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In einem vertraulichen Gespräch teilte uns Concita Mendez, die Wirtschaftsspezialistin in unserem SR-Team, mit, dass sie auf manifeste Hinweise von Subventionsbetrug gestoßen war. Alles allerdings inoffiziell. Mr High, dem wir davon berichteten, sah keine Möglichkeit, die Sache offiziell zu verfolgen. Doch Phil ließ nicht locker und stieß auf den Namen eines Regierungsberaters. Als wir ihn besuchen wollten, kamen wir zu spät. Er und eine Beamtin der Regierung waren unter sehr dubiosen Umständen ums Leben gekommen ...
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2016
Cover
Impressum
Einladung zum Sterben
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Film: »Panic Room«/ddp-images
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-2465-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Einladung zum Sterben
Das war das Todesurteil! Er hörte das Klicken in der Leitung. Dieser bornierte Beamte hatte einfach aufgelegt und damit über sein Leben entschieden – alles zerstört, was er aufgebaut hatte. Alle, die er liebte, waren ruiniert: seine Frau, sein Sohn und auch sein Bruder. Die Schulden waren, solange sie lebten, nie mehr zu begleichen. Er nahm einen der Briefbögen und fing bedächtig an zu schreiben.
Als er fertig war, griff er nach der Waffe. Ohne einen weiteren Gedanken steckte er sich den Lauf in den Mund, dann drückte er ab. Der Schuss hallte im ganzen Haus wider, und als sein lebloser Körper auf den Schreibtisch fiel, fehlte ihm die Hälfte seines Kopfes.
»Daddy, was war das für ein Knall?«, rief sein zehnjähriger Sohn und drückte die Klinke zum Arbeitszimmer seines Vaters herunter.
Es gab verschiedene Dinge beim FBI, denen noch nicht einmal ein Inspektor entkommen konnte: Fortbildung und die jährliche Schießprüfung. Mein Partner und ich versuchten beides immer miteinander zu verbinden und verbrachten dementsprechend eine ganze Woche in Quantico.
Es war fast immer Mitte bis Ende Oktober, die Wälder um Quantico verfärbten sich, und es war besonders schön, den Yellow Brick, den mehrere Meilen langen Hindernisparcours dort, zu laufen. Außerdem stellte Mr High sicher, dass wir in der Zeit nicht gestört wurden, es sei denn, die Welt ging unter.
»Jerry, Phil«, begrüßte uns Concita nach ihrer zweistündigen Vorlesung in Wirtschaftskriminalität. »Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen«, meinte sie, als wir beide das Auditorium verließen. Sie gehörte zu dem Scientific Research Team, mit dem wir zusammenarbeiteten, und wir kannten uns dementsprechend gut.
»Hallo, Concita«, erwiderte Phil und lächelte sie an. »Ihr Vortrag war sehr interessant«, flunkerte er ein wenig. Wirtschaftskriminalität war nicht Phils Steckenpferd, und ich hatte ihn während der zwei Stunden immer mal wieder in die Seite gestoßen, damit ihm nicht die Augen zufielen. Ich hingegen fand es wirklich interessant, auch wenn Concita nicht gerade eine begnadete Rednerin war.
Doch um ehrlich zu sein, so wie Phil ging es mir regelmäßig, wenn wir uns mit den neusten EDV-Errungenschaften auseinandersetzen mussten. Er hingegen wurde bei Computern zum Virtuosen.
»Haben Sie zum Abschluss Ihrer Woche in Quantico heute Abend etwas geplant?«, fragte sie uns.
»Nein, heute ist kein offizielles Abendessen angesetzt«, erwiderte ich. Wir hatten heute wirklich freie Zeit zur Verfügung und wollten außerhalb der Basis essen gehen, bevor wir uns morgen früh auf den Rückweg machten.
»Vielleicht haben Sie Lust auf ein hausgemachtes Abendessen. Ich würde Sie gerne einladen. Mein Mann ist ein exzellenter Koch, und Mai-Lin hat auch schon zugesagt«, meinte Concita.
»Sehr gerne«, erwiderte Phil und sah mich begeistert an. Ich hatte das Gefühl, alles wäre ihm recht, nur um Quantico für ein paar Stunden zu verlassen.
»Wunderbar, dann seien Sie um halb acht bei mir«, erwiderte sie und gab uns ihre Adresse. »Ich würde gerne auch etwas mit Ihnen besprechen.«
»Um was geht es Concita? Sie wirken plötzlich besorgt.«
»Nun, ich weiß nicht, ob ich wirklich etwas entdeckt habe, doch ich glaube, einer Sache auf der Spur zu sein.«
»Auf der Spur zu sein?«, fragte Phil und war plötzlich ungemein interessiert.
»Sehen Sie, im Rahmen der Routineüberprüfungen des FBI und auch als Vorbereitung zu diesem Seminar habe ich mich dieses Jahr mit den staatlichen Subventionen beschäftigt, die an Unternehmen ausgezahlt werden. Mir sind in dem Zusammenhang ein paar Dinge aufgefallen, die eigenartig sind. Doch lassen Sie uns nach dem Essen darüber sprechen, dann kann ich Ihnen auch die Unterlagen zeigen.«
Wir verabschiedeten uns von ihr, da wir uns noch umziehen mussten. Die Schießprüfung stand heute Nachmittag an, und das war etwas, auf das wir uns beide richtig freuten. Doch die sechzig Runden, die wir mit der Glock zu absolvieren hatten, waren mehr eine Spaßveranstaltung für uns.
Die Aufgabe war, sechzig Schuss abzugeben, davon mussten achtundvierzig Treffer sein, nur dann war der Test erfolgreich bestanden. Aus unterschiedlichen Entfernungen von drei bis fünfundzwanzig Yards wurde gezogen oder beidhändig geschossen.
Phil und ich machten daraus immer einen kleinen Konkurrenzkampf. Wir schlossen normalerweise mit weit über neunzig Prozent, was uns bereits als Ausbilder qualifizierte, doch Phil hatte es bisher jedes Jahr geschafft, mir einen oder zwei Punkte voraus zu sein.
***
»Ich kann es nicht fassen«, meinte Phil und wiederholte sich, seit wir Quantico verlassen hatten. »Du hast fünfundneunzig Prozent geschossen, was ist denn plötzlich mit dir los?« Er saß wie immer auf dem Beifahrersitz des Interceptor und hielt eine Flasche Wein und ein paar Blumen in der Hand, die wir für Concita besorgt hatten.
»Hatte einen guten Tag, nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen«, erwiderte ich und grinste in mich hinein. Phil wurmte es fürchterlich, dass er drei Punkte unter mir gelandet war, und ich musste zugeben, ich hatte ein diebisches Vergnügen daran.
»Hier, das ist es«, meinte er immer noch verstimmt. Wir parkten vor einem freistehenden Einfamilienhaus in Alexandria. Das Haus war ungemein gepflegt, der Garten liebevoll gestaltet, und die Fenster waren erleuchtet und mit Herbstdekorationen geschmückt.
Es wunderte mich, dass Concita keine Kinder hatte, denn eigentlich war sie mit ihrer mütterlichen Art dafür prädestiniert. Sie war so ein bisschen die Seele des Research-Teams, wurde von allen hochgeschätzt und ich glaubte, dass die Mitglieder des Research-Teams ihr auch manchmal die beruflichen Sorgen anvertrauten.
»Hätte ich gewusst, dass Sie auch kommen, dann hätte ich lieber in der Kantine gegessen«, meinte Phil scherzhaft und begrüßte Frederick Fortesque und Gerold Willson, zwei weitere Mitglieder des Research-Teams. Beide gehörten in der forensischen Pathologie und Chemie zu den führenden Experten des FBI. Hervorragende Wissenschaftler, doch auch anstrengende Charaktere, die vor allem miteinander einen sehr speziellen Umgangston pflegten.
»Das habe ich auch schon gesagt, als FGF hier auftauchte«, meinte Gerold Willson mit breitem texanischem Akzent und klopfte Frederick Fortesque heftig auf die Schulter. Phil übergab Concita unsere Gastgeschenke, und als ihr Mann aus der Küche kam, da blieb mir und auch meinem Partner die Luft weg.
Kitchen Is A Man’s World,
»Freut mich, Sie endlich kennenzulernen. Die beiden Inspektoren, die Conny so auf Trab halten«, meinte er und schüttelte uns kräftig die Hand.
»Ich bin Jerry, das ist mein Partner Phil«, erwiderte ich immer noch erstaunt.
»David Warren-Mendez«, sagte er und bot uns einen Aperitif an. Phil griff zu, doch ich begnügte mich mit Wasser, da ich noch fahren musste.
***
Es wurde ein erstaunlicher Abend, denn nicht nur das Essen, das David gezaubert hatte, entsprach einem Sterne-Restaurant, sondern auch die Gespräche waren ein Vergnügen. Wir lachten viel und laut. Als Frederick und Gerold sich verabschiedet hatten, kam Concita zur Sache.
»Jerry, Phil, Mai-Lin, kommen Sie doch kurz mit in mein Arbeitszimmer, dann können Sie sich alles genau ansehen«, meinte sie und sah ihren Mann entschuldigend an.
»Geh nur, Conny, ich ziehe mich in meine Küche zurück. Jerry, ich glaube, sie hat sich an etwas festgebissen, Sie sollten sich das ansehen. Ich persönlich bin der Meinung, Conny hat etwas entdeckt«, sagte er zu unser aller Erstaunen. David war nicht nur ein begnadeter Koch, was er uns allen bewiesen hatte, er war auch ein Wirtschaftsexperte. Wie es schien, hatte Concita ihn über ihre Erkenntnisse informiert.
»Tut mir leid, doch mein Mann und ich haben keine Geheimnisse, er weiß, woran ich arbeite, und unterstützt mich manchmal. Natürlich ist er sich im Klaren darüber, dass alles der Verschwiegenheit unterliegen muss«, sagte Concita und führte uns drei in ein Büro.
Eine der Wände war mit Dokumenten beklebt, auf anderen Papieren befanden sich Pfeile und Verweise. Ich musste zugeben, ich war fasziniert. Phil und Mai-Lin traten näher an die Wand und lasen sich einzelne Dokumente durch.
»Es ist immer das gleiche Schema«, begann sie. »In den letzten zwei Jahren wurden private Firmen mit Geldern für Zukunftstechnologie oder Kulturförderung stark subventioniert. Es wurde gezahlt, die Firmen gingen pleite und die Abschlussberichte waren meiner Meinung nach sehr unzureichend dokumentiert.«
»Passiert das nicht öfters? Ich meine, man versucht einen maroden Betrieb zu unterstützen, doch der Ruin ist nicht abzuwenden«, fragte Phil nach.
»Ja, natürlich, das stimmt«, warf Concita ein. »Doch in diesen Fällen rede ich von mehreren Millionen US-Dollar.«
Phil pfiff durch die Zähne. »Das ist eine Menge Geld!«
»Genau, und ich sehe ein Schema: einen Betrug, und er scheint mir organisiert und vor allem raffiniert«, erklärte sie. »Jerry, Phil, Sie sollten die Fälle offiziell untersuchen! Hier werden dem Staat in großem Stil Gelder unterschlagen. Ich befürchte, die zwei Millionen, die ich untersucht habe, sind nur die Spitze des Eisbergs.«
»Mal langsam, Concita«, warf ich ein. »Wir haben weder von irgendeinem Field Office von solchen Dingen gehört, noch hat sich der Subventionsausschuss an uns gewandt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regierungsstelle in Washington solche Dinge nicht prüft. Sie wissen doch selbst, was für ein Theater wir jedes Jahr haben, wenn es darum geht, das Haushaltsbudget für unsere Organisation zu bekommen.« Ich sah in die Gesichter meiner Kollegen und Phil zuckte skeptisch die Schultern.
»Bitte hören Sie sich wenigstens die zwei Fälle an, die mir ins Auge gestochen sind. Vielleicht können wir uns umhören, oder noch besser, Sie sprechen mit Assistant Director High einmal über die Sache«, erwiderte sie, und in dem Moment kam ihr Mann mit einer weiteren Flasche Wein in das Büro.
»Noch jemand was zu trinken?«, fragte er und sowohl Phil als auch Mai-Lin hielten ihm die Gläser hin. »Was dagegen, wenn ich hierbleibe?«, schob er hinterher und füllte ihre Gläser.
»Nein, Sie sind ebenfalls Wirtschaftsexperte, richtig?«, fragte ich und er nickte.
»Ich arbeite für die Washingtoner Börsenzeitung, war aber vorher in der Wirtschaft. Beratung bei Konkursabwicklung, das wurde mir aber mit der Zeit zu deprimierend, da mit einem Unternehmen auch immer Hunderte von Jobs und damit Familienexistenzen den Bach runtergehen«, erwiderte er ungezwungen.
»Dann wissen Sie wahrscheinlich am besten, dass Subventionen von der Regierung strengen Kontrollen unterliegen. Denken Sie auch, dass man Gelder dort unterschlagen könnte, ohne dass die Behörden etwas mitbekommen«, fragte ich ihn unverblümt, denn mir war klar, dass er die beiden Fälle, von denen Concita sprach, genau kannte. David setzte sich zu uns und nippte nachdenklich an seinem Rotwein.
»Natürlich sind die beiden Fälle, die meiner Frau aufgefallen sind, kleine Fische. Zwei Millionen ist gar nichts, wenn es um die jährlichen Ausgaben geht. Wir reden insgesamt von Milliarden an Subventionen, die jährlich bewilligt werden. Besonders bei Zukunftstechnologie wird tief in die Taschen gegriffen. Ökostrom, Elektroautos und Schadstoffminimierung bei der Produktion, nur um ein paar Beispiele zu nennen. Es kommt immer darauf an, welche Welle die Parteien reiten und wie weit die Wahl entfernt ist. Aber vergessen Sie auch nicht die Agrarsubventionen: Fischzucht, Baumwolle, Getreide. Milliarden, sage ich Ihnen. Also, um Ihre Frage zu beantworten, nein, ich denke, die Regierung hat nicht den nötigen Überblick, um die verschiedenen Gremien, die solche Gelder bewilligen, zu kontrollieren.«
»Höre ich da einen gewissen Zynismus heraus?«, fragte Phil und auf Davids Gesicht erschien ein Lächeln.
»Ja, natürlich hören Sie Zynismus, Phil. Nicht umsonst habe ich alles hinter mir gelassen und einen verdammt überbezahlten Job gegen das schlecht vergütete Dasein eines freien Journalisten eingetauscht. Subventionen sind ein dreckiges Geschäft, selbst wenn alles mit rechten Dingen zugeht. Doch die Entscheidungsträger sind fast immer politisch motiviert. Da geht es nicht um eine Stadt, die zugrunde geht, wenn ein Stahlwerk schließen muss. Es geht um Wählerstimmen, um Macht und um Gefälligkeiten. Sehen Sie sich Detroit an, einst die Hochburg der Autoindustrie – jetzt ist es eine heruntergekommene Metropole, mit einer der höchsten Verbrechensstatistiken und Schulden, die in diesem Jahrhundert nicht mehr beglichen werden können. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum?«
»Eine der vielen Städte, die der wirtschaftliche Niedergang getroffen hat«, erwiderte Phil. »Die Autoindustrie hat den Anschluss nicht geschafft.«
»Sehr naiv für einen Inspektor. Tut mir leid, dass ich das so direkt sage, ich hoffe, Sie wissen, wie ich es meine. Aber nehmen wir einmal an, ein Wirbelsturm hätte Detroit zerstört, dann wären Gelder geflossen. Doch so … Es gibt einen Grund, warum der letzte Bürgermeister wegen Korruption im Gefängnis sitzt. Ja, natürlich steht und fällt alles immer mit der Wirtschaft, doch wenn es um Regierungsgelder geht, dann geht es nach Lobbys. Das Geld fließt in Kanäle, die momentan im Fokus stehen. Als Detroit der Niedergang drohte, war die Autoindustrie nicht das Ziehkind der Regierung.«
»Okay, aber Concita redet doch davon, dass sich einige Leute gesundstoßen am Untergang subventionierter Firmen. Das sind genehmigte Gelder, die unterliegen doch einer gewissen Kontrolle«, warf ich ein, denn ich fand Davids Ausführungen etwas zu radikal.
»Stimmt, da haben Sie recht. Jedoch bin ich fest der Meinung, dass solche kriminellen Machenschaften nur mit der Zustimmung eines Regierungsbeamten möglich sind.«
»David, bitte, du bist und bleibst ein Journalist, der die Machthaber gerne aus Gewohnheit angreift«, schritt Concita jetzt ein, doch ihr Mann lächelte sie nur an und verneigte den Kopf.
»Danke für das Kompliment«, sagte er und sah seine Frau liebevoll an.
»Also, wollen Sie sich die Fälle anhören?«, fragte Concita ungerührt.
***
»Hör auf, Adan, wir haben erst gestern Jim beerdigt. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll, und kannst du dir überhaupt vorstellen, was mit unserem Jungen ist? Er ist traumatisiert, ich weiß nicht, ob er es jemals überwinden wird«, meinte Sarah mit leiser Stimme und die Tränen liefen ihr schon wieder über das von Trauer gezeichnete Gesicht. Adan stand auf und kniete sich vor seine Schwägerin. Er nahm ihre Hände und küsste sie.
»Es tut mir leid, Sarah, ich weiß, was du durchmachst, und ich möchte gar nicht daran denken, was in Tommys kleinem Kopf vorgeht. Er hätte seinen Vater nie so finden dürfen. Doch wir müssen uns schnell entscheiden. Die Gläubiger warten vielleicht noch einen, zwei Tage, dann hetzen sie uns wie die Hyänen. Sarah, die interessiert der Tod von Jim nicht, die wollen ihr Geld.«
»Aber was sollen wir denn tun?« Sie sah ihn an und er nahm ihr Gesicht in seine Hände.
»Uns selbst helfen. Pack sofort das Notwendigste – nur das Notwendigste, wir verschwinden. Du, ich und selbst Tommy haften persönlich für die Schulden. Wir müssen verschwinden, und dann will ich rausfinden, warum man unsere Firma kaputt gemacht hat.«
»Und das Haus, die Fabrik, unsere Freunde?«
»Wir haben kein Haus, keine Fabrik und vor allem keine Freunde mehr. Die Blumen auf dem Sarg deines Mannes, meines Bruders, waren das Letzte, was wir von unseren Freunden gesehen haben. Komm, pack, wir müssen weg. Ich habe noch etwas Geld abzweigen können, das bringt uns durch die nächsten Monate. Wir fahren nach Washington und finden raus, warum man uns fallen ließ.«
»Adan, ist das wirklich der richtige Schritt?«, warf sie ein und sah ihm ernst in die Augen.
»Sarah, es ist der einzige Schritt. Ich habe heute lange mit dem Konkursverwalter gesprochen, er war empört. Er wird Beschwerde in Washington einlegen, doch das wird alles lange dauern. Wir müssen weg, um frei zu sein, um unsere eigenen Ermittlungen zu führen. Wenn wir hierbleiben, werden wir zerfleischt: vom Bürgermeister, der Stadt und den Familien unserer ehemaligen Angestellten. Der Bericht spricht von Missmanagement, die zweite Subventionsrate wurde von der Regierung nicht gezahlt, wegen dieses Vorwurfs. Du weißt genau, dass Jim und ich alles unter Kontrolle hatten, gerade lief es wieder richtig gut, der Umsatz stieg, darum haben wir ja auch jeden eigenen Penny eingesetzt, um das Projekt voranzutreiben.« Er sah kurz unter sich, driftete in Gedanken plötzlich weg.
»Adan«, meinte sie besorgt und er sah endlich wieder auf.
»Die Bank hat uns den Kredit über zwei Millionen Dollar nur gewährt, weil sie wusste, dass das Regierungsgeld fließen würde. Wir haben alles, was uns gehörte, verpfändet dafür. Es gab kein Missmanagement, wir haben letzten Monat über vierzig neue Leute eingestellt, weil das Unternehmen so gut lief. Es gab nie einen Grund, die zweite Rate nicht zu zahlen. Die haben uns fertiggemacht, und ich will wissen, warum. Wir müssen abtauchen, sonst erfahren wir es nie.« Sarah blickte lange in das Gesicht ihres Schwagers, doch dann nickte sie langsam.
***