Jerry Cotton 3053 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3053 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

In Louisville, Philadelphia und Pittsburgh tauchte eine neue Droge auf, eine Art Crystal Meth, das die Junkies nach dem fünften oder sechsten Gebrauch zu haltlosen Psychopathen machte. Es kam zu Amokläufen und Tötungsdelikten, die niemand vorhersehen konnte. Und keiner der Süchtigen überlebte die Droge lange genug, um uns brauchbare Tipps zu liefern, wer dahinter steckte. Als in Louisville ein Meth-Labor in die Luft flog, wurden Phil und ich auf den Fall angesetzt - und stießen auf eine wahrhaft explosive Verschwörung.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

Cover

Impressum

Töten und getötet werden

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Film: »The Hard Truth«/ddp-images

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2458-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Töten und getötet werden

Das Mädchen, das Maud entgegenstakste, sah eigentlich gar nicht nach einem Junkie aus. Dafür trug es viel zu teure Kleidung, doch die kalten toten Augen sagten etwas anderes aus. Maud zog sich ihren Mantel enger um den Körper, um sich vor dem morgendlichen Nieselregen zu schützen.

»Sie sollten sich schämen. Gehen Sie nach Hause«, sagte sie, als die triefend nasse Gestalt bei ihr ankam. Die leichte Bluse hing feucht am Körper des Teenagers und ließ ihn fast nackt erscheinen.

Plötzlich riss das Mädchen den Kopf zur Seite. Seine Gesichtszüge verzerrten sich unnatürlich. Es starrte wie ein wildes Tier auf die alte Frau.

Maud konnte den Angriff nicht abwehren. Mit gefletschten Zähnen stürzte sich das Mädchen auf sie. Der Biss in Mauds Schulter schmerzte höllisch. Sie fiel auf den Asphalt. Wie ein Schraubstock schlossen sich die Hände um ihren Hals, und nur ihr schwaches Herz ersparte ihr einen langen Todeskampf.

Trotz des schon Tage andauernden Regens und des für Anfang September viel zu kühlen Wetters waren Phil und ich bester Laune. Wir hatten am Freitag einen ziemlich üblen Fall beenden können und Phil hatte mich daraufhin überredet, ein bisschen feiern zu gehen. Samstag hatten wir dann Washington unsicher gemacht. Obwohl ich eigentlich nicht der typische Clubgänger war, hatten wir beide eine ganze Menge Spaß gehabt, was vielleicht auch an den beiden bezaubernden Damen lag, die wir an dem Abend kennengelernt hatten.

Miteinander scherzend machten wir uns an diesem Montagmorgen auf den Weg zum großen Besprechungsraum. Dorothy hatte uns kurz begrüßt und über das kurzfristig anberaumte Meeting informiert. Sie meinte, dass Mr High und die anderen Herren bereits auf uns warteten.

Ich war erstaunt, als ich die drei Männer sah, die mit unserem Chef zusammenstanden und sich unterhielten. Special Agent in Charge Richard Dryer aus Louisville, SAC Don Gordon aus Philadelphia und SAC Lance McCuller aus Pittsburgh blickten uns an, als wir eintraten. Ich freute mich, die drei Kollegen wiederzusehen, da Phil und ich mit jedem von ihnen bereits zusammengearbeitet hatten. Dennoch beschlich mich ein ungutes Gefühl, denn dies war bestimmt kein Höflichkeitsbesuch. Außerdem sah ich Frederick Fortesque und auch Gerold Willson am Tisch, zwei unserer Doktoren des Scientific Research Team aus Quantico.

»Bitte, meine Herren, lassen Sie uns Platz nehmen. Jerry, Phil, schön Sie zu sehen«, begrüßte uns der Chef. Wir schüttelten kurz die Hände der Field-Office-Leiter und tauschten ein paar Höflichkeiten aus. Dann nahmen wir an dem ovalen Besprechungstisch so Platz, dass unser aller Blick auf die große Videowand gerichtet blieb. Mr High nickte SAC Don Gordon zu und betätigte die Fernbedienung, woraufhin ein fürchterliches Foto einer sehr jungen Frau auf dem Video-Screen erschien.

»Jesus Christus!«, entfuhr es Phil, und auch ich verzog angeekelt die Mundwinkel. Es war nicht das viele Blut um den Mund des Mädchens, es waren die verzerrten Gesichtszüge, die den Anblick so schauerlich machten.

»Das ist, oder besser gesagt war, Danielle Sounders. Gerade mal sechzehn Jahre alt«, ergriff Don das Wort. »Ein Mädchen aus gutem Hause; die Eltern besitzen in Philadelphia ein lukratives Architekturbüro. Sie war eine erstklassige Schülerin und hatte nie etwas mit dem Gesetz zu tun. Vor zwei Tagen hat sie in Philadelphia am frühen Morgen eine Rentnerin auf der Straße angegriffen und getötet. Die alte Frau starb zwar an Herzversagen, doch die Würgemale an ihrem Hals waren so massiv, dass sie auch die Erdrosselung nicht überlebt hätte.«

»Das viele Blut um ihren Mund – wurde sie selbst dabei verletzt?«, warf ich kurz ein, da ich mich wunderte, dass eine herzkranke Frau sich so wehren konnte.

Don schüttelte den Kopf. »Nein, das ist das Blut des Opfers. Sie hat die alte Dame gebissen – besser wäre der Ausdruck ›angefallen‹. Bevor sie die Frau erwürgte, riss sie mit den Zähnen ein Stück Fleisch aus ihrer Schulter.« Ein kollektives, entsetztes Raunen von uns allen erklang. »Augenzeugen, die leider nicht schnell genug eingreifen konnten, berichteten uns von der Attacke. Sie sagten, das Mädchen hätte geknurrt wie ein wildes Tier. Einer der Zeugen benutzte das Wort ›Zombie‹.«

Ein sehr zutreffendes Wort, wie ich fand, denn ihr Gesichtsausdruck auf dem Foto und die toten Augen glichen wirklich diesen fürchterlichen Gruselgestalten.

»War es ein schizoider Schub oder stand sie unter Drogen?«, fragte Phil, schon ganz im Ermittlungsmodus.

»Drogen«, entgegnete Don Gordon. »Es konnten Spuren von Crystal Meth nachgewiesen werden. Doch Danielle muss eine Erstnutzerin gewesen sein, denn ihr Körper wies keine der typischen Spuren auf. Sie wissen schon: Zahnfäule, Hautekzeme, Gewichtsverlust oder Organschäden.«

»Hat sie gesagt, woher sie das Zeug hatte?«, erkundigte sich Richard. »Das würde uns helfen, diese neue Drogenwelle in Kentucky endlich in den Griff zu bekommen.«

Jetzt wurde ich hellhörig. War das der Grund, warum die Field-Office-Leiter zweier Bundesstaaten hier in Washington waren? Hatte man in Louisville und Pittsburgh das gleiche Problem wie in Philadelphia?

»Nein. Sie starb, bevor sie etwas sagen konnte«, erwiderte Don und fügte hinzu: »Und um gleich Ihre nächste Frage zu beantworten: Es war keine Überdosis und auch kein anaphylaktischer Schock.«

»Moment mal, Don«, meinte Phil genauso erstaunt wie ich. »Sie sagen, das Mädchen war sechzehn und kerngesund. Es nimmt also das erste Mal in seinem Leben Drogen, dreht dann durch und verstirbt nach kürzester Zeit?«

»Ja, Phil«, beantwortete Mr High die Frage. »Es ist eine Tragödie, was Danielle Sounders passierte, doch es erwies sich für uns als eine Art Weckruf. Danke, Don, ich denke, ich fasse jetzt die anderen Informationen zusammen.« Der Chef klickte das Foto auf dem Bildschirm weg und stand auf. »Die Polizei in Louisville, Pittsburgh und Philadelphia hat in den letzten sechs Monaten ein Anwachsen der Drogensterblichkeit beobachtet. Es gab überproportional viele Tote durch Überdosis, meist Langzeitnutzer, daher läuteten nicht gleich die Alarmglocken. Doch als es dann zu vermehrten Übergriffen von Junkies kam, wandten sich die Drogendezernate der Polizei an unsere Field Offices und baten um Unterstützung.«

Der Chef hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und ging vor dem Tisch auf und ab.

»Es kam zu Delikten in zwei Bundesstaaten, die eigentlich nichts mit der normalen Beschaffungskriminalität von Süchtigen zu tun hatten. Das heißt, die Drogenabhängigen wurden nicht kriminell übergriffig, um sich Geld zu beschaffen, sondern es kam zu planlosen Angriffen. Man könnte es fast als Amokläufe bezeichnen. Wahllos wurden Autos angezündet, Scheiben eingeworfen oder auch Menschen angegriffen. Die Zeugen sagten aus, dass es sich definitiv um Junkies handelte. In Louisville war ein Officer sogar gezwungen, einen dieser Drogensüchtigen zu erschießen, als er massiv attackiert wurde.« Mr High sah uns alle einen Moment intensiv an und schwieg dann.

»Sir«, durchbrach Phil die Stille. »Junkies auf Crystal Meth sind doch im Allgemeinen aggressiv und gewalttätig. Sind wir sicher, dass es sich hier um ein neues Phänomen handelt?«

»Bestimmt«, beantwortete Gerold Willson, unser medizinischer Forensiker, die Frage. »Es kommt immer wieder vor, dass Menschen auf Meth toben und herumschreien, doch Angriffe mit Todesfolge gab es bisher nur ganz selten. Vor allem nicht bei Erstnutzern.«

»Was passierte mit den Abhängigen?«, fragte ich. »Ich meine, diese Danielle Sounders ist gestorben – die anderen Junkies auch?«

»Ja, Jerry, alle Täter, die gefasst werden konnten, starben spätestens vierundzwanzig Stunden nach ihrer Ergreifung, und das, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt schon unter ärztlicher Beobachtung standen.«

»Was haben die Autopsien ergeben? Wie es scheint, haben wir wirklich eine neue Droge auf dem Markt, die solch eine verheerende Wirkung hat.« Phil hatte seine Stirn in Falten gelegt, und das aus gutem Grund. Crystal Meth war schon immer ein Fluch, doch wenn jetzt noch eine neue synthetische Droge ihre Opfer fand, waren die Folgen kaum auszudenken.

»Das ist genau der Punkt, bei dem wir eine böse Überraschung erleben mussten. Denn unsere forensischen Chemiker haben bisher nur die normalen Bestandteile von Crystal Meth in den Körpern nachweisen können. Doch ich denke, dass Dr. Willson und Dr. Fortesque das besser erläutern können.«

***

Frederick Fortesque hatte ein Chart auf den Bildschirm projiziert, das uns die verschiedenen Arten von Crystal Meth zeigte.

»Ich will Sie nicht langweilen oder belehren«, begann er, und ich musste mir trotz der ernsten Situation ein Grinsen verkneifen. Das ist ja was ganz Neues, dachte ich, während Fortesque fortfuhr. »Sie alle wissen, wie sich Methamphetamin zusammensetzt, doch da wir in den letzten Jahren immer mehr Spielarten dieser Droge aus den osteuropäischen und auch asiatischen Ländern hier in den Vereinigten Staaten finden, wird es schwierig, den Überblick zu behalten.«

»Sie sollten zum Punkt kommen«, bemerkte Gerold Willson und genoss den Seitenhieb auf seinen Partner Frederick. Die beiden konnten es einfach nicht lassen, sich gegenseitig aufzuziehen; es gehörte irgendwie zu ihren kollegialen Ritualen.

»Also, der Grundbestandteil des Meth ist Pseudoephedrin, eine synthetische chemische Substanz, die in den sogenannten Meth-Laboren mit Frostschutzmittel, Batteriesäure und auch Abflussreinigern intensiviert wird. Wir haben über das Wochenende die Leiche von Danielle Sounders noch einmal obduziert und eine Menge chemischer Analysen durchgeführt«, meinte Fortesque, und wir warteten gespannt auf die Quintessenz.

»Nichts«, kam ihm Gerold zuvor und stahl ihm die Pointe. »Wir haben alles in ganz normaler Konzentration, die auch bei herkömmlichem Crystal Meth im Körper nachzuweisen ist, gefunden. Auch die erweiterten toxikologischen Tests erbrachten keine Resultate. Natürlich kann es sein, dass bei der Herstellung dieses Meth ein chemisches Abfallprodukt entstand, das wir nicht kennen und das die Ursache für die radikale Wirkung auf den Körper ist.«

»Was heißt das im Klartext, Gerold?«, fragte ich. »Woran starb Danielle Sounders denn nun genau?«

»An einem Hirnschlag, und das genau ist unser Problem. Medizinisch kommt es zu einem Gehirnschlag durch Einblutung oder Blutarmut infolge von verengten Arterien. Doch Danielle Sounders hatte weder das eine noch das andere.«

»Und was vermuten Sie?«

»Jedes Meth hat eine Arterienverengung zur Folge, doch diese neue Droge wirkt doppelt und dreifach so stark. Anscheinend ist dem normalen Meth eine Substanz beigemischt, die die Gefäße so weit einschränkt, dass ein Exitus folgt. Ich nehme an, dass der Vorgang sich über vierundzwanzig Stunden immer weiter verstärkt, was massive Paranoia, Halluzinationen und extrem gewalttätiges Verhalten nach sich zieht. Dann folgt der Tod, und wir glauben, dass zu diesem Zeitpunkt die Substanz vom Körper völlig verarbeitet wurde und die Blutzufuhr wieder normal arbeitet. Sobald der Tod eingetreten ist, beginnt sofort der Zellverfall, und mit diesem Prozess verschwindet unsere mysteriöse Substanz.«

»Wir haben also keine Ahnung, was sich die Junkies da durch die Nase ziehen«, brachte Phil es unverblümt auf den Punkt und erntete wegen der Wortwahl einen strafenden Blick von Mr High.

»Bringen Sie uns einen Drogenabhängigen innerhalb vierundzwanzig Stunden nach dem Konsum und wir können vielleicht adäquate Analysen durchführen. Doch ob man diesen Menschen auch retten kann, ist damit nicht gesagt.«

»Meine Herren«, erhob Mr High seine Stimme. »Das wird erst einmal unsere Priorität. Doktor Willson und Doktor Fortesque, Sie werden Jerry und Phil nach Philadelphia begleiten. Special Agent in Charge Don Gordon und sein Team unterstützen Sie dort. Da wir in Louisville und Pittsburgh dasselbe Problem haben, sollte unser Hauptmerkmal auf dem Drogenmarkt liegen. Sind neue Dealer in den Städten? Gibt es Gerüchte über neues Methamphetamin auf dem Markt? Die Ermittlungen müssen sehr schnell geführt werden, denn eines ist klar: Die Meth-Köche, die diese neue Droge herstellen, werden das Mittel schnell vom Markt nehmen, denn keiner von ihnen ist daran interessiert, seine Kunden zu töten. Geld kann nur fließen, wenn die Kunden überleben – auch wenn sie natürlich langfristig sowieso daran zugrunde gehen.«

***

Noch am selben Nachmittag fuhren wir die knapp drei Stunden hoch nach Philadelphia. Gerold und Frederick hatten wir SAC Don Gordon aufs Auge gedrückt, was bedeutete, dass die beiden in seinem Dienstwagen mitfuhren. Phil und ich kannten die beiden Streithähne einfach schon zu gut, um uns eine längere Autofahrt mit ihnen anzutun.

»Ich habe unser Abendessen zu viert erst mal auf unbestimmte Zeit verschoben«, meinte Phil, als wir Baltimore hinter uns gelassen haben. »Die beiden Damen waren nicht gerade begeistert, als ich anrief.«

»Ich weiß«, meinte ich geistesabwesend. »Ich habe nach dem Meeting auch angerufen.«

»Aha«, kommentierte Phil kurz, denn er war es von mir nicht gewohnt, dass ich solche Bekanntschaften pflegte. »Wenn wir wirklich eine neue Killerdroge auf dem Markt haben, und das gleichzeitig in drei Großstädten, dann ist es organisiert. Ein kleiner Meth-Koch ist nicht für solche Mengen verantwortlich«, wechselte er so abrupt das Thema, dass ich ihn überrascht von der Seite ansah.

»Stimmt«, erwiderte ich. »Doch es ist auch ein strategischer Vorteil für uns, wenn es sich um ein großes Labor handelt. Dann ist es einfacher zu finden und sollte irgendwo in dem Dreieck Louisville, Pittsburgh und Philadelphia liegen.«

»Wie gedenkst du vorzugehen?«, fragte er mich.

Darüber hatte ich schon die ganze Fahrt gegrübelt. »Erst einmal sprechen wir mit den Eltern von Danielle. Wir müssen wissen, wo sie sich die letzten vierundzwanzig Stunden vor ihrem Tod aufhielt. Vielleicht ein Club oder ein Konzert. Dort werden Ecstasy und auch Kokain verkauft; vielleicht ist Crystal Meth ebenfalls in der Szene angekommen.«

»Denkst du?«, fragte Phil skeptisch, wollte aber keine Antwort von mir, denn er fuhr fort: »Danielle war gerade sechzehn und anständig. Die Kleine ist bestimmt in Diskotheken mit gutem Ruf gegangen, die in einer feinen Gegend liegen. Und selbst wenn dort Meth verkauft würde – unser Opfer war ein kluges Mädchen, das sicher nicht mit einer solch gefährlichen Droge einsteigen würde. Eine Marihuana-Zigarette ausprobieren, okay, das kann ich mir vorstellen – aber gleich Crystal Meth?«

Ich blickte Phil an. »Du glaubst, dass man es ihr gewaltsam oder heimlich zugeführt hat?«

»Nicht unbedingt. Kann auch sein, dass sie es von jemandem bekommen hat, dem sie vertraute. Wenn Danielle noch nie zuvor mit der Szene zu tun hatte, könnte ihr das Zeug auch unter einem Szenenamen verkauft worden sein. Wenn ihr jemand Shabu, Ice, Piko oder Glass anbietet, wer weiß, wofür sie es gehalten hat. Vielleicht für Ecstasy.«

»Kann schon sein«, erwiderte ich. Mir grauste bei dem Gedanken. »Manchmal bin ich froh, keine eigenen Kinder zu haben.« In diesem Moment fragte ich mich, ob ich nicht ganz auf das geplante Abendessen zu viert verzichten sollte.

***

»Verdammt noch mal, Cheryl, sei vorsichtig!«, raunte Dean unter seinem Mundschutz. Sie wusste doch auch, wie schnell das Meth in die Luft fliegen konnte oder man sich verbrannte.

Er hatte nur ein paar Linien Koks konsumiert, bevor er angefangen hatte zu kochen, doch Cheryl hatte sich gestern Abend eine der Pillen eingeworfen, die noch übrig geblieben waren, und war seitdem immer unzugänglicher geworden. Sie war gereizt, und die schlechte Luft in der kleinen Einbauküche half auch nicht dabei, sich zu entspannen.

»Mach mich nicht blöde an!«, erwiderte sie dementsprechend aggressiv. »Kannst froh sein, dass du mich hast für diese Scheißarbeit.«

Dean sah ihr zu, wie sie nur mit Slip, BH und dem Mundschutz bekleidet die Pillen mit dem Mörser zerkleinerte. Es war heiß in der Küche wie in einem Backofen, doch sie konnten es nicht wagen, ein Fenster zu öffnen. Die Gefahr, dass ein Nachbar etwas riechen würde, war zu groß.

»Baby, was ist denn los? Komm wieder runter, ich bin ja froh, dass du bei mir bist. Wir machen damit eine Menge Kohle und verduften nach Barbados. Die Pillen sind der Renner. Noch ein paar Mal kochen und wir sind reich«, meinte er, als ihr zweijähriger Junge im Nebenzimmer zu schreien anfing. Der Kleine hatte Hunger, doch wenn Cheryl auf Drogen war, dann schien ihr alles egal zu sein. »Ich mach den Rest«, sagte er. »Geh rüber und füttere Tommy, es sind noch Gläschen im Kühlschrank. So, wie Cheryl momentan drauf war, wollte er lieber alleine weiterarbeiten.

Sie sah ihn wütend an. Plötzlich riss sie sich den Mundschutz vom Gesicht. Ihre Mundwinkel zuckten unnatürlich, und als sie die Lippen bewegte, hörte er nur ein Knurren.

»Zieh das Ding wieder auf, die Dämpfe können giftig sein!«, schrie Dean sie an.