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Das Mitarbeitergespräch (MG) ist die logische Antwort auf ein geändertes Führungsfeld. Was früher an verbindender Kommunikation über Weihnachtsfeiern, Betriebssportgruppen, Gesel-ligkeiten u. ä. ablief, ist heute nicht zuletzt durch die Verdichtung der Arbeit zu einem Mangel geworden. Es geht bei dem MG vor allem um das Aussteuern von Selbst- und Fremdbild und um eine kritische Bestandsaufnahme des gemeinsamen Beziehungsgeflechtes. Das funktio-niert natürlich nur, wenn ein Klima der Nähe, der Offenheit, des Vertrauen und des Vertraut- Sein zwischen den beiden Gesprächspartnern angestrebt wird oder bereits besteht. Es kommt somit beim MG auf die Einstellung an. Aber ohne Gesprächstechniken geht es auch nicht. Wer mit Worten Brücken bauen will, weiß, dass alles seine Zeit hat: Dabei geht es um die Wahl der Worte wie auch die wohlüberlegte Abfolge der Argumente. Neben der Intuition ist daher auch Transpiration gefordert. Ohne Fleiß kein Preis: Eine erfolgreiche Kommunikation, die auf eine kontinuierliche Verbesserung setzt, baut auf den Säulen einer umfassenden Vorbereitung und Nachbereitung. In vier Kapiteln werden Wege und Bausteine einer neuen Kommunikationskultur (1. Kapitel) aufgezeigt, das Mitarbeiter-/ Jahresgespräch als Führungsinstrument (2. Kapitel) einer auf Ziele hin ausgerichteten Verwaltung herausgearbeitet, werden Techniken der Gesprächsfüh-rung: "Wie finde ich die richtigen Worte, um die gemeinsamen Anliegen mit dem Gesprächs-partner kommunizieren zu können?" (3. Kapitel) erläutert und es werden Wege aufgezeigt, wie dieses Gespräch mit einem hohen Nutzen (z.B. Verhindern von innerer Kündigung und burn out Effekten) in den Führungsalltag integriert werden kann (4. Kapitel).
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Seitenzahl: 244
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Leoni und Dominik
Prof. Dr. H.- E. Meixner ist als Organisations- und Personalberater tätig und lehrte als Fachhochlehrer Personalwesen, Organisation und Managementtraining. Davor war er in mehreren Ministerien des Bundes im Bereich der Zentralverwaltung (Personalgrundsatz und Personaleinsatz) tätig.
In zahlreichen Veröffentlichungen und Vorträgen hat er sich mit Fragen der „Neuen Steuerungsmodelle“, Management, Führung, Gesundheitsmanagement, Personalentwicklung befasst.
Neuauflage
Im Dialog gewinnen – Das Mitarbeitergespräch Prof. Dr. Hanns- Eberhard Meixner Copyright: © 2014 H.E. Meixner
published by: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de
Das Mitarbeitergespräch (MG) ist die logische Konsequenz auf ein geändertes Führungsfeld. Was früher an verbindender Kommunikation über Weihnachtsfeiern, Betriebssportgruppen, Geselligkeiten u. ä. ablief, ist heute nicht zuletzt durch die Verdichtung der Arbeit zu einem Mangel geworden. Dieser Trend zeichnet sich schon seit längerem ab und einige Verwaltungen haben bereits in den 80er Jahren auf dieses Führungsinstrument gesetzt. Eine lange Zeit der Bewährung für dieses Instrument – genug um ein Resümee ziehen zu können.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass ein verordnetes Mitarbeiter- bzw. Jahresgespräch abschreckt und ins Leere läuft. Bei diesem sensiblen Führungsinstrument kommt es darauf an, dass die Einstellung aller daran Beteiligten stimmt. Das MG hat nichts zu tun mit „Sozialklimbim“. Auch sollten in diesem Gespräch nicht Themen ständig neu und ohne Konzeption wieder und wieder wie ein Rührpudding unverbindlich bewegt werden. Auf dieses Weise würden die eigentlichen Anliege sehr schnell und „nachhaltig“ zerredet.
Es geht in diesem Gespräch vor allem um das Aussteuern von Selbst- und Fremdbild – sowohl des Mitarbeiters, wie aber auch das der Führung-, es geht um eine kritische Bestandsaufnahme des gemeinsamen Beziehungsgeflechtes, und es geht um ein individuelles Fördern und Fordern. Insoweit bietet das MG die Chance, dass zwei gleichberechtigte Gesprächspartner über sich selbst und die Wirkung ihres Verhaltens reflektieren. Das geht natürlich nur, wenn ein Klima der Nähe, der Offenheit, des Vertrauen und des Vertraut- Sein zwischen den beiden Gesprächspartnern angestrebt wird oder bereits besteht. Und eine weitere wichtige Voraussetzung muss gegeben sein: Es dürfen auch Gefühle gezeigt werden! Das ist eine Abkehr von der Devise „Indianer heulen nicht!“ Gefühle gehören zum Leben – und sie sollten in diesem Gespräch auch zugelassen werden. Sie sind die Säule der Empathie und setzen auf die emotionale Intelligenz. Das ist nicht leicht in einem Berufsfeld, in dem täglich gefordert wird, Gefühle unter Kontrolle zu halten.
Selbstreflektion hat vor allem etwas mit sozialer Kompetenz zu tun. Soziale Kompetenz wird heute als Baustein einer überzeugenden Führung immer artikulierter eingefordert. Ohne soziale Kompetenz können indes komplexe soziale Systeme nicht funktionieren. Daher liegt die Vermutung nahe, dass soziale Kompetenz in Organisationen schon immer einen wichtigen Part gespielt hat. Offensichtlich hat sich das, was einmal selbstverständlich war, zu einem Mangel entwickelt und muss nun neu artikuliert werden. Soziale Kompetenz wird vor allem auch im MG gefordert und gefördert. Viele Führungskräfte wissen dies und handeln danach. So gesehen, bedarf es eigentlich keines angeordneten Jahresgespräches. Doch die tägliche Routine lässt manche Selbstverständlichkeit in den Hintergrund treten. Daher macht es durchaus Sinn, die Aufmerksamkeit durch die „Vorgabe der Jährlichkeit“ auf dieses Instrument zu lenken.
Auch das MG hat so etwas wie einen Lebenszyklus. Einige Verwaltungen haben dieses Führungsinstrument vor Jahren mit einer hohen Euphorie eingeführt. Nach kurzer Zeit verlor sich diese Dynamik und nicht selten fehlt es nunmehr an Nachhaltigkeit. Daher ist heute in vielen Verwaltungen eine „Revitalisierung“ – besser wohl Reanimierung- dieses Führungsmittels angesagt. Dort, wo sich das MG über Jahre weiter entwickeln konnte, haben sich die ursprünglichen Intentionen des Vier- Augen Gespräches verschoben. Das MG der „Jugendphase“ setzt andere Akzente und Schwerpunkte, als das der dann folgenden Durchgänge. Im den ersten Gesprächszyklen konzentrieren sich beide Gesprächspartner auf die persönlichen Bezüge. Auf dieser Basis baut das nächste Gespräch auf. Wer als Teamchef, wer als Mitarbeiter um diese Hintergründe des anderen informiert ist, braucht dies nicht im Gespräch ein weiteres Mal zu vertiefen. Vieles spricht daher dafür, dass sich der Akzent des Gespräches in Laufe der Jahre von dem Beziehungsaspekt hin zu den Verhaltens- und Sachzielen verlagert. Es kommt somit beim MG auf die Einstellung an. Aber ohne Gesprächstechniken geht es auch nicht. Wer mit Worten Brücken bauen will, weiß, dass alles seine Zeit hat: Dabei geht es um die Wahl der Worte wie auch die wohlüberlegte Abfolge der Argumente. Neben der Intuition ist daher auch Transpiration gefordert. Ohne Fleiß kein Preis: Eine erfolgreiche Kommunikation, die auf eine kontinuierliche Verbesserung setzt, baut auf den Säulen der einer umfassenden Vorbereitung und Nachbereitung.
Als Führungsinstrument ist das MG mehr als nur ein organisiertes Gespräch zwischen zwei Menschen. Dieses Gespräch setzt auch eine Hintergrundorganisation voraus, die den Rahmen schafft für eine bessere Zusammenarbeit und ein gezieltes Fördern und Entwickeln.
Von diesem Zusammenhängen ist in diesem Buch die Rede
Dieses Buch wäre ohne die Hinweise sowie die kritisch konstruktiven Anregungen der vielen Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer, mit denen ich in den letzten Jahren auf Seminaren, Vorträgen und Workshops zu diesem interessanten Thema zusammenarbeiten konnte, nicht zustande gekommen.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine vergnügliche und anregende Lektüre.
Hanns- Eberhard Meixner
Es wird in der Verwaltung - übrigens gleichermaßen auch in der Wirtschaft - zuviel übereinander und zu wenig miteinander gesprochen. Das hat viele Ursachen. Häufig dominiert die Hektik des Tagesgeschäftes und lässt nur wenig Raum, um grundsätzliche Aspekte der Arbeit sowie persönliche Belange des Arbeitsumfeldes zu thematisieren und mit den Mitarbeitern zu kommunizieren. „Es fehlt die Zeit!“, so hört man oft als Entschuldigung. Allerdings ist der Hinweis „Ich habe keine Zeit“ bei genauem Hinsehen ein Weichmacher - Argument. Diesem Argument fehlt es an Offenheit und Klarheit. Richtiger wäre der Hinweis: „Für mich sind andere Termine wichtiger! Ich habe andere Prioritäten gesetzt!“
In einer vernetzten Organisation gewinnt die Kommunikation auf allen Ebenen der Organisation an Bedeutung. An dieser Stelle setzen die Überlegungen zu einem formalisierten und institutionalisierten Dialog ein. Der Stellenwert und die Bedeutung der Kommunikation im Führungsfeld sind heute weitgehend unstreitig. Lee Iaccoca bringt es auf eine schlüssige, wenngleich auch etwas stark zugespitzte Formel:
„ Die einzige Möglichkeit, Menschen zu motivieren,
ist die Kommunikation.“
Insgesamt hat sich das Kommunikationsverhalten in Wirtschaft und Verwaltung in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert.
Was früher ohne weitergehende Erklärungen und Erläuterungen funktionierte, bedarf heute eines erheblichen kommunikativen Aufwandes. An die Stelle einer aufgesetzten Autorität ist der Anspruch getreten, Anweisungen und Gebote auf ihre Zweckmäßigkeit und Berechtigung hin zu hinterfragen. Viele Berufsgruppen müssen daher mehr denn je neben ihren „Taten“ auch durch Worte überzeugen.
Die Anforderungen im Führungsfeld haben sich grundlegend verändert. Eine Antwort hierauf ist ein Mehr an Kommunikation, statt Anweisen steht heute das Überzeugen. Soziale Kompetenzen sind gefordert.
Es ist ein zentrales organisations- und personalpolitisches Anliegen, die Sprach- und Kommunikationsbarrieren innerhalb einer Organisation zu überwinden. Solche Kommunikationsbarrieren sind in einer Organisation an vielen wichtigen Nahtstellen in großen, wie auch in kleineren Dimensionen zu beobachten:
Die Sprachbarrieren in der Hierarchie
Häufig kommt es in den Organisationen von Wirtschaft und Verwaltung zu Abgrenzungen innerhalb von Teams, zwischen den Teams und vor allem im Gefüge der Hierarchie. Erkennbar sind dann Frontstellungen in „Die da oben“ und „Die da unten“.
Auf beiden Seiten finden sich dann weniger förderliche Formulierungen – und damit auf Distanz ausgerichtete Einstellungen - wie etwa:
„Die da oben“ sagen die da unten:
Die da oben machen doch sowieso, was sie wollen. Uns sagt doch keiner ehrlich, was Sache ist.
Was die da oben aushecken, erfahren wir doch erst, wenn wir vor vollendeten Tatsachen stehen.
Die da oben wissen doch überhaupt nicht, was hier unten tatsächlich läuft, was Sache ist!
Die da oben bedienen sich und wir hier unten müssen diese Zeche auch nocht bezahlen.
Die da oben sollten sich doch einmal an das alten, was sie uns verkaufen wollen!
„Die da unten“ sagen die da oben:
Die da unten haben den Ernst der Situation immer noch nicht erfasst!
Die da unten interessiert doch gar nicht, worum es tatsächlich geht!
Die da unten haben noch immer nicht den Ernst der Lage erfasst!
Die da unten blocken doch jede vernünftige Idee ab!
Die Sprachbarrieren im Team:
Sprachbarrieren sind auch häufig das Ergebnis von fehlender Offenheit. Wo es an Offenheit mangelt, fehlt es auch häufig an Vertrauen. Wo es aber an Vertrauen mangelt, fehlt es auch häufig an Initiative und Kreativität: Man traut sich nicht, da man misstrauisch ist! Diese Misstrauenskultur hat viele Gründe. Ein Grund ist sicherlich, dass es viele nicht gelernt haben, konstruktiv mit Kritik umzugehen. Mitunter sind die Gründe noch trivialer: Der Gesprächspartner erweist sich als beratungsresistent, kann nicht zuhören und/ oder neigt zu ermüdenden Monologen. Aus dieser Gemengelage kann es geschehen, dass man sich auch wider besserem Wissens zurückhält und das Risiko meidet, als Betonkopf oder „ewig Gestriger“ diskriminiert zu werden.
Ein beredtes Beispiel sind in vielen Verwaltungen die regelmäßig stattfindenden Dienstbesprechungen oder auch Meetings genannt. Kommt es in der Besprechung zu dem Tagesordnungspunkt „Verschiednes“ und der Aufforderung: „Gibt es noch etwas zu klären?“, dann ist in vielen solcher Fälle ein drückendes Schweigen zu beobachten. Je länger die Frage unbeantwortet im Raum steht, desto eisiger wird die Stille. Kommt dann die erlösende Aufforderung: „Wenn es nichts mehr zu klären gibt, dann können wir für heute die Besprechung beenden. Ich danke Ihnen für die Mitarbeit!“ ist Dynamik angesagt. Alles strömt durch die Türe aus dem Besprechungsraum. Es überrascht jedes Mal von Neuen, welch quirlige Lebendigkeit sich schon bald auf dem Flur entwickelt. Zwei Aussagen sind dann meist unüberhörbar:
1 Aussage: „Da ist ja mal wieder viel Luft um die Ecke geschaufelt worden!“
2. Aussage: „Was hätte angesprochen werden müssen, wurde mal wieder nicht thematisiert!“
Eine fehlende offene Kritikkultur
In einem Beitrag der Zeitschrift Capital1 war folgende kritische Reflexion einer Führungskraft zu lesen: „Ich wollte immer ein Chef sein, der klar informiert", sagt Thomas Michels, "einer, der die Leute im Boot hat und, dafür sorgt, dass sie die Strategie verstehen." Dass er hinter seinen hohen Ansprüchen zurückblieb, merkte der Leiter der Betriebsorganisation der Kölner Axa- Versicherung, als er sich zum ersten Mal der Vorgesetztenbeurteilung stellte und ein offizielles Feedback von seinem Team erhielt.
Der Spiegel, den die Mitarbeiter ihm vorhielten, zeigte ein anderes Bild: Er informiere nicht eindeutig genug, so ihr Eindruck, und vor allem nicht rechtzeitig. Michels fiel aus allen Wolken: "Gerade von meiner offenen Art war ich überzeugt." Genutzte Chance. Der Versicherungsmanager nahm sich das Feedback seines Teams zu Herzen. Heute versucht er, sich mehr Zeit zu nehmen. In der Alltagshektik gelinge das zwar nicht immer, gibt er ehrlich zu, aber zumindest häufiger als früher. "Mir fiel es vor allem am Anfang nicht leicht, Kritik anzunehmen", resümiert er seine Erfahrungen. "Aber ich kenne nur wenig andere Möglichkeiten, um zu lernen und besser zu werden.“
Die Tendenz der verdrängenden Harmonie
In einer Verwaltung wurde eine Mitarbeiterin für eine unattraktive Verwendung mit dem Versprechen geworben, dass diese Verwendung für ihren weiteren beruflichen Werdegang von großem Vorteil sei. Auch sei die Zeit in dieser Verwendung absehbar: „Drei Jahr, und dann haben sie sich für eine besonders herausgehobene Verwendung qualifiziert. Wir rechnen es ihnen hoch an, dass sie sich für diese Verwendung zur Verfügung stellen.“ Nach drei Jahren fragte die Kollegin nach, wann denn das Versprechen eingelöst würde. „Wir haben leider keinen Ersatz für sie. Aber sie sehen ja, wie wir uns bemühen! Im übrigen: Seien sie froh, dass sich so einen krisensicheren Arbeitsplatz haben.“ Nach einem weiteren Jahr wurde die Kollegin deutlicher. Die Reaktion kam prompt: „Wir lassen uns nicht von ihnen unter Druck setzen! Und erpressen schon gar nicht!“ Schon bald wurde der Kollegin klar, dass gute und hervorragende Leistungen an diesem Arbeitplatz eher die Unentbehrlichkeit zementiert und sich auf diese Weise die Chance auf eine andere Verwendung noch weiter verschlechtert. Mit einem offenen Wort, auch das wurde ihr klar, war hier wenig zu erreichen. Ein stummer Protest und eine abgesenkte Leistungsbereitschaft halfen weiter.
Der besondere Reiz des Übereinanderredens
Auch in einem Team kann es passieren, dass zuviel übereinander und zu wenig miteinander Gesprochen wird. Was harmlos beginnt, kann Eigendynamik entwickeln und zu einem Brandherd werden.
Wenden wir uns beispielhaft einer bedeutsamen Kleinigkeit zu.
Nach Jahren emsigen Sparens hat sich Herr Schnittge einen lang ersehnten Wunsch erfüllt: einen Wagen der Luxusklasse. Verliebt in den neuen Wagen, wendet er all seine Aufmerksamkeit auf dieses Gefährt. Stolz und mit viel liebevoller Sorgfalt parkt er das Gefährt morgens auf dem Vorplatz des Rathauses ein. Beschwingt steigt er aus dem Wagen, schließt die Wagentür und genießt, was sich vor seinen Augen in voller Größe erschließt. Mit lustvollem Blick „umher schreitet“ er gleich zweimal seinen geliebten Wagen, und lässt seinen Blick voller Stolz auf den Details deutscher Markenarbeit ruhen. Dann heißt es auch für Herrn Schnittge Abschiednehmen, um sich dem faden Alltag des Bürolebens zuzuwenden. Auf dem Weg zur Rathaustür hält er noch zweimal inne, wendet voller Stolz und Genugtun seinen Blick zurück zu seinem begehrten und geliebten Gefährt.
Es lässt sich nicht lange auf sich warten, und ein Kollege entdeckt das sich täglich wiederholende Ritual. Erst ist es ein zufälliger Blick des Kollegen: „Hat sich Herr Schnittge nicht gestern auch so bewegt?“ Was nun folgt, lässt sich mit großer Treffsicherheit ausmachen: Auf die Beobachtung folgt die Spekulation: „Wetten, dass Herr …!“ und mit der Bestätigung der Beobachtung setzt der Flurfunk ein. Und mit dem Flurfunk gewinnt der Kreis der Schaulustigen und „Eingeweihten“ an Zahl. Wetten werden abgeschlossen und mit jedem Morgen gewinnt die Ankunft von Herrn Schnittge an Unterhaltenswert. Alle reden darüber, haben ihren Spaß, nur einer weiß nicht, was sich auf seine Kosten hinter seinem Rücken abspielt: Alles redet über ihn, aber keiner redet mit ihm.
Die selektive Wahrnehmung begünstigt einseitige Interpretationen
In einer Verwaltung verschlechterte sich zunehmend das Arbeitsklima. Die Beschäftigten der Abteilung eines Dezernates sahen sich von ihrem Dezernenten gegenüber den anderen Abteilungen ungerecht behandelt. Gerade auf ihre Abteilung - so schien es vielen von ihnen - hatte es dieser Chef offensichtlich abgesehen. Mit einem strengen und wachsamen Auge begleitete er den täglichen Start in ihre Arbeiten, während die anderen Abteilungen ruhig vor sich „hinarbeiten“ konnten. Der Ärger über diese Ungleichbehandlung wuchs und immer mehr bestärkte sich die Leidensgemeinschaft gegenseitig in ihrem Ärger. Der Dampfkessel begann zu brodeln, und es entstand ein immer gefährlicheres explosives Gemisch.
Diese Ungerechtigkeit vollzog sich in einem täglichen Ritual: Jeden Morgen kurz nach 8 Uhr erschien der Dezernent auf ihren Flur - und dies auch noch über die Hintertür des Bürohauses - und kontrollierte, ob auch alle pünktlich an Bord sind - und das alles mit Unschuldsmine und obendrein auch noch versteckt hinter einer freundlich aufgesetzten „Fassade“. Blanker Hohn! So zog sich der Ärger Jahr für Jahr hin. Alles redet über dieses Ärgernis, nur einer erfuhr davon nichts: der Verursacher. Erst als der Dezernent seinen Abschied feierte, fanden sich nach einigen Gläser Kölsch „Mutige“, die ihm ins „Gesicht“ sagten, was sich hinter seinen Augen in dieser Abteilung zusammengebraut hatte.
Für den Dezernent war dieser Augenblick nicht nur eine Offenbarung. Er konnte es kaum fassen, welche Überhöhung eine Nebensächlichkeit gewinnen konnte. Dabei war die Erklärung recht einfach und durchaus alles andere als ein persönlicher Affront: Da er morgens vor dem Dienst seine Kinder im Kindergarten pünktlich abgeben musste, war er nicht nur zeitig im Dienst, sondern nutze den für ihn günstigeren Weg über den Hinterhof. Dieser bequeme Weg über die Hintertür führte ihn zwangsläufig über den Flur dieser Abteilung hin zu seinem Büro.
Was folgt aus diesen Kommunikationsbarrieren? Alle aufgezeigten Beispiele haben eines gemeinsam: Die hier aufgezeigten Fehlentwicklungen lassen sich ursächlich auf eine Sprachlosigkeit zurückführen. Das richtige Wort zum richtigen Zeitpunkt mit Behutsamkeit und Sensibilität vorgetragen hätte diese Lappalien ohne große Anforderungen, oder gar Belastungen korrigieren können. Das setzt allerdings voraus, dass jeder die Kleinigkeiten des anderen ernst nimmt. Ein Problem zu erkennen, ist häufig die erste Stufe auf dem Weg zur Lösung einer anstehenden Herausforderung.
Es gibt viele Gründe, die hinter diesen Kommunikationsbarrieren stehen. Mitunter ist es die fehlende Zeit, in anderen Fällen fehlt es an dem Mut zur Offenheit, oder es mangelt an der Sensibilität für die Belange anderer.
An dieser Nahtstelle lässt sich der eigentliche Reiz eines Mitarbeiter- Gesprächs ausmachen. MG´ s brauchen Raum, um sich zu entwickeln, und häufig ist es bereits ein großer Gewinn, wenn zunächst einmal Meinungen weitgehend wertneutral und sanktionsfrei ausgetauscht werden können. Das ist sicherlich für einen „Menschen der Tat“ nicht leicht zu begreifen. Denn ein Mann der Tat ist an einem zügigen und vor allem auch messbarem „Output“ interessiert. Doch häufig kommt es weniger auf solch formalisierte Schein- Ergebnisse an. Wichtiger können dann die „Zwischentöne“ sein. Der französische Philosoph Joseph Joubert (1754 bis 1824) hat diese Zusammenhänge vor vielen Jahren in das folgende Wortspiel gebracht:
„Es ist besser, ein Problem zu erörtern,
ohne es zu entscheiden,
als es zu entscheiden,
ohne es erörtert zu haben.“
Bei dem Zitat hat Joubert wohl kaum die vielen Ratsitzungen und wortreichen Besprechungen im Auge gehabt. Ansonsten hätte er wohl auch die Umkehrung seiner Aussage nicht ausgeschlossen. Diese Botschaft konzentriert sich indes auf die vielen Kleinigkeiten im täglichen Miteinander, wo mehr über, als miteinander gesprochen wird.
Nicht jede Teamleitung und nicht jeder Mitarbeiter lassen sich für ein im Jahresrhythmus zu führendes Gespräch spontan begeistern. Viele sehen in dem angeordneten Jahres- bzw. Mitarbeitergespräch einen Vorgang, der sich täglich im Miteinander von Führung und Ausführung wiederholt. Aus dieser Perspektive scheint es keinen Handlungsbedarf für ein MG zu geben. In diesem Sinne ist dann häufig von einem vermeidbaren Aktionismus die Rede.
„Es wäre schlimm um uns bestellt“, so ein häufig genanntes Abwehrargument, „wenn wir dieses Jahresgespräch tatsächlich brauchen! Schließlich sprechen wir täglich mit unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und stimmen uns ständig miteinander ab! Wir kennen unser Team und unsere Teamspieler, und wir wissen, wo der Schuh drückt! Was also soll dieser überflüssige Formalismus an zusätzlichen Erkenntnissen bringen?! Es wird ohnehin schon zu viel zerredet!“
Sicherlich ist dieses Argument nicht ganz von der Hand zu weisen. Es gibt heute viele Teamleitungen, die sich über den dienstlichen, aber auch privaten Hintergrund ihrer Mitarbeiter ein gutes und treffendes Bild machen können. Aber es gibt auch Führungskräfte, die in der Hektik des Tagesgeschehens keine Zeit finden, sich um das persönliche Kolorit ihrer zugeordneten Mitarbeiter zu kümmern. Manche wollen auch grundsätzlich nur den Mitarbeiter als Funktionsträger sehen. Durch diese verkürzte Sicht werden nicht selten brachliegende Potenziale übersehen, was zur Konsequenz hat, dass diese Möglichkeiten für die Organisation nicht genutzt werden.
Das MG ist wie eine Entdeckerreise: Man erfährt sehr viel von dem anderen, auch wenn man glaubt, alles bereits über ihn zu wissen, - vorausgesetzt, man lässt sich auf die Regeln dieser Gesprächsform ein. Nehmen wir ein Beispiel:
Aufgabe
1. Schritt: Skizzieren Sie das Ziffernblatt Ihrer Uhr aus dem Gedächtnis heraus. (z.B. Wie viele Ziffern (römisch? arabisch? Form der Zeiger? Einteilung des Ziffernblattes: Mit Punkten? Strichen?)
2. Schritt: Überprüfen Sie nun in einem weiteren Schritt Ihre Angaben und korrigieren Sie Ihre Annahmen mit dem Ziffernblatt.
Viele, die sich dieser Übung stellen, sind erstaunt, wie weit die Vorstellung von dem tatsächlichen Bild abweicht. Und dies, obgleich man täglich gleich mehrfach die Uhr benutzt. Dabei handelt es sich bei einer Uhr um ein ganz einfach aufgebautes und gut überschaubares Instrument. Der Mitarbeiter ist dagegen deutlich vielschichtiger. Bei der Komplexität eines Menschen lassen sich weit mehr bedeutsame „Details“ übersehen.
Und nun noch einem Frage:
3. Schritt: Welche Zeit zeigte die Uhr, als Sie das Ziffernblatt mit ihren Aufzeichnungen verglichen?
Setzt man diese Frage in Seminaren ein, dann zeigt sich, dass nur ganz wenige Teilnehmer sich in diesem Kontext die Uhrzeit merken. Dahinter steht eine Botschaft: Die Wahrnehmung wir selektiv gesteuert. Die Wahrnehmung folgt unserer Einstellung. Die täglichen Gespräche sind auf die aktuellen Herausforderungen des Tagesgeschäfts gerichtet: Es zählt die Aufgabe und die Aufgabenerfüllung, die Befindlichkeiten und persönlichen Bezüge des Aufgabenträger werden hingegen sehr leicht übersehen. Das MG aber schafft den mentalen Rahmen, die selektive Wahrnehmung auf eine andere Perspektive des Mitarbeiters zu lenken.
Trotz der vielen Chancen sind die Widerstände gegen diese Art der Gesprächsführung häufig groß. In vielen Teams wird viel Kraft und Energie aufgewendet, um zu begründen, was alles gegen das Mitarbeitergespräch spricht. Wer sich dagegen aufgeschlossen und neugierig auf den Weg einer Selbsterfahrung macht (Devise: „Ich kann nur über das reden, was ich selbst einmal erprobt habe!“), ist fast immer erstaunt, was dieses Gespräch, das man zunächst für so überflüssig gehalten hat, bewirken kann, und was es alles an einem selbst und bei dem Gesprächspartner in Bewegung setzt. Wer daher die Angst vor dem Neuen, die Zweifel und Vorbehalte beiseite lässt und sich offen, aufgeschlossen und neugierig auf andere Standpunkte einstellt und diesen Selbstversuch einmal wagt, schätzt nach dieser Selbsterfahrung den Wert und die Notwendigkeit eines MG in den meisten Fällen differenzierter ein.
Bei einem Mitarbeitergespräch handelt es sich um ein periodisch, in festgelegten Zyklen stattfindendes Gespräch auf der Grundlage
eines Instrumentes (vgl. Leitlinie des MG, Formular für Gesprächsnotizen, Dokumentationsformulare),
eines geregelten Ablaufs und feststehender Regeln (z.B. Unmittelbarkeit der Führung, Vorgabe der Gesprächsintention und des inhaltlichen Rahmens, Vier- Augen- Gespräch, Vertraulichkeit, Gegenseitigkeit, etc.)
zwischen zwei gleichberechtigten Interaktionspartnern unterschiedlicher hierarchischer Ebenen (Führungskraft mit einem direkt zugeordneten Mitarbeiter).
Ziele, inhaltlicher Gestaltungsrahmen, Zeitpunkt, Zeitdauer (Mindestrahmen) und Häufigkeit (z.B. einmal im Jahr) der Gespräche sind festgelegt.
Inhaltlich hebt sich das Mitarbeitergespräch von den üblichen Führungsgesprächen und den „Tür- Angel- Gesprächen“ ab. Viele Verwaltungen betonen als Intention dieses Gespräches vor allem die Beziehungsebene.
Nicht jeder Vorgesetzte und nicht jeder Mitarbeiter lässt sich für diese formalisierte Art einer Gesprächsführung spontan begeistern. Die einen sehen in dem Mitarbeitergespräch einen Vorgang, der sich täglich im Miteinander von Vorgesetzen und Mitarbeitern wiederholt: Man kennt sich und man weiß voneinander. Aus dieser Perspektive scheint es keinen Handlungsbedarf für ein MG zu geben. In diesem Sinne ist dann häufig von einem vermeidbaren Aktionismus die Rede. Andere beklagen dagegen die Sprachlosigkeit in der Verwaltung. Sie sehen daher folgerichtig in diesem Instrument einen Weg, die Gesprächskultur in der Verwaltung zu verbessern.
Was aber ist das Besondere an diesem Gespräch? Es soll, so erfährt man, ein partnerschaftliches Gespräch zwischen dem Mitarbeiter und der direkten Führungskraft sein. Offensichtlich gibt es hier ein Defizit, das weniger durch Nicht-Wollen oder fehlende Kommunikationstechniken verursacht ist, wohl aber durch die Hektik des Tagesgeschäftes entstehen kann. Dann kommen Fragen, Abstimmungsprozesse, und Themen grundsätzlicher und persönlicher Art im Alltagsgeschäft und im täglichen Stress zu kurz.
Das Mitarbeitergespräch ist somit eines von vielen Gesprächsformen der Verwaltung.
Trifft man eine Unterscheidung der Kommunikation zwischen den formellen, anlassbezogenen Gesprächen und den eher informellen täglichen Orientierungs- und Informationsgesprächen, dann ist das Mitarbeitergespräch den anlassbezogenen Gesprächtyp zuzuordnen.
Anlassbezogene, formelle Gespräche sind:
Das Mitarbeiter – Gespräch / Jahresgespräch mit dem Ziel, die Beziehungen zu klären und somit Arbeitsklima und Zusammenarbeit zu verbessern. In diesem Gespräch geht es um das bessere Kennen lernen des anderen, und es geht um ein Feedback, wie das Verhalten des jeweiligen Gesprächspartners bei dem jeweils anderen „ankommt“. Ein weiterer Akzent dieses Gespräches liegt auf den Aspekt „Fördern und Entwickeln“.
Das Statusgespräch/ Zielvereinbarungsgespräch mit dem Ziel, die sach- bzw. aufgaben bezogene Ebene zu klären bzw. Aufgaben- und Arbeits- Ziele miteinander zu vereinbaren.
Das Beurteilungsgespräch mit dem Ziel, erbrachte Leistungen gemeinsam zu analysieren, Stärken und Schwächen herauszuarbeiten, Verwendungspotentiale zu entdecken und Verwendungsabfolgen zu erörtern.
Dabei finden drei Varianten Anwendung:
Beurteilungsgespräch zur Vereinbarung von qualitativen, quantitativen und Verhaltens- Standards zu Beginn einer mehrjährigen Beurteilungsperiode
Beurteilungsgespräch als „Meilenstein- Gespräch“ nach Ablauf eines Jahres im Beurteilungszeitraum
Beurteilungsgespräch zur Eröffnung der Beurteilungsergebnisse, ggf. mit der Subvarianten eines Gesprächs zur Vorbereitung und Abstimmung der Beurteilung
Das jährliche LOB – Gespräch
Nicht geregelte, eher informelle Führungsgespräche, die das tägliche Führungsfeld prägen, sind u. a.
das Informationsgespräch
das Kritikgespräch
das Beratungsgespräch (Coaching)
das Motivationsgespräch
das Koordinierungsgespräch
das Unterweisungsgespräch
das Führungsfeedback
Feed- back- Gespräch
Gegenüber diesen „informellen“ Gesprächstypen ist das Besondere an dem Mitarbeitergespräch, dass es sich vor allem auf das Wie der Arbeit bezieht und weniger auf das WAS. Damit werden die aktuellen sachlichen Schwerpunkte um affektive und soziale Inhalte ergänzt. Der Blick für den Arbeitspartner wird geöffnet: Es geht nicht nur selektiv um den Funktionsträger, es geht um eine umfassendere Sicht: Der Arbeitskollege tritt als Mensch und Partner mit seinen individuellen und persönlichen Zügen in den Vordergrund des Gesprächs. Verständnis kommt durch Verstehen: Es geht nicht nur um das Was, es geht vor allem auch um die Beweggründe für das beobachtete Verhalten.
In einer Verwaltung kommt es wiederholt zu Beschwerden über eine Führungskraft. Hart und unbarmherzig werden von dem Teamleiter Fehler und Fehlverhalten geahndet. In diesem Team ist klar definiert, wer das Sagen hat. Widerspruch wird nicht zugelassen. Jeder kennt seinen Platz, jeder weiß, was von ihm verlangt wird. Eine gewisse Verlässlichkeit im System ist erkennbar, und es wird klar und unmissverständlich gesagt, was verlangt wird. In diesem Umfeld kann sich ein Mitarbeiter kein „Schwächeln“ leisten. Schwächen werden gnadenlos aufgedeckt. Leichtgewichte und sensiblere Naturen haben in diesem Arbeitsfeld keine Chance. Der schroffe Ton verkürzt manche Diskussion.
Die Meinungen im Team über das Klima sind geteilt: Einige kommen mit diesem Führungsstil insgesamt klar, andere drohen hoffnungslos unterzugehen und wiederum andere haben sich mit einem inneren Grollen den Gegebenheiten angepasst.
Die übergeordnete Leitung ermahnt den Teamleiter immer wieder, mehr Sensibilität für die zwischenmenschlichen Töne zu entwickeln, drängt zu Seminaren, kritisiert das autoritäre Verhalten und droht mit ernsteren Maßnahmen: Der Teamchef nimmt dies mit unbewegter Miene zu Kenntnis, und sagt zu, dass er daran arbeiten werden. Doch es ändert sich im seinem Verhalten so gut wie nichts. Bei alledem ist der Teamchef ein verlässlicher und kompetenter Aufgabenbewältiger. Um das Schlimmste zu vermeiden, hat die übergeordnete Leitung ein offenes Ohr für das Team. Wer unterzugehen droht, wird schnell und unbürokratisch aus dem Team herausgelöst und in ein für ihn geeignetes Umfeld versetzt. Das geht dann meist ohne größere Diskussionen mit dem Teamleiter. Ohne erkennbar Regungen zu zeigen, stimmt er zu.
Auf diese Weise haben sich Leitung und Führungskraft über Jahre arrangiert. Doch die Beziehung zwischen diesen beiden Menschen ist angespannt, insgesamt unpersönlich. Die Leitung hat das Gefühl, dass sie an diesen Menschen nicht heran kommt. Das ändert sich, als der Ruhestand dieses Teamleiters ansteht. In einem der letzten Gespräche vor dem Ausscheiden aus dem Berufsleben wird dieser bis zur „Halskrause zugeschnürte“ Mitarbeiter seiner Leitung gegenüber gesprächig. Es ist, als sei ein schwere Bürde von diesem Menschen genommen wurde. In diesem Gespräch erfährt die Leitung, dass dieser Mitarbeiter in frühen Jahren den Tod der Eltern und Geschwister hat miterleben müssen. Ohne Nestwärme wurde er von einer Stelle zu einer anderen verschoben und schon bald war für ihn klar: Wer Gefühle zeigt, der hat bereits verloren. Wer sich nicht den Respekt der anderen erkämpft, wird zum Spielball. Seine Erfahrungen gipfelten in der Überzeugung: „Das Leben ist hart und nur Härte gegen sich selbst und andere lassen einem Überleben. Man kann entweder Gewinner oder Verlierer sein. Dazwischen gibt es keine Zwischentöne!“ Und so setzte dieser Teamchef alles daran, immer Gewinner zu sein.
In diesen wenigen Stunden kurz vor dem Ausscheiden wurde aufgearbeitet, was bislang unausgesprochen blieb. Vieles wurde der Leitung jetzt verständlicher und manches hätte sie wohl auf Grund dieses Hintergrundes anders geregelt.
Sicherlich gehört dieser Fall nicht zum Alltäglichen im Führungsfeld. Doch was im Großen zählt, zeigt sich auch im Kleinen. Nur lassen sich bei den kleineren, weniger dramatischen Beispielen die Konturen nicht so klar und abgegrenzt aufzeigen. Wenden wir uns daher einer kurzen Analyse dieses Falles zu:
1. Wir können unterstellen, dass bei der Lösung der täglichen Probleme es zwischen diesen beiden Menschen Kommunikationsbarrieren gegeben hat: Wahrscheinlich nahm der Teamleiter unkommentiert die Kritik seiner Führung hin. Er orientierte sich an den Machtkoordinaten und auf Grund seiner Philosophie und Führungspraxis hatte man hinzunehmen und nicht zu diskutieren. Auf der anderen Seite stand eine Leitung, die an diesem „Betonkopf“ verzweifelte. Irgendwann kam dann die Resignation: „Der lernt es nie!“
2. Neben dieser sachlichen Ebene ist in dieser Beziehung auch viel emotionaler Sprengstoff enthalten. Sicherlich hatten beide Gesprächpartner im Verlauf ihrer Zusammenarbeit viel Energie aufzuwenden, um sachlich zu bleiben und nicht „zu explodieren“. Das hat wahrscheinlich große Energien gebunden - auf beiden Seiten.
3. Die Fremdwahrnehmung tat ein Übriges: Vielleicht sah der Teamchef in seiner Führung das Weichei, das in Harmonie herumeiert, statt klar und deutlich den Mitarbeitern zu sagen, wo es langgeht und was Sache ist. Denkbar ist, dass die Leitung in dem Teamchef ein menschenverachtendes, aber leider für den Arbeitsablauf unverzichtbareres Ekel sieht.