Jerry Cotton 3114 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3114 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Die Spur eines verschwundenen Trucks führte Phil und mich zu einer Serie merkwürdiger Fahrzeugdiebstähle, die sich schon über einen Zeitraum von mehreren Monaten hinzog. Da die einzelnen Verbrechen, auch wenn die Fahrer dabei ermordet wurden, nicht unbedingt ein Fall für das FBI waren, zeigten sich in der Zusammenschau die wahren Dimensionen des Falls. Bald stand fest, dass in jedem Wagen eine potentiell tödliche Gefahr lauerte...

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Seitenzahl: 138

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Schatten der Gerechtigkeit

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild des Films: »Battle in Seattle«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4355-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Schatten der Gerechtigkeit

»Babyface, verdammt, du solltest nicht immer wieder herkommen«, fluchte der Boss. Dann seufzte er laut. »Dein Vater war mein Freund, und ich weiß, er hätte das nicht gewollt!«

»Nenn mich nicht Babyface«, erwiderte George harsch. Der Leibwächter nahm ihn am Arm und wollte George aus der Tür schieben, doch der schlug seine Hand weg.

»Was wäre, wenn ich eine Methode gefunden hätte, deine Probleme zu lösen?«

»George, was weißt du vom Geschäft? Nichts, also geh jetzt«, erwiderte der Boss väterlich. Dann widmete er sich wieder den Papieren auf seinem Schreibtisch.

»Ich weiß nicht viel von der Gang, doch ich bin ein Genie, wenn es um Technik geht. Ich habe eine Lösung!«, beharrte der schmächtige Junge und blickte stur auf den Boss.

»Es reicht jetzt, raus hier!«, wies ihn der Leibwächter zurecht und zerrte an George.

»Stopp! Meinst du das ernst? Also gut, rede – du hast exakt fünf Minuten!«, befahl der Boss.

»Die ganze Sache fühlt sich an, als wären wir wieder in New York«, beschwerte sich Phil Decker. »Gangmorde in Washington! Dabei sollte man meinen, gerade Washington mit all seiner Präsenz von amerikanischer Legislative macht die Hauptstadt zu neutralem Boden.« Er stand auf, denn wir wollten ins Field Office fahren, um uns mit dem Leiter, Assistant Director Dirk Brocks, zu treffen.

»Läuse setzen sich in jeden Pelz«, erwiderte ich schulterzuckend.

In dem Moment klopfte es kurz, und Mr High kam in mein Büro.

»Es tut mir leid«, fing er an, »ich muss Sie von Ihrem Fall abziehen, wir haben etwas reinbekommen. Leider hat es äußerste Priorität.« Ich sah Mr High erwartungsvoll an. Er runzelte die Stirn und fuhr fort: »Ein Politikum, von dem die Presse nichts erfahren darf. Es wurde von höchster Ebene angeordnet. Ich sage Ihnen gleich, es wird Ihnen nicht gefallen. Das tut es mir auch nicht!«

»Chef?«, fragte Phil überrascht.

»Kommen Sie mit, im Besprechungsraum wartet ein VIP, und beherrschen Sie sich, besonders Sie, Phil. Wir haben keine andere Wahl. Sie werden den Fall übernehmen, ganz egal, was Sie darüber denken!« Dann drehte sich Mr High um und verließ mein Büro. Wir beeilten uns, die Trenchcoats wieder auszuziehen, und folgten ihm.

Als wir in den Besprechungsraum kamen, wartete dort ein Mann. Er tigerte im Raum auf und ab und sah uns ungeduldig an. Es war kein anderer als Christopher Camari, einer der größten Modeschöpfer der Vereinigten Staaten. Ganz der Manier seines Images entsprechend, trug er einen grauen, sündhaft teuren Anzug, dazu ein weißes Seidenhemd. Seine spärlichen grauen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

»Da sind Sie ja endlich! Arbeitet das FBI immer so langsam?« Das war das Erste, was wir uns von ihm anhören mussten. Ich bekam mit, wie mein Partner tief einatmete, weil ihm bereits der Kamm schwoll. Daher sah ich Phil ermahnend von der Seite an.

»Bitte setzen Sie sich, Mister Camari«, forderte der Chef. »Das sind Inspektor Cotton und Inspektor Decker, Sie werden sich um Ihr Anliegen kümmern.«

»Anliegen, so nennen Sie das? Ich bezeichne es als eine nationale Krise!«, erwiderte Camari. In dem Moment musste auch ich meine aufsteigende Wut bekämpfen, denn es gefiel mir ganz und gar nicht, wenn jemand so respektlos mit Mr High sprach.

»Um was geht es?«, fragte ich kalt und deutete ihm an, sich zu setzen.

»Nächste Woche beginnt die Fashion Week in New York«, erklärte er arrogant, als ob er mit Dienstboten sprach. »Dann werden dort die kommenden Kollektionen der führenden Modedesigner der Welt vorgestellt«, kam er endlich zum Punkt, als wir Platz genommen hatten. »Was Sie wahrscheinlich nicht wissen«, fügte er an und taxierte unsere Outfits von oben bis unten. »Nur Christopher Camari wird daran nicht teilnehmen können, denn mir wurde meine Kollektion gestohlen!«

»Ihre was?«, fragte Phil und konnte genau wie ich nicht glauben, dass man uns wegen ein paar gestohlener Kleidungsstücke von unseren Mordfällen abziehen wollte.

***

»Kein weiteres Wort darüber! Ich sagte Ihnen bereits, dass ich selbst nicht gerade begeistert bin«, ermahnte uns Mr High, nachdem wir wieder in meinem Büro waren.

Wir hatten Mr Camari schnell entlassen, denn Phil war mittlerweile eine tickende Zeitbombe. Alles, was wir von dem Modeschöpfer erfahren hatten, war, dass sein Transporter mit der Frühjahrskollektion auf dem Weg von Washington nach New York gewesen war. Irgendwo auf der Strecke war er verschwunden.

»Können wir wenigstens parallel zu diesem Fall an den Gangmorden arbeiten?«, fragte Phil plötzlich mit einer Beherrschtheit, die selbst mich erstaunte.

»Nein, Sie konzentrieren sich ausschließlich auf den Fall Camari und stellen sicher, dass die Presse davon keinen Wind bekommt. Tut mir leid«, fügte der Chef an, dann ließ er uns allein.

Ich hob die Hand in Phils Richtung, der darauf brannte, endlich Dampf abzulassen.

»Lass gut sein«, sagte ich zu ihm. »Komm, wir besorgen uns den Polizeibericht. Je schneller wir Camaris Kollektion zurückhaben, umso schneller sind wir wieder bei unserem Fall.«

»Verdammte Hühner«, kam es von Phil, doch er konnte sich gerade noch bremsen. Er nahm am Besprechungstisch Platz und klappte seinen Laptop auf. »Okay, dann sehen wir uns den Bericht an«, meinte er erstaunlich ruhig und öffnete die Fallakte des Washington Metropolitan Police Department.

»Camari hat sein Designerstudio in der Nähe des Fashion Center in der Pentagon City«, fasste ich zusammen, was er uns mitgeteilt hatte. »Dann würde der Transporter auf die 695, über die Brücke nach Süden und wieder über die 295 zurück auf den Highway 50 fahren, um in Richtung Baltimore zu gelangen.«

»Ja«, erwiderte Phil. »Nur dass auf dem Highway 50 momentan eine Großbaustelle ist und ein professioneller Fahrer durch den Südosten Washingtons fahren würde, damit er den Stau umgehen kann und später wieder auf den Highway stößt.«

»Sag mal«, meinte ich, »dieser Camari hat nicht mit einem Wort erwähnt, was mit dem Fahrer des Transporters geschehen ist. Der Mann muss doch eine Aussage gemacht haben.« Es ärgerte mich, dass wir dem Modeschöpfer diese Frage nicht gestellt hatten, nur weil wir ihn schnell loswerden wollten. Phil scrollte durch die Akte und suchte die Antwort.

»Das gibt’s doch gar nicht«, schimpfte er erbost. »Dieser Camari ist doch ein Vollidiot«, platzte es aus ihm heraus. »Dem geht es bloß um eine Kollektion, dabei …«

»Was? Bitte Klartext, Phil!«

»Sowohl der Fahrer als auch eine seiner Designerinnen, die den Transport begleitete, sind verschwunden. Wir haben hier einen ausgewachsenen Fall von Entführung. Zwei Menschen werden vermisst, nicht nur Stofffetzen!«

***

Der zuständige Detective des MPD hatte sich sofort bereit erklärt, uns in Anacostia, einem Viertel im Südosten von Washington, zu treffen. Wir standen an der Ecke Good Hope Road und Minnesota Avenue und betrachteten das Verkehrschaos. Der Verkehr war auf der Umleitung genauso schlimm wie auf der 295, an deren Ende sich die Baustelle befand.

»Sie sind also die Glückspilze, die den Fall bekommen haben«, begrüßte er uns süffisant und schüttelte uns die Hand. »Ich bin Detective Richardson. Tut mir leid, das zu sagen, doch dem MPD wurde bereits ein Maulkorb verpasst. Aber dass man zwei Inspektoren des FBI dafür einspannt, ist der Gipfel«, meinte er und sah uns fast mitleidig an. »Nichts für ungut, ich bin froh, den Fall loszuwerden, denn dieser VIP hätte aus einem Pazifisten wie mir fast einen Gewalttäter gemacht.«

»Es ist nicht so, dass wir Sie nicht verstehen«, gab ich vorsichtig zu. »Doch wir sollten uns auf den Fall konzentrieren. Wie kommen Sie darauf, dass der Transporter hier im Umkreis verschwunden ist?«, fragte ich, da wir diese Information in dem Bericht nicht finden konnten.

»Tut mir leid, dieser Fall wurde mir so schnell entzogen, dass ich noch keine Zeit hatte, die Berichte zu vervollständigen«, erklärte er. »Das Letzte, was ich rausgefunden habe, bevor Mister VIP zum FBI stürmte, war, dass Miss Deloni, die verschwundene Designerin, mit einer Mitarbeiterin des Fashion Center in New York telefonierte. Sie benutzte ihr Smartphone.«

»Die Frau, die den Transport begleitete?«, vergewisserte ich mich.

Detective Richardson nickte. »Sie sprach mit einer Mrs Meriano, die in New York die Ausstellungshalle vorbereitete. Es ging um den Ablauf der Show. Mrs Meriano hatte mitbekommen, dass der Transporter die Umleitung nahm, doch da diese Straße auch völlig verstopft war, wollte der Fahrer den Stau weiter umgehen. Plötzlich beendete Miss Deloni den Anruf, weil jemand ihnen aufgefahren war. Sie versprach aber zurückzurufen«, sagte er und strich sich durch seine schwarzen Locken. »Das war das Letzte, was sie von Miss Deloni und dem Transporter hörte.«

»Dann nehmen Sie an, dass die Entführer den Transporter rammten? Welchen Radius haben Sie festgelegt und abgesucht?«, fragte Phil und blickte die Good Hope Road runter. Trotz des Chaos entschieden nur wenige Fahrzeuge, die Straße runter in die Woodlands zu nehmen, denn bei Dunkelheit wollte kein Ortskundiger durch diese üble Gegend fahren.

»Wir haben einen Radius von drei Meilen zugrunde gelegt, das schließt Anacostia und auch die Woodlands ein, doch wir fanden keine Spur«, erklärte der Detective.

»Die Woodlands gehören zum Black-Hood-Gang-Gebiet«, stellte Phil fest und war mit der Bemerkung wieder bei unserm alten Fall. Denn bei den Morden, die wir untersucht hatten, spielte auch diese Gang eine Rolle. »Ein ortskundiger Fahrer hätte vermutlich eher den Stau in Kauf genommen, als bei Dämmerung durch diesen Stadtteil zu fahren.«

»Stimmt, nur dass der Fahrer aus New York kam«, erwiderte Richardson. »Der VIP, dessen Namen ich noch nicht einmal laut aussprechen darf, hat einen Transporter aus Big Apple schicken lassen, da es ihm wichtiger war, dass der Mann sich in New York auskennt.«

Phil sah mich eindringlich an, dann sagte er: »Dann kann es sein, dass er völlig ahnungslos in die Woodlands fuhr, um den Stau zu umgehen, und dort wurde der Transporter Opfer einer Gelegenheitstat. Die Woodlands-Black-Hood-Gang schnappt sich gerne bei Dunkelheit verlorene Autofahrer. Besonders in letzter Zeit.«

»Phil, bei den Fällen, die wir in den Woodlands untersuchten, wurden die Opfer erschossen und dann die Wagen und Wertsachen gestohlen«, erwiderte ich. »Warum sollte sich die Gang Geiseln nehmen und eine Modekollektion stehlen?« Ich hatte wieder Bedenken, dass mein Partner die alten Fälle nicht ruhen lassen wollte und daher die Verbindung schlug.

»Warum nicht mal Lösegeld? Ich denke, unser Modezar würde ein hübsches Sümmchen hinlegen, um seine Haute Couture wiederzubekommen«, erklärte Phil voller Sarkasmus. »Was das Lösegeld für die beiden Geiseln angeht, habe ich bei dem Kerl jedoch meine Zweifel, ob er zahlen würde.«

***

»Mister High, ich verstehe Sie genau«, hielt ich unserem Chef entgegen. »Doch es ist nicht, wie Sie denken. Der Fall Camari hat höchste Priorität für uns. Aber Phil hat recht, es könnte einen Zusammenhang mit den Gang-Morden geben, an denen wir arbeiteten.«

Mr High sah mich etwas misstrauisch an. »Und das sagen Sie nicht nur, damit sie weiter an den alten Fällen arbeiten können?« Diese Worte von Mr High trafen mich, denn normalerweise stand unser Chef zu hundert Prozent hinter uns. Der politische Druck setzt ihm zu, dachte ich und versuchte, mich zu beruhigen.

»Nein«, griff Phil ein. »Die Entführung ist mittlerweile vierundzwanzig Stunden her, und es gab keine Lösegeldforderung. Das MPD hat eine Fangschaltung bei Mister Camari installiert, allerdings ohne Erfolg. Sie wissen selbst, was das bedeutet. Die Geiseln sind wahrscheinlich schon tot, auch wenn wir die Leichen noch nicht gefunden haben.«

»Also gut«, lenkte der Chef ein. »Dann bringen Sie mich bei Ihren Gang-Morden auf den neusten Stand der Ermittlungen. Ich möchte mir selbst ein Bild machen, ob es einen Zusammenhang geben könnte.« Er kam zum Besprechungstisch, setzte sich und sah mich auffordernd an.

Ich stand auf und drehte das Whiteboard um, an dem wir die alten Fälle bearbeitet hatten.

»Das sind die bisherigen Opfer«, begann ich zu erläutern und zeigte auf die Reihe von Fotos. »Wir sprechen mittlerweile von acht Opfern, alle wurden mit einem Kopf- oder Herzschuss getötet. Sechs der Personen sind unbescholtene Bürger, nur diese zwei«, sagte ich und zeigte auf die entsprechenden Fotos, »sind Drogendealer.«

»Vier von ihnen fand man in den Woodlands, dem Black-Hood-Gang-Gebiet«, fuhr Phil fort. »Wenn sie in einem teuren Pkw unterwegs waren, verschwand das Auto samt seiner Ladung, genauso wie die Kreditkarten und ihr Bargeld. Die Toten ließ man einfach auf der Straße zurück.«

»Natürlich gab es keine Augenzeugen«, fügte ich an. »Die Bewohner der Woodlands reden nicht, besonders, wenn sie ein Gang-Verbrechen vermuten. Dort hat jeder Angst.« Phil und ich hatten uns bereits persönlich die Hacken abgelaufen, um irgendwelche Zeugen zu finden.

»Die anderen drei Opfer fand man in Arlington«, ergriff Phil wieder das Wort. »Nicht in dem noblen Gebiet dieses Stadtteils, sondern weiter nördlich in einer Gegend, die hauptsächlich von Latinos bewohnt wird. Dort beherrscht die MS 13-Gang das Viertel. Das sind Kriminelle aus El Salvador, die ihre Geschäfte mit Drogen, Schutzgelderpressung und Prostitution machen.« Er sah den Chef erwartungsvoll an.

Mr High rieb sich das Kinn. »Sie vermuten also eine Art Bandenkrieg zwischen der Woodlands-Gang und dieser MS 13, richtig?«, fragte er.

Ich nickte. »Da haben Sie ganz recht. Natürlich könnte man vermuten, dass es sich bei den Opfern in den Woodlands um Überfälle der Black-Hood-Gang handeln könnte, doch wir glauben, die Sache ist komplizierter.« Ich zeigte auf die Tatortfotos. »Wir stellen uns die Frage, warum man die Opfer so brutal ermorden musste, nur um einen teuren Sportwagen oder Bargeld zu stehlen.«

»Ihre Theorie ist also, die MS 13-Gang verübt Überfälle in den Woodlands, um der Black-Hood-Gang diese Straftaten in die Schuhe zu schieben?«, fragte unser Chef ungläubig. »Und die Black-Hood-Gang reagiert dann mit Morden in Arlington? Für meinen Geschmack ist das ziemlich weit hergeholt. Zu welchem Zweck?«, schickte er hinterher.

»Unserem Verständnis nach sind das die beiden einzigen aktiven Gangs in Washington, und es geht um einen Revierkampf«, versuchte ich ihn zu überzeugen. »Sir, sehen Sie es einmal aus den Augen der Gangs. Wenn ich Überfälle plane, dann bringe ich doch meine Opfer nicht gleich um. Vor allem nicht, wenn ich die Polizei aus meinem Gebiet raushalten will.«

»Und falls es doch schiefgeht und es Tote gibt, dann lasse ich die nicht auf meinem Gebiet rumliegen«, meinte Phil eine Nuance zu salopp. Mr High zog demonstrativ seine Augenbrauen hoch und sah Phil strafend an.

»Sie wollen also mein Okay, um an diesen Fällen und dem Camari-Fall simultan zu arbeiten?«, fragte er, und ich spürte bereits, dass er sich geschlagen gab.

»Nein, wir wollen an den Fällen arbeiten, weil wir glauben, sie gehören alle zusammen«, antwortete ich sofort.

***

»Jesus Christus«, knirschte der Boss erzürnt. »Kannst du mir mal erklären, was ich mit einem Wagen voller Klamotten soll? Tolles Ziel, George!«

»Boss, es geht doch gar nicht um den Wert der einzelnen Kleidungsstücke«, versuchte George zu erklären und schüttelte innerlich den Kopf über die Dummheit des Mannes. »Es ist eine Designer-Kollektion – die ist Zehntausende, ach was, Hunderttausende wert. Der Diebstahl wird riesige Wellen schlagen. Dieser Christopher Camari ist einer der bekanntesten Modeschöpfer. Wenn er nächste Woche seine Models nicht auf den Laufsteg schicken kann, dann steht die Modewelt Kopf!«

»Junge, jetzt red mal Klartext. Wie soll uns das denn weiterhelfen?«

»Die Überreste deponieren wir clever in den Woodlands, sodass man sie findet, oder besser, was davon übrig ist. Was meinst du, was die Polizei dann macht? Die drehen durch und kassieren die Black-Hood-Gang ein. Die nehmen sich jeden Einzelnen der Gang vor, von Sly Eddie und seinen Vertrauten bis zu den Kids, die für sie dealen müssen.« George sah ihn erwartungsvoll an.

»Hm«, brummte der Boss.

»In Amerika geht es um Öffentlichkeit, um Politik. Wenn man einem Prominenten etwas wegnimmt, dann schreit die ganze Bevölkerung auf. Das zählt mehr als ein toter Nobody.«

»Verstehe! Also gut, doch warte noch damit. Wo ich herkomme, sind Leichen effektiver. Ich möchte, dass du noch mindestens zwei Leute abknallen lässt und gut platzierst«, erwiderte der Boss, und George musste an sich halten, um nicht die Augen zu rollen.

»Und die Geiseln?«, fragte George. »Unsere Jungs haben sie mitgenommen. Was soll mit ihnen passieren?«

»Stellst du dich eigentlich so blöde, oder bist du es? Lass sie auf Eis legen, und entsorge sie dann mit den Klamotten. Ach, und noch was, Babyface: Die nächsten zwei Überfälle sind lohnenswerter, kapiert?«, knurrte der Boss ihn an, dann wedelte er mit der Hand.

George nickte nur, denn es bedeutete, er war entlassen, so wie man eine lästige Fliege verscheuchte.

***

»Die Black-Hood-Gang verliert wirklich keine Zeit«, meinte Phil. Er drückte mir einen Starbucks-Becher in die Hand, als er in den Interceptor stieg.