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Phil und ich standen vor der Leiche eines jungen Mädchens und alles an dem Mord passte nicht zusammen.
Bei unseren Nachforschungen fanden wir nicht die Spur eines Motivs, dafür aber Hinweise, dass das Verhältnis des Stiefvaters zu seiner Stieftochter nicht ganz so war wie es eigentlich sein sollte. Auch der Freund des Mädchens gab uns nach der Befragung Rätsel auf, doch weiter kamen wir bei unseren Ermittlungen erst, als sich die Ereignisse dramatisch zuspitzten ...
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Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2014
Cover
Impressum
Die falsche Spur zum Mörder
Jerry Cotton aktuell
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Film: »Sugar and Spice«/ddp images
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-8387-5818-3
www.bastei-entertainment.de
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www.bastei.de
Die falsche Spur zum Mörder
Maggie Carson wusste, wie gefährlich der Straßenstrich in North Philadelphia war. An der Ecke Kensington Avenue/Somerset Street wurde fast jede Woche ein Mädchen vergewaltigt oder ermordet, und hier wechselte mehr Heroin, Kokain und Meth den Besitzer als in New York oder East L.A. Kein Grund für sie, die Gegend zu wechseln. Mit Drogen hatte sie wenig am Hut, und selbst miese Freier waren zu ertragen, wenn man wusste, dass man irgendwann aussteigen würde. Es sei denn, man geriet an einen Verrückten und hatte plötzlich ein Messer am Hals.
Noch fehlten ihr ein paar Tausender, um diese miese Ecke endgültig verlassen zu können. Sie träumte von einer eigenen Boutique oder einer Kaffeebar, und beides kostete Geld. Mehr Geld, als auf ihrem Konto lag. Von der Summe, die sie ihrem Zuhälter schuldete, ganz zu schweigen. Ungefähr noch zwei Jahre würde sie brauchen, um genug Geld für die Anzahlung zu haben. Jeder Freier zählte, da durfte man nicht wählerisch sein.
Also stieg sie auch zu einem Typ, von dem sie nicht mal das Gesicht sah, in den Wagen. Wahrscheinlich einer dieser Mittelklasse-Heinis, die sich in ihren Büros und bei ihren Familien in den Vororten langweilten und sich bei Dealern und leichten Mädchen wie ihr einen Kick holten.
Die meisten dieser Typen standen auf junge Dinger wie sie. Sie war gerade achtzehn und hatte noch das Glück, zwei Jahre jünger auszusehen. Sie nahm keine Drogen, jedenfalls nicht dieses Meth, das einen wie ein Zombie aussehen ließ.
»Na, mein Lieber, wie willst du’s denn haben?«, begrüßte sie ihn mit dem üblichen Spruch. »Wie wär’s, wenn wir zwei Hübschen in das gemütliche Hotel um die Ecke gehen? Da hab ich ein Zimmer. Kostet dich einen Fünfziger mehr, aber dafür haben wir mehr Platz, und ich zeige dir ein paar Dinge, von denen du bisher nur geträumt hast. Das willst du doch.«
Sein Gesicht lag noch im Halbdunkel, aber seine heisere Stimme zeigte ihr, dass er scharf auf sie war. So klangen alle Männer, wenn sie es bitter nötig hatten.
»Für ein schmuddeliges Hotelzimmer bist du mir zu schade«, erklärte er. »Die Frau, die ich liebe, hat was Besseres verdient. Ich kenne da ein hübsches Plätzchen, gar nicht weit von hier, da sind wir ganz allein. Lass dich überraschen, okay?«
Solche Antworten mochte Maggie überhaupt nicht. Sie hatte keine Lust, in einer dunklen Ecke zu sterben. Das war zu vielen Kolleginnen passiert.
Sie wollte gerade protestieren, als sein Gesicht im trüben Licht einer Straßenlampe aufleuchtete und er tatsächlich wie ein harmloser Vorstädter aussah. »Ich weiß, was du denkst«, sagte er. »Du denkst, ich will dich in einen dunklen Park entführen und dir wehtun. Aber so ist es nicht. Ich liebe dich über alles, weißt du, und würde dir niemals wehtun.« Er lächelte beinahe schüchtern. »Ich hab uns ein Zimmer im Four Seasons reserviert. Ich hoffe, das ist in deinem Sinn.«
»Im Four Seasons?« Ein Verrückter, dachte sie. Einer dieser seltsamen Typen, die sich irgendwas vormachen und glauben, in dich verliebt zu sein. Die einen Wochenlohn oder mehr draufgehen lassen, nur um sich ein Stück vom Himmel zu kaufen. Mir soll’s recht sein, dachte sie, das gibt ordentlich Trinkgeld, von dem Moses nichts zu wissen brauchte. Moses war ihr Zuhälter.
»Natürlich bin ich damit einverstanden, Schätzchen. Wenn du mich in dem Aufzug an der Rezeption vorbeibringst.« Sie blickte auf ihren superknappen Minirock und kicherte.
»Mach dir keine Sorgen. Wir nehmen den Seiteneingang. Ich hab die Magnetkarte schon in der Tasche.« Er grinste. »Du hast doch ein wenig Zeit?«
»Solange du flüssig bist, bin ich für dich da. Du bezahlst doch bar, oder?«
Er zog ein Bündel Hunderter aus der Jackentasche und zeigte es ihr. »Ich nehme an, das reicht erst mal. Ich hab einen guten Job, weißt du? Bei einer Versicherung, die gehen nie bankrott. Die Frau, die ich heirate, wird niemals arbeiten müssen.« Wieder dieses schüchterne Lausbuben-Lächeln, wahrscheinlich eine Masche von ihm. »Wie gefällt dir das, Liebes?«
Der Kerl ging ihr gehörig auf den Sack. Diese Ich-bin-in-dich-verliebt-und-möchte-dich-heiraten-Masche gefiel ihr gar nicht. Aber sie spielte mit. Sie brauchte nur an das Geldbündel zu denken, um ihn unwiderstehlich zu finden.
»Na klar, Schätzchen, das finde ich ganz großartig. Gibst du mir schon mal einen von den Scheinen? Nur damit ich ein Gefühl dafür kriege.«
Er zog einen Hunderter aus der Tasche und reichte ihn ihr. Sie betrachtete den Schein mit mühsam verhohlener Gier, küsste Benjamin Franklin auf der Vorderseite und ließ ihn in ihrem Ausschnitt verschwinden. Er war auch der Grund dafür, dass sie nicht protestierte, als er ihr eine Hand aufs Knie legte und ihren Oberschenkel hinauffuhr. Gerade als sie etwas sagen wollte, zog er selbst seine Hand zurück.
Inzwischen hatten sie die Innenstadt erreicht. Sie näherten sich dem Logan Square, und sie sah bereits den Schriftzug des Four Seasons in der Ferne aufleuchten. Er meint es tatsächlich ernst, dachte sie, anscheinend hab ich heute das Glückslos gezogen. Wenn alles so läuft, wie ich mir das vorstelle, komme ich mit einem Tausender nach Hause, und fünfhundert davon gehören mir. Mindestens!
Der Fremde fuhr an dem Hotel vorbei und bog einen Block weiter in eine Seitengasse. Die Einfahrt zu einem Abstellplatz und so verlassen wie das schmuddelige Hotel, in das sie ihre Freier normalerweise entführte, nach einer Razzia.
Nur jede zweite Straßenlampe brannte, und das Eingangstor wurde zu beiden Seiten von einer hohen Mauer begrenzt, die reichlich Schatten verbreitete. Dort gab es überhaupt keine Lampe. Der perfekte Ort für einen Mord oder Schlimmeres.
Maggie erkannte, dass er ein falsches Spiel trieb. »Hey, was soll das? Zum Hotel geht’s da hinten.«
Sie funkelte ihn wütend an. Allein an seiner Körpersprache erkannte sie, dass sie sich in ernsthafter Gefahr befand. »Du hast gar nicht im Four Seasons reserviert, was? Du willst es mir hier im Dunkeln zum Nulltarif besorgen. Aber so haben wir nicht gewettet, Mister.«
Sie wollte die Beifahrertür öffnen und aus dem Wagen springen, doch kaum hatte sie den Griff berührt, hörte sie ein Klacken. Er hatte die Tür verriegelt. Sie griff nach der Pfefferspraydose in ihrem Handtäschchen, aber auch diesmal war er schneller und schlug ihr die Dose mit einer heftigen Handbewegung aus der Hand. Im selben Augenblick stieg er auf die Bremse und hielt in einer dunklen Ecke.
Sie ahnte, was ihr bevorstand, und geriet in Panik. Mit beiden Fäusten ging sie auf ihn los. Auch wütend auf sich selbst, weil sie den Braten nicht früher gerochen hatte, traf sie ihn zweimal im Gesicht, bis er die Oberhand gewann und sie mit einem gezielten Faustschlag außer Gefecht setzte. Das war’s dann wohl mit dem eigenen Laden, war ihr letzter Gedanke, bevor sie das Bewusstsein verlor.
Sie sah nicht mehr, wie er ausstieg, um den Wagen herumlief und sie aus dem Wagen zerrte. Und über ihre Lippen kam nur ein reflexartiges Stöhnen, als er sie verfluchte, ein Jagdmesser zog und es ihr mit voller Wucht ins Herz rammte. Wie eine lästige Stoffpuppe ließ er sie in den Abfall zwischen einigen Containern fallen.
Sein Job war damit noch nicht beendet. Ein grimmiges Lächeln spielte um seine Lippen, als er ihre Bluse aus dem Rock zog und ein handtellergroßes »A« in ihren Bauch schnitt. »Damit alle wissen, was du verbrochen hast.«
Er blickte noch eine Weile hasserfüllt auf sie hinab, wischte die Messerklinge an ihrem Minirock sauber und kehrte in seinen Wagen zurück. Zufrieden und auch erleichtert fuhr er davon. Niemand hatte ihn beobachtet.
***
»Nun sieh dir das an«, sagte Phil, der mit dem Kaffeebecher in beiden Händen vor dem Computer saß. »Eine Nachricht der Cops in Philadelphia. Sie schlagen vor, dass wir einen der Pilgerväter besuchen. Seltsamerweise wohnt er im East Village. Kein Verdächtiger, eher ein Sachverständiger, der uns bei der Suche nach einem Doppelmörder weiterhelfen könnte.«
»Einen Pilgervater?« Ich blickte ihn erstaunt an. »Du meinst die Siedler, die vor vierhundert Jahren in Massachusetts gelandet sind?« Ich musste lachen. »Ich dachte, die wären alle tot. Oder sind inzwischen neue gelandet?«
Phil verdrehte die Augen. »Ein Reenactor. Du weißt schon, diese Typen, die sich historische Klamotten anziehen und Szenen aus der Vergangenheit nachstellen. In Massachusetts gibt’s ein ganzes Dorf davon. Möglicherweise kommt der Täter aus dieser Szene.« Er stellte seinen Kaffeebecher auf den Tisch und rief eine andere Seite auf. »Charlie Hamilton.« Er notierte die Adresse des Mannes.
»Zwei Morde, sagst du?« Ich war neugierig geworden. »Und was hat der mit den Pilgervätern zu tun? Sag nicht, der Täter hätte einen Mord aus dem 17. Jahrhundert nachgestellt. Denn daran würde ich mich erinnern.«
Phil tippte erneut auf seinem Keyboard. »Es geht um zwei Morde, die nach demselben Muster begangen wurden – der erste in Philadelphia vor zwei Jahren und der zweite vor elf Monaten in Jersey City. Beides Prostituierte. Der Mörder hatte ihnen ein A in den Bauch geschnitten.«
»Die A-Morde, ich erinnere mich. Und weil du diesen Film mit Demi Moore gesehen hattest, wusstest du auch gleich, was das bedeutete. A wie Adultery, stimmt’s? Das eingebrannte A war die Strafe für Ehebruch bei den Pilgervätern. Habe ich recht?«
Er grinste schwach. »Ich sehe, du hast von mir gelernt. Obwohl uns der Buchstabe nicht weiterbrachte. Beide Frauen waren unverheiratet, und beide gingen auf den Strich. Wie können sie da Ehebruch begehen? Wir hatten damals viel um die Ohren und mussten den Fall abgeben, aber hier steht, dass sie den Mörder nie geschnappt haben. Und weil niemand die Frauen vermisste und kein weiterer Mord geschah, verliefen die Ermittlungen im Sande.« Er deutete auf seinen Monitor. »Bis die Cold Case Squad in Philadelphia den Fall wieder ausgrub und uns anscheinend einspannen will. Ich weiß nicht, ob der Chef darüber sehr begeistert ist. Und ob wir Zeit haben.«
Ich rief die gleiche Seite wie Phil auf und rief mir die beiden Fälle in Erinnerung. Der Name der Frau, die eine Streife vor zwei Jahren in einer dunklen Gasse in Philadelphia gefunden hatte, war Maggie Carson gewesen. Gerade mal achtzehn, in einem kleinen Nest in Pennsylvania aufgewachsen und in Philadelphia unter die Räder gekommen.
Sie hatte bestimmt keinen Ehebruch begangen, und der Himmel wusste, warum sie ein so grausames Ende gefunden hatte. Auf dem Grabstein der anderen stand Rose Grimson. Sechsundzwanzig, aber ein ähnliches Püppchengesicht wie Maggie und genauso blond. Sie hatte man in einer dunklen Ecke in Jersey City gefunden.
Beide Morde waren mit demselben Messer begangen worden, und alles wies auf einen Serientäter hin, der bisher aber nicht mehr in Erscheinung getreten war. Das hieß nicht, dass wir einen solchen Fall einfach aufgaben, nur war in letzter Zeit so viel passiert, dass wir ihn den Cops überlassen hatten. Erst jetzt hatten wir wieder Zeit.
Ähnlich dachte wohl auch unser Chef, denn unsere Kaffeebecher waren noch halb gefüllt, als er unser Büro betrat. »Sie haben von den A-Morden in Philadelphia und Jersey City gelesen? Die beiden Prostituierten?«
»Die haben wir gerade auf dem Schirm, Sir«, antwortete ich. »Philadelphia fragt an, ob wir uns einen gewissen Charlie Hamilton vornehmen könnten.«
»Den Reenactor, ich weiß. Anscheinend eine neue Spur. Wie wär’s, wenn Sie mal bei ihm vorbeischauen? In der Anfrage steht, er hätte einen Second-Hand-Shop im East Village.«
»Wir sind schon unterwegs, Sir.«
***
Der Shop lag in einer Seitenstraße der Second Avenue, ein unscheinbarer Laden im Untergeschoss einer Wäscherei und nur über eine steile Treppe zu erreichen. Ein Glöckchen klingelte, als wir den Raum betraten. Die vollen Kleiderständer und Regale ließen kaum Platz für Tresen und Kasse.
»Mister Hamilton?«, rief ich, als sich niemand blicken ließ. »Charlie Hamilton? FBI. Sind Sie zu Hause, Mister?«
Niemand würde seinen Laden unverschlossen lassen, auch dann nicht, wenn man sich nur in der benachbarten Pizzeria sein zweites Frühstück abholte. Selbst ein Second-Hand-Shop war nicht gegen Einbrecher gefeit.
Phil und ich wechselten einen fragenden Blick und riefen noch einmal, bekamen aber wieder keine Antwort.
Phil arbeitete sich durch einen Wust von gebrauchten Klamotten am Tresen vorbei und öffnete die Tür zum Nachbarzimmer. Ein spitzer Schrei ließ ihn zusammenfahren. Ich sah, wie sich ein halbnackter Mann durch die Hintertür aus dem Zimmer stahl und eine junge Frau alle Hände voll zu tun hatte, ihre altmodische Kleidung zu ordnen.
Die Kleidung einer Frau, die mit der Mayflower nach Amerika gekommen war. Ihre Haube saß schief, und sie wirkte so schuldbewusst wie ein Mädchen, das seine Eltern beim Sex mit einem Rüpel erwischt hatten.
»Sorry«, entschuldigte sich Phil bei ihr, »aber die Tür stand offen, und wir suchen nach einem Charlie Hamilton.«
»Das bin ich«, sagte sie. Sie lächelte verlegen. »Charlie steht für Charlene.«
»Dann haben Sie bei der Polizei in Philadelphia angerufen? Wegen der beiden Morde dort und Jersey City?« Phil zog seinen Dienstausweis und stellte uns beide vor.
»Ja, das stimmt.« Ihr stand das Blut im Gesicht, aber sicher nicht wegen Phil. »Sie müssen entschuldigen«, fühlte sie sich bemüßigt zu sagen, »ich hatte wohl vergessen abzuschließen und wollte bestimmt nicht …« Sie suchte nach den richtigen Worten. »Aber mein Freund und ich hatten uns zwei Wochen nicht gesehen, und wir waren wohl etwas, nun, ausgehungert.«
»Ihr Privatleben geht uns nichts an«, erwiderte ich, ohne mir ein leichtes Grinsen verkneifen zu können. »Bedienen Sie immer in diesem Kostüm?«
Sie erholte sich langsam von ihrem Schrecken. »Nur auf den Treffen unseres Clubs, ich bin Mitglied der East Village Pilgrims, und wenn ich im Laden stehe. Die Kunden mögen mich so.«
»Sie wollten uns etwas sagen?«
Sie nickte. »Ist vielleicht nicht wichtig, aber ich stieß vor ein paar Tagen im Internet auf einen Artikel über die Morde, dass die Polizei in Philadelphia den Fall wieder ausgegraben hat und behauptet, der Mörder müsste sich gut in amerikanischer Geschichte ausgekannt haben. Wegen des eingeritzten A, meine ich. Ich hatte Angst, dass sie einen Reenactor verdächtigen könnten, vielleicht sogar einen von uns.«
»Und?«
»Von uns war es bestimmt keiner«, sagte sie. »Auch kein anderer Reenactor. Einer, der sich in der Geschichte der Pilgerväter wirklich auskennt, hätte niemals einen so groben historischen Schnitzer wie der Mörder begangen.«
»Und der wäre?«
»Das A«, sagte sie. »Fast alle Ehebrecherinnen mussten ein AD aus Stoff auf ihrem Gewand tragen. Wenn sie das nicht taten, brannte man ihnen die Buchstaben auf die Stirn. Und zum Tode verurteilt wurden sie auch nicht, meist blieb es bei einigen Peitschenhieben. Sie sehen also, der Mörder hatte wenig Ahnung von Geschichte, sonst hätte er ihr AD in die Stirn geritzt oder gebrannt. Vielleicht hatte er den Film mit Demi Moore gesehen, die musste ein A auf der Brust tragen.«
»Und das ist alles, was Sie uns zu sagen haben?«, wunderte ich mich.
Sie blickte mich schuldbewusst an. »Ich wollte nur nicht, dass Sie in unserem Club ermitteln. Von uns hat bestimmt niemand was mit den Morden zu tun.« Sie zögerte etwas und fügte dann entschlossen hinzu: »Der Mann, mit dem ich vorhin, nun, zusammen war, ist auf Bewährung frei. Ein Diebstahl, eine Dummheit vor ein paar Monaten, die er längst bereut. Ich wollte nicht, dass er verdächtigt wird.«
»Trauen Sie ihm einen Mord zu?«
»Natürlich nicht. Er kann es gar nicht gewesen sein. Er war bei der Armee in Alabama, als die Morde geschahen. Das kann er beweisen. Aber Sie wissen ja, wie Polizisten sind.«
Phil notierte sich den Namen und die Adresse ihres Freundes und kapitulierte beinahe vor ihrem schüchternen Lächeln, doch einen Partner in der historischen Kleidung eines Pilgervaters konnte und wollte ich mir nicht vorstellen. »Auf Wiedersehen, Miss Hamilton, und vielen Dank für Ihre Aussage.«
***
Dixie Mallory dachte sich nichts dabei, als sie mit dem Quarterback des Football-Teams vor der Turnhalle stand und ihre blonde Mähne schüttelte. Als Chefin der Cheerleaders war es ihr streng verboten, sich mit einem der Spieler einzulassen, aber gegen einen Flirt hatte sicher niemand etwas einzuwenden. Sie mochte es, wenn die Jungen ihr zu Füßen lagen, besonders solche Angeber wie Johnny.
»Du weißt doch genau, dass wir nicht mit Spielern ausgehen dürfen«, sagte sie, nachdem er sie auf einen Cappuccino eingeladen hatte. »Wenn sie uns erwischen, werfen sie mich raus, und ich kann mir die Cheerleaderin des Jahres abschminken.«
Er grinste. »Du hast doch nur Angst, dass du dich in mich verlieben würdest. Einem heißen Typen wie mir könntest du nicht widerstehen, was?«
»An einem heißen Typ wie dir würde ich mir vielleicht die Finger verbrennen, aber mehr auch nicht. Außerdem bist du mir zu jung. Ich gehe lieber mit erfahrenen Männern aus.« Sie warf Johnny einen Handkuss zu. »Nichts für ungut, Mister Quarterback.«