Jerry Cotton 3061 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3061 E-Book

Jerry Cotton

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Gene Arnold, ein Top Gangster, den wir nie fassen konnten, war in London aufgetaucht. Zur Unterstützung der britischen Kollegen wurden Phil und ich nach England geschickt. Dort hatte Scotland Yard schon gute Arbeit geleistet, und Arnold stand unter permanenter Überwachung. Wir waren noch keine 24 Stunden vor Ort, da hatte sich die Lage dramatisch verändert: Ein Überwachungsfahrzeug war in die Luft gesprengt und Arnold war ermordet worden ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2016

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Ein unsicherer Plan

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Film: »The Keeper«/ddp-images

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2626-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein unsicherer Plan

Die attraktive Blonde war ganz in schwarzes Leder gekleidet. Ihr Catsuit saß hauteng. Sie thronte auf einem mit Nieten besetzten Sessel, hatte die Beine übereinandergeschlagen und wippte mit einer Reitpeitsche.

Ihr schönes Gesicht verbarg sie hinter einer Halbmaske. Sie liebte dieses Spiel, das nun gleich beginnen würde. Aber diesmal war es anders. Sie hatte sich gleich mit zwei Männern verabredet. Deren Gesichter waren ebenfalls hinter Masken verborgen.

»Auf die Knie, ihr Würmer!«, kommandierte sie mit harter Stimme. Aber dann geschah etwas, womit sie nicht gerechnet hatte. Einer der Kerle zog eine Spraydose hervor und sprühte ihr eine Ladung Gas ins Gesicht. Die Leder-Lady rang nach Luft, aber vergeblich. Im Handumdrehen verlor sie das Bewusstsein.

Aus einem Spiel war tödlicher Ernst geworden.

»London?«

Phil hakte nach, denn Assistant Director High hatte uns soeben den nächsten Einsatzort genannt. Wir saßen unserem Vorgesetzten in seinem Büro in Washington gegenüber. Auch ich war verblüfft. Auslandseinsätze sind zwar für FBI-Inspektoren möglich, kommen aber nicht jede Woche vor.

Ein feines Lächeln umspielte die schmalen Lippen von Mr High, während er nickte.

»Sie haben richtig gehört, Phil. Ihr nächster Einsatz führt Sie in die Hauptstadt des britischen Empire. Allerdings werden Sie es mit einem alten Bekannten zu tun bekommen. Ich rede von Gene Arnold.«

Phil nickte grimmig. Diesmal war ich es, der mehr wissen wollte.

»Das Field Office Detroit war doch zuletzt mit seiner Beschattung beauftragt, Sir. Rick Webster hat mich unzählige Male angerufen und sich für das Versagen seiner Agents entschuldigt. Dabei glaube ich immer noch, dass sich die Kollegen nichts vorzuwerfen haben. Arnold ist einfach einer der raffiniertesten Verbrecher, die unser Land jemals hervorgebracht hat.«

»Arnold ist 52 Jahre alt und hat noch niemals hinter Gittern gesessen«, stieß Phil frustriert hervor. »Dabei gibt es Dutzende von Straftaten, bei denen er seine schmutzigen Finger mit im Spiel hat. Aber weil er stets nur im Hintergrund die Strippen zieht, konnten wir ihm niemals etwas nachweisen.«

Diese Tatsachen waren natürlich dem Assistant Director und mir ebenfalls bekannt. Da Arnold in verschiedenen Bundesstaaten sein Unwesen trieb, hatten wir im FBI-Hauptquartier die Informationen über ihn zusammengetragen und die Überwachung koordiniert.

Vor einem halben Jahr war es ihm in Detroit gelungen, von der Bildfläche zu verschwinden. Und nun tauchte er plötzlich in London wieder auf. Wir hatten damals über Interpol nach ihm suchen lassen, ohne große Hoffnungen.

»Konnte Arnold denn von den britischen Kollegen eindeutig identifiziert werden?«

»Angeblich ja, Jerry. Da Arnold amerikanischer Staatsbürger ist und wir schon zahlreiche Erkenntnisse über ihn gesammelt haben, hat Scotland Yard personelle Unterstützung durch uns angefordert. Deshalb möchte ich Sie beide gern noch heute nach London schicken. Und nehmen Sie von Ihrem SR-Team Concita Mendez mit.«

Ich nickte.

»Ja, sie hat sich vor ein paar Monaten intensiv mit Arnolds Gestrüpp aus Scheinfirmen, Deckadressen und Strohmännern beschäftigt. Wenn es jemanden gibt, der die Finanzströme dieses Verbrechers nachverfolgen kann, dann ist das unsere Expertin.«

»Dieser Meinung bin ich auch, Jerry. Fliegen Sie also nach London und finden Sie heraus, was Arnold im Schilde führt. Es muss ein Vorhaben von internationaler Bedeutung sein, denn ein Kleinkrimineller war dieser Mann noch nie.«

***

Die Besprechung war beendet, und wir verließen Mr Highs Büro. Im Vorzimmer blickte Dorothy Taylor von ihrer Arbeit auf.

»Hier sind die Bordkarten für Sie und Concita Mendez«, informierte uns die dunkelhäutige elegante Sekretärin. »Up and Away hat sich darum gekümmert. Aber der Flug geht erst um 18.40 Uhr. Sie haben also noch genug Zeit, um Ihre Regenschirme einzupacken. In London werden Sie von einem gewissen Police-Inspektor Gordon abgeholt, vermutlich erkennen Sie ihn an seinem Dienst-Regenmantel.«

Phil grinste.

»Ist es nicht ein Vorurteil, dass in London nur Nebel und Regen vorherrschen? Oder sind Sie etwa auf unsere Dienstreise neidisch?«

»Ganz gewiss nicht«, gab Dorothy Taylor zurück und deutete Richtung Fenster. Draußen zeigte sich die US-Hauptstadt von ihrer schönsten Seite, am Frühlingshimmel war kein einziges Wölkchen zu erkennen.

Nachdem ich mein Büro erreicht hatte, informierte ich Concita Mendez über die geplante Reise. Die mexikanischstämmige Finanzexpertin versicherte, sofort die nötigen Sachen zusammenzupacken und sich auf den Weg von Quantico nach Washington zu machen.

Beim Einchecken am Dulles International Airport gab es keine Probleme.

Nachdem wir Concita begrüßt und mit ihr gemeinsam unsere Plätze eingenommen hatten, begannen wir ein leises Gespräch. Schließlich musste nicht jeder Mitreisende hören, was wir zu bereden hatten.

»Gibt es neue Erkenntnisse über Arnold?«, wollte die Finanzexpertin wissen.

»Davon hat Mr High nichts erwähnt. Immerhin ist es den britischen Kollegen gelungen, ihn zu identifizieren. Ich hoffe, dass sie ihn weiterhin im Auge behalten.«

»Vor allem würde mich interessieren, was dieser Schurke während der vergangenen sechs Monate getrieben hat«, knurrte Phil. »Einer legalen Tätigkeit wird er nicht nachgegangen sein, darauf wette ich ein Jahresgehalt.«

»Ich würde dir nicht widersprechen«, sagte ich. »Früher hatte Arnold beste Verbindungen zu verschiedenen Branchen des organisierten Verbrechens, wenn man das so nennen will: Menschenhandel, Drogen, Glücksspiel oder auch Schutzgelderpressung. Wir können also davon ausgehen, dass Arnold in London einen wichtigen Deal abwickeln will.«

»Die Frage ist nur, ob er schon alles in trockenen Tüchern hat oder ob die dortigen Kollegen und wir noch das Schlimmste verhindern können«, erwiderte Phil.

»Bisher wissen wir ja noch nicht einmal, womit genau sich Arnold aktuell überhaupt befasst«, stellte Concita nüchtern fest.

***

Trotz unserer Anspannung gelang es uns, während des Nachtfluges ein paar Stunden Schlaf zu finden. Wir waren also halbwegs ausgeruht, als die Maschine am nächsten Morgen auf dem Londoner Flughafen Heathrow landete.

Dorothy Taylor hatte mit ihren Unkenrufen nicht recht behalten. Auch auf den britischen Inseln schien das Wetter prächtig zu sein. Aber wir waren ja nicht zu unserem Vergnügen gekommen.

Nachdem wir die Einreise und die Sicherheitsschleuse hinter uns gebracht hatten, trat eine attraktive Brünette in einem taubengrauen Hosenanzug auf uns zu.

»Sie sind die Gentlemen und die Lady vom FBI? Mein Name ist Diana Gordon, ich bin Police-Inspektor bei Scotland Yard.«

Die junge Frau präsentierte ihren Dienstausweis. Wir stellten uns selbst vor. Sie gab einem uniformierten rotgesichtigen Polizisten, der im Hintergrund wartete, ein Zeichen.

»Constable Finnegan wird Ihr Gepäck ins Hotel bringen. Ich schlage vor, dass wir sofort mit der Arbeit beginnen.«

Diana Gordon machte einen sehr ernsthaften und zielstrebigen Eindruck, aber das war ganz in unserem Sinne. Sie führte uns zum Parkplatz und steuerte auf einen schwarzen Audi S3 zu. Phil hob eine Augenbraue.

»Ein deutsches Auto als Dienstwagen der britischen Polizei?«

Die Brünette schenkte ihm ein kühles Lächeln.

»Warum nicht, Inspektor Decker? Dieses Auto hat 300 PS unter der Haube. Im normalen Patrouillendienst benutzen wir eher englische Modelle, wie Sie vermutet haben. Aber für eine Verfolgungsjagd gibt es nichts Besseres.«

Diana Gordon klemmte sich hinter das Lenkrad, und dann ging es in Richtung City.

»Ich will Ihnen einen ersten Überblick geben. Der Verdächtige Gene Arnold hält sich nach unseren Erkenntnissen noch nicht lange in London auf. Er wird zurzeit von zwei Kollegen beschattet.«

»Wie ist er in Ihr Land eingereist?«

»Diese Frage können wir noch nicht beantworten, Inspektor Cotton. Fest steht, dass keine Person namens Gene Arnold offiziell in das Vereinigte Königreich gelangt ist.«

»Arnold benutzt also falsche Papiere, aber das ist für uns keine Überraschung. Wie konnten Sie ihn überhaupt identifizieren?«

»Nachdem uns Ihre Bitte um Amtshilfe über Interpol erreichte, haben wir routinemäßig seine Fotos für unsere Überwachungsdatenbanken übernommen. Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, gibt es in London wegen früherer Terroranschläge zahlreiche Kameras, die einen großen Teil des öffentlichen Raumes abdecken. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis die Gesichtserkennungssoftware einen Treffer meldete.«

»Und ein Irrtum ist nicht möglich?«

»Die Treffergenauigkeit liegt bei über 90 Prozent, Inspektor Cotton. Sie selbst kennen Gene Arnold persönlich?«

»Allerdings. Inspektor Decker und ich haben ihn vor einem Jahr mehrfach verhört. Allerdings hatte er einen sehr teuren Rechtsbeistand, und ihm konnte nichts nachgewiesen werden. Ein wichtiger Zeuge verschwand plötzlich spurlos. Der Richter stellte schließlich das Verfahren aus Mangel an Beweisen ein.«

Diana Gordon nickte, während sie weiterhin den Straßenverkehr beobachtete. Richtung Innenstadt kamen wir nur langsam voran.

»Wie lautete die Anklage damals?«

»Wir warfen Arnold Beihilfe zum Menschenhandel vor. Er soll Schwarzgeld gewaschen haben, das durch die sexuelle Ausbeutung von lateinamerikanischen Frauen in mehreren US-Bundesstaaten erwirtschaftet wurde.«

Die britische Kollegin presste die Lippen aufeinander.

»Also ein Erfüllungsgehilfe des organisierten Verbrechens, der sich selbst nicht gern die Finger schmutzig macht?«

»Ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Jedenfalls sind wir sehr froh darüber, dass Sie Arnold entdeckt haben. Es ist ihm nämlich vor Monaten gelungen, sich unserer Überwachung zu entziehen.«

»So etwas kann vorkommen«, meinte Diana Gordon. »Mein Vorgesetzter hat einige unserer besten Observationsteams auf den Verdächtigen angesetzt, die ihn rund um die Uhr nicht aus den Augen lassen. Die Kollegen erstatten fortlaufend Bericht. Bisher hat sich Arnold allerdings noch nicht auffällig benommen. Er wohnt in einem Mittelklassehotel und absolviert ein normales Touristenprogramm, fotografiert die Tower Bridge und die Wachablösung vor dem Buckingham-Palast.«

»Das kommt mir in Arnolds Fall sehr außergewöhnlich vor. Wäre er ein normaler London-Besucher, wäre er wohl kaum mit falschem Pass hierhergekommen. Wissen Sie schon, unter welchem Namen er in seinem Hotel logiert?«

»John Baker.«

»Dann könnten Sie ihm zumindest die Benutzung falscher Personalpapiere nachweisen«, warf Concita Mendez ein, die gemeinsam mit Phil auf dem Rücksitz Platz genommen hatte.

»Damit wäre aber noch nichts gewonnen«, gab ich zu bedenken. »Wir wollen ja herausfinden, aus welchem Grund Arnold nach London gekommen ist und welche Verbindungen er hier unterhält.«

Während unseres Wortwechsels hatten wir endlich das hochmoderne Gebäude von Scotland Yard im Regierungsviertel Westminster erreicht.

Diana Gordon führte uns in ihr Büro. Dorthin hatte sie bereits zwei Stellwände schaffen lassen. Auf ihnen waren zahlreiche Fotos zu sehen, offenbar mit Teleobjektiv aufgenommen. Sie zeigten ausnahmslos Gene Arnold bei der Besichtigung von Londoner Sehenswürdigkeiten. Und er war stets allein unterwegs.

Phil schüttelte skeptisch den Kopf.

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Arnold seine Beschattung nicht bemerkt hat. Er wird doch kaum hierhergeflogen sein, um im Hyde Park die Enten zu füttern.«

»Meine Kollegen verstehen etwas von ihrem Job«, erwiderte die Inspektorin kühl. »Aber Sie können sich gerne selbst davon überzeugen.«

Sie wählte eine Nummer und schaltete den Lautsprecher des Telefons ein. Eine Männerstimme meldete sich.

»Ja, Inspektor Gordon?«

»Detective Sergeant McBride, ich habe jetzt die Kollegen vom FBI bei mir. Können Sie uns bitte über die momentanen Aktivitäten der verdächtigen Person berichten?«

»Arnold hat in seinem Hotel gefrühstückt. Danach war er zu Fuß unterwegs und hat das Britische Museum besucht. Dort nahm er ein Taxi, wir folgen ihm mit gebührendem Abstand. Momentan befinden wir uns auf der Field End Road, fahren in nördlicher Richtung.«

»Dann sind Sie ja in Eastcote Village, und das ist wirklich kein Touristenviertel. Haben Sie schon Erkenntnisse darüber, was Arnold dort sucht?«

»Negativ, Inspektor Gordon. Aber wir werden …«

Der Detective Sergeant konnte den Satz nicht mehr beenden. Denn in diesem Moment ertönte eine ohrenbetäubende Explosion.

***

Damit hatte keiner von uns gerechnet. Aber die Schrecksekunde dauerte nur kurz.

»Was ist geschehen?«, rief die britische Kollegin. »Meldung, Detective Sergeant!«

Aber die Leitung war tot. Daraufhin alarmierte Diana Gordon sofort die nächstgelegene Polizeiwache. Außerdem stand fest, dass wir sofort zum Ort des Geschehens fahren wollten. Lediglich Concita Mendez blieb im Yard-Gebäude, wo Diana Gordon schon einen Computer-Arbeitsplatz für die Finanzexpertin vorbereitet hatte. Wir versprachen, sie auf dem Laufenden zu halten.

Wenig später waren Phil und ich schon wieder in dem Audi S3 unterwegs. Diesmal trat Diana Gordon das Gaspedal bis zum Bodenblech durch. Außerdem verschaffte sie sich mit Hilfe von rotierendem Rot-Blau-Licht sowie der Sirene Platz im dichten Londoner Stadtverkehr.

»Sowohl McBride als auch seine Kollegin Julie Darren sind erfahrene Beamte«, rief sie uns während der Fahrt in die Außenbezirke zu. »Eigensicherung ist für sie kein Fremdwort. Außerdem ist uns allen bewusst, dass Arnold kein Chorknabe ist. Sonst würde das FBI wohl nicht hinter ihm her sein.«

Wir kamen mit dem schnellen Wagen flott voran, außerdem war der Straßenverkehr außerhalb des Londoner Zentrums nicht mehr so dicht. Die Field End Road war eine gesichtslose Durchgangsstraße im Randbezirk Eastcote Village.

Schon von weitem konnten wir den Ort der Explosion sehen. Uniformierte Beamte hatten ein qualmendes Autowrack weiträumig abgesperrt. Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr standen in der Nähe.

Diana Gordon brachte den Audi zum Stehen. Wir stiegen aus, Phil und ich hatten unsere FBI-Marken an den Revers befestigt. Dadurch zogen wir die Aufmerksamkeit der Pressevertreter allerdings erst recht auf uns. Die Reporter bestürmten uns mit Fragen, doch wir schwiegen. Wir wussten ja selbst noch nicht einmal, was geschehen war.

Ein bulliger schwarzer Constable mit Bobby-Helm hob das Trassierband für uns. Wir gingen zu dem Autowrack hinüber. Der Wagen war einmal ein grüner Vauxhall gewesen. Unter dem Löschschaum der Feuerwehr konnte ich noch die Überreste eines Polizei-Funkgeräts erkennen. Außerdem waren die Blutflecken auf dem Asphalt nicht zu übersehen.

Ich biss die Zähne zusammen. Es ließ mich nie kalt, wenn es einen Polizisten erwischte, ganz egal wo auf der Welt. Die brünette Yard-Beamtin wandte sich an einen uniformierten Sergeant mit einem imposanten Schnurrbart.

»Sind Sie der ranghöchste Beamte vor Ort?«

»Bisher schon, Inspektor«, sagte er mit einem Blick auf Diana Gordons Dienstausweis. »Wir bekamen die Anweisung von Scotland Yard, sofort zivile Kollegen in der Field End Road zu überstützen. Beinahe zeitgleich gingen in der Notrufzentrale unabhängig voneinander mehrere Notrufe von Bürgern ein.«

»Können Sie uns berichten, was genau geschehen ist?«

Der Sergeant zog seine buschigen Augenbrauen zusammen. »Laut mehreren Zeugenaussagen wurde dieser Vauxhall mit einer Panzerfaust beschossen. Das Geschoss traf den Motorblock, was zu einer sofortigen Explosion führte. Als wir eintrafen, brannte das Auto bereits. Es gelang uns, die beiden Opfer aus dem Wrack zu bergen. Sie wurden sofort in ein Hospital gebracht.«

»Dann gab es also keine Toten?«

»Bisher noch nicht, Inspektor. Wie schwer die Verletzungen sind, kann ich allerdings nicht beurteilen. Weder Sergeant McBride noch Sergeant Darren waren bei Bewusstsein.«

»Die Kollegen sind Ihnen also persönlich bekannt?«

»McBride bin ich früher einmal dienstlich begegnet. Ansonsten hatten sowohl er als auch seine Partnerin ihre Ausweise dabei.«

»Was ist mit dem Täter, der die Panzerfaust abgefeuert hat?«, wollte ich wissen. »Konnten die Zeugen darüber etwas sagen?«

Der Sergeant deutete auf einige Frauen und Männer, die sich im Eingangsbereich eines nahe gelegenen Sandwichladens versammelt hatten.

»Da fragen Sie die Leute am besten selbst, Sir. Das sind die Zeugen, die sich bei mir gemeldet haben. Wir sind noch nicht dazu gekommen, ihre Aussagen aufzunehmen. So lange sind wir ja auch noch nicht vor Ort.«

Diana Gordon telefonierte bereits, um das Autowrack durch ein Team der Kriminaltechnik untersuchen zu lassen. Dann ging sie mit uns zu den Personen hinüber, die das Attentat beobachtet hatten.

Es waren eine junge Mutter mit Kinderwagen, ein älterer Mann mit Hund, der pakistanische Inhaber des Sandwichladens sowie ein Liebespaar. Wir befragten sie getrennt voneinander, um uns ein möglichst genaues Bild machen zu können. Wenig später trugen wir dann die Ergebnisse zusammen.

»Der Täter mit der Bazooka hat neben einem Van gewartet«, sagte Phil und deutete auf die gegenüberliegende Straßenseite. »Laut dem Hundebesitzer hat er sofort geschossen, als der grüne Vauxhall in Sichtweite kam. Für den Zeugen war es klar, dass das Ziel nicht willkürlich gewählt wurde. Vor und hinter dem zivilen Polizeifahrzeug waren nämlich noch genügend andere Autos unterwegs.«

»Weiß dieser Zeuge, wovon er spricht?«, hakte ich nach.

Phil zuckte die Schultern.

»Der Hundebesitzer war angeblich früher bei der Army. Das lässt sich ja nachprüfen.«

»Eine Panzerfaust ist keine Waffe, die man sich so einfach besorgen kann«, stellte Diana Gordon fest. »Das Liebespaar will beobachtet haben, dass der Bazooka-Täter sofort nach dem Abschuss in den Van stieg, der daraufhin losfuhr. Es hat also vermutlich noch ein weiterer Mann in dem Lieferwagen gesessen.«