Jerry Cotton 3125 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3125 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Ein gestohlener Laster krachte in der Hafengegend von Norfolk, Virginia nachts in einen Chevrolet Tahoe. Die Insassen: Special Agent Winthrop und sein Partner Roliczki, der den Zusammenstoß als Einziger schwer verletzt überlebte. Die beiden Agents hatten gegen eine Organisation ermittelt, die Containerdiebstahl im großen Stil betrieb. Als eine Zeugin aussagte, dass der Unfall nicht zufällig geschah, nahmen Phil und ich die Ermittlungen auf und gerieten damit selbst in die Schusslinie kaltblütiger Mörder.

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EPUB

Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Blattschuss

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »Der Cop«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4691-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Blattschuss

»Da steckt mehr dahinter«, sagte Agent Winthrop zu seinem Partner, der neben ihm auf dem Beifahrersitz saß. »Ich denke, dass wir da an einer richtig großen Sache dran sind.«

»Du immer mit deinen Verschwörungstheorien«, erwiderte Agent Roliczki. »Bis jetzt sieht es meiner Meinung nach aus wie profaner Diebstahl, eine neue Masche, sicher, aber eben nur Diebstahl.«

Agent Winthrop schüttelte den Kopf und wollte gerade etwas erwidern, als er plötzlich einen Schatten neben dem Wagen auftauchen sah. Etwas prallte mit voller Wucht gegen das Auto und schleuderte es wie ein Spielzeug zur Seite, so heftig, dass es sich mehrfach überschlug.

Als der Wagen schließlich kopfüber zum Stehen kam, bewegten sich die beiden Agents nicht mehr.

»Oh Gott!«, stieß die junge Frau erschrocken hervor, die den nächtlichen Zusammenstoß an der Kreuzung in der Hafengegend von Norfolk beobachtet hatte.

Wie erstarrt stand sie einen Augenblick lang da, wusste nicht, was sie tun sollte. Zu ihrer Verwunderung hielt der Lastwagen, der den Geländewagen gerammt hatte, nicht an, sondern beschleunigte und verschwand in der Dunkelheit.

Sie schluckte, nahm ihren Mut zusammen und lief zu dem Unfallwagen. Der schwarze Chevrolet Tahoe LS lag auf dem Dach und qualmte. Die Karosserie war verbeult und zerkratzt. Einen Augenblick lang fürchtete sie, dass er explodieren könnte, wie es in Filmen oft gezeigt wurde, aber sie schob diesen Gedanken beiseite. Stattdessen schaute sie durch das zerstörte Seitenfenster in die Fahrerkabine. Dabei erkannte sie zwei Männer, die sich nicht rührten.

Ob sie tot waren?

»Hallo! Können Sie mich hören?«, fragte sie unsicher.

Es erfolgte keine Erwiderung.

Mit fahrigen Bewegungen zog sie ihr Handy aus der Tasche und wählte die 911.

»Hallo, hier Janice Macy«, sagte sie hastig. »Ich möchte einen Unfall melden. Zwei Männer sind mit ihrem Auto verunglückt. Schicken Sie bitte sofort einen Rettungswagen vorbei! Schnell!«

Sie beantwortete die Fragen ihres Gesprächspartners und hielt das Handy bis zum Eintreffen der Rettungskräfte fest ans Ohr gepresst. Dann erst entspannte sie sich und trat zur Seite.

»Wie geht es den beiden?«, fragte sie den Notarzt, der zuerst beim Unfallwagen war.

»Das werden wir bald wissen, es sieht aber nicht gut aus«, antwortete er mit ernster Miene.

***

Als Phil und ich am nächsten Morgen ins J. Edgar Hoover Building in Washington D.C. kamen, hatten wir keine Ahnung, was in der Nacht in Norfolk, Virginia passiert war. Wir gingen auf direktem Weg zum Büro von Mr High, wo wir Dorothy begrüßten.

»Guten Morgen, Miss Taylor«, sagte Phil charmant lächelnd. »Sie sehen wieder mal bezaubernd aus.«

»Guten Morgen, Inspektor Decker«, erwiderte sie. »Danke für das Kompliment. Falls Sie Mister High suchen, der ist noch nicht in seinem Büro.«

»Ehrlich?«, erwiderte Phil. »Er ist doch nicht etwa zu spät? Das passt nicht zu ihm. Oder steckt er vielleicht in Schwierigkeiten?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, er ist schon seit über einer Stunde bei einem Treffen. Und bevor Sie weiter nachfragen: Er hat mir nicht gesagt, worum es geht.«

»Aber als aufmerksame Sekretärin des Leiters der Field Operation Section East haben Sie zumindest eine Ahnung, nicht wahr?«

»Mitnichten«, antwortete sie lächelnd. »Was ich weiß, ist, dass er in etwa einer halben Stunde hier sein wollte.«

»Gut zu wissen«, sagte ich. »Dann kommen wir später wieder.«

»So long«, sagte Phil, schenkte ihr erneut ein Lächeln und folgte mir zu unseren Büros.

»Sie sieht heute wirklich bezaubernd aus«, flüsterte er mir zu.

»Mir ist nichts Ungewöhnliches an ihr aufgefallen«, erwiderte ich. »Vielleicht ist es Zeit, dass du dich wieder in ein amouröses Abenteuer stürzt.«

Er schaute mich an. »Wenn du das sagst, hört sich das irgendwie so … na ja, unromantisch an.«

Wir gingen in unsere Büros und überprüften an den Computern unsere Posteingänge.

Fast genau dreißig Minuten später stand Dorothy vor meiner Tür. »Mister High ist gerade eingetroffen.«

»Danke.«

Phil wartete bereits auf dem Flur. Als wir Mr Highs Büro erreichten, stand die Tür offen.

»Guten Morgen«, begrüßte er uns. »Nehmen Sie bitte Platz! Es gibt Arbeit.«

Auf Phils Gesicht zeigte sich sofort ein freudiger Gesichtsausdruck, er unterließ es aber, den Chef zu unterbrechen.

»Und zwar in Norfolk«, fuhr Mr High fort und wurde mit einem Mal todernst. »Special Agent in Charge Plattner vom Field Office Norfolk hat mich persönlich um Unterstützung gebeten. Es geht um einen ziemlich unangenehmen Zwischenfall. In der letzten Nacht sind zwei ihrer Agents in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt worden. Agent Todd Winthrop starb auf dem Weg ins Krankenhaus.«

Phils Lächeln gefror.

»Sein Partner, Agent Marc Roliczki, hat schwere innere Verletzungen davongetragen«, fuhr Mr High fort, »und wurde in ein künstliches Koma versetzt. Zu seinen Überlebenschancen wollte sich der behandelnde Arzt nicht definitiv äußern, was nichts Gutes vermuten lässt.«

»Schlimme Sache«, sagte ich.

Phil nickte zustimmend. »Was genau ist passiert?«

»Das Auto der beiden Agents wurde von einem Lastwagen gerammt, dessen Fahrer sofort nach dem Unfall flüchtete, mitsamt Fahrzeug. Es gibt eine Augenzeugin, die alles beobachtet und bereits eine Aussage gemacht hat. Offiziell ist von einem Unfall die Rede, so wird es auch von der dortigen FBI-Pressestelle weitergegeben, solange wir nicht mit Sicherheit wissen, was passiert ist.«

Phil beugte sich auf seinem Stuhl nach vorne. »Deuten Sie damit an, dass es vielleicht kein Unfall war, Sir?«

Mr High nickte. »Das ist es, was SAC Plattner vermutet.«

»Ich nehme an, die beiden Agents waren mit Ermittlungen beschäftigt«, sagte ich.

»In der Tat, das waren sie«, antwortete Mr High. »Die Details kann Ihnen SAC Plattner erklären, ich weiß nur, dass es sich um abhandengekommene Container handelt, also um Diebstahl. Über das Ausmaß der Angelegenheit kann ich nichts sagen. Das können Sie vor Ort selbst herausfinden. Wir wurden um Unterstützung gebeten, weil im Moment jeder aktive Agent in Norfolk beschäftigt ist, also eine gewisse Personalknappheit besteht. Darüber hinaus ist es SAC Plattner lieber, wenn sich externe Ermittler mit dem Fall beschäftigen.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

»Winthrop und Roliczki waren beziehungsweise sind sehr beliebt, und sie möchte nicht, dass einer ihrer Leute die Ermittlungen in diesem Fall für einen persönlichen Rachefeldzug nutzt. Oder dass die Presse auf die Idee kommt, es so darzustellen. Ihre Aufgabe ist es, herauszufinden, ob es sich um einen Unfall oder einen Anschlag gehandelt hat und inwiefern das mit dem Fall, an dem die beiden gearbeitet haben, zusammenhängt. Noch irgendwelche Fragen?«

»Nein, Sir«, antwortete ich.

»Dann wäre das im Moment alles«, sagte er. »Viel Erfolg!«

***

Nach einem kurzen Abstecher in unsere Büros machten wir uns auf den Weg zum Jaguar. Phil bestand darauf, dass wir einen kurzen Halt bei einem Supermarkt machten und etwas Proviant einkauften. Dann ging es weiter in Richtung Süden. Abgesehen von einem kleinen Stau, der uns gut zwanzig Minuten kostete, verlief die Fahrt reibungslos.

Wir erreichten das Field Office Norfolk, 509 Resource Row, Chesapeake, Virginia, kurz vor zwei Uhr nachmittags und gingen ohne Umwege zum Büro von Joan-Ann Plattner. Sie war einer der wenigen weiblichen Field-Office-Leiter, die es beim FBI gab.

Als wir ihr Büro betraten, begrüßte sie uns mit geschäftsmäßiger Freundlichkeit und bat uns, Platz zu nehmen. Das Zimmer war zweckmäßig eingerichtet, und abgesehen vom Namensschild an der Tür deutete nichts darauf hin, dass dort eine Frau arbeitete.

»Schön, dass Sie es so schnell einrichten konnten«, sagte sie. »Auch wenn der Grund Ihres Erscheinens nicht angenehm ist, freue ich mich, Sie bei uns begrüßen zu dürfen.«

Ich nickte. »Das mit Ihren Agents tut uns leid. Es ist immer schwer, jemanden aus dem Team zu verlieren. Wie geht es Agent Roliczki?«

»Er befindet sich nach wie vor im künstlichen Koma. Will man den Ärzten Glauben schenken, ist sein Zustand stabil. Sie wollen ihn aber momentan nicht aufwachen lassen. Wie lange er im Koma bleiben muss, konnten sie nicht sagen, es könnte sich aber um mehrere Tage oder Wochen handeln.«

»Hoffentlich wird er anschließend wieder vollständig gesund«, sagte Phil. »Haben Sie schon mit den Familien der beiden gesprochen?«

Sie nickte. »Ja. Die Angehörigen haben es größtenteils mit Fassung getragen, auch wenn es plötzlich geschah und niemand darauf vorbereitet war. Die Beerdigung von Agent Winthrop soll in den nächsten Tagen stattfinden. Ich habe den Leichnam aber noch nicht freigeben lassen, dafür wollte ich erst Ihre Zustimmung abwarten.«

»Wir werden uns zuerst mit dem Unfall, oder was auch immer geschehen ist, beschäftigen und das veranlassen, sobald es möglich ist«, sagte ich ihr zu. »Wir benötigen den Unfallbericht und die Unterlagen über den Fall, an dem die beiden gearbeitet haben. Es ging um Diebstahl, nicht wahr? Mister High konnte uns nur wenige Details nennen.«

»Die beiden sind einem Hinweis auf verschwundene Schiffscontainer nachgegangen, das ist richtig«, bestätigte sie. »Agent Winthrop hat den Tipp eines Informanten zu den Norfolk International Terminals, kurz NIT, überprüft. Die NIT bestehen im Wesentlichen aus drei Teilen: dem Nordterminal, dem Südterminal und dem zentralen Bahngelände mit direkter Anbindung ans Schienennetz. Im NIT werden jeden Monat Zehntausende von Containern umgeschlagen, was einem enormen Warenwert entspricht.«

»Kommt es dort häufiger zu Diebstählen?«, wollte ich wissen.

»Bisher interessanterweise nur selten«, gab Plattner zurück, »obwohl ein Container leicht Waren im Wert von fünf- und sechsstelligen Summen enthalten kann. Es ist ein Wunder, dass der Hafenbehörde bei all den Containern, die gelöscht und auf Schiffe verladen werden, nur äußerst selten Fehler unterlaufen.«

»Wenn man ein paar von diesen Containern entwendet, kann man leicht Millionen machen«, sagte Phil.

Der SAC nickte. »So ist es. Agent Winthrop ging, wie ich seinem letzten Bericht entnehmen konnte, davon aus, dass wohl jemand in großem Stil Container entwenden wollte. Aber das hielt ich bisher für eine Vermutung, es gab keinerlei Beweise. Falls sich herausstellen sollte, dass sein Tod kein Zufall war, sondern Mord, würde das seine These untermauern.«

»Dann waren die beiden der Wahrheit vielleicht zu nahe gekommen, und jemand war sehr interessiert daran, die Ermittlungen zu behindern«, folgerte Phil.

»Das dachte ich ebenfalls, als ich hörte, dass es möglicherweise kein Unfall war«, sagte sie. »Sie sollten die Aussage der Zeugin lesen oder selbst mit ihr reden, wenn Sie möchten. Sie heißt Janice Macy und arbeitet in der Nähe der NIT. Sie hatte gerade Feierabend und war auf dem Weg nach Hause, als die beiden Fahrzeuge zusammenprallten. Ohne ihren schnellen Anruf hätte Agent Roliczki wohl nicht überlebt.«

»Wir reden mit ihr«, sagte ich.

Der SAC holte eine Akte hervor und reichte sie mir. »Das ist alles, was wir über die bisherigen Ermittlungen haben. Solange sich Agent Roliczki im Koma befindet, kann ich Ihnen nicht mehr Informationen geben. Aufgrund der Personalsituation habe ich leider auch keine Agents frei, die ich Ihnen zur Verfügung stellen kann. Wir stehen bei zwei Fällen kurz vor dem Durchbruch, sodass bald wieder Manpower frei werden sollte. Bis dahin ist es, nun ja, etwas eng.«

»Wie sieht es mit Hilfe aus Quantico aus?«, fragte Phil.

»Da habe ich schon angefragt, von dort sollten wir in Kürze ein paar frischgebackene Agents bekommen. Aber das sind Neulinge, die ich ungern mit einem solchen Fall betrauen würde. All das soll nicht bedeuten, dass ich Ihnen im Notfall keine Unterstützung zur Verfügung stellen kann, es könnte aber etwas dauern. Ich habe schon mit der lokalen Polizei gesprochen, sie helfen uns gern, wenn das nötig sein sollte. Und wir haben natürlich Analysten, SWAT et cetera.«

»Wir kommen schon klar«, meinte Phil. »Und wenn wir etwas brauchen, melden wir uns.«

»Danke, dass Sie sich der Sache annehmen«, sagte Special Agent in Charge Plattner, als wir aufgestanden waren und gehen wollten. »Ich weiß, dass der Fall bei Ihnen in guten Händen ist. Und noch etwas: Sollte sich der Verdacht, dass es kein Unfall war, bestätigen, werde ich eine entsprechende Warnung an den Mitarbeiterstab herausgeben. Ich möchte auf keinen Fall, dass noch jemand verletzt wird.«

»Wir geben Ihnen umgehend Bescheid, sobald wir mehr wissen«, sagte ich.

Dann machten wir uns auf den Weg.

***

Unser erstes Ziel war der Unfallort. Wir schauten uns die Kreuzung in der Hafengegend genau an, auf der der Lastwagen mit dem Auto der beiden Agents kollidiert war.

»Dort, wo die Agents gestanden haben, befindet sich ein Stoppschild«, sagte Phil. »Man konnte also sicher sein, dass sie hier anhalten, wenn auch nur kurz.«

Ich nickte und zeigte auf die Seitenstraße. »Korrekt. Wenn der Fahrer mit dem Lastwagen dort gewartet hat und es dunkel war, hatte er gute Chancen, nicht sofort gesehen zu werden. Eine gute Stelle, um jemanden absichtlich zu rammen.«

»Zusammen mit der Fahrerflucht sagt das einiges. Reden wir mit der Zeugin, vielleicht ist ihr seit der Aussage noch etwas eingefallen.«

Wir trafen Miss Macy eine Dreiviertelstunde später in ihrem Apartment. Es hatte zwei Zimmer, Küche und Badezimmer und war hell und ansprechend eingerichtet. Sie schien ein Katzenfreund zu sein, denn ich zählte über ein Dutzend Leinwandfotos von Hauskatzen, die die Wände zierten. Hinzu kamen die lebenden Tiere, drei an der Zahl, die sich anmutig über den flauschigen Boden bewegten und uns aus angemessener Entfernung neugierig beobachteten.

»Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen«, sagte ich, nachdem wir uns gesetzt hatten.

»Keine Frage«, erwiderte die Frau. »Der Zusammenstoß war ein Schock für mich. Es passierte so unerwartet, so plötzlich. Als ich endlich im Bett lag, hat es eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis ich einschlafen konnte.« Sie verfiel in Schweigen.

»Erzählen Sie einfach, was passiert ist, ganz frisch, so als ob Sie noch nie darüber gesprochen hätten«, sagte ich. »Direkt aus Ihrer Erinnerung.«

Sie holte tief Luft. »Ich war auf dem Weg nach Hause, von der Arbeit. Meinen Wagen hatte ich etwas weiter weg geparkt, weil er da meiner Meinung nach sicherer war. Als ich zu Fuß unterwegs war, sah ich, wie der schwarze Geländewagen an der Kreuzung am Stoppschild stehen blieb. Nichts Ungewöhnliches. Dann fuhr er langsam wieder an. In dem Moment kam der Lastwagen von der Seite, schnell, ich hatte das Gefühl, dass er sogar beschleunigte, der Motor hörte sich so an. Ich …« Sie brach abrupt ab.

»Lassen Sie sich Zeit, Miss Macy!«, sagte ich sanft.

Sie nickte wie in Trance und sammelte sich. »Dann … dann hat es mächtig gescheppert, der Geländewagen wurde so heftig getroffen, dass er sich überschlug, mehrfach. Ich war wie gelähmt. Der Lastwagen setzte zurück und fuhr direkt wieder an, gab Gas und verschwand. Ich brauchte einen Augenblick, um wieder klar denken zu können, dann lief ich zu dem umgestürzten Auto. Leider konnte ich nichts ausrichten, außer den Notruf zu wählen.«

Sie sah blass aus, ihre Hände zitterten.

»Sie haben genau das Richtige getan«, sagte ich. »Machen Sie sich keine Vorwürfe! Sie haben, so steht es im Unfallbericht, gesagt, dass der Lastwagen eine dunkle Farbe hatte, blau oder dunkelgrau. Konnten Sie den Fahrer erkennen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, dazu war es in der Kabine zu dunkel. Ich habe nur eine dunkle Gestalt ausmachen können.«

»War es nur eine Person? Oder vielleicht zwei?«, wollte Phil wissen.

»Soweit ich es erkennen konnte, nur eine. Aber ich war zu abgelenkt, um darauf zu achten. Moment mal, nein, ich denke, es war nur eine Person, in der Mitte und auf dem Beifahrerplatz habe ich niemanden gesehen.«

»Das ist hilfreich«, sagte Phil. »Kommen wir noch einmal auf den Lastwagen zu sprechen. Versuchen Sie bitte, ihn so genau wie möglich zu beschreiben.«

»Ich kenne mich mit solchen Fahrzeugen nicht aus«, erwiderte Janice Macy.

»Dann zeige ich Ihnen ein paar Bilder verschiedener Modelle, und Sie sagen mir, welches dem Fahrzeug am ähnlichsten sieht.«

Phil nahm sein Smartphone heraus und ging mit Macy eine Reihe von Fotos durch. So erhielten wir eine genauere Beschreibung des Tatfahrzeugs.

»Vielen Dank«, sagte ich, als wir uns verabschiedeten.

»Ich hätte gerne mehr getan«, gab die Frau zurück. »Es ist schlimm, Menschen in Not zu sehen und nicht helfen zu können.«

»Sie haben getan, was Sie tun konnten«, meinte ich. »Dafür danken wir Ihnen.«

Wir verließen das Apartment und gingen zurück zum Jaguar.

Gerade als ich den Motor anlassen wollte, erreichte uns ein Anruf, dass der Lastwagen gefunden worden war.

***

»Verdammt, das darf doch nicht wahr sein«, fluchte Phil, als er sein Handy einsteckte. »Ja, sie haben das Fahrzeug gefunden, sehr wahrscheinlich jedenfalls. Es wurde gestern gestohlen, der Besitzer hat das heute früh gemeldet. Aber das ist noch nicht alles. Weißt du, warum sie es gefunden haben? Jemand hat die Feuerwehr gerufen, weil das Ding angezündet worden ist!«