It's all about people - Kerstin Raschke - E-Book

It's all about people E-Book

Kerstin Raschke

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Beschreibung

Ein Buch aus der Praxis für die Praxis, geschrieben für alle, die struktur-gebend an der Gestaltung von Transformationsprozessen beteiligt sind. Im komplexen Umfeld von Organisationen treffen sie tagtäglich weitreichende Entscheidungen und führen sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Kerstin Raschke beschreibt aus dem Füllhorn ihrer Erfahrungen wertvolle Aspekte ihrer Arbeit mit Organisationen und den Beteiligten. Aus ihrer systemischen Haltung heraus wahrt sie jederzeit den Blick auf das Ganze und beachtet drei Perspektiven in gleichem Maße: Strukturen für Klarheit und Freiräume, Systeme mit den ihnen eigenen Gesetzmäßigkeiten und Personen, die mit ihrer Individualität das Geschehen bestimmen. Im Zentrum steht der einzelne Mensch in seiner Funktion als Teil des Systems. In der vertrauensvollen Arbeit mit Führungskräften fokussiert sich Kerstin Raschke auf deren Stärken im Kontext ihres Umfelds. Ein wertvolles Instrument in diesem Ansatz ist die Birkman Method® mit ihren fundierten Einblicken in die einzelne Persönlichkeit. Bei der Entwicklung von Teams ermöglichen die Profile ein tieferes Verständnis der Beteiligten füreinander und einen wohlwollenden Umgang miteinander.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Über die Autorin - Kerstin Raschke

Kerstin Raschke studierte Betriebswirtschaftslehre an der FernUniversität Hagen und Volkswirtschaftslehre an der University of Dundee in Schottland, doch ein besonderes Interesse entwickelte sie für das Thema Unternehmensführung. Seit 2001 ist sie als Managementberaterin selbständig tätig und gründete 2012 ihre eigene Marke, Walking in Business®. Sie begleitet Transformationsprozesse in Organisationen und ist mit ihrem systemischen Blick eine geschätzte Sparringspartnerin für die beteiligten Führungskräfte und Leitungen. Zu ihrem langjährigen Kundenkreis zählen Konzerne ebenso wie Einheiten der öffentlichen Verwaltung, familiengeführte Unternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Ein wichtiger Baustein ihrer Arbeit ist die Birkman Method® und sie ist seit Jahren unter den Top Ten Consultants im deutschsprachigen Raum. Die mehrdimensionale Persönlichkeitsanalyse ist im Coaching und zur Selbstreflexion ebenso wertvoll wie in der Entwicklung einer gelungenen Kommunikationskultur in Teams.

Im Rahmen ihres ehrenamtlichen Engagements gehört sie zum Leitungsteam der Deutschen Gesellschaft für Systemaufstellungen in NRW und leitet den Arbeitskreis ‚Gesundheit für Körper-Geist-Seele‘.

Als Mutter einer Tochter und Großmutter eines Enkels sind ihr systemische Themen und die unterschiedlichen Persönlichkeiten nicht nur im professionellen Kontext, sondern auch auf familiärer Ebene bestens vertraut.

Kerstin Raschke ist inspiriert von der Idee eines wohlwollenden Umgangs miteinander und eines Raums jenseits der Vorstellung von richtig und falsch, in dem jede*r einen guten Platz hat. Der Wunsch, Persönlichkeiten in ihrer Individualität zu achten, ist verbunden mit der Überzeugung, gemeinsam passende Lösungen für das jeweilige System finden zu können.

Gewidmet Helena Rose, meiner Tochter

Geschrieben für alle, die Menschen lieben und Freude an ihrer Entwicklung haben

Ich bin neugierig …

… und wollte schon immer wissen, was Menschen bewegt so zu handeln, wie sie handeln. Was hat meine Mutter veranlasst, sich für uns Kinder unermüdlich zu engagieren und uns gute Wege zu ebnen? Wie gelang es meinem Vater, sein Lachen und seine Zuversicht zu bewahren? Später in der Schule begegneten mir sehr unterschiedlichen Menschen mit ihren Regeln und Erwartungen. So lernen wir sozusagen im Vorbeigehen eine Vielzahl an Maßstäben und Weltsichten kennen.

Das Thema ‚Systeme‘ und unsere Zugehörigkeit zu ihnen bleibt uns ein Leben lang treu. Im Berufsleben wählen wir bewusst ein Unternehmen, für das wir arbeiten und uns engagieren möchten. Wir begegnen Kollegen und Kolleginnen, die uns mehr oder minder wohl gesonnen sind und gehen mit ihnen ein Stück unseres Lebensweges. Auch hier stellt sich die Frage, was ihr Verhalten prägt und wie sie ihre Entscheidungen treffen. Wie fügen wir uns selbst in das System ein?

Neue Ideen, die Welt zu verstehen, lernte ich später in Form von Modellen kennen, die mir Einsichten und Erkenntnisse schenkten und in denen es richtig oder falsch gab. Doch die Realität, in der wir uns bewegen, ist mehr als ein Modell und manche Einflussfaktoren sind unbekannt oder für uns nicht einschätzbar. Es gibt einen Kontext zu beachten und Wechselwirkungen, die bestenfalls bedingt vorhersehbar sind.

Die Begrenztheit klassischen Modelldenkens unter der Annahme, (fast) alles sei wissenschaftlich-logisch erklärbar, wird uns zunehmend bewusster. Eine deterministische Sichtweise aus Ursache und Wirkung mit ableitbaren Konsequenzen, reicht nicht mehr, die Phänomene zu erklären, die wir jeden Tag um uns herum erleben.

Die Komplexität der Welt, der Gesellschaft, der Menschen hat zugenommen und es braucht neue Ansätze zur Erklärung und zum Verständnis. Alles wirkt aufeinander und miteinander, Zyklen werden kürzer und (globale) Wirkungsgrade größer. Es reicht nicht mehr aus, die Wirklichkeit über Modellannahmen zu vereinfachen und mit den daraus gewonnenen Ergebnissen zu arbeiten. Es braucht eine bewusste Akzeptanz von Komplexität und die Fähigkeit, mit ihr umzugehen.

Organisationen sind mehr als Strukturen und Prozesse, innerhalb derer eine Leistung erbracht wird. Es sind soziale Systeme, in denen Menschen sich begegnen und gemeinsam handeln. Ihre vielfältigen Weltbilder, die unterschiedlichen Sichtweisen und ihr individuelles Verhalten bestimmen darüber, was geschieht und wie es geschieht. Es bleibt komplex.

Was tragen wir selbst zu dem bei, was wir um uns herum wahrnehmen? Wie prägen wir das Geschehen mit? Welchen Einfluss haben wir darauf?

Führungskräfte übernehmen in Organisationen strukturgebende Funktionen. Sie sind Teil dieses Systems und tragen eine besondere Verantwortung, sei es für die Mitarbeitenden oder die Ergebnisse. Sie nehmen direkten Einfluss, gestalten mit ihrem Verhalten das Geschehen und den Rahmen für den Umgang miteinander.

Transformationsprozesse sind ein natürlicher Bestandteil sowohl in Organisationen als auch in unserem Leben. Wir stellen uns laufend den kleineren und größeren Herausforderungen, auf die wir in privaten oder beruflichen Kontext treffen. Wie begegnen wir ihnen? Wie gehen wir mit ihnen um?

Zur Zeit sind wir mit Anforderungen jüngerer Generationen an eine für sie passende Arbeitswelt konfrontiert, mit einem Mangel an Fachkräften, der zu Engpässen führt, und Arbeitsformen wie Homeoffice oder Workation. Das Verhalten Einzelner und das Verständnis für andere gewinnt zunehmend an Bedeutung, denn Mitarbeitende verlassen nicht das Unternehmen, sie verlassen die Führungskräfte.

Das Buch wendet sich an Interessierte, die tagtäglich in dieser Komplexität Entscheidungen treffen und das Geschehen in Organisationen beeinflussen. Dazu gehören Führungskräfte und strukturgebende Personen ebenso wie beratend Unterstützende mit ihrem Blick von außen.

Teil I beschäftigt sich mit drei Perspektiven, die jederzeit ineinandergreifen und gleichzeitig zu beachten sind, wenn Transformationsprozesse gelingen sollen: Strukturen und Abläufe, die zum Purpose passen; Systeme, die ihren eigenen Regeln folgen; Menschen, die mit ihrer individuellen Persönlichkeit das Geschehen prägen. In der systemischen Sichtweise stellt jeder Eingriff eine Intervention dar, die in ihrer Wirkung nicht vorhersagbar ist.

Führungskräfte sollten sich selbst gut kennen und eine klare Idee von der Komplexität der Umgebung haben, in der sie sich bewegen. Sie sollten sich ihrer eigenen Verhaltensweisen und Reaktionsmuster bewusst sein, denn nur wer sich selbst kennt, kann andere führen. Die Birkman Method® und ihre mehrdimensionale Persönlichkeitsanalyse ist seit Jahren integraler Bestandteil meiner Arbeit und wird in Teil II ausführlich vorgestellt.

‚Führung‘ als Beziehungsmanagement ist das zentrale Thema in Teil III. Je nach Persönlichkeit und individuellem Reifegrad wird sie sehr unterschiedlich gelebt und kommen Stärken und Bedürfnisse zum Ausdruck.

Welche Verhaltensaspekte sind im Umgang mit Mitarbeitenden und Vorgesetzten relevant? Was braucht ein ‚High Performing Team’ und wie gelingt es, eines zu entwickeln? Mit welchem Selbstbild begegnen wir der Welt und welches Bild haben andere von uns?

Den Abschluss bildet im Teil IV eine Auswahl konkreter Beispiele aus meinem Erfahrungsschatz. Sie wurden von den Beteiligten freundlicherweise freigegeben und erlauben einen lebendigen Blick auf Anwendung und Wirkung im Arbeitsalltag.

Ich würde mich freuen, wenn dieses Buch als eine Einladung zu einer Reise verstanden wird, die unsere innere Landkarte ergänzt, neue Perspektiven öffnet und alternative Handlungsoptionen anbietet.

Viel Freude beim Lesen und Erleben

Kerstin

Ergänzende Anmerkung

Die in diesem Buch beschriebenen Inhalte entsprechen dem Selbstverständnis und der Vorgehensweise von Walking in Business®, einer Marke, die ich 2012 gegründet habe. Sie zeichnet sich durch eine systemische Haltung bei der Begleitung von Organisationen und Menschen in Transformationsprozessen aus. Die Persönlichkeit von Leitung und Führungskräften mit ihren prägenden Eigenschaften sind das zentrale Element in der Managementberatung.

Im individuellen Coaching und Sparring arbeite ich intensiv mit dem Ansatz The Birkman Method®. Er wurde in den 1960er Jahren von Roger Birkman in den USA entwickelt und findet weltweit Anwendung in der Persönlichkeitsanalyse.

Die erläuterten Zusammenhänge spiegeln die Art, wie ich mit dem Birkman® Ansatz arbeite und er sich für meine Kunden und Kundinnen als geeignet und nützlich erwiesen hat. Alle Erläuterungen und Beispiele basieren auf Erlebnissen und Erkenntnissen aus meiner langjährigen Beratungspraxis.

Im Folgenden wird für Walking in Business® auch die Kurzform WiB genutzt.

Für The Birkman Method® wird die Bezeichnung Birkman® genutzt.

Übersicht zum Buch

Inhaltsverzeichnis Teil I

TEIL I - ORGANISATION ALS SYSTEM

1 Willkommen in der Komplexität

1.1 Unternehmen als soziale Systeme

2 Strukturen schaffen Freiräume

2.1 Organigramm - Wie sind wir aufgebaut?

2.2 Prozesslandkarten - Wie läuft’s bei uns?

2.3 Mandate - Selbstverständnis im Job

2.4 Erwartungen - Was wird gewünscht?

2.5 Übersicht - Freiräume durch Strukturen

3 Ordnungen im System

3.1 Neu im Team - Ein guter Platz

3.2 Dauer der Zugehörigkeit

3.3 Führung im Team - und im Vakuum

4 Funktion und Person

4.1 Persönlichkeiten - Menschen und Funktionen

5 Lösungen, die gelingen

5.1 Alles ist Intervention

5.2 Der Weg in die Wirkung

5.3 Außen und doch Teil des Ganzen

5.4 Mit den Perspektiven arbeiten

Teil I beschreibt den systemischen Blick auf eine Organisation und die Aspekte, die es für den Umgang mit Komplexität in Transformationsprozessen braucht.

Neben den drei entscheidenen Perspektiven Struktur, System, Person und ihre jeweiligen Instrumente wird die Rolle von Beratenden in einem System beleuchtet.

Der Zusammenhang von Interventionen und ihre Wirkung in Systemen ist bei jeder Arbeit mit Organisationen zu beachten und für den Gestaltungsprozess relevant.

Inhaltsverzeichnis Teil II

TEIL II - THE BIRKMAN METHOD

®

1 Ich erkenne mich und sehe Dich

2 Birkman

®

- ein mehrdimensionaler Blick

2.1 Interessen - Was mich motiviert, antreibt

2.2. Normalverhalten - Besondere Stärken

2.3 Bedürfnisse - So geht es mir gut

2.4. Stressverhalten - Die Bombe explodiert

3 Nebeneinander statt Gegeneinander

3.1 Die Welt ist so, wie ich sie sehe - oder?

3.2. Die Komponenten und ihre Farben

3.3 Mal so, mal so - Wie bin ich wirklich?

3.4. Niemand versteht mich mich - Bin ich ‚anders‘?

Zusammenfassung - Birkman

®

Profil

Teil II erläutert die Grundlagen der Birkman Method® und die Schwerpunkte, mit denen ein Persönlichkeitsprofil bei Walking in Business® ausgewertet wird.

Es geht um den motivierenden Effekt unserer Interessen, um die Kraft unserer Stärken und die Anforderungen, unter denen wir sie einsetzen können. Sind diese Bedürfnisse nicht erfüllt, zeigt sich unser individuelles Stressverhalten.

Jede*r sieht die Welt aus der eigenen Perspektive und in ihrer individuellen Einzigartigkeit. Das Wissen um die Ausprägung unserer Verhaltenskomponenten erlaubt einen bewussten Umgang mit uns selbst und mit anderen.

Inhaltsverzeichnis Teil III

TEIL III - FÜHRUNGS-MENSCHEN

1 Führungs-Menschen

2 Spannungsfeld der Führung Mitarbeitende / Vorgesetzte / Organisation

3 It’s all about people

3.1 Auf den Punkt - Bewusstheit / Nachdenken Emotionale Energie

3.2. Mitten drin und immer da - Soziale Energie / Körperliche Energie / Ruhelosigkeit

3.3 Von Vorgaben und Strukturen - Bestimmtheit / Beharrlichkeit / Anreize

3.4. Teams entwickeln und gestalten

4 Führung hier - Mitarbeiter*in dort

4.1 Führung macht einsam - oder: Wer lobt mich?

4.2. Anerkennung für uns als Person

3.3 Anerkennung für unsere Leistung

3.4. Anerkennung für die eigenen Emotionen

5 Entwicklung in Organisationen - ein Möglichkeitsraum

5.1 Darf ich vorstellen: Mein Bild von mir selbst

5.2. 360

o

-Feedback - Das fremde Bild

6 Reifegrad der Persönlichkeit

6.1 Reifegrad 1 - „Genau so bin ich und das ist gut so“

6.2. Reifegrad 2 - „Das könnte ich mal ausprobieren“

6.3 Reifegrad 3 - „Auf in neue Begegnungs-Welten“

Teil III beleuchtet das Thema ‚Führung‘ als Beziehungsmanagement unter verschiedenen Gesichtspunkten und im Kontext der Birkman® Komponenten.

Inhaltsverzeichnis Teil IV

TEIL IV - AUSGEWÄHLTE BEISPIELE

1 Führungs-Menschen - Wie sie uns begegnen

2 Chef bei Gründung - Begeisternd und flexibel

3 Unternehmen oder Familie - Wer bin ich?

4 Führen über Strukturen - Für die Harmonie

5 „Da könnte auch eine 120 stehen“ - Der empfindliche Manager

6 Die ruhebedürftige Macherin

7 ‚Bedenkenträger‘ nerven - oder: Haben sie einen guten Punkt?

8 „Puh, ist das anstrengend“ - Jenseits des sozial bevorzugten Verhaltens

9 „Höre mir doch einfach zu!“ - oder: Wie halte ich Emotionen aus?

10 Wohlwollen - oder: Was wäre wenn?

Basis dieser ausgewählten Beispiele sind Menschen und Situationen aus meiner Beratungspraxis. Es sind Konstellationen, deren Themen mir häufiger begegnet sind und in diesem Sinne stehen dahinter gleichzeitig mehrere Personen.

Es sind Bilder für Erfahrungen, die auch andere in ähnlichen Kontexten erlebt haben. Die Beteiligten haben dafür einen Rahmen zur Verfügung gestellt, im Vertrauen auf die Achtsamkeit im Umgang mit den Inhalten.

Teil l

Organisation als System

Die Wirklichkeit ist komplex

Strukturen schaffen Freiräume

Systeme haben Ordnungen

Personen leben Funktionen

Interventionen sind wirksam

ÜBERSICHT TEIL I

TEIL I

ORGANISATIONEN ALS KOMPLEXE SYSTEME

1 Willkommen in der Komplexität

„Für jedes komplexe Problem gibt es eine einfache Lösung, und die ist die falsche.“

(Umberto Eco)

Bei dem Gedanken an ein Unternehmen oder eine Organisation stellen sich sogleich konkrete Fragen: Wofür gibt es sie und welche Leistungen werden erbracht? Wie ist die Struktur und wer trägt welche Verantwortung? Wer darf wem etwas sagen? Wo sind Prozesse anzupassen oder zu optimieren? Wie viel Geld wird mit welchen Produkten und Leistungen verdient?

Die Antworten definieren den unternehmerischen Rahmen und sollten leicht zu geben sein. Schließlich sind die Fragen klar und sachlich formuliert, das kann ja nicht so schwierig sein. Doch bei genauerem Hinsehen sind es immer wieder die gleichen Fragen, die sich stellen, und die Gründe dafür liegen nicht nur in den sich laufend verändernden Rahmenbedingungen des Umfelds, der Beschaffungs- und Absatzmärkte oder in technischen Entwicklungen, die eine kontinuierliche Anpassung erfordern. Es gibt offenbar noch andere Faktoren, die zu berücksichtigen sind, wenn Organisationen nachhaltig und erfolgreich bestehen bleiben möchten.

In der rationalen Welt der Wissenschaft werden zur Beantwortung betriebswirtschaftlicher Fragestellungen Modelle entwickelt und z.B. Produktionsgleichungen optimiert. Mit dem bewussten Setzen von Nebenbedingungen wird versucht, sich der Realität anzunähern, um eine möglichst hohe Aussagefähigkeit der Ergebnisse zu erreichen. Die Modelle in der Volkswirtschaftslehre basieren auf gesetzten Annahmen, innerhalb derer argumentiert wird und sobald sie verändert werden, ergeben sich andere Schlussfolgerungen. Das Gleiche geschieht bei den Modellen zur Wettervorhersage oder Klimaentwicklung.

Warum lassen sich die Dinge nicht genau berechnen, einschätzen und vorhersagen?

Eine Organisation, Gesellschaft oder Nation besteht aus vielen einzelnen Aspekten, die zusammenwirken und in ihrer Gesamtheit das Geschehen bestimmen. Es sind komplexe Systeme, in denen alle Elemente ineinandergreifen und wir daher nur bedingt vorhersagen können, wie sich Maßnahmen und Veränderungen auswirken.

Ob die Welt um uns herum komplexer wird oder wir die bereits vorhandene Komplexität bewusster wahrnehmen, in jedem Fall sind wir aufgefordert, uns mit ihrer Nicht-Berechenbarkeit auseinanderzusetzen. Es erfordert einen Paradigmenwechsel in unserem Denken und in unserer Haltung: Ein Sich-Lösen von der Vorstellung, wir könnten alles durchdringen und vorhersagen, hin zur Akzeptanz einer bleibenden Ungewissheit. Es ist eine Transformation im Denken: Von einer Entweder-oder-Betrachtung hin zu einer Sowohl-als-auch-Haltung, in der Sichtweisen, Meinungen, Lebensformen nebeneinander bestehen dürfen.

1.1 Unternehmen als soziale Systeme

Mitarbeitende verlassen kein Unternehmen, sie verlassen ihre Führungskraft.

Wir alle sind immer und überall eingebunden in Systeme. Bereits mit der Geburt werden wir Teil des Systems ‚Herkunftsfamilie‘ und gehören Zeit unseres Lebens dazu. Es gibt Regeln und Ordnungen, die bei Nichtbeachtung zu Störungen führen. Selbst Ereignisse aus der Vergangenheit gehören zu einem System, beeinflussen unser Handeln und sind selbst ohne unser Wissen darum in ihrer Wirkung erlebbar.

Wer sich mit Familiengeschichten beschäftigt, ist oft erstaunt, wie sich bestimmte Muster wiederholen, über Generationen hinweg tauchen sie unerwartet auf, als wären sie in das Kollektiv der ‚Sippe‘ eingeschrieben und würden in Variationen laufend neu erzählt. Bei Familienunternehmen ist dieser Zusammenhang besonders auffällig und der Blick in die Geschichte der Familie ist spätestens dann ratsam, wenn es zu Störungen innerhalb der Organisation kommt. Oftmals liegt der erste Schritt zur Lösung in der Familie selbst, in dem Anerkennen von etwas Vergangenem oder der Integration von etwas Ausgeschlossenem, bevor sich im Unternehmen nachhaltige Veränderungen zeigen.

In unsere Familie werden wir hineingeboren und unser Platz darin kommt mit der Geburt. Die Zugehörigkeit zu einer Organisation wählen wir selbst und können sie auf Wunsch wieder lösen. Doch solange wir dazugehören, sind wir Teil des Systems und der damit verbundenen Komplexität. Schauen wir uns also zunächst ein Unternehmen und seine wesentlichen Elemente mit dem System-Modell an.

Ausgangspunkt der Überlegung ist der Zweck einer Organisation, der Grund für ihre Existenz. Es ist der eigentliche Sinn, von dem alle weiteren Überlegungen ausgehen und entsprechend sind Struktur und Abläufe an diesem Purpose ausgerichtet.

Bei inhabergeführten Unternehmen ist der Purpose von der Intention der Eigentümer geprägt. Das kann durchaus etwas anderes sein, als nach sachlichen Überlegungen und allgemeinem Verständnis zunächst logisch erscheinen mag.

Ausgehend vom Purpose einer Organisation ergeben sich die dazu passenden Produkte oder Dienstleistungen. Dabei ist einerseits das konkrete Angebotsportfolio zu entscheiden und andererseits die Frage zu klären, was nicht dazu gehören soll, d.h. eine bewusste Fokussierung und Abgrenzung vorzunehmen.

BEISPIEL

Ein ambulanter Pflegedienst für Menschen mit Behinderung führte eine Diskussion, welche Leistungen er anbieten möchte. Sind es ausschließlich Maßnahmen zur Pflege, mit denen Kundinnen und Kunden medizinisch gut versorgt sind? Oder bedeutet der eigentliche Zweck, ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen? Mit dieser weiter gefassten Definition ist das Angebotsportfolio um entsprechende Leistungen zu ergänzen.

In der Folge bedeutet das zusätzliche Mitarbeitende mit entsprechender Qualifikation und eine Anpassung von Organisation und Abläufen.

Der Purpose einer Organisation ist eng mit dem Selbstverständnis aller Beteiligten und der Bedeutung ihres eigenen Beitrags verknüpft. Diese Sinnhaftigkeit hat eine hohe Wirkung auf Mitarbeitende, auf ihre Verbundenheit mit der Organisation und die Bereitschaft für ihr Engagement.

Die Klärung des Purpose und die Definition der angebotenen Leistungen stehen in direktem Zusammenhang mit der Frage nach den passenden Kundengruppen. Bleiben wir bei unserem Pflegedienst, stellt sich die Frage, ob eher lokal oder regional angeboten werden soll und wo die Grenzen gezogen werden. Bei der Betrachtung von Erträgen handelt es sich in erster Linie um monetäre Faktoren. Es können darüber hinaus immaterielle Aspekte berücksichtigt werden, wie der gute Ruf oder Marktanteile.

BEISPIEL

Eine Gruppe mehrerer geschäftsführender Gesellschafter wunderte sich, warum die Umsätze zwar immer reichten, um die Kosten zu decken und die Angestellten zu entlohnen, aber nicht wirklich viel für sie selbst übrig blieb.

Bei der Analyse des Unternehmenszwecks stellte sich schnell heraus, wie sehr sie ‚Unternehmertum’ ideologisch (ab)werteten und gleichzeitig mehr als ein ‚netter Haufen‘ sein wollten. Erst nachdem sie hier eine gemeinsame Entscheidung getroffen hatten ‚Wir sind Unternehmer’, änderte sich die Situation. Sie passten Leistungen, Strukturen, Abläufe und Preise an und begannen, Gewinne zu erzielen.

Schauen wir in Unternehmen hinein, so geht es um Mitarbeitende, um Ausstattung und die Organisation von Abläufen. Wie viele Arbeitskräfte werden benötigt und mit welchen Qualifikationen? Ist die erforderliche Ausstattung vorhanden, um die gewünschten Leistungen erbringen zu können? Ist sie auf dem aktuellen technischen Stand oder stehen Investitionen an? Die Bedeutung dieser Fragen wurde mit Beginn des Lockdowns während der Corona-Pandemie schlagartig deutlich, als viele Mitarbeitende plötzlich vor der Herausforderung standen, von zuhause zu arbeiten und Homeoffice zur Normalität wurde.

Die Abläufe innerhalb einer Organisation sind oft über die Zeit gewachsen, haben eine mehr oder weniger klare Struktur und sind selten wirklich eindeutig und transparent. Die Klärung von Zuständigkeiten erweist sich oft als dringender Handlungsbedarf, weil sich Rahmenbedingungen sowohl innen als auch außen laufend verändern, Anpassungen notwendig werden und nur punktuell erfolgen.

Was nun hält die inneren Komponenten einer Organisation zusammen, also Mitarbeitende, Ausstattung und Abläufe? Es ist die gelebte Kultur des Unternehmens, die ihren Ausdruck in der Art und Weise findet, in der Führung und Zusammenarbeit im Alltag erfahren werden. So wie der Purpose die Wirkung nach außen definiert - in den Produkten, Kundengruppen und Erträgen - prägt die Kultur das Geschehen nach innen: Im Umgang mit den Mitarbeitenden, in der Bereitstellung der geeigneten Ausstattung sowie in den tatsächlichen Abläufen und in den gelebten Entscheidungsprozessen.

Zur Vervollständigung des Bildes sind je nach Unternehmen weitere Variablen aus dem Umfeld zu berücksichtigen: Märkte, auf denen agiert wird; Investoren und sonstige Personengruppen mit einem besonderen Interesse am Unternehmen (Stakeholder); gesetzliche Rahmenbedingungen, die zu beachten sind; Technologien, die neu entstehen oder nicht weiterentwickelt werden.

Führungskräfte sind in diesem Gefüge strukturgebend und übernehmen eine besondere Verantwortung sowohl für die Leistungserbringung im Sinne des Unternehmenszwecks als auch für die Mitarbeitenden, die daran beteiligt sind.

In welchem Maße dieses geschieht, hängt von der Ebene ab, auf der Führung stattfindet. Die Unternehmensleitung als oberste Ebene trägt eine andere Art von Verantwortung als z.B. eine Schichtführung in einem Produktionsunternehmen. Die Größe des eigenen Einflussbereichs ist unterschiedlich und doch gibt es Aspekte, die sie alle verbinden. Unabhängig davon, ob sie Leitung oder Führungskraft sind, es sind die Personen, die in hohem Maße bestimmen, was in ihrem relevanten System geschieht, d.h. innerhalb ihres eigenen Verantwortungsbereichs.

BEISPIEL

In einem Produktionsbetrieb sind im Bereich der Weiterverarbeitung Mitarbeitende aus der Arbeitnehmerüberlassung eingesetzt, d.h. sie sind nicht vom Unternehmen selbst eingestellt.

In einer Nachtschicht kommt es zu rassistisch begründeten Auseinandersetzungen und Handgreiflichkeiten.

Der anwesende Schichtführer kennt die klaren Vorgaben, wie innerhalb des Unternehmens mit solchen Situationen umzugehen ist. Sie spiegeln eindeutig die Haltung der Leitung und entsprechen der gelebten Kultur.

In der konkreten Situation steht der Schichtführer als Führungskraft in der Verantwortung, die Eskalation zu beenden und die Beteiligten mit Unterstützung des Wachdienstes des Geländes zu verweisen.

Das SystemModell ist ein Abbild des Unternehmens, in dem sichtbar wird, wie die inneren und äußeren Aspekte ineinandergreifen und sich gegenseitig beeinflussen, keiner ist unabhängig von den anderen. Wie in einem Mobile führen Bewegung und Veränderung eines Elements gleichzeitig oder versetzt zu Reaktionen des gesamten Gefüges. Auf welche Weise, in welchem Maße und wann genau die Wirkung sich zeigt, ist nur bedingt vorherzusehen.

System-Modell

Abbild der Organisation als System

Bisher haben wir auf die einzelnen Elemente des Systems ‚Organisation‘ geschaut, die interdependent miteinander verbunden sind, d.h. es besteht eine Abhängigkeit zwischen ihnen und keines ist unabhängig vom anderen. Jede Veränderung eines Elements wirkt sich auf die anderen aus. Diese Grundstruktur ist auf jede Organisationsform anwendbar, wobei die Ausprägung der einzelnen Variablen je nach Art und Größe des Unternehmens natürlich sehr unterschiedlich sein kann.

ANMERKUNG

Was sind die Wechselwirkungen, die Interdependenzen innerhalb eines System-Modells?

Störungen in den Abläufen haben Probleme bei der Leistungserstellung zur Folge, die wahrscheinlich zu einer Unzufriedenheit bei den Kunden und Kundinnen führen und letztendlich geringere Erträge bedeuten.

Sind betriebliche Abläufe nicht gut organisiert oder entspricht die vorhandene Ausstattung nicht den Anforderungen, können Mitarbeitende

ihre Aufgaben nicht wie gewünscht erbringen und es entstehen Störungen mit den entsprechenden Folgekosten und Ertragsminderungen.

Der Zweck einer Organisation, der Purpose, gibt allen Beteiligten einen sinnstiftenden Rahmen für ihren individuellen Beitrag und bildet eine Art Kontext für ihr Handeln.

Die gelebt Kultur bestimmt den Umgang miteinander sowie die Art und Weise, wie das System insgesamt und die Beteiligten auf äußere und innere Herausforderungen reagieren, wie sie sie bewältigen und lösen.

Bei allem Kostenbewusstsein in Organisationen wird der Aufwand, der durch ungeklärte Zuständigkeiten, suboptimale Prozesse, verdeckte Konflikte und mangelnde Kommunikation entsteht, meist als gegeben hingenommen. Auf die Frage ‚Wie viel Ihrer Arbeitszeit verbringen Sie mit solchen Klärungen?‘ kommt als Antwort eine Zahl zwischen 25% und 30%. Anders ausgedrückt entfallen ca. 20% der Lohnkosten auf vermeidbare Reibungsverluste. Bewusst würde das niemand investieren wollen.

Wenden wir uns einer existierenden Organisation in der realen Welt zu, erhöhen wir den Komplexitätsgrad noch ein wenig, denn hinter all diesen Elementen stecken Menschen. Wie wir gesehen haben, sind alle Aspekte in Bezug zueinander zu betrachten, da alle aufeinander einwirken. Hinter (neben, unter) diesem formalen System existiert das soziale System der Menschen, die hier agieren. Sie füllen es mit Leben und bestimmen damit, was geschieht.

System-Modell

über die Funktionen zu den Personen

Die Verflechtung der einzelnen Personen, die zu einem System gehören, ist in ihrem Ausmaß und ihrer Komplexität zu jedem Zeitpunkt vorhanden, doch nur in Teilen abbildbar. Stellen wir uns die Kantine einer größeren Organisation vor: Wer geht mit wem essen? Wer kennt sich woher, aus aktuellen oder früheren Arbeitszusammenhängen, und tauscht sich bereichsübergreifend aus? Wer mag wen oder wer mag wen nicht? Wer versteht sich mit wem und klärt ‚mal eben‘ und ‚auf dem kleinen Dienstweg‘ Themen, die für andere (potenzielle) Störfelder bedeuten?

Besonders deutlich werden diese ungeschriebenen Gesetzte, wenn es Plätze gibt, die stillschweigend reserviert sind und frei gehalten werden: Nur bestimmte Personen dürfen dort sitzen und niemand würde es wagen, dort Platz zu nehmen, außer den Neuen, die das (noch) nicht wissen!

Die verschiedenen Beziehungen, die innerhalb eines Systems existieren, sind hier skizzenhaft abgebildet und wir erhalten einen guten Eindruck von der Vielfalt und dem Grad der Verflechtung, mit der wir es bei Systemen zu tun haben. Nehmen wir an, es tauchte an einer beliebigen Stelle eine für alle wichtige Information auf. Welchen Weg würde sie wohl nehmen? Welcher wäre schneller: Der formal festgelegte oder der im sozialen System angelegte? Und wenn wir dazu noch annehmen, es handele sich um eine unvollständige oder nicht korrekte Information, dann sind wir mitten auf dem Feld von ‚Gerüchteküche‘ und ‚Flurfunk‘.

Soziales System

mit dem Beziehungsgeflecht der beteiligten Menschen

Komplexität lässt sich nicht reduzieren, auch wenn zuweilen gern so getan wird, als folgten alle Beteiligten sachlichen Argumenten und regelten Themen auf eine rationale Weise. Das erfolgreiche Gestalten von Transformationsprozessen und Veränderungen innerhalb eines Systems setzt die Fähigkeit voraus, Komplexität anzuerkennen und mit ihr umzugehen. Der erste Schritt zur Lösung liegt in der Reduktion der für ein Anliegen wichtigen Elemente. Schauen wir auf das so bestimmte ‚relevante System‘, lässt sich Komplexität sichtbar machen und wir erhalten einen Einblick in die wesentlichen Zusammenhänge. Auf diese Weise können wir es erkunden, die wichtigen Informationen zum System lesen und gewinnen neue Sichtweisen und Handlungsoptionen.

Das Verständnis einer Organisation als System mit den beschriebenen Elementen und dem ihm innewohnenden sozialen Beziehungsgeflecht ist das Verständnis, das diesem Buch zugrunde liegt. Bei der Arbeit in Unternehmen und mit Führungskräften ist der Bezug zum System und der eigenen Funktion darin jederzeit im Blick zu behalten. Für eine lösungsorientierte Herangehensweise ist die vorhandene Komplexität zu reduzieren, indem der Fokus auf dem jeweils relevanten System liegt.