Im Rausch der Dunkelheit - Alexandra Ivy - E-Book
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Im Rausch der Dunkelheit E-Book

Alexandra Ivy

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Beschreibung

Jahrelang wurde die schöne Werwölfin Regan von dem bösen Troll Culligan gefangen gehalten. Als ihr endlich die Flucht gelingt, will sie nur noch eins: Rache. Doch ein mächtiger Vampir-Clan hat andere Pläne mit ihr und schickt den geheimnisvollen Jagr, der sie nach Chicago bringen soll. Die Blutsauger haben ihre Rechnung allerdings ohne Regans eisernen Willen gemacht …

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Seitenzahl: 541

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Die Originalausgabe erschien 2009 unter dem TitelDarkness Unleashed (Guardians of Eternity, Book V) bei ZEBRA Books, New York
Copyright © 2009 by Debbie Raleigh
Published by Arrangement with Kensington Publishing Corp., New York, NY, USA Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011 by Diana Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Redaktion | Charlotte Paetau Herstellung | Helga Schörnig

Über dieses Buch

Regan sinnt auf Rache – dreißig Jahre hat die Werwölfin in der Gefangenschaft eines grausamen Trolls verbracht und jetzt soll er für seine Taten büßen! Doch sie hat ihre Rechnung ohne den attraktiven Jagr gemacht, der von einem mächtigen Vampirclan auserwählt wurde, sie zu schützen und unversehrt zu ihrer Schwester zu bringen. Regan ist empört, und auch Jagr kann sich Besseres vorstellen, als für eine widerspenstige Werwölfin Kindermädchen zu spielen.

Doch als die beiden sich zum ersten Mal begegnen, fühlen sie sich auf beinahe magische Weise zueinander hingezogen. Als es Regans Widersachern gelingt, Jagr in ihre Gewalt zu bringen, muss sie sich entscheiden: Folgt sie ihrem Durst nach Vergeltung, oder setzt sie für das Leben ihres Beschützers alles aufs Spiel?

Über die Autorin

Unter dem Pseudonym Alexandra Ivy veröffentlicht die bekannte Regency-Liebesroman-Autorin Deborah Raleigh ihre Vampirromane. Deborah Raleigh begann ihre Schreibkarriere als Autorin von Drehbüchern, wendete sich aber bald dem Liebesroman zu. Heute hat sie über dreißig erfolgreiche Romane publiziert. Sie ist Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Missouri.

Inhaltsverzeichnis

PROLOGKAPITEL 1KAPITEL 2KAPITEL 3KAPITEL 4KAPITEL 5KAPITEL 6KAPITEL 7KAPITEL 8KAPITEL 9KAPITEL 10KAPITEL 11KAPITEL 12KAPITEL 13KAPITEL 14KAPITEL 15KAPITEL 16KAPITEL 17KAPITEL 18KAPITEL 19KAPITEL 20KAPITEL 21KAPITEL 22KAPITEL 23

PROLOG

Jagr wusste, dass er in Vipers exklusivem Nachtclub Panik hervorrief. Das elegante Etablissement mit seinen Kristallkronleuchtern und den Polstermöbeln, die mit rotem Samt bezogen waren, zielte auf die zivilisierteren Angehörigen der Dämonenwelt ab.

Jagr war alles andere als zivilisiert. Er war ein Vampir, der einen Meter neunzig groß und einst ein Häuptling bei den Westgoten gewesen war. Aber es waren nicht seine blassgoldenen Haare, die ihm geflochten beinahe bis zur Taille reichten, oder die eisblauen Augen, denen nichts entging, die so manche Kreaturen, die über zumindest einen Funken von Intelligenz verfügten, dazu brachten, eilig vor ihm zu fliehen. Es war nicht einmal der Lederstaubmantel, der sich um seinen harten Körper blähte.

Nein, die Schuld daran trugen die kalte Perfektion seiner Gesichtszüge und die Anzeichen für den unbändigen Zorn, der in ihm glühte.

Dreihundert Jahre unaufhörlicher Folter hatten ihn jeglicher Spur von Höflichkeit beraubt.

Jagr beachtete die diversen Dämonen nicht, die in dem Versuch, seinen langen Schritten zu entgehen, über Stühle und Tische stürzten, und konzentrierte sich auf die beiden Raben, die die Tür zum Hinterzimmerbüro bewachten. Er reagierte empfindlich auf die gedämpfte Atmosphäre von Vornehmheit, die an diesem Ort herrschte.

Er war ein Vampir, der die Einsamkeit seines Verstecks bevorzugte, welches unter den Straßen von Chicago verborgen lag, umgeben von seiner riesigen Bibliothek, sicher in dem Wissen, dass kein Mensch, kein Tier und kein Dämon die Fähigkeit besaß, dort einzudringen.

Er war jedoch nicht der vollkommene Einsiedler, für den ihn seine Vampirbrüder hielten.

Gleichgültig, wie mächtig, geschickt oder intelligent er auch sein mochte — er begriff, dass sein Überleben davon abhing, dass er die ständig in Wandlung begriffene Technik der modernen Welt verstand. Und darüber hinaus gab es die Notwendigkeit, in der Lage zu sein, mit der Gesellschaft zu verschmelzen.

Selbst ein Einsiedler musste sich ernähren.

Gut verborgen in der hintersten Ecke seines Verstecks befand sich ein Plasmafernsehgerät mit jedem Fernsehkanal, der der Menschheit bekannt war, und der Art von unauffälliger Kleidung, die es ihm erlaubte, sich in den zwielichtigeren Gegenden zu bewegen, ohne einen Aufruhr hervorzurufen.

Die meisten tödlichen Jäger wussten, wie sie sich auf ihren Streifzügen tarnen mussten.

Aber dieser Ort …

Er hätte sich lieber pfählen lassen, als hier herumzustolzieren wie ein Esel.

Verdammt sollte Styx sein.

Der uralte Vampir hatte gewusst, dass nur ein königlicher Befehl ihn dazu zwingen konnte, einen überfüllten Nachtclub zu betreten. Jagr machte keinen Hehl aus seiner Verachtung für die Gesellschaft anderer.

Das warf die Frage auf, weshalb der Anasso eine solche Umgebung für ein Treffen wählte.

Jagr, der in einer Stimmung war, die übel genug war, um den riesigen Club mit einer eisigen Kälte zu erfüllen, ignorierte die beiden Raben, die in der Nähe des Hinterzimmerbüros Wache standen. Er hob die Hand und sprengte mit seiner Macht die schwere Eichentür aus den Angeln.

Die drohend vor ihm aufragenden Raben knurrten warnend und warfen ihre schweren Umhänge ab. Unter ihnen kamen ihre zahlreichen Schwerter, Dolche und Feuerwaffen zum Vorschein, die an verschiedenen Körperteilen befestigt waren.

Jagr verlangsamte seinen Schritt kein einziges Mal. Styx würde es nicht zulassen, dass seine Lieblingsvampire einen geladenen Gast verletzten. Zumindest, bis Jagr ihm das geliefert hatte, was er haben wollte.

Und selbst wenn Styx die Hunde nicht zurückpfiff … Nun denn, er hatte Jahrhunderte darauf gewartet, im Kampf getötet zu werden. Das war das Schicksal eines Kriegers.

Aus dem Inneren des Zimmers drang leises Gemurmel, und die beiden Raben erlaubten ihm widerstrebend den Zutritt. Dabei wurde er von nichts Schmerzhafterem durchbohrt als einem zornigen Blick.

Jagr trat über die zerstörte Tür hinweg und hielt inne, um einen wachsamen Blick durch den in eisblauen und elfenbeinfarbenen Tönen gehaltenen Raum schweifen zu lassen. Wie erwartet nahm Styx, ein hoch aufragender Azteke, bei dem es sich um den augenblicklichen König der Vampire handelte, eine Menge Platz hinter einem schweren Schreibtisch aus Walnussholz ein. Der Ausdruck auf seinem bronzefarbenen Gesicht war nicht zu entziffern. An seiner Seite stand Viper, der Clanchef von Chicago, der mit seinem Silberhaar und seinen dunklen Augen eher nach einem Engel als nach einem tödlichen Krieger aussah.

»Jagr.« Styx lehnte sich in dem Ledersessel zurück, die Finger unter dem Kinn gefaltet. »Vielen Dank für das prompte Erscheinen.«

Jagrs kalte Augen verengten sich. »Hatte ich eine andere Wahl?«

»Achtung, Jagr«, warnte ihn Viper. »Dies ist der Anasso.«

Jagr schürzte verächtlich die Lippen, aber er war weise genug, seine verärgerten Worte für sich zu behalten. Selbst in der Annahme, dass er sich mit Styx’ berühmter Macht messen konnte, wäre er tot, bevor er überhaupt den Club verlassen könnte, falls er den Anasso herausforderte.

»Was wollt Ihr?«, knurrte er.

»Ich habe eine Aufgabe für Euch.«

Jagr biss fest die Zähne zusammen. Es war ihm gelungen, sich das ganze vergangene Jahrhundert inmitten seiner riesigen Büchersammlung vor dem Clan zu verstecken, der ihn als Bruder bezeichnete, ohne andere zu belästigen. Im Gegenzug erwartete er von ihnen das Gleiche. Seit er so töricht gewesen war, es Cezar zu gestatten, sein Versteck zu betreten, schien es, als könne er diese verdammten Vampire nicht mehr loswerden.

»Was für eine Aufgabe?«, fragte er. Sein Tonfall machte deutlich, dass es ihm nicht gefiel, die Rolle des Kriechers zu spielen.

Styx lächelte und deutete mit einer schlanken Hand auf ein Sofa in der Nähe. Es war ein Lächeln, das Jagr einen Schauder der Beunruhigung über den Rücken jagte.

»Nehmt Platz, mein Freund«, sagte der Anasso gedehnt. »Diese Angelegenheit könnte einige Zeit in Anspruch nehmen.«

Einen wahnsinnigen Augenblick lang zog Jagr in Erwägung, den Gehorsam zu verweigern. Bevor er in einen Vampir verwandelt worden war, war er ein Anführer von Tausenden gewesen. Obgleich er keine Erinnerung an jene Tage hatte, hatte er seine gesamte Arroganz beibehalten. Ganz zu schweigen von seinen Schwierigkeiten mit der Obrigkeit.

Glücklicherweise hatte er sich auch den größten Teil seiner Intelligenz bewahrt.

»Schön, Anasso, ich bin herbeigeeilt, um Euren königlichen Befehl zu befolgen.« Er hievte seinen riesigen Körper auf ein zierliches Brokatsofa und schwor sich insgeheim, den Hersteller zu töten, falls es zerbrach. »Was verlangt Ihr von Eurem gehorsamen Untertanen?«

Viper knurrte tief in der Kehle, und die Luft prickelte von seiner Macht. Jagr zuckte mit keiner Wimper, auch wenn seine Muskeln sich in der Vorbereitung auf einen Kampf anspannten.

»Vielleicht solltest du dich um deine Gäste kümmern,Viper«, befahl Styx ruhig. »Jagrs … dramatischer Auftritt hat deine charmante Unterhaltung zum Erliegen gebracht und mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als mir lieb ist.«

»Ich werde mich nicht weit entfernen.«Viper warf Jagr einen warnenden Blick zu, bevor er durch die zerstörte Tür verschwand.

»Spricht er für einen Platz unter Euren Raben vor?«, spottete Jagr.

Nadelstichartige Schmerzen marterten seine Haut, als Styx einen kleinen Teil seiner Macht entweichen ließ.

»Für die Dauer Eures Aufenthaltes in Chicago ist Viper Euer Clanchef. Macht nicht den Fehler, seine Position zu vergessen.«

Jagr zuckte mit den Schultern. Seine Verpflichtung und Loyalität gegenüber Viper waren ihm nicht gleichgültig. Die Wahrheit war, dass er in übler Stimmung war, und die Tatsache, dass er in dem übertrieben schicken Nachtclub festsaß, wo man nichts töten konnte außer einem Haufen von Tauelfen, war dabei keine große Hilfe.

»Das kann ich wohl kaum vergessen, wenn ich immer wieder den Befehl erhalte, mich mit Angelegenheiten zu beschäftigen, die mich nichts angehen, und, was noch wichtiger ist, die mich nicht interessieren.«

»Was ist denn von Interesse für Euch, Jagr?«

Jagr hielt Styx’ prüfendem Blick mit einem ausdruckslosen Starren stand. Schließlich schnitt der König eine Grimasse. »Ob es Euch nun gefällt oder nicht, Ihr botet Euer Schwert und schwort die Treue, als Viper Euch in seinen Clan aufnahm.«

Das gefiel Jagr nicht, doch er konnte keine Einwendungen machen. In einen Clan aufgenommen zu werden war bei Vampiren der einzige Weg, um zu überleben. »Was verlangt Ihr von mir?«

Styx erhob sich, ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf eine Ecke. Das Holz ächzte unter dem beträchtlichen Gewicht, aber zerbrach nicht. Jagr konnte nur annehmen, dass Viper das gesamte Mobiliar hatte verstärken lassen.

Kluger Vampir.

»Was wisst Ihr von meiner Gefährtin?«, fragte Styx unvermittelt.

Jagr zögerte. »Ist dies eine Falle?«

Der Anasso verzog den Mund zu einem trockenen Lächeln. »Ich bin kein subtiler Vampir, Jagr. Im Gegensatz zu dem früheren Anasso besitze ich nicht die Gabe, andere zu manipulieren und zu betrügen. Sollte der Tag kommen, an dem ich den Drang verspüre, Euch herauszufordern, werde ich das direkt tun.«

»Weshalb fragt Ihr mich dann nach Eurer Gefährtin?«

»Als ich Darcy zum ersten Mal begegnete, wusste sie nichts über ihre Herkunft. Sie war seit ihrer Zeit als Säugling von Menschen aufgezogen worden, und erst als Salvatore Giuliani, der augenblickliche König der Werwölfe, in Chicago eintraf, fanden wir heraus, dass sie eine Rassewölfin ist, die genetisch verändert wurde.«

Jagrs Augenbraue schoss in die Höhe. Das war ein kleines Detail, das der König bisher geheim gehalten hatte.

»Genetisch verändert?«

»Die Werwölfe streben immer verzweifelter danach, gesunde Nachkommen hervorzubringen. Die Rassewölfinnen haben ihre Fähigkeit verloren, ihre Verwandlung während des Vollmondes zu kontrollieren, wodurch es für sie beinahe unmöglich wird, einen Wurf bis zum Ende auszutragen. Die Werwölfe veränderten Darcy und ihre Schwestern, sodass sie nicht imstande sind, sich zu verwandeln.«

Jagr verschränkte die Arme vor der Brust. Die wertlosen Hunde waren ihm vollkommen gleichgültig. »Ich nehme an, Ihr werdet mir mitteilen, weshalb Ihr mich zu Euch bestellt habt, bevor die Sonne aufgeht?«

Styx kniff die goldenen Augen zusammen. »Das hängt vollkommen von Eurer Mitarbeit ab, mein Bruder. Ich kann dafür sorgen, dass dieses Treffen so lange dauert, wie es mir gefällt.«

Jagrs Lippen zuckten. Das Einzige, was er respektierte, war Macht. »Bitte fahrt fort.«

»Darcys Mutter brachte einen Wurf von vier Töchtern zur Welt, die alle genetisch verändert waren und den Werwölfen kurz nach ihrer Geburt geraubt wurden.«

»Weshalb wurden sie geraubt?«

»Das bleibt ein Geheimnis, das von Salvatore niemals vollständig geklärt wurde.« In der Stimme des Anasso lag ein scharfer Unterton, der darauf hinwies, dass er nicht erfreut über diesen Mangel an Information war. »Was wir jedoch wissen, ist, dass eine von Darcys Schwestern in St. Louis entdeckt wurde, wo sie von einem Kobold namens Culligan gefangen gehalten wurde.«

»Er hat Glück, dass sie nicht imstande ist, sich zu verwandeln. Eine Rassewölfin könnte einem Kobold die Kehle herausreißen. «

»Nach dem, was Salvatore herausfinden konnte, gelang es dem Kobold, Regan in seine Gewalt zu bekommen, als sie noch ein Kind war. Er hielt sie in einem mit Silber überzogenen Käfig gefangen. Das heißt, wenn er sie nicht gerade folterte, um schnell an Geld zu gelangen.«

Folter.

Die niederländischen Meisterwerke, die an den Wänden hingen, krachten unter Jagrs aufflammendem Zorn zu Boden.

»Wünscht Ihr, dass die Werwölfin gerettet wird?«

Styx verzog das Gesicht. »Salvatore befreite sie bereits aus Culligans Gewalt, aber es gelang dem verdammten Kobold, sich wegzustehlen, bevor Salvatore ihn zum Nachtmahl verspeisen konnte.«

Die Hoffnung, die für einen kurzen Moment in Jagr aufflackerte, dass diese Nacht nicht eine vollkommene Zeitverschwendung sein möge, fand ein jähes Ende. Bastarde niederzumetzeln, die die Schwachen quälten, gehörte zu seinen wenigen Freuden.

»Wenn die Frau bereits gerettet wurde, wozu braucht Ihr dann mich?«

Styx richtete sich auf. Sein turmhoher Körper nahm einen beträchtlichen Teil des Platzes in dem Büro ein.

»Salvatores einziges Interesse an Regan bestand darin, sie als seine Königin und Hauptzuchtwölfin einzusetzen. Er ist fest entschlossen, seine Machtbasis abzusichern, indem er sich eine Gefährtin nimmt, die in der Lage ist, die schrumpfende Population an Rassewölfen wiederherzustellen. Unglücklicherweise fand er nach Regans Befreiung heraus, dass sie unfruchtbar ist.«

»Also war sie nicht von Nutzen.«

»Genau.« Der hoch aufragende Azteke achtete darauf, seine Fassung nicht zu verlieren, doch selbst ein Dummkopf hätte spüren können, dass er nichts dagegen einzuwenden gehabt hätte, den Werwolfkönig zu einer Zwischenmahlzeit zu verarbeiten. »Aus diesem Grunde nahm er Kontakt zu Darcy auf. Es war seine Absicht, Regan nach Chicago zu schicken. Sie sollte unter meinem Schutz stehen, bis er sie in das örtliche Werwolfrudel eingeführt hätte.«

»Und?«

»Und es gelang ihr zu fliehen, während er sich mit dem Rudelführer beriet.«

Jagr grunzte vor Abscheu. »Dieser Salvatore ist erbärmlich unfähig. Zuerst lässt er den Kobold entkommen und dann die Frau. Es ist kaum ein Wunder, dass die Anzahl der Werwölfe schrumpft.«

»Lasst uns hoffen, dass Ihr fähiger seid.«

Jagr erhob sich mit kalter Miene. »Ich?«

»Darcy ist besorgt um ihre Schwester. Ich will, dass sie gefunden und nach Chicago gebracht wird.«

»Diese Frau hat recht deutlich gezeigt, dass sie nicht herkommen will.«

»Dann wird es Eure Aufgabe sein, sie davon zu überzeugen.«

Jagrs Augen verengten sich. Er war keine verdammte Mary Poppins. Verdammt, er würde Mary Poppins zum Frühstück verspeisen.

»Weshalb gerade ich?«

»Ich habe bereits mehrere meiner besten Fährtenleser nach St. Louis geschickt, doch Ihr seid mein bester Krieger. Falls es Regan gelungen sein sollte, in Schwierigkeiten zu geraten, wird Eure Hilfe vonnöten sein, um sie zu retten.«

Zweifelsohne gab es schlimmere Dinge, als hinter einer genetisch veränderten Werwölfin herzujagen, die eindeutig nicht gefunden werden wollte, aber aus dem Stegreif fiel ihm keines ein.

Im Nebenzimmer ertönte wieder der Klang eines Streichquartetts, begleitet von den leisen Ohs und Ahs des Publikums, als die Tauelfen ihren grazilen Tanz fortsetzten. Jagr fiel mit einem Mal eine Sache ein, die schlimmer war, als die Werwölfin zu verfolgen.

Weiterhin in diesem Höllenloch gefangen zu sein.

»Weshalb sollte ich das tun?«, fragte er.

»Weil das, was Darcy glücklich macht, auch mich glücklich macht.« Styx näherte sich Jagr, bis sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten, und seine Macht grub sich in Jagrs Fleisch. »Ist das klar genug?«

»Schmerzlich klar.«

»Gut.« Styx trat einen Schritt zurück und lockerte seine Macht. Er griff mit der Hand unter seinen Ledermantel, zog ein Mobiltelefon heraus und warf es Jagr zu. »Hier. In dem Telefonspeicher sind die Nummern der Brüder zu finden, die ebenfalls nach Regan suchen, sowie Kontakte in St. Louis. Außerdem ist meine Privatnummer eingespeichert. Nehmt Kontakt zu mir auf, wenn Ihr Regan findet.«

Jagr steckte das Handy ein und steuerte auf die Tür zu. Es hatte keinen Zweck zu diskutieren. Styx bemühte sich, die Vampire aus ihrer barbarischen Vergangenheit zu holen, aber es herrschte durchaus keine Demokratie.

Nicht einmal annähernd.

»Ich werde noch in dieser Stunde aufbrechen.«

»Jagr.«

Jagr blieb an der Tür stehen und wandte sich mit glühendem Zorn um. »Was?«

Styx zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Vergesst keinen Augenblick, dass Regan eine kostbare Fracht ist. Falls ich herausfinde, dass Ihr auch nur einen Bluterguss auf ihrer hübschen Haut hinterlassen habt, werdet Ihr nicht erfreut über die Konsequenzen sein.«

»Also soll ich eine wütende Werwölfin aufspüren, die nicht gefunden werden will, und sie nach Chicago bringen, ohne Spuren zu hinterlassen?«

»Offensichtlich waren die Gerüchte über Eure außerordentliche Intelligenz nicht übertrieben, mein Bruder.«

Mit einem Fauchen drehte sich Jagr um und stürmte durch die zerstörte Türöffnung. »Ich bin nicht Euer Bruder.«

 

Viper beobachtete Jagrs zornigen Abgang mit wachsamem Blick. Tatsächlich war die Angelegenheit nicht so schlecht verlaufen, wie er befürchtet hatte. Kein Tod, keine Verstümmelung. Nicht einmal bleibende Verletzungen.

Das war stets von Vorteil.

Dennoch, er kannte Jagr zu gut. Er hatte immer gewusst, dass von all seinen Clanangehörigen der uralte Westgote der wildeste war. Nach allem, was er hatte erdulden müssen, war das verständlich, aber es änderte nichts daran, dass er gefährlich war.

Viper begann die Tatsache zu bedauern, dass er Styx’ Aufmerksamkeit auf den gefolterten Vampir gelenkt hatte.

Viper schlüpfte an den Dämonen vorbei, die erneut gebannt von den Tauelfen dasaßen, kehrte ins Büro zurück und stellte fest, dass Styx aus dem Fenster starrte. »Ich habe ein schlechtes Gefühl, was diese Angelegenheit angeht«, murmelte er, während er seine kostbaren Gemälde in Augenschein nahm, die zerschmettert auf dem Boden lagen.

Styx drehte sich mit verschränkten Armen um. »War das eine böse Vorahnung? Soll ich Kontakt zur Kommission aufnehmen und ihr mitteilen, dass sie möglicherweise ein Orakel haben?«

Viper wölbte warnend eine Braue. »Nur wenn du willst, dass ich dich das nächste Jahrhundert zusammen mit Levet in eine Zelle sperre.«

Styx brach in ein scharfes Gelächter aus. »Diese Drohung wäre überzeugender, wenn Levet nicht zu der Ansicht gelangt wäre, er sei der Einzige, der imstande ist, Darcys verschwundene Schwester aufzuspüren. Er machte sich auf den Weg nach St. Louis, sobald Salvatore mir mitgeteilt hatte, Regan sei aus seiner Gewalt entkommen.«

»Perfekt, nun gibt es zwei wandelnde Pulverfässer, die durch Missouri stürmen. Ich bin mir nicht sicher, ob die Einheimischen das überleben werden.«

»Du glaubst, Jagr sei ein wandelndes Pulverfass?«

Viper verzog das Gesicht. Er rief sich die Nacht ins Gedächtnis, in der Jagr bei seinem Versteck aufgetaucht war und um Asyl gebeten hatte. Er war einer Unmenge an tödlichen Dämonen begegnet, von denen die meisten nichts anderes wollten, als ihn zu töten. Jedoch hatte er bis zu jener Nacht niemals in die Augen eines anderen geblickt und nichts außer dem Tod gesehen.

»Ich glaube, unter all der grimmigen Selbstbeherrschung steht er kurz davor, in den Wahnsinn abzugleiten.«

»Und dennoch erlaubtest du es ihm, ein Angehöriger des Clans zu werden.«

Viper zuckte mit den Achseln. »Als er mich darum ersuchte, war ich zunächst geneigt, ihm diese Bitte abzuschlagen. Ich konnte spüren, dass er nicht nur gefährlich kurz davorstand abzustürzen, sondern dass er auch mächtig und aggressiv genug ist, um mich als Clanchef herauszufordern. Er ist von Natur aus ein Anführer, kein Gefolgsmann.«

»Weshalb hast du es ihm dann gestattet, Chicago zu betreten? «

»Weil er einen Eid ablegte, in seinem Versteck zu verschwinden und keine Schwierigkeiten zu verursachen.«

»Und?«, drängte Styx.

»Und ich wusste, er würde ohne den Schutz durch einen Clan nicht überleben«, gestand Viper widerstrebend. »Wir wissen beide, dass trotz deiner Versuche, die Vampire zu zivilisieren, manche Gewohnheiten zu tief sitzen, als dass sie leicht zu ändern wären. Ein aggressiver, einzelgängerischer Vampir mit dermaßen großer Macht erschiene jedem Chef als Bedrohung. Er würde vernichtet werden.«

»Also gewährtest du ihm Gnade.«

Viper runzelte die Stirn. Es gefiel ihm nicht, für etwas anderes als einen erbarmungslosen Bastard gehalten zu werden. Er war nicht wegen seiner Sensibilität oder irgendeines anderen Unsinns Clanchef geworden. Er war der Anführer, weil die anderen Vampire befürchteten, er könne ihnen ihre untoten Herzen herausreißen.

»Es war nicht Gnade, sondern eine kalkulierte Entscheidung«, knurrte er. »Ich wusste, dass er sich als außerordentlich wertvoller Verbündeter erwiese, falls jemals die Notwendigkeit bestünde. Natürlich nahm ich an, ich würde ihn als Krieger benötigen, nicht als Hüter für eine junge, verletzliche Werwölfin. Ich fühle mich nicht vollkommen wohl dabei, ihn auf eine solche Mission zu schicken.«

Styx griff nach dem Medaillon, das immer um seinen Hals hing, wodurch er bewies, dass er nicht annähernd so überzeugt von seiner Entscheidung war, wie er Viper glauben machen wollte.

»Regan muss gefunden werden, und Jagr verfügt über die Intelligenz und die Fertigkeiten, die am besten geeignet sind, um sie aufzuspüren und in Sicherheit zu bringen. Und er besitzt noch eine weitaus bedeutendere Fähigkeit.«

»Es kann wohl nicht seine charmante Persönlichkeit sein.«

»Nein, es ist die Tatsache, dass er die Qualen sehr genau kennt, die Regan erleiden musste.« Styx sah Viper mit ernster Miene an. »Besser als jeder von uns wird er verstehen, was Regan benötigt, nun, da sie von ihrem Peiniger befreit ist.«

KAPITEL 1

Der Campingplatz ein paar Kilometer südlich von Hannibal, Missouri, war wie jeder andere Campingplatz.

Übergroße Wohnmobile parkten auf dem kargen Boden, dahinter gab es eine Reihe von mobilen Toilettenhäuschen und eine kleine Bretterbude in der Nähe des Vordereingangs, wo die Menschen für das Privileg bezahlten, neben Leuten eingepfercht zu werden, die sie dann am Ende ihres Urlaubs erwürgen wollten.

Regan Garrett wusste aus erster Hand alles über die Sache mit dem Erwürgen.

Zugegeben, sie war kein Mensch, aber sie hatte den größten Teil ihres Lebens auf dem einen oder anderen Campingplatz verbracht. Sie waren Brutstätten für Mord.

Regan joggte durch die ordentlichen Reihen von Wohnmobilen, wobei ihr der drohende Massenmord herzlich egal war. Sie hatte absichtlich abgewartet, bis es so spät war, dass die alten Leute ihre Gebisse in ein Glas und ihre verrunzelten Ärsche ins Bett gelegt haben mussten, während die jüngeren Eltern nach einem Tag ununterbrochener Leiden durch ihre Kinder vermutlich ins Koma gefallen waren.

Mitternacht in Hannibal, und kein einziges Wesen regte sich.

Widerstrebend kehrte sie um, um in Richtung der Hütte zu joggen, die ihre Tür vor der kalten Luft im Spätmärz verschlossen hatte. Die Kälte machte Regan nichts aus, trotz der Tatsache, dass sie nicht mehr trug als eine Jeanshose und ein ärmelloses Strickoberteil. Sie mochte ja nicht über die Fähigkeit verfügen, sich zu verwandeln oder sich fortzupflanzen, aber sie besaß die meisten Talente der Werwölfe.

Sie war schneller und stärker als Menschen, extreme Temperaturen konnten ihr nichts anhaben, sie konnte perfekt im Dunkeln sehen, und, was besonders bemerkenswert war, bei ihr heilte jede Wunde, die ihr nicht durch Silber zugefügt worden war.

Kurz wurde sie langsamer. Es war diese Fähigkeit, die …

Nein. Nicht jetzt.

Sie musste sich konzentrieren. Sie würde um die Vergangenheit trauern, sobald Culligan tot war.

Die vergangenen zehn Stunden war sie dem Kobold auf den Fersen gewesen und war seiner Spur von St. Louis bis zum Stadtrand von Hannibal gefolgt. Sie hatte ihre süße Rache fast schon schmecken können, als seine Spur am Stadtrand plötzlich auf mysteriöse Weise verschwunden war. Sie wusste nicht, wie der Hurensohn es geschafft hatte, sich in Luft aufzulösen, aber das würde sie nicht aufhalten.

Auf die eine oder andere Art würde sie den Mann finden, der sie die vergangenen dreißig Jahre als Geisel gehalten hatte, und es ihm hundertfach heimzahlen.

Regan machte sich nicht die Mühe anzuklopfen, sondern schob die Tür zur Hütte auf und trat ein. Im Inneren war wenig Platz. Die Wände waren mit Hochglanzbroschüren bedeckt, die all die großartigen Sehenswürdigkeiten bekannt gaben, die in Hannibal besichtigt werden konnten. Es gab ein schmales Fenster, durch das man den Parkplatz sehen konnte.

Auf den ersten Blick wirkte der Raum leer, aber Regan entging nicht der Zigarettenqualm, der in der Luft hing. Sie ging zu dem Resopal-Schalter am anderen Ende und läutete die kleine Silberglocke.

Ein gedämpftes Fluchen war zu hören. Dann wurde eine Tür hinter der Theke aufgeschoben, und ein Kopf mit Zottelhaaren spähte heraus.

»Ja?« Der Junge, der nicht älter sein konnte als achtzehn und eine Nase besaß, die für sein schmales Gesicht zu groß war, versteifte sich, als seine hellen Augen über Regans langes, goldblondes Haar und an ihrem schlanken Körper entlang nach unten glitten. Langsam hob er den Blick, um in den grünen Augen zu forschen, die ihr blasses, herzförmiges Gesicht dominierten. Ein albernes Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, als er den Raum betrat und sich gegen die Theke lehnte. »Halloooo. Was gibt’s?«

»Ich suche nach einem Freund.«

»Du hast ihn gerade gefunden, Schätzchen. Gib mir zehn Minuten, um abzuschließen, dann gehöre ich ganz dir.«

Wohl kaum.

Regan widerstand mit Mühe dem Bedürfnis, ihm die übergroße Nase zu zertrümmern. Stattdessen zog sie die zusammengefaltete Seite heraus, die sie aus einer Zeitschrift gerissen hatte, bevor sie St. Louis verlassen hatte.

»Hast du ein Wohnmobil gesehen, das so aussieht?«

Der Jugendliche warf kaum einen Blick auf das Bild. »Sehe ich aus wie dieser Freak aus Monk? Ich nehme das Geld an, ich gebe ihnen eine Karte, die sie an ihrem Armaturenbrett befestigen, und damit Schluss. Es ist mir scheißegal, wie ihr Wohnmobil aussieht.«

»Das hier hättest du bestimmt bemerkt. Der Fahrer hat lange rote Haare und Augen wie eine Katze. Er ist wirklich … unverwechselbar. «

»Hier gibt es niemand, der keine grauen Haare und kein Gebiss hat.« Der Junge erschauderte. »Ich habe den Albtraum, dass ich irgendwann mal rausgucke und nichts mehr da ist außer Leichen und verrottenden Wohnmobilen.«

»Wie reizend.«

Das dämliche Grinsen wurde breiter. »Du könntest mich von den widerlichen Alten und ihrem bevorstehenden Tod ablenken. Ich habe hinten ein Klappbett stehen.«

Regan beäugte wieder einmal den hervorstechenden Zinken.

Das Ziel hätte nicht verlockender sein können. Leider konnte sie es sich nicht leisten, Aufmerksamkeit zu erregen. Menschen machten immer so einen Aufstand wegen etwas Blut und ein paar gebrochener Knochen.

»Nicht mal mit der Kneifzange«, entgegnete sie und drehte sich um, um zu gehen.

»Hey …«

Was auch immer er zu sagen hatte, wurde unterbrochen, als Regan die Tür zuknallte und auf die nahe gelegene Straße zujoggte, die nach Hannibal hineinführte.

Das hier war der letzte Wohnmobilpark in der Gegend. Ihre einzige Hoffnung bestand jetzt darin, dass sie Culligans Fährte irgendwo in der Stadt wahrnehmen konnte.

Er konnte sich nicht einfach in Luft aufgelöst haben.

Culligan war nicht nur ein gieriger Sadist, sondern auch ein armseliger Kobold. Im Gegensatz zu vielen anderen seiner Art hatte er nicht die Fähigkeit, Portale entstehen zu lassen, um zu reisen. Er brachte ja kaum einen Zauberspruch zustande.

Was bedeutete, dass er entweder in seinem Wohnmobil oder zu Fuß unterwegs war.

Fünf Stunden später war sie durch jede Straße im Ort gelaufen und hatte nicht mehr als die üblichen betrunkenen Menschen sowie eine Handvoll Naturgeister vorgefunden, die in dem aufziehenden Nebel tanzten.

Verdammt. Sie war hungrig, erschöpft bis ins Mark und nicht in der Verfassung, gegen Culligan zu kämpfen, selbst wenn sie ihm zufällig begegnen sollte. Sosehr es ihr auch auf die Nerven ging — es war Zeit, für heute Schluss zu machen.

Regan lief auf die Hauptstraße zu, die sich durch die Stadt schlängelte, und ignorierte dabei den Essensduft, der aus den wenigen Fastfood-Restaurants drang, die geöffnet blieben. Sie hatte Salvatore Geld gestohlen, bevor sie St. Louis verlassen hatte, aber das würde nicht lange reichen.Vorerst zog sie den Schutz von vier Wänden und einer verschlossenen Tür vor, während sie ein Schläfchen machte, damit die Schmerzen in ihrem leeren Magen nachließen.

Sie kehrte in das Hotel zurück, das sie vorher gebucht hatte (es war eins von vielen, die ihre Namen mit Mark Twain schmückten). Sie hatte die Hoffnung gehabt, dass sie einen Platz brauchen würde, an dem sie einen zerschlagenen und blutigen Kobold verstecken konnte. Diese Hoffnung war im Moment zum Teufel gegangen, aber wenigstens konnte sie sich auf eine heiße Dusche und ein sauberes Bett freuen.

Sie hielt den Kopf gesenkt und schleppte sich durch das undefinierbare Hotelfoyer, nickte dem undefinierbaren Rezeptionisten zu und erklomm die undefinierbare Treppe. Ganz egal, wie müde sie auch sein mochte, sie war nicht willens, in den Aufzug zu steigen. Sie war den Großteil ihres Lebens in einer winzigen silbernen Zelle gefangen gewesen. Weder höhere Gewalt noch die Aussicht auf ein Rendezvous mit den Jonas Brothers hätte sie dazu bringen können, sich wieder in eine solche zu begeben.

Sie erreichte den vierten Stock und rieb sich geistesabwesend die Arme, als ein Kältegefühl sie überkam. Komisch, sie spürte die Kälte doch eigentlich nie. Offensichtlich war sie müder, als sie dachte.

Regan blieb vor der Tür stehen, steckte ihre Karte in den Schlitz und drückte die Tür auf. Erst als stahlharte Arme sich um sich schlossen, erkannte sie die Gefahr.

Mist. Die Kälte, die auf ihrer Haut prickelte, stammte nicht von der Temperatur, sondern von einem verdammten Vampir. Und sie war einfach so in seine Arme spaziert, als ob sie nicht mehr Verstand hätte als ein verdammter Mensch.

Nachdem sie einen Augenblick lang erstarrt vor Schreck gewesen war, wurde Regan unvermittelt zum Handeln gezwungen, als der Vampir die Tür mit einem Tritt schloss und sie tiefer in das dunkle Zimmer zu ziehen versuchte.

Regan nahm ihre schwindende Kraft zusammen und tat so, als würde sie in den Armen ihres Angreifers zusammensacken. Damit zog sie sich und ihn so weit nach unten, dass sie abrupt ihren Kopf nach hinten rammen konnte und ihn so direkt ins Gesicht traf.

Es folgte ein unterdrückter Fluch, aber die Arme, die sie festhielten, lockerten ihren Griff nicht. Tatsächlich verstärkten sie ihren Druck mit brutaler Gewalt und zogen sie näher, während der schwere Körper sie auf den Teppichboden schleuderte, auf ihr landete und ihr die Luft aus den Lungen trieb.

Sie war wirklich und wahrhaftig gefangen, aber das hielt sie nicht davon ab, sich zu wehren. Okay, es wirkte mehr wie ein Fisch, der vergeblich am Ufer eines Flusses zappelte, aber immerhin gab es ihr das Gefühl, dass sie irgendetwas unternahm. Genauso, wie sie früher Culligan verspottet und verhöhnt hatte, trotz der Tatsache, dass er sie dafür später brutal verprügeln würde.

»Was wollen Sie?«, stieß sie hervor. »Sagen Sie es mir jetzt, oder ich schwöre, ich pfähle Sie.«

Ein tiefes und äußerst männliches leises Lachen strich über ihr Gesicht. »Und da behauptet man, ich besäße keinerlei soziale Fertigkeiten.« Eine Pause trat ein, und Regan spürte, dass der Geist des Vampirs nach ihrem eigenen tastete. »Haltet still.«

Sie versuchte ein Bein zu befreien, um es ihm in die Eier zu rammen. »Diese Scheiße funktioniert bei mir nicht,Vampir.«

Er knurrte tief in der Kehle. »Regan, unterlasst das. Ich möchte Euch nicht verletzen.«

Regan erstarrte vor Schreck. »Woher kennen Sie meinen Namen?«

Sie spürte ein Prickeln von Macht, und plötzlich flackerte die Lampe neben dem Bett auf.

»Ich wurde von Darcy ausgesandt, um Euch nach Chicago zu bringen.«

Regan hörte die leisen, leicht krächzenden Worte kaum. Heilige … Scheiße.

Sie war eine Frau, die ihr ganzes Leben umringt von Dämonen verbracht hatte. Viele von ihnen konnten GQ-Models vor Neid zum Weinen bringen, aber keiner von ihnen konnte es mit dem Vampir aufnehmen, der auf ihr saß.

Er war ein appetitliches, aufregendes Bild von einem Mann, einfach zum Anbeißen.

Sein Körper war hart und fein ziseliert und verfügte über mehr Muskeln, als irgendein Mann von Rechts wegen besitzen sollte. Sein langes Haar, das zwei Nuancen blassgoldener war als ihr eigenes, war zu einem festen Zopf geflochten, was die eisblauen Augen betonte. Seine Gesichtszüge schienen aus dem feinsten Marmor gemeißelt zu sein — die Linien und Kanten waren so perfekt, dass sie nur von der Hand eines Meisters geformt sein konnten. Er hatte eine Adlernase, kantige Wangenknochen unter einer glatten Elfenbeinhaut, eine breite Stirn — und seine Lippen … sie waren hart, aber fein gemeißelt. Es war die Art von Lippen, bei denen eine Frau sich fragte, wie es sich wohl anfühlte, wenn sie heiße, intime Stellen erkundeten.

Eine schockierende Hitze sorgte dafür, dass sich die Muskeln in ihrem Unterleib anspannten, was Regan wütend werden ließ. Gott, dieser Dämon war hier auf Befehl ihrer Schwester, die sich offenbar in ihr Leben einmischen musste, und nicht, um einer einsamen, sexuell ausgehungerten Werwölfin Erleichterung zu bieten.

Es war nicht so, als würde sie die Beine spreizen, selbst wenn das hier bloß eine zufällige Begegnung wäre, das schärfte sie sich selbst streng ein. Okay, er war heiß genug, um ihre Knochen zum Schmelzen zu bringen, und der Duft roher, männlicher Kraft ließ sie schwindelig werden, aber …

Hör auf, du Idiotin, sagte sie sich selbst. Das hier war kein menschlicher Mann, sondern ein tödlicher Vampir, der sie im Nu aussaugen konnte.

»Darcy hat Sie geschickt?«, schnauzte sie.

Die blauen Augen verengten sich, und der Mann blähte die Nasenflügel, als ob er ihre dumme Erregung witterte. Das war doch wohl lächerlich. Oder nicht?

»Ja.«

»Wer ist denn gestorben und hat sie zur Königin gemacht?«, spottete sie.

»Der Anasso.«

Regan blinzelte verwirrt. »Wie bitte?«

Sein Blick glitt schnell über ihr blasses Gesicht, bevor er ihn wieder hob und auf ihren unsicheren, aber wütenden Blick traf.

»Ihr fragtet, wer starb und Darcy zur Königin machte«, antwortete er. »Ihr Gefährte Styx tötete den früheren König der Vampire, was ihn zum neuen Anführer und Eure Schwester zur Königin machte.«

Na klar war sie eine verdammte Königin.

Darcy war ihr nie begegnet, oder überhaupt irgendeiner ihrer drei Schwestern, aber sie hatte von Salvatore erfahren, dass Darcy momentan mit einem Vampir verbunden war, der sie nicht nur anbetete, sondern auch gerade eben eine echte Villa am Rand von Chicago für sie gekauft hatte. Ohne Zweifel wurde sie auch mit Diamanten überhäuft und besuchte regelmäßig die Oper.

Nicht, dass Regan all diesen Flitterkram hätte haben wollen.

Sie hätte sich lieber einen Stock ins Auge stechen lassen, als dass sie ein Kleid angezogen hätte. Trotzdem war der gemütliche Lebensstil ihrer Schwester Regan ein Dorn im Auge.

Ihre Familie hatte sie im Stich gelassen und der Gnade eines psychotischen Kobolds ausgeliefert, der sie dreißig Jahre lang unaufhörlich misshandelt hatte. Soweit es sie betraf, konnte der ganze Haufen sie mal am Arsch lecken.

»Wie reizend, meine Schwester ist mit einem mörderischen Irren verheiratet«, entgegnete sie gedehnt. »Und da wundern die Leute sich, warum ich mich nicht auf die Chance stürze, meine Familie kennenzulernen.«

»Styx ist nicht mörderischer als irgendein anderer Vampir.

Oder auch als irgendein Werwolf.«

Sie schnaubte über den ausdruckslosen, emotionslosen Ton.

»Versuchen Sie mich zu beruhigen? Wenn ja, sind Sie darin wirklich mies.«

»Meine einzige Pflicht besteht darin, Euch nach Chicago zu begleiten.«

»Pflicht?«

»Ja.«

Na, das war ja einfach ganz toll. Dieses Bild von einem Mann war nichts weiter als ein Lakai ihrer Schwester.

Sie presste ihre Hände gegen die unnachgiebige Mauer seiner Brust. »Also, betrachten Sie sich offiziell als dienstfrei, denn ich habe nicht die Absicht mitzukommen.«

»Eure Schwester ist besorgt. Sie wünscht sich nur, Euch zu beschützen.«

Seine gedämpfte, hypnotisierende Stimme jagte ihr einen Schauder über den Rücken, obwohl seine Worte sie wütend machten.

»Klar, und wo war all diese schwesterliche Sorge, als ich von einem Monster gefangen gehalten wurde?«

Sein hartes, schönes Gesicht zeigte kein Erbarmen. »Ihr seid ja nun frei, nicht wahr? Seid dankbar.«

»Ich will nicht dankbar sein, und todsicher will ich nicht, dass meine mutmaßliche Schwester so tut, als ob sie sich nach all den Jahren einen Scheißdreck um mich schert. Sagen Sie ihr, sie kann sich ihre Sorge in den …«

Sein Kopf stieß herab, und seine Lippen eroberten ihren Mund mit einem Kuss, der roh und fordernd war — und unglaublich schockierend.

Regan hatte sich darauf gefasst gemacht, auf die altbekannte Art geschlagen zu werden. Und sogar darauf, brutal in den Hals gebissen zu werden. Aber sie war nicht auf das Gefühl kühler, geschickter Lippen vorbereitet, die ihren Mund öffneten, oder auf das seltsam erotische Gefühl von Fangzähnen, die sich gegen ihre Haut drückten.

Die tückische Hitze kehrte mit aller Macht zurück, strömte durch ihren bebenden Körper und spannte ihre Muskeln an, in dem lockenden Versprechen auf zukünftige Genüsse.

Dieser Mann schmeckte nach Brandy und Versuchung, und sein harter Körper presste sich gegen ihre intimsten Stellen. Sie wollte ihm das schwarze T-Shirt vom Leib reißen, das wirkte, als wäre es ihm auf den muskulösen Körper gesprüht, und sich an dem breiten Brustkorb reiben.

Sie wollte …

O Gott, sie begehrte ihn einfach.

Mit einem Stöhnen ließ sie es zu, dass er seine Zunge zwischen ihre Lippen gleiten ließ und sanft daran saugte, während ihre Hüften sich instinktiv nach oben wölbten. Noch nie in ihrem Leben hatte sie die Berührung einer männlichen Hand gespürt. Es sei denn, um sie zu bestrafen. Jetzt veränderte sich ihr Körper, als sein Kuss immer intensiver wurde.

Ihre Lippen wurden nachgiebiger, ihre Brustwarzen verhärteten sich zu festen Spitzen und bettelten beinahe darum, gestreichelt zu werden, und ihre Finger strichen über die fein gemeißelten Muskeln seiner Brust.

Und dann, so schnell, wie er sie geküsst hatte, zog sich der Vampir zurück, um sie mit einem merkwürdig vorsichtigen Gesichtsausdruck anzusehen. Als ob er genauso wenig auf ihre unberechenbare Reaktion gefasst gewesen wäre wie sie.

Verlegen schlug Regan mit den Händen gegen seine Brust. Dieser verdammte Bastard. Sie hatte sich gerade zur Idiotin gemacht, und das war ganz und gar seine Schuld.

»Was machen Sie da verdammt noch mal eigentlich?«

Sein Gesicht nahm einen undurchdringlichen Ausdruck an. »Darcy ist meine Königin. Es ist Euch nicht gestattet, sie zu beleidigen, ohne dass dies Konsequenzen nach sich zieht.«

»Sie sehen Vergewaltigung als Konsequenz an?«

»Es war ein Kuss, nichts weiter, und das einzige Mittel, um Euer kindisches Jammern zu beenden, ohne einen Bluterguss zu hinterlassen.«

»Sie Mistkerl!« Regan trommelte weiterhin mit den Fäusten auf ihn ein. »Ich habe jedes Recht zu jammern, nach dem, was ich erlitten habe. Sie haben keinen blassen Schimmer …«

»Ihr seid nicht dumm genug zu glauben, die Einzige zu sein, die je gelitten hat«, entgegnete er und schnitt ihr mit einem eiskalten Unterton die Stimme ab. »Es ist vorüber. Macht weiter.«

Sie biss die Zähne zusammen. Verdammt sollte dieser kalte Scheißkerl sein. Es war schlimm genug, dass sie seinetwegen vollkommen erregt war, während er ein Eisblock blieb, aber jetzt tat er auch noch ihre Jahre der Folter ab, als ob sie nicht mehr wäre als ein schmollendes Kind.

»Es wäre ganz toll weiterzumachen, aber das ist etwas schwierig, wenn ich von dem verdammten Hulk Hogan zerquetscht werde. Gehen Sie von mir runter!«

Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Was wisst Ihr von Vampiren?«

»Dass ihr bösartige, seelenlose Bastarde seid, die sich für nichts interessieren außer für sich selbst.«

»Außerdem sind wir stärker, schneller und weitaus tödlicher als Werwölfe.«

»Und das heißt?«

»Ich werde Euch freilassen, aber Ihr sollt wissen: Wenn Ihr mir Ärger bereitet, werde ich nicht zögern, Euch ans Bett zu fesseln und zu knebeln.«

Regan bezweifelte diese Drohung nicht. Keinen Moment. Allerdings war die Aussicht darauf, gefesselt und geknebelt zu werden, auf ihrer persönlichen Angstskala nicht besonders weit oben angesiedelt.

»Wie reizend.«

»Ist das klar?«

»Es ist klar, dass ich Ihnen eines Tages einen Pfahl in den Arsch ramme.«

Eine goldene Augenbraue wurde hochgezogen. »Das würde mich nicht töten.«

»Nein, aber es würde ungeheuer Spaß machen.«

Etwas, das fast ein Lächeln hätte sein können, zeigte sich auf seinem Mund, bevor es schnell wieder verschwand.

»Es wäre nicht annähernd so amüsant, wie Euch bei dem Versuch zuzusehen.«

»Idiot.«

Er sah sie einen langen Moment schweigend an, fast so, als ob er unter ihrer defensiven Aggressivität nach der verängstigten Frau darunter suchte.

Es war unglaublich entnervend.

»Werdet Ihr Euch benehmen?«, fragte er schließlich.

Sie seufzte auf, weil sie wusste, dass sie den nervenden Mann nie loswerden würde, wenn sie nicht zustimmte. Und es war wirklich nötig, dass sie ihn loswurde.

Ihr Kopf mochte sich die besten Möglichkeiten überlegen, um dem Vampir in den Arsch zu treten, aber ihr Körper genoss immer noch das Gefühl, wie sich seine harten Teile gegen ihre weichen Teile gedrückt hatten.

»Schön – gehen Sie von mir runter«, murmelte sie.

Mit einer geschmeidigen Bewegung stand derVampir wieder auf den Beinen und ragte über ihr auf.

Ihr blieb ein kurzer Moment, um die verblichene Jeans zu bewundern, die sich an seine kraftvollen Beine schmiegte, und die Motorradstiefel, in denen seine riesigen Füße steckten, bevor er ihr seine Hand entgegenstreckte, um sie nach oben zu ziehen.

Regan begegnete der elektrischen Entladung, die ihren Arm durchzuckte, mit einem Keuchen, dann entzog sie ihre Hand seinem Griff und wich zurück. Es war ihr scheißegal, wenn sie dadurch schwach wirkte. Sie brauchte Platz.

Und vielleicht einen Holzpflock.

»Wie haben Sie mich gefunden?«, wollte sie wissen.

Er verschränkte die Arme vor der Brust und kam ihr jetzt, als er aufgerichtet vor ihr stand, sogar noch schöner und gefährlicher vor.

»Es war nicht schwierig.« Seine leise, faszinierende Stimme erfüllte den Raum. »Sobald ich St. Louis erreichte, folgte ich einfach der Spur des Kobolds, da ich wusste, Ihr würdet nicht weit sein.«

»Und woher wollten Sie das wissen?«

Der Vampir sah sie mit einem festen Blick aus seinen eisblauen Augen an. »Wie ich bereits sagte, Ihr seid nicht die Einzige, der Leid vertraut ist. Und ich weiß, dass der einzige Gedanke eines Dämons Rache ist, wenn er aus der Gefangenschaft befreit ist, gleichgültig, wie winzig er auch sein mag. Ihr wollt den Kobold tot sehen.«

Regan schob das Kinn vor. Was, verdammt noch mal, wollte dieser Vampir über Leid wissen? Er lebte direkt am oberen Ende der Nahrungskette.

»Wenn Sie so schlau sind, dann wissen Sie auch, dass ich nicht die Absicht habe, Culligan entkommen zu lassen. Sie können zurück nach Chicago gehen und meiner Schwester ›danke, aber nein, danke‹ ausrichten.«

»Es gibt nichts, was mir mehr gefiele, als in mein Versteck zurückzukehren und Euch Euren Angelegenheiten zu überlassen. Unglücklicherweise ist das keine Option.«

»O doch, das ist eine Option. Drehen Sie sich einfach um, und verlassen Sie das Zimmer.«

»Mir wurde der Befehl erteilt, Euch nach Chicago zu bringen, und das bedeutet, dass es mir nicht gestattet ist, diesen Ort ohne Euch zu verlassen. Nicht, wenn ich nicht willens bin, mich dem Zorn meines Königs zu stellen. Und das …« Sein Blick versengte ihren vor Anspannung verkrampften Körper und verweilte einen erschreckenden Moment auf dem Puls, der an ihrem Hals schlug, bevor er zu ihren weit geöffneten Augen zurückkehrte. »… bin ich nicht.«

Na toll. Ihr Ritter in schimmernder Rüstung war nicht nur dreißig Jahre zu spät aufgetaucht, sondern er war nur unter Androhung irgendeiner furchtbaren Strafe hier.

Das gab einer Frau doch ein Gefühl der Wärme und Geborgenheit.

Von wegen.

»Dann haben wir ein ernsthaftes Problem, verdammter Hulk Hogan, weil ich nämlich nicht mitgehe.«

»Jagr.«

»Was?«

»Mein Name ist Jagr.«

»Natürlich«, murmelte Regan. Der Name war genauso hart, gefährlich und schön wie der Rest von ihm.

»Ich könnte Euch zwingen, mit mir zu kommen.«

»Nur über meine Leiche.«

Das inzwischen vertraute blitzartige Lächeln kräuselte seine Mundwinkel. »Führt mich nicht in Versuchung.«

Regan stampfte mit dem Fuß auf. Sie war am Ende ihrer Geduld angelangt. »Verdammt, verschwinden Sie einfach!«

»Nein.«

»Na schön.« Sie marschierte durch das winzige Zimmer, das zuletzt in den Siebzigerjahren renoviert worden war, ganz in scheußlichen wirbelnden Blau- und Grüntönen, mit billigen Möbeln und verblassenden Blumenmustern an den Wänden. Als sie die Tür zum angrenzenden Badezimmer erreichte, riss sie sie auf.

»Was tut Ihr?«

Sie wandte den Kopf, um den Eindringling mit einem frustrierten Blick anzusehen. »Sie haben es geschafft, einen vollkommen miesen Tag in den totalen Horror zu verwandeln, also entweder fesseln Sie mich und schleppen mich nach Chicago, oder ich nehme eine heiße Dusche.«

 

Jagr blieb vollkommen still stehen, als Regan ins Badezimmer ging und die Tür hinter sich zuschlug.

Zum ersten Mal seit Jahrhunderten stellte er fest, dass er sich in einem Widerstreit befand.

Die grimmige Logik — das war das einzige Mittel, mit dem er seine tödliche Wut im Zaum halten konnte — ermahnte ihn, sich die Werwölfin über die Schulter zu werfen und sie nach Chicago zurückzubringen. Das war nicht nur das, was ihm aufgetragen worden war, sondern je schneller er diese törichte Mission erledigte, desto schneller konnte er in seine friedvolle Existenz zurückkehren.

Doch ein anderer Teil von ihm, den er seit Jahren nicht erkundet hatte — und er war nicht erfreut zu entdecken, dass er ihn noch immer besaß –, sträubte sich dagegen, einen solch unwiderruflichen Schritt zu unternehmen.

Das war nichts weiter als Vernunft, entschuldigte Jagr sein eigenartiges Zögern rasch vor sich selbst.Worin lag der Sinn, sie nach Chicago zu schleppen, wenn sie dann zwangsläufig bei der ersten Gelegenheit floh?

Die Götter wussten, ihm würde nicht das Glück widerfahren, dass Styx einen anderen Vampir auswählen würde, um sie aufzuspüren.

Dies war vollkommen vernünftig. Unglücklicherweise war Jagr zu intelligent, um seine chaotische Reaktion auf die schöne Frau nicht ernst zu nehmen.

Er war ein Vampir, der es vorzog, wenn sein Leben, seine Kämpfe und sein Sex unkompliziert waren.

Regan war alles andere als unkompliziert.

Sie war ein verworrenes Durcheinander aus Zorn,Aggression, Verletzlichkeit, trockenem Humor und frustrierter Sinnlichkeit.

Diese Sinnlichkeit weckte einen Hunger in ihm, der nun mit brutaler Gewalt in ihm wütete.

Er begehrte sie. Und ganz sicher würde er sie nicht an Styx übergeben, bevor er von ihr gekostet hatte.

Vielleicht auch zweimal.

Jagr zählte bis hundert und war vorbereitet, als Regan die Tür aufriss und ins Zimmer spähte. Er hatte keinen Augenblick lang geglaubt, dass sie die Absicht hegte, sich nackt auszuziehen und eine Dusche zu nehmen, während ein gefährliches Raubtier nur wenige Meter danebenstand. Sie war zornig, aber nicht dumm.

Mit einem Ruck öffnete sie die Tür ganz und starrte ihn in hilflosem Zorn an.

»Gott, sind Sie immer noch da?«

Er betrachtete sie stumm. Im Laufe der Jahrhunderte hatte er erkannt, dass kaum mehr notwendig war als das, um einen Gegner aus dem Konzept zu bringen. Einen verrückten Moment lang versuchte sie, sich im Starren mit ihm zu messen, dann marschierte sie mit einem gemurmelten Fluch zu ihm hin und baute sich vor ihm auf.

»Was ist denn nötig, damit ich Sie loswerde, verdammt noch mal? Geld? Blut? Sex?«

Er ließ seinen Blick nach unten zu ihren kleinen, perfekt gerundeten Brüsten gleiten. »Was davon bietet Ihr mir an?«

Sie machte einen hastigen Schritt nach hinten. »Nichts von dem Obigen.«

»Wie schade.« Er hob den Blick. »Dann werde ich wohl bleiben. Erzählt mir von dem Kobold.«

»Wie bitte?«

»Ich sagte, erzählt-mir-von-dem-Kobold.«

Ihre Augen verengten sich bei seinen langsamen, bedächtigen Worten.

»Warum?«

»Offensichtlich wollt Ihr nicht gehen, bevor er tot ist. Also hege ich die Absicht, dieser Farce ein Ende zu setzen, damit ich in den Frieden meines Verstecks zurückkehren kann.«

»Nein.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Niemand tötet Culligan außer mir.«

Er hob eine Braue. »Ihr erwartet, dass er in Euer Hotelzimmer schlendert, damit Ihr ihn mit einem Kissen zu Tode prügeln könnt?«

»Ich habe vor, ihm mit den bloßen Händen die Kehle herauszureißen. «

»Worauf wartet Ihr noch?«

Sie kniff die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. »Ich habe die Spur von diesem verdammten Mistkerl am Stadtrand von Hannibal verloren.« Sie schwieg kurz, dann machte sie ohne Vorwarnung einen Schritt nach vorn und packte Jagr am Arm. »Warten Sie. Sie haben gesagt, dass Sie Culligan verfolgt haben, um mich zu finden.Wo ist er?«

Jagr verzog keine Miene, aber sein gesamter Körper spannte sich an, als ihn bei ihrer eindringlichen Berührung eine glühende Hitze durchzuckte.

Regan war nicht die erste Frau, die er begehrte. Ganz und gar nicht. Doch noch nie war sein Begehren so gnadenlos gewesen, so roh, so primitiv.

»Also wollt Ihr nun meine Hilfe?«, verlangte er zu wissen, wobei seine Stimme so kühl und kontrolliert klang wie eh und je. Es war die Fähigkeit, seine Gefühle zu verbergen, die es ihm gestattet hatte, Jahrhunderte der Qual zu überstehen.

»Wenn mich das zu Culligan bringt.« Der Griff ihrer Finger wurde noch fester, was zeigte, dass sie über die gesamte Kraft einer Rassewölfin verfügte. »Also wissen Sie jetzt, wo er sich versteckt, oder nicht?«

»Nein.«

»Aber …«

»Wie Ihr verlor ich seine Spur am Rande der Stadt. Dort stieß ich auf Eure Spur.«

»Verdammt.« Regan ließ die Hand sinken und machte einen Schritt nach hinten. Jagr schluckte sein leises Knurren der Enttäuschung herunter. »Wie konnte diese Spur einfach so verschwinden? «

»Die meisten Kobolde können Portale erschaffen, um weite Entfernungen zu überwinden.«

»Aber Culligan nicht.« Ihre Lippen kräuselten sich vor grimmiger Genugtuung. »Er ist ein schwacher, erbärmlicher Schläger, der kaum einen Zauber wirken kann.«

Jagr zuckte mit den Schultern. »Dann könnte er tot sein, obgleich es weitaus wahrscheinlicher ist, dass jemand ihm dabei half, seine Anwesenheit zu verbergen.«

Er beobachtete, wie Regans zarte Gesichtszüge von Niedergeschlagenheit erfasst wurden. Sie war Darcy nicht genau wie aus dem Gesicht geschnitten. Ihre Augen waren von einem dunkleren Smaragdgrün, ihre Augenbrauen eher golden als blond, und ihre Züge waren durch Jahre der Misshandlung verhärtet. Aber insgesamt hatte sie mit Darcy die fragile, herzzerreißende Schönheit gemeinsam.

Es war die Art von Schönheit, die selbst einen von Narben gezeichneten Einsiedler dazu brachte, sich zu wünschen, sich diese Frau über die Schulter zu werfen und sie an irgendeinen Ort zu bringen, an dem er sie in Sicherheit wusste.

Regan, die sich seiner schockierenden Gedanken nicht bewusst war, runzelte die Stirn. »Wie könnte er seine Anwesenheit denn verbergen? Mit der Hilfe einer Hexe?«

»Eine Hexe würde über die notwendige Macht verfügen. Aber natürlich alle möglichen Dämonen gleichermaßen.«

»Na toll.« In den grünen Augen blitzte Verärgerung auf. »Sie sind mir ja wirklich eine große Hilfe. Ich bin ja nur froh, dass Sie noch aufgetaucht sind.«

»Nur, weil die Spur des Kobolds ein Ende fand, bat ich Euch, mir von ihm zu erzählen. Ich muss mehr wissen, bevor ich die Entscheidung treffe, wie er am besten aus den Schatten gelockt werden kann.« Er hob die Augenbrauen, als sie ihn störrisch ansah. »Regan?«

»Ich will Ihre Hilfe nicht.«

Er kniff die Augen zusammen, in dem Wissen, dass er eindeutig Stellung beziehen musste. Diese Frau war so geblendet von ihrem Drang nach Rache, dass sie nicht klar denken konnte. Wenn sie nicht wieder in Culligans Gewalt landen oder tot enden sollte, würde er eine Methode finden müssen, sie abzulenken, während er über den besten Weg nachdachte, den Kobold aus seinem Versteck zu treiben.

»Und ich will nicht dazu gezwungen sein, das Kindermädchen für eine winzige Werwölfin zu spielen, die über noch weniger Charme verfügt, als ich selbst besitze.« Seine Stimme war pures Eis. »Unglücklicherweise sind wir aneinander gebunden, bis ich Euch an Darcy übergeben habe, und Ihr könnt Euch der Aufgabe widmen, ihr das Leben zur Hölle zu machen.«

Sie bebte vor Zorn. »Winzig?«

»Ich glaube, so lautet der gegenwärtige Ausdruck, um einen Gegenstand zu beschreiben, der kleiner ist als gewöhnlich.«

»Du Hurens…«

Der laute Knall von Schüssen unterbrach die wütende Tirade. Dieses Geräusch kam so unerwartet, dass die Kugeln das Fenster durchschlugen, bevor Jagr imstande war, auf Regan zuzustürzen und sie zu Boden zu reißen. Er biss vor Schmerz die Zähne zusammen, und seine Gedanken waren düster vor Zorn.

Er hatte der zierlicheren Werwölfin Schutz geboten, doch drei der Kugeln waren in seinem Rücken stecken geblieben, und die vierte hatte seinen Arm durchschlagen, um eine hässliche Wunde zu hinterlassen.

Es waren keine lebensbedrohlichen Verletzungen, aber sie führten dazu, dass er zu schwach war, um das zu bekämpfen, was auch immer sie angriff.

Verdammt.

Wenn er diese Angelegenheit überlebte, würde Styx ihn töten.

KAPITEL 2

Schockiert von dem plötzlichen Angriff, ganz zu schweigen von dem kaum weniger als zwei Meter großen Vampir, der gerade auf ihr gelandet war, mühte Regan sich ab, ihre umwölkten Gedanken zu klären.

Was zum Teufel …

Sie kannte sich gut genug aus, um zu wissen, dass jemand gerade durch das Fenster geschossen hatte. Und dass Jagr sie sehr wahrscheinlich vor einer hässlichen Verletzung bewahrt hatte.

Was sie nicht wusste, war, warum.

Es konnte nicht Culligan gewesen sein. Die wenigen Male, die der Kobold eine Schusswaffe zu benutzen versucht hatte, wäre er nicht einmal imstande gewesen, aus zehn Metern Entfernung einen Möbelwagen zu treffen.Außerdem hätte er eine Raketenabschussrampe mitgebracht, wenn er es auf sie abgesehen hätte. Dieser Hurensohn wusste, dass er nur eine, eine einzige Chance hatte, sie zu töten, bevor sie ihm die Kehle herausriss.

Jagrs Stöhnen riss sie aus ihren albernen Gedanken, und Regan wand sich unter seinem schweren Körper hervor. Er war zu schwach, um zu protestieren, und lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Teppichboden, sodass die brutalen Verletzungen sichtbar waren, aus denen auch jetzt noch eine erschreckende Menge Blut quoll.

Schreckliche Angst stieg in ihr auf.

Jagr mochte ja ein lästiger Arsch sein, aber er hatte gerade eine ganze Menge Kugeln abgefangen, die sonst sie getroffen hätten. Sie wollte nicht, dass die Schuld an seinen Wunden auf ihrem Gewissen lastete.

Abgesehen davon war die Person, die auf sie geschossen hatte, wahrscheinlich immer noch da draußen. Oder auf dem Weg nach oben zu ihrem Zimmer, um sie zu erledigen.

Sie konnte nicht einfach wegrennen und den verdammten Vampir zurücklassen, sodass er ermordet wurde, während er verwundet dalag. Und das bedeutete, dass sein Körper heilen musste, und zwar schnell.

Regan bemühte sich, sich an die wenigen Dinge zu erinnern, die sie über Vampire wusste. Beim Geräusch sich nähernder Schritte versteifte sie sich, und ihr Herz hörte auf zu schlagen, als die Tür zum Zimmer ganz plötzlich aufgestoßen wurde.

Regan, die auf einen Kampf gefasst war, war überrascht über den Anblick der seltsamen Kreatur, die in den Raum watschelte. Das Wesen besaß die grotesken Gesichtszüge eines Gargylen — eine dicke graue Haut, reptilienartige Augen, Hörner und Pferdefüße. Er hatte sogar einen langen Schwanz, der hinter ihm herschleifte. Aber obwohl Regan noch nie einen richtigen Gargylen gesehen hatte, war sie eigentlich immer davon ausgegangen, dass sie mehr als einen knappen Meter groß wären und ihre Flügel aus Leder bestünden, nicht aus hauchzarten Spinnweben, die viel zu hübsch für einen erbarmungslosen Barbaren waren.

Allerdings musste man kein drei Meter großer, feuerspeiender Dämon sein, um eine Waffe abzufeuern. Die Miniaturkreatur konnte sehr wohl derjenige sein, der auf sie geschossen hatte.

»Raus hier«, krächzte sie und kroch instinktiv zwischen den Eindringling und den verwundeten Jagr.

Das … Wesen ignorierte ihren Befehl und bewegte sich vorwärts, um auf den Vampir hinunterzublicken. Und dann fing es an, mit einem singenden französischen Akzent zu sprechen — ausgerechnet!

»Was ist passiert, mon ami?«

Jagr stöhnte. »Dieser verdammte Styx. Wenn ich das überlebe, werde ich ihm das heimzahlen.«

Regan, die inzwischen das beruhigende Gefühl hatte, dass die beiden sich zu kennen schienen, sah den Fremden mit gerunzelter Stirn an.

»Wer sind Sie denn, verdammt noch mal?«

»Der totale Horror«, murmelte Jagr, womit er Regans frühere Worte wiederholte.

Erschreckenderweise gab die Kreatur ein verächtliches Schnauben von sich. Es war sehr deutlich auf den Vampir gemünzt, der sie ohne jede Mühe zerquetschen konnte.

»Ich bin der Dämon, der Ihnen und Ihrem gotischen Freund die Hinterteile rettet«, verkündete das Wesen würdevoll. »Bleiben Sie einfach da liegen und bluten vor sich hin, Jagr, während ich mein Mojo arbeiten lasse.«

Regan beobachtete, wie Jagrs Augen schlagartig aufklappten. In ihnen war echtes Entsetzen zu erkennen, und er streckte die Hand aus, um schwach nach dem Wesen zu greifen. Die winzige Bestie war jedoch zu schnell, und mit einem leichten Schlag ihres Schwanzes beeilte sie sich, auf das Fenstersims zu klettern, die winzigen Ärmchen ausgestreckt.

»Nein«, stöhnte Jagr. Dann schlang er ohne Vorwarnung den Arm um Regans Taille und zog sie mit einem Ruck neben sich. »Unten bleiben.«

»Was?« Regan funkelte den Vampir wütend an. »Verdammt, Jagr, Sie sind verletzt …« Ihre Standpauke wurde erneut unterbrochen, als ein heller Lichtblitz den Raum erfüllte, schnell gefolgt von einem ohrenbetäubenden Dröhnen. »Gott«, keuchte sie und fragte sich, ob die Luftstreitkräfte eingetroffen waren und die Entscheidung getroffen hatten, dass Hannibal bombardiert werden musste. »Was war das denn, verdammt noch mal?«

Sie hörte Getrippel, und die graue Kreatur kam zurück und stellte sich neben sie.

»Das war die Rettung, ma petite«, versicherte er ihr und beugte sich über Jagr. »Wie schlimm ist es,Vampir?«

Jagr griff nach oben, um die Bestie am Arm zu packen. »Habt Ihr sie getötet?«

»Sie sind ganz bestimmt geröstet, wenn nicht sogar tot. Sie werden uns eine Weile nicht mehr belästigen.«

Ein Anflug von Erleichterung zeigte sich auf Jagrs angespanntem Gesicht. »Habt Ihr sie gesehen?«

Das Wesen flatterte kurz mit den Flügeln. »Nein, aber ich habe sie gerochen. Igitt.«

»Sprecht.«

»Wolfstölen.«

Jagr runzelte die Stirn. »Wolfstölen, keine Rassewölfe?«

»Ist Ihr Gehirn zusammen mit Ihrem Blut herausgetröpfelt, mon ami? Ich bin ein Gargyle mit ausgezeichneten Fähigkeiten. Ich kenne den Unterschied zwischen einem Rassewolf und einer Wolfstöle.«

»Weshalb zum Teufel sollte eine Wolfstöle auf uns schießen?«, murmelte Jagr.

»Die bessere Frage ist:Wer würde Sie nicht erschießen wollen? «

Regan bemerkte den heftigen Wortwechsel kaum. Sie sah den Fremden mit einem ungläubigen Stirnrunzeln an.

»Sie sind wirklich ein … Gargyle?«

Der Gargyle machte eine kleine Verbeugung, wobei seine Flügel flatterten und so einen funkelnden Regenbogen aus roten, blauen und goldenen Farbtönen entstehen ließen.

»Levet, zu Ihren Diensten, meine Schöne. Ich wurde von Eurer Schwester geschickt, damit ich Euch nach Chicago begleite. «

Regan rappelte sich mühsam zu einer sitzenden Position auf. »Gott, gibt es in Chicago irgendjemanden, den sie nicht losgeschickt hat?«

Levet zuckte mit den Schultern. »Sie ist besorgt um Sie.«

Bevor Regan antworten konnte, fauchte Jagr ungeduldig: »Wir können später über Darcy und ihren bösen Sinn für Humor diskutieren. Vorerst müssen wir uns darauf konzentrieren, dieses Hotel zu verlassen, bevor die Menschen die Polizei rufen. «

Levet schnaubte. »Obwohl ich mich vollkommen damit begnügen würde, Ihr Todesurteil zu unterzeichnen, Jagr, gibt es dennoch eine winzige Chance, dass ich Sie brauche, um Regan in Sicherheit zu bringen. Sie dürfen in Ihrem Zustand nicht bewegt werden.«

»Blut …«, krächzte Jagr.

Levet drehte die Handflächen entschuldigend nach oben und machte hastig einen Schritt nach hinten. »Verzeihung, im Augenblick nicht verfügbar.«

Jagrs Augen schlossen sich zitternd, als stünde er kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren.

»Das Krankenhaus … Blutbank …«, murmelte er schwach.

Regan biss die Zähne zusammen.Verdammt. Jagr hatte recht damit, dass die Menschen die Bullen rufen würden. Und das Letzte, was sie jetzt brauchten, war noch ein Kampf, bei dem buchstäblich aus allen Rohren geschossen wurde.

»Vergessen wir das — wir haben keine Zeit.« Regan seufzte genervt auf und presste ihr Handgelenk an Jagrs Mund. Sosehr sie es auch hasste, es zuzugeben — sie schuldete dem verdammten Vampir etwas. »Hier.«

Er hob die Lider, unter denen die hinreißenden eisblauen Augen zum Vorschein kamen. »Regan?«

»Tun Sie es einfach, bevor ich mich dafür entscheide, Ihren Arsch hier zurückzulassen, damit die Bullen ihn ins Leichenschauhaus verfrachten können.«

»Igitt.« Mit flatternden Flügeln eilte der Gargyle auf die Tür zu, die auf den Gang führte. »Ich werde Wache halten und dafür sorgen, dass Ihr Essen nicht gestört wird.«

»Regan, seid Ihr Euch sicher?«, wollte Jagr wissen. Seine Stimme klang heiserer und hatte einen merkwürdigen Akzent sowie eine seltsame Art zu sprechen angenommen.

Sicher? O Gott, nein. Sie hatte absolut keine Ahnung, was passieren würde. Na ja, abgesehen von den großen Schmerzen, die sie wohl empfinden würde, wenn diese riesigen Fangzähne sich in ihr Fleisch gruben.

Glücklicherweise war sie kein Feigling, und wenn Jagr Blut brauchte, um wieder fit zu werden, dann würde er Blut bekommen, bei Gott.

»Brauchen Sie eine Extraeinladung?«, spottete sie und war nicht im Geringsten überrascht, als er den Mund öffnete und seine Fangzähne ruhig in ihr Handgelenk eindrangen. Jagr war kein Vampir, der bei einer direkten Herausforderung einen Rückzieher machte. Leider hatte sie bei ihrem Plan nur ein kleines Detail vernachlässigt.

Sie war auf Schmerzen vorbereitet. Sie war sogar darauf vorbereitet, ihn mit Gewalt von ihrem Fleisch loszureißen, falls er den Kopf verlor und versuchte, mehr zu trinken, als sie ihm bereitwillig geben wollte.

Worauf sie dagegen nicht vorbereitet war, war die Erkenntnis, dass das Gefühl, das sie durchzuckte, weit von Schmerz entfernt war. Was sie stattdessen fühlte, war intensiver, unaufhörlicher Genuss.