Illas Ende - José Moselli - E-Book

Illas Ende E-Book

José Moselli

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Beschreibung

Rair, der Diktator, und, "schlimmer noch als dieser", Limm, der Chef seiner Geheimpolizei, führen ein Regime, das ihren Nachfolgern in der Wirklichkeit, Hitler und Himmler, um nichts nachsteht. Der Untergang ihres Reiches aber ist so vollständig, dass nur die schwer entzifferbaren Aufzeichnungen eines Dissidenten und eine geheimnisvolle Kugel aus einem unbekannten Material übrig sind - die dann auch in der Gegenwart eine Katastrophe auslöst.

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Seitenzahl: 206

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Inhaltsverzeichnis

Prolog: Grampus Island

Erster Teil: Der Krieg um das Blut

1.

Kapitel

2.

Kapitel

3.

Kapitel

4.

Kapitel

5.

Kapitel

6.

Kapitel

7.

Kapitel

8.

Kapitel

9.

Kapitel

Zweiter Teil: Die Minen

1.

Kapitel

2.

Kapitel

3.

Kapitel

4.

Kapitel

5.

Kapitel

Nachbemerkung

Prolog

Grampus Island

Es ist ja schon wahr, dass eine wie auch immer geartete Geschichte einen Anfang hat, wie es schon sein muss, dass alles einen Anfang hat, da ja nichts keinen Anfang hat. Der Anfang einer Geschichte ist einfach der Augenblick, von dem an man sich für ihre Helden interessiert. Zumindest in der Mehrzahl der Fälle, aber nicht in diesem, der uns beschäftigt.

Das wird man sehen.

Am 22. März 1875 segelte die amerikanische Brigg Grampus1 von Norfolk in Virginia aus mit all ihren Segeln gesetzt fröhlich Richtung Südosten.

Der einige Stunden zuvor von Kapitän Ellis bestimmte Standort hatte als Ergebnis 163 ° westlicher Länge und 18° 33’ nördlicher Breite erbracht, Zahlen, die im Übrigen mit Vorsicht zu genießen sind, da sich Kapitän Ellis sehr viel besser darauf verstand, einen Mann mit einem Faustschlag niederzustrecken oder ein Pint Whisky mit einem Zug zu leeren, als eine Höhenlinie richtig zu berechnen.

Wenig bedeutsam. Die Grampus segelte mitten im Pazifik, weit von jedem Land entfernt, und ein Irrtum von ein paar Meilen konnte überhaupt nichts schaden.

Die Ellenbogen auf den Heckbalken gestützt, eine Pfeife im Mund – eine echte Stummelpfeife, deren Kopf weniger als drei Zentimeter von seinen Lippen entfernt war – dachte Kapitän Ellis, ein kleiner breitschultriger und untersetzter Mann, melancholisch daran, dass er siebzehneinhalb Monate, nachdem die Grampus Norfolk verlassen hatte, um auf Walfang zu gehen, keine Chance gehabt hat, einen dieser Cetacea zu sehen. Nein. Keinen einzigen.

Wenn dies auch nur noch ein wenig länger dauerte, musste man auf die legendäre Cachalot2 zurückkommen und so singen: „Wir haben weder Wale noch Wälchen angetroffen; die Welt haben wir umsegelt, unser Laderaum ist leer, und wir haben keinen Sou mehr, hatten aber eine verdammt gute Zeit!“

Für den Augenblick blieb noch die Hoffnung … Ellis rechnete sehr damit, Wale in der Umgebung der Linieninseln zu finden. Aber er war auf der Hut, denn er fürchtete, dass seine Besatzung, die der Schläge und des salzigen Stockfisches überdrüssig war, die Gelegenheit nutzen und sich davonmachen würde, wenn er sich zu sehr dem Land näherte.

„Ja, eine verdammt gute Reise!“, schimpfte er vor sich hin und biss mit seinen kleinen und gelben Zähnen fest auf das kurze Mundstück seiner kurzen Pfeife aus Horn. „Bei den verdammten Galgenvögeln, die ich an Bord habe, muss ich ...“

„Land! Ho!“, rief in diesem Augenblick der Ausguck, der auf der Bramsegelstange stand.

„Bist du verrückt oder betrunken, Mann?“, blaffte Ellis, indem er den Kopf zu dem Seemann hin hob, der gerufen hatte.

Denn er wusste, dass es hundert Meilen im Umkreis kein Land, keine Insel, kein Atoll und nicht einmal ein einfaches Riff gab.

„Land gerade voraus, Kap’tän!“, präzisierte der Wachmann.

„Das Schwein muss besoffen sein, das steht fest!“, murmelte der Kapitän der Grampus und vergaß dabei, dass es schon seit langer Zeit keinen Tropfen Alkohol mehr an Bord gab – außer für ihn in seiner Kabine.

Mechanisch blickte er dennoch nach vorn.

„Damn’d!“, rief er zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen aus.

Seine Verblüffung war so groß, dass er seine Pfeife loslassen musste.

Weniger als drei Meilen vor der Brigg erhob sich eine große, kreisförmige Insel aus dem Ozean.

Man hat sich eine Linse aus Stein vorzustellen, die von einem phosphoreszierenden, wie Spitze wirkenden Schaum umgeben ist ... Und auf der seltsamen Insel kein Licht, kein Baum, zumindest nichts, was im Augenblick sichtbar wäre.

„Damn’d!“, wiederholte Kapitän Ellis und schüttelte den Kopf.

Wenn er auch kein guter Rechner war, so war er doch ein praktischer und erfahrener Seemann. Er wusste, dass im Pazifik zahlreiche Riffe nicht auf den Karten verzeichnet sind, dass unterseeische Untiefen sie umgeben und dass der geringste Zusammenstoß mit einem Korallenblock genügen würde, um die Grampus zu verlieren.

„Klar zum Manöver!“, brüllte er und stürzte auf die Brücke, wo die Matrosen der Wache schliefen.

Diejenigen, die seine Stimme nicht geweckt hatte, wurden mit ein paar soliden Stiefeltritten in die Wirklichkeit zurückgeholt.

Weniger als zehn Minuten später schaukelte die Grampus mit eingeholten Segeln ruhig auf den plätschernden Wogen.

Kapitän Ellis hatte beschlossen, den Tag abzuwarten, um die unbekannte Insel zu erkunden. Sein Wasservorrat war dürftig. Er hatte die Absicht, sich den Umstand zunutze zu machen, um sich nach Möglichkeit mit Nachschub zu versorgen und damit zu vermeiden, auf den Linieninseln an Land zu gehen und zu riskieren, dass seine Matrosen das Weite suchten. Auf dieser Insel, die unbewohnt zu sein schien, würden die Kerle keine Lust haben, die Grampus zu verlassen.

Nachdem er dann seinem ersten Offizier die Wache übergeben hatte, ging Kapitän Ellis hinunter in seine Kabine und konsultierte die Karte.

Es war kein Irrtum möglich. An dem ungefähren Ort, den die Insel einnahm, zeigte die Karte Meerestiefen von mehreren tausend Metern, und das in einem Umkreis von mehreren Dutzend Quadratmeilen …

„Zweifellos ein Vulkanausbruch?“, dachte Ellis. „Hoffentlich gibt es da Wasser? Man wird sehen!“

Daraufhin holte er aus seinem Schrank eine Weinflasche – denn sein Vorrat war ihm noch nicht ausgegangen –, widmete dem Behältnis eine lange Umarmung, legte sich in seine Koje und schlief ein.

Bei Tag stand er auf und bestieg mit acht zuverlässigen Männern und einem Dutzend leerer Fässer eine Schaluppe der Brigg.

Die Insel war noch fast drei Meilen entfernt; es war etwas weniger geworden, da die Strömung die Grampus leicht in ihre Richtung getrieben hatte.

Unter den Strahlen der Sonne, die immer glühender wurden, je mehr das Gestirn am klaren Himmel anstieg, fuhren die Matrosen der Brigg dahin ...

Die unbekannte Insel kam näher. Sie war von einer dünnen Linie Klippen umgeben, über denen sich das Meer sanft brach. Sie wurden leicht überwunden, und das Boot lief am Ufer auf Grund.

Ein seltsames Ufer. Große Platten aus grauem Stein, der dem Bimsstein ähnelte, aber von einer Härte, in die sich der Stahl nicht fressen konnte, und aneinandergefügt mit der Sorgfalt der Arbeit eines Möbeltischlers.

Kein Mörtel. Kein Zement. Sie waren sozusagen miteinander verkeilt.

Ellis und seine Männer ließen einen Schiffsjungen im Boot und gingen schweigend an Land.

Sie konnten sogleich feststellen, dass sich an manchen Stellen Koralleneffloreszenzen zwischen den fremdartigen Platten festgesetzt hatten. Algen in bizarren Formen ruhten getrocknet in der Sonne. Skelette von Fischen, von Wesen unbekannter Gestalt waren da und dort in den Vertiefungen der Steine angehäuft.

Aber keine Spur von Menschen. Nichts als dieser gräuliche Fels, halb bedeckt von den Korallen und den Resten von Algen und Fischen.

Ellis, seinen Karabiner in der Hand – vorsichtshalber hatte er sich und seine Männer bewaffnet – schritt weiter voran.

Er konnte bald erkennen, dass auf diesem Boden Wege angelegt worden sein mussten. Fünfzig bis sechzig Meter breite Wege, glatt wie eine Billardkugel, aber immer voller Abfall.

Ungefähr zweihundert Meter vom Ufer entfernt blieb Ellis abrupt vor etwas stehen, das er für einen Felsblock gehalten hatte.

Das war ein menschlicher Kopf, der Kopf einer gigantischen Statue. Ein Kopf, dessen wunderbare Schönheit den ungebildeten und ungehobelten Walfänger beeindruckte ... Ein verstümmelter Kopf, gesprungen, gerissen, zur Hälfte von den Korallen bedeckt, die sich in seinen Rissen festgesetzt hatten.

In einigen Sekunden hatten die Seeleute der Grampus zu ihrem Chef aufgeschlossen und bildeten einen Kreis um den gigantischen und merkwürdigen Überrest.

„Sie ist größer als die Sphinx, mein Wort darauf!“, brummte Ellis schließlich, ohne zu übertreiben.

Er blickte sich um, als ob er erwartete, die Pyramiden zu gewahren. Soweit das Auge reichte, nichts als gräuliche Steinplatten.

Keine sonstigen Überreste.

„Go on! (Vorwärts!)“, murmelte der Kapitän des Walfangschiffs schließlich.

Gefolgt von seinen Matrosen ging er los ...

Die rohen Walfänger waren schweigsam, als ob sie sich auf einem Friedhof befänden.

Hinter ihrem Kapitän legten sie ungefähr fünfhundert Meter zurück, und nachdem sie an einer Art Verwerfung vorbeigekommen waren, die offensichtlich von einem Erdstoß hervorgerufen worden war, gelangten sie plötzlich auf den Gipfel der Insel, das heißt, die Mitte der gigantischen Felsenlinse.

Erneut hielt Ellis an. Um ihn herum lagen auf dem Boden Platten aus einem durchscheinenden Material von grünblauer Farbe, ungefähr einen Zentimeter dick, zwanzig lang, fünf breit ... Es gab Tausende davon, alle unversehrt.

Als er sich gebückt hatte, stellte Ellis fest, dass sie an ihrer Schmalseite mit zwei hornartigen Vorsprüngen versehen waren, die dazu gedient haben konnten, sie aufzuhängen. Er hob eine davon auf und sah, dass sie mit bizarren Zeichen in geometrischen Formen bedeckt war.

Da gab es gleichseitige Dreiecke, ungleichseitige Dreiecke, Rechtecke, Kreise, Kugeldreiecke, kurz, fast sämtliche Formen der Geometrie und sogar einige, die der Kapitän der Grampus nicht identifizieren konnte und die sich auf Aufgaben bezogen, die er nie angegangen hatte.

Diese Figuren waren untereinander – wenn man so sagen kann – durch Punkte verbunden, die gekrümmte, gerade, durchbrochene, parallele, sich schneidende Linien bildeten. Die einen waren einfach, andere doppelt oder dreifach.

„Das ist gewiss die Schrift eines Wilden!“ , murmelte Ellis ohne bösen Unterton vor sich hin. „Aus Glas, würde man sagen!“

Er hob die Hand und schleuderte die Platte, die er aufgesammelt hatte, mit all seiner Kraft zu Boden. Ein kurzes Prasseln ganz ähnlich dem ertönte, das beim heftigen Zerreißen eines groben Stoffes entsteht, während eine kurze violette, grelle Flamme daraus emporschoss.

„Damn’d!“, brachte Ellis hervor und warf sich rasch zurück.

„Das ist Teufelszeug!“, murmelte einer der Seeleute.

James Ellis glaubte vielleicht an den Teufel. Jedenfalls glaubte er gewiss an die Freuden, die Geld bereitet. Wie der Blitz kam ihm der Gedanke, dass man diese bizarren Platten vielleicht verkaufen könnte, und das zu einem guten Preis. Wenn er schon kein Walöl mitbrachte, könnte er das vielleicht damit ausgleichen, dass er diese diabolischen Steine verkaufte.

„Ruhe jetzt!“, erklärte er. „Diese Backsteine da sind Geld wert!… Die Gelehrten werden sie uns teuer bezahlen ..., umso mehr, da sie ‚beschriftet‘ sind. Man hat viele Dinger dieser Art verkauft, die aus Yucatán stammten!... Ans Werk, Jungs, und wir laden das alles auf! Ich könnte mir denken, dass wir unsere Zeit nicht verplempert haben und dass wir ...“

„Und das da, Kap’tän!“, unterbrach respektlos einer der Seeleute, der sich ein paar Schritte weit entfernt hatte.

„Was, das da?“, knurrte Ellis.

Er musste erregt sein, denn unter jedem anderen Umstand hätten seine Faust oder sein Stiefel den Störenfried schon getroffen.

„Se… sehen Sie!“, schluchzte der Mann.

Dies wurde mit einer solchen Stimme gesagt, dass Ellis geschockt war. Und er sah.

Am Fuß eines grauen Steinblocks lag eine Kugel von der Größe einer Orange. Man hätte gesagt, ein Amethystblock, ein von tiefroten Venen durchzogener Amethyst, dessen Zentrum von einem vollkommen schwarzen Kern gebildet wurde.

„Also?“, schrie Ellis. „Hebe sie auf, und zeige sie her!“

Der Mann rührte sich nicht. Ellis trat einen Schritt vor und befand sich damit an einer Stelle, wo die geheimnisvolle Kugel die Strahlen der Sonne in seine Augen lenkte.

„Oh! Oh!“, stieß er hervor. „Zu mir!“

Die Seeleute eilten herbei. Kapitän Ellis war blind. Er hielt sich die Hände vor die Augen, taumelte und fiel zu Boden.

Ein Matrose stürzte sich auf die Kugel. Im selben Augenblick bückte er sich und packte die Kugel, ohne von ihr belästigt zu werden.

„Oh! Ist die schwer!“, schimpfte er vor sich hin.

Keiner achtete auf seine Worte: Die groben Matrosen vergaßen die Brutalitäten und die Bösartigkeiten ihres Kapitäns und umringten ihn. Man hob ihn hoch. Man setzte ihn hin. Er stieß wütende Flüche aus und wandte den Kopf, um instinktiv zu versuchen, das Licht wieder zu sehen.

„Dort! Dort!“, machte er, indem er seinen toten Blick auf die violette Kugel richtete, die aufzuheben dem Matrosen endlich gelungen war und die er mit seinen großen tätowierten Händen umschloss.

„Das ist schwerer als Blei! Zwanzigmal schwerer!“, sagte der Mann, und vor Anstrengung war sein Gesicht rot und waren die Venen an seinen Schläfen geschwollen.

Er ließ die geheimnisvolle Kugel wieder fallen und stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.

„Mehr als hundert Pfund!“, murmelte er und trocknete sich die Stirn mit dem Ärmel seiner Matrosenjacke ab.

„Dort! Dort! Die Kugel!“, wiederholte indessen der Blinde und streckte seine Hand danach aus. „Damn’d! Bringt mich an Bord zurück, Jungs! Ich sehe nicht mehr! Oh! Mein Kopf!“

„Ich sage es euch, ich, da ist der Teufel auf dieser verdammten Insel!“, knurrte ein schwarzer Matrose.

„Halt die Klappe, Sam, bloßer Idiot, der du bist ... Ihr seid alle Schweine und Nichtskönner! Bringt mich zurück an Bord, oder ich verpasse euch eine Tracht Prügel! ... Wartet ein bisschen, bis mein Schwindelanfall vorbei ist!“, drohte Kapitän Ellis. „Ich werde euch den Marsch blasen, ja!“

Diese von einem Mann ausgesprochenen Worte, der seiner Sehkraft beraubt ist, waren ganz einfach grotesk. Aber die Seeleute der Grampus waren so daran gewöhnt, vor ihrem Kapitän zu zittern, dass keiner es wagte die Stimme zu erheben.

„An Bord!“, wiederholte Ellis. „Und mit Rückenwind, wie? Parker! Komm her! Ich werde mich auf dich stützen! Und pass auf, dass du mich nicht stolpern lässt, wenn du an deinem schmutzigen Kopf hängst!“

Parker, ein sechs Fuß großer Koloss, näherte sich watschelnd Kapitän Ellis. Dieser packte ihn am Arm:

„Auf geht‘s!“

„Und die Kugel? Nehmen wir sie mit?“, fragte der Mann, der die violette Kugel aufgehoben hatte.

„Bring Sie deiner Großmutter! Ich will davon nichts an Bord haben, verstehst du! Lass das!“, befahl Ellis.

Der Mann gehorchte aus Gewohnheit: Er ließ die Kugel fallen.

Zur großen Überraschung aller gab es nur einen dumpfen Schlag. Kein Funke und kein Prasseln. Aber als die Kugel auf eine der Platten traf, die den Boden bedeckten, ließ sie diese buchstäblich zersplittern.

Ein eiförmiger Hohlraum erschien, gerade groß genug, um eine Melone mittlerer Größe aufzunehmen. Er war im Innern mit einem rötlichen Belag verkleidet, der ziemlich Schamotte glich.

„Alsdann! Kommt ihr wohl her?“, brüllte Ellis, der sich mit einer Hand an Parkers Arm festhielt und sich mit der anderen die erloschenen Augen hielt. „Oh! Wartet nur, bis ich wieder sehen kann, dann mache ich euch Beine, meine Galgenvögel! Ich wollte, der Teufel würde euch alle holen und euch mit euren Eingeweiden erdrosseln! ... Hörst du, Parker? Geh los, oder aber ...!“

Ein lautes, von den Matrosen der Grampus ausgestoßenes Geschrei überdeckte seine Stimme.

Verblüfft schwieg er einen Augenblick und fragte dann:

„Was haben sie jetzt noch, diese nichtsnutzigen Matrosen?“

Wenn es Kapitän Ellis noch möglich gewesen wäre, sich seiner Augen zu bedienen, wäre seine Neugier sofort befriedigt worden: Einer der Seeleute, der sich über den in die graue Steinplatte gebohrten Hohlraum gebeugt hatte, hatte daraus ein Buch hervorgeholt.

Ein Buch ähnlich wie diejenigen, die von den Japanern und den Chinesen verwendet werden, das heißt, deren Blätter wie eine Ziehharmonika gefaltet sind und von links nach rechts auf der einen Seite und dann auf der gegenüberliegenden Seite gelesen werden.

Der eigenartige Band war in einer Hülle aus bronzefarbenem, zwischen grün und braun spielendem Metall enthalten, die ungefähr die Größe einer Zigarrenschachtel hatte. Sie bestand aus einem Material dünner als Papier, war dabei aber fast unzerreißbar. Von gelber Farbe, waren seine Seiten mit geometrischen Zeichen bedeckt, die von den einfachsten bis zu den kompliziertesten reichen. Drei miteinander verschlungene Kreise waren auf die Metallhülle graviert.

Die Seeleute der Grampus schoben sich und stießen sich, nachdem sie sich sogleich um ihren Kameraden versammelt hatten, und während sie den außergewöhnlichen Fund betrachteten, tauschten sie untereinander lustige, alberne oder einfach verwunderte Bemerkungen aus.

„Muss ich euch erst eine Kugel ins Gerippe jagen, ihr Halunken?“, explodierte Kapitän Ellis, als er feststellte, dass man ihm kein Gehör schenkte.

Jetzt hörten ihn die Seeleute. Sie drehten sich um und sahen, dass ihr Kapitän Parker losgelassen und seinen Karabiner in ihrer Richtung an die Wange gelegt hatte.

„Es ist ein Buch, Kap’tän! Ein Buch, das Joyce gerade in einem Loch gefunden hat!“, erklärte einer der Matrosen.

„Zum Teufel mit der Kugel, und mit euch allen! An Bord, zum Teufel, und los geht’s!“, wetterte Ellis mit wütender Stimme.

Dieses Mal gehorchten die Seeleute. Im Übrigen waren sie alle von einem gewissen Unwohlsein befallen. Die Wunder, denen sie beigewohnt hatten, seit sie auf der unbekannten Insel an Land gegangen waren, erfüllten sie mit einer dumpfen Angst.

Schweigend kehrten sie zu ihrer Schaluppe zurück. Sie bestiegen sie und nahmen die geheimnisvolle violette Kugel und die Bronzehülle mit, die das Buch enthielt ...

Die weitere Fahrt der Grampus musste wohl erfolgreicher gewesen sein. Acht Monate später lief die Brigg, ihre Laderäume gefüllt mit Walöl und mit sich unter der Last der daran zum Trocknen aufgehängten Barten biegenden Hebezeuge, in den Hafen von San Francisco ein.

Kapitän Ellis, der das Sehvermögen nicht wiedererlangt hatte und es niemals wiedererlangen sollte, hatte das Kommando abgegeben und die Leitung des Schiffes seinem Zweiten überlassen.

Es war dieser letztgenannte, der die geheimnisvolle Kugel sowie das in der Metallhülle eingeschlossene Buch mit von Bord nahm. Der Seebericht des Kapitäns der Grampus rief kaum eine Sensation hervor.

In diesem Bericht schilderte Kapitän Ellis, was auf der unbekannten Insel geschehen war, die er zu Ehren seiner Brigg Grampus Island genannt hatte.

„Grampus Island?“, kicherte der Mitarbeiter der amerikanischen Admiralität in Washington albern, als ihn der Bericht erreichte. „Ha! Ha! Sie sind alle gleich, diese Kapitäne. Können nicht rechnen! Er wird sich verrechnet haben und tauft eines der Riffe von Fanning Island mit dem Namen seines Schiffes! Na gut, das nächste hydrografische Schiff, das ausfährt, soll sich dieses Grampus Island sowie seine Bimssteinplatten und seine Glasbausteine ansehen.“

Es ergab sich, dass die Dixie, ein Kreuzer der amerikanischen Marine, auf der Fahrt von Seattle nach Sydney einige Monate später ungefähr in der Gegend der angeblichen Lage von Grampus Island befand. Ihr Kapitän wollte sich der Richtigkeit des Berichts von James Ellis vergewissern. An der angegebenen Stelle war nichts zu finden. Er ließ siebenhundert Faden tief loten. Zwei Tage und eine Nacht lang untersuchte er die Umgebung. Nichts in den Tiefen, die zwischen sechshundert und tausend Faden schwankten. Nicht das kleinste Riff.

Grampus Island wird niemals auf den amerikanischen Karten zu finden sein. Und das zu Recht: Niemand sollte es jemals wiederfinden.

Während dieser Zeit hatte sich Mr. Wilson Dill, der zweite Kapitän der Grampus, der nach der Erblindung von Ellis zum Kommandanten befördert worden war, mit diesem letztgenannten verständigt, um den größtmöglichen Nutzen aus dem Buch und der Amethystkugel zu ziehen.

Mehrere Trödler und Antiquare, an die sie sich wandten, boten ihnen lächerliche Beträge für die beiden Gegenstände.

Ein Chemiker versicherte, die Kugel bestände aus einem Bleimaterial, das mit Salzen gesättigt wäre, die es durchscheinend machten. Was das Buch betrifft, so erklärte ein Antiquar, es könne nur chinesisch oder japanisch und aus einer ganz und gar modernen Zeit sein, das heißt, wertlos!

Ein Ingenieur, dem Wilson Dills den seltsamen Band zeigte, war der Meinung, es wäre kürzlich von einem hervorragenden Mathematiker geschrieben worden, denn bestimmte Zeichen, die darin dargestellt waren, bezögen sich auf schwierige Probleme, die erst vor sehr kurzer Zeit von wenigen Gelehrten angegangen wurden, Probleme, die Euklid, Descartes und Le Verrier nicht bekannt gewesen wären.

Damit hätte im Übrigen das fragliche Buch keinerlei Wert ...

Die Besatzung der Grampus war indessen in San Francisco geblieben. Die Seeleute meinten, ihren Anteil am Verkaufspreis der Kugel und des Buches zu erhalten und rechneten fest damit, dass der genannte Preis beträchtlich sein würde.

Nach und nach gaben sie ihre Ansprüche auf. Ebenso wurde auch ihr Geld weniger. Sie mussten schließlich wieder anheuern und in See stechen.

Im Laufe eines Treffens, das in einer Bar von Barbary Coast stattfand, dem von den Seeleuten frequentierten Viertel, bevollmächtigten die Matrosen der Grampus den Kapitän Wilson Dills, die beiden Gegenstände unter der Voraussetzung zu einem beliebigen Preis zu verkaufen, dass er etwas dafür herausholen könnte.

Wilson Dills, immer mehr genervt, zumal Kapitän Ellis, durch sein Unglück verbittert, nicht aufhörte, ihn zu bedrängen, bot schließlich die violette Kugel und das unbekannte Buch einem Mediziner an, der ihn einige Jahre früher behandelt hatte, Dr. Akinson.

Dieser bot ihm fünfzig Dollar für alles an. Sie wurden akzeptiert. Das machte fünf Dollar für Kapitän Ellis, drei für Wilson Dills und einen Dollar für jeden der zweiundvierzig Seeleute der Grampus.

Kapitän Ellis starb erbärmlich am 2. Dezember 1876. Was Wilson Dills und die Seeleute der Grampus betrifft, so zerstreuten sie sich auf andere Schiffe, wo sie von dem tragischen Zwischenstopp auf Grampus Island erzählten, und man glaubte ihnen nicht.

Dr. Akinson war ein neugieriger Geist. Zwei Jahre lang versuchte er festzustellen, was die wirkliche Substanz der veilchenblauen Kugel war. Er setzte sie allen bekannten Reagenzien aus: Keines konnte sie angreifen. Er tauchte sie in Schwefelsäure, kein Ergebnis. Er ließ sie bei einem Schwerindustriellen in Pittsburgh von einem Maschinenhammer mit hundert Tonnen behämmern. Die Kugel widerstand dem furchtbaren Druck.

Die härtesten Stähle wurden daran stumpf. Dem Diamanten gelang es nicht, sie zu zerkratzen.

Des Kampfes müde gab Akinson seine Untersuchungen auf. Oder besser gesagt, er wandte sie dem zweiten Gegenstand zu, dem geheimnisvollen Buch, denn er dachte, wenn es ihm gelänge, die Zeichen zu entziffern, würde er darin vielleicht die Lösung finden, nach der er suchte.

Dr. Akinson besaß ein kleines Vermögen. Er konnte darauf verzichten, Patienten zu behandeln.

Jahrelang arbeitete er, mühte er sich ab. Er suchte in Europa in London, in Berlin, in Paris die hervorragendsten Mathematiker auf, denen er die Zusammenstellung geometrischer Figuren vorlegte, die in dem Buch verzeichnet waren. Er erhielt nur ausweichende Antworten: Ja, die geheimnisvollen Zeichen bezogen sich auf Probleme der transzendenten Geometrie, aber sie kamen zu keinem Schluss. Keine Aufgabe kam einer Lösung näher ...

Akinson ließ sich nicht entmutigen. Er konsultierte Kryptografen. Er studierte Tausende von Geheimschriftsystemen. Es beschaffte sich zu hohen Kosten sämtliche Werke, die es zu dem Thema gab.

Nach und nach gab er seine Beschäftigungen auf, und er vernachlässigte seine Freunde. Seine Ressourcen schwanden infolge der enormen Kosten, die er tragen musste und die ihn dazu gezwungen hatten, sein bescheidenes Kapital anzugreifen. Die Jahre vergingen. Immer noch kein Ergebnis. Akinson setzte seine Untersuchungen fort.

Dr. Akinson lebte mit seiner alten Dienerin Maria, der er schon seit Jahren keinen Lohn mehr zahlte, in einer bescheidenen Dreizimmerwohnung im dreizehnten Stock eines Arbeiterhauses; mager, kahlköpfig, gebeugt existierte er nur noch in der Hoffnung, das geheimnisvolle Buch zu entziffern.

Es vergingen dreißig Jahre.

In den letzten Apriltagen des Jahres 1905 gelangte Dr. Akinson, siebenundsiebzig Jahre alt, endlich an sein Ziel.

Als Maria eines Morgens vom Markt zurückkam, glaubte sie, ihr Herr wäre verrückt geworden.

Er weinte, er tanzte, er lachte schallend:

„Maria!“, rief er aus. „Ich habe es gefunden. Es ist einfach ..., so einfach! Ach! Wenn du wüsstest! Die wundervollste und großartigste Sache, die es jemals gegeben hat. Das Gesicht der Welt wird sich ändern! Jedermann wird glücklich sein.“

„Ich habe die ersten Seiten schon übersetzt. Was für ein Roman!... Und dann erklärt er die Formeln. Ach! Wir sind nur Kinder, Wilde. Das ist überwältigend! Welche Entdeckung! Wir werden glücklich sein.“

„Ja?... Inzwischen sind die Kohlköpfe wieder um zwei Cent teurer geworden, und ich frage mich, wie wir zurechtkommen sollen, wenn das mit diesen Dieben von Händlern so weitergeht!“, schimpfte die alte Dienerin vor sich hin, und sie ging, um sich in der Küche einzuschließen, ohne auf die erneuten Ausrufe des Greises zu hören.

Während der folgenden Tage und Nächte arbeitete Dr. Akinson verbissen über seinen Tisch aus hellem Holz gebeugt ohne Unterlass und ohne zu schlafen.

„Ich werde den ersten Teil nach Washington schicken!“, erklärte er der alten Dienerin am 5. Mai. Das ist ein wunderbarer ..., fantastischer Roman!... Und ich werde dann die Formeln Xiés transkribieren und ausarbeiten! Was für ein Mann! Ein Supermann! Das waren alle Supermänner!“

Und ohne auf das Gemurmel seiner Dienerin zu hören, ging Dr. Akinson hinaus und nahm in einer alten Aktentasche aus abgewetztem Saffianleder die Seiten mit, welche die Übersetzung des ersten Teils des geheimnisvollen Buches enthielten.

Er kam gegen elf Uhr morgens nach Hause zurück.

Nachdem er die Küchentür geöffnet hatte, wich er mit vor Entsetzen runden Augen zurück: Aus dem Herd schoss ein violetter, glühender, unerträglicher Glanz hervor, hundert- und hundertmal stärker und flammender als derjenige der Sonnenstrahlen, und füllte die Küche mit einem gleißenden Lichthof an.

Bestürzt, erschrocken, wie zu einem Standbild aus Stein geworden sah Maria unbeweglich zu.

„Du Unglückliche!“, rief Dr. Akinson aus. „Du ...“

„Ja! Ich habe das Buch ins Feuer geworfen, und die Kugel auch! Sie werden verrückt, Herr, und Sie ...“

Ein kurzes und heftiges Krachen ertönte, dem ein hohes Pfeifen folgte, so hoch, wie es an menschliche Ohren zweifellos noch nie gedrungen war, und mit einem entsetzlichen Getöse stürzte das riesige Gebäude ein.

Nach und nach fielen auch die benachbarten Gebäude in sich zusammen.

Mit einem dumpfen Grollen bebte die Erde, als müsste sie auseinanderbrechen.