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Sechzig Jahre nach den Schüssen von Dallas - und trotz immer mehr zugänglicher Dokumente - ranken sich weiterhin eine Vielzahl von Mythen um das bekannteste Attentat des 20. Jahrhunderts. Der Autor versucht mit seinem Werk gerade für den Laien etwas mehr Licht in das Dickicht aus Verschwörungstheorien und Tatsachen zu bringen. Ziel soll es sein, sich auch ohne jedes Fachwissen und rein auf der Basis des gesunden Menschenverstandes anhand von unbestrittenen Fakten eine entsprechende Meinung bilden zu können.
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Seitenzahl: 227
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Peter W. Klages,
für Inspiration, Unterstützung und Freundschaft.
Vorwort
I. Einleitung
II. Die Fakten im Überblick
III. Der
Warren-Report
IV. Verschwörung
V. Das Einmaldrei der Verschwörung
VI. Die längliche braune Papiertüte
VII. Die geänderte Fahrtroute
VIII. Kreuzfeuer auf der
Dealey Plaza
?
IX. Die "Magische Kugel"
X. Das dritte Opfer
XI. Der bewaffnete Oswald
XII. Ruby vs. Oswald
XIII. Die Todesliste
XIV. Theorien auf dem Prüfstand
XV. "
JFK – Tatort Dallas
"
XVI. Epilog
Anhang:
Bildbeschreibungen und -Quellen
Quellen und Literaturverzeichnis
Die Nachricht von John F. Kennedys Ermordung am 22. November 1963 in Dallas war ein Schock für Menschen auf der ganzen Welt. Und schnell rankten sich zahlreiche Verschwörungstheorien darum, wer den US-Präsidenten ermordet hat und natürlich auch aus welchen Gründen.
Peter Engels beschreibt mit großer Akribie die vielen Probleme der wichtigsten Verschwörungstheorien und deren Widersprüche. Die Gründe für deren weite Verbreitung liegen nicht nur in dem Bedürfnis, eine "große Erklärung" für die Ermordung John F. Kennedys zu finden. Das Leben des nicht nur in Deutschland gefeierten und verehrten US-Präsidenten konnte und durfte nicht einfach nur durch die Tat einer so obskuren Gestalt wie Lee Harvey Oswald gewaltsam beendet worden sein, sondern Kennedy wurde zum Opfer einer großen Verschwörung erklärt.
Die vielen verschiedenen Theorien ziehen ihre Wirkungsmacht auch aus den ebenso zahlreichen Ermittlungsfehlern, der mangelnden Kooperation verschiedenster Regierungsbehörden bei der Aufklärung des Verbrechens und der Tatsache, dass der offizielle Untersuchungsbericht Lee Harvey Oswald als Einzeltäter darstellen sollte.
Also doch eine große Verschwörung? Nein. Wir werden zwar wohl niemals alle Fragen beantworten können und die ganze "Wahrheit" wissen. Aber Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson fürchtete sich vor Millionen Kriegstoten, sollten Kubaner oder Russen hinter Kennedys Ermordung stehen. Wäre dies vielleicht ein Grund, die Einzeltätertheorie zu forcieren und anderen Hinweisen weniger nachzugehen? Und CIA und FBI wollen bis heute eigenes Versagen und illegale Aktivitäten verheimlichen, aber wohl kaum eine Verstrickung in die Ermordung des Präsidenten.
"Im Visier der Logik" liefert auf der Basis unzähliger Fakten eine im besten Sinne "nüchterne" Analyse zur Kennedy-Ermordung – der Ereignisse und der Untersuchungen. Fernab von Mutmaßungen und der sonst üblichen Präsentation möglicher Verdächtiger und ihrer Motive konzentriert sich der Autor ausschließlich auf die unstrittigen Tatsachen. Nichts für Verschwörungstheoretiker!
Dr. phil. Andreas Etges
(Andreas Etges, geboren 1965 in Duisburg, hat in Bochum, Madison (USA), und Bielefeld Geschichte, Germanistik und Journalistik studiert. Am John F. Kennedy Institut für Nordamerikastudien der Freien Universität Berlin lehrt er amerikanische Geschichte. Er war 2003 Kurator der Sonderausstellung "John F. Kennedy" des Deutschen Historischen Museum in Berlin. Im gleichen Jahr erschien sein gleichnamiges Buch im Deutschen Taschenbuch Verlag, München. Etges ist außerdem Historiker am Amerika-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität in München.)
Es war 1978, als ich durch einen Doku-Spielfilm erstmals auf das Thema aufmerksam wurde. Da war ich gerade elf Jahre alt. Damals konnte ich es noch nicht erklären, warum ich daran hängenbleiben sollte. Diese Erkenntnis kam mir erst viele Jahre später. Meine Eltern fragten mich mehr als einmal eher genervt, was mich denn daran so interessieren würde. Doch konnte ich diese Frage zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich beantworten. Für sie war es jedenfalls verwunderlich, da Kennedy zum Zeitpunkt meiner Geburt bereits seit fast vier Jahren tot war. Somit hatte ich auch sonst nicht viel von den spannenden 60er Jahren mitbekommen.
Wir waren gerade erst im Vorjahr in ein Mehrfamilienhaus in Kassel gezogen. Eine der insgesamt acht Mieteinheiten wurde von einer alleinstehenden Dame und ihrem Rauhaardackel bewohnt. Mit diesem durfte ich hin und wieder Gassi gehen und auch in ihrer Wohnung habe ich ihn mehrfach während ihrer Abwesenheit betreut. Im Bücherregal stieß ich dann eines Tages auf den Bildband eines deutschen Verlages, welcher wohl unmittelbar nach dem Attentat erschienen war. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich ihn durchblätterte und wie oft ich die relativ knapp gehaltene Geschichte des Lebens von John F. Kennedy darin las. Ich kannte den Text irgendwann fast auswendig.
Schließlich zeigte mir besagte Nachbarin auch einen Ordner mit Zeitungsausschnitten, welchen sie hütete wie einen Schatz. Es dauerte eine Weile, bis ich mir beides hin und wieder auch ausleihen durfte, damit ich mich ausführlich damit beschäftigen konnte. Jahre später überließ sie mir beides und sowohl der Bildband als auch der Ordner befinden sich heute noch in meinem Besitz.
Irgendwann hatte ich sogar erstmals das Bedürfnis, alle meine bis dahin erworbene Kenntnisse schriftlich festzuhalten. Mehr als primitiv nahm ich einfach einen Schnellhefter aus Pappe, beschriftete diesen mit einem Label Printer und tippte viele Seiten auf der Schreibmaschine meiner Großmutter. Dazu heftete ich noch einige Schwarzweißkopien mit ein und arbeitete an diesem Werk sogar während einer Urlaubsreise mit meinen Eltern.
Natürlich lag mein Schwerpunkt damals hauptsächlich noch auf dem Attentat, dessen Umstände ich halt sehr spannend fand. Erst etwas später fing ich an, mich auch mit der Person als Familienmensch, Vater und Politiker zu beschäftigen. Aber vorher stieß ich noch auf ein anderes Buch.
Nur wenige Gehminuten von meinem Elternhaus entfernt befand sich zu dieser Zeit noch eine Filiale der Stadtbibliothek. Das war im Prä-Internet-Zeitalter noch ein gut besuchter Ort, während sie inzwischen jedoch geschlossen ist. So war auch ich ein Stammkunde und holte mir regelmäßig meinen Lesestoff. Insbesondere die Bücher von Jens K. Holm rund um die Geschichten und Abenteuer seines jugendlichen "Detektiv Kim" hatten es mir angetan.
Doch eines Tages wollte ich mal nachschauen, ob ich nicht auch etwas über das Kennedy-Attentat finden würde. Soweit ich mich erinnern kann, war die Auswahl damals noch eher dürftig.
Besonders ins Auge stach mir auf jeden Fall gleich der offizielle Untersuchungsbericht unter dem Titel "Warren Bericht über den Mord an Präsident John F. Kennedy – Die wichtigsten Ergebnisse der amtlichen Untersuchung" aus dem Verlag für Wissenschaft und Politik. Auf rund 300 Seiten wurde das Wesentliche zusammengefasst inklusive einiger Bilder am Ende. Ich habe dieses Buch verschlungen und immer und immer wieder ausgeliehen. Später machte ich ein Schülerpraktikum bei der Stadtbibliothek und war dort auch in der Abteilung tätig, in der leicht beschädigte Bücher für den weiteren Verleih aufgearbeitet wurden. Auch dieses Buch landete seinerzeit dort. Da bereits eine Bildseite herausgerissen war, wurde es schließlich aussortiert und durch eine neuere Ausgabe ersetzt. Ich nutzte die Gelegenheit und durfte es mitnehmen. Noch heute steht es in meinem Bücherregal. Ganz hinten befindet sich sogar noch die ursprüngliche Leihkarte mit dem ersten Stempel von 1965.
In meiner jugendlichen Naivität ging ich zunächst davon aus, es handele sich um die alleinigen und unbestrittenen Fakten über dieses Ereignis. Die ganzen hiervon abweichenden Thesen erreichten mich erst Jahre später. Auch die Begrifflichkeit "Verschwörungstheoretiker" war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht geläufig. Wenn ich diese nun im weiteren Verlauf dieses Werkes ebenfalls gebrauche, dann jedoch gänzlich wertneutral. Nur durch den Mangel an Alternativen soll diese hier zur Unterscheidung dienen zwischen jenen, die an die offizielle Version glauben, und jenen, welche eben eine hiervon abweichende Meinung vertreten.
Der große Paukenschlag kam dann 1992 mit Oliver Stone und seinem Film "JFK – Tatort Dallas". Auch das Buch von Jim Garrison "Wer erschoss John F. Kennedy?", auf welches der Film ja im Wesentlichen beruht, habe ich natürlich gelesen. Das brachte meine heile Welt doch erheblich ins Schwanken und veranlasste mich zu einem Umdenken. Mit wenig Gegenwehr ließ ich mich hier in eine gänzlich andere Richtung drücken. Das passte eigentlich nicht so recht zu mir, da ich eher jemand bin, der einer solch hochrangig besetzten Kommission Glauben schenken möchte. Und vielleicht wären mir auch hier schon erste Zweifel gekommen, wenn ich erst das Buch gelesen und dann den Film geschaut hätte. Garrison hatte sich ja selbst bereits frühzeitig von dem Film distanziert. So aber hatten die cineastischen Tricks eines Regieprofis wie Oliver Stone auch bei mir zunächst ihre Wirkung nicht verfehlt.
Mit der Jahrtausendwende kamen auch neue Erkenntnisse. Das Internetzeitalter wartete mit einer schier unendlichen Zahl von Informationen zu diesem Thema auf. Untersuchungen wurden veröffentlicht und kamen zum Teil zu gänzlich unterschiedlichen Ergebnissen. Dabei konnten nun auch neueste Techniken angewendet werden. Doch stets wurden deren Ergebnisse von der jeweils anderen Seite in Zweifel gezogen. Dies machte die Sache für einen Außenstehenden, welcher zumal kein Experte in einem der themenrelevanten Fachbereiche ist, sehr schwierig. Trotzdem fühlten sich viele Hobbyexperten dazu berufen, ihre Thesen als der Wahrheit ultimativer Schluss zu verkaufen. Die Betonung liegt auf "verkaufen", denn darum ging es doch meistens. Neue Bücher kamen auf dem Markt und somit lagen auch die Motive für manch fragwürdige Aussagen selbst renommierter Autoren schnell auf der Hand. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Zeitgleich fing auch ich im Jahre 2008 an, nach einer praktischen Umsetzung mit dem Thema zu suchen. Ich stieß zunächst auf ein Homepage-Baukastensystem, mit dessen Hilfe auch ein völlig ahnungsloser Laie wie ich erste Schritte zur Erstellung einer Website unternehmen konnte. Meine Intension war und ist es dabei, interessierten Menschen wie insbesondere Schülern und Studenten, welche zum Beispiel an einer Ausarbeitung sitzen, die Möglichkeit zu einer übersichtlichen Informationsgewinnung zu bieten. Das ganze Thema "Kennedy" wollte ich gerne klar strukturiert aufbauen und so gestalten, dass man sich schnell auch zu einzelnen Teilbereichen informieren konnte, ohne dazu lange suchen zu müssen. Ich nannte die Seite dann das "John F. Kennedy Infoportal" (www.John-F-Kennedy.info). Inzwischen habe ich mir etwas Gestaltungshilfe gesucht und somit die Homepage auf ein höheres Niveau gehoben. Ich konnte damals noch nicht erahnen, welches Ausmaß an Arbeit hier noch auf mich wartete und noch heute bin ich von einer Vervollständigung weit entfernt.
Im Zusammenhang mit dieser Homepage hatte ich bereits einige Male die Gelegenheit, mich mit Menschen anderer Meinungen auszutauschen. Weiterhin habe ich inzwischen auch den Tatort mehrfach besucht und mir von einigen Details ein Bild machen können. Mit dem aktuellen Kurator des The Sixth Floor Museums in Dallas Stephen Fagin führte ich ein ausführliches Gespräch. Schließlich entstand bei mir selbst das Bedürfnis, meine eigene Meinung mal zusammenfassend auszuformulieren. Viele Passagen davon werden sich auch hier wiederfinden. Der Schwerpunkt dieses Buches soll es jedoch sein, auch einem interessierten Laien einen Überblick über die im Wesentlichen unbestrittenen Fakten zu geben und ihm somit zu ermöglichen, sich auch ohne Fachwissen in einem themenrelevanten Gebiet eine eigene Meinung bilden zu können. Denn genau diesen Weg habe auch ich irgendwann eingeschlagen, nachdem ich die Erkenntnis gewann, dass sich selbst Expertenaussagen widersprechen können, dass Zeugenaussagen richtig oder falsch sein können und dass eben auch viele noch so detailreich formulierte Geschichten oftmals doch nur die halbe Wahrheit sind, oder manchmal sogar mit der Wahrheit nichts mehr zu tun haben. Mein Appell gilt daher dem "normalen, klaren mithin einfachen, erfahrungsbezogenen und allgemein geteilten Verstand des Menschen bzw. dessen natürlichen Urteilsvermögen" – hier auch einfach nur "gesunder Menschenverstand" genannt.
Wir werden an der einen oder anderen Stelle nicht ganz umhinkommen, uns auch mit einigen fachlich orientierten Aspekten zu beschäftigen. Zur Vervollständigung der Argumentationskette ist dies leider unvermeidlich. Doch werde ich mich nur auf das zwingend notwendige Minimum beschränken.
Die Gelegenheit nutzend möchte ich hier auch gerne mit einigen meist reißerisch dargestellten Sachverhalten aufräumen, welche wohl überwiegend aus gewinnorientierten Gründen immer wieder ihren Weg in selbst neuste Publikationen finden. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass es bei einem solch komplexen Ereignis zu unterschiedlichen Interpretationen bis hin zur Entstehung wildester Theorien kommen kann. Jedoch macht ein konstruktiver Meinungsaustausch nur dann Sinn, wenn über die wesentliche Faktenlage als Basis ein grundlegender Konsens herrscht. Und hier bedarf es doch an einigen Stellen mal einer gewissen Richtigstellung.
Es ist viel Zeit vergangen seit jenen Tagen im November 1963. Zeitzeugen werden immer weniger und die Umstände jenes schicksalhaften Tages sind natürlich auch medial kaum noch präsent. 2017 wäre John F. Kennedy 100 Jahre alt geworden und anlässlich dieses runden Geburtstages gab es schon noch einige Berichte und Publikationen. Auch die immer wieder verschobene Freigabe letzter noch unveröffentlichter Dokumente lässt einzelne Diskussionen wieder neu aufflammen.
In diesem Abschnitt möchte ich Ihnen nun einen kurzen und neutralen Überblick über die Tatsachen bezüglich des Attentats geben. Hierbei handelt es sich ausschließlich um die unstrittigen Fakten - unabhängig von Schlussfolgerungen, Interpretationen und Theorien. Wir werden uns mit einigen Details an späterer Stelle näher beschäftigen.
Im Rahmen einer Wahlkampftour für die Präsidentschaftswahlen im Folgejahr kamen John F. Kennedy und seine Frau Jackie am 22. November 1963 im texanischen Dallas an. Am Vortag hatte man bereits die Städte San Antonio und Houston besucht, eine Übernachtung in Fort Worth eingelegt und wurde später noch in Austin erwartet, bevor es am Abend nach Washington zurückgehen sollte. Zusammen mit Gouverneur Connally und dessen Frau fuhren sie im offenen Wagen durch die Innenstadt. Auf ihrem Weg zum Dallas Trade Mart, wo der Präsident eine Rede halten sollte, passierten sie schließlich wenige Minuten vor der geplanten Ankunft die Dealey Plaza – einen weitläufigen freien Platz am westlichen Rand der Innenstadt, der von einigen mehrstöckigen Gebäuden umringt ist. Um genau 12:30 Uhr vielen dann mehrere Schüsse, durch welche sowohl der Präsident als auch der vor ihm sitzende Gouverneur schwer, sowie wahrscheinlich der Passant James Tague leicht verletzt wurden. Kennedy wurde dabei in Oberkörper und Kopf getroffen.
Bereits wenige Minuten nach den Schüssen erreichte der Wagen das Parkland Hospital, wo die Ärzte dem Präsidenten jedoch nicht mehr helfen konnten und ihn schließlich um 13:00 Uhr für tot erklärten. Gouverneur Connally überlebte das Attentat.
Aufgrund von Augenzeugenberichten gab die Polizei von Dallas eine Personenfahndung heraus und nahm schließlich bereits kurz vor 14:00 Uhr den 24jährigen Lee Harvey Oswald fest.
Oswald arbeitete zum Zeitpunkt des Attentats im Texas School Book Depository, einem Lagerhaus, welches direkt an der Dealey Plaza liegt. Im Laufe der nächsten zwei Tage, in denen Oswald ständigen Verhören im Polizeihauptquartier unterzogen wurde, warf man ihm schließlich vor, das Attentat mit Hilfe eines Gewehres vom sechsten Stock seiner Arbeitsstätte aus durchgeführt zu haben. Das Gewehr, Patronenhülsen und weitere Hinweise hatte die Polizei zuvor am Tatort sichergestellt. Weiterhin beschuldigte man Oswald, auf seiner Flucht den Streifenpolizisten J. D. Tippit mit einem Revolver erschossen zu haben, welchen er bei seiner Verhaftung noch bei sich trug. Oswald stritt beide Taten ab und bezeichnete sich selbst als "Sündenbock".
Im Rahmen seiner Überführung ins Bezirksgefängnis wurde Oswald dann zwei Tage nach seiner Verhaftung in der Tiefgarage der Polizeistation von dem örtlichen Nachtclubbesitzer Jack Ruby angeschossen und starb noch am gleichen Tag im Parkland Hospital. Ruby hatte sich unter die Menge der wartenden Journalisten gemischt und tötete Oswald nach eigenen Angaben aus Respekt vor dem ermordeten Präsidenten sowie um Jackie Kennedy den Prozess zu ersparen. Für seine Tat wurde er von einem Gericht in Dallas zum Tode verurteilt, erreichte jedoch mit Hilfe seines Anwalts eine Berufungsverhandlung sowie die Verlegung des Gerichtsstandes nach Wichita Falls. Noch vor erneutem Prozessbeginn verstarb Ruby 1967 an Lungenkrebs.
Eine von Präsident Johnson unverzüglich nach dem Attentat eingesetzte Untersuchungskommission unter der Leitung des obersten Bundesrichters Earl Warren veröffentlichte im September 1964 ihre Ergebnisse. Demnach hatte Oswald allein und ohne Antrieb von außen gehandelt. Als Motiv ermittelte sie eine Vielzahl von Faktoren, welche ausnahmslos im zwiespältigen Charakter Oswalds gelegen haben sollen.
Bereits kurze Zeit nach der Veröffentlichung wurden erste kritische Stimmen zum Untersuchungsergebnis laut. Kritiker behaupteten, die Kommission habe einseitig und keineswegs ergebnisoffen ermittelt. Auch Präsident Johnson wurde beschuldigt, auf die Kommission eingewirkt zu haben, um Oswald schnell als Alleintäter präsentieren zu können. Man hätte auf diese Weise außenpolitische Auseinandersetzungen verhindern wollen für den Fall, dass es Hinweise auf die Beteiligung einer ausländischen Regierung oder anderweitigen Gruppierung beim Attentat gegeben hätte.
Weiterführende sowohl offizielle wie inoffizielle Untersuchungen in den folgenden Jahrzehnten kritisierten zwar in verschiedenen Punkten die Arbeit der Ermittlungsbehörden insbesondere im Umgang mit dem Beweismaterial, kamen jedoch im Wesentlichen zum gleichen Ergebnis wie die Warren-Kommission. Das House Select Committee on Assassinations, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, kam 1979 zu dem Ergebnis, es habe mit hoher Wahrscheinlichkeit einen zweiten Schützen vom Grashügel rechts der Fahrzeugkolonne gegeben, welcher sein Ziel jedoch verfehlte. Durch die Existenz eines zweiten Schützen habe es sich somit auch um eine Verschwörung gehandelt.
Dieses Ergebnis stützte sich hauptsächlich auf die akustische Analyse einer Tonbandaufnahme, welche von einem der Polizei-Motorräder stammte. Demnach müsse von mindestens vier Schüssen ausgegangen werden. Oswald selbst konnte nachweislich jedoch maximal drei Schüsse abgefeuert haben. Die Interpretation dieser Aufnahme stellte sich später jedoch als nachweislich falsch heraus und es wurde festgestellt, dass diese keinerlei Rückschlüsse auf die Anzahl der abgefeuerten Schüsse zuließ. Somit muss auch das Gesamtergebnis des Untersuchungsausschusses heute als nicht haltbar angesehen werden.
Bis heute verstummen die kritischen Stimmen der Verschwörungstheoretiker nicht. Immer wieder werden eine Vielzahl von Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Attentat zu Felde geführt und im Laufe der Jahrzehnte wurde auch die Liste möglicher Verdächtiger und ihrer Motive immer länger. Insbesondere die so genannte "Single-Bullet"- Theorie, nach der laut Warren-Kommission eine einzige Kugel sieben Verletzungen an Kennedy und Connally verursacht haben soll, sorgt bis heute für Gesprächsstoff und war auch einer der zentralen Aufhänger in Oliver Stones Verschwörungskrimi "JFK – Tatort Dallas" aus den 90er Jahren. Der Film sorgte für Aufruhr und nährte eine neue Generation von Attentats-Theoretikern. Allerdings wurden weite Teile seiner Ausführungen inzwischen wissenschaftlich widerlegt und auch die "Magische Kugel" gilt daher unter Experten als durchaus nachvollziehbare Version. Grund hierfür sind u.a. Untersuchungen unter der Leitung des damaligen Kurators des The Sixth Floor Museums in Dallas Gary Mack aus dem Jahre 2007, in deren Verlauf mit Hilfe von ballistischen Rekonstruktionen - basierend auf den inzwischen festgestellten tatsächlichen und korrekten Sitzpositionen der Opfer im Fahrzeug - die Schussbahnen nachvollzogen werden konnten.
Die zum Teil bis heute noch unter Verschluss gehaltenen offiziellen Untersuchungsakten sollten nach einem Beschluss des Kongresses von 1992 bereits spätestens im Oktober 2017 der Öffentlichkeit freigegeben werden. Nachdem der ehemalige Präsident Donald Trump im Vorfeld die Freigabe auch zugesagt hatte, wurden schließlich nach Interventionen der Geheimdienste einige der Akten für weitere Prüfungen zurückgehalten. Es bleibt zwar zu hoffen, dass deren Veröffentlichung ebenfalls zeitnah erfolgt, jedoch kann nach Aussage vieler Experten inzwischen davon ausgegangen werden, dass es sich hier nicht mehr um wirklich relevante Dokumente handelt, welche sich direkt auf den Tathergang beziehen, zumal aktuell auch nur noch ein Bruchteil der Akten weiterhin unter Verschluss sind. Soweit mal dieser kleine Überblick über die wesentlichen Geschehnisse rund um das Attentat und auch den Stand der Ermittlungen. Und ab diesem Punkt trennen sich auch die Wege von Hobby-Historikern, Verschwörungstheoretikern, Experten unterschiedlicher Fachrichtungen oder auch sonstigen Interessierten. Ab hier kann man sich in jede beliebige Richtung und in schier unergründliche Tiefen dieses Themas bewegen. Man kann sich durch Berge von Aussagen kämpfen, Fachberichte zu Ballistik, Akustik, Waffentechnik, Film- & Fototechnik oder vielen anderen Bereichen arbeiten. Und selbst, wenn man dies alles auf sich nimmt, kann es durchaus passieren, dass man am Ende doch nicht schlauer ist als zuvor. Oder Sie lesen einfach ab hier weiter und kommen dann vielleicht zu der gleichen Erkenntnis, wie ich.
Der Warren-Report (orig. Report of The President's Commission on the Assassination of President John F. Kennedy) war Ende der 70er Jahre das erste Buch, welches mir zum Attentat in die Hände fiel. Zuvor hatte ich nur einen Bildband eines deutschen Verlages immer wieder durchgeblättert. Dort stand der Ablauf des Tages in Dallas natürlich auch grob aufgeführt, aber noch ohne jede Details. Wie ich zuvor schon ausführte, lieh ich mir eine deutschsprachige Zusammenfassung immer und immer wieder bei der Stadtbibliothek aus. Ich war gerade elf, zwölf Jahre und für mich war das geschriebene Wort einfach nur Tatsache. Insbesondere, da ja alles auch sehr formell ausgeführt und erklärt war. Es gab zunächst keine anderen Quellen, kein Internet und auch andere, kritische Publikationen kreuzten zunächst nicht meinen Weg. Dies dauerte dann doch noch einige Jahre, aber schließlich musste auch ich mich damit auseinandersetzen. Natürlich beeinflusste dies meine Sichtweise und auch ich war begeistert von Stones "JFK – Tatort Dallas". Garrisons Buch verschlang ich danach ebenfalls und die Theorie eines Kreuzfeuers erschien mir immer glaubwürdiger. Zwar konnte ich schon damals nicht alles so nachvollziehen, jedoch wuchs auch meine Überzeugung, dass Kennedy hier wohl doch nicht einfach nur einem fehlgeleiteten Einzeltäter zum Opfer gefallen war. Ich kann heute nicht mehr genau sagen, wie lange dies anhielt, aber irgendwann störte es mich wohl, dass es so viele unterschiedliche Theorien zum Attentat gab. Insbesondere tauchten immer mehr Verdächtige auf und ich fragte mich schon bald, wie das sein kann. Jeder Autor oder sonstige Experte wusste einen anderen zu beschuldigen, aber alle mit ähnlich nachvollziehbaren Argumenten. Solch ungelöste Geheimnisse widerstreben mir grundsätzlich zutiefst und ich ärgerte mich, dass ich auf entsprechende Fragen von Freunden und Bekannten keine richtigen Antworten parat hatte. Also wollte ich tiefer in die Materie eindringen und schaute mir eine Version nach der anderen genauer an. Ich glich sie alle mit der offiziellen Darstellung ab und es viel schnell auf, dass zwar stets Kritik am Warren-Bericht geübt wird und noch mehr Fragen gestellt werden. Aber alternative Antworten waren und sind kaum zu finden. Viele der Ausführungen in diesem Buch beziehen sich auf den Warren-Report. Und der Grund dafür ist natürlich offensichtlich: er stellt bis zum heutigen Tag die einzige offizielle Version dar. Dementsprechend müssen sich alle alternativen Thesen daran messen lassen, wenn sie uns auch nur ansatzweise überzeugen wollen. Somit wäre dieses Werk hier unvollständig, wenn ich nicht auch den Warren-Report und seine Geschichte ausführen würde.
Am 29. November 1963, also nur eine Woche nach den tödlichen Schüssen von Dallas, berief Kennedys Amtsnachfolger mithilfe der Executive Order 11130 eine Kommission ein, welche die genauen Umstände des Attentats klären sollte. Nicht alle der von Präsident Lyndon B. Johnson selbst auserwählten Mitglieder waren von der Gründung einer solchen Kommission begeistert und diese nahmen daran auch nur widerwillig teil. Es war wohl schon zu diesem Zeitpunkt absehbar, dass eine solche Verfahrensweise am Ende wohl mehr Kontroversen als handfeste Ergebnisse liefern würde. So musste auch Earl Warren, nach dem die Kommission schließlich von der Öffentlichkeit ihren Namen erhielt, erst zur Übernahme des Vorsitzes überredet werden. Dieser beschloss dann, die Rechtsanwälte der Kommission von außerhalb der Regierung einzustellen, um eine unzulässige Beeinflussung ihrer Arbeit zu vermeiden. Die Kommission selbst bestand aus folgenden Herren:
Earl Warren – Oberster Bundesrichter der Vereinigten Staaten. Warren wurde 1891 in Kalifornien geboren, hatte Jura studiert und war auch auf der politischen Bühne tätig.
Ab 1925 war er als Bezirksstaatsanwalt von Alameda County aktiv. Dabei erlangte er landesweit einen guten Ruf als harter, sachlicher Jurist, der die Korruption in der Regierung bekämpfte und sein Büro unparteiisch führte. Warren unterstützte nachdrücklich die Autonomie der Strafverfolgungsbehörden, glaubte aber auch, dass Polizei und Staatsanwaltschaft fair handeln müssten. Im Gegensatz zu vielen anderen lokalen Strafverfolgungsbeamten in den 1920er Jahren setzte Warren das Alkoholverbot energisch durch. 1927 leitete er eine Korruptionsuntersuchung gegen Sheriff Burton Becker ein. Nach einem Prozess, den einige in der Presse als »das umfassendste Exposé der Bestechung in der Geschichte des Landes« bezeichneten, erreichte Warren 1930 eine Verurteilung gegen Becker. Als einer seiner eigenen Undercover-Agenten zugab, dass er einen Meineid geleistet hatte, um Verurteilungen in Fällen von Raubkopierhandel zu erreichen, übernahm Warren persönlich die Anklage gegen den Agenten. Warrens Bemühungen brachten ihm nationale Aufmerksamkeit ein. Eine landesweite Umfrage von 1931 unter Strafverfolgungsbeamten ergab, dass Warren »der intelligenteste und politisch unabhängigste Bezirksstaatsanwalt in den Vereinigten Staaten« war.
Von 1943-53 war er als republikanischer Gouverneur von Kalifornien im Amt. Zwischenzeitlich war er 1948 sogar als Kandidat für die Vizepräsidentschaft im Wahlkampf von Thomas E. Dewey aufgestellt. Dieser verlor jedoch gegen Truman. Bei der Folgewahl 1952 entschied man sich innerparteilich für Eisenhower. Dieser ernannte Warren dann nach seinem Einzug ins Weiße Haus zum Obersten Bundesrichter.
In den folgenden knapp sechzehn Jahren im Amt war Warren an vielen kontroversen und bemerkenswerten juristischen Entscheidungen beteiligt, insbesondere zur Aufhebung der Rassentrennung an den Schulen und zur Stärkung der Bürgerrechte. Er gilt allgemein als einer der einflussreichsten Richter und politischen Führer des Obersten Gerichtshofs in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Er war es auch, der am 20. Januar 1961 auf den Stufen des Kapitols dem neugewählten Präsidenten John F. Kennedy den Amtseid abnahm. Beide kamen sich nach der Amtseinführung persönlich nahe. Warren schrieb später, dass »kein Amerikaner in meinem langen Leben jemals ein besseres Amerika im Visier hatte oder seine Angriffe genauer auf die Übel und Mängel unserer Gesellschaft konzentrierte als [Kennedy].«
Warren war persönlich an mehreren Aspekten der Untersuchung beteiligt. Er überwachte vier Tage lang die Zeugenaussage von Lee Harvey Oswalds Witwe, Marina Oswald, und wurde weithin dafür kritisiert, dass er der Presse sagte, dass ihre Aussage zwar öffentlich gemacht werden würde, »es aber vielleicht nicht zu Ihren Lebzeiten geschehen würde«. Er war beim Interview hinter verschlossenen Türen von Jacqueline Kennedy anwesend und bestand darauf, an der Aussage von Jack Ruby in Dallas teilzunehmen, wo er auch das Schulbuchlagerhaus besuchte.
Obwohl man als Richter am Obersten Bundesgericht auf Lebenszeit ernannt wird, trat Warren 1968 schließlich zurück. In der Befürchtung, dass der Republikaner Nixon die kommende Wahl gewinnen würde, wollte Warren Präsident Johnson die Möglichkeit geben, noch in seiner Amtszeit einen Nachfolger ernennen zu können.
Allen Welsh Dulles – ehemaliger Direktor der CIA. Dulles wuchs bereits in einer republikanischen Diplomatenfamilie auf und wusste alle Mittel und Wege für einen entsprechenden Aufstieg zu nutzen. Dabei stand sein eigener Vorteil stets im Vordergrund, was ihn auch vor einer Annäherung an Nazi-Deutschland nicht zurückschrecken ließ. Lange sprach er sich deutlich gegen einen Kriegseintritt der USA aus, bis sich dieser nach dem Angriff auf Pearl Harbor dann doch nicht mehr vermeiden ließ.
Dulles war schon Mitglied des Auslandsgeheimdienstes OSS, welcher 1947 von der neu gegründeten CIA abgelöst wurde. Hier übernahm er 1950 die Funktion eines Direktors für spezielle Operationen. Dulles veränderte die als Nachrichtendienst gegründete Agency zu einem kostspieligen militärischen Instrument, dessen verdeckte militärische Operationen zur Hauptaufgabe der CIA wurden. Präsident Eisenhower setzte ihn schließlich 1953 als Direktor ein, womit dieser der erste Zivilist an der Spitze war. Schnell vermochte er sogar eine gewisse Immunität vor öffentlichen Untersuchungen aufzubauen, geriet dadurch aber auch ins Visier der Presse. Entgegen seinen Überzeugungen und rein aus politischen Zugeständnissen beließ der neu gewählte Präsident Kennedy Dulles zunächst im Amt. Doch fühlte sich Kennedy nach der fehlgeschlagenen Invasion in der kubanischen Schweinebucht im April 1961 von der CIA hintergangen und falsch informiert. Er drohte damit, den Geheimdienst »in tausend Stücke zu zerschlagen«. Zwar verlieh er Dulles noch die Medaille für Nationale Sicherheit, entließ ihn und seinen Stellvertreter aber im November desselben Jahres.
Präsident Johnson berief Dulles schließlich in die Warren-Kommission. Dies angeblich mit ausdrücklicher Befürwortung durch Robert Kennedy. Man wollte wohl sicherstellen, dass die Belange der CIA gerade im Zusammenhang mit den amerikanischen Aktivitäten gegen Fidel Castro nicht zu einem Schwerpunktthema der Kommission werden. Diese Entscheidung wurde von vielen Seiten stark kritisiert. Aufgrund der Vorgeschichte mit dem angespannten Verhältnis zwischen Dulles und Kennedy wurde angezweifelt, dass dieser wirklich objektiv agieren könne. Tatsächlich forcierte Dulles von Anfang an die Alleintäterthese und unterband wohl aktiv alle Bemühungen, insbesondere auch Oswalds Verhältnis zu den Geheimdiensten intensiver zu untersuchen. Manche Verschwörungsversionen sehen in ihm sogar den eigentlichen Drahtzieher hinter der Ermordung Kennedys.
John Sherman Cooper – Jurist, republikanischer Politiker und unter anderem ehemaliger Botschafter der USA in Ostdeutschland. Cooper wurde mit mehreren Unterbrechungen insgesamt dreimal in den Senat gewählt. Während seiner Zeit in der Warren-Kommission