wie ich es habe, könntest du sehen, was gemeint ist. Lass zu, dass du dir eine andere Logik zu eigen machst, eine, die du nicht in der Schule gelernt hast, die deine DNA, dein Bewusstsein aber in der Lage ist, zu begreifen. Da wollen wir mit dir hin!»
Im nächsten Moment ruft mein Guide lachend »High Five!« und klatscht meine Hand ab. Obwohl er sehr gross ist, treffen sich unsere Hände mühelos in der Höhe. Sind der Kopfschmerz, der leichte Schwindel, die plötzlich aufgetretene Übelkeit ein Zeichen dafür, dass sich meine DNA ein Stück gewandelt hat? Ich weiss es nicht. Ich weiss aber, dass es genug für heute ist.
Ich wäre hier. Er auch? Mein Guide streift von Seite zu Seite in einem Oval, das an einen leeren Pool oder einen Skatepark erinnert. Plötzlich ist sein Gesicht ganz nah bei mir, er trägt eine Brille, seine Augen erinnern mich an die Augen eines Bekannten. Aha, also doch alles Einbildung, denke ich mir. Mein Verstand setzt beim Schreiben willkürlich irgendwas zusammen, das entfernt an verschiedene Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit erinnert.
«Hast du nicht kürzlich während einer Meditation die männlichen Energien in dein Leben eingeladen, und der Brillenkopf, den ich dir gerade an mir gezeigt habe, war eine ganz reale Begegnung mit einem Mann, die daraufhin stattgefunden hat?», vernehme ich die Stimme meines Guides. Sofort ebbt das aufkommende Misstrauen in mir ab. Ja, das stimmt. Könnte die Gesichtsmetamorphose meines Guides ein Hinweis auf unser heutiges Thema sein?
Ich warte darauf, wie es weitergeht, da steht der Guide vor mir und macht mit den Armen eine wellenartige Bewegung auf mich zu. «Jetzt bist du dran!», ruft er begeistert.
Ich bin dran? Wie? Ich dachte, ich bin hier, um wahrzunehmen, was mir durch meinen Guide gezeigt wird. Ohne dass ich einen aktiven Part hätte.
«Wie kannst du keinen aktiven Part an der Geschichte haben?», schallt es unverzüglich zurück. «Wir sind ein Team!»
Okay. Worauf habe ich mich da bloss eingelassen …
«Erzähl, wie war es denn, als du die männlichen Energien in dein Leben eingeladen hast?» Mein Guide schaut mich aufmerksam an, leicht belustigt, aber nicht abwertend.
Eigentlich war es erstaunlich, muss ich zugeben. Ich hatte mich in den letzten Monaten mit den Themen Weiblichkeit und Männlichkeit befasst und damit, was sie für mich bedeuten und wie sie zusammen wirken können. Es ging auch um die Integration meiner inneren männlichen Anteile, die ich bisher, so das Ergebnis einer Coachingsitzung, unbewusst abgelehnt hatte. Daraufhin beschloss ich in einer Meditation, die männlichen Energien nicht nur in meinem Inneren, sondern auch im Aussen zuzulassen, und lud sie auf eine spontane Eingebung hin in mein Leben ein. So wie ich das manchmal mache, Wünsche aussprechen in der Meditation.
Ich hatte selten eine so starke und vor allem unmittelbare Wirkung meiner innerlich ausgesprochenen Wünsche in meinem realen Leben bemerkt: Im Laufe der folgenden Woche wurde ich von Männern geradezu extrem wahrgenommen. In Restaurants und Bars, auf dem Postamt, auf der Strasse – wohin ich auch ging, überall wurde mir zugelächelt, ehemalige Bekannte kontaktierten mich, mir wurde sogar eine Serviette mit einer draufgekritzelten Telefonnummer zugesteckt.
Meine Wunschformulierung zeigte also Wirkung in meiner äusseren Lebenswelt! Das war neu für mich, bisher dümpelten meine in Meditationen, Ritualen oder Jahresübergängen ausgesprochenen Herzenswünsche eher so dahin, ohne dass sie sich die Mühe gemacht hätten, sich in der Realität zu manifestieren. Bestellungen beim Universum? Nichts für mich! Davon war ich lange überzeugt. Meine Kanäle mussten verstopft sein, die da oben schienen mich nicht zu hören. Ich war wohl nicht rein oder klar genug oder machte sonst irgendetwas falsch. Vielleicht waren meine Wünsche aber auch zu anspruchsvoll, als dass sie mir vom Universum erfüllt werden konnten.
Einer dieser Wünsche war eine bessere Verbindung zur geistigen Welt. Immer und immer wieder lag dieser Wunsch unter meinem ganz eigenen Wunsch-Weihnachtsbaum. Nichts tat sich. Bis jetzt. «Wunsch erfüllt, richtig?» Schelmisch lächelt mein Guide mir zu.
Ja, es scheint tatsächlich so. Wunsch erfüllt.
«Nun gut», übernimmt jetzt mein Guide. «Das männliche und das weibliche Prinzip, ein Beispiel für das Gesetz der Polarität. Was besagt es?»
Ich bin froh, dass mein Guide den Kreis zum gestrigen Thema der Gesetzmässigkeitenschliesst. Mein strukturiertes Wesen hatte sich insgeheim schon etwas Sorgen gemacht, ob wir täglich thematisch ziellos irgendwohin driften oder ob tatsächlich etwas grösseres Ganzes geplant ist.
«Das ist es», beruhigt mich mein Guide umgehend. Ein dankbares und freudiges Gefühl überflutet mich. Vertrauen gewinnt man Stück für Stück. Ich nehme das heutige Stück dankbar entgegen. Mein Guide hat es mir gegeben, ohne dass ich danach gefragt hätte. «So funktioniert Geben und Nehmen: Es ist ein Austauschprinzip. Genau wie das Männliche und das Weibliche, zwei Gegensätze derselben Polarität. Dies ist ein Grundgesetz des Universums und es erfüllt den Zweck, etwas ganz zu machen, das noch nicht ganz ist. Das in sich drin die eigenen Anteile, die ihm selbst noch verborgen sind, entdecken möchte. Auf spielerische Weise. So wie im Universum alles geschieht. Da ist kein ich muss und ich sollte, da ist nur ein natürlicher Austausch, der durch Anziehung und Abstossung stattfindet. Ganz von selbst. Es braucht keinen Antrieb von aussen, die treibende Kraft ist magnetischer Art und in jedem Wesen vorhanden. Genau so funktioniert die gesamte Natur: Woher wissen die Zugvögel, wann ihr Umzug in die andere Hemisphäre geplant ist? Durch inneren Antrieb, der sie magnetisch führt. Deshalb müssen sie auch nicht untereinander kommunizieren, vereinbaren, wann sie sich auf welchem Ast zum Abflugzeitpunkt einfinden. Jedes einzelne Wesen weiss es in sich drin.»
Mein Guide hat das Äussere meines männlichen Bekannten inzwischen verloren und sein Gesicht zeigt wieder diese seltsam anmutende leere Fläche, die keine konkreten Züge aufweist. Sein Wesen drückt sich nicht über ein dominantes Kinn, speziell geschwungene Augenbrauen oder die Art aus, in die Welt zu blicken. Er ist einfach. Wie wunderbar.
«So, genug für heute», meint mein Guide. Ich bin etwas überrascht: Aber wir sind doch mittendrin? Das war alles? Über meinem Guide bilden sich verschiedene Energiestränge in seiner eigenen Farbe, ähnlich wie Lassos oder ein Sprungseil, das grössere und immer grössere Kreise über seinem Kopf zieht. «Es gäbe noch mehr zu sagen, aber das würde zu weit führen.» Dann ist er auch schon verschwunden.
Hallo? Ich sitze und warte, etwas verunsichert. Ich habe mir eine Flasche Wein geöffnet, bereits einige Schlucke aus dem Glas neben mir getrunken. Wird er trotzdem auftauchen, kann ich mich in diesem Zustand verbinden? Mein Hallo wurde gehört, mein Guide springt von Weitem heran und ist schnell direkt vor mir. Freude kommt in mir auf.
Heute muss er mir unbedingt etwas sagen, er ist ganz aufgeregt. Wie wild wedelt er mit den Armen vor sich hin, es sieht ein bisschen so aus, als wollte er sich von einem unsichtbaren Mückenschwarm befreien. Sein Gesicht ist leicht zusammengekniffen, es ist ihm aber eher Spass denn Ekel abzulesen. «Komm näher!», meint er. Er zeigt mir einen Energieball vor sich, in dem sich kleine Teilchen wie Mücken bewegen. Ich kann ihre Form nicht erkennen, sie haben aber alle dieselbe Struktur. «Teile eines Ganzen», erklärt mein Guide.
«Nun schau in den Himmel!» Ich folge seinem Blick. Würde jemand im All die Weltkugel so vor sich haben wie er den Energieball, würde sich ihm dasselbe Bild zeigen: ein Ball voller Lebewesen, nicht näher erkennbar. Es lebt, bewegt sich. Was, wenn ich dieses Bild eine Dimension grösser denken würde? Das Sonnensystem von aussen gesehen: ein Energieball mit verschiedenen Lebewesen, nicht näher erkennbar. Alle Planeten unserer Galaxie gehören zu diesem Energieball. Der Reflex, nach diesem Energieball des Sonnensystems noch einen Schritt weiterzugehen und in grösseren Dimensionen zu denken, übersteigt meine Vorstellungskraft …
Ich erinnere mich an einen Vers aus der Kindheit: Es war einmal ein Mann, der hatte einen hohlen Zahn, in diesem hohlen Zahn war ein Zettel versteckt, auf dem stand: Es war einmal ein Mann, der hatte einen hohlen Zahn … Etwas ins Ewige fortzusetzen. Vom Grössten bis ins Kleinste und umgekehrt.
«Verstehst du dieses Gesetz?», fragt mein Guide. Er ist plötzlich ganz nah vor meinem Gesicht.
Was lässt sich daran verstehen?, denke ich.
«Die Dimensionen sind durchdrungen von den gleichen Grundteilchen. Du findest im Kleinsten, was auch Anteil des Grössten ist.»
Ein Gedanke geht mir durch den Kopf, aber ich will nicht denken. Ich habe das Gefühl, dass ich mich durchs Denken von der Ebene trenne, die mich mit meinem Guide verbindet. Er schaut mich aber erwartungsvoll an und nickt mir zu, als wollte er sagen: Raus damit, ich will wissen, was du denkst!
Wenn ich also im Kleinen, oder sagen wir mal, in meiner irdischen Dimension beziehungsweise Ebene dieselbe Grundmasse finde, wie sie anscheinend auch im Grössten (was immer das sein mag) existiert: Kann ich dann nicht einfach diese mir zugängliche Grundmasse analysieren und ich erlange damit den Schlüssel zum Verständnis des gesamten Universums?
«Ja, jetzt mal langsam», bremst mein Guide mich. Hier gibt es anscheinend wichtige Anmerkungen, die meine Gedankengänge in eine andere Richtung lenken sollen. Er zeigt auf meine Nasenspitze und berührt sie. Ich fühle den Druck auf meiner Nase. «Wie weit ist die Distanz zwischen uns?», fragt er und schaut mir in die Augen.
Eine Armlänge, würde ich sagen. Und doch ist es auch so viel weiter.
«Genau, es gibt verschiedene Arten der Wahrnehmung.» Er streckt seine Arme vor sich auf Brusthöhe aus, und im nächsten Moment verlängern sie sich zu zwei hellblau leuchtenden Linien, die parallel verlaufen. Das ist der Anfang eines Erklärungsversuchs:
Auf der linken Linie läuft eine kleine Figur los, sie schaut rechts neben sich auf die parallele Linie, die auf gleicher Höhe verläuft. Sie sieht genau aus wie die linke Linie, allerdings befindet sich auf ihr keine Figur. Die Figur geht weiter auf ihrer eigenen Linie. Unerwartet quert etwas Schnelles, ein undefinierbares Gefährt ihren Weg: ein Lärm, eine Staubwolke, das war’s. Auf ihrer eigenen Linie kann die Figur nicht weitergehen, der Weg ist abgeschnitten, dahinter befindet sich nichts als schwarze Leere. Erstaunlicherweise ist die parallele Linie rechts neben ihr aber nicht von der Abgeschnittenheit betroffen – das Gefährt hat während der Überfahrt nur die linke Linie abgeschnitten.
Die Figur hüpft also auf die intakte rechte Linie und geht ihren Weg weiter. Es fühlt sich eigentlich alles an wie zuvor, bloss ist da das Wissen, dass ein Gefährt plötzlich herangerast kam und die linke Linie vollständig durchschnitten hat. Wenn die Figur nun auf gleicher Höhe nach links blickt, ist da nichts mehr.
«Das ist ein Dimensionswechsel», tönt es von meinem Guide aus dem Nichts. «Du glaubst, es handelt sich um dasselbe, und merkst erst mit der Erfahrung, dass es sich anders verhält, auch wenn es gleich aussieht und sich gleich anfühlt.»
Neben der bestehenden hellblau leuchtenden Linie bilden sich nun weitere parallele Linien, eine nach der anderen. Sie ordnen sich in einem vertikalen Kreis an, bis nach 360 Grad wieder die ursprüngliche Parallele erreicht wird. Dann erstrecken sich weitere identische Parallelen, eine nach der anderen, sie entstehen senkrecht übereinander und driften dann nach links und nach rechts seitlich weg, ähnlich eines sich öffnenden Blütenkelchs. Ich fühle mich an Science-Fiction-Filme erinnert, in denen der Verkehr auf diversen Ebenen über- und untereinander fliesst.
Die Parallelen bestehen ohne Ausnahme immer aus derselben leuchtenden blau-weissen Farbe: Das ist der Strahl des Lebens. Er durchdringt alle Ebenen und gilt überall. Die Dimensionen aber unterscheiden sich in der Gültigkeit ihrer Gesetzmässigkeiten. Was zum Ende einer Dimension führen kann, wie zum Beispiel ein mechanischer Einfluss wie der des vorhin beschriebenen Gefährts, entfaltet auf der anderen Dimension keine Wirkung. Das Gefährt kreuzte zwar beide Parallelen, zerschnitt aber nur die erste, während die zweite frei von dieser Wirkung blieb und daher in ihrem Dasein mechanisch nicht zerstörbar ist. Und so gilt es für jede der darauffolgenden Parallelen: Sie reagieren unterschiedlich auf die auf sie einwirkenden Kräfte, werden teilweise von ihnen zerstört oder anderweitig beeinträchtigt. Manche Kräfte haben keinen Effekt auf ihre Existenz.
Die Lebenskraft unterliegt also relativen Gesetzmässigkeiten?