Jedes Mal, wenn wir uns in der Eisdiele treffen, explodiert dein verdammtes Gesicht - Carlton Mellick III - E-Book

Jedes Mal, wenn wir uns in der Eisdiele treffen, explodiert dein verdammtes Gesicht E-Book

Carlton Mellick III

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Beschreibung

Eine irre Liebesgeschichte, ebenso gruselig wie herzerwärmend. Ethan ist in das seltsamste Mädchen der Schule verliebt. Die mit den Spinnen im Haar. Die, die sie Spiderweb nennen. Obwohl sie alle anderen Kinder in der Schule abschreckt, hält Ethan Spiderweb für das süßeste Mädchen der Welt. Aber es gibt ein Problem: Jedes Mal, wenn sie starke Gefühle hat ... nun ja ... explodiert ihr Gesicht. Je näher die beiden sich kommen, desto absonderlicher wird ihr Zustand … Der neue Roman vom Kultautor der Bizarro-Fiction. Verstörend explosiv. Carlton Mellick III zu lesen ist, als falle man in das Kaninchenloch, das dich ins Wunderland bringt.

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Aus dem Amerikanischen von Manfred Sanders

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe

Every Time We Meet at the Dairy Queen,

Your Whole Fucking Face Explodes

erschien 2016 im Verlag Eraserhead Press.

Copyright © 2016 by Carlton Mellick III

Copyright © dieser Ausgabe 2020 by Festa Verlag, Leipzig

Titelbild: Richard Louprasong

Alle Rechte vorbehalten

eISBN 978-3-86552-842-1

www.Festa-Verlag.de

Vorwort des Autors

In der dritten Klasse war ich in ein Mädchen verknallt, das Dawn Sprinkle hieß. Sie war eine Außenseiterin, alle fanden sie ein bisschen schräg. Sie hatte eine hohe, quiekige Stimme, war klein und mager, hatte aufgenähte Glücksklee-Flicken auf ihrer Jeans und sah ein bisschen aus wie ein Gelfling aus Jim Hensons Film Der dunkle Kristall. Wenn irgendjemand in der Schule eine Fee oder Elfe in menschlicher Verkleidung war, dann sie.

Sie saß jeden Tag im Schulbus neben mir. Egal wie viele Plätze im Bus frei waren – sie setzte sich immer neben mich. Es gab mir das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Von allen Leuten, neben die sie sich hätte setzen können, entschied sie sich ausgerechnet für mich. Wir rutschten während der Busfahrt näher zusammen. Aber nie sprachen wir ein Wort miteinander. Wir waren wahrscheinlich die schüchternsten Kinder der Schule.

Sie hatte reiche und strenge Eltern, war offensichtlich wohlbehütet, die Sorte Kind, die zu sehr von Geigenunterricht und Ballettstunden beansprucht wurde, um außerhalb der Schule noch viele soziale Kontakte zu haben. Und ich hatte eine Mutter, die in ständiger Angst lebte, ihr Sohn könnte auf grausame Weise ermordet werden, wenn ich das Haus für mehr als fünf Minuten verließ, deshalb verbrachte ich den größten Teil meiner Kindheit sicher weggesperrt in meinem Zimmer, wo ich Geschichten schrieb und mir imaginäre Freunde ausdachte.

Als mir die Idee zu diesem Buch kam, musste ich sofort daran denken, wie es war, das schräge Kind zu sein, das in das andere schräge Kind der Schule verliebt ist. Diese Geschichte hat große Ähnlichkeiten mit meinen eigenen realen Erlebnissen, allerdings mit ein paar Unterschieden. Zum Beispiel war ich zu der Zeit in der dritten Klasse, nicht in der Mittelschule. Und wir hatten nie ein Date bei Dairy Queen. Außerdem ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Mädchen, in das ich verliebt war, nicht das gleiche Gesichtsexplosionsproblem hatte wie das Mädchen in diesem Buch. Sie war allerdings, wie sich später herausstellte, ein Alien. Und nach all den Monaten, die ich so dicht neben ihr im Bus saß, zog ich mir eine bizarre Weltraumkrankheit zu, die dazu führte, dass mir überall am Körper Tausende winziger Augäpfel wuchsen.

Diese Augapfelpest war echt unangenehm und schmerzhaft. Auch jetzt noch bricht die Krankheit immer mal wieder aus. Und ich kann euch sagen: Das Zeug ist schlimmer als Herpes. Ich muss so meist dreimal am Tag in Salzlösung baden, und wenn ich mir eine Bindehautentzündung einfange, sehe ich aus wie ein riesiger rosa verkrusteter Ball. Diese Geschichte jedenfalls soll so etwas wie ein warnendes Beispiel für alle sein, die sich zum ersten Mal verlieben. Seid vorsichtig! Diese süße, schrullige Person, auf die ihr abfahrt, könnte sich leicht als ein mit einer Gesichtsexplosionskrankheit befallenes Mutantenalien entpuppen, das euch für den Rest eures Lebens verkorkst. Obwohl ihr natürlich absolut keine Wahl habt, wenn es darum geht, in wen ihr euch verliebt. Sobald es passiert, gibt es kein Entkommen mehr.

Ich hoffe, euch gefällt mein neues Buch. Es wurde 2015 in einem Strandhaus geschrieben, in dem ich mich mit meinen Autorenfreunden Vince Kramer, Gary Arthur Brown und J. David Osborne verkrochen hatte, und ist mittlerweile eines meiner Lieblingsbücher.

– Carlton Mellick III, 20. 3. 2016, 3:49 Uhr

Kapitel 1

Sie ist das süßeste Mädchen der Schule. Das mit dem Miezekätzchen-Lächeln und den Glücksklee-Haarspangen. Zwei kirschrote Zöpfe tanzen auf ihrem Rücken wie in roten Fruchtsaft getauchte Zitteraale. Sie trägt leuchtend grünen Lippenstift mit Apfelgeschmack und ihre Lieblingsklamottenfarbe ist Limettensorbet. Und ihre Augen – zwei dunkelbraune Kugeln, die so groß sind, dass man sie quer durch den Pausenraum sehen kann, wenn sie einen anschaut und denkt, dass man es nicht merkt.

Obwohl sie die Süßeste von allen ist, mögen sie nicht viele Jungen in meiner Klasse. Die meisten Kinder finden sie merkwürdig und nervig. Vielleicht weil sie die ganze Zeit so unruhig und zappelig ist. Sie kann nicht mal für eine Sekunde still sitzen. Es ist, als hätte sie so viel Koffein intus, dass man meinen könnte, ihr Blut bestünde nur aus perlenden rosafarbenen Energydrinks. Sie hüpft auf ihrem Stuhl auf und ab, wenn sie im Kunstunterricht zeichnet, wirft ihren Kopf von einer Seite zur anderen, wenn sie im Englischunterricht die Seiten von Tom Sawyer umblättert. Manchmal ist ihr Gezappel so störend, dass Mrs. Burcham sie draußen auf dem Flur sitzen und für sich allein arbeiten lässt.

Aber es ist nicht nur ihre Zappeligkeit, weswegen sie alle für ein bisschen schräg halten. Sie ist auch ziemlich tollpatschig und macht alles kaputt, was sie anfasst. Sie hat aus Versehen Big Mark Henney ein blaues Auge verpasst, als sie in Mathe ihre Hand zu schnell hob. Als wir in Naturkunde Frösche sezierten, hat sie versehentlich ihren eigenen Mittelfinger seziert. Der Hamster im Kunstraum wurde erschlagen, als sie zu viele schwere Bücher auf das Regalbrett über seinem Käfig stapelte. Solche Sachen passieren andauernd, wenn sie in der Nähe ist. Ich glaube, es liegt daran, dass sie immer in ihrer eigenen Welt ist, in irgendwelchen Tagträumen, und unfähig, sich auf irgendwas um sich herum zu konzentrieren.

Einmal war sie im Sportunterricht so in ihre eigenen Gedanken versunken, dass sie nicht merkte, wie sich eine Schwarze Witwe auf ihre Schulter abseilte. Für den Rest des Tages krabbelte die Spinne überall auf ihr herum, sie kletterte ihren Rücken hinauf, versteckte sich in ihren Zöpfen, baumelte an einem langen, klebrigen Faden von ihrem Ellbogen herunter. Jeder konnte die Spinne auf ihr sehen, aber niemand traute sich, es ihr zu sagen. Und nicht einmal auf der Busfahrt nach Hause bemerkte sie es, saß einfach nur da, während die Spinne fröhlich auf ihrem Kopf thronte wie ein Kanarienvogel.

Seither geht das Gerücht um, dass sie Spinnen liebt und sie wie Accessoires trägt. Ständig krabbeln irgendwelche auf ihr herum oder verstecken sich in ihrer Kleidung. Man glaubt, wenn irgendwann mal ein Junge versucht, sie zu küssen, dass er dann unweigerlich von einer der vielen giftigen Spinnen gebissen wird, die auf ihr zu Hause sind. So kam sie an den Spitznamen Spiderweb – weil Spinnen auf ihr leben wie in einem menschlichen Spinnennetz.

Obwohl die anderen Jungs einen großen Bogen um Spiderweb machen, habe ich mich im ersten Augenblick in sie verliebt. Eines Tages, im Schulbus auf dem Weg zur Schule, sah ich sie mit ihrem strahlenden Lächeln einsteigen. Es war ihr erster Schultag, sie kam von irgendeiner Akademie für reiche Töchter irgendwo im Norden. Normalerweise saß ich im Bus nicht gerne neben jemand anderem. Ich legte immer meinen Rucksack auf den Platz neben mir, um zu verhindern, dass sich jemand dorthin setzte. Aber als ich sie durch den Mittelgang kommen sah, nahm ich meinen Rucksack herunter und stellte Augenkontakt her. Sie setzte sich auf den Platz und warf mir den ganzen Weg zur Schule Blicke aus ihren riesigen, wilden Augen zu. Obwohl sie mehrmals den Mund öffnete, als ob sie etwas sagen wollte, sprach sie kein Wort. Und ich war genauso schüchtern wie sie. Ich starrte nur auf meine Hände und rutschte näher zu ihr, war aber zu nervös, um mich vorzustellen.

Von da an lief es jeden Tag gleich ab. Ich hielt ihr den Platz frei, und wir saßen den ganzen Weg zur Schule nebeneinander. Aber wir sprachen nie ein Wort miteinander. Wir saßen nur da, Oberschenkel an Oberschenkel, und suchten nach irgendwas, das wir sagen konnten. Wir warfen uns im Unterricht oder in der Pause Blicke zu, berührten unsere Finger, wenn einer von uns Arbeitsblätter an den Rest der Klasse verteilen musste, und sahen uns gegenseitig vom Rand des Sportplatzes beim Basketball- oder Volleyballspielen zu.

Als ich meinen Freunden erzählte, dass ich in sie verknallt bin, hielten mich alle für verrückt. Sie sagten, Spiderweb würde an mir festkleben, wenn ich sie berührte, und alle ihre Spinnen würden auf meiner Haut herumkrabbeln. Aber davon ließ ich mich nicht entmutigen. Mir war egal, was die anderen dachten. Spiderweb war das einzige Mädchen in der ganzen Schule, das ich mochte.

Eines Tages fragte sie mich, ob ich mit ihr zusammen sein will. Sie tat es nicht mit Worten; sie steckte mir im Bus eine Nachricht zu, in der sie erklärte, was sie fühlte, und mich fragte, ob wir ein Paar sein könnten. Ich stimmte mit einem Nicken und einem Lächeln zu. Dann hielten wir auf dem Rest des Weges Händchen. Wir sprachen kein Wort miteinander. Wir haben noch immer nichts zueinander gesagt, wir kommunizieren nur durch Zettel oder Körpersprache. Aber jetzt sind wir offiziell ein Paar.

Spiderwebs Freund zu sein ist das Beste, was es gibt. Es hat mich glücklicher gemacht, als ich je in meinem Leben war. Aber es gibt ein großes Problem. Jedes Mal, wenn wir zusammen ausgehen, explodiert ihr Gesicht. Ich weiß nicht, wie es geschieht. Ich verstehe nicht, was so etwas auslösen kann. Anscheinend wird sie dann jedes Mal so aufgeregt, dass sich unter ihrer Haut ein Druck aufbaut. Ihre Wangen glühen, ihre Stirn wirft Blasen, Dampf quillt aus ihrem Mund und ihrer Nase. Und dann explodiert ihr ganzes verdammtes Gesicht.

Beim ersten Mal als es passierte, machte es mich total fertig. Wir trafen uns im Dairy Queen auf einen Erdbeereisbecher. Ihr Lächeln war so breit, dass es Dehnungsstreifen auf ihrer Haut hinterließ, ihre Augen so weit aufgerissen, dass sie fast aus den Höhlen sprangen. Sie war so süß und so mangamäßig. Selbst ihre Zöpfe, die sich in ihren Achselhöhlen verklemmt hatten und es so aussehen ließen, als hätte sie kirschrote Achselhaare, waren absolut bezaubernd.

Sie sah aus, als hätte sie mir etwas sehr Wichtiges zu sagen, etwas, das sie mir seit Tagen zu sagen versuchte. Aber sie konnte nicht aufhören zu grinsen wie eine Verrückte. Sie hatte die Zähne so fest zusammengebissen, dass sie leise, knirschende Geräusche erzeugten, ihr grüner Lippenstift war auf ihrem Kinn verschmiert. Ich kam mir so unbeholfen vor, als ich sie anstarrte, und öffnete den Mund. Aber bevor ich ihr sagen konnte, wie hübsch sie aussah, explodierte ihr Gesicht.

Blut und Fleischfetzen klatschten mir ins Gesicht, in meinen Mund und überall auf meine Kleidung. Ihre Lippen klebten in meinen Haaren wie zwei Brocken Kaugummi. Ihre Nase fiel in ihren Schoß. Einer ihrer Augäpfel landete in meinem Eisbecher.

Als ich mir das blutige Zeug aus den Augen wischte, sah ich, dass von ihrem Gesicht nur noch eine rote zerfetzte Masse übrig war. Mit ihrem verbliebenen Augapfel starrte sie mich entsetzt an. Sie sagte nichts. Sie sammelte nur schnell ihre verstreuten Gesichtsteile auf und rannte weinend davon.

Ich war nicht der Einzige im Dairy Queen, der mitbekommen hatte, was passiert war. Viele Gäste starrten mich an, wie ich dort saß, bedeckt mit dem Blut des Mädchens, und fragten sich, was zum Teufel da los war.

»Ich war das nicht!«, sagte ich an die Allgemeinheit gerichtet.

Dann flüchtete ich.

Am nächsten Tag war es anders. Spiderweb setzte sich wie üblich im Bus neben mich, aber sie ignorierte mich. Sie sah mir nicht in die Augen. Sie hielt den Kopf gesenkt, ihr Gesicht wurde von ihrem kirschroten Haar verdeckt und ihr Blick war auf ihre nervösen, zuckenden Finger in ihrem Schoß gerichtet. Ich war so beunruhigt wegen dem, was passiert war, dass ich sie gern gefragt hätte, wie es ihr ging, aber ich brachte kein Wort heraus. Durch ihre Haarsträhnen hindurch konnte ich sehen, dass ihr Gesicht mit Nähten und Wundklammern wieder zusammengesetzt worden war. Haut war ihr implantiert worden, von einem Spender mit einem viel dunkleren Teint.

Es war nicht so, dass sie Schmerzen hatte oder angeekelt war von ihrem neu zusammengenähten Gesicht. Es war ihr nur furchtbar peinlich und sie schämte sich, dass sie vor meinen Augen explodiert war. Sie tat mir so leid, dass ich unbedingt etwas tun musste, damit sie sich besser fühlte. Als ich ihre Hand nahm und sanft drückte, änderte sich ihr Verhalten abrupt. Mit strahlendem Gesicht sah sie mich wieder an. Tränen standen ihr in den Augen und sie lächelte so breit, dass die Fäden, die ihr Gesicht zusammenhielten, sich spannten. Und als sie mich auf die Wange küsste, kitzelten die Nähte mich.

Danach war ich mir für eine Weile nicht sicher, was ich für Spiderweb empfand. Vorher hatte sie für mich die absolute Perfektion verkörpert, trotz all ihrer Eigenarten. Aber nachdem ihr Gesicht explodiert und wieder zusammengenäht worden war, fragte ich mich allmählich, ob vielleicht tatsächlich etwas mit ihr nicht stimmte. Ich fragte mich, ob die anderen Kinder recht hatten. Ich fragte mich, ob sie ein Freak war.

Aber ich machte nicht Schluss mit ihr. Sie hatte immer noch dieses besondere Etwas, weshalb ich unbedingt ihr Freund sein wollte. Obwohl ihr Gesicht zusammengenäht war, war sie immer noch viel süßer als alle anderen Mädchen in meiner Klasse. Ich musste sie nur besser kennenlernen, musste verstehen, warum sie explodierte und was ich tun konnte, um es zu verhindern.

Wir gingen noch dreimal zusammen aus und jedes Mal explodierte ihr Gesicht. Mit jedem Mal war es weniger schockierend. Bei unserem vierten Date waren sogar die Angestellten im Dairy Queen darauf gefasst und reagierten, als wäre es völlig normal. Aber jedes Mal schämte Spiderweb sich so sehr, dass sie wegrannte. Unter ihrem explodierenden Gesicht ihren hautlosen, blutigen Schädel zu zeigen, war für sie so, als hätte ihre Hose ein Loch und man könnte darunter einen rosa Schlüpfer sehen.

Jedes Mal, wenn es passierte, kam sie am nächsten Tag mit neuer aufgenähter Haut zur Schule. Die anderen Kinder machten sich danach nur umso mehr lustig über sie. Außer ›Spiderweb‹ nannten sie sie auch Frankenstein oder Patchwork Girl. Manchmal vermischten sie ihre Spitznamen zu so was wie Frankenspider oder Patchwork Web. Aber nie hänselten die anderen Kinder sie offen, immer nur hinter ihrem Rücken. Insgeheim hatten alle Angst vor ihr. Und als ich meinen Freunden erzählte, dass jedes Mal ihr Gesicht explodiert, wenn sie zu aufgeregt ist, da gruselte sich die Schülerschaft sogar noch mehr vor ihr.

Für mich war es noch schlimmer als für sie. Meine Freunde gingen mir aus dem Weg. Die Leute nannten mich Spider Lover oder Frankensteins Bräutigam. Niemand wagte es, sich mit Spiderweb direkt anzulegen, aber es machte ihnen nichts aus, mich nach dem Unterricht gegen die Schließfächer zu schubsen. Big Mark Henney boxte mich in den Bauch, sobald die Lehrer nicht hinschauten. Die anderen Kinder bewarfen mich mit Papierkügelchen oder steckten mir Gummispinnen in die Hose. Alle waren der Meinung, dass mit mir etwas ernsthaft nicht stimmen konnte, weil ich das schräge Mädchen mochte.

Hätte ich die ganze Zeit in der Schule mit Spiderweb zusammen verbringen können, wäre es mir egal gewesen, ob die anderen Kinder mich ausgrenzten. Ich brauchte keine anderen Freunde, wenn sie meine Freundin war. Aber ich wagte es nicht, mich in der Schule in ihrer Nähe aufzuhalten. Nicht nur weil ich in ihrer Gegenwart so schüchtern war, sondern auch weil ich Angst hatte, dass ihr Gesicht wieder explodieren könnte. Die Peinlichkeit, sie während der Schulzeit zum Explodieren zu bringen, hätte ich nicht ertragen.

Wir sitzen weiterhin nebeneinander im Bus. Wir stecken uns immer noch Nachrichten zu und beobachten uns quer durch den Pausenraum. Aber darin erschöpft sich unsere Beziehung auch schon. Ich kann spüren, dass sie sich deshalb schlecht fühlt, dass ihr zusammengeflicktes Gesicht und ihr Explosionsproblem ihr peinlich sind. Und ich fühle mich wie ein Idiot, weil ich nicht mutig genug bin, um ihr näherzukommen.

Aber heute wird alles anders sein. Heute habe ich vor, Zeit mit ihr zu verbringen, sie zu behandeln, wie ein richtiger Freund sie behandeln würde. Ich muss nur einen Weg finden, wie ich mit ihr zusammen sein kann, ohne dass ich ihr Gesicht zum Explodieren bringe.

Kapitel 2