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Mr High befand sich in den Händen der Gangster und sein Leben war keinen Pfifferling mehr wert. Zuerst folterten sie ihn und dann schien es zu Ende zu sein. Einer der brutalen Verbrecher drückte dem Chef des New Yorker FBI die Mündung seiner Kanone an die Schläfe: "Aus und vorbei, John D. High. Das war's dann wohl..."
Abschlussband der Jubiläumstrilogie.
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2015
Cover
Impressum
Mr. Highs Hinrichtung
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Johnny Cris
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-1230-0
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Mr. Highs Hinrichtung
Der Schmerz war unerträglich.
Er peinigte seinen Körper vom Kopf bis hinab zu den Zehen. Glühende Lava schien durch seine Adern zu fließen, seine Haut auf der Brust brannte wie Feuer. In hektischer Folge kontraktierten seine Muskeln, seine inneren Organe schienen in Flammen zu stehen.
Erneut flutete ein Stromstoß durch John D. Highs Körper. Der FBI-Chef zuckte wie eine Puppe auf dem Stuhl, auf den er gefesselt war. Nur wie von fern drang die Stimme an sein Ohr, die aus einem der verborgenen Lautsprecher schallte.
»Das reicht, Leute!«, sagte sie. »Wir haben genug gesehen. Jetzt knallt den Mistkerl ab …!«
Die Stromstöße endeten, und der FBI-Chef hörte, wie sich ihm Schritte näherten, doch er war unfähig, auch nur den Kopf zu heben.
Erleichtert nahm er wahr, dass das Martyrium geendet hatte. Alles andere war ihm gleichgültig.
Das hässliche Summen des kleinen Generators, das noch vor Augenblicken den fensterlosen Kellerraum erfüllt hatte, war verstummt. Der beißende, lähmende Schmerz, der in regelmäßigen Abständen durch seinen Körper gefahren war, hatte ausgesetzt.
Ruhe herrschte jetzt, trügerische Ruhe.
Nur der blendend helle Scheinwerfer war noch an. Und die Kontrollampe an der Kamera, die sein Leiden aufgenommen hatte, jeden verdammten Augenblick davon.
Der SAC hörte, wie sich die harten Schritte seiner Folterer näherten. Sie waren zu zweit, Verbrecher der schlimmsten Sorte, die weder Mitleid noch Gnade kannten.
John D. High kannte sie – aus den Akten des FBI. Niemand kannte ihre wirklichen Namen. Sie nannten sich Dr. Jekyll und Mr. Hyde.
Im Gegensatz zu vielen anderen Killern, die in der Unterwelt ihr Unwesen trieben, waren die beiden gebildet und hatten Stil, trugen teure Anzüge und wussten sich gewählt auszudrücken. Was ihre Taten allerdings nicht weniger verabscheuungswürdig machte.
Mit sadistischem Vergnügen hatten sie John D. High gefoltert, hatten ihn unbeschreiblichen Qualen ausgesetzt, indem sie ihn mit Elektroschocks gefoltert hatten. Und dabei hatten sie ihm nicht eine einzige Frage gestellt.
Was, in aller Welt, führten die Kerle im Schilde?, fragte sich John D. High. Nicht, dass es noch eine Rolle gespielt hätte.
Der SAC merkte, wie ihn jemand grob an den Haaren packte und seinen schmerzenden Schädel hoch riss, sodass er direkt in das lauernde Auge der Kamera blicken musste.
Die Brennweite des Objektivs veränderte sich.
John D. High sah, wie es ihn fokussierte, wie es ganz nah auf sein Gesicht zoomte. Und plötzlich spürte er den eiskalten Lauf einer Pistole an seiner Schläfe.
»Und jetzt«, sagte einer seiner beiden Folterknechte mit hämischer Stimme, »werden Sie sterben, SAC High.«
***
Wir waren alle geschockt, stumm und starr vor Entsetzen. Fassungslos standen wir vor dem Fernseher im Bereitschaftsraum des FBI-Gebäudes, konnten nicht glauben, was wir da zu sehen bekamen.
Atemlos schauten wir dabei zu, wie John D. High, der Chef unseres Büros, der vor wenigen Tagen spurlos verschwunden war, live im Fernsehen gefoltert wurde. Und nicht nur wir wohnten der grausigen Vorstellung bei.
Ganz Amerika sah es. Das schändliche Werk ruchloser Folterknechte wurde pünktlich zum Feierabend in Millionen von Haushalte übertragen.
Mein Entsetzen kannte keine Grenzen.
Hilflos sahen wir mit an, wie sich unser aller Chef, wie sich mein väterlicher Freund und Mentor unter unerträglichen Schmerzen wand.
Mr. High war kaum wieder zu erkennen.
Sein Gesicht wirkte aufgedunsen, war blutig und von Schmerz verzerrt.
»Diese Sauhunde!«, stieß mein Freund und Kollege Phil Decker hervor, der seinen Arm wegen der Schussverletzung, die er sich eingefangen hatte, noch immer in einer Schlinge trug.1) »Diese verdammten Sauhunde!«
Ich merkte, wie Übelkeit in mir emporstieg. Ein Sturm von Gefühlen tobte in mir, ohne dass ich zu sagen vermocht hätte, welche Empfindung stärker war.
Die ohnmächtige Wut, die mich befiel, wenn ich meinen Chef und Mentor leiden sah. Das Mitleid, das mich überkam, wenn ich seinen aufgedunsenen, von Blessuren und Brandwunden übersäten Leib betrachte. Der Zorn auf die Sensationsgier der Medien, die die Bilder, die ihnen die Entführer schickten, sofort auf Sendung hatten gehen lassen.
Oder war es trotz allem die Erleichterung darüber, unseren SAC noch am Leben zu sehen?
»Nein, verdammt!«, hörte ich unseren Kollegen Steve Dillaggio, der nach Mr. Highs spurlosen Verschwinden zum neuen SAC des New Yorker Büros befördert worden war, in sein Handy brüllen. »Ich will keine förmliche Beschwerde einlegen, haben Sie verstanden? Es ist mir scheißegal, was Ihr Aufsichtsrat von der Sache hält! Ich will den Sendeleiter sprechen! Ich will, dass die Ausstrahlung dieser Sendung sofort gestoppt wird, haben Sie mich verstanden?«
Steves Stimme wurde heiser und überschlug sich. Er schien gegen Windmühlenflügel zu kämpfte.
Einem Sender auszureden, eine Sendung über den Äther zu schicken, die in diesem Augenblick sicher Millionen von Amerikanern an die Bildschirme fesselte, war ungefähr so, als versuche man, einem Feuer das Brennen abzugewöhnen. Die Fernsehfritzen taktierten, hielten Steve hin, weil sie genau wussten, dass ihnen jede Sekunde, die die Übertragung länger auf Sendung blieb, Millionenumsätze bescherte.
Nicht einmal die sonst so mächtigen Buchstaben ›FBI‹, die Steve fortwährend in das Telefon brüllte, vermochten daran etwas zu ändern.
Der Fernsehsender versteckte sich unter dem Deckmantel der Pressefreiheit. Für eine gerichtliche Einigung war später Zeit, nachdem das Material ausgestrahlt und der Millionenumsatz gemacht worden war. Dann würden sich diese Leute vor die Kameras stellen und zutiefst bedauern, unmoralisch gehandelt zu haben, aber im Interesse der Pressefreiheit und des Rechts der Öffentlichkeit auf Information sei es unumgänglich gewesen.
Mir kam der wirre Gedanke, dass sie doch jetzt endlich den Werbeblock bringen müssten.
Es war zum Kotzen.
Mr. High befand sich in der Gewalt der Folterer und wurde grausam gequält. Und es gab absolut nichts, was wir dagegen unternehmen konnten.
Wir mussten tatenlos zusehen, wie das Leiden unseres SAC zum öffentlichen Spektakel avancierte und dem Sender DomeNet eine neue Traumquote verschaffte.
Plötzlich setzten die Stromstöße aus, mit denen Mr. High gefoltert wurde. Sein Körper erschlaffte auf dem Stuhl, auf den er gefesselt war, sein Kopf fiel nach vorn.
»Was ist jetzt?«, fragte unsere Kollegin June Clark entsetzt in die Stille, die entstanden war. »Was ist mit ihm?«
»Komm schon, John D. High«, knurrte Phil neben mir und ballte beschwörend die Fäuste. »Komm schon! Halte durch, John High!«
Eine Hand erschien im Bild, die Mr. High an seinem schlohweißen Haar packte und seinen Kopf grob zurückriss.
Er sah entsetzlich aus, sein Gesicht war geschwollen und von Schmerz gezeichnet.
Aber er war noch am Leben.
Das Bild war leicht verschwommen und flimmerte, als ob es von weit her übertragen wurde. Die Kamera zoomte auf das Gesicht von Mr. High, und wir schwiegen betroffen, denn dieser Anblick war absolut schrecklich.
Steves Stimme war alles, was noch im Bereitschaftsraum zu hören war. »Nein, ich will, dass Sie die Übertragung sofort abbrechen, haben Sie mich verstanden?«
Plötzlich, erschien eine Pistole im Bild, eine kurzläufige Beretta, deren Lauf Mr. High an die Schläfe gesetzt wurde.
»Nein!«, rief ich voller Entsetzen.
Steve verstummte, eine der Agentinnen begann zu weinen. Bedrückende Stille herrschte plötzlich im Bereitschaftsraum.
»Und jetzt«, drang eine seltsam verzerrte Stimme aus dem Fernsehgerät, »werden Sie sterben, SAC High!«
***
John D. High spürte das kalte Eisen an seiner Schläfe.
Es war aus.
Vorbei.
Jeden Augenblick würde der Killer abdrücken, und die Kugel würde aus dem Lauf der Pistole fegen und seinen Schädel zerfetzen. Das war’s dann gewesen.
Das Ende.
Sein ganzes Leben hatte er in den Dienst von Recht und Gesetz gestellt. Er hatte das Verbrechen in all seinen Ausformungen bekämpft, weil er nicht gewollt hatte, dass andere Menschen die gleiche bittere Erfahrung machen mussten wie er.
John D. Highs Familie war von Gangstern ermordet worden. Seither hatte er sein Leben ganz einer Aufgabe gewidmet: dem Kampf gegen das Verbrechen. Ziel seines Strebens war es stets gewesen, die Unschuldigen zu beschützen und Leben zu retten.
Diese Ratten mochten ihn jetzt killen, doch damit hatten sie nicht gewonnen. John D. High hatte seinen Kampf gekämpft und unzählige dieser Dealer, Mörder und Banditen aus dem Verkehr gezogen. Und ebenso vielen Menschen hatte er helfen können. Das war ihm Genugtuung genug. Das war sein Sieg, und den konnte ihm auch eine Kugel nicht nehmen.
Es wunderte ihn fast, dass seine Peiniger so viel Menschlichkeit besaßen, ihn von seiner Qual zu erlösen. Jeden Augenblick würde der Schuss krachen, und alles würde vorbei sein.
Dann würde John D. High endlich die Schmerzen los sein, würde seine Familie wieder sehen, die er vor so langer Zeit auf so grausame Weise verloren hatte. Er glaubte fest daran, dass sie auf ihn warteten. Drüben, auf der anderen Seite der großen Grenze. Er war ihnen näher als jemals zuvor.
Aber etwas stimmte nicht.
Ein Gefühl stieg tief aus seinem Inneren auf und sagte ihm, dass etwas nicht in Ordnung war, dass sich ein Fehler in sein Denken eingeschlichen hatte.
Wieso? Es war doch so einfach. Der Schuss krachte, und alle seine Leiden würden beendet sein, er würde mit seiner Familie wieder vereint sein.
Das Gefühl jedoch blieb. Und mit jedem Schritt, den John D. High aus dem Dämmerzustand der Agonie wieder ans Licht des Bewusstseins trat, wurde es stärker.
Wut mischte sich in dieses Gefühl. Abneigung und eine gehörige Portion Trotz. Wut auf seine Peiniger. Eine abgrundtiefe Abneigung gegen das Verbrechen. Und vehementer Trotz dagegen, sich einfach so in sein Schicksal zu ergeben.
John D. Highs Widerstand erwachte wieder. Und mit einem Mal empfand er den Pistolenlauf an seiner Schläfe nicht mehr als Erlösung, sondern als Bedrohung.
Er wollte den Kopf schütteln, um das störende Eisen loszuwerden, doch jemand packte ihn im Genick, hielt ihn unbarmherzig fest.
Gedanken begannen ihm wie Blitze durch den Kopf zu schießen, fieberhaft suchte er nach einem Ausweg. Was hatte er seinen Agenten stets eingetrichtert? Es ist erst zu Ende, wenn es zu Ende ist.
Und noch etwas hatte er seinen Agenten beigebracht: G-men geben niemals auf!
John D. High wollte nicht sterben, denn die Mission, die er zu erfüllen hatte, war noch nicht vollbracht, noch lange nicht. Da war noch viel Schlechtigkeit, die es zu bekämpfen galt.
Vor allem musste er herauskriegen, wer hinter seiner Entführung steckte. Denn ein Krieg der Syndikate musste verhindert werden, und seine Entführung hatte unmittelbar damit zu tun. Ein brutaler, blutiger Gangsterkrieg drohte seiner Stadt New York.
Nein, er würde sich nicht so einfach aus diesem Spiel verabschieden. Er würde helfen, diese Gangster dingfest zu machen und seine Stadt vor dem drohenden Bandenkrieg zu bewahren!
Und John D. High hatte eine Idee.
Es war nur ein bizarrer Gedanke, ein Strohhalm, an der er sich klammerte. Aber es war die letzte verzweifelte Möglichkeit.
»Halt!«, rief er aus. »Ich weiß etwas …«
»Ach ja?«, unterbrach ihn eine höhnische Stimme. »Du weißt was?«
»Ja«, sagte John D. High. »Und zwar – über euren Vater!«
***
Maximus Dome saß in seinem luxuriös ausgestatteten Büro in der obersten Etage des MediaDome-Gebäudes. Er hatte sich hierher zurückgezogen, um die Übertragung von John D. Highs Exekution in vollen Zügen zu genießen.
Nun jedoch starrte er voller Befremden auf den Fernsehschirm.
Eben noch war FBI-Chef John D. High zu sehen gewesen, der sich in der Gewalt der beiden Killer befand. Einer der Folterer und Killer hatte ihm die Pistole an den Kopf gesehen, und alles war in schönster Ordnung gewesen.
Dann jedoch, von einem Moment zum anderen, war das Bild verschwunden, war es schwarzweißem Flimmern gewichen.
»Verdammter Mist!«
Domes erster Gedanke war, dass der Fernseher kaputt war. Der Medienmogul nahm die Zigarre, an der er lustvoll gepafft hatte, zwischen die Zähne und begann, mit beiden Fäusten auf das Gerät einzuhämmern. Ohne Erfolg. Das Bild blieb verschwunden.
Plötzlich meldete sich das Telefon auf seinem Schreibtisch. Und Maximus Dome ahnte, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hatte.
»Ja doch?«, fauchte er, nachdem er zornig abgenommen hatte.
»Sir, hier ist Jill McGee«, drang die Stimme der Sendeleiterin aus der Hörmuschel. »Es tut mir leid, Sir, aber die Übertragung wurde unterbrochen.«
»Was soll das heißen?«, fragte Dome genervt.
»Das heißt, dass wir kein Signal mehr empfangen«, antwortete McGee sachlich. »Die Entführer haben die Übertragung abgebrochen.«
»Sind Sie ganz sicher?« Dome schnappte nach Luft. »Könnte nicht auch Versagen von Ihrer Seite der Grund sein?«
»Nein, Sir«, erwiderte die Sendeleiterin bestimmt. »Wir haben bereits einen ersten Systemcheck durchgeführt. Das Fremdsignal ist abgerissen. Dagegen können wir nichts tun.«
»Ich verstehe«, erwiderte Dome tonlos und fragte sich, was verdammt noch mal schief gelaufen war.
Der Medienmogul hatte alles so gründlich vorbereitet.
Vor einigen Wochen hatte der FBI Domes Sender ein Milliardengeschäft vermasselt, worauf sich Dome entschlossen hatte, es der Bundesbehörde heimzuzahlen. Kein blindwütiger Racheplan, sondern eine Strategie, wie er sich gleichzeitig die verlorenen Gewinne zurückholen und dem FBI einen schmerzhaften Denkzettel verpassen konnte. Dreh- und Angelpunkt seines Plans war von Beginn an John D. High gewesen, der allseits geschätzte Chef des New Yorker FBI.
Eigens zu diesem Zweck hatte sich Dome mit Hikaru Satashi verbündet, einem aus Japan geflüchteten Yakuza-Gangster, der in New York seine neue Organisation aufbauen wollte. Dome hatte Satashi zugesichert, ihm den FBI vom Hals zu halten, während der Japaner einen Gangsterkrieg gegen das Mafia-Syndikat von Luigi Stellari vom Zaun brechen sollte, einem stadtbekannten Gangsterboss.
Dome hatte bei diesem Deal nur an seinen Vorteil gedacht. Er hatte John D. High entführen lassen und wollte ihn auch umlegen lassen, ohne dass der Verdacht auf ihn fiel. Denn der FBI würde für diese Sache Satashi verantwortlich machen, der New York mit einem Gangsterkrieg drohte und sich auch ganz offen mit dem FBI angelegt hatte – so wie Dome es ihm geraten hatte, damit er – Satashi – Ansehen und Ruhm gewann, sodass die kleineren Bosse vor ihm kuschten.
Alles war genau so gekommen, wie Dome es geplant hatte. Satashis Kampf gegen die Mafia hatte die Stadt schlagartig in eine Krise gestürzt und den FBI in Atem gehalten. Und Dome hatte John D. High entführen lassen.
Aber damit noch nicht genug. Dome wollte seinen Gegner nicht nur demütigen. Er wollte auch Kapital aus der Sache schlagen. Der Medienboss hatte zwei Profikiller angeheuert, die den SAC langsam zu Tode foltern sollten. Und zwar vor laufender Kamera. Millionen von Amerikanern würden dabei zusehen.
Auf diese Weise würde Dome doch noch das größte TV-Geschäft aller Zeiten machen, das ihm die G-men zuvor während der ›Luxury‹-Affäre vermasselt hatten. Und alle Welt würde niemand anderen als Hikaru Satashi verdächtigen.
Der Plan war brillant – oder vielmehr brillant gewesen!
Bis hierher war alles wie gewünscht verlaufen. Doch nun war plötzlich die Verbindung zum Versteck der Killer abgebrochen, gerade in dem Augenblick, als die Sendung ihren Höhepunkt hatte erreichen sollen: John D. Highs Exekution, live und in Farbe!
»Was sollen wir tun, Sir?«, meldete sich Jill McGee wieder zu Wort. Dome hatte fast vergessen, dass er noch immer den Hörer in der Hand hielt.
»Was sollen wir schon tun?«, knurrte er missmutig. »Schalten Sie zurück ins Studio! Lorna soll sich irgendwie darum kümmern! Sagen Sie, dass die Internetverbindung abgerissen ist, dass wir aber weiter auf Empfang bleiben. Das wird zumindest einige Zuschauer bei der Stange halten!«
»Verstanden, Sir«, sagte die Sendeleiterin, und es klickte in der Leitung.
Zornig warf Dome den Hörer auf. Die Zigarre in seinem Mund schmeckte plötzlich fade und schal.
Irgendetwas war schief gelaufen.
Er musste herausfinden was …
***
›Dr. Jekyll‹ und ›Mr. Hyde‹ hatten sich mit einem kurzen Blick verständigt.
Dann, in einem jähen Entschluss, hatte ›Dr. Jekyll‹ das Übertragungskabel, das mit der Kamera verbunden war, gepackt und kurzerhand herausgerissen.
Jetzt stand er da und glotzte Mr. High fassungslos an. »Sie elender Bastard!«, rief er aus. »Wenn Sie glauben, uns verladen zu können, dann haben Sie sich geschnitten!«
»Nur die Ruhe, Brüderchen«, mahnte ›Hyde‹ seinen impulsiven Doppelgänger.
»Ruhe? Was meinst du mit Ruhe?«, schrie ›Dr. Jekyll‹. Er fletschte die Zähne, als wolle er seinem ›Spitznamen‹ alle Ehre machen. »Dieser Mistkerl hätte beinahe vor laufender Kamera unsere Identität verraten!«
»Das hatte ich nicht vor«, erklärte John D. High mühsam. Das Sprechen fiel ihm schwer, er hatte noch immer große Schmerzen. Aber immerhin war die Mündung der Pistolen von seiner Schläfe verschwunden.
»So, was hatten Sie denn dann vor?«, knurrte ›Dr. Jekyll‹.
»Ich sagte es Ihnen doch. Ich kenne Ihren Vater. Ich weiß, wo er ist.«
Wieder wechselten die beiden sadistischen Killer einen Blick, diesmal lange und intensiv.
»Woher – wissen Sie – von unserem Vater?«, fragte ›Mr. Hyde‹ stockend.
Und der SAC wusste, dass er einen Volltreffer gelandet hatte.
Es war nur ein schwacher Hoffnungsschimmer gewesen, ein Schuss ins Blaue. Doch er hatte gesessen.