Isarflirten - Jaromir Konecny - E-Book

Isarflirten E-Book

Jaromir Konecny

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Beschreibung

Flirt am Fluss Marvin liebt Emilia. Nur Emilia liebt Marvin nicht. Noch nicht. Sie hält ihn für - na ja, zumindest nicht so toll, wie den Typen, den sie auf der Party an der Isar kennenlernt. Den findet Marvin wiederum nicht gerade umwerfend. Doch ein Sommerabend an der Isar bringt alles durcheinander ...

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Seitenzahl: 61

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Jaromir Konecny

Isarflirten

Eine Liebesgeschichte

Deutscher Taschenbuch Verlag

Ich bin solo

Ich bin solo wie eine Eiskunstläuferin im Einzellauf der Damen: nur du und das Eis, das bis jetzt niemand gebrochen hat. Allein! Und das noch mit siebzehn. Meine beste Freundin Sarah hat schon seit einem halben Jahr einen Freund: Von ihrem Michael redet sie ständig. Sollte ich mich endlich anpassen und mir auch einen Freund zulegen? Irgendeinen Freund:

Auch wenn er Fußball spielt.

Auch wenn er sich jedes Fußballspiel im Fernsehen anschauen muss.

Auch wenn er während der WM Fußballsticker sammelt.

Auch wenn er nur am Computer zockt.

Auch wenn er zum Date nicht kommt, weil er zocken musste.

Auch wenn er nur »passt schon« sagt.

Auch wenn er überhaupt nicht redet.

Nur Marvin möchte ich nicht zum Freund haben. Da bin ich mir hundertprozentig sicher. Ich gucke aus dem Fenster, Marvins Auto ist aber schon längst weg.

»Lia!«, ruft Mama aus der Küche. Ich gehe zu ihr. Nach den zwei Wochen bei meiner Schwester Alina hat sie mich vor ein paar Minuten noch überschwänglich begrüßt, danach musste sie sich aber sofort wieder ihrem neuen Freund Jörg widmen. Jetzt will sie mich wieder sehen. Meine Mama ist immer für eine Überraschung gut – vor allem was Männer angeht. Ihr neuer Lover Jörg erfüllt meine obige Liste tadellos:

 

Jörg spielt Fußball.

Jörg schaut sich jedes Fußballspiel im Fernsehen an.

Jörg sammelt Fußballsticker – zumindest bin ich davon fest überzeugt.

Jörg zockt – zu allem Überfluss die blödsinnigsten Spiele für kleine Jungs an seinem iPhone, das Jörg überall herumzeigt, als wäre es eine Reliquie: »Hast du schon mein neues iPhone gesehen?«, fragt Jörg mich immer, wenn er mich sieht.

Zu seinem letzten Date mit meiner Mutter ist Jörg nicht gekommen, weil er Kopfschmerzen hatte – faule Ausrede, sicher hat er gezockt. Mama hat’s aber geglaubt, weil sie ständig Kopfschmerzen hat. Bekommen Männer auch Kopfschmerzen? Das muss ich noch nachprüfen.

Statt »passt schon« sagt Jörg »aha!«. Ja! Das Gespräch mit Jörg setzt sich aus lauter Ahas zusammen. Ich vermute, Jörg hört einem gar nicht zu, doch ich muss zugeben: Seine Ahas platziert er im Gespräch echt gekonnt.

 

Warum Mama mit Jörg trotzdem schon seit zwei Monaten zusammen ist, kann ich leicht erklären: Weil Fredy, ihr vorletzter Freund, sie ständig mit langweiligem Zeug vollgelabert hat: »Weißt du, Emma? Heute hat mir mein Boss gesagt, ich bin der Beste in der Abteilung. Das sagt er wirklich nicht zu jedem. Wir haben in der Arbeit neue Computer bekommen und ich …« Laber, laber, laber. Da ist mir Mamas ältere Schwester Heike lieber, sie redet auch ständig, aber nur über ihre Krankheiten. Locker erzählt Tante Heike uns einen ganzen Familiengeburtstag hindurch, wie man in der Klinik in Neuperlach ihre Hühneraugen operiert hat. Wegen Fredy ist Mama so schnell auf den schweigsamen Jörg hereingefallen. Sie meint, das Schweigen von Jörg sei der Ausdruck seines Tiefsinns. Dass Jörg schweigt, weil er einfach nichts zu sagen hat, fällt meiner Mama nicht ein. Noch nicht. Mann! Bin ich zu den Männern aber ungerecht. Das hängt mit meiner Vorgeschichte zusammen. Klar? Als ich klein war, kannte ich einen Mann sehr gut – und der war immer betrunken.

Ich rausche in die Küche ein. Nur Mama steht dort. Jörg ist im Bad oder poliert draußen sein Auto – das macht er gern. Mamas schöne neue Lederjacke hängt über der Stuhllehne. Schade. Sicher nimmt Mama die Jacke mit nach Starnberg. Gleich fahren Jörg und sie zum Baden. Eigentlich wollte ich mir am Abend ihre Lederjacke ausleihen, wenn ich zu Sarahs Party gehe. Leider bewacht Mama ihre Kleider, als ob sie nur ihr gehörten und sie die Sachen nicht mit ihrer siebzehnjährigen rechtmäßigen Tochter teilen müsste, also mit mir. Nur wenn Mama über Nacht bei Jörg bleibt, wie heute, kann ich mir ihre Jacken ohne großen Stress ausleihen. Jetzt nimmt sie die Jacke aber mit. Voll blöd.

Meine Mama steht ganz aufgelöst in der Küche – gerührt, glücklich: »Schau, Lia, was Jörg mir geschenkt hat.« Sie lässt an ihrem Zeigefinger eine Halskette mit einem goldenen Anhänger baumeln. »Ein Familienerbstück. Schon Jörgs Uroma hat das getragen.« Ich gucke mir den Anhänger an: ein Bär? Oh Gott! Freut Mama sich, dass Jörg ihr einen Bären aufgebunden hat? Ist der Bär nicht das Sinnbild des Bösen? Der russische Bär nicht ständig betrunken? Am liebsten würde ich sie umarmen und mich an ihrer Brust ausweinen. Was geht in mir vor? Als ob ich verliebt wäre und wüsste es nur noch nicht.

Männerspiele

Dabei hat die Geschichte ganz harmlos mit Babysitten angefangen: Zwei Wochen lang sollte ich mich in den Ferien um Hannah und Maxi kümmern, die dreijährigen Zwillinge meiner Schwester Alina. Alina ist fünfundzwanzig. Ich kann mir nicht vorstellen, schon mit zweiundzwanzig Kinder zu bekommen wie sie. Das wäre in fünf Jahren! Bevor ich Kinder bekomme, muss ich ein Jahr lang durch die ganze Welt reisen, dann Journalistik studieren und anschließend wieder durch die ganze Welt reisen und für Zeitungen Berichte über meine Reisen schreiben. Später dann Reisebücher. Seit ich klein war, habe ich einen Traum: Alle Länder der Welt liegen auf meiner Handfläche und ich puste darauf und schon stehe ich im Palast von Knossos auf Kreta oder halte von einem Boot auf dem Ussuri Ausschau nach dem sibirischen Tiger. Wäre es nicht schön, die ganze Welt zu sehen, bevor sie endgültig zu einer Ballung gleicher Großstädte aus Plastik, Stahl und Beton wird? Gleich im nächsten Jahr nach dem Abi will ich fahren. Nur eine große Frage beschäftigt mich: Mit wem unternehme ich meine erste Weltreise?

Das Startkapital dafür hätte ich. Das Webdesign-Büro von Alina und ihrem Mann Axel hatte einen eiligen Auftrag bekommen: In zwei Wochen mussten sie die Internetpräsenz einer großen Firma an den Start bringen. Meine Schwester macht das Grafikdesign, Axel programmiert. Alina hat mir zweitausend Euro angeboten, wenn ich bei ihnen zwei Wochen lang wohne und mich um die Kinder und den Haushalt kümmere. Am Anfang der Sommerferien durfte ich also gegen Entlohnung mit den zwei Süßen Hannah und Maxi in einem Städtchen im Süden von München spielen. Zwei Wochen nach meinem Babysitten sollte ich mit meiner Mama und Jörg nach Portugal fliegen – an die Algarve. Darauf hab ich mich schon gefreut. Meine Mama ist Lehrerin. Mein Vater Alkoholiker. Schon vor Jahren aber nach Hamburg gezogen. Seitdem haben wir von ihm nichts gehört. Nur neblig erinnere ich mich an die Streitereien zwischen Mama und ihm. Vielleicht wollte ich deswegen schon als kleines Kind wegfahren. Weg vom Hauskrieg. Wahrscheinlich habe ich aber mein Fernweh von meiner Mama geerbt, sie hat mir früher oft Geschichten über exotische Länder vorgelesen: Reise- und Abenteuerbücher über Marco Polo, dessen Reiseerlebnisse mir wochenlang Tagträume bescherten, obwohl Marco Polo selbst gesagt haben soll: »Ich habe nicht die Hälfte dessen erzählt, was ich gesehen habe!« Doch die Bücher des Reiseschriftstellers Richard Halliburton haben mich endgültig mit der Reiselust berauscht. Die habe ich in der achten und neunten Klasse auf Englisch gelesen. Auch ich muss unbedingt einmal im Heiligtum der Maya in der Ruinenstätte Chichén Itzá baden, wo die Maya vor Jahrhunderten Jungfrauen für den Regengott geopfert haben: Eine Jungfrau bin ich ja selbst, nur will ich noch nicht geopfert werden. Meine Jungfräulichkeit geopfert habe ich auch noch nicht. Kein passender Maya-Prinz ist bis jetzt aufgetaucht. Nur Typen wie Marvin.