Irresistible - Ein Single-Daddy zum Verlieben - Lex Martin - E-Book
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Irresistible - Ein Single-Daddy zum Verlieben E-Book

Lex Martin

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Beschreibung

Nanny verzweifelt gesucht ...

Mit zwei kleinen Kindern und einer Ranch hat Single-Dad Ethan Carter genug am Hals. Da kann er keine Ablenkung gebrauchen - schon gar nicht in Gestalt der neuen Nanny. Tori Duran ist süß, sexy und findet sofort einen Draht zu seiner Tochter und seinem Sohn, die noch immer darunter leiden, dass ihre Mutter sie und Ethan verlassen hat. Nach und nach gibt der wortkarge Rancher seinen Widerstand auf, und Ethan und Tori kommen sich näher. Doch gerade als er wieder an die Liebe glauben will, holt ihn seine Vergangenheit ein und bedroht sein neues Glück ...

"Ich konnte die Liebe, die Verletzungen, das Lachen und die Leidenschaft beim Lesen spüren! Die Geschichte von Ethan und Tori ist ein Must-Read!" FUN UNDER THE COVERS

Band 2 der sexy und humorvollen Serie von Bestseller-Autorin Lex Martin rund um heiße Single-Dads



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Seitenzahl: 539

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Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungZitatPrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Kapitel 36Kapitel 37Kapitel 38Kapitel 39Kapitel 40Kapitel 41Kapitel 42Kapitel 43Kapitel 44Kapitel 45Kapitel 46Kapitel 47Kapitel 48Kapitel 49Kapitel 50Kapitel 51Kapitel 52Kapitel 53Kapitel 54EpilogDie AutorinDie Romane von Lex Martin bei LYX.digitalLeseprobeImpressum

LEX MARTIN

Irresistible

Ein Single-Daddy zum Verlieben

Roman

Ins Deutsche übertragen von Birgit Herden

Zu diesem Buch

Mit zwei kleinen Kindern und einer Ranch hat Single-Dad Ethan Carter genug am Hals. Da kann er keine Ablenkung gebrauchen – schon gar nicht in Gestalt der neuen Nanny. Tori Duran ist süß, sexy und findet sofort einen Draht zu seiner Tochter und seinem Sohn, die noch immer darunter leiden, dass ihre Mutter sie und Ethan verlassen hat. Nach und nach gibt der wortkarge Rancher seinen Widerstand auf, und Ethan und Tori kommen sich näher. Doch gerade als er wieder an die Liebe glauben will, holt ihn seine Vergangenheit ein und bedroht sein neues Glück …

Für Matt und meine kleinen Bären

»Geliebt zu werden macht uns stark. Zu lieben macht uns mutig.«

Lao-Tse

Prolog

Tori

Als ich mit meiner knatternden Schrottkarre über die Kreuzung der vornehmen Wohngegend holpere und mich eine der Vorstadtdamen missbilligend mustert, werde ich kurz rot.

Komm mal drüber weg.

Eine Autoreparatur kann ich mir im Augenblick einfach nicht leisten, schon gar nicht, nachdem ich das Geburtstagsgeschenk für meinen Freund gekauft habe.

Ich würde ja an die Decke springen – vor lauter Vorfreude, Jamie gleich wiederzusehen. Dazu ist es in dieser Todesfalle von einem Auto allerdings viel zu heiß. Aber ich möchte mir meine Energie ohnehin lieber für horizontale Aktivitäten aufsparen. Eigentlich sollte Jamie erst morgen zurückkommen, aber ich habe meinen Chef darüber sprechen hören, dass er schon heute wieder hier sein könnte, und da kam mir die Idee, ihn zu überraschen. Schließlich ist heute sein Geburtstag, und ich habe das passende Geschenk, für das ich seit Wochen gespart habe.

Als ich Jamies Bronco in der Einfahrt zu seinem Haus sehe, gehe ich vom Gas und parke meine Blechkiste vor dem Doppelhaus gegenüber.

Meine Beine kleben am Sitz, und ich fahre mit den Händen über die nackten Oberschenkel in den kurzen Shorts. Ich öffne die Tür, und zum Glück trifft mich ein Schwall kühler Luft. Anfang Mai ist es in Austin noch ziemlich frisch. Gott sei Dank, denn die Fenster meines Autos lassen sich nicht herunterfahren, und die Klimaanlage war schon kaputt, als ich die Schrottmühle gekauft habe.

Ich greife in meine Umhängetasche und ziehe Jamies Geschenk heraus – zwei Tickets für die Texas Rangers, ein Spiel im nächsten Monat. Er fährt immer wieder aus geschäftlichen Gründen nach Dallas, und ich freue mich schon riesig darauf, ihn mal dorthin zu begleiten.

Nachdem ich die Luftballons von der Rückbank zusammengeklaubt habe, eile ich über den makellosen Weg, der zu dem zweistöckigen Gebäude im Kolonialstil führt.

Es macht mich richtig stolz, als ich sehe, was er aus dem Haus gemacht hat. Als er es vor ein paar Monaten gekauft hat, war es noch ein Schandfleck in der Gegend. Aber jetzt, nachdem er das Dach erneuert, innen alles renoviert und auch sämtliches Inventar ersetzt hat, erstrahlt es in neuem Glanz. Ich weiß nicht, wie er es immer wieder schafft, sich nach solchen Investitionen von seinen Immobilien zu trennen – mir würde es das Herz brechen, das herrliche Haus zu verkaufen.

Ganz kurz habe ich eine Vision von Jamie und mir in diesen Räumlichkeiten. Wie wir eine Familie gründen. Bilder von Kindern, Geburtstagen und Grillfesten im Garten ziehen durch meinen Kopf. Ich weiß zwar noch nicht, wie viele Kinder ich möchte oder wie sie heißen sollen, aber ich bin mir schon ziemlich sicher, dass ich sie mit Jamie haben will.

Vor zwei Monaten habe ich ihn noch ausgelacht, als er von Heirat gesprochen hat, denn schließlich waren wir da betrunken. Aber ich kann nicht lügen – irgendwie träume ich tatsächlich von einer solchen Vorstadtidylle mit ihm.

Klar, er ist ein bisschen älter als ich, aber was macht schon ein Unterschied von acht Jahren, wenn es um das ganze Leben geht? Und er behandelt mich auch nicht von oben herab, weil ich mich noch immer mit dem College abplage.

Ernsthaft, ich möchte endlich mein Leben in den Griff bekommen – mich so lange zusammenreißen, bis ich in ein paar Wochen den Abschluss an der Universität von Texas geschafft habe. Die meisten meiner Freunde scheinen genau zu wissen, wo sie hinwollen und was sie mal machen werden. Ich dagegen habe keinen Schimmer. Ich habe immer im Augenblick gelebt und keine Party ausgelassen, was mir allerdings eine Verwarnung vom College, zwangsweise Nachhilfe und einen … Zwischenfall mit der Polizei beschert hat.

Also heißt es jetzt, die Zähne zusammenzubeißen. Endlich vernünftig zu werden. Ernsthaft zu büffeln und was weiß ich noch alles. Weiß Gott, das College ist wirklich nicht mein Ding, aber nicht mehr lange, und dann ist der Scheiß endlich geschafft.

Ich klingle an der Tür – vor lauter Vorfreude schlägt mein Herz unregelmäßig und viel zu schnell. Doch als Jamie gleich darauf öffnet, empfängt er mich mit einem Stirnrunzeln. Seine Augen werden von dem schwarzen Haar verdeckt, das ihm ins Gesicht fällt.

»Alles Gute zum Geburtstag, Baby!« Irgendwas ist komisch, doch ich gehe drüber hinweg und werfe mich in seine Arme. »Ich hab dich so vermisst.« Er riecht besonders gut. Nach würzigem Rasierwasser und nach Mann.

»Tori.« Er legt mir eine Hand auf den Rücken, aber irgendwie wirkt das steif. Ich warte auf den leidenschaftlichen Kuss. Dass er mir die Kleider vom Leib reißt, so wie sonst.

Doch er steht einfach nur da.

Was ist bloß los?

Ich lehne mich ein wenig zurück und blicke ihn an. Er runzelt immer noch die Stirn.

Und wirft dann einen Blick auf seine Armbanduhr.

»Bist du für irgendwas spät dran?«

Man könnte meinen, er wäre nicht zwei Wochen weg gewesen. Schon klar, wir gehen erst seit sechs Monaten miteinander, aber er hat mir Schmuck geschenkt – echten Schmuck, nicht irgendwelche Billigimitate – und er sagt, dass er mich eines Tages heiraten will. Hallo, manchmal nimmt er mich nach dem Sex in die Löffelstellung. Das muss doch was bedeuten, oder? Und er bringt mich meistens zum Orgasmus. Darin ist er ein wahrer Meister, dabei bin ich keine Frau, die so leicht kommt. Also, für mich sind das alles gute Zeichen.

Doch bevor ich ihn fragen kann, warum er sich so seltsam benimmt, zieht er mich ins Haus. Dann späht er auf die Zufahrt hinaus, blickt vom einen Ende der Straße zum anderen.

Mit einem Räuspern zieht er die Haustür zu. »Entschuldigung, Schnecke, aber gleich kommt ein Bauunternehmer. Ich hatte nicht mit dir gerechnet.«

Erleichterung überkommt mich. »Kein Problem. Ich dachte nur, ich schau auf dem Weg zur Arbeit bei dir rein. Ich hab eine Stunde Zeit.«

Vielsagend hebe ich die Augenbraue, und mit einem Blick auf die Uhr nickt er. »Das ist Zeit genug.«

Zeit genug, um deine Welt auf den Kopf zu stellen? Aber sicher doch.

Als ich mit dem Rücken auf seiner Matratze aufschlage, sind alle Gedanken an seinen Geburtstag und das ungeöffnete Geschenk im Wohnzimmer vergessen. Es kümmert mich auch nicht, dass wir direkt zum Hauptgang übergehen. Es ist mir sogar egal, dass er mir nicht gesagt hat, wie sehr er sich nach mir gesehnt hat. Heute ist sein Geburtstag. Da darf es gerne nach seinem Willen laufen.

Dann hat er mich halt nicht öfter angerufen, als er weg war. Ich weiß ja, dass er vor lauter Arbeit kaum zu etwas kommt. Er besitzt Immobilien in ganz Texas und fährt oft zwischen Dallas und Austin hin und her, um sich um Bauprojekte zu kümmern. Ich find’s toll, dass er so umtriebig ist und es richtig draufhat. Wenigstens einer von uns.

Jamie zieht sich das T-Shirt über den Kopf, sodass seine herrlichen Muskeln zum Vorschein kommen. Ein Seufzer entfährt mir, als er sich zwischen meine Schenkel drückt. Seine raue Jeans reibt an meiner Haut, doch das ist mir jetzt egal.

In den zwei Komma zwei Sekunden, die wir uns schon in seinem Schlafzimmer befinden, hat er es geschafft, mir fast alle Kleider vom Leib zu reißen, bis auf den schwarzen Spitzen-BH und den Stringtanga, den er anerkennend mustert, bevor er sich gegen mich presst.

»Hab dich vermisst, mein Sahnebonbon«, flüstert er an meinem Hals.

Mir wird ganz warm ums Herz. Natürlich hat er mich vermisst. Ich wusste es doch.

Kaum berühren seine Lippen meine, da drängt es uns zueinander. Der Jamie, dem ich so hilflos verfallen bin, ist wieder da. Er packt mich an den Haaren, saugt an meinem Nacken und presst seinen Schwanz gegen mich.

Gerade, als eine Woge der Lust über mir zusammenschlägt, höre ich unten im Flur ein Geräusch. Was … war das die Eingangstür?

Mit einem Schlag versteift sich sein ganzer Körper.

»Jamie!«, ruft eine Frauenstimme. »Schatz, ich bin zu Hause!«

»Scheiße«, entfährt es ihm. »Steh auf. Zieh dir dein Zeug wieder an.« Wie ein Sprinter beim Startschuss schnellt er vom Bett hoch und schleudert mir meine Shorts und das Tanktop ins Gesicht.

Ich versuche immer noch zu verstehen, was hier geschieht, als er die Schlafzimmertür schließt und gleichzeitig nach unten brüllt. »Ich komme. Bin gleich bei dir!«

»Wer ist das?« Ich habe keine Klingel gehört, und ich bezweifle, dass ein Bauunternehmer einfach so hereinspazieren würde.

Außerdem ist das eine Frau.

Er schenkt mir keine Beachtung und zieht das T-Shirt hastig wieder an.

Eine grauenhafte Ahnung überkommt mich. Mein Mund geht auf und zu, wie bei einem Fisch auf dem Trockenen. »Bist du … triffst du dich noch mit einer anderen?« Verdammte Scheiße. Trifft er sich etwa mit dieser anderen Kellnerin, mit der ich ihn schon mal habe sprechen sehen? Betrügt er mich?

Er knöpft sich die Jeans zu und scheucht mich mit einer Geste vom Bett. Ich stehe auf und ziehe mir die Shorts an. Mit immer noch offenem Mund sehe ich ihm dabei zu, wie er die Überdecke glatt streicht.

»Ernsthaft, Jamie. Betrügst du mich mit einer anderen?«

Er fährt sich mit den Händen durchs Haar und knurrt mich an. »Nicht jetzt, Tori. Scheiße noch mal, sieh zu, dass du dich anziehst.«

Ich kämpfe mit meinem Tanktop. »Bitte sag mir, dass das da unten bloß eine Verwandte von dir ist und du nicht hinter meinem Rücken eine andere vögelst.« Meine Stimme ist nur noch ein leises Flehen. Warum ich flüstere, weiß ich selbst nicht. Wenn er mich betrügt, dann sollte ich ihn eigentlich lauthals anschreien und wie eine Furie auf ihn losgehen.

Schritte unten im Flur, und dazu ein panischer Ausdruck in seinen Augen.

Und dann drängt er mich zum anderen Ende des Zimmers zurück.

Vorbei an der Kommode.

Vorbei an der blauen Truhe.

Hin zu einem großen Kleiderschrank, in dessen dunkles Inneres er mich schiebt. Dort soll ich warten, befiehlt er mir.

»Was soll das?«, frage ich voller Entsetzen. Warum versteckt er mich denn in diesem beschissenen Kleiderschrank?

Er schaut mich gequält an und schüttelt den Kopf. »Es tut mir leid, okay? Warte einfach hier und sei still. Ich erkläre später alles. Bitte, tu das für mich. Ich verspreche, ich mach es wieder gut.«

Mir bleibt keine Zeit für eine Erwiderung, er schlägt mir die Tür vor der Nase zu, und einen Augenblick später kommt auch schon diese Frau hereingestürzt und wirft sich mit einem Freudenjauchzer in seine Arme. Woher ich das weiß? Weil er die Schiebetür des Schranks so heftig zugeschlagen hat, dass sie ein Stückchen zurückgeprallt ist und jetzt einen Spalt offen steht.

Ich kann alles sehen. Ihre tollen schwarzen Haare und dann auch die Designerklamotten. Den schlanken, großartig gebräunten Körper. Die teuren schwarz-roten High Heels, die mit diesem französischen Namen, den ich nicht aussprechen kann.

Und dann fängt die Küsserei an. Sie stöhnt und sagt ihm, wie sehr sie ihn vermisst hat. Sie sagt ihm, dass sie nie wieder so lange von ihm getrennt sein will. Sagt ihm, wie sehr sie ihr neues Haus liebt. Dass sie ein Zuhause für sie beide daraus machen will.

Meint sie etwa dieses Haus? Gehört dieses Haus vielleicht den beiden?

Mir wird speiübel, und außerdem habe ich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Der kalte Schweiß bricht mir aus, und ich schlucke heftig, um nicht in die neuen Nike-Schuhe dieses Arschlochs zu kotzen, die da zu meinen Füßen stehen.

»Sind die Luftballons im Wohnzimmer für mich?«, quietscht die Frau während einer kurzen Unterbrechung.

Nein, du Flittchen. Sind sie nicht.

»Erraten«, sagt der Lügner.

»Und die Ranger-Tickets auch?«

Nun lacht er verlegen, sein Körper dreht sich zum Schrank hin, vermutlich spürt er, dass ich ihm zwei Stinkefinger auf einmal zeige. Er weiß ja, dass ich kaum Geld habe, und nun wird ihm endlich klar, dass ich das wenige auch noch für ihn ausgegeben habe. Um aus diesem Tag etwas Besonderes zu machen. Weil ich, Tori Duran, ein absoluter Volltrottel bin.

Wenigstens hat er so viel Anstand, schuldbewusst auszusehen.

Er hustet. »Ja, Süße. Die sind für dich. Ich dachte, wir sollten uns mal ein Spiel zusammen gönnen.«

Ich wische die heißen Tränen weg, die mir über das Gesicht laufen.

Sie stößt einen verzückten Laut aus, und schon aus diesem Grund würde ich sie am liebsten mit den teuren High Heels erstechen.

»Ich kann gar nicht glauben, dass du mir an deinem Geburtstag Geschenke machst. Wir nehmen uns einen Babysitter, und dann machen wir uns einen richtig tollen Abend!«

Er hat also etwas mit einer Frau, die Kinder hat?

Doch der Albtraum ist noch lange nicht zu Ende. So richtig grauenhaft wird es erst, als sie flötet: »Ich erzähl meinen Freundinnen, dass ich den tollsten Ehemann auf der ganzen Welt habe!«

Ich glaub es nicht.

Doch allmählich begreife ich, und meine ganze Welt gerät aus den Fugen.

Denn sie ist nicht die andere Frau.

Ich bin es.

Mein Magen will sich umstülpen, die Säure steigt mir in der Kehle auf. Ich sinke auf die Knie, stütze mich an der Wand ab, doch ich kann den Blick einfach nicht von den beiden abwenden.

Sie drückt ihn aufs Bett hinunter und schmiegt sich an ihn, und er stöhnt los – auf die gleiche Weise wie vor ein paar Minuten, als er mich berührt hat.

Mit dem einzigen Unterschied, dass er jetzt seine Frau vögelt.

Kapitel 1

Tori

Ein Jahr später

Es gibt so viele Varianten von sollte auf der Welt.

Zum Beispiel …

Ich sollte in diesem Schweinestall von einer Wohnung sauber machen.

Ich sollte diese Woche wenigstens einmal Gemüse essen.

Ich sollte mich nach einem besser bezahlten Job umsehen.

Doch am meisten zuwider ist mir in dieser langen Liste das, was meine ältere Schwester gerade brummt: »Tori, du solltest das College zu Ende machen.«

Argh. Sag mir was, was ich noch nicht weiß.

Ich nuckele an dem billigen Eis am Stiel, das wie verdünnter Traubensaft schmeckt, und sinke tiefer in das schäbige Sofa. Kat dagegen sitzt so knapp wie nur menschenmöglich auf der Kante des Sessels.

Ich lecke noch einmal und deute dann mit dem violetten Eis auf sie. »Sieht nicht gerade bequem aus, wie du da sitzt.«

Sie wirft mir einen langen Blick zu. »Ich bin im siebten Monat schwanger. Wenn ich mich jetzt zurücklehne, komme ich nie wieder hoch. Wart nur ab, bis du selbst mal die Ausmaße eines kleinen Büffels hast, deine Füße nicht mehr sehen kannst und deine Brüste anschwellen wie Wasserbomben.«

Ich kann mich gerade noch beherrschen, nicht zu lachen. »Erstens wird das nie passieren, weil ich niemals Kinder haben werde. Zweitens hast du doch kaum zugenommen.« Okay, das ist jetzt ein bisschen gelogen, aber sie ist meine Schwester – ich möchte nicht, dass sie sich schlecht fühlt. »Und drittens, was passiert eigentlich mit deinen Brüsten?« Abgesehen davon, dass sie gigantisch aussehen. Was ich eigentlich wirklich wissen will: Ist sie sich sicher, dass sie nur ein Baby bekommt? Brady ist echt ein Brocken von einem Mann, hochgewachsen und breit gebaut. Aber sind seine Nachkommen deswegen groß wie Büffel?

Meine Schwester seufzt und reibt sich den Bauch. »Ich erzähl dir jetzt mal was, das nicht in den Schwangerschaftsratgebern steht. Deine Nippel, äh, die werden größer. Liegt an den Hormonen, schätze ich.«

Scheiße, echt jetzt, will ich schon fragen, doch ich reiße mich zusammen. Denn wenn ich ausflippe, dann wird sie auch ausflippen, und das wäre schlimm, denn sonst ist sie meist die Ruhe selbst und ich bin das Nervenbündel. »Also dann … werden sie länger?« Igitt, bitte sag Nein.

Sie schüttelt den Kopf. »Die Warzenhöfe werden größer.«

O mein Gott, das ist ja genauso schlimm. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. »Und, findest du das eklig?«

Sie wirft mir einen Blick zu, einen, der sagt: Was glaubst du denn, Dumpfbacke? Okay, sie nennt mich nie Dumpfbacke, aber ich weiß, dass sie das manchmal gerne tun würde. »Und seit wann willst du keine Kinder? Du bist doch so klasse mit Izzy.«

Izzy ist ihre siebenjährige adoptierte Tochter, die einfach zum Fressen süß ist. Aber mal ernsthaft, die meisten Kinder sind furchtbare Nervensägen, und Geduld gehört nicht gerade zu meinen Tugenden. Wenigstens nicht in letzter Zeit.

Ich zucke die Achseln, will nicht das ganze Fiasko mit Jamie noch einmal aufwärmen – seither ist mir klar geworden, wie es um meine Chancen steht, jemals einen Mann zu finden, mit dem ich Kinder haben möchte. Meiner Schwester habe ich nie all die schmutzigen Einzelheiten der Trennung erzählt, und wenn ich das Pflaster jetzt abreiße, dann sprudelt gleich wieder Blut aus der Wunde.

Außerdem, ich und eine Familie? Meine hypothetischen Kinder tun mir jetzt schon leid. Ich kriege ja noch nicht mal meine Finanzen geregelt. Nicht, dass es da viel zu regeln gäbe.

Ich verstehe selbst nicht ganz, was mit mir los ist, denn wenn es darum geht, etwas für meine Schwester oder meine Familie zu tun, dann würde ich auch über Glasscherben kriechen. Nur wenn ich etwas für mich selbst tun soll, dann ist mir alles scheißegal.

»Kat, du hast echt Glück, weißt du das? Brady ist fantastisch. Wenn ich je einen Typen finden würde, den ich nicht innerhalb von zwei Minuten in Stücke reißen möchte, dann würde ich es mir vielleicht anders überlegen.« Ich führe nicht weiter aus, welche neuen Erkenntnisse mir das letzte Jahr als Single beschert hat.

Sie hat nun wieder dieses liebestrunkene Lächeln im Gesicht, das auch nach fünf Jahren Ehe nicht nachgelassen hat. »Brady ist wirklich toll.« Sie senkt den Blick und spricht ein wenig leiser. »Aber im Augenblick tut er mir leid. Bei meiner Morgenübelkeit, die mich einfach ständig plagt, nicht nur am Morgen, kommen wir nie dazu … du weißt schon.«

»Zu vögeln?«

Sie lacht. »Ja. Vögeln.«

»Also auch nichts davon?« Ich schlürfe geräuschvoll an meinem schmelzenden Eis und tue dann, als würde ich dem Ding einen blasen.

Sie schnaubt empört. »O mein Gott, hör auf damit.« Aber sie lacht, also ist sie mir nicht ernstlich böse.

Kat ist sieben Jahre älter als ich, und sie verkörpert alles, was ich nie sein werde. Sie hat den Abschluss als Klassenbeste gemacht – alle Abschlüsse, von der Highschool bis zum College. Sie und ihr Mann führen eine total erfolgreiche Lavendelfarm und ein Unternehmen für Kosmetikprodukte.

Meine Schwester und ich sind wie Tag und Nacht. Unsere Persönlichkeiten. Was wir mögen. Welche Kleider wir tragen. Das Einzige, was wir gemeinsam haben – wenn ihr Bauch nicht gerade kurz vor der Explosion steht –, ist unser ähnliches Aussehen mit den langen dunklen Haaren und den haselnussbraunen Augen.

Mit ihrem geschwollenen Fuß stupst sie gegen meinen Knöchel. »Ich merke schon, du versuchst, das Thema zu wechseln.« Mit sanfter Stimme fragt sie: »Brauchst du Geld? Brady und ich würden gern die Hälfte deiner Kredite übernehmen, damit du deinen Abschluss machen kannst.«

Ich blicke zu Boden. Schon die Vorstellung ist mir verhasst. »Nein. Ich komm schon klar.«

Zum Glück hat sie nie gefragt, in welchen Fächern ich durchgefallen bin. Wer will schon seiner mexikanischen Familie erklären, dass man Spanisch nicht geschafft hat? Ich ganz bestimmt nicht. Ich hab zwar nicht wie Kat schon als Kind Spanisch gesprochen, aber ich schäme mich trotzdem.

Kats Blick schweift umher, und kurz sehe ich meine Wohnung mit ihren Augen. Den zerschlissenen Teppich. Die Pizzaschachteln, den überquellenden Mülleimer. Die Krümel und leeren Getränkedosen auf dem zerschrammten Couchtisch. Eigentlich bin ich keine völlige Chaotin, aber meine Mitbewohner sind es. Ich bin vielleicht nicht so toll im Bettenmachen und Wäschefalten, aber ich habe mich immer bemüht, die Wohnung einigermaßen sauber zu halten, denn schließlich läuft der Mietvertrag auf mich. Doch in den letzten Wochen hab ich irgendwie aufgegeben. Ich bin es einfach leid, mich um irgendwas zu kümmern, wenn es allen um mich herum scheißegal ist.

Vier Mitbewohner sind einfach Mist, aber ich kann es mir nicht leisten, eine eigene Wohnung zu suchen, nicht mit dem Kredit fürs College und Schulden auf den Kreditkarten. Ist das nicht der größte Witz? Ich habe keinen Abschluss, also kann ich keinen besseren Job als den einer Kellnerin finden, und trotzdem habe ich die Schulden.

Kat fasst sich in die Haare und wickelt eine Strähne um den Finger. Bei ihr ist das immer ein Zeichen.

Ich lehne mich zurück und warte darauf, dass sie damit herausrückt. Es muss einen guten Grund geben, warum sie eine Stunde durch den Verkehr von Austin gefahren ist, um mich zu sehen.

»Manita, eigentlich bin ich gekommen, um dir einen Vorschlag zu machen.«

Auweia. Wenn sie mit spanischen Kosenamen loslegt, dann habe ich wirklich ein Problem. »Ich bin noch nicht so weit, dass ich als Stripperin arbeite – falls du dir deswegen Sorgen machst, kannst du Mom und Dad sagen, dass sie nicht länger Kerzen in der Kirche anzünden müssen.« Nicht, dass ich es nicht schon in Erwägung gezogen hätte.

»Brady hat einen Freund …«

»Du willst mich verkuppeln? Ich hab dir doch schon gesagt, dass ich kein Bock mehr auf Männer habe.« Denn ich, Victoria Duran, habe dem Sex abgeschworen, ebenso wie allen sexy Mistkerlen. Mit dem liederlichen Leben ist fürs Erste Schluss. Doch die männerlose Diät funktioniert nur, weil ich allen Versuchungen von vornherein aus dem Weg gehe.

»Nein, Tori, ich will dich nicht verkuppeln. Bradys Freund Ethan Carter braucht im Sommer eine Nanny für seine beiden Kinder. Er züchtet Cutting-Pferde, von uns aus ist das bloß ein Stück die Straße weiter.«

Ich überlege mir die Sache für drei Sekunden. »Nein.«

»Was? Warum?« Gekränkt verzieht sie das Gesicht.

»Ich mag keine Kinder.« Das ist nicht ganz gelogen. Kinder erinnern mich an das, was ich mit Jamie haben wollte, und Jamie erinnert mich daran, dass ich eine Närrin bin. Seit dem fiesen Schlag, den er meinem Herz im letzten Sommer versetzt hat, hören sich Kinder irgendwie schriller an. Weinerlicher. So als ob sie mehr Ärger machen, als sie vermutlich wert sind.

»Das ist nicht wahr! Du liebst Kinder. Ich hab dich doch erlebt, mit unseren Cousins und mit Izzy. Du bist ganz wunderbar mit Kindern.«

»Die gehören zur Familie. Ich bin ja verpflichtet, diese Haderlumpen zu lieben.« Schau an, was für ausgefallene Wörter mir manchmal einfallen. Ich habe nicht in allen Klassen im College geschlafen.

Sie fingert am Saum ihrer Bluse herum. »Betrachte es doch einfach als eine Möglichkeit, auf dem rechten Kurs zu bleiben. Mit Kindern bist du immer so verantwortungsbewusst und benimmst dich tadellos.«

Also darum geht es? Sie macht sich Sorgen, dass ich noch immer die Nächte durchfeiere?

Das ist eben das Problem, wenn man mal einen bestimmten Ruf hat. Schwer, den abzulegen oder sogar einen ganz neuen zu erfinden.

Sie wechselt nun in ihre superernsthafte Elternstimme. »Ich finde wirklich, du solltest dir das überlegen.«

»Nein.«

»Victoria.«

»Katherine.«

»Mir ist klar, dass du gerade mitten in einer Krise steckst, die dich an all deinen wunderbaren Fähigkeiten zweifeln lässt, aber du weißt doch, dass du zu den wenigen Menschen gehörst, denen ich Izzy überhaupt anvertraue.« Kat ist tatsächlich extrem fürsorglich, wenn es um dieses Kind geht. Was ich ihr nicht verdenken kann. »Und sie hat im Lauf der Jahre auch nur ganz wenige Schimpfwörter von dir gelernt.«

Ich habe nun mal ein loses Mundwerk, da ist nichts zu machen.

Meine Schwester fuchtelt mit der Hand. »Das Beste hast du noch gar nicht gehört. Unterkunft und Verpflegung sind frei, das heißt, du kannst sparen und im Herbst deine Kurse zu Ende machen.«

»Du möchtest, dass ich auf einer Farm lebe? Hast du den Verstand verloren? Das ist ja mitten im Nirgendwo. Wie soll ich denn dann meinen Job als Barkeeperin bei Wingman’s erledigen?«

»Man nennt es Autofahren. Solltest du mal versuchen.« Sie seufzt. »Denk doch einfach mal dran, wie viel Zeit wir dann miteinander verbringen könnten, und du musst nicht in diesem Loch wohnen, mit all den Zufallsbekanntschaften, die deine Mitbewohner mit nach Hause bringen.«

Der Aspekt ist allerdings verführerisch. Außer … »Mein Wagen läuft gerade nicht.« Der verdammte Rostkübel hat letzte Woche sein Leben ausgehaucht.

»Du kannst dir meinen leihen.«

Gar keine gute Idee, das weiß sie doch.

»Was ist mit meinem Mietvertrag?«, entgegne ich. »Ich kann schließlich nicht Hals über Kopf abhauen.«

»Finde einen Untermieter. Einfach noch einen Mitbewohner an deiner Stelle. Bitte! Das wird einfach großartig!« Meine Schwester schiebt ihre Unterlippe vor. Meine Güte, die Sache ist ihr wirklich wichtig.

»Hör schon auf mit diesem Hundeblick.«

»Du würdest mir und Brady einen solchen Gefallen tun, wenn du das machst.«

Ich hebe eine Augenbraue. »Wieso das denn?«

»Der Arzt hat gesagt, dass es eine Risikoschwangerschaft ist, wegen meines hohen Blutdrucks.«

Jede Zelle in meinem Körper wird plötzlich ganz still.

»Warum hast du mir nicht gesagt, dass du gesundheitliche Probleme hast? Meine Güte, du bist schon eine Stunde hier und rückst erst jetzt damit heraus?« Immer bin ich die Letzte in dieser Familie, die etwas erfährt.

»Ich wollte nicht, dass du dich erschreckst. Eigentlich geht es mir gut. Aber es würde mich so beruhigen, wenn du in der Nähe wärst. Stell es dir nur einmal vor! Du könntest immer zum Essen rüberkommen, und einmal in der Woche könnten wir einen Mädelsabend machen. Izzy wird vor Freude an die Decke gehen, wenn sie dich so oft sieht.«

»Übertreibst du jetzt nicht ein bisschen?«

»Überlegst du es dir mit dem Job?«

Nun ist es an mir, die Augen zu verdrehen. »Als ob ich eine Wahl hätte.«

Sie klatscht in die Hände und wackelt auf diese seltsam schwangere Weise auf der Sesselkante herum. Das ist wohl ihre Art, Freudensprünge zu machen.

»Pass auf, du Walross.« Ich strecke meine Hand aus, um sie abzustützen. »Nicht, dass du noch meine Nichte oder meinen Neffen beschädigst.« Ich kann kaum ein weiteres Augenverdrehen unterdrücken, weil Kat sich weigert, das Geschlecht ihres Kindes zu erfahren.

Meine Schwester grinst mich an. »Ich wusste doch, dass du Kinder liebst.«

»Ich liebe deine Kinder.« Die Klarstellung scheint die Freude meiner Schwester nicht zu trüben. »Aber was, wenn mich die Kinder von diesem Typen nicht leiden können? Oder wenn es verwöhnte Blagen sind? Die ihre Popel essen? Du weißt doch, mit so ekligen Popelfressern komm ich nicht zurecht.«

»Vertrau mir, du wirst diese Kinder lieben, genau wie ihren Vater und die ganze Familie. Versprochen. Außerdem liebst du Pferde. Sicher kann dir Ethan beibringen, wie man reitet. Und …« Meine Schwester verstummt und fingert kichernd an ihrem Haar herum. »Na ja, den Rest wirst du selbst rausfinden.«

Was soll das wohl bedeuten?

Bevor ich meiner Schwester begreiflich machen kann, dass das jetzt wirklich keine gute Idee ist, und dass ich wohl kaum der Mensch bin, dem irgendjemand seine Kinder anvertraut, lehnt sie sich vor und ergreift meine Hand. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet.« Tränen treten ihr in die Augen, und sie blinzelt sie hastig weg. »Als Kinder waren wir so oft voneinander getrennt. Und dich jetzt so nahe zu haben …«

Kurz fährt sie sich mit der Hand übers Gesicht, ein hilfloser Versuch, ihre Gefühle wegzuwischen. Aber es ist zu spät, denn ich bin ihren Erinnerungen bereits gefolgt. Auch meine Augen brennen plötzlich, und all die Scheiße, die ich tief in mir vergraben habe, droht hervorzubrechen.

»Also gut. Dann machen wir das so«, bringe ich heraus. »Aber wenn diese Kinder kleine Teufelsbraten sind, dann geb ich dir die Schuld.«

Sie muss Tränen lachen, und mir wird plötzlich klar, dass ich alles tun würde, um meine Schwester glücklich zu machen. Selbst wenn ich dafür den Sommer in der Einöde verbringen muss, zusammen mit einem Fremden und seinen beiden nervigen Popelfressern.

Kapitel 2

Ethan

»Und sie hat wirklich Erfahrung mit kleinen Kindern?«, frage ich, während ich, das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt, in dem Papierberg auf meinem Schreibtisch nach der Wasserrechnung wühle.

»Hat sie, du alter Schwarzmaler«, knurrt mein Bruder Logan.

Ich reibe mir über die Bartstoppeln. »Was macht Tori denn zurzeit? Warum will sie den Job?« Ich werde nicht jede Dahergelaufene auf meine Kinder aufpassen lassen.

»O Mann, Ethan, vermutlich braucht sie ihn, um ihre Rechnungen zu bezahlen? Wie zur Hölle soll ich wissen, warum sie den Job will? Schau, Kat hat Loblieder auf ihre Schwester gesungen, und du weißt doch, wie verantwortungsbewusst Kat und Brady sind. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie dir eine Kriminelle unterjubeln würden.«

»Ich bin nicht gerade begeistert von der Vorstellung, eine Verwandte von Freunden anzustellen. Was, wenn es nicht funktioniert? Brady ist einer der wenigen Typen in der Gegend, die ich ertrage. Wenn ich seine Schwägerin feuere, wird er mir das übel nehmen – und wer wird dann am Pokerabend für ihn einspringen?«

»Dann feuer’ sie halt nicht, Blödmann. Es geht doch nur um zwei oder drei Monate, nicht um eine Anstellung auf Lebenszeit. Wenn du sie nicht magst, dann sieh einfach zu, dass sie nett zu den Kindern ist, ihnen zu essen gibt und sie nicht randalieren lässt, und ansonsten machst du dein eigenes Ding.« Er lacht. »Und da sagen immer alle, dass du der Schlaue von uns beiden bist.«

Ich muss grinsen. »Weil es die Wahrheit ist, kleiner Bruder.« Ich bin vier Jahre älter als Logan, aber wir haben uns immer nahegestanden. Auch wenn er eine Nervensäge ist.

Manchmal vergesse ich, dass er nicht bei mir wohnt, so oft, wie er mir mit irgendwas in den Ohren liegt. Er und unsere Mutter leben in einem kleinen Haus, das am anderen Ende unseres Grundbesitzes steht. Aber sie sind beide fast täglich hier.

Nach dem Tod meines Vaters hat zwar meine Mutter Carter Cutting Horses geerbt, aber sie wollte nicht die Verantwortung für die Ranch übernehmen, zumal Logan und ich uns um das Tagesgeschäft gekümmert haben, also hat sie uns die Ranch übertragen. Was super war, bis meine Frau sich von mir hat scheiden lassen und seither unseren gemeinsamen Besitz auseinanderreißen will.

Logan räuspert sich. »Sieh es doch mal so. Mit einem Kindermädchen, das bei dir zu Hause lebt, kannst du dich endlich auch mal wieder von der Ranch wegbewegen. Ausgehen, Spaß haben. Wieder mal lachen. Meine Güte, vielleicht sogar Sex haben. In echt. Denn deine Hand oder die Taschenmuschi, die ich dir zu Weihnachten geschenkt habe, zählen doch nicht.«

»Das Ding hab ich eh weggeschmissen. Ich möchte hier kein Sexspielzeug herumliegen haben, wo Mila oder Cody es finden könnten.« Außerdem war es zu eng. »Und ich lache oft.«

Er gibt ein Schnauben von sich. »Blödsinn. Früher warst du mal ein witziger Typ. Jetzt schnauzt du nur noch jeden an.«

Tatsächlich würde ich ihn nun am liebsten anschnauzen, daher zucke ich bloß mit den Schultern. Da ist vielleicht was dran.

Ich wühle in einem weiteren Stapel Post und finde endlich den Umschlag, nach dem ich gesucht habe. »Weißt du, was ich wirklich brauche? Einen neuen Pferdetrainer. Bill hat sich am Rücken verletzt, und wenn ich niemanden finde, der mit den Hengstfohlen arbeitet, dann werden wir nie im Leben zur Herbstauktion bereit sein. Und wenn wir schon davon sprechen, ich brauche auch jemanden, der meinen Schreibtisch in Ordnung hält, bevor ich noch was Wichtiges verpasse. Das ist es, was ich wirklich brauche. Keine Muschi.«

Obwohl ich auch die nicht ablehnen würde. Alleinerziehender Vater zu sein und dabei auch noch diese Ranch zu leiten, das ist ein höllischer Stress. Ich würde echt gerne mal Dampf ablassen. Aber mit Frauen ausgehen? Affären? Ernsthafte Beziehungen? Nein danke. Einmal und nie wieder. Von dem Bombeneinschlag hab ich mich immer noch nicht erholt. Jedes Mal, wenn mir die Scheidungspapiere unterkommen, die im Frühling hier eingetroffen sind, tut es immer noch höllisch weh. Obwohl wir jetzt schon seit über einem Jahr getrennt sind. Wenn die Träume von der eigenen Familie derart in Flammen aufgehen, dann stirbt etwas in dir ab, was du nie wieder zurückbekommst.

Mit einem leisen Quietschen öffnet sich die Tür und Mila steckt den Kopf herein, reibt sich die schlaftrunkenen Augen. Mist, ich hoffe, sie hat mich nicht von Sexspielzeug und Muschi reden hören.

»Hey, meine Kleine. Warum bist du denn aufgestanden?«

»Kann nicht schlafen«, flüstert sie.

Ich setze mich im Ledersessel zurück und klopfe auf meinen Schoß, während ich meinem Bruder sage, dass ich jetzt Schluss machen muss.

»Denk über das nach, was ich gesagt habe«, grummelt er mir noch ins Ohr. »Du kannst nicht die Arbeit von zwei Pferdetrainern leisten, dich um deine Kinder kümmern und auch noch den Bürokram erledigen. Und wenn du Kats Schwester triffst, dann versuch bitte, sie nicht gleich mit deinem üblichen Arschlochgehabe zu verschrecken.«

Typisch mein Bruder, erzählt mir Sachen, die ich eh schon weiß.

»Ja, klar.« Ich lege auf, strecke die Arme nach meiner Tochter aus, die sich an mich kuschelt und das Gesicht in meiner Halsbeuge vergräbt. »Ein schlimmer Traum?« Sie nickt, und ich umarme sie fester. »Da muss ich dich mal ganz lange in den Arm nehmen, was?«

Noch ein Nicken, und ich gebe ihr einen Kuss auf den Scheitel. Mila ist fünf, und seit ihre Mutter und ich uns im letzten Jahr getrennt haben, hat sie immer wieder Albträume. Die Kinderpsychologin hat gesagt, es wäre ganz normal, dass sie nach der krassen Veränderung in ihrer Familie unter Ängsten leidet. Davor war sie jeden Tag mit ihrer Mutter zusammen gewesen, und auf einmal sieht sie diese nur noch jedes zweite Wochenende, wenn sie Glück hat.

Ich versuche, ganz ruhig zu atmen und die Sorgen zu verdrängen, die ich mir um meine Kinder mache. Versuche, durch das ruhige Atmen auch das Gefühl der Verlassenheit, das mich immer noch verfolgt, von mir wegzuschieben. Wenn ich mich so fühle, dann fühlen es auch meine Kinder, das ist mir klar. Ich verstehe immer noch nicht, wie Allison uns verlassen konnte. Wie konnte sie von einer Ehefrau und Mutter wieder zum Single werden und zwei gottverdammte Stunden weit wegziehen? Wenn sie mich nicht mehr liebt, schön. Auch wenn es wehtut, ich habe Verständnis dafür, wenn jemand Abstand braucht. Aber was ist mit den Kindern? Sie haben doch wirklich nichts falsch gemacht.

Eines sagt einem keiner über die Liebe: Sie verwandelt sich verdammt schnell in Hass, wenn der Mensch, den du mal geliebt hast, deinen Kindern wehtut.

Niemand hat Allison gezwungen, nach San Antonio zu ziehen. Was ist jetzt mit den Versprechen, die sie Mila und Cody gemacht hat – dass sie im Handumdrehen hier wäre, falls die beiden sie je brauchten? Haben sich schneller in Luft aufgelöst als der Staub hinter ihrem Wagen, als sie davongefahren ist.

Meine Mutter hat geholfen, so gut sie nur konnte, aber bei ihrer Arthritis, und so wie die Kinder sie anstrengen, muss ich eine andere Lösung finden. Ich werde nicht zulassen, dass sie ihren Plan aufgibt, in diesem Sommer ihrer Schwester in Chicago zu helfen, denn ich weiß sehr wohl, dass sie mal eine Pause braucht. Wenn ich also nicht bis zur nächsten Woche eine Babysitterin finde, stecke ich echt in der Scheiße.

Kat ist ein Schatz. Wenn ihre Schwester auch so liebenswert und geduldig ist, dann wird bestimmt alles gut gehen.

Das Problem ist nur, dass ich meine Kinder noch nie jemandem außerhalb der Familie anvertraut habe, und es passt mir überhaupt nicht, jetzt damit anzufangen. Schon gar nicht bei all den Horrorgeschichten, die man immer wieder in den Nachrichten hört. Wen auch immer ich anstelle, ich werde ihn auf Herz und Nieren überprüfen. Verdammt, wenn es möglich wäre, dann würde ich ihren SAT-Test, ein psychologisches Profil und sämtliche College-Unterlagen verlangen. Ich finde, wenn es um Menschen geht, die mit deinen Kindern zu tun haben, kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Ich bin schon bei den Leuten vorsichtig, die hier auf der Ranch arbeiten, aber die sind immerhin schon seit Jahren hier, also kenne ich sie und ihre Familien. Und sie kennen mich gut genug, um zu wissen, dass ich mit einem gottverdammten Gewehr umgehen kann.

Milas Atem wird allmählich ruhiger. Nicht mehr lange, und sie ist eingeschlafen. Sehr vorsichtig, um sie nicht zu wecken, stehe ich auf und trage sie den Flur hinunter, lege sie sanft in ihr Bett. Ich will gerade die Decke über sie ziehen, da sticht mir etwas Glänzendes neben ihrem Kissen ins Auge.

Es ist das gerahmte Foto von dem Kamin im Wohnzimmer.

Auf dem Bild sind Allison und ich zu sehen, Arm in Arm. Sie hält den neugeborenen Cody im Arm, Mila umschlingt wie ein kleines Äffchen meinen Hals. Wir sehen so verdammt glücklich aus. Zur Hölle, ich war auch wirklich glücklich.

Ich dachte, meine Frau wäre es genauso. Wie sich herausstellte, hatte ich mich geirrt.

Allison hatte gesagt, es wäre genau das, was sie wollte – ein Leben auf der Ranch, Kinder, am Wochenende Barbecue mit unseren Familien. Ein einfaches Leben voller Liebe und Lachen.

Nur, dass sie die Kinder dann zu meiner Mutter oder meinem Bruder abgeschoben hat, wann immer es möglich war, und dass sie Pferde hasste. Ich verstehe nicht, wie man Pferde hassen kann, aber sie tat es.

Ich bin kein Unmensch. Mir ist klar, dass die ganze Hausarbeit hart ist. Ich hab getan, was ich konnte, hab an Zwölfstundentagen mit den Pferden gearbeitet und versucht, den Laden auf Kurs zu halten. Aber ich bin nicht so wohlhabend wie die Familie, aus der sie stammt, also konnte ich ihr nicht den Luxus bieten, mit dem sie aufgewachsen war.

Butler? Hausmädchen? Chauffeur? Sorry, keine Chance. Ich hab es nur geschafft, das Haus zu renovieren, damit sie sich darin wohler fühlte.

Traurigkeit überkommt mich, wenn ich in unsere Gesichter auf dem Foto blicke. In die Hoffnung in meinen Augen. Ich dachte, ich könnte alles haben.

Du dummes Arschloch.

Den Fehler werde ich nie wieder machen.

Es passierte so schnell. An einem Abend saßen wir noch beim Abendessen und machten Pläne fürs Wochenende, am nächsten packte sie schon ihre Sachen und streckte mich mit jenen vier tödlichen Worten nieder: Ich will die Scheidung.

Ich reibe mir mit der Hand übers Gesicht, frage mich immer noch, ob sie mich – und das Leben, das wir uns zusammen aufgebaut hatten – überhaupt je geliebt hat, oder ob sie immer schon einen Groll hatte.

Das werde ich vermutlich nie erfahren, denn das würde ja voraussetzen, dass wir uns irgendwie verständigen können, und in letzter Zeit haben wir uns nur angebrüllt. Ich weiß nicht recht, ob das besser ist als das eisige Schweigen, mit dem sie mich davor bedacht hat. Gibt es denn keinen Mittelweg, können wir nicht wie zwei Erwachsene miteinander reden?

Das Schlimmste aber, das, was mich nachts wach hält, der Stachel in meinem Fleisch, den ich einfach nicht herausziehen kann: Würde ich morgen aufwachen und sie auf der Eingangstreppe wiederfinden, und würde sie mir gestehen, dass sie mich immer noch liebt, mich anflehen, dass wir wieder eine Familie werden? Dann würde ich sie wahrscheinlich zurücknehmen.

Wenigstens würde ich dann nicht mehr mit anhören müssen, wie meine Kinder nachts weinen, während sie alte Fotos umklammern, weil sie ihre Mama vermissen. Ich kann ohne Liebe leben, aber ich glaube nicht, dass meine Kinder das können.

Kapitel 3

Ethan

»Guten Morgen, meine Schöne«, murmle ich mit etwas kratziger Stimme, denn die letzten Stunden habe ich nur in Gesellschaft von Pferden verbracht. »Zeigst du den Rabauken, wo’s lang geht?« Die Stute wiehert, während ich ihr die Mähne bürste.

Die Hengstfohlen auf der anderen Seite des Stalles sehen mich mit großen Augen an. Ich könnte schwören, sie wissen, dass ich von ihnen spreche. Pferde sind viel klüger, als Menschen sich das vorstellen können.

Ich ziehe meine Baseballkappe nach hinten und wische mir den Schweiß von der Stirn. Es ist noch nicht sieben Uhr morgens, doch die Luft ist bereits drückend und schwül. Heute wird es eine Gluthitze geben.

An Tagen wie diesen versuche ich, so früh wie möglich zu den Ställen am anderen Ende meines Grundbesitzes zu gehen, meistens gegen vier Uhr morgens, denn ab zehn oder elf wird es fürs Reiten zu heiß. Dafür muss ich dann wieder bis zum frühen Abend warten, aber so ist Texas nun mal im Sommer.

Den ganzen Morgen denke ich schon über die gestrige Unterhaltung mit meinem Bruder nach und frage mich, wie ich jemanden finden soll, der sich auch nur halb so liebevoll um meine Kinder kümmert wie meine Mom. Das erscheint mir ganz unmöglich.

Als meine Neun-Uhr-Reitschülerin eintrifft, ist meine Laune auf dem Tiefpunkt.

Düster blicke ich dem BMW entgegen, der in die Auffahrt einbiegt, und mir entfährt ein Stöhnen. Mallory Mathers ist reicher als der liebe Gott und bezahlt mir eine obszöne Menge Geld dafür, dass ihr Stutfohlen hier im Stall steht, ich es ausbilde und ihr Unterricht gebe. Aber im Gegenzug zahle auch ich einen hohen Preis. Sie treibt mich gleich aus mehreren Gründen in den Wahnsinn: Erstens ist sie eine Freundin meiner Frau, und unsere Familien kennen sich schon ewig. Zweitens macht sie mich jedes Mal an, und ich weiß allmählich nicht mehr, wie ich ihr klarmachen soll, dass ich kein Interesse habe. Und drittens brauche ich im Augenblick das Geld, muss mich also zusammenreißen.

»Wie macht sich mein Mädchen heute, Ethan«, flötet sie, als wir den Stall betreten, und wirft sich das rote Haar über die Schultern.

Diesmal muss ich mich nicht zu einem Lächeln zwingen, schließlich geht es um Pferde. »Sie macht sich großartig. Ein Naturtalent.« Baby Got Back ist noch jung, also lasse ich es langsam angehen, doch bei ihrem Stammbaum, dem kraftvollen Körperbau und ihrem Cow Sense würde ich sagen, dass Mallory eine Siegerin besitzt.

Bei den Cutting-Turnieren geht es um eine Menge Geld. Solche Prämien könnte ich gerade gut gebrauchen, aber vor allem ist es der Wettkampf, den ich immer geliebt habe. Doch der Gedanke an eine Rückkehr auf den Turnierplatz ist bittersüß, also schiebe ich ihn beiseite und konzentriere mich auf das Fuchsfohlen vor mir.

Es ist schon eine besondere Veranlagung nötig, damit ein Tier eine 600-Pfund-Kuh angeht und sie von der Herde abschneidet. Cutting-Pferde werden speziell darauf gezüchtet: Sie müssen sehr beweglich sein und blitzartig stoppen, wenden und Rinder von der Herde abtrennen können. Baby wird sich nicht nur im Turnier großartig machen, sie könnte auch mal ein unglaubliches Arbeitspferd werden, wenn ihre Besitzerin das bräuchte.

Angesichts von Mallorys Designerklamotten scheint das allerdings unwahrscheinlich. Auch wenn sie ein bisschen was von Pferden versteht, Mallory hat wohl eher den Pferdesport im Sinn als die Arbeit an der Herde. Na ja, was weiß ich schon.

»Hast du andere Kleider mitgebracht? Die feinen Sachen wirst du dir beim Reiten schmutzig machen.«

Ihre dick bemalten Lippen verziehen sich zu einem kleinen Lächeln. »Das alte Zeug?« Sie lacht, und bei dem Geräusch schreckt Baby in ihrer Box auf. »Macht mir nichts aus, mich beim Reiten ein bisschen schmutzig zu machen.« Kurz berührt sie mich an der Schulter und kann zum Glück nicht sehen, wie ich die Augen verdrehe.

Vermutlich sollte ich mich darüber freuen, dass mir eine attraktive Frau solche Avancen macht. Als ich auf meine dreckigen Stiefel und Hände hinunterblicke, kann ich nichts als einen schmuddeligen Rancher erkennen, der andere Leute trainiert und zu Siegen verhilft.

Wie geht noch mal das alte Sprichwort – wer selbst nichts schafft, wird Lehrer? Das trifft auf mich zu.

Aber alles Selbstmitleid der Welt wird mich nicht dazu bringen, mich für jemanden aus Allisons Freundeskreis zu interessieren.

Mallory krault Baby hinterm Ohr. »Meinst du, ich kann sie bald reiten?«

»Nein.« Die Frau fängt an zu jammern, als wäre sie meine fünfjährige Tochter, und ich muss mich beherrschen, sie nicht aus meinem Stall zu werfen. »Willst du ihr schlechte Angewohnheiten beibringen? Vielleicht abgeworfen werden, weil ihr noch nicht so weit seid – weder du noch das Pferd? Dann nur zu. Ansonsten wirst du auf einem von meinen Pferden Unterricht bekommen, so lange, bis Baby mit dir zurechtkommen kann.«

Nach einem kurzen Duell der Blicke stößt sie einen Seufzer aus. »Dein Vater war freundlicher.«

Was sie nicht sagt. »Tja, er ist nicht hier, also mach mal hin, Prinzessin.«

Bei der Erwähnung meines Vaters sackt meine Laune vollends in den Keller. Dad war ein Meister darin, Cutting-Pferde zu reiten, und wurde von allen, die hier trainiert haben, geliebt. Bei seinem Charme und seiner Gabe, mit Menschen umzugehen, hätte Mallory es vermutlich für ihre eigene Idee gehalten, eins der anderen Pferde zu reiten.

Ich hab für so was keine Zeit.

»Na los. Bringen wir’s hinter uns.«

Mallory verdreht die Augen, doch dann holt sie ihre Sachen, damit wir anfangen können.

Als ich sie nach dem Unterricht endlich losgeworden bin, reite ich rasch noch ein weiteres Pferd, bevor es zu heiß wird. Am Ende brennt mein Gesicht unter der sengenden Hitze. Ich stapfe zum Hahn an der Seite des Stalls und beuge mich hinunter, um mein Gesicht abzukühlen, aber es kommt nur lauwarmes Wasser.

»Verdammt.« Ich wische mir noch einmal übers Gesicht und sage meinen beiden Mitarbeitern, dass ich für ein paar Minuten ins Haus gehe und sie mittagessen gehen sollen. Ich wünschte, wir könnten schon Schluss machen, ich könnte den Rest meiner Arbeit am Abend erledigen, wenn es kühler ist. Aber das kommt nicht infrage, wenn ich meine Kinder füttern, baden und ins Bett stecken will, bevor heute Abend ein potenzieller Käufer vorbeikommt, um sich einen unserer Jährlinge anzusehen.

Meine Stiefel wirbeln Staub auf, als ich über das offene Land vor unserem Haus laufe. Aber ich liebe diesen Weg. Stolz überkommt mich, als ich über ein Feld voller Löwenzahn und Disteln auf mein Haus zugehe. Ich habe es von meinen Eltern geerbt und mir den Arsch aufgerissen, es in Schuss zu halten. Ich hoffe, es eines Tages an meine Kinder zu übergeben, damit sie einen guten Start ins Leben haben, so wie Logan und ich.

Mein Bruder hat auch ein Haus geerbt, auf der anderen Seite des Grundbesitzes, den wir um des Geschäfts willen teilen. Nachdem Allison gegangen ist, hab ich mich gefragt, ob es nicht einfacher wäre, wenn meine Mutter wieder zurück zu mir und den Kindern zieht, anstatt bei Logan zu leben, aber ich fürchte, das würde meine Abhängigkeit noch verstärken. Die Frau muss auch mal ausspannen können, und das würde sie in meinem Haus nie schaffen.

Als ich die Hintertür öffne, kommt Mila auf mich zugestürmt, Cody tapst hinterher. »Im Haus wird nicht gerannt.«

Mila bremst etwas ab, sodass Cody geradewegs in sie hineinschlittert. Zehn Schritte hinter ihr folgt meine Mutter in schwerfälligem Gang.

»Alles in Ordnung, Ma?«

Sie verdreht die Augen. »Natürlich ist alles in Ordnung. Aber diese kleinen Rabauken werden immer schneller.«

»Untersteh dich, ihnen nachzulaufen.«

»Denen fällt ständig neuer Blödsinn ein, also sag mir nicht, was ich tun soll, solange du nicht eine Babysitterin findest.«

Bei ihrem schnippischen Tonfall muss ich grinsen. »Ich arbeite dran, versprochen. Nicht mehr lange, dann schlürfst du mit Tante Hazel Sekt-Orange. Du wirst die Hosenscheißer noch vermissen.«

»Das ist wohl wahr.« Sie tätschelt mir die Wange, als wäre ich noch ein kleiner Junge, dann schlurft sie meinen Kindern hinterher.

Ich mache mich auf den Weg in die Küche, den Teil des Hauses, der mir am wenigsten lieb ist. Alles darin erinnert mich an meine Frau. Die Leuchtleisten und der Profiherd. Die Arbeitsflächen aus dunklem Marmor und das teure Kochgeschirr. Der ganze Scheiß, den sie unbedingt haben wollte, aber nie benutzt hat oder auch nur zu schätzen wusste.

Wenigstens kann ich mich jetzt an dem riesigen doppelten Spülbecken waschen, ohne dass sie sich darüber aufregt.

Ich ziehe mir das schweißdurchtränkte T-Shirt über den Kopf und ducke mich unter den Hahn, lasse mir das kalte Wasser über Kopf und Nacken laufen. Wenn mich bei dem jähen Temperaturwechsel bloß nicht der Schlag trifft.

An der Stelle hat sich Allison immer beschwert und gesagt, ich sei wohl im Stall groß geworden. Womit sie nicht ganz unrecht hatte.

Ich drehe gerade den Hahn wieder zu, als ich eine vertraute Stimme höre.

»Hey, bist du dahinten?«, ruft mein Bruder.

»Ja. Küche.«

Schritte im Flur, während ich nach einem trockenen Geschirrtuch greife. In meinen Augen brennt der Schweiß, also brauche ich ein paar Versuche, bis ich die richtige Schublade finde.

Schließlich halte ich das Tuch in Händen und drücke es mir gegen das Gesicht. Hinter mir ertönt ein Räuspern.

Als ich mir das Gesicht abgetrocknet habe und die Augen aufschlage, blicke ich Logan ins Gesicht. Er sieht wie eine Katze aus, die einen Käfig mit Kanarienvögeln umschleicht. Ich sehe auch gleich den Grund.

Er ist nicht allein.

»Ich dachte, ich bringe Kat und ihre Schwester einfach mit, dann könnt ihr euch mal unterhalten.«

Ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus, als ich nun die beiden Frauen an seiner Seite bemerke.

»Hallo Kat.« Zum Gruß hebe ich kurz die Hand.

»Hallo Nachbar.« Sie lächelt mich herzlich an und streicht sich mit der Hand über den gewölbten Bauch. Dann gibt sie der Frau neben sich einen kleinen Stups. »Das ist meine jüngere Schwester Tori.«

Jetzt erst sehe ich mir die Schwester genauer an. Verdammter Logan.

Mein Blick schießt zu Logan zurück, der inzwischen so breit grinst, dass ich seine Backenzähne zählen könnte. Ich weiß genau, was er da treibt, und werfe ihm einen wütenden Blick zu. Mein Bruder ist ein noch schlimmerer Kuppler als meine Mutter, und seinem Blick nach zu schließen geht es hier um mehr, als eine Babysitterin zu finden.

Manche Männer stehen ja auf Titten. Andere eher auf Ärsche. Bei mir sind es die Haare. Deswegen war ich ja auch so enttäuscht, als Allison sich gleich nach der Hochzeit die Haare hat abschneiden lassen und sie seither kurz trägt.

Ich starre Tori an, der eine lange dunkle Mähne über die Schultern fällt, als wäre sie eine Meerjungfrau. In dem weißen Tanktop, den kurz abgeschnittenen Jeans und einem Paar abgetragener, derber Stiefel sieht sie aus, als sei sie einer schmutzigen Cowboy-Fantasie entsprungen. Lange Beine. Endlose Kurven. So viel nackte Haut. Ich kann kaum einen Seufzer unterdrücken.

Große braune Augen blicken mich an, ungeniert mustert sie mein Gesicht, meine Brust, meine Tattoos … ich blicke an mir herunter und mir wird klar, dass ich nur in Jeans dastehe, mir das Wasser über den Körper läuft und der Küchenboden mit Strohhalmen und anderem Zeug übersät ist.

Ich räuspere mich. »Bitte entschuldigt, meine Damen. Ich hab heute mit den Pferden gearbeitet. Wenn ich gewusst hätte, dass ihr vorbeikommt …«

Mein Bruder lacht. »Unsere Pferde sind die einzigen Wesen, die Ethan ertragen, denn Gastfreundschaft ist wirklich nicht seine Stärke. Aber sein Barbecue ist verdammt gut.«

Mit einem Stirnrunzeln wendet sich Kat an Logan. »Ich dachte, du hättest das mit ihm ausgemacht.«

Ja, klar. Dann hätte ich ihn ganz sicher auf einen anderen Tag vertröstet.

Logan fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Ich habe erwähnt, dass ihr vielleicht vorbeischaut. Er muss es vergessen haben.«

»Na, hör schon auf. Du weißt ganz gut, dass du mir nichts gesagt hast«, raunze ich ihn an, zunehmend genervt, derart überfallen zu werden. Mit einem Seufzer wende ich mich an die Frauen. »Ich muss mich umziehen. Gebt mir fünf Minuten und glaubt nichts, was aus seinem Mund kommt. Ernsthaft, Logan, ich hab grad echt keine Zeit für den Scheiß.« Heute Abend wird ein potenzieller Käufer aus Dallas kommen, und meine To-do-Liste ist einfach abartig lang. Das ist nun wirklich nicht der Tag für ein Vorstellungsgespräch mit Ariel, der Meerjungfrau. Und ja, ich kenne jede verdammte Disney-Figur. »Nächstes Mal gibst du mir eine Vorwarnung.«

Kats Tochter Izzy schielt hinter dem wallenden Kleid ihrer Mutter hervor und winkt mir zu. »Hallo, Mr Ethan.«

Mist. Ich hätte in ihrer Gegenwart nicht fluchen sollen. »Hey, meine Kleine. Ich hab dich gar nicht gesehen.« Sie ist etwa zwei Jahre älter als meine Tochter.

Izzy zwinkert und winkt noch einmal, und ich mache hilflos eine alberne Geste mit den Fingern.

Kat verdrückt sich ein Lächeln, doch Tori sieht überhaupt nicht amüsiert aus. Tatsächlich sieht sie grad genauso genervt aus, wie ich mich fühle. Hoffentlich ist das Vorstellungsgespräch schnell vorbei. Denn ganz offensichtlich wird das nicht passen. Und nach meiner Erfahrung soll man nichts erzwingen, was nicht zusammengehört.

Kapitel 4

Tori

Ist der Typ unhöflich. Meine Haut kribbelt geradezu vor Ärger. Und Kat hätte ruhig erwähnen können, dass er aussieht wie einer der Hemsworth-Brüder.

Ich lege die Hand auf den Bauch, um meine Nerven zu beruhigen. Die Vorstellung, bei einem Fremden zu wohnen, ist schon schlimm genug – dann aber auch noch bei einem, der so sexy ist? Ein Bild von einem Mann, noch dazu mit Tattoos? Er sieht aus, als stiege er in seiner Freizeit mit Bären in den Ring. Der steht definitiv nicht auf meinem Diätplan.

Ethan schleudert einen Notizblock auf die Kücheninsel, als hätte ihn das Ding persönlich beleidigt, und bedeutet mir dann mit einer Geste, mich auf einen der Barhocker zu setzen.

Verdammt, ich wünschte, Kat wäre nicht mit den Kindern spielen gegangen, denn jetzt bin ich allein mit Mr Ich-hab-ein-Sixpack-und-superschlechte-Laune. Wenn er mich nicht hierhaben will, dann sollte er mich doch einfach bitten zu gehen.

»Wie alt bist du?«, fragte er ohne jede Überleitung.

Ich freue mich auch, dich kennenzulernen, Arschloch. Wie kommt es eigentlich, dass umwerfende Männer Frauen immer wie Dreck behandeln? Ja, umwerfend ist er wirklich. Vermutlich Ende zwanzig. Groß, mit zerzaustem blondem Haar und Dreitagebart. Strahlend blauen Augen, nach denen ich mich sofort umdrehen würde, wenn der Typ in meine Bar käme. Und diese Bauchmuskeln, die er mir da vor ein paar Minuten präsentiert hat? Mit all dem Wasser, das über die kleinen Dellen gelaufen ist? Wahnsinnig sexy. Aber nach meiner Erfahrung bedeutet eine hübsche Verpackung unweigerlich Ärger.

»Ich bin dreiundzwanzig.«

Er verzieht das Gesicht. »Kommen wir gleich zur Sache«, sagt er, eine Hand auf die Arbeitsfläche gestützt. »Wenn ich jemanden anstelle, dann wird diejenige auf Herz und Nieren überprüft, inklusive Fingerabdrücke. Wenn es also in deiner Vergangenheit irgendwelche komischen Sachen gibt, dann solltest du mir das jetzt sagen.«

Die Hitze steigt mir in die Wangen. »Wie reizend.« Ich erwidere seinen finsteren Blick. Meine Schwester hat sie ja wohl nicht mehr alle, wenn sie glaubt, dass das hier funktionieren könnte. Wo ich auch noch im gleichen Haus wie der Kerl wohnen soll? Er und ich, wir würden uns an die Gurgel gehen. Sie weiß doch, dass ich keine Geduld mit überheblichen Arschlöchern habe. Die Schwangerschaftshormone müssen ihr das Hirn verwässert haben, wenn sie denkt, das könnte klappen. »Ich glaube kaum, dass ich deine tolle Sicherheitsüberprüfung bestehen würde. Ich bin mal dafür verhaftet worden, dass ich Koks von den Titten einer Nutte gezogen hab«, fauche ich ihn an.

Er verdreht die Augen.

Mein Blick wird noch wütender. »Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob ich Kinder leiden kann. Aber wenn ich den Job übernehme, kann ich in der Nähe meiner Schwester sein, die eine Risikoschwangerschaft hat. Nur, ich will ehrlich sein – dein Benehmen ist echt unterirdisch. Wenn du uns hier nicht haben willst, dann hättest du das einfach sagen sollen, anstatt dich so aufzuführen.« Bin ich jetzt zu dramatisch? Vielleicht. Aber wenn ich mal in Fahrt komme, kann ich mich nicht mehr beherrschen. »Weißt du was? Vergiss es. Ich kann mir echt nicht vorstellen, hier zu leben und mich rund um die Uhr mit dir abzugeben.«

»Warum sagst du nicht in aller Klarheit, was eigentlich dein Problem ist?« Er stößt ein kurzes Lachen aus, reibt sich übers Kinn und murmelt dann: »Du klingst wie meine Exfrau.«

Wir starren uns an. Ich hebe die Augenbrauen, und durch meinen Ärger hindurch wird mir allmählich bewusst, wie albern diese Situation ist. Aber jede Erwähnung von Ehefrauen, Exfrauen oder Exfreundinnen reicht schon, um mich zur Weißglut zu bringen.

Er räuspert sich und fragt: »Was stimmt nicht mit Kat? Ich dachte, es läuft alles gut.«

»Hoher Blutdruck.«

Er blickt zum anderen Raum hinüber, wo sich Kat und Izzy zusammen mit Logan aufhalten. »Das kommt ziemlich häufig vor. Aber sie sieht prima aus. Ich bin sicher, es wird alles gut gehen.«

Ich nicke und zähle die Sekunden, bis ich hier raus kann.

Plötzlich wird mir bewusst, was ich anhabe – kurze Shorts und die alten Stiefel, die mir meine Zimmergenossin aus dem zweiten Studienjahr überlassen hat. Als mich meine Schwester gebeten hat, sie für ein paar Tage zu besuchen, da hatte ich nicht erwartet, dass sie mich bei erster Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch zerrt. Ich habe Kleider mitgebracht, um auf ihrer Farm abzuhängen, ihre Wäsche zu machen und vielleicht für sie zu kochen, aber nicht, um hier vor diesem Erschießungskommando zu erscheinen. Auch noch in diesem Wahnsinnshaus.

Ich hasse es, dass mich so was immer unvorbereitet trifft. Immer stehe ich als traurige Figur da, die Hilfe braucht. Die nicht gut genug ist. Mein ganzes Leben geht das schon so.

Scheiße.

Meine Augen brennen, und ich blinzle die Tränen weg. Vor diesem Typen werde ich nicht weinen.

Als ich Luft hole, muss ich leise schniefen. Verdammt.

»Hey, tut mir leid«, brummt er. »Ich wollte nicht wie ein Arsch rüberkommen.«

»Na ja, das tust du aber schon.« Ich schüttle den Kopf, will ihm nicht in die Augen sehen. »Aber keine Sorge, ich geh gleich.« Wieder muss ich schniefen. »Tut mir leid, dass wir dir den Nachmittag verdorben haben.«

Ich rutsche vom Hocker, wische mir rasch über die Augen und stolziere davon, um meine Schwester zu suchen, die mit Izzy auf dem Boden des Wohnzimmers sitzt. Zwei andere Kinder springen um sie herum. Warum um Himmels willen sitzt sie auf dem Boden?

»Tori!«, ruft das kleine Mädchen.

Das muss Mila sein, Ethans Tochter. Was für ein niedliches Kind.

Sie kommt mir bekannt vor. Wahrscheinlich habe ich diese Kinder auf einem der Feste gesehen, die meine Schwester auf ihrer Farm veranstaltet hat. Mila rennt auf mich zu und wirft sich mir entgegen. Ich fasse nach ihr und versuche, die Balance zu halten, damit wir nicht beide umkippen. Doch bevor das passieren kann, fühle ich einen starken Griff.

Der Atem stockt mir, als ich in diese intensiven blauen Augen blicke, und ich bekomme am ganzen Körper eine Gänsehaut. Rasch schüttele ich Ethans Hand ab und wende mich seiner Tochter zu.

Ich gehe in die Knie und lächle sie an. Wieder muss ich schniefen. »Hey, Mila. Lange nicht gesehen! Wie geht es dir, meine Kleine?«

Sie wirft die Arme um meinen Hals und umarmt mich fest. »Bist du gekommen, um Verkleiden zu spielen?« O mein Gott. Was für ein süßes Kind. »Kat hat gesagt, du spielst das gern. Weißt du noch, wie du mir das Gesicht bemalt hast? Können wir das noch mal machen? Das war toll.« Vage erinnere ich mich an eine jüngere Mila, die mich bittet, ihr einen Schmetterling auf die Wange zu malen. Dann tritt sie einen Schritt zurück und zieht mit besorgter Miene die Oberlippe hoch. »Oder bist du gekommen, um mit meiner Mom zu sprechen? Die wohnt nicht mehr hier. Sie hat gesagt, sie kommt dieses Wochenende, aber ich weiß nicht …« Große Tränen treten in ihre Augen. »Manchmal kommt sie nicht.«

Oh, scheißescheißescheiße.

»Weißt du was? Ich spiele furchtbar gern Verkleiden. Ich wette, du hast ganz tolle Sachen. Vielleicht sogar eine Tiara?« Sie blinzelt sehr schnell und nickt wie eine Wackelkopf-Puppe. »Hab ich! Mein Vater hat mir eine geschenkt. Die ist sooo hübsch!«