Jeder möchte doch in seinem Leben eine Mauer niederreissen - Wilfried Kriese - E-Book

Jeder möchte doch in seinem Leben eine Mauer niederreissen E-Book

Wilfried Kriese

0,0

Beschreibung

Der Autor erzählt in diesem Firmenporträt die Geschichte des Mauer Verlages und zugleich einmaligen Bildungsweg und seine beruflichen Episoden. 1992 gründete er den Mauer Verlag mit zwei Büchern, deren Autor er selbst ist, mit dem Anspruch Sprachrohr für Randgruppen zu werden. Doch seine Vision war es auch, dass sich der Mauer Verlag mit seinem Schwerpunkt von Gesellschafts- und Randgruppenthemen abhebt und zu einer namhaften Marke wird. Doch bis zu diesem Ziel lag ein holpriger Weg vor ihm. Denn als Legastheniker und einer, der nur Sonderschulzeugnisse vorzeigen kann, musste er sich gegen viele Vorurteile und Diskriminierungen wehren. Inzwischen ist der Mauer Verlag, wie auch sein Verleger, bekannt aus Fernsehen, Rundfunk und Zeitung und wurde zu einem angesehenen Kleinverlag im deutschsprachigen Raum. Dieses Buch ist für alle interessant, die hinter die Kulissen der Literaturbranche schauen wollen. Da der Autor aber auch auf unterhaltsame Weise seinen Weg als Unternehmer und Schriftsteller erzählt, ist diese Geschichte auch für Autoren und Existenzgründer ein Ratgeber der ganz besonderen Art.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 89

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Jeder möchte doch in seinem Leben eine Mauer niederreissen

TitelseiteVorwortMein außergewöhnlicher Bildungsweg: vom Sonderschüler zum Schriftsteller und RandgruppenverlegerMein Anfang war naivKeine Angst vor Randgruppenthemen und schwierigen MärktenDas Logo und Motto des Mauer Verlages oder was ist Marketing, PR, Werbung und weiß der Kuckuck was...AutorenrealitätenTrotz eigener Schwächen schreitet der Mauer Verlag voranMein Lebensmotto: Die eigenen Schwächen zu Stärken machenHaupt- oder nebenberuflich – vom Hobby zur BerufungÜber die Entdeckung der Kunst und Unvernunft des SchreibensMedienerfolge und die Verwunderung über die MedienmachtIch möchte nicht nur Bücher wie die Großverlage machen, sondern allerlei Projekte verwirklichenAb geht’s in die ZukunftImpressum

Wilfried Kriese

Jeder möchte doch in seinem Leben

eine Mauer niederreissen

Von der Vision zum Ziel

Mauer Verlag

Wilfried Kriese

72108 Rottenburg a/N

Buchgestaltung: Wilfried Kriese

Edition Wilfried Kriese 2018

Erstveröffentlichung 2003

Titelbild: Dominik und Wilfried Kriese

Alle Rechte vorbehalten

www.mauerverlag.de

www.wilfried-kriese.de

Vorwort

„Willi, schau mal,“ rief meine Frau, als wir in einer Buchhandlung rumstöberten. Sie stand an einem Büchertisch, der vollgepackt mit Firmenportraits war.

Ich schmökerte eine ganze Weile in einigen dieser Firmen- und Unternehmergeschichten.

Dabei kam ich auf die Idee, das es doch durchaus angebracht wäre, wenn zum 15. Verlagsjubiläum auch ein Firmenporträt über den Mauer Verlag erscheinen würde.

Ich weiß nicht, wie oft ich schon nach der Entstehungsgeschichte und der Entwicklung des Mauer Verlages und nach meinem beruflichen Werdegang gefragt wurde.

Nun, auf solche Fragen zu antworten ist das eine, aber darüber selbst zu schreiben ist das andere. So überlegte ich zuerst, wer darüber schreiben könnte. Nach einigen Überlegungen fasste ich den Entschluss selbst die Geschichte des Mauer Verlages und meines beruflichen Werdegangs zu verfassen.

Allerdings sollte mein neuestes Buch nicht eines dieser unzähligen Firmenporträts werden, die wenn überhaupt, nur eine schöne Erfolgsstory sind.

Sondern es sollte auch für alle lesenswert sein, die hinter die Kulissen der Literaturbranche schauen wollen. Aber es musste auch für Autoren und Existenzgründer ein Ratgeber der ganz besonderen Art werden. Das war ein hoher Anspruch, den es in die Tat umzusetzen galt.

Beim Schreiben des Buches wurde mir schnell klar, dass ich darin meine berufliche Biografie erzähle. Somit ist es sozusagen auch die Fortsetzung meiner 2002 erschienenen Autobiografie „Halbzeit –Die eigenen Schwächen zu Stärken machen“.

Nun ist es soweit und Sie halten das fertige Buch in den Händen. Klar ist, dass der Mauer Verlag nicht zu den erfolgreichsten und größten Unternehmen in Deutschland zählt und ich mit Sicherheit kein steinreicher Unternehmer bin, aber wie Sie beim Lesen feststellen werden, muss man nicht groß und reich sein um erfolgreich zu werden.

Wilfried Kriese

Mein außergewöhnlicher Bildungsweg: vom Sonderschüler zum Schriftsteller und Randgruppenverleger

Bildung, Bildungsbürgertum, Bildungsplasma, Bildungsforschung, Bildungsgefälle, Bildungsdefizit, Bildungsgesamtsplan, Bildungsgewebe, Bildungsökonomie, Bildungsplasma, Bildungspolitik, Bildungsplanung, Bildungsroman, Bildungssoziologie, Bildungssprache, Bildungsurlaub, Bildungswärme usw., so und jetzt reicht es!

Nehmen Sie einfach den Brockhaus oder ein anderes Lexikon zur Hand – zu all diesen Begriffe stehen Erläuterungen, was alles Bildung ist und was sie ausmacht.

Allerdings fehlen dabei die zwei wichtigsten Begriffe, nämlich „Bildungsfalle“ und „Bildungswahn“.

Wie viel Bildung braucht eigentlich ein Mensch, welche Bildung ist sinnvoll und wie viel von all dem, was die Kinder und Jugendlichen während ihrer Schulzeit lernen, wird wirklich im Leben benötigt? Sind es 10%, 20% oder 30%? Ich würde behaupten aller höchstens 30%, der Rest ist verschwendete Zeit.

Schon von Kindesbeinen an werden die lieben Kleinen mehr mit Bildung gefüttert, als mit Liebe und sozialer Nähe. So bleibt fürs Kindsein nur sehr wenig Zeit und fürs Jugendlichersein noch weniger, denn spätestens von da an wird der Nachwuchs ordentlich auf Wissensleistung getrimmt. Dabei kommt meiner Ansicht nach die freie und ungezwungene Entwicklung viel zu kurz. Doch gerade diese ist es, die den Geist eines Menschen ungezwungen formt und belebt.

Wir leben in einer globalen Zeit, in der viele alte Berufe von der Bildfläche verschwinden oder sich neben den neuen Berufen schneller verändern, als eine deutsche Berufsausbildungszeit von drei bis vier Jahren im Handwerk und von bis zu 10 Jahren in akademischen Berufen dauert.

Warum geht es in Deutschland nicht wie z.B. in Amerika und England, wo viele Ausbildungen nicht so lange dauern wie in Deutschland. Zählen tut letztenendes wie sich jeder einzelne Mensch oder eine Firma entwickelt und, so gibt es dort viele Berufsausbildungen im deutsch-klassischen Sinn einfach überhaupt nicht, es wird einfach gelernt beim Tun. Genau das war und ist mein Weg.

Im Kindergarten wurde von Ärzten und Pädagogen beschlossen mich am besten gleich in eine Anstalt für Geistigbehinderte zu stecken, weil ich, so deren Meinung, hoffnungslos geistigbehindert und verhaltensgestört sei. Doch meine Mutter, die zwar keine akademische Ausbildung besaß, aber dennoch heller war als die Fachleute, kämpfte dafür, dass es nicht so weit kam. Sie erreichte schließlich, dass ich auf die Schule für Lernbehinderte in Mössingen (Baden-Württemberg) eingeschult wurde, denn ich war ja in meiner Entwicklung nur zurück- und nicht stehengeblieben.

Mein Vater starb als ich zwei Jahre alt war. Dadurch erlitt ich einen Schock, der mich in meiner bisherigen Entwicklung zurückwarf, weshalb ich meine soeben erlernte Sprache verlor und somit als sprachbehindert eingestuft wurde. Ich war auch nur sehr schwer zugänglich was Lernen betraf.

Diesem Schicksalsschlag habe ich zu verdanken, dass ich das bin, was aus mir wurde, nämlich Verleger und Schriftsteller aus ganzem Herzen und Überzeugung.

Da ich auch Legastheniker bin, hätte das während meiner Schulzeit mit Sicherheit niemand für möglich gehalten. So verbrachte ich meine ganze Schulzeit in Sonderschulen. In Deutsch war ich im wahrsten Sinnes des Wortes schlecht, so das ich schon gar nicht zum Unterricht erschien, als Diktat angesagt war und auch sonst fehlte ich gerne im Deutschunterricht. Wenn ich diese Stunden nicht geschwänzt habe, dann war ich zwar im Unterricht anwesend, aber in Gedanken wo ganz anders, was auch verständlich ist. Denn sobald ich mal mitschrieb, im Diktat oder im Aufsatz und das Geschriebene zurück erhielt, wimmelte es nur so von roten Markierungen.

Doch trotz meiner Legasthenie schlummerte der Schriftsteller in mir. Mir machte zwar Aufsatz schreiben unglaublichen Spass, aber dieser wurde mir jedoch durch die generelle Note 6 verdorben. Davon ließ ich mich jedoch nicht entmutigen und im stillen Kämmerlein begann ich schon in frühen Jahren Gedanken zu Papier zu bringen.

Doch zum Schriftsteller und Verleger war es noch ein weiter Weg.

Ursprünglich wollte ich Tierpfleger werden, denn mich begeisterte es unglaublich Tiere zu pflegen und zu beobachten. Auch faszinierte mich schon damals die Aquaristik. Doch mir ging es so wie vielen meiner Mitschüler. Für einen Lernbehinderten (heuteFörderschüler) war ein Traumberuf eben ein Traum und nicht mehr. Übrigens hat sich daran für die Förderschüler bis heute nicht viel geändert.

Anfang des neunten Schuljahres kam die Berufsberatung. Das Beratungsgespräch endete für die meisten damit, dass sie mit ihrem Traumberuf zum Beispiel Kfz-Mechaniker, Schlosser, Friseurin, Fotografin reinkamen und als Bäcker, Metzger oder Näherin herauskamen.

Stellen Sie sich mal vor, da will einer Tierpfleger werden und kommt als Metzger wieder heraus! Da ich aber nicht Metzger, Bäcker oder Mauerer werden wollte, lag es nahe, dass ich von 1979 bis 1980 nach Reutlingen (Baden-Württemberg) ins IB (Internationaler Bund für Sozialarbeit) kam um ein Berufsfindungsjahr zu machen.

Die Sonderschule schloss ich mit dem Hauptschulabschluss ab. Das schaffte ich dank dem Engagement meiner Klassenlehrerin, die mir für ein sehr geringes Entgelt Nachhilfe gab und mit sehr viel Geduld arbeitete. Überhaupt wurden wir ab der neunten Klasse auf den Hauptschulabschluss getrimmt. Denn soviel war jedem von uns klar, ohne einen Hauptschulabschluss hatten wir so gut wie keine Chance einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Als ich dann tatsächlich die Schulfremdenprüfung (so hieß die Hauptschulprüfung) bestand, war es für mich etwas so Besonderes wie für andere die Mittlere Reife oder das Abitur. Es war eigentlich noch mehr, denn nun war ich nicht mehr behindert, was meinem Selbstwertgefühl enormen Auftrieb gab. Alle meine bisherigen Zeugnisse hatte den Stempel „Sonderschule für Lernbehinderte“ getragen.

Im IB waren Jugendliche, die entweder schlechte Hauptschüler oder Sonderschüler, beziehungsweise schwererziehbar waren. Im ersten Halbjahr durfte ich in vier Berufsbereiche reinschnuppern: Hauswirtschaft, Metall, Maler und Holz. Im zweitem Halbjahr durften wir Jugendliche uns dann für einen Bereich entscheiden. Da mir Holz am meisten Spass machte entschied ich mich die restliche Zeit in der Holzwerkstatt zu verbringen.

Während der Zeit im IB entdeckte ich die Faszination des Bücherlesens und schrieb immer häufiger, im stillen Kämmerlein, meine Gedanken auf. Durch einen Kameraden im IB kam ich mit den Büchern von Günter Wallraff in Berührung. Ich verschlang seine Bücher buchstäblich. Das war die erste intensive Begegnung mit der Literatur im Allgemeinen. Mir wurde bewusst, das vieles in Deutschland zwar schön und gerecht war, aber mir wurde auch bewusst, dass viel soziale Ungerechtigkeiten existierten. Durch die Bücher von Wallraff über seine Arbeit bei der Bildzeitung beschäftigte ich mich zum erstem Mal kritisch mit der Medienlandschaft.

Gegen Ende meines Berufsfindungsjahres wurde es dann konkret und ich musste mich nun entscheiden, welchen Beruf ich lernen wollte. Immer noch wollte ich meinen Traumberuf Tierpfleger lernen, aber auch im IB waren Traumberufe tabu, es sei denn, jemand wollte unbedingt Metzger werden. Durch das beschränkte Angebot wurden viele Jugendliche in Berufe reingedrängt, die ihnen nicht lagen. Wenn sie das hätten lernen dürfen, was ihnen wirklich gelegen hätte, wäre das eine große Bereicherung für die Gesellschaft und die Unternehmen gewesen. So wurde unnötig viel Potential verschwendet.

So kam es, dass ich mich beeinflussen ließ, eine Sonderberufsausbildung zum Holzfachwerker zu machen.

Von 1980 bis 1983 absolvierte ich meine Ausbildung bei „Haus am Berg“, in Bad Urach (Baden-Württemberg), eine Behindertenwerkstatt, in der über 120 meist Geistigbehinderte arbeiten. Daneben wurden damals ca. 12 Lehrlinge zum Holzfachwerker und genauso viele zum Metallfachwerker ausgebildet. Die Lehrlinge sind meist lernbehindert oder schlechte Hauptschüler.

Die Arbeit mit Holz machte mir zwar Spass, aber schnell bemerkte ich, dass für mich das Fabrikleben nichts wäre. Mir lag es einfach nicht, den ganzen Tag über an Maschinen zu stehen und immer ein und dieselbe Handbewegung auszuüben. Mal abgesehen davon war es für mich keine Lebensperspektive. Ich wollte keinen Beruf ausüben, der mir lediglich als Broterwerb dienen würde, an dem ich aber keinerlei Freude hätte.

Was mir besonders Spass machte, war die praktische Werkstofflehre. Zum Ärger meines Lehrlingsmeisters machte ich überwiegend Möbel für mich, jedoch bemerkte er schnell, dass ich dabei besser und schneller lernte als wenn ich die vorgegebenen Werk- und Übungsstücke anfertigte.

Was mich jedoch am meisten bereicherte, waren die Geistigbehinderten, von denen die meisten im angeschlossenen Wohnheim lebten.

Ich bekam das Gefühl nicht los, dass es unter den Behinderten einige gab, die durchaus imstande gewesen wären, ihr Leben selbstbestimmt, außerhalb von Behinderteneinrichtungen, bewältigen zu können. Damals war selbstbestimmtes Wohnen für Behinderte noch nicht so fortgeschritten wie heute. Auch war in der Wirtschaft keine Bereitschaft vorhanden, auch weniger Leistungsfähige und gebildete Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Betriebe, die Behinderte beschäftigen, sind immer noch die Ausnahme, so dass es für diese Menschen nach wie vor schwierig ist einen normalen Arbeitsplatz zu finden.

Die Erfahrung mit den Behinderten während meiner Ausbildungszeit wurde auch zum Inhalt meines ersten Buches „Für die Behindertenintegration – ein Direktbetroffener informiert“. Doch von der Entstehung dieses Buches war ich damals noch fast ein Jahrzehnt entfernt.

Während des Gemeinschaftskundeunterrichts in der Berufsschule bemerkte ich mein wachsendes Interesse an Politik und an gesellschaftlichen Zusammenhängen. Ich machte mir viele Gedanken, die ich, nach wie vor im stillen Kämmerlein, zu Papier brachte.

Ich kam in der Berufsschule, außer in Deutsch, sehr gut mit. Nach wie vor konnte ich mir jedes Diktat sparen, weil mir die Note 6 mehr als sicher war. Jedoch wurde Aufsatz zum ersten Mal während meiner Schulzeit getrennt benotet. So erhielt ich oft eine drei oder sogar eine zwei, weil die Rechtschreibung nicht so gravierend beurteilt wurde, was meine Vermutung im stillen Kämmerlein bestätigte, nämlich, dass mir das Schreiben durchaus liegen könnte, vorausgesetzt dass der Rotstift zur Seite gelegt würde.