Jerry Cotton 3111 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3111 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Auf drei Resident Agencys des FBI in Augusta, Portland und Bangor wurden kurz nacheinander schwere Sprengstoffanschläge verübt. Dabei kamen mehrere Agents ums Leben. Die Ermittlungen führten in verschiedene Richtungen und lieferten uns mehrere Motive: illegaler Kunsthandel, Rache am FBI oder Vernichtung von Beweismitteln. Als ein anonymer Hinweis Phil und mich zu dem flüchtigen Sektenführer Colin Chambers, einem ehemaligen Sprengstoffspezialisten der Army, führte, gerieten wir selbst ins Kreuzfeuer!

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Seitenzahl: 131

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Himmelfahrtskommando

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Film: »Die durch die Hölle gehen«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4294-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Himmelfahrtskommando

»Betrachten Sie die Angelegenheit als erledigt!« Der Klang seiner Stimme war so schneidend wie der Wind, der von der kanadischen Grenze herüberblies.

Der Mann mit den grauen Augen steckte sein Smartphone ein und schlug den Mantelkragen hoch. Er stand an der Ecke und sah auf das schmucklose, dreistöckige Gebäude mit der Adresse 222 Harlow Street in Bangor, Maine.

Hier war das hiesige Resident Office des FBI untergebracht.

Wie beiläufig blickte er auf die Uhr an seinem Handgelenk. Noch drei Minuten! Ein kaltes Lächeln spielte um die dünnen Lippen. Seiner gerechten Strafe kann niemand entgehen!, ging es dem Mann mit den grauen Augen durch den Kopf. Die Hände vergrub er in den tiefen Taschen seines Mantels. Die Rechte legte sich um den Griff der Pistole, die er bei sich trug.

Mit einem Ausdruck von grausamer Befriedigung versuchte er sich vorzustellen, was gleich geschehen würde. Leider werde ich es mir nicht ansehen können, dachte er. Bevor hier der Teufel los war, musste er fort sein …

Agent Jeff Conroy fuhr auf den Parkplatz vor dem Resident Office des FBI in Bangor, Maine.

Es war ein kalter grauer Tag. Conroy stellte den Wagen vor dem dreistöckigen Gebäude ab und stieg aus. Er war spät dran. Der Verkehr an der Baustelle auf dem Highway nach Bangor hatte ihn aufgehalten.

Der Wind war eisig. Es musste in der Nacht gefroren haben.

Conroy machte einige Schritte Richtung Haupteingang. Die hiesige FBI-Präsenz war sparsam ausgestattet. Eine Handvoll Agents war in Bangor tätig. Dazu kamen ein paar Innendienstler. Im Grunde war das Resident Office nur eine Zweigstelle des FBI Field Office in Boston, das für die Bundesstaaten Massachusetts, New Hampshire und Maine zuständig war. In Maine gab es insgesamt drei solcher Außenstellen der Bundespolizei: in Portland, Augusta und Bangor.

Conroy war erst vor drei Monaten ins Resident Office von Bangor abgeordnet worden. Eine Strafversetzung, so hatte er es empfunden. Und der Chef des Field Office von Boston hatte ihm das auch ganz offen gesagt.

Aber Conroy war zuversichtlich, die öde Gegend im äußersten Nordosten der Vereinigten Staaten irgendwann einmal wieder verlassen und nach Boston zurückkehren zu können.

Aber auf mindestens zwei Jahre Bangor würde er sich einstellen müssen. Das hatte Norman Galston, der SAC des Field Office Boston, ihm gegenüber durchblicken lassen.

Aber diese Zeit würde Conroy auch noch hinter sich bringen.

»Jeff«, hörte er eine Stimme.

Conroy blieb stehen. Eine Frau mit dunklem, gut frisiertem Haar war gerade aus ihrem Wagen gestiegen.

Ihr Name war Teresa McVay. Sie war eine der Innendienstlerinnen, die in Bangor für das FBI tätig waren.

»Es tröstet mich, dass ich nicht der Einzige bin, der heute zu spät zum Dienst kommt«, sagte Jeff Conroy.

Teresa McVay lächelte. »Die Verkehrssituation ist im Moment untragbar.«

»Und immer eine gute Ausrede.«

»Jeff, ich habe Sie gestern nicht mehr angetroffen. Es geht um die Beweismittel im Fall Allan Craig.«

»Meinen Sie diese hässlichen Jade-Buddhas, die wir beschlagnahmt haben?«

»Genau. Diese hässlichen Buddhas dürften im Übrigen ein Vermögen wert sein. Nicht umsonst sind die Gewinnspannen beim Handel mit illegalen Kunstgegenständen inzwischen höher als bei Heroin. Wenn so etwas in den Räumen unseres kleinen Resident Office über längere Zeit gelagert wird …«

»Ich kann Sie beruhigen: Die Buddhas sind wahrscheinlich schon unterwegs nach Providence. Ich hatte eine entsprechende Nachricht auf dem Smartphone.«

»Wieso Providence?«

»Weil dort ein Spezialist lebt, der beurteilen kann, wie viel die Dinger wirklich wert sind.«

Teresa McVay atmete tief durch. »Scheint, als müsste ich mich nicht mehr um die Inventarisierung kümmern.«

In diesem Moment barsten Scheiben. Glasstücke zischten wie Geschosse durch die Luft. Eine Explosion ließ die der Straße zugewandte Front des FBI Resident Office förmlich auseinanderbersten. Conroy reagierte instinktiv.

Es war ein antrainierter Reflex, sich in solch einer Situation zu Boden zu werfen. Er riss Teresa McVay mit sich.

Eine heiße Druckwelle walzte förmlich über ihn hinweg. Er lag auf dem Boden und versuchte das Gesicht mit den Händen zu schützen.

Ein weiterer Knall war zu hören. Er war so ohrenbetäubend laut, dass Conroy einen Moment glaubte, für immer taub zu sein.

Einige quälend lange Augenblicke hatte Conroy das Gefühl, durch die mörderische Hitze versengt zu werden.

Als er wieder aufsah, bemerkte er Teresa McVays blutüberströmten Körper, nur wenige Yards von ihm entfernt. Sie lag in eigenartig verrenkter Haltung auf dem Asphalt. Irgendetwas Scharfes musste sie getroffen haben, Glassplitter vielleicht oder Metallteile.

Teresa McVay zuckte.

Sie lebte noch.

»Halten Sie durch, Teresa! Sie schaffen das!«

Agent Jeff Conroy verstand genug davon, um zu wissen, dass dem nicht so war.

Verdammt!, dachte er.

***

Später stand Jeff Conroy mit einem Becher Kaffee in der Hand in der Nähe eines der zahlreichen Einsatzfahrzeuge, die inzwischen den Ort des Geschehens erreicht hatten. Überall waren Angehörige des Bangor Police Department und der örtlichen Feuerwehr zu sehen. Die Blinklichter der Einsatzfahrzeuge warfen ein flackerndes Zwielicht auf die Szenerie.

Conroy führte den Becher zum Mund und stellte fest, dass seine Hand zitterte. Er nahm die andere Hand zu Hilfe, damit es nicht so auffiel. Das musste der Schock sein. In all den Jahren, die Jeff Conroy beim FBI war, hatte er so etwas noch nie erlebt. Das Bild von Teresa McVays furchtbar zugerichtetem Körper stand ihm vor Augen. Und er war sicher, dass er diesen Anblick lange nicht vergessen würde.

Der Notarzt kam jetzt aus dem Krankenwagen, in dem die Erstversorgung durchgeführt worden war. Allein sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Jede Nachfrage war überflüssig. Er schüttelte leicht den Kopf.

»Wir konnten nichts mehr tun«, sagte er.

Conroy musste schlucken. »Todesopfer Nummer zehn«, murmelte er. »Ich nehme an, dass einige der Schwerverletzten im Laufe des Tages dazukommen werden, oder täusche ich mich?«

»Nein, Sie täuschen sich nicht«, gestand der Notarzt mit düsterer Miene.

Conroys Blick ging zu dem Gebäude, von dem aus jetzt eine dunkle Rauchsäule in den Himmel stieg. Es war genau der Trakt von der Explosion getroffen worden, in dem die Räume des FBI untergebracht waren. Ein beträchtlicher Teil der zur Straße ausgerichteten Wand war durch die Wucht der Detonation weggerissen worden. Es sah aus, als befände man sich in einem Kriegsgebiet.

Der gesamte Komplex war inzwischen evakuiert worden. Auch für jene Bereiche, in denen die kommunalen Angestellten ihre Büros gehabt hatten, bestand akute Einsturzgefahr. Es war so gut wie sicher, dass das gesamte Gebäude abgerissen werden musste.

Niemand konnte die Ruine im Moment betreten. Es war einfach zu gefährlich.

Einige mit Gasmasken ausgerüstete Angehörige des örtlichen Fire Service gestikulierten.

»Agent Conroy?«, fragte plötzlich eine Stimme.

Conroy drehte sich um.

Er sah in das Gesicht eines untersetzten, breitschultrigen Mannes mit hoher Stirn und buschigen, schräg nach oben ausgerichteten Augenbrauen.

»Sir?«

»Detective Lieutenant Bridger, Bangor Police Department. Ich habe hier die Einsatzleitung, und man sagte mir, ich würde Sie hier finden.«

»Sir, ich …«

»Hat man sich um Sie gekümmert?«

»Ich brauche niemanden, der sich um mich kümmert«, sagte Conroy schroff. Er trank etwas überhastet den Kaffee aus, um sein nervöses Zittern zu überspielen. Seine Stimme vibrierte. Er hatte das Gefühl, dass ihm ein Kloß im Hals steckte.

»Sind Sie vernehmungsfähig, Agent Conroy, oder …?«

»Ich sagte doch, es geht mir gut«, erwiderte Conroy eine Spur schroffer, als er es beabsichtigt hatte. »Entschuldigen Sie! Aber fast alle meine Kollegen sind entweder tot oder schwer verletzt. Das muss man erst mal verdauen.«

»Wir müssen damit rechnen, dass es sich um einen gezielten Anschlag auf das Resident Office des FBI gehandelt hat«, erklärte Bridger. »Es könnte ein Terrorakt gewesen sein. Das Field Office in Boston ist ebenso informiert worden wie die Zentrale in Washington sowie der Heimatschutz.«

»Ich kann Ihnen sagen, wer dafür verantwortlich ist«, meinte Conroy, und sein Gesicht verzog sich für einen Augenblick zu einer grimmigen Fratze. »Das war ein Racheakt!«

»Wovon reden Sie?«

»Lesen Sie keine Zeitung, Lieutenant? Wenigstens für die Breaking News im lokalen Frühstücksfernsehen sollten Sie Zeit haben.«

»Hören Sie, Agent Conroy, bei allem Verständnis für das, was Sie durchmachen …«

»Es ist Zeitverschwendung, mit Ihnen zu reden«, knurrte Conroy und machte eine wegwerfende Handbewegung. Der leere Kaffeebecher flog durch die Luft und landete auf dem Asphalt. Conroy setzte sich mit finsterer Entschlossenheit auf dem Gesicht in Bewegung.

»Warten Sie!«, verlangte Bridger.

Conroy reagierte erst, als der Detective Lieutenant ihn ein zweites Mal ansprach.

»Was wollen Sie noch?«

»Was haben Sie mit Ihrer Bemerkung gerade gemeint? Wenn Sie irgendetwas über die Hintergründe dieses Anschlags wissen, dann sollten Sie uns einweihen, Agent Conroy.«

Conroy blieb stehen und drehte sich noch einmal zu dem Lieutenant um. »Ich glaube nicht, dass dieser Fall lange genug in Ihrer Zuständigkeit bleibt, als dass es sich lohnen würde, länger mit Ihnen darüber zu reden«, meinte er.

In diesem Augenblick klingelte Bridgers Handy.

Der Lieutenant hielt das Gerät ans Ohr. »Hier Bridger. Was gibt’s?« Bridgers Gesichtsfarbe veränderte sich in den nächsten Augenblicken von einem zornigen Dunkelrot in ein bleiches Weiß. Zweimal stieß er ein entsetztes »Nein!« hervor. Dann steckte er das Handy wieder weg. Er sah Conroy an. »Es hat zwei weitere Anschläge dieser Art gegeben«, erklärte er.

»Was?«, entfuhr es Conroy.

»Betroffen sind die beiden anderen FBI Resident Offices von Maine in Augusta und Portland. Über die Zahl der Opfer kann man noch nichts sagen. Angeblich sollen die meisten Agents, die in Portland stationiert sind, in einem Einsatz gewesen sein, sodass die Kollegen dort wohl etwas glimpflicher davongekommen sind.«

»Diese verdammten Schweinehunde«, murmelte Conroy.

Er ballte die Hände zu Fäusten.

»Und jetzt raus mit der Sprache! Was ist Ihr Verdacht?«

***

Viereinhalb Stunden dauerte die Fahrt von Bangor, Maine nach Providence in Rhode Island. Zumindest, wenn man nach den Angaben des Navigationssystems ging. Tatsächlich saßen die FBI-Agents Daniel Grayson und Rita Bellingham bereits seit über sechs Stunden in dem Mercedes-Transporter. Grayson und Bellingham gehörten zum Field Office Boston, und aus den Beständen der dortigen Fahrbereitschaft stammte auch der Transporter. Damit waren sie am Vortag nach Bangor, Maine gefahren, um eine Ladung beschlagnahmter Jade-Buddhas in Empfang zu nehmen. Mutmaßlich handelte es sich um illegal eingeführte Kunstgegenstände. Aber um das genau beurteilen zu können, war die Expertise eines Sachverständigen notwendig. Und einer der wenigen Fachleute, die sich mit burmesischen Jade-Buddhas auskannte, wohnte in der Nähe von Providence.

Da es in der kleinen FBI-Repräsentanz von Bangor kein Fahrzeug gegeben hatte, das für diesen Transport geeignet gewesen wäre, hatte das übergeordnete Field Office in Boston aushelfen müssen.

Die beiden Agents hatten sich am Steuer abgewechselt. Im Moment saß die dunkelhaarige Rita Bellingham auf dem Fahrersitz, während Daniel Grayson angestrengt auf sein Smartphone blickte.

»Du machst dich nur verrückt, Dan«, sagte Bellingham.

»Soll ich vielleicht die Hände in den Schoß legen?«

»Du kannst sowieso nichts machen, Dan.«

Grayson atmete tief durch. »Ich weiß«, gab er zu.

Unterwegs hatten sie von den Ereignissen in Bangor erfahren. Jemand hatte offenbar erfolgreich versucht, die dortige FBI-Repräsentanz in die Luft zu sprengen. Kurz bevor Grayson und Bellingham die Grenze nach Rhode Island passiert hatten, hatten sie im Radio gehört, dass es ähnliche Anschläge in Portland und Augusta gegeben hatte.

Seitdem warteten sie beide ungeduldig auf Neuigkeiten.

Natürlich waren sie inzwischen auch offiziell von ihrem Field Office in Boston über die Lage unterrichtet worden, soweit man darüber schon etwas sagen konnte.

»Weißt du, worüber ich die ganze Zeit nachdenken muss?«, fragte Grayson seine Kollegin, ohne darauf eine Antwort zu erwarten. »Wenn wir nicht bereits gestern von Boston aus nach Bangor gefahren wären, sondern erst heute früh, dann hätten wir ungefähr zu der Zeit, als es dort geknallt hat, bei den Kollegen im Office eine Tasse Kaffee getrunken und wären mit in die Luft gegangen.«

»Gegen Terroranschläge ist man letztlich machtlos«, meinte Rita Bellingham. »Es kann jeden treffen. Überall und zu jedem Zeitpunkt.«

»Wenn es ein Terroranschlag war.«

Sie erreichten das Gebäude des FBI-Büros von Providence. Es handelte sich ebenfalls nur um ein kleines Resident Office, untergebracht in einem mehrstöckigen weißen Sandsteinhaus.

»Ziel erreicht«, meinte Bellingham, nachdem sie einen Parkplatz am Straßenrand gefunden hatte.

Sie stiegen aus. Wenige Augenblicke später standen sie in der Türnische des Haupteingangs. Bellingham hatte die Sprechanlage betätigt.

Aber statt der Stimme eines Innendienstlers hörten sie von der Straße her den Knall einer ohrenbetäubenden Detonation. Der Transporter, mit dem sie gefahren waren, wurde von der Gewalt der Explosion zerrissen und verwandelte sich in einen Feuerball. Überall zerbarsten Fensterscheiben unter der Druckwelle.

Es war die Hölle.

***

»Guten Morgen, Dorothy«, begrüßte ich die Sekretärin unseres Chefs. Phil und ich waren ein paar Minuten zu früh, was allerdings nicht unser Verdienst war. Ich hatte Phil wie jeden Morgen an der bekannten Ecke abgeholt. Auf dem Weg zum J. Edgar Hoover Building in Washington gab es eigentlich immer irgendwelche verkehrsbedingten Überraschungen, und so tat man gut daran, einen gewissen Zeitpuffer mit einzuplanen. Aber an diesem Morgen war ausnahmsweise mal wirklich alles glatt gelaufen. Keine Baustellen, kein Stau und kein Unfall. Diesen Tag musste man sich wohl rot im Kalender anstreichen und vor allem gut in Erinnerung behalten.

»Schön, dass Sie etwas eher da sind«, sagte Dorothy Taylor. »Sie können gleich weiter ins Büro von Mr High gehen.«

»Da hatte ich mich auf einen kleinen Plausch mit Ihnen gefreut, und Sie schicken uns fort«, meinte ich gut gelaunt.

Dorothy Taylor lächelte verhalten. »Sie kennen den Chef doch: Selbst wenn Sie zu früh sind, ist das für ihn gerade pünktlich.«

»Vielleicht verraten Sie uns schon mal, wo es hingeht«, meinte Phil. »Nur für den Fall, dass Sie bereits ein Hotel gebucht haben sollten.«

»Bangor, Maine«, sagte Dorothy.

Und damit war klar, um welchen Fall es ging.

Die Anschläge auf die FBI-Büros im Einzugsbereich des Field Office Boston hatten in den Medien großes Aufsehen erregt. Spekulationen über einen terroristischen Hintergrund kursierten, und angebliche Experten äußerten sich reihenweise in den Medien. Es war anzunehmen, dass keiner dieser Experten mehr wusste, als die Ermittlungsbehörden bisher herausgefunden hatten. Aber das hinderte sie keineswegs daran, so zu tun, als verfügten sie über einen höheren Wissensstand.

Wenige Augenblicke später betraten wir das Büro von Assistant Director High.

»Guten Morgen. Schön, dass Sie da sind«, sagte Mr High, während bereits ein Telefon klingelte. Mr High bedeutete uns mit einer Geste, uns zu setzen. Dann nahm er den Hörer ab. »Jetzt nicht«, sagte er nur. »Rufen Sie in einer halben Stunde wieder an. Dann habe ich Zeit für Sie.«

Mr High legte auf und wandte sich uns zu.

»Sie haben sicher schon mitbekommen, dass es im Moment an mehreren Stellen zugleich brennt«, erklärte unser Chef mit ernstem Gesicht, während er die Hemdsärmel hochkrempelte und die Hände anschließend in den tiefen Taschen seiner weiten Flanellhose verschwinden ließ. »Von Anschlägen auf mehrere kleinere Niederlassungen des FBI in Maine und Rhode Island werden Sie gehört haben.«

Wir nickten.

»So viel kann ich Ihnen sagen: Das ist jetzt unser Fall, nachdem erste Ermittlungen davon ausgehen, dass es sich sehr wahrscheinlich nicht um das Werk von terroristischen Gruppen aus dem Ausland handelt.«

»Sir, wie kann man das so schnell ausschließen?«, konnte ich mir die Nachfrage nicht verkneifen.

»Ausschließen ist zu viel gesagt«, erklärte Mr High. »Aber erste Erkenntnisse über den verwendeten Sprengstoff und die Art der Zündung legen den Schluss nahe, dass dieser Fall mit einem anderen in Zusammenhang steht.«

»Meinen Sie die Erstürmung des Zentrums der Latter Days Republic?«, fragte Phil.

Mr High war im ersten Moment überrascht. Er hob die Augenbrauen. »Sie haben ins Schwarze getroffen, Phil. Wie sind Sie darauf gekommen?«

»Es gab keine anderen bedeutenden Operationen in Maine in letzter Zeit«, sagte Phil. »Ich verfolge die Neuigkeiten, die in unserem Datenverbundsystem zu finden sind, und weil sonst in Maine selten irgendetwas passiert, ist mir dieser Fall aufgefallen.«