1,99 €
Phil und ich im Kampf gegen uralte chinesische Verbrecher-Clans. Alle jagten sie die Yang-Rolle, die das Geheimnis des Drachen barg. Und die chinesische Regierung hatte uns vom FBI ein mörderisches Ultimatum gestellt...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 127
Veröffentlichungsjahr: 2015
Cover
Impressum
Das Lächeln der Tigerin
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Johnny Cris
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-1206-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Das Lächeln der Tigerin
Mitternacht.
Die Säle und Korridore des Museums lagen still und verlassen, erhellt nur vom fahlen Schein des Mondes, der durch die hohen Fenster der Ausstellungsräume fiel.
Dort, wo sich tagsüber zahllose Besucher aus aller Welt drängten, herrschte nun Grabesstille. Die unzähligen Exponate lagen in ihren Glasvitrinen, stumme Zeugen ihrer Zeit.
Howard Hockley war bekannt dafür, daß er seinen Kontrollgang stets mit der Pünktlichkeit eines Uhrzeigers versah. Der Nachtwächter passierte den Kontrollpunkt in der Abteilung ›Asiathische Kunst‹ und nahm den Hauptkorridor, um die Räume zu überprüfen, die die chinesische Sonderausstellung beherbergten.
Schon als Hockley die Räume betrat, wußte er, daß etwas nicht in Ordnung war. Ein Blick auf die Alarmanlage zeigte dem Wachmann, daß sein Gefühl ihn nicht trog.
Die Anlage war abgeschaltet …
In einem anerzogenen Reflex griff Hockley nach der Dienstwaffe im Gürtelholster seiner Uniform, während sich sein Pulsschlag pochend beschleunigte.
Seit zehn Jahren arbeitete der Wachmann für das Metropolitan Museum, und nie war es in dieser Zeit zu einem ernsthaften Zwischenfall gekommen.
Nun, versuchte er sich zu beruhigen, vielleicht handelte es sich ja auch nur um einen Defekt an der Alarmanlage …
Hockley zückte das Funkgerät, um seinem Kollegen in der Zentrale Bescheid zu geben.
»Bud, hier Hockley«, flüsterte er leise, »kommen.«
Er ließ die Sprechtaste los, aber nichts als Rauschen drang aus dem kleinen Gerät.
»Hier Hockley«, wiederholte er leise, »kommen.«
Wieder nichts als leeres Rauschen.
»Nun komm schon, verdammt noch mal! Wach endlich auf, du Schlafmütze!«
Keine Antwort.
»Verdammter Idiot.« Hockley biß die Zähne zusammen und steckte das Funkgerät wieder weg. Dafür faßte er den Dienstrevolver jetzt mit beiden Händen – er würde diese Sache allein durchziehen müssen …
Langsam, mit schleichenden Schritten, drang der Wachmann in den ersten der Ausstellungsräume vor, die die Exponate aus verschiedenen Epochen der chinesischen Geschichte beherbergten. Einige der ausgestellten Gegenstände waren von nahezu unschätzbarem Wert, und die Zeitungen hatten deutlich genug über diesen Umstand berichtet …
Hockleys Pulsschlag hämmerte in den Adern.
Lautlos schlich er durchs Halbdunkel, zuckte zusammen, als er neben sich eine Gestalt gewahrte – um sich aufatmend einen Narren zu schelten, als er erkannte, daß es sich nur um eine Puppe handelte, die das historische Gewand eines Mandarin trug.
Hockley setzte seine Runde fort, ohne auf weitere Auffälligkeiten zu stoßen.
Erst, als er seine Inspektion fast abgeschlossen hatte und schon aufatmen wollte, vernahm er urplötzlich ein Geräusch in seinem Rücken.
Blitzschnell wirbelte der Wachmann herum – um gerade noch die blitzende Klinge zu sehen, die flirrend heranschnitt …
Und ihm den Kopf vom Rumpf trennte!
***
Der Torso des Uniformierten kippte blutüberströmt zu Boden.
Der Mann, der über ihm stand und rubinrote Kleidung trug, blickte auf den Leichnam hinab. In seinen schmalen, asiatisch geformten Augen war keine Regung auszumachen.
Dann gab er ein lautloses Zeichen – und zwei schemenhafte Gestalten ließen sich an dünnen Seilen von der Decke herab, unter der sie wie Insekten gehangen hatten.
Die drei Männer nickten sich zu und huschten lautlos durch das Halbdunkel davon.
Für die zahllosen Waffen, Diamanten und das Geschmeide aus den alten Tagen der chinesischen Geschichte hatten sie keine Augen – ihr Ziel war der zylindrische Glaskörper, der in der Mitte des Hauptsaals stand.
Staunend, fast andächtig, blieben die drei Männer vor dem Zylinder stehen, in dem auf rotem Samt das Objekt ihrer Begierde lag: das Fragment einer Schriftrolle, die über 1000 Jahre alt war – und sich bald schon in ihrem Besitz befinden würde …
Die lasergesteuerte Alarmanlage, die oberhalb des Zylinders an der Decke montiert war und unabhängig von dem System reagierte, das die Diebe bereits lahmgelegt hatten, hüllte den Glaskörper wie ein unsichtbarer Käfig ein und würde jede kleinste Veränderung sofort registrieren. Doch für die drei Diebe stellte sie kein Hindernis dar.
Rasch entnahmen die Männer einige Gegenstände aus den Tornistern, die sie auf dem Rücken trugen, setzten in aller Eile ein Spiegelsystem zusammen.
Eine Druckluftpistole beförderte einen Stahlhaken hinauf zur Decke, der ein dünnes Seil nach sich zog. Die Männer prüften den Halt, ehe sich einer von ihnen an dem Seil emporschwang. Die Spiegelvorrichtung wurde ihm nachgereicht.
Das unförmige Gebilde, das wie ein großer Kronleuchter aussah, bewegte er langsam auf die Öffnungen in der Decke zu, dem Ursprung der Laserstrahlen.
Dann, in einem Augenblick, in dem seine Kameraden den Atem anhielten, brachte er die Vorrichtung unter die Öffnungen – und die Laser wurden umgelenkt!
Einen Augenblick lang verharrten die drei Diebe, halb darauf wartend, daß der Alarm schrillen würde.
Nichts geschah – und die Männer in ihren weiten Gewändern, deren rote Seide im Mondlicht geheimnisvoll schimmerte, machten sich an die Arbeit.
Sie unternahmen nicht erst den Versuch, das Panzerglas des Zylinders zu zerstören. Statt dessen machten sie sich am Sockel der Vitrine zu schaffen. Sie hatten die Konstruktion der Anlage lange genug studiert, um zu wissen, daß der Sockel der Schwachpunkt des Sicherheitssystems war.
In aller Eile wurde der Sockel der Vitrine vom Boden gelöst, der Zylinder umgelegt. Danach öffneten die Diebe den Boden des Glaskörpers und lösten die Verriegelung, so daß sich der Zylinder öffnen ließ.
Sekunden später hielten die Diebe die Schriftrolle in ihren behandschuhten Händen.
Eilig packten sie das alte Pergament in den dafür vorgesehenen Köcher, den sich einer von ihnen auf den Rücken schnallte. Dann entfernten sie die Spiegelvorrichtung von der Decke und wollten zurück zu dem Dachfenster, durch das sie ins Innere des Museums gelangt waren.
Doch in dem Moment, als sie den Saal verlassen wollten, mußten sie feststellen, daß sie längst nicht mehr allein waren.
Die Schränke und Vitrinen ringsum schienen plötzlich lebendig zu werden, und vermummte Gestalten in weit geschnittenen Overalls sprangen dahinter hervor. Die Kleidung der Fremden ähnelte denen der Diebe, nur daß sie nicht rot, sondern kohlrabenschwarz war. In ihren Händen hielten die Männer – es waren ein rundes Dutzend – blitzende Schwerter, deren Klingen leicht gebogen waren.
Die Diebe gefroren in ihrer Bewegung und fuhren herum – nur um festzustellen, daß sie von allen Seiten eingekreist waren.
Es gab kein Entkommen.
Mit gefletschten Zähnen zogen auch sie ihre Klingen, taxierten ihre Gegner mit eiskalten Blicken.
»Die Schriftrolle«, forderte einer der Männer in Schwarz. »Gebt sie uns, und wir lassen euch leben.«
»Niemals.« Der Anführer der drei Diebe schüttelte den Kopf. »Tiger ergeben sich nicht. Sie kämpfen.«
»Und sterben«, fügte der andere höhnisch hinzu – und gab seinen Leuten ein unmerkliches Zeichen.
Im nächsten Augenblick zuckte das Verderben aus der Dunkelheit heran – metallene Wurfsterne, deren gezackte Kanten sich erbarmungslos durch Fleisch und Knochen fraßen.
Der Anführer der Diebe stieß ein heiseres Gurgeln aus, als sich eines der Geschosse in seine Kehle bohrte. Ein zweiter und ein dritter Stern zuckten heran, trafen ihn in die Brust. Keuchend brach der Mann zusammen.
Seine Gefährten schrien auf und gingen zum Gegenangriff über, drangen mit blanken Schwertern auf die Übermacht ihrer Gegner ein.
Mit gewaltigen Sprüngen setzten sie hoch über die Köpfe ihrer Feinde hinweg und landeten mitten unter ihnen. Die rasiermesserscharfen Klingen ihrer Schwerter hatten binnen Sekunden zwei der Schwarzen gefällt.
Blutüberströmt gingen die Männer nieder. Im nächsten Moment hatten sich ihre Kameraden von dem Schreck erholt und blockierten die Hiebe der Klingen, die auf sie niederprasselten.
Funken stoben, als Metall auf Metall traf, lärmender Klang hallte von der hohen Decke wider. Die Kämpfenden selbst jedoch gaben keinen Laut von sich – ihr Kampf glich einer gespenstische Pantomime, die sich im fahlen Mondlicht abspielte.
Irgendwann bekam einer der schwarzgekleideten Männer den Köcher mit der Schriftrolle zu fassen, den einer der Roten auf dem Rücken trug – und so schnell, wie sie aufgetaucht waren, zogen sich die Angreifer wieder zurück, ihre Toten und Verwundeten mit sich nehmend.
Zurück blieben die beiden Diebe – und ihr unbändiger Haß, der nach Rache schrie.
***
Als Phil und ich am Morgen das Büro von Mr. High betraten, konnten wir am düsteren Gesichtsausdruck unseres Vorgesetzten bereits erkennen, daß etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.
»Gentlemen«, begann der SAC ohne Umschweife das Briefing, »wir haben eine Krisensituation.«
»Eine Krisensituation?«
»Ja, Phil«, bestätigte Mr. High ernst. »Zumindest könnte binnen achtundvierzig Stunden eine daraus werden, wenn wir nichts unternehmen.«
»Worum geht es, Sir?« erkundigte ich mich, während bereits meine berufliche Neugier erwachte.
»Heute nacht kam es im Metropolitan Museum of Art zu einem folgenschweren Zwischenfall«, erklärte Mr. High. »Die Yang-Rolle wurde aus der chinesischen Sonderausstellung gestohlen.«
»Was?« fragte ich ungläubig. »Die Yang-Rolle?« Ich hatte davon in der Zeitung gelesen – die Rolle war das Fragment eines uralten chinesischen Schriftstücks, für die Archäologie von unschätzbarem Wert …
»Aber wie ist das möglich?« rief Phil. »Die Sicherheitsanlagen des Metropolitan sind doch …«
»Sie wurden offenbar alle umgangen, und zwar von einem sehr gewitzten und routinierten Dieb. Wir haben bereits ein Spezialteam vor Ort, das nach Spuren des Einbrechers sucht.« Mr. High seufzte. »Aber das ist noch längst nicht alles, meine Herren. Zwei Wachleute des Museums wurden beim Einbruch auf grausame Weise getötet, außerdem sieht es so aus, als habe im Museum ein Kampf stattgefunden.«
Ich hob die Brauen. »Ein Kampf, Sir?«
»Ja, wenngleich dieser Umstand uns noch immer Rätsel aufgibt. Es wird Ihre Aufgabe sein, Licht in die Sache zu bringen und die gestohlene Schriftrolle wiederzubesorgen.«
»Aber Sir«, meinte Phil, »wir stekken gerade mitten in den Ermittlungen am Tarelli-Fall. Wir können doch nicht …«
»Der Tarelli-Fall wird von zwei anderen Agenten übernommen. Der Diebstahl der Yang-Rolle hat absolute Priorität, Gentlemen, und ich möchte Sie beide an der Sache dran haben.«
»Verstehe, Sir«, bestätigte ich, »aber warum diese Brisanz? Es gibt Dutzende von Fällen, die …«
»Ich weiß, was Sie meinen, Jerry.« Mr. High nickte. »Doch passen Sie auf – die Yang-Rolle war eine Leihgabe der chinesischen Staatsregierung. Daß sie ausgerechnet jetzt abhanden kommt, da sie sich in unserem Land befindet, wirft kein gutes Licht auf uns. Das State Department befürchtet, daß der Verlust der Yang-Rolle die Beziehungen zwischen beiden Ländern auf lange Sicht erheblich beeinträchtigen könnte. In einer Zeit, in der der Präsident alles versucht, das Eis zwischen den beiden Ländern zu brechen, wäre das das falsche Signal. Sie sehen also, meine Herren, es geht hier um mehr als um archäologische Interessen.«
»Hm«, sagte ich. »Wissen die Chinesen bereits von dem Raub der Schriftrolle?«
»Wir haben beschlossen, mit offenen Karten zu spielen. Der chinesische Botschafter in New York wurde verständigt. Er hat sich bereits mit seiner Regierung in Verbindung gesetzt.«
»Und?« wollte Phil wissen.
»Die Chinesen haben uns ein Ultimatum gestellt. Wenn es uns binnen achtundvierzig Stunden gelingt, die Schriftrolle wiederzubeschaffen, werden sie den Vorfall ignorieren. Bleibt die Rolle verschwunden, werden Sie – wie war das noch?«
Mr. High griff in den Aktenstapel, der auf seinem breiten Schreibtisch lag, und griff zielstrebig ein Fax daraus hervor.
»Ah, hier«, fuhr er schließlich fort und las vor: »’Wird die chinesische Staatsregierung den Diebstahl der Yang-Rolle als einen Angriff auf die Kultur und historische Identität des chinesischen Volkes betrachten und mit entsprechenden Maßnahmen antworten.’«
»Einen Angriff auf was?« fragte Phil verwirrt.
»Politikersprache, Alter«, kam ich zur Hilfe. »Mit anderen Worten: Wenn wir mehr Menschenrechte und einen Stopp der Atomversuche in China wollen, sollten wir uns mächtig ins Zeug legen.«
»Das sehe ich auch so, Jerry«, bestätigte Mr. High. »Obwohl ich da noch ein paar Zweifel hege …«
»Allerdings, Sir«, sagte ich. »Was, wenn das alles nur ein fauler Trick ist? Was, wenn die ganze Sache von den Chinesen inszeniert wurde, um uns bloßzustellen? Wenn alles nur eine Finte des chinesischen Geheimdienstes ist, um sich ungeschoren aus den jüngsten Abkommen winden zu können?«
»Diese Möglichkeit besteht«, räumte Mr. High ein, »auch wenn ich von unseren chinesischen Kollegen lieber anders denken würde. Es wird Ihre Aufgabe sein, die Wahrheit herauszufinden, Gentlemen – und Sie haben dafür nur achtundvierzig Stunden Zeit.«
»Zwei Tage?« Phil streifte mich mit einem Seitenblick. »Und ich dachte schon, wir müßten uns beeilen …«
»Das sollten Sie«, meinte Mr. High. »Die Nachrichtensperre, die wir mit den Chinesen vereinbart haben, läuft aus. Danach wird vor dem Museum vermutlich der Teufel los sein …«
***
Mr. High hatte nicht übertrieben.
Auf dem Vorplatz des Metropolitan Kunstmuseums an der 5th Avenue herrschte Chaos.
Reporter und Kamerateams drängten von allen Seiten heran, Schaulustige hatten sich zu Hunderten eingefunden. Die Polizisten des NYPD, die eine Absperrung rings um das von Säulen umrahmte Museumsportal errichtet hatten, hatten Mühe, die Ordnung einigermaßen aufrechtzuerhalten.
Die Nachricht, die erst vor zwanzig Minuten über den Äther gekommen war, hatte sich wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet: Das Yang-Pergament war in der Nacht aus dem Metropolitan gestohlen worden!
Als Phil und ich eintrafen, kamen wir nicht einmal mehr zum Parkplatz durch. Wir ließen den Dienstwagen einfach inmitten der Menge stehen und bahnten uns einen Weg durch den Kordon der Schaulustigen.
Endlich erreichten wir die Absperrung, ließen unsere Marken sehen und durften passieren.
Ein junger Detective des PD geleitete uns durch die Hallen des Museums zum Ostflügel, der zur Zeit mit der chinesischen Sonderausstellung belegt war. Aus deren Bestand war das Pergament gestohlen worden.
»Das ist eine Katastrophe! Ein absolutes Debakel!« hörten wir jemanden schon von weitem rufen. »Wer, zum Teufel, hat die Presse verständigt? Die Sache sollte doch geheim bleiben. Und wo, zum Donnerwetter, bleiben die Leute vom FBI?«
»Sind schon da«, sagte ich schlicht, als Phil und ich den Raum betraten.
Der Urheber des Lamentos – ein rundlicher Typ mit graumelierten Schläfen und altmodischer Hornbrille – verstummte jäh und errötete. »Äh, meine Herren, das tut mir leid – ich bin nur etwas durcheinander, das ist alles …«
»Schon gut«, winkte ich ab. »Ich bin Special Agent Cotton, das hier ist mein Partner, Special Agent Decker.«
»Sehr erfreut, meinte Herren.« Der Mann schoß auf uns zu und reichte uns flüchtig die Hand. »Direktor William Cooper. Ich leite die asiatische Abteilung.«
»Sehr erfreut, Sir«, meinte ich, während ich bereits im Ausstellungssaal Umschau hielt.
Mehrere Vitrinen waren umgestürzt oder lagen am Boden, der mit Flecken von getrocknetem Blut übersät war. Es sah tatsächlich so aus, als ob ein heftiger Kampf stattgefunden hätte – wenngleich auf den ersten Blick nirgendwo Einschußlöcher von Kugeln zu entdekken waren …
»Das alles ist eine entsetzliche Katastrophe«, jammerte Cooper erneut, während er sich mit einem Taschentuch den Schweiß von seiner fliehenden Stirn tupfte. »Schäden in Millionenhöhe! Die Yang-Rolle gestohlen! Das darf doch alles nicht wahr sein!«
»Was hat es denn mit dieser Rolle auf sich?« erkundigte sich Phil – die Aufregung des Direktors über ein Stück Pergament war schwer nachzuvollziehen.
»Die Yang-Rolle ist eines der wertvollsten Schriftstücke, die die Archäologie kennt«, belehrte ihn Cooper mit einem Tonfall, der einige Verwunderung über die Unbildung meines Partners verriet. »Sie ist mehr als tausend Jahre alt und wurde vermutlich während der fünften Dynastie beschrieben. Benannt wurde sie nach ihrem Fundort, einer Stadt im Osten des Landes.«
»Fein«, meinte Phil mit entwaffnender Naivität. »Und was steht drauf?«
Cooper machte ein Gesicht, als hätte mein Partner ein unverzeihliches Sakrileg begangen.
»Das Geheimnis der Yang-Rolle wurde noch nicht entschlüsselt«, enthüllte der Direktor mit Ehrfurcht in der Stimme. »Es ist eines der letzten großen Rätsel der Menschheitsgeschichte.«
»Ach so?« Phil machte große Augen und konnte jetzt noch viel weniger verstehen, wie ein uraltes Schriftstück über Nacht zum Politikum werden konnte. »Warum dann die Aufregung der Chinesen?«