Jerry Cotton 2127 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 2127 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Als Gina Gaines an einem sonnigen Vormittag ihre Wohnung verließ und sich auf einen schönen freien Tag freute, war ein gnadenloses Schicksal bereits am Werk. Im Restaurant bezeichnete man ihre Kreditkarte als Fälschung. Ihre Hausbank sah in ihr eine Betrügerin und bei der Polizei galt sie als Illegale mit gefälschten Papieren. Zu ihrer Wohnung zurückgekehrt, stellte sie fest, dass der Schlüssel nicht mehr passte. Als Phil und ich von Ginas Schicksal erfuhren, ahnten wir die furchtbare Wahrheit ...

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Seitenzahl: 128

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Lady, die es nicht mehr gab

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Film: »In der Hitze von New York«/PWE-defd, HM

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1198-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Lady, die es nicht mehr gab

Es war ein belebter Morgen an der Fifth Avenue.

Hunderte von Autos zwängten sich durch die Straße, Passanten quollen aus den dunklen Schächten der Subway-Stationen und bevölkerten die breiten Bürgersteige.

Männer in Trenchcoats und mit Aktenkoffern, Frauen in gediegenen Kostümen, Schwarze mit Rasta-Locken, Arbeiter in kariertem Flanell: Ein buntes, unüberschaubares Treiben, das hin und her wogte und einen mit seiner Unruhe verwirren konnte – nur nicht den winzigen roten Lichtpunkt, der langsam über der Menge kreiste und nach seinem Opfer suchte …

Unbemerkt von den Augen der Passanten, die mit abwesenden Blicken ihrer täglichen Arbeit entgegeneilten, glitt der rote Punkt über die Wände der umliegenden Häuser, über Schaufensterfassaden und Markisen hinweg die Straße entlang.

Unruhig schwebte er über einer Gruppe von Geschäftsleuten, die ungeduldig darauf warteten, dass eines der Yellow Cabs aus dem Verkehr ausscherte und sie mitnahm. Dann setzte der Punkt seinen tödlichen Weg fort.

Keiner der Menschen, die an diesem Morgen die Fifth Avenue bevölkerten, ahnte die Gefahr, die über ihnen schwebte.

Der rote Punkt glitt weiter, über die Gullydeckel und den Bürgersteig – und kletterte schließlich an einem jungen Mann empor, der an einer Hot-Dog-Bude stand und ein Würstchen verzehrte.

Der Punkt huschte über sein sonnengebräuntes Gesicht und verharrte dann genau zwischen den Augen.

Ein endlos scheinender Moment.

Dann ein leiser Peitschenknall – und das Blut auf dem Bürgersteig.

***

Das Heulen der Sirenen durchbrach das Geschrei der Passanten, die sich um die Hot-Dog-Bude an der 36. Straße versammelt hatten.

Nur langsam wichen die Schaulustigen zur Seite, als sich ein breitschultriger Mann mit kurz geschnittenem rotem Haar einen Weg durch die Menge bahnte und mit seiner Polizeimarke fuchtelte.

»Schon gut, Leute, lasst mich durch!«, tönte er. »Die Show ist vorbei, geht nach Hause, aber fix!«

Dann sah der Polizist die Leiche, die am Rand des Bürgersteigs lag und ihm mit weit aufgerissenen Augen entgegenstarrte. Den Hot Dog, von dem der Mann abgebissen hatte, ehe die Kugel ihn genau in die Stirn traf, hielt der Tote noch in Händen.

»Was zu retten?«, fragte der Ermittler die beiden Sanitäter, die noch vor der Polizei am Tatort eingetroffen waren.

»Machen Sie Witze?« Der eine der beiden Sanis schüttelte den Kopf. »Ein glatter Kopfschuss, Captain O’Conners. Da kommt jede Hilfe zu spät.«

»Verdammt!«, stieß der Polizist aus, während seine Leute damit beschäftigt waren, die Schaulustigen zurückzudrängen und eine Absperrung rund um den Hot-Dog-Stand zu errichten.

»Haben Sie gesehen, was passiert ist?«, wandte er sich dann an den Besitzer der Bude, der kreidebleich vor Schreck hinter seinen Senf- und Ketchupflaschen stand.

»N … nein …« Der Mann mit der Papiermütze schüttelte den Kopf. »E … eben hat er noch bezahlt – und dann war er tot.«

»Hat er irgendetwas zu Ihnen gesagt?«

»N … nein, Sir.« Der Budenbesitzer schluckte hart. »Er schien ein wenig niedergeschlagen zu sein, irgendwie bedrückt, wenn Sie mich fragen …«

»Ach wirklich?« O’Conners hob die buschigen Brauen. »Wird wahrscheinlich daran liegen, dass er ein paar Sekunden später tot war.«

Der Ire beugte sich zu dem am Bordsteinrand liegenden Leichnam hinab, um den sich jetzt auch zwei Beamte der Spurensicherung kümmerten.

Der Tod hatte den Mann, dessen Alter O’Conners auf Mitte 20 schätzte, scheinbar völlig unerwartet ereilt – seine Miene war erstarrt, als hätte die Kugel den letzten Augenblick in seinem Leben auf ewig festgehalten.

»Hat er einen Namen?«, erkundigte sich O’Conners, während er sich erhob, sich selbst vom Stand bediente und sich einen Hot Dog mit allem Drum und Dran zurechtmachte.

»Negativ, Sir«, meldete einer der Beamten kopfschüttelnd, »er hat keinen Ausweis bei sich.«

»Auch das noch.« O’Conners verdrehte die Augen – und es war nicht zu erkennen, ob dieser Kommentar dem Mordfall galt oder dem Ketchupfleck, mit dem er sich gerade sein Jackett versaut hatte. »Sonst auch nichts? Führerschein? Kreditkarten?«

»Nein, Sir.« Der Beamte schüttelte erneut den Kopf, während sein Kollege dabei war, mit weißer Kreide einen Umriss des Toten auf den Asphalt zu zeichnen.

»Na wunderbar – dann eben nicht.« O’Conners schnitt eine Grimasse und biss ins Würstchen, während er sich umwandte und die gegenüberliegende Straßenseite musterte. »Wir werden einen Ballistiker brauchen – von irgendwoher muss die verdammte Kugel ja gekommen sein, nicht wahr?«, sagte er kauend.

»Allerdings, Sir.«

»Eben. Wir werden den Standpunkt des Mörders ausfindig machen und dort nach Hinweisen suchen. Ich werde keinen Irren dulden, der am helllichten Tag rumläuft und Leute abknallt – das wäre ja noch schöner …«

***

»Auftrag ausgeführt?«

»Ja, Sir.« Die Stimme am anderen Ende der Telefonleitung klang seltsam verzerrt. »Zielperson wurde zu hundert Prozent ausgeschaltet.«

»Sehr gut.« Der Mann, der in dem breiten Ledersessel thronte und den Ausblick auf den Central Park genoss, der im Licht der Morgensonne gerade erwachte, nickte zufrieden. »Dann werden Sie jetzt Zielperson Nummer zwei übernehmen?«

»Ja, Sir.« Der andere atmete keuchend. »Sobald das Geld eingetroffen ist.«

»Sie werden Ihr Geld bekommen. Sie sind es wert – jeden einzelnen Cent davon.«

»Zu Ihren Diensten«, verabschiedete sich der andere und legte auf.

***

»Guten Tag, meine Herren.«

John D. High saß hinter seinem Schreibtisch, als Phil und ich sein Büro im FBI-Quartier betraten.

Wie immer strahlte die Miene unseres Chefs die Würde und Autorität aus, die wir so an ihm schätzten – aber ich bemerkte sofort, dass sich noch etwas anderes in den Zügen unseres schlohhaarigen Vorgesetzten abzeichnete: Besorgnis.

Tiefe, ehrlich empfundene Besorgnis.

Etwas Ernstes musste vorgefallen sein.

»Setzen Sie sich«, forderte Mr. High uns auf, ehe er einen tiefen Seufzer ausstieß und damit meine Vermutung nur noch untermauerte.

»In den Morgenstunden«, begann er dann seinen Bericht, »ereignete sich an der Ecke 36. Straße und Fifth Avenue ein Mordanschlag. Ein unbekannter Mann wurde auf offener Straße erschossen.«

Mr. High öffnete die Mappe, die auf seinem Schreibtisch lag und entnahm ihr einige Polaroid-Fotos, die er uns reichte.

Darauf war ein junger Mann zu erkennen, der von einem Kopfschuss getötet worden war. Die skrupellose Präzision, mit der die Kugel gesetzt worden war, jagte uns kalte Schauer über den Rücken – und ließ nur einen Schluss zu.

»Das Werk eines Profis«, sprach Phil aus, was auch mein erster Gedanke war.

»Es sieht danach aus«, gestand Mr. High ein, »dennoch ergeben sich mehrere Fragen. Warum sollte ein Profikiller jemanden auf offener Straße ermorden, noch dazu in den belebten Morgenstunden? Das Risiko, durch Zufall entdeckt zu werden, ist doch ziemlich hoch.«

»Mag sein«, räumte ich ein, »es sei denn, der Killer fühlte sich so sicher, dass er das Risiko wagen konnte.«

»Davon ist zumindest auszugehen«, erwiderte Mr. High. »Die Beamten des Departments haben die umliegenden Häuser fieberhaft nach dem Stand des Schützen abgesucht – vergebens. Der Killer hat keinerlei Spuren hinterlassen.«

»Was umso mehr für einen Profi spricht«, kam Phil auf seine Theorie zurück.

»Was ist mit dem Opfer?«, erkundigte ich mich. »Identität?«

»Unbekannt«, sagte Mr. High schlicht – und erntete verständnislose Blicke.

»Arbeiten die Kollegen vom NYPD seit neuestem so langsam?«, fragte Phil erstaunt.

»Das ist es nicht, Phil«, erklärte Mr. High. »Was ich sagen will, ist, dass dieser Mann keine Identität hatte – jedenfalls keine, die sich feststellen lässt.«

»Was?« Phil und ich tauschten einen überraschten Blick.

»Aber irgendetwas muss es doch geben … Papiere?«

»Er hatte keine bei sich.«

»Fingerabdrücke?«

»Es lässt sich keine Entsprechung finden.«

»Besondere Kennzeichen?«

»Keine vorhanden.«

»Kleidung?«

»Teuer, aber von der Stange – nicht zurückzuverfolgen.«

»Äh …« Phil suchte nach weiteren Kriterien, fand aber keine – es sah ganz danach aus, als hätten die Beamten vom Police Department alle Möglichkeiten ausgeschöpft, das Mordopfer zu identifizieren.

»Verwirrend, nicht wahr?«, sagte Mr. High mit mildem Lächeln. »Das habe ich auch gedacht, meine Herren bis mir einfiel, dass ich von einem ähnlichen Fall schon einmal gehört habe.«

Damit öffnete der Chef die oberste Schublade seines Schreibtisches und zog eine weitere Mappe heraus, die er uns vorlegte. »Hier, lesen Sie …«

»Der Polizeibericht über einen Mord in Seattle«, erkannte Phil.

»Richtig.« Mr. High nickte. »Vor etwa einem Jahr kam dort ein Mann unter fast den gleichen Umständen ums Leben. Auch er wurde auf offener Straße erschossen, vom Täter fehlte jede Spur, die Identität des Opfers konnte bis heute nicht ermittelt werden.«

»Sie vermuten einen Zusammenhang?«, erkundigte ich mich.

»Liegt das so fern?« Mr. Highs Züge strafften sich. »Für mich klingt das nach Methode, Jerry. Dieser Killer tötet Menschen, die es eigentlich gar nicht geben durfte. Sie haben keine Identität. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?«

»Mein Gott«, entfuhr es mir, »Sie haben Recht, Sir. In den allermeisten Fällen gelangen wir über das Opfer auf die Spur des Täters. Das Umfeld, das Tatmotiv – all das ergibt Hinweise. Kennen wir das Opfer nicht, haben wir kaum eine Chance, den Mörder zu ermitteln.«

»So ist es, Jerry.« Mr. High nickte erneut und seine sonst so milden Züge verhärteten sich. »Dort draußen treibt ein sehr gerissener Killer sein Unwesen und wir wissen nicht mal, wie oft er bereits wirklich zugeschlagen hat. Die beiden Morde, von denen wir Kenntnis haben, könnten die Spitze eines Eisbergs sein, der irgendwo in den Vermisstenkarteien vergraben ist. Und ich fürchte, dass dieser Gedanke von der City Police bislang nicht berücksichtigt wurde.«

»Tja«, meinte Phil, »die Jungs vom Department interessieren sich nur für das, was in ihrem eigenen Revier geschieht. Was drüben in Jersey passiert, geht sie schon nichts mehr an.«

»Dafür sind Sie beide jetzt zuständig, Jerry und Phil«, verkündete High entschlossen. »Ich übertrage Ihnen den Fall mit sofortiger Wirkung. Wir wissen nicht, welche Ziele dieser Killer verfolgt, aber wir müssen ihn fassen. Je eher, desto besser.«

»Verstanden, Sir«, sagte ich.

»Holen Sie sich an Unterstützung, was Sie brauchen. Dieser Fall hat oberste Priorität. Machen Sie sich sofort an die Arbeit. Finden Sie heraus, wer das Opfer war – und stellen Sie den Täter. Ich wünsche Ihnen viel Glück.«

»Danke, Sir«, sagte ich. Dann erhoben wir uns aus unseren Sesseln und wandten uns zum Gehen.

»Übrigens«, meinte ich, als wir schon an der Tür waren, »wer leitete eigentlich die Ermittlungen an dem Fall, bevor er dem PD entzogen wurde?«

»Captain O’Conners«, gab Mr. High ohne Zögern zurück.

»Na fein«, meinte Phil und grinste bübisch. »Das Gesicht des alten Dickschädels hätte ich zu gerne gesehen …«

***

Gina Gaines war zufrieden.

Zumindest, soweit es ihre beruflichen Ziele betraf.

Innerhalb von nur drei Jahren war es ihr gelungen, zur Star-Fotografin bei Robyn & Partner aufzusteigen und das Gehalt, das sie einstrich, genügte, um sich damit ein geräumiges Loft in der Lower East Side leisten zu können.

Gina saß im Restaurant des St. Regis Hotel und blickte durch die Glasfront ihres Fensterplatzes auf den belebten Verkehr der 55. Straße. Ja, sie war sogar mehr als zufrieden.

Sie war glücklich.

Langsam hob Sie das Weinglas, dessen dunkelroter Inhalt im gedämpften Schein der Beleuchtung schimmerte und blinzelte durch die Flüssigkeit, sah die vorbeifahrenden Autos und die Passanten wie durch eine rote Linse.

»Prost, New York«, sagte sie leise. »Ich bin’s, Gina. Vor genau drei Jahren bin ich zu dir gekommen, mit nichts im Gepäck außer meinem Fotoapparat und ein paar Träumen. Danke, dass du mich so gut aufgenommen hast.«

Die junge Frau mit dem langen blonden Haar schloss die Augen in stiller Dankbarkeit – und leerte ihr Weinglas in einem Zug.

Dann winkte sie den Kellner zu sich heran und händigte ihm ihre Kreditkarte aus, um das festliche Mittagsmenü zu bezahlen, mit dem sie sich zum Jahrestag ihrer Ankunft in New York belohnt hatte.

Es dauerte eine Weile, ehe der in korrektes schwarz-weiß gekleidete Ober zurückkehrte – seine Miene eine denkwürdige Mischung aus Pikiertheit und Verachtung.

»Es tut mir Leid, Miss«, sagte er fast flüsternd, »aber wir können Ihre Kreditkarte als Zahlungsmittel nicht akzeptieren.«

»Nein?« Gina strich ihr blondes Haar zurück. »Wieso nicht?«

Der Ober rümpfte seine Habichtsnase, ehe er antwortete: »Die Karte wurde von der Bank gesperrt, Miss. Sie ist ungültig.«

»Was?« Gina war mehr als überrascht. »Das muss ein Irrtum sein. Ich meine … warten Sie …«

Die junge Frau griff nach ihrer Handtasche, fischte ihr ledernes Portemonnaie heraus und entnahm ihm eine andere Karte. »Es tut mir sehr Leid«, beteuerte sie. »Hier, nehmen Sie diese. Ich bin sicher, dass …«

Der Kellner hört schon nicht mehr hin. Gehobenen Hauptes nahm er die kleine Plastikkate entgegen und verschwand mit ihr Richtung Kasse.

Wieder verstrichen ein paar Minuten, in denen Gina gedankenverloren aus dem Fenster des Restaurants blickte und die Menschen draußen auf der Straße beobachtete.

Sie hatte die Sache mit der Kreditkarte schon fast vergessen, als sie einen dicklichen Mann auf sich zukommen sah, der Sakko und Krawatte trug und eine höchst wichtige Miene zur Schau stellte.

»Miss Gina Gaines?«, erkundigte er sich, als er am Tisch der jungen Frau anlangte.

»Ja«, bestätigte Gina verblüfft. »Was wollen Sie?«

»Miss Gaines, es bestehen Forderungen in der Höhe von 184 Dollar und fünfzehn Cents gegen Sie. Werden Sie bezahlen?«

»Ob ich …?« Die junge Frau verdrehte fassungslos die Augen. »Natürlich werde ich bezahlen«, erklärte sie dann. »Was glauben Sie wohl, wozu ich meine Karten …?«

»Ihre Karten sind nichts wert«, gab der untersetzte Mann bekannt, während Schweiß auf seine breite Stirn zu glänzen begann – die Situation war ihm sichtlich unangenehm. »Jede Ihrer Karten wurde als ungültig gemeldet. Wir werden sie daher einbehalten.«

»Was? Aber – das muss sich um einen Irrtum handeln, ich weiß nicht, wie …«

»Werden Sie den ausstehenden Betrag in bar begleichen?«, erkundigte sich der Mann im Anzug spitz.

»Tut mir Leid.« Gina schüttelte den Kopf. »Ich habe kein Geld bei mir – jedenfalls nicht so viel.«

»Dann werden wir Sie wegen Diebstahls und Zechprellerei anzeigen müssen.«

»Mich … anzeigen? Sind Sie übergeschnappt?« Die junge Frau schrie es fast und die Gäste an den anderen Tischen wurden aufmerksam. »Hören Sie, Mister, ich weiß nicht, was da los ist – ich kann Ihnen nur versichern, dass es sich um einen Irrtum handeln muss. Wenn Sie mich mit meiner Bank telefonieren lassen, wird sich sicher alles aufklären. Außerdem will ich sofort den Chef dieses Lokals sprechen!«

Gina war immer lauter geworden und jedes ihrer Worte hatte noch mehr Schamröte in das feiste Gesicht des Anzugträgers getrieben.

»Ich bin der Chef dieses Lokals«, erklärte er. »Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nicht noch lauter schreien würden – dies ist ein Fünf-Sterne-Lokal und kein Nachtklub. Aber vielleicht können wir uns ja auf eine andere Art einigen.«

»Nämlich?«, erkundigte sich Gina lauernd.

»Wenn Sie sich bereit erklären, unser Restaurant sofort und ohne Widerspruch zu verlassen, lasse ich noch mal Gnade vor Recht ergehen und Sie kommen ungeschoren davon. Allerdings sollten Sie sich hier nie wieder blicken lassen. Ich will keinen Skandal, verstehen Sie?«

Gina verstand nicht.

Verwirrt blickte sie den untersetzten Mann an und während ein Teil ihres Verstandes noch zu ergründen versuchte, wie beide Kreditkarten plötzlich gesperrt sein konnten, riet ein anderer Teil ihr, auf das Angebot des Restaurant-Besitzers einzugehen.

Zwar fühlte sie sich ungerecht behandelt und auch ziemlich elend dabei, ausgerechnet aus dem Lokal geworfen zu werden, in dem sie eben noch den Jahrestag ihres Erfolges gefeiert hatte. Doch erschien es ihr im Augenblick am klügsten, einfach nachzugeben.

»Also gut«, willigte sie schließlich ein und nickte und prompt ließ die Aufmerksamkeit der Männer und Frauen an den Nebentischen nach.